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"id": 146,
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14 W 26/03
| 2003-08-20T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:54
| 2019-02-12T12:40:03
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin im Beweissicherungsverfahren gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 16.12.2003 - 2 OH 55/99 - wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Beschwerdewert wird auf 4.500,-- EUR festgesetzt.</p>
<p>3. Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Zwischen dem Grundstück der Antragsteller im Beweissicherungsverfahren (künftig auch: Beschwerdegegner) und dem darunter gelegenen benachbarten Grundstück der Antragsgegnerin im Beweissicherungsverfahren (künftig auch: Beschwerdeführerin) liegt ein Steilhang, der im Anschluß an seitens der Beschwerdeführerin durchgeführte ungesicherte Abgrabungen ins Rutschen geriet. Die Antragsteller haben bezweifelt, ob daraufhin von der Beschwerdeführerin in Eigenarbeit vorgenommene Hangsicherungsmaßnahmen fachmännisch und einwandfrei erfolgt sind. In dem deshalb von den Antragstellern eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.01.2000 Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Rutschsicherheit des Hanges und dazu, welche Maßnahmen zur Beseitigung einer etwaigen Gefahr erforderlich sind, angeordnet. Mit Beschluss vom 26.04.2000 hat das Landgericht der Antragsgegnerin für das selbständige Beweisverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
In seinem unter dem 11.01.2002 erstatteten schriftlichen Gutachten kam der Sachverständige zum Ergebnis, daß die Standsicherheit im oberen Bereich der Auffüllböschung den zu stellenden Anforderungen bei weitem nicht genüge. Die Kosten für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen hat der Sachverständige auf 40.000,-- EUR bis 55.000,-- EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer geschätzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Beschluss vom 16.12.2002, der Antragsgegnerin zugestellt am 27.12.2002, hat das Landgericht den Antrag auf Fristsetzung mit der Begründung abgewiesen, es fehle hierfür angesichts des eindeutig zugunsten der Antragsteller im Beweissicherungsverfahren ausgefallenen Beweisergebnisses und angesichts der Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin am Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen richtet sich die am 31.12.2002 beim Landgericht eingegangene (sofortige) Beschwerde der Antragsgegnerin, welcher das Landgericht mit Beschluss vom 11.02.2003 nicht abgeholfen hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Deshalb konnte der Beschwerdeführerin auch keine Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens bewilligt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
1. Zwar bestimmt § 494 a Abs. 1 ZPO, daß das Gericht nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens dem Antragsteller des Beweisverfahrens auf Antrag Frist zur Klageerhebung zu setzen hat. Selbstverständliche Voraussetzung hierfür ist indessen ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners des Beweisverfahrens (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, Rn. 5 zu § 494 a). Ein solches ist nur dann gegeben, wenn das Ziel der Durchführung des Hauptsacheprozesses im Einklang mit dem Regelungszweck des § 494 a ZPO steht, dem Antragsgegner dann einen Kostenanspruch zu geben, wenn der Antragsteller wegen des für ihn ungünstigen Ausgangs des selbständigen Beweisverfahrens auf eine Hauptsacheklage verzichten will (vgl. BGH vom 22.05.2003, IBR 2003, S. 459 [LS], unter II 2 b der Gründe). Dem Sinn der Vorschrift entspricht es dagegen nicht, den Antragsteller zu einem von vornherein sinnlosen Hauptsacheprozeß zu zwingen. Demgemäß besteht Einigkeit darüber, daß Fristsetzung nach Abs. 1 und eine Kostenregelung nach Abs. 2 der Vorschrift dann nicht in Betracht kommen, wenn der Hauptanspruch zwischenzeitlich erfüllt ist oder fallen gelassen wurde oder wenn die Parteien sich anderweitig geeinigt haben (vgl. die Nachweise bei Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, Rn. 3 zu § 494 a; für die entsprechende Problematik beim Arrestverfahren vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl. 2002, Rn. 7 zu § 926).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, daß im vorliegenden Fall eine Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO nicht in Betracht kommt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme würde die Beschwerdeführerin mit hoher Wahrscheinlichkeit eine für sie günstige Kostenentscheidung nicht erreichen können. Demgegenüber wäre ein obsiegender Titel für die Antragsteller des Beweisverfahrens wertlos, weil die Beschwerdeführerin - wie sich aus ihrem Vortrag zweifelsfrei ergibt - vermögenslos ist. Die Verpflichtung zu absehbar sinnloser Klageerhebung und zur Aufwendung von von vornherein nutzlosen Kosten ist mit dem Zweck des - auf Vermeidung eines Rechtsstreits angelegten (Thomas/Putzo, a.a.O., Rn. 2 vor § 485; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn. 2 zu § 494 a) - selbständigen Beweisverfahrens im allgemeinen und mit § 494 a ZPO im besonderen nicht vereinbar (ähnlich OLG Rostock, BauR 1997, S. 169; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21.Aufl. 1999, Rn. 23 zu § 494 a; offengelassen von OLG Dresden, BauR 2000, S. 137 ff., 138). Die Gegenansicht (LG Göttingen, BauR 1998, S. 590; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn. 5 zu § 494 a) liefe nach Auffassung des Senats auf bloße Förmelei hinaus, weshalb er ihr nicht zu folgen vermag.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Demgemäß war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Der Beschwerdewert entspricht dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Kosteninteresse der Beschwerdegegner an einer Vermeidung eines Hauptsacheprozesses.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,096
|
olgkarl-2003-08-20-14-wx-7502
|
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|
14 Wx 75/02
| 2003-08-20T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:55
| 2019-02-12T12:40:03
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die weitere Beschwerde der Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 12.07.2002 - 4 T 113/97 - wird in bezug auf Nr. 1 der Beschlußformel als unbegründet zurückgewiesen</p>
<p>2. Soweit das Landgericht die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen hat, wird der Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 12.07.2002 aufgehoben.</p>
<p>3. Die Sache wird an das Landgericht zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluß des Amtsgerichts Freiburg vom 14.01.2002 - 13 UR 111/02 - zurückverwiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>1. Der Notar beim Notariat 8 Freiburg hat am 16.04.1996 in der aus zwei Teilen bestehenden Urkunde 8 UR 554/1996 (AS. 1/53) zwei Verträge beurkundet, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts (Beschluß vom 14.01.2002, AS. 377) vom Kostenschuldner Nr. 5 - Notar beim Notariat 9 Freiburg - vorbereitet worden waren.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>In dem mit „Auseinandersetzungs- und Kaufvertrag“ überschriebenen Teil I der Urkunde setzte sich eine Erbengemeinschaft, welcher der Kostenschuldner Nr. 3 angehörte, bezüglich des Hausgrundstücks S-straße 59 in F. auseinander. Sie übertrug einen Miteigentumsanteil von 270/1000 an den Kostenschuldner Nr. 3, der seinerseits ? Anteil hiervon an seine Ehefrau, die Kostenschuldnerin Nr. 4, als ehebedingte unbenannte Zuwendung übertrug. Weiter verkauften die Erben 460/1000 Miteigentumsanteile an die zwischen den Kostenschuldnern Nr. 1 und Nr. 2 bestehende BGB-Gesellschaft sowie 270/1000 Miteigentumsanteile an den Kostenschuldner Nr. 5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>In dem mit „Gesellschaftsvertrag und Nutzungsregelung“ überschriebenen Teil II der Urkunde ließen die Kostenschuldner Nr. 1 bis 5 einen Vertrag über die Gründung einer aus ihnen bestehende BGB-Gesellschaft protokollieren, deren Zweck es gemäß § 1 Abs. 1 ist, „das Anwesen S-straße 59 um- und auszubauen, insbesondere die nachfolgend beschriebenen Baumaßnahmen gemeinschaftlich durchzuführen“. In § 2 des Vertrags werden die geplanten Baumaßnahmen im einzelnen aufgeführt. In § 12 wird eine „als Vereinbarung nach § 1010 BGB“ bezeichnete (S. 25 der Urkunde, AS. 49) Nutzungsregelung getroffen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>2. Unter dem 17.04.1996 hat die Kostenbeamtin des Notariats 8 Freiburg für die Beurkundung des Vertragswerks eine Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO in Höhe von 8.620,00 DM, für die Beglaubigung von Abschriften eine Gebühr nach § 55 Abs. 1 KostO in Höhe von 20,00 DM, ferner eine Vollzugsgebühr (§ 146 Abs. 1, Abs. 4 KostO) in Höhe von 431,00 DM, zusammen - einschließlich Schreibauslagen (114,80 DM) und 15 % MwSt. aus 9.185,00 DM (1.377,87 DM) - 10.563,67 DM in Ansatz gebracht (AS. 71). Dabei hat sie folgende Geschäftswerte zugrundegelegt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>            Auseinandersetzung            500.000,00 DM</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>            Kaufvertrag            1.000.000,00 DM</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>            Zuwendung            250.000,00 DM</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>            Gesellschaftsvertrag            1.000.000,00 DM</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>                                                                                     ___ <span style="text-decoration:underline">50.000,00 DM</span></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>                        2.800.000,00 DM</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die den Beteiligten anteilsmäßig in Rechnung gestellten Kosten sind bezahlt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>3. In ihrem Prüfungsbericht 1997 hat die Bezirksrevisorin die Geschäftswertfestsetzung in bezug auf die den Wert des Gesellschaftsvertrags (Teil II der Urkunde) bildenden Faktoren beanstandet. Mit Schreiben vom 08.07.1997 (AS. 119/123) hat auch der Kostenschuldner Nr. 5 den Kostenansatz vom 17.04.1996 beanstandet, wobei er sich insbesondere gegen die Bemessung des Gegenstandswertes des Gesellschaftsvertrags wandte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Nachdem die daraufhin vom Notariat durchgeführten Maßnahmen zur Wertermittlung nicht weitergeführt hatten und der Kostenschuldner Nr. 5 unter dem 13.08.1997 um die Einleitung des gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahrens gebeten hatte (AS. 141), hat die Bezirksrevisorin mit Schriftsatz vom 14.10.1997 (AS. 151/153) beim Amtsgericht Freiburg die gerichtliche Festsetzung des Geschäftswerts bezüglich der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags gemäß Teil II der Urkunde beantragt (§§ 31, 142 KostO). Das Amtsgericht hat sodann weitere diesbezügliche Ermittlungen angestellt (Beschluß vom 18.08.1998, AS. 179 f.). Auf Grundlage des Ergebnisses dieser Ermittlungen hat die Bezirksrevisorin mit Schriftsatz vom 13.08.1999 (AS 255/257) Anträge zur Geschäftswertberechnung gestellt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Mit Beschluß vom 07.03.2001 (AS. 345) hat das Amtsgericht das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH auf die Vorlage des Amtsgerichts Müllheim vom 20.06.2000 (AS. 329/343) unter Bezugnahme auf die darin enthaltenen Ausführungen ausgesetzt. Dieser Beschluß wurde auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 08.05.2001 (AS. 349/351) durch Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 30.07.2001 (AS. 359/361) aufgehoben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>5. Mit Beschluß vom 14.01.2002 (BWNotZ 2002, S. 89 f. [AS. 377/385]) hat das Amtsgericht Freiburg die Kostenansätze vom 17.04.1996 insgesamt aufgehoben und die Gebühren „für die Beurkundung des Teilauseinandersetzungs-, Zuwendungs- und Kaufvertrags vom 16.04.1996“ - auf 450,00 EUR festgesetzt. Es hat dabei die Auffassung vertreten, in Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 29.09.1999 - Modelo - hätten keine Gebühren nach der KostO, sondern nur eine leistungsbezogene Gebühr - die das Amtsgericht mit der Begründung, der Betrag sei „durchaus angemessen“, mit 450,00 EUR angenommen hat - erhoben werden dürfen, denn durch die Rspr. des EuGH sei § 140 S. 1 KostO für den Bereich des OLG-Bezirks Karlsruhe außer Kraft gesetzt worden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>6. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatskasse (AS. 389/391) hat das Landgericht mit Beschluß vom 12.07.2002 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über den Geschäftswert der beurkundeten Gegenstände an das Amtsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es in erster Linie ausgeführt, das Amtsgericht habe über den Kostenansatz nach § 14 KostO nicht entscheiden dürfen, weil ihm nur der Antrag der Bezirksrevisorin bezüglich der Geschäftswertberechnung für die Gründung der BGB-Gesellschaft vorgelegen habe und ein Verfahren über den Kostenansatz nicht anhängig gewesen sei. Hilfsweise hat das Landgericht seine Entscheidung damit begründet, daß der zur Beurteilung stehende Vorgang nicht der Gesellschaftssteuerrichtlinie 69/335/EWG des Rates unterliege; aus Art. 3 GG ergebe sich nichts anderes.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>7. Gegen diese Entscheidung richtet sich die - vom Landgericht zugelassene - weitere Beschwerde, die mit einem von den Kostenschuldnern Nr. 3 bis 5 unterschriebenen Schriftsatz vom 20.08.2002, in dessen Briefkopf auch die Kostenschuldner Nr. 1 und 2 aufgeführt sind, eingelegt wurde. Die Bezirksrevisorin ist dem Rechtsmittel unter dem 09.12.2002 entgegengetreten (AS. 531).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Auf entsprechenden Antrag des Kostenschuldners Nr. 5 (Schriftsatz vom 31.08.1998 [AS. 195] und vom 27.12.2002 [AS. 537]) hat der Notar beim Notariat 8 Freiburg mit Beschluß vom 07.01.2003 (AS. 539) „die Beurkundungskosten gemäß § 16 KostO niedergeschlagen, soweit sie für die Beurkundung des BGB-Gesellschaftsvertrags entstanden sind und erhoben wurden“. Zur Begründung hat der Notar ausgeführt, es sei versehentlich unterlassen worden, die Beteiligten darauf hinzuweisen, daß für eine - erheblich höhere Beurkundungskosten auslösende - Mitbeurkundung des BGB-Gesellschaftsvertrags keine rechtliche Notwendigkeit bestehe. Die Bezirksrevisorin hat dagegen unter dem 14.02.2003 (AS. 541/543) u.a. mit der Begründung Erinnerung eingelegt, den Notar beim Notariat 8 habe die vom Kostenschuldner Nr. 5 vorgetragene Belehrungspflicht nicht getroffen, weil der Kostenschuldner Nr. 5 seit mehr als 15 Jahren selbst als Notar tätig sei, und davon viele Jahre als Notar des Notariats 9 Freiburg, wobei sich die Notare der Notariate 8 und 9 seit vielen Jahren gegenseitig vertreten. Über die Erinnerung ist noch nicht entschieden.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die infolge Zulassung (§ 134 i.V.m. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO) statthafte und auch im übrigen zulässige (vgl. § 14 Abs. 4 KostO) weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung an das Landgericht. Dieses hat die amtsgerichtliche Entscheidung zwar jedenfalls im Ergebnis zu Recht aufgehoben, indessen lagen die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der - gegenüber dem Verfahren nach §§ 16, 141 KostO vorrangigen Sache - an das Amtsgericht nicht vor.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>1. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Landgerichts, wonach das Amtsgericht mangels Anhängigkeit eines Erinnerungsverfahrens über den Kostenansatz nicht hätte entscheiden dürfen. Denn dem Amtsgericht lagen nicht nur der auf Festsetzung des Geschäftswerts gerichtete Antrag der Staatskasse (§§ 31 Abs. 1 Satz 1, 142 KostO), sondern auch der Schriftsatz des Kostenschuldners Nr. 5 vom 08.07.1997 (AS. 119/123) vor, in welchem dieser mit der Begründung, der Kostenansatz vom 17.04.1996 sei zum Nachteil der Vertragsteile falsch, um Neuberechnung bittet. Angesichts des erkennbaren Ziels des Begehrens war dieses als Erinnerung (§ 14 Abs. 2 KostO) zu werten, für die es keines förmlichen Antrags bedurfte (vgl. Korintenberg/Lappe, KostO, 15. Aufl. 2002, Rn. 54 zu § 14).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>2. Der vom Amtsgericht vorgenommene Kostenansatz war indessen fehlerhaft, weil die ihm zugrundeliegende Auffassung, wonach die KostO hier keine Anwendung findet, unzutreffend ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>a) Gemäß § 140 S. 1 KostO bestimmen sich die Kosten der Notare grundsätzlich nach der KostO, soweit bundesrechtlich nichts anderes vorgeschrieben ist. Dies gilt - wie sich aus den §§ 142, 143 KostO ergibt - uneingeschränkt auch für die Amtsnotare im badischen Rechtsgebiet, deren Gebühren zwar zur Landeskasse fließen, denen aber gem. §§ 8, 9 LJKG i.d.F. vom 25.03.1975 (GBl. S. 261, 580) außer den Dienstbezügen auch Gebührenanteile zustehen (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, a.a.O., Rn. 1 bis 3 zu § 143).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>b) Die somit gesetzlich gebotene Anwendung der KostO ist hier weder aufgrund europarechtlicher noch aufgrund bundesrechtlicher Vorschriften ausgeschlossen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>aa) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine Kostenerhebung nach der KostO im vorliegenden Fall schon deshalb nicht unvereinbar mit der Regelung gem. Art. 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10.06.1985 („Gesellschaftssteuerrichtlinie“), weil die Beurkundungshandlung von keinem der Verbotstatbestände des Art. 10 der Richtlinie erfaßt wird. Insbesondere handelt es sich bei der BGB-Gesellschaft nach Teil II der Urkunde vom 16.04.1996 weder um eine Gesellschaft mit Erwerbszweck, noch war die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags gesetzlich vorgeschrieben. Demgemäß ist die von den Kostenschuldnern zur Begründung ihrer weiteren Beschwerde mitgeteilte Auffassung, es sei „davon auszugehen, daß innerhalb des staatlich organisierten Notariats für Vorgänge, die unter die Richtlinie fallen, nur aufwandsbezogene Gebühren nach europäischem Recht zulässig sind“ (S. 3 ihres Schriftsatzes vom 20.08.2002, AS. 517; Hervorhebung nicht im Original) zwar richtig aber nicht weiterführend, weil der hier zu beurteilende Vorgang eben nicht unter die Richtlinie fällt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>bb) Entgegen der vom Amtsgericht in seinem Beschluß vom 14.01.2002 vertretenen Auffassung ist § 140 KostO durch die Rechtsprechung des EuGH nicht „außer Kraft gesetzt“ worden mit der Folge, daß „jetzt völlig andere Kostenberechnungsgrundsätze als bisher“ gelten (Amtsgericht Freiburg, a.a.O.). Insbesondere hat der EuGH die genannte Vorschrift weder durch seinen Beschluß vom 21.03.2002 - Gründerzentrum - (ZIP 2002, S. 663 ff.) noch - und erst recht nicht - durch das sich mit portugiesischen Gebühren befassende Urteil vom 29.09.1999 - Modelo - , auf das sich das Amtsgericht ebenfalls stützt, unwirksam werden lassen. Hierzu hätte der EuGH auch gar nicht die Kompetenz gehabt. Ausschließliche Aufgabe des EuGH ist es gemäß Art. 220 EGV nämlich, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des EGV zu sichern, was bedeutet, daß er die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in der EU zu garantieren hat. Dem entspricht es, daß das Gericht im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV - was in dessen Satz 1 auch unmißverständlich zum Ausdruck kommt - lediglich solche Auslegungsfragen zu entscheiden hat, die das primäre und das sekundäre Gemeinschaftsrecht betreffen (hierzu Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl. 2002 Rn. 6 zu Art. 234); nicht dagegen ist der EuGH zur Auslegung oder Anwendung nationalen Rechts befugt (Geiger, a.a.O., Rn. 5 zu Art. 234), und erst recht nicht kann er nationales Recht außer Kraft setzen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Dementsprechend gehen sowohl der Tenor als auch die Gründe der beiden vom Amtsgericht zum Beleg für seine Auffassung herangezogenen EuGH-Entscheidungen jeweils nicht etwa auf eine Außerkraftsetzung von § 140 KostO - und sei es auch nur für das badische Rechtsgebiet - , sondern dahin, daß „die Gebühren für die notariellen Beurkundungen eines unter die Richtlinie fallenden Rechtsgeschäfts ... in einem Rechtssystem, in dem der Notar Beamter ist und ein Teil dieser Gebühren dem Staat für die Finanzierung seiner Aufgaben zufließt“ (Urteil vom 29.09.1999 - Modelo - , Tz. 23) bzw. „in einem Rechtssystem, in dem die Notare Beamte sind und ein Teil der Gebühren dem Staat zufließt, der der Dienstherr der Notare ist und der diese Einnahmen für die Finanzierung seiner Aufgaben verwendet“ (Beschluß vom 21.03.2002 - Gründerzentrum - , Tz. 34) „als Steuer im Sinne der Richtlinie 69/335/EWG anzusehen“ sind (Hervorhebung nicht im Original). Damit hat der EuGH - seinen Kompetenzen entsprechend - den Begriff „Steuer im Sinne der Gesellschaftssteuerrichtlinie“ ausgelegt und auf der Grundlage dieser Auslegung sodann gefolgert, daß die Erhebung derartiger Gebühren für die Beurkundung unter die Richtlinie fallender Rechtsgeschäfte verboten ist (vgl. Modelo, Tz. 28, und Gründerzentrum, Tz. 34). Daß die Erhebung solcher Gebühren auch für die Beurkundung nicht unter die Richtlinie fallender Rechtsgeschäfte unzulässig sei, ist damit auch nicht andeutungsweise gesagt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>cc) Aus den obigen Ausführungen zu bb) folgt zugleich, daß die genannte EuGH-Rechtsprechung auch nicht mittelbar zur Unanwendbarkeit der KostO für Beurkundungen der hier in Rede stehenden Art führt. Bei den für die Beurkundungen badischer Amtsnotare zu erhebenden Abgaben nach der KostO handelt es sich um auf gesetzlicher Grundlage beruhende Gebühren und nicht etwa - wovon die Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 offenbar ausgehen - um Steuern ohne hinreichende Rechtsgrundlage.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Zur Begründung ihrer weiteren Beschwerde haben die Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 zwar die Auffassung vertreten, ausgehend vom „Gleichlauf der deutschen mit der europäischen Rechtsordnung“ gebe es „keinen Grund, nur die Abgaben als Steuern zu qualifizieren, die der Richtlinie 69/335/EWG unterfallen, während anderen Abgaben, die aufgrund sonstiger notarieller Dienstleistungen dem Staat geschuldet werden, dieser Charakter abgesprochen werden soll“ (AS 519). Dies ist indessen schon im Ansatz verfehlt. Der durch Auslegung einer EU-Richtlinie ermittelte Inhalt eines in dieser Richtlinie verwendeten Rechtsbegriffs besagt nämlich nichts darüber, welchen Sinn ein - in der entsprechenden Übersetzung - gleichlautender Begriff im nationalen Recht hat. Mit anderen Worten und auf den Fall bezogen: Was unter den in der deutschen Fassung der europäischen Gesellschaftssteuerrichtlinie als „Steuer“ bezeichneten Begriff zu subsumieren ist, ist nicht notwendigerweise auch „Steuer“ nach deutschem Recht (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AO). Denn entgegen der Prämisse der Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 sind die gemeinschaftsrechtlichen Wortbedeutungen nicht mit denen in den einzelnen Mitgliedsstaaten identisch. Dies ist die zwingende Folge dessen, daß Rechtsinstitute der - mehreren verschiedenen Rechtskreisen zugehörigen - nationalen Rechtsordnungen schon wegen der unterschiedlichen Strukturen der verschiedenen Gemeinschaftssprachen häufig voneinander abweichen. Deshalb können sie mit den in den verschiedenen Amtssprachen der EG zur Verfügung stehenden Rechtsbegriffen auch nicht exakt erfaßt werden. Demgemäß bedient sich der EuGH zur Auslegung europarechtlicher Rechtsbegriffe notwendigerweise vor allem der teleologischen Auslegungsmethode, die - ausgehend vom Wortlaut in seiner gewöhnlichen (also nicht einer in den verschiedenen Amtssprachen oft unterschiedlichen rechtstechnischen) Bedeutung - für die Sinnermittlung an den Zweck der auszulegenden Norm anknüpft (ähnlich Geiger, a.a.O., Rn. 11 zu Art. 220 EGV; vgl. auch Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 ff., 1180). Gemeinschaftsrechtliche Wortbedeutungen sind daher zwar vor dem Hintergrund der ihnen zugrundeliegenden mitgliedsstaatlichen Vorstellungsbilder zu sehen, müssen aber zur Wahrung eines einheitlichen EG-Rechts zu einem gemeinsamen „EG-Wortsinn“ verschmolzen werden (Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 579l), der dann aber für die Auslegung nationalen Rechts nichts hergibt (eingehend Groux, in: Festschrift für Pierre Pescatore, 1987, S. 275 ff.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Danach hat die Rechtsprechung des EuGH zur Gesellschaftssteuerrichtlinie nichts daran geändert, daß es sich nach dem für nicht unter die Richtlinie fallende Sachverhalte maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis bei den für die Beurkundungen durch badische Notare zu erhebenden Abgaben nicht um Steuern, sondern - als Gegenleistungen für die besondere Inanspruchnahme bestimmter Amtshandlungen - um Gebühren handelt (zum Gebührenbegriff nach deutschem Recht vgl. zuletzt BVerfG, DÖV 2003, S. 549 ff., unter Abschnitt C I 1. a) der Gründe).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>dd) Entgegen der Auffassung der Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 führt auch Art. 3 GG nicht dazu, daß aufgrund der genannten EuGH-Rechtsprechung nunmehr „alle Gebühren im staatlichen Notariat ausschließlich nach konkretem Aufwand, nämlich dem Kostendeckungsprinzip, zu erheben sind“ (S. 5 des Schriftsatzes vom 20.08.2002, AS. 521). Der Gleichheitsgrundsatz gebietet - im Gegenteil - daß die bundeseinheitliche KostO grundsätzlich, soweit also höherrangiges Recht nichts anderes vorsieht, auch im badischen Rechtsgebiet angewendet wird.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Der Gleichheitsgrundsatz besagt, daß wesentlich Gleiches gleich, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln ist. Ungleichbehandlung ist demnach nur dann zulässig, wann sie auf einem sachlichen Grund beruht (vgl. etwa die Nachweise bei Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Rn. 4 f. zu Art. 3). Es ist zwar richtig, daß im badischen Rechtsgebiet solche Protokollierungen, die unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallen und daher nach konkretem Aufwand zu entgelten sind, gegenüber von der Richtlinie nicht erfaßten und daher nach der KostO abzurechnenden Vorgängen gebührenmäßig privilegiert sind. Diese Ungleichheit stellt aber deshalb keinen Verstoß gegen Art. 3 GG dar, weil sie sich aus dem spezifischen Zweck der Gesellschaftssteuerrichtlinie (hierzu Urteil des EuGH vom 29.09.1999 - Modelo - , Tz. 23) ergibt. Sie zum Anlaß zu nehmen, die KostO im früheren Land Baden und im früheren Land Württemberg - in Württemberg aber wiederum nur bezüglich der Bezirks-, nicht auch hinsichtlich der in diesem Landesteil ebenfalls tätigen Nur- und Anwaltsnotare - nicht mehr anzuwenden, hieße, im Gegenteil, den Gleichheitssatz auf den Kopf zu stellen (vgl. hierzu, bezogen auf das Land Baden-Württemberg, den zutreffenden Hinweis von Poetzl, Das Badische Notariat, in: Festschrift 200 Jahre Badisches Oberhofgericht - Oberlandesgericht Karlsruhe, 2003, S. 185 ff., 198 [Fn. 47], auf die Verhältnisse in der Stadt Villingen-Schwenningen mit dem ehemals badischen Stadtbezirk Villingen und dem ehemals württembergischen Stadtbezirk Schwenningen). Denn für die dann bestehende eklatante Ungleichheit innerhalb Deutschlands stellte der Umstand, daß die Notare im früheren Baden aus historischen Gründen (hierzu Poetzl, a.a.O.), mit Billigung des Grundgesetzgebers (vgl. Art.138 GG) und ohne daß darin seinerseits ein Verstoß gegen Art. 3 GG läge (hierzu Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Stand 2003, Anm. 13 zu Art. 138 m.w.N.), Beamte sind, keinen sachlichen Grund dar. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG erschiene in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage als diskussionswürdig, ob es einen sachlichen Grund dafür gibt, von der Gesellschaftssteuerrichtlinie erfaßte Vorgänge außerhalb Badens weiterhin nicht nach Aufwand, sondern nach der KostO abzurechnen. Diese vom Bundesgesetzgeber zu entscheidende Frage spielt aber für die Frage der Anwendbarkeit der KostO auf nicht von der Richtlinie erfaßte Beurkundungen keine Rolle. Soweit der Kostenschuldner Nr. 5 in seinem - im Briefkopf auch die Kostenschuldner Nr. 1 bis 4 führenden - Schriftsatz vom 24.05.2003 auf einen Entwurf des Bundesjustizministeriums für eine Neuordnung der Gebühren in Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen hinweist, in dem sich das Ministerium unter Hinweis auf Art. 3 GG auch für die nicht der Gesellschaftssteuerrichtlinie unterstehenden Gebühren „vom Wertgebührensystem verabschiedet“, ist dem entgegenzuhalten, daß der vom Kostenschuldner Nr. 5 genannte ministerielle Gesetzentwurf nicht die KostO betrifft und Gesetzeswürfe zudem noch kein geltendes Recht sind.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Schließlich führt auch die Entscheidung des BVerfG vom 19.03.2003 - 2 BvL 9 bis 12/98 - (DÖV 2003, S. 549 ff.) nicht zur Unanwendbarkeit der KostO im vorliegenden Fall.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Der im BGBl. I 2003, S. 530 veröffentlichte Tenor mit Gesetzeskraft besagt, daß § 120a Abs. 1 S. 1 des bad.-württ. Universitätsgesetzes mit Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 105, 106 GG unvereinbar und nichtig ist, soweit danach eine Gebühr von 100 DM für die Bearbeitung jeder Rückmeldung zu entrichten ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Der vom Beteiligten Nr. 5 mit Schreiben vom 24.05.2003 (S. 4, AS. 557) vertretenen Auffassung, aus der genannten Entscheidung des BVerfG ergebe sich, daß „die Notariatsgebühren im staatlich organisierten Notariat den Bestimmungen der Art. 70 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105, 106 GG“ widersprächen, da die Gebühren den Aufwand überschritten, vermag der Senat nicht zu folgen. Eine vom BVerfG für § 120a des bad.-württ. Universitätsgesetzes angenommene und deshalb zur Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschrift führende Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz des Landes (BVerfG, a.a.O., Abschnitt C - vor I - der Gründe) liegt bei der KostO schon deshalb nicht vor, weil es sich dabei nicht um ein Landes-, sondern um ein Bundesgesetz handelt, das anzuwenden das Land verpflichtet ist. Daß das Land - wie der Kostenschuldner Nr. 5 vorträgt - aus der Beurkundungstätigkeit seiner Amtsnotare den Aufwand übersteigende Gebühreneinnahmen erzielt, ist Reflex dessen, daß bei einem - grundgesetzlich gebilligten (Art. 138 GG) und damit der verfassungsmäßigen Ordnung entsprechenden - Nebeneinander freier und staatlicher Notariate mit einheitlicher Gebührenordnung bei der Gebührenbemessung auch die betriebswirtschaftlichen Belange der Nur- und Anwaltsnotare zu berücksichtigen sind, und deshalb sowie wegen des sich aus Art. 3 GG ergebenden Grundsatzes der Gebührengleichheit hinzunehmen.</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Nach alledem war die weitere Beschwerde in bezug auf Nr. 1 der landgerichtlichen Beschlußformel zurückzuweisen. Aufzuheben war die Entscheidung dagegen, soweit das Landgericht die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen hat. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung waren nicht gegeben, weil das amtsgerichtliche Verfahren, in dem Ermittlungen zum Sachverhalt durchgeführt worden waren, keinen schwerwiegenden Mangel aufwies (vgl. hierzu Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl. 2003, Rn. 21 zu § 25).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Die Beurteilung, wieweit das Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Ermittlungen zum Geschäftswert der Gebührenfestsetzung zugrundegelegt werden kann, ist eine nicht vom Rechtsbeschwerdegericht zu beurteilende Tatsachenfrage. Die Sache war daher an das Landgericht zurückzuverweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlaß.</td></tr></table>
</td></tr></table>
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lg-hechingen-2003-08-20-xx
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|
XX
| 2003-08-20T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:56
| 2019-01-17T11:58:18
|
Urteil
|
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Beklagte bestellte am 18.12.2001 beim Kläger Heizöl. Er rief zunächst an und fragte nach dem Preis für circa 8.000 Liter Heizöl bei einer Lieferung an drei Abladestellen. Später am selben Tag rief der Beklagte nochmals an, verhandelte weiter über den Preis und bestellte schließlich das Heizöl. Dabei vereinbarten die Parteien bei einer Abnahmemenge von circa 8.000 Litern den Preis von 51,30 DM pro 100 Liter zuzüglich Mehrwertsteuer. Außerdem vereinbarten sie, dass das Heizöl an insgesamt drei Abladestellen beim Beklagten und dessen Bekannten Z. geliefert werden sollte. Am 19.12.2001 lieferte der Kläger an den Beklagten 1.880 Liter Heizöl, an Z. 3.010 Liter und 4.913 Liter. Bei der Auslieferung änderte Z. die Adresse auf dem Lieferschein für die Abnahmemenge von 4.913 Liter auf die Firma E. GmbH ab. Der Kläger erstellte vereinbarungsgemäß drei getrennte Rechnungen, die er an den Beklagten, an Z. und an die E. GmbH, deren Geschäftsführer Z. war, versandte. Z. bezahlte das an ihn gelieferte Heizöl nicht. Die an die E. GmbH gerichtete Rechnung blieb ebenfalls unbezahlt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beklagte hat vorgetragen, Z. habe ihm am Abend des 17.12.2001 anlässlich eines Besuches gesagt, dass er auch Heizöl für ihn bestellen könne, falls er beim Kläger einen Preis unter 60,-- DM pro 100 Liter erhalte. Als er am nächsten Tag beim Beklagten angerufen habe und ihm der Preis von 51,30 DM pro 100 Liter zuzüglich Mehrwertsteuer genannt worden sei, habe er für Z. mitbestellt. Er habe aber ausdrücklich gesagt, dass er nicht als Sammelbesteller auftrete und mit der Rechnung von Z. nichts zu tun haben wolle, da er mit Sammelbestellungen schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht habe. Daraufhin habe die Zeugin B., die seinen Anruf entgegengenommen habe, erwidert, dass das in Ordnung sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 2.420,65 EUR nebst Zinsen (Kaufpreis in Höhe von 2.410,65 EUR sowie 10.- EUR Mahnkosten) abgewiesen und dazu ausgeführt, wenn der Beklagte und Z. sich zusammengeschlossen hätten, um Heizöl zu kaufen, könne sich der Geschäftszweck darin erschöpfen, durch den Bezug einer größeren Heizölmenge einen optimalen Preis zu erzielen; das zwinge aber noch nicht zu der Annahme, beide wollten darüber hinaus auch noch für die Gesamtverbindlichkeiten einstehen. Für den Kläger sei ersichtlich gewesen, dass der Beklagte und Z. jeweils nur für den Kaufpreis des für sich selber bezogenen Heizöls einstehen wollten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Antrag auf Zahlung von 2.420,65 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 22. 1. 2002 weiter verfolgt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Beklagte macht zur Begründung seines Antrags, die Berufung zurückzuweisen, nunmehr geltend:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Er habe nur für sich Heizöl beim Kläger bestellt, nicht aber zugleich für Z.. Vielmehr habe er bei dem zweiten Telefongespräch am 18.12.2001, als er circa 2.000 Liter Heizöl für sich bestellt habe, nur noch gesagt, dass zu dem Preis von 51,30 DM pro 100 Liter auch sein Bekannter Z. Heizöl bestellen würde. Er habe der Zeugin B. dessen Telefonnummer genannt. Der Kläger habe darauf bei Z. angerufen, der persönlich beim Kläger Heizöl bestellt habe.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und hat in der Sache - mit Ausnahme der Mahnkosten und eines Teils der Zinsen - Erfolg. Dem Kläger steht gemäß §§ 433 Abs. 2, 421, 427 BGB i.V.m. §§ 705 ff. BGB gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 2.410,65 EUR als Gesamtschuldner neben Z. zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Beklagte und Z. haben sich zum Zweck des gemeinsamen Einkaufs von Heizöl zusammengeschlossen. Sie wussten, dass sie einen günstigeren Preis erhalten, wenn sie gemeinsam eine größere Menge Heizöl bestellen; dies war der gemeinsame Zweck, den beide verfolgten. Damit standen dem Kläger als Vertragspartner der Beklagte und Z. als Gesellschafter gem. §§ 705 ff. BGB gegenüber, die gesamtschuldnerisch für die im Rahmen des Gesellschaftszwecks eingegangenen Verbindlichkeiten haften. Beide traten nach außen gemeinsam auf, indem der Beklagte für beide eine Gesamtmenge von etwa 8.000 Litern Heizöl bestellte sowie den Namen des Mitbestellers nannte. Der Kläger hat, wie alle Beteiligten wussten, allein deshalb einen niedrigeren Preis verlangt, weil der Beklagte eine relativ große Menge Heizöl bestellte und die Lieferung an drei nahe beieinander liegende Abladestellen erfolgte. Er ging deshalb von einer gemeinschaftlichen Bestellung aus. Hiervon durfte er auch ausgehen, da die Kunden ersichtlich die von ihnen benötigten Einzelmengen zum Zweck der Erzielung eines günstigeren Preises in einer Sammelbestellung zusammengefasst hatten. Bei derartigen Sammelbestellungen haftet jeder, der sich an ihr beteiligt, als Mitgesellschafter und damit als Gesamtschuldner (LG Konstanz NJW 1987, 2521). Der in der Literatur von Karsten Schmidt (JuS 1988, 444) vertretenen Gegenansicht kann die Kammer nicht folgen. Diese Ansicht beruht auf einer Unterscheidung zwischen Außen- und Innengesellschaft allein anhand des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von gesamthänderischem Gesellschaftsvermögen und steht damit im Gegensatz zur ganz überwiegenden und zutreffenden Ansicht, die auf das gemeinschaftliche Auftreten nach außen und damit richtigerweise darauf abstellt, wie der Vertragspartner dieses Auftreten verstehen darf. Das Fehlen eines Gesamthandvermögens ist zwar zwingende Voraussetzung einer Innengesellschaft, schließt aber umgekehrt die Annahme einer Außengesellschaft nicht aus, wenn und soweit die Gesellschafter - wie im vorliegenden Fall - im Rahmen des Gesellschaftszwecks und zu dessen Erreichung gemeinsam nach außen auftreten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Beklagte bei dem zweiten Telefongespräch am 18.12.2001 der Zeugin B. gesagt hat, er wolle nicht als Sammelbesteller auftreten und mit der Rechnung für die Bestellung für Z. nichts zu tun haben (wird ausgeführt). Die verbleibenden erheblichen Zweifel an der Richtigkeit seiner Behauptung, er habe die Zeugin B. darauf hingewiesen, er wolle nur für die Bezahlung des an ihn gelieferten Heizöls einstehen, gehen zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Beklagte geltend, die Bestellung des Heizöls für Z. sei nicht durch ihn - den Beklagten - erfolgt; er habe den Kläger lediglich auf Zimmermann als möglichen Interessenten hingewiesen; der Kläger habe sich deshalb unmittelbar telefonisch mit dem Kläger in Verbindung gesetzt und erst bei diesem Telefongespräch habe Zimmermann seine Bestellung aufgegeben. Mit diesem Vortrag, der in unvereinbarem Gegensatz zu seinem Vortrag erster Instanz steht, ist der Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Der Beklagte hat am 18.12.2001 persönlich beim Kläger angerufen und wusste deshalb, was bei diesem Telefonat gesprochen wurde und wie es zur Bestellung kam. Weshalb er daran gehindert war, seine jetzige Version über das Zustandekommen dieser Bestellung bereits in erster Instanz vorzutragen, ist nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Der Beklagte haftet sonach gemäß §§ 433 Abs. 2, 421, 427 BGB i.V.m. §§ 705 ff. BGB auch für den Kaufpreis des an Z. gelieferten Heizöls. Dass statt der bestellten 8.000 Liter Heizöl insgesamt etwa 10.000 Liter, davon knapp 8.000 Liter an Z., geliefert wurden, ändert daran nichts, da es sich bei der Mengenangabe anlässlich der Bestellung - wie vielfach in derartigen Fällen - ersichtlich nur um eine ungefähre Angabe der zur Auffüllung der Tanks benötigten Menge handelte und die tatsächlich gelieferte Menge noch innerhalb des dadurch vorgegebenen Rahmens liegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen ist unbegründet, da die an Z., bzw. die E. GmbH gerichteten Mahnungen den Beklagten nicht in Verzug setzten, § 425 BGB. Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Mahnkosten in Höhe von 10,-- EUR. Die Klage war insoweit abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs.2 S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 (entspr.), 711 Satz 1, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Kammer folgt wie dargelegt der bisherigen Rechtsprechung zur Haftung bei Heizöl-Sammelbestellungen; abweichende Entscheidungen liegen - soweit ersichtlich - nicht vor und die zitierte Gegenstimme aus der Literatur stützt sich, wie ebenfalls dargelegt, auf eine Definition von Innen- und Außengesellschaft, die allenfalls einer Mindermeinung entspricht.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und hat in der Sache - mit Ausnahme der Mahnkosten und eines Teils der Zinsen - Erfolg. Dem Kläger steht gemäß §§ 433 Abs. 2, 421, 427 BGB i.V.m. §§ 705 ff. BGB gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 2.410,65 EUR als Gesamtschuldner neben Z. zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Beklagte und Z. haben sich zum Zweck des gemeinsamen Einkaufs von Heizöl zusammengeschlossen. Sie wussten, dass sie einen günstigeren Preis erhalten, wenn sie gemeinsam eine größere Menge Heizöl bestellen; dies war der gemeinsame Zweck, den beide verfolgten. Damit standen dem Kläger als Vertragspartner der Beklagte und Z. als Gesellschafter gem. §§ 705 ff. BGB gegenüber, die gesamtschuldnerisch für die im Rahmen des Gesellschaftszwecks eingegangenen Verbindlichkeiten haften. Beide traten nach außen gemeinsam auf, indem der Beklagte für beide eine Gesamtmenge von etwa 8.000 Litern Heizöl bestellte sowie den Namen des Mitbestellers nannte. Der Kläger hat, wie alle Beteiligten wussten, allein deshalb einen niedrigeren Preis verlangt, weil der Beklagte eine relativ große Menge Heizöl bestellte und die Lieferung an drei nahe beieinander liegende Abladestellen erfolgte. Er ging deshalb von einer gemeinschaftlichen Bestellung aus. Hiervon durfte er auch ausgehen, da die Kunden ersichtlich die von ihnen benötigten Einzelmengen zum Zweck der Erzielung eines günstigeren Preises in einer Sammelbestellung zusammengefasst hatten. Bei derartigen Sammelbestellungen haftet jeder, der sich an ihr beteiligt, als Mitgesellschafter und damit als Gesamtschuldner (LG Konstanz NJW 1987, 2521). Der in der Literatur von Karsten Schmidt (JuS 1988, 444) vertretenen Gegenansicht kann die Kammer nicht folgen. Diese Ansicht beruht auf einer Unterscheidung zwischen Außen- und Innengesellschaft allein anhand des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von gesamthänderischem Gesellschaftsvermögen und steht damit im Gegensatz zur ganz überwiegenden und zutreffenden Ansicht, die auf das gemeinschaftliche Auftreten nach außen und damit richtigerweise darauf abstellt, wie der Vertragspartner dieses Auftreten verstehen darf. Das Fehlen eines Gesamthandvermögens ist zwar zwingende Voraussetzung einer Innengesellschaft, schließt aber umgekehrt die Annahme einer Außengesellschaft nicht aus, wenn und soweit die Gesellschafter - wie im vorliegenden Fall - im Rahmen des Gesellschaftszwecks und zu dessen Erreichung gemeinsam nach außen auftreten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Beklagte bei dem zweiten Telefongespräch am 18.12.2001 der Zeugin B. gesagt hat, er wolle nicht als Sammelbesteller auftreten und mit der Rechnung für die Bestellung für Z. nichts zu tun haben (wird ausgeführt). Die verbleibenden erheblichen Zweifel an der Richtigkeit seiner Behauptung, er habe die Zeugin B. darauf hingewiesen, er wolle nur für die Bezahlung des an ihn gelieferten Heizöls einstehen, gehen zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Beklagte geltend, die Bestellung des Heizöls für Z. sei nicht durch ihn - den Beklagten - erfolgt; er habe den Kläger lediglich auf Zimmermann als möglichen Interessenten hingewiesen; der Kläger habe sich deshalb unmittelbar telefonisch mit dem Kläger in Verbindung gesetzt und erst bei diesem Telefongespräch habe Zimmermann seine Bestellung aufgegeben. Mit diesem Vortrag, der in unvereinbarem Gegensatz zu seinem Vortrag erster Instanz steht, ist der Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Der Beklagte hat am 18.12.2001 persönlich beim Kläger angerufen und wusste deshalb, was bei diesem Telefonat gesprochen wurde und wie es zur Bestellung kam. Weshalb er daran gehindert war, seine jetzige Version über das Zustandekommen dieser Bestellung bereits in erster Instanz vorzutragen, ist nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Der Beklagte haftet sonach gemäß §§ 433 Abs. 2, 421, 427 BGB i.V.m. §§ 705 ff. BGB auch für den Kaufpreis des an Z. gelieferten Heizöls. Dass statt der bestellten 8.000 Liter Heizöl insgesamt etwa 10.000 Liter, davon knapp 8.000 Liter an Z., geliefert wurden, ändert daran nichts, da es sich bei der Mengenangabe anlässlich der Bestellung - wie vielfach in derartigen Fällen - ersichtlich nur um eine ungefähre Angabe der zur Auffüllung der Tanks benötigten Menge handelte und die tatsächlich gelieferte Menge noch innerhalb des dadurch vorgegebenen Rahmens liegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen ist unbegründet, da die an Z., bzw. die E. GmbH gerichteten Mahnungen den Beklagten nicht in Verzug setzten, § 425 BGB. Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Mahnkosten in Höhe von 10,-- EUR. Die Klage war insoweit abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs.2 S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 (entspr.), 711 Satz 1, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Kammer folgt wie dargelegt der bisherigen Rechtsprechung zur Haftung bei Heizöl-Sammelbestellungen; abweichende Entscheidungen liegen - soweit ersichtlich - nicht vor und die zitierte Gegenstimme aus der Literatur stützt sich, wie ebenfalls dargelegt, auf eine Definition von Innen- und Außengesellschaft, die allenfalls einer Mindermeinung entspricht.
</td></tr></table>
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}
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3 U 109/03; 3 U 109/03 - 10
| 2003-08-19T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:53
| 2019-02-12T14:04:39
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Berufung des Klägers gegen das am 17.01.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - Az. 1 O 372/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>A.</p>
<p>
<rd nr="1"/>
Gegenstand der Klage sind Ansprüche wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls vom ... 2002 am Grenzübergang auf der Bundesautobahn in ..., an dem der Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Sattelzugs trotz einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 10 km/h mit hoher Wucht auf eine Fahrzeugkolonne aufgefahren ist, wobei u.a. der Kläger verletzt worden ist und Sachschaden erlitten hat. Die volle Verantwortlichkeit der Beklagten für die Folgen dieses Verkehrsunfalls ist außer Streit.
</p>
<p>
<rd nr="2"/>
Die Beklagte hat vorprozessual unter Bezugnahme und Berufung auf ihr Abrechnungsschreiben vom 19.04.2002 (Bl. 105 d.A.) einen Betrag von 16.275,56 EUR gezahlt, diese Zahlung jedoch ausdrücklich unter Rückzahlungsvorbehalt gestellt.
</p>
<p>
<rd nr="3"/>
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von (weiteren) 1.000,- EUR sowie eines angemessenen Schmerzensgeldes begehrt. Da die Beklagte trotz Aufforderung des Klägers mit Schreiben vom 29.07.2002 unter Fristsetzung zum 12.08.2002 den Rückzahlungsvorbehalt nicht aufgegeben hat, hat der Kläger im Wege der negativen Feststellungsklage ferner die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die geleistete Zahlung von 16.275,56 EUR zurückzufordern (Bl. 14 d.A.). Hinsichtlich der Zahlungsklage haben die Parteien sodann die Hauptsache einstimmend für erledigt erklärt (Bl. 44 d.A.), nachdem die Beklagte diese Forderung anerkannt (Schriftsatz vom 19.09.2002) und Zahlung geleistet hat (Bl. 41 d.A.).
</p>
<p>
<rd nr="4"/>
Das Landgericht hat durch das am 17.01.2003 verkündete Urteil - Az. 1 O 372/02 - die negative Feststellungsklage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehle. Die Beklagte habe sich zu keiner Zeit eines Rückzahlungsanspruchs berühmt und mit dem Vorbehalt lediglich die Wirkung des § 814 BGB ausschließen wollen, um sich einen Anspruch aus § 812 BGB vorzubehalten.
</p>
<p>
<rd nr="5"/>
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die negative Feststellungsklage weiterverfolgt.
</p>
<p>
<rd nr="6"/>
Der Kläger beantragt,
</p>
<p>
<rd nr="7"/>
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die von ihr mit Telefaxschreiben vom 19.04.2002 in Höhe von 16.275,56 EUR auf den Sachschaden geleistete Zahlung vom Kläger zurückzufordern.
</p>
<p>
<rd nr="8"/>
Die Beklagte beantragt,
</p>
<p>
<rd nr="9"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</p>
<p>
<rd nr="10"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</p>
<p>B.</p>
<p>
<rd nr="11"/>
Die Berufung, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EG-ZPO die Vorschriften der ZPO neuer Fassung anzuwenden sind, ist gemäß den §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine andere Entscheidung.
</p>
<p>
<rd nr="12"/>
Zu Recht hat das Landgericht ein rechtliches Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung mit der Folge der Unzulässigkeit der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO verneint, weil trotz des von der Beklagten gemachten Rückzahlungsvorbehaltes der Schadenersatzanspruch des Klägers durch Erfüllung erloschen ist, § 362 BGB. Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der begehrten Feststellung ist deshalb nicht gegeben.
</p>
<p>
<rd nr="13"/>
I. Nach heute allgemein anerkannter Meinung sind hinsichtlich der Erfüllungsgeeignetheit eines Rückforderungsvorbehaltes zwei Fallgruppen zu unterscheiden. Die eine besteht darin, dass der Schuldner die Wirkung des § 814 BGB ausschließt und sich die Möglichkeit offen hält, das Geleistete nach § 812 BGB zurückzufordern, sofern er, der Schuldner, das Nichtbestehen der Forderung beweist. Ein solcher Vorbehalt berührt die Ordnungsgemäßheit der Erfüllung nicht, weil der Gläubiger nach dem Gesetz nur einen Anspruch auf die geschuldete Leistung (§ 362 Abs. 1 BGB), nicht aber auf Anerkennung des Bestehens der Forderung hat. Trotz eines Vorbehaltes im dargelegten Sinne tritt deshalb die Wirkung der Erfüllung ein. Der Gläubiger ist nicht berechtigt, die mit einem derartigen Vorbehalt versehene Leistung abzulehnen (BGH, NJW 1982, 2301 [2302 re. Sp.]; BGH, NJW 1984, 2826 [re. Sp.]; BGHZ 139, 357 [367 f]). Der Schuldner kann seine Leistung auf eine nicht bestehende Forderung nach § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen, wenn er das Nichtbestehen der Schuld beweist, sofern er nicht in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hat, § 814 BGB. Hat aber der Gläubiger keinen Anspruch auf Anerkenntnis des Bestehens der Schuld und ist trotz des Vorbehaltes die Erlöschenswirkung auf Grund der Erfüllung eingetreten, besteht grundsätzlich kein rechtliches Interesse des Gläubigers auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rückforderungsanspruchs.
</p>
<p>
<rd nr="14"/>
II. Anders ist die Rechtslage, wenn der Schuldner in dem Sinne unter Vorbehalt an den Gläubiger leistet, dass er diesem für den Fall eines späteren Rückforderungsstreits die volle Beweislast für das Bestehen der Forderung aufbürdet (zu den unterschiedlichen Möglichkeiten und Voraussetzungen eines Zahlungsvorbehaltes vgl. Staudinger-Olzen, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2000, § 362 Rdnrn. 24 ff; MünchKomm-BGB-Wenzel, 4. Aufl., Bd. 2 a, Rdnr. 4; Soergel-Zeiss, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., Rdnr. 15, jeweils m.w.N.). Ein Vorbehalt in diesem Sinne stellt keine Erfüllung dar (BGHZ 139, 357 [368]). Der Gläubiger hat deshalb in diesem Falle ein rechtliches Interesse an der Beseitigung des Vorbehaltes, damit klargestellt ist, ob der von ihm geltend gemachte Anspruch durch Erfüllung erloschen ist, § 362 BGB.
</p>
<p>
<rd nr="15"/>
III. Die Auslegung des Abrechnungsschreibens der Beklagten vom 19.04.2002 (Bl. 105 d.A.) führt zu dem Ergebnis, dass die Beklagte mit dem Rückforderungsvorbehalt nur die Wirkungen des § 814 BGB ausschließen wollte, §§ 133, 157 BGB. Abgesehen davon, dass die Beklagte keine Einwendungen zum Haftungsgrund vorgebracht hat - Gegenteiliges ist jedenfalls nicht behauptet worden - und dass sie vor der Absendung des Schreibens vom 19.04.2002 bereits einen Vorschuss von 10.000,- EUR geleistet hatte, hat sie den Rückforderungsvorbehalt im Schreiben vom 19.04.2002 allein mit der noch fehlenden Einsichtnahme in die Ermittlungsakten begründet, um sich nicht zu "präjudizieren" (Bl. 105 d.A.). Ein Hinweis darauf, dass die Beweislast für das Bestehen der Forderung im Falle der Rückforderung beim Kläger liegen sollte, findet sich an keiner Stelle. Er ist auch aus den Gesamtumständen nicht zu entnehmen. Der Rückzahlungsvorbehalt kann deshalb in Übereinstimmung mit dem Landgericht nur in dem üblichen Sinne verstanden werden, dass die Beklagte als Schuldnerin lediglich dem Verständnis ihrer Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offen halten wollte, das Geleistete nach § 812 BGB zurückzufordern (BGH, NJW 1984, 2826 [2827 li. Sp.]; Soergel-Zeiss, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 362 Rdnr. 15; Staudinger-Olzen, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2000, § 362 Rdnr. 27).
</p>
<p>
<rd nr="16"/>
IV. Zutreffend hat das Landgericht schließlich darauf hingewiesen, dass die Beklagte bisher keine Rückforderungsansprüche konkret geltend gemacht, sich eines entsprechenden Anspruchs also bisher nicht "berühmt" hat. Dies ist unstreitig. Es besteht deshalb auch kein rechtliches Interesse unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines konkreten Rückzahlungsanspruchs. Die bloße Möglichkeit, dass ein Rückforderungsanspruch in Zukunft geltend gemacht werden könnte, reicht in der Regel nicht aus, das für eine negative Feststellungsklage erforderliche rechtliche Interesse zu begründen (BGH, NJW 1995, 2032 [2033 re. Sp.]).
</p>
<p>
<rd nr="17"/>
V. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
</p>
<p>
<rd nr="18"/>
Der Berufungsstreitwert wird auf 16.275,56 EUR festgesetzt. Bei einer negativen Feststellungsklage ist der Streitwert wegen der vernichtenden Wirkung eines obsiegenden Urteils so hoch zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt (Zöller/Herget, Kommentar zur ZPO, 23. Aufl., § 3, Rdnr. 16 unter "Feststellungsklagen" m.w.N.).
</p>
<p>
<rd nr="19"/>
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO (n.F.). Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,- EUR nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EG-ZPO.
</p>
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138,094
|
arbg-karlsruhe-2003-08-19-2-ca-12603
|
{
"id": 119,
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"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
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2 Ca 126/03
| 2003-08-19T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:53
| 2019-01-17T11:58:17
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 mit Ablauf des 31.05.2003 nicht beendet worden ist.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lagerarbeiter weiterzubeschäftigen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.100,00 EUR festgesetzt.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Beklagte mit Schreiben vom 26.02.2003 zum 31.05.2003. Zudem begehrt er von der Beklagten die Weiterbeschäftigung als Lagerarbeiter zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beklagte ist als Logistik-Dienstleister für die Beschaffung, Disposition und Zulieferung von Bauteilen zur Produktion von digitalen ...-Fernmeldeanlagen sowie Leiterplatten-Bestückungsautomaten und die weltweite Auslieferung dieser Produkte verantwortlich, wofür sie mehr als 100 Mitarbeiter ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der am 01.05.1972 geborene Kläger ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 % anerkannt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Am 21.08.1989 trat der Kläger in den Betrieb der Firma ... in Bruchsal ein, wo er als Packer in der Abteilung "Recycling" zum Einsatz kam. Dort war er damit betraut, gebrauchte Verpackungsmaterialien einer Wiederverwendung zuzuführen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Seine durchschnittlichen monatlichen Bezüge beliefen sich zuletzt auf 1.700,00 EUR brutto bei einer Regelarbeitszeit von 35 Stunden/Woche.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Infolge der Ausgliederung des sogenannten "Dienste- und Logistikzentrums" der Firma ... am Standort Bruchsal auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 29.09.2000 ist die Beklagte mittlerweile aufgrund des damit stattgefundenen Betriebsüberganges in die Arbeitgeberstellung gegenüber dem Kläger eingerückt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Auf den Antrag der Beklagten vom 18.12.2002 erteilte der Landeswohlfahrtsverband Baden – Integrationsamt – mit Bescheid vom 03.02.2003, welcher den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 04.02.2003 zugestellt wurde, seine Zustimmung zu der von der Beklagten beabsichtigten betriebsbedingten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien (Bl. 88 ff. d. A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Widerspruch erhoben, über den bislang noch nicht entschieden worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Mit Schreiben vom 26.02.2003 (Bl. 6 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Ablauf des 31.05.2003.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beklagte begründet ihre Kündigung vom 26.02.2003 – vom Kläger insoweit unwidersprochen – wie folgt:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Aufgrund der nachhaltig schlechten Auftragslage am Standort Bruchsal habe sich die Beklagte gezwungen gesehen, weitreichende Restrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit sollte vor allem durch eine Personalkapazitätsanpassung sowie die Verlagerung des Betriebes der ... nach Karlsdorf erreicht werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Im Zuge der damit verbundenen Betriebsänderung vereinbarte die Beklagte mit ihrem am Standort Bruchsal gewählten Betriebsrat am 27.11.2002 einen Interessenausgleich (Bl. 67 ff. d. A.) sowie einen dementsprechenden Sozialplan (Bl. 70 ff. d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Insgesamt erstreckte sich der von der Beklagten angestrebte Personalabbau auf die Arbeitsverhältnisse von 66 der bei ihr beschäftigten 250 Mitarbeiter, darunter auch dasjenige des Klägers.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Aufgrund der im neu errichteten Logistik-Center Karlsdorf bestehenden deutlich verbesserten Lagermöglichkeiten gegenüber den vorherigen Verhältnissen im Betrieb in Bruchsal konnten neue Vereinbarungen mit den Lieferanten der Beklagten geschlossen werden, wonach diese weniger verpackte und mehr unverpackte Waren liefern. Zum Teil kann überhaupt auf eine Verpackung der Waren verzichtet werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Zudem verlagerte der Hauptlieferant der Beklagten, die Firma ... einen Teil ihrer im Ausland angesiedelten Produktion zurück nach Bruchsal. Der Verpackungsaufwand für den Transport der Güter von Bruchsal nach Karlsdorf ist wesentlich geringer als bei Verbringung der Waren aus dem Ausland nach Karlsdorf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Insgesamt werden von den Lieferanten der Beklagten mittlerweile mehr Kartons als Holzkisten verwendet. Diese Kartons werden von den Lieferanten in der Regel, im Gegensatz zu den Holzkisten, zurückgenommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Bei der Durchführung der sozialen Auswahl orientierte sich die Beklagte bei der Gewichtung der maßgeblichen Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und gesetzliche Unterhaltspflichten an einem Punkteschema, dem sich jeweils noch eine Einzelfallbetrachtung in Form einer individuellen Abschlussprüfung zur Vermeidung unbilliger Härten anschloß (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 85 d. A. "Anlage 1 zur Betriebsratsanhörung").
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dabei erstreckte die Beklagte die Sozialauswahl auf die übrigen in der Abteilung "Recycling" beschäftigten Mitarbeiter. Von diesen als nicht vergleichbar mit dem Kläger stufte die Beklagte den dortigen Abteilungsleiter ein. Als vergleichbar mit dem Kläger erachtete sie zum einen Frau ... (geb. am ... betriebszugehörig seit ..., insgesamt nach Angaben der Beklagten 61 Sozialpunkte; mittlerweile ebenfalls gekündigt auf den 31.07.2003, von ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ab 14.04.2003), zum anderen Herrn ... (geb. am ... verheiratet, betriebszugehörig seit ..., als schwerbehinderter Mensch anerkannt, insgesamt 108 Sozialpunkte). Im Ergebnis erschien der Kläger der Beklagten als am wenigsten sozial schutzwürdig, da der Kläger nur 46 Sozialpunkte für sich in Anspruch nehmen konnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Mit Schreiben vom 12.12.2002, welches ..., Personalleiterin der Beklagten, dem Vorsitzenden des Betriebsrats, Herrn ..., noch am selben Tage aushändigte, setzte die Beklagte den Betriebsrat über die von ihr ursprünglich zum 31.03.2003 beabsichtigte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien sowie über die sie dazu veranlassenden Gründe in Kenntnis. Für die Einzelheiten des Anhörungsschreibens vom 12.12.2002 wird auf Bl. 109 ff. d. A. verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Anläßlich der Übergabe des in Rede stehenden Anhörungsschreibens erläuterte ... mündlich noch einmal die aus Sicht der Beklagten gegebenen Kündigungsgründe, insbesondere auch die individuellen, im Rahmen der Sozialauswahl zu berücksichtigenden Kriterien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Durch Schreiben vom 12.12.2002 (Bl. 87 d. A.), welches bei ... am 13.12.2002 einging, teilte der Betriebsrat der Beklagten mit, dass er zu der gegenüber dem Kläger beabsichtigten Kündigung keine Stellungnahme abgebe.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
In seiner Klage vom 11.03.2003, bei Gericht eingegangen am 12.03.2003, hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 26.02.2003 zum 31.05.2003 geltend gemacht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Er rügt die Ordnungsgemäßheit der von der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung vom 26.02.2003 durchgeführten Betriebsratsanhörung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Zudem beanstandet er die von der Beklagten vorgenommene Sozialauswahl. Diese hätte ebenfalls auf die in der Versandpackerei beschäftigten Mitarbeiter ausgedehnt werden müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Er beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">
<strong>1.</strong>
</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">
<strong>festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 nicht mit Ablauf des 31.05.2003 beendet worden ist,</strong>
</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="27"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">
<strong>2.</strong>
</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">
<strong>im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lagerarbeiter weiterzubeschäftigen.</strong>
</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
<strong>die Klage abzuweisen.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Als Auswirkung der strukturellen Veränderungen in der Telekommunikationsbranche habe die ... in ihrer Netzwerksparte ... am Standort ... ca. 500 Arbeitsplätze abgebaut. Dieser erhebliche Rückgang des Geschäftsvolumens von ... führe auch bei der Beklagten zu einem dauerhaften Arbeitsausfall.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Insgesamt sei der Umsatz der Beklagten von 2001 zu 2002 um 38 % zurückgegangen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Sie behauptet, vom Kläger bestritten, dass die Geschäftsleitung der Beklagten am 27.11.2002 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, dass in der Abteilung Recycling spätestens mit dem Umzug in das Logistik-Center ... anstelle von vier Mitarbeitern nur noch zwei Arbeitnehmer benötigt würden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Mit dem erfolgten Umzug der Abteilung "Recycling" nach ... sei auch der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos entfallen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen für die Abteilung "Recycling" (bessere Lagermöglichkeiten, geringerer Verpackungsaufwand, kürzere Transportwege) sei nurmehr ungefähr die Hälfte an Verpackungsmaterial aufzubereiten. Dementsprechend habe sich der Beschäftigungsbedarf in der Abteilung "Recycling" auf die Hälfte reduziert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die verbleibende Arbeitsmenge werde zukünftig von, statt wie bisher vier, zwei Mitarbeitern erbracht, ohne dass es bei diesen verbleibenden Mitarbeitern zu Mehrarbeit in nennenswertem Umfang komme.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Beklagte trägt desweiteren vor, dass der Betriebsrat bereits vor Einleitung des förmlichen Anhörungsverfahrens aus den zeitnahen Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen über detaillierte Kenntnisse der von der Beklagten angestrebten betrieblichen Änderung verfügt habe, insbesondere sei Gegenstand der Verhandlungen im November 2002 auch eine konkrete abteilungsbezogene Erörterung mit dem Betriebsrat gewesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Eine Austauschbarkeit des Klägers mit den Mitarbeitern der Versandpackerei sei von vorneherein nicht gegeben. Die Arbeiten in der Versandpackerei erforderten fundierte Kenntnisse der dort eingesetzten Anwendersoftware .... Über die entsprechenden Kenntnisse verfüge der Kläger nicht und könne diese auch nicht in einer der Beklagten zumutbaren Anlernzeit erlernen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Sie ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 nicht mit Ablauf des 31.05.2003 aufgelöst worden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Denn der Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 ist die Rechtswirksamkeit zu versagen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Sie ist sozial ungerechtfertigt i. S. v. § 1 Abs. 1 KSchG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="45"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, da es im Betrieb der Beklagten, die ständig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt, ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="46"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kündigung vom 26.02.2003 ist sozial ungerechtfertigt, da sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist, § 1 Abs. 2 KSchG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung kann sowohl von außer- als auch von innerbetrieblichen Faktoren bestimmt sein. Unter innerbetrieblichen Faktoren sind alle betrieblichen Maßnahmen auf technischem, organisatorischem und wirtschaftlichem Gebiet zu verstehen, durch die der Arbeitgeber seine Entscheidung über die der Geschäftsführung zugrunde liegende Unternehmenspolitik im Hinblick auf den Markt oder hinsichtlich der unternehmensinternen Organisation des Betriebes und der Produktion verwirklicht. Bei innerbetrieblichen Faktoren trifft der Arbeitgeber eine Unternehmerentscheidung, die zur Folge hat, dass ein Überhang an Arbeitskräften herbeigeführt wird und damit das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Ob und ggf. welche innerbetrieblichen Maßnahmen der Arbeitgeber ergreift, um den sich ständig ändernden Marktdaten (z. B. Auftragslage, betriebliche Wettbewerbssituation, währungspolitische Aspekte, branchenspezifische Strukturänderungen) Rechnung zu tragen, liegt in dessen unternehmerischem Ermessen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Wenn sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche oder innerbetriebliche Umstände beruft, darf er sich nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken; er muss seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen, dass sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken. Der Vortrag des Arbeitgebers muss erkennen lassen, ob durch eine innerbetriebliche Maßnahme oder durch einen ausserbetrieblichen Anlass das Bedürfnis der Beschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
In Anbetracht des Grundsatzes der freien Unternehmerentscheidung sind innerbetriebliche Organisationsakte der gerichtlichen Nachprüfbarkeit nur eingeschränkt zugänglich. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt. Die Gerichte für Arbeitssachen sind allerdings nicht befugt, unternehmerische Entscheidungen auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu prüfen. Eine gerichtliche Überprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob die Unternehmerentscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die Darlegungs- und Beweislast für die die Kündigung bedingenden Tatsachen trägt der Arbeitgeber, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die Beklagte hat sich zur Begründung der gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Kündigung – von diesem bestritten – auf eine unternehmerische Entscheidung ihrer Geschäftsleitung vom 27.11.2002 berufen, dass in der Abteilung Recycling spätestens mit dem Umzug in das Logistik-Center ... anstelle von vier Mitarbeitern nur noch zwei Arbeitnehmer benötigt würden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="53"/>
Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Beklagte damit überhaupt hinreichend konkret dargelegt hat, wann genau diese Entscheidung und durch wen (Beschluss aller Geschäftsführer?) im Betrieb getroffen worden sein soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="54"/>
Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten die Richtigkeit ihres dahingehenden Sachvortrages unterstellen würde, würde die Darstellung einer entsprechenden unternehmerischen Entscheidung der Beklagten allein hier in der Sache nicht weiterhelfen. Denn es fehlt an nachprüfbaren Darlegungen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen die Beklagte im einzelnen getroffen hat, die den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger als dringend erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG einsichtig machen und damit als nachprüfbar erscheinen lassen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="55"/>
Auch die Kündigung als solche ist eine Unternehmerentscheidung. Sie muss sich aber an den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes messen lassen und ist deshalb keine freie Unternehmerentscheidung. Die Kündigung als Unternehmerentscheidung besagt nur, dass ein bestimmter Arbeitsplatz freigemacht werden soll. Sie sagt z. B. nichts darüber aus, ob der Arbeitsplatz nach der Kündigung alsbald wieder besetzt werden soll. Insoweit ist aus der Kündigungsentscheidung allein nicht ersichtlich, inwieweit das betriebliche Erfordernis zur Kündigung "dringend" sein soll. Keinesfalls darf sich daher die unternehmerische Entscheidung, auf die die Kündigung gestützt werden soll, in dem bloßen Kündigungsentschluss als solchem erschöpfen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="56"/>
Demgegenüber ist die Entscheidung eines Arbeitgebers, infolge eines aufgrund ausserbetrieblicher oder innerbetrieblicher Maßnahmen (Auftragsrückgang, bzw. Rationalisierungsmaßnahmen) rückläufigen Arbeitsvolumens Stellen abzubauen, eine Entscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="57"/>
Sind die vom Arbeitgeber behauptete Organisationsentscheidung und sein Kündigungsentschluss ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich, d. h. sind neben dem Ausspruch der Kündigung gegenüber den betroffenem Arbeitnehmer sonstige Veränderungen der betrieblichen Abläufe nicht ohne Weiteres zu ersehen, kann die in ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes angenommene Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein greifen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="58"/>
In diesem Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, d. h. es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund ausserbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben, z. B. nur noch eine geringere Zahl von Aufträgen anzunehmen, und wie diese Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="59"/>
Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschutzprozeß konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es Sache des Arbeitnehmers, hierauf – soweit ihm dies – z. B. aufgrund seiner bisherigen Arbeit, möglich ist – zu erwidern. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen. Der Arbeitgeber muss also substantiiert dartun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt. Nicht nur die durch äußere Anlässe bedingte, sondern auch die autonome gestaltende Unternehmerentscheidung muss sich in greifbaren betrieblichen und damit objektivierbaren Formen niederschlagen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="60"/>
Zusammenfassend ist zu sagen: Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, um so mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. zum Ganzen: BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 141/99 –, in: AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="61"/>
Den Anforderungen an ihre diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagte vorliegendenfalls nicht gerecht geworden. Sie hat nicht substantiiert dargelegt, dass bei Umsetzung ihrer Unternehmerentscheidung der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers in Wegfall geraten ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="62"/>
Zwar ist der Beklagten insoweit zuzugeben, dass das von ihr geschilderte Bündel von Organisationsänderungen (bessere Lagermöglichkeiten am Standort ... nach Einrichtung des dortigen Logistik-Centers, Änderungen in den vertraglichen Vereinbarungen mit den Lieferanten bezüglich der Verpackung der zu transportierenden Güter) Synergie- und Rationalisierungseffekte mit sich gebracht haben dürfte, die auf einen sich daraus ergebenden rückläufigen Arbeitsbedarf in der in Rede stehenden Abteilung hindeuten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="63"/>
Doch ist für die erkennende Kammer aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, wie sich die innerbetrieblichen Umstrukturierungen konkret auf die vorhandene Arbeitsmenge auswirken und wieso daraus gerade ein Überhang an Arbeitskraft von zwei Vollzeitbeschäftigten in der Abteilung "Recycling" entstanden sein soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="64"/>
So hat es die Beklagte verabsäumt, die Arbeitsabläufe in der in Rede stehenden Abteilung detailliert darzustellen. Darüber hinaus fehlen Darlegungen der Beklagten, welche tatsächlichen Gegebenheiten ihrer Einschätzung zugrunde liegen, dass der Anfall an Verpackungsmaterial um 50 % zurückgegangen sein soll. Insbesondere ist nicht zu ersehen, ob sich die Prozentangabe auf die Anzahl der einzelnen Verpackungen oder auf deren Volumen bezieht. Nur wenn die Kammer in die Lage versetzt worden wäre, eine Beziehung zwischen den konkreten Arbeitsabläufen und der anfallenden Menge an Verpackungsmaterial herzustellen, könnte die Kammer nachvollziehen, ob tatsächlich der Beschäftigungsbedarf für zwei von vier Mitarbeiter in der Abteilung "Recycling" in Wegfall geraten wäre. Denn die bloße, zudem vom Kläger bestrittene, Angabe der Beklagten, der Anfall an Verpackungsmaterial sei um 50 % zurückgegangen, rechtfertigt die entsprechende Schlussfolgerung nicht. Denn sollten etwa von der absoluten Zahl her tatsächlich nurmehr die Hälfte der Verpackungen anfallen, es sich dabei aber um kleine Verpackungseinheiten handeln (z. B. kleine Kartons), während demgegenüber die großflächigen Verpackungen nach wie vor in unverändertem Umfang vorhanden wären, wäre der Rückgang des Verpackungsmaterials um 50 % nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer entsprechenden Reduzierung des Arbeitskräftebedarfes.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="65"/>
Somit sind keine ausreichenden objektiven Anhaltspunkte dafür dargetan, dass sich der Arbeitsbedarf in der Abteilung "Recycling" von bislang vier Arbeitnehmern (= 100 %) gerade auf zwei Arbeitnehmer (= 50 %) verringert haben soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="66"/>
Damit ist aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht zu entnehmen, ob es sich bei der von der Beklagten angeführten unternehmerischen Entscheidung zur Beschäftigung von zwei statt bisher vier Arbeitnehmern in der Abteilung "Recycling" nicht um eine offenbar unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Maßnahme handelt, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen die Beklagte konkret angeordnet hat und wie sich die von ihr behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger auswirken.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="67"/>
Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="68"/>
Da die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 also schon mangels dringender betrieblicher Erfordernisse sozial ungerechtfertigt ist, bedarf es keiner eingehenden Auseinandersetzung mit den Fragen, inwieweit die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nach § 1 Abs. 3 KSchG ausreichend berücksichtigt hat und ob die Beteiligung des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrates vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger ordnungsgemäß war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="69"/>
Zusammenfassend steht somit fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 nicht mit Ablauf des 31.05.2003 aufgelöst worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="70"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Lagerarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites weiterzubeschäftigen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
Der gekündigte Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung, wie hier, unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Für letztere Konstellation hat die Beklagte nichts vorgetragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="74"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Der Rechtsmittelstreitwert gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war auf 5.100,00 EUR festzusetzen. Für das Bestandsschutzbegehren des Klägers sind nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG insoweit drei durchschnittliche Bruttomonatsvergütungen zu 1.700,00 EUR in Ansatz zu bringen, da das Beschäftigungsverhältnis der Parteien, dessen unbefristete Fortsetzung der Kläger vorliegend geltend gemacht hat, im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits länger als ein Jahr bestanden hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Das Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers wirkt sich nicht als streitwerterhöhend aus, da das Interesse des Klägers am diesbezüglichen Obsiegen wirtschaftlich identisch mit dem Gegenstand des Bestandsschutzverfahrens ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Sie ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 nicht mit Ablauf des 31.05.2003 aufgelöst worden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Denn der Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 ist die Rechtswirksamkeit zu versagen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Sie ist sozial ungerechtfertigt i. S. v. § 1 Abs. 1 KSchG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="45"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, da es im Betrieb der Beklagten, die ständig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt, ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="46"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kündigung vom 26.02.2003 ist sozial ungerechtfertigt, da sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist, § 1 Abs. 2 KSchG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung kann sowohl von außer- als auch von innerbetrieblichen Faktoren bestimmt sein. Unter innerbetrieblichen Faktoren sind alle betrieblichen Maßnahmen auf technischem, organisatorischem und wirtschaftlichem Gebiet zu verstehen, durch die der Arbeitgeber seine Entscheidung über die der Geschäftsführung zugrunde liegende Unternehmenspolitik im Hinblick auf den Markt oder hinsichtlich der unternehmensinternen Organisation des Betriebes und der Produktion verwirklicht. Bei innerbetrieblichen Faktoren trifft der Arbeitgeber eine Unternehmerentscheidung, die zur Folge hat, dass ein Überhang an Arbeitskräften herbeigeführt wird und damit das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Ob und ggf. welche innerbetrieblichen Maßnahmen der Arbeitgeber ergreift, um den sich ständig ändernden Marktdaten (z. B. Auftragslage, betriebliche Wettbewerbssituation, währungspolitische Aspekte, branchenspezifische Strukturänderungen) Rechnung zu tragen, liegt in dessen unternehmerischem Ermessen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Wenn sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche oder innerbetriebliche Umstände beruft, darf er sich nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken; er muss seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen, dass sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken. Der Vortrag des Arbeitgebers muss erkennen lassen, ob durch eine innerbetriebliche Maßnahme oder durch einen ausserbetrieblichen Anlass das Bedürfnis der Beschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
In Anbetracht des Grundsatzes der freien Unternehmerentscheidung sind innerbetriebliche Organisationsakte der gerichtlichen Nachprüfbarkeit nur eingeschränkt zugänglich. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt. Die Gerichte für Arbeitssachen sind allerdings nicht befugt, unternehmerische Entscheidungen auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu prüfen. Eine gerichtliche Überprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob die Unternehmerentscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die Darlegungs- und Beweislast für die die Kündigung bedingenden Tatsachen trägt der Arbeitgeber, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die Beklagte hat sich zur Begründung der gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Kündigung – von diesem bestritten – auf eine unternehmerische Entscheidung ihrer Geschäftsleitung vom 27.11.2002 berufen, dass in der Abteilung Recycling spätestens mit dem Umzug in das Logistik-Center ... anstelle von vier Mitarbeitern nur noch zwei Arbeitnehmer benötigt würden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="53"/>
Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Beklagte damit überhaupt hinreichend konkret dargelegt hat, wann genau diese Entscheidung und durch wen (Beschluss aller Geschäftsführer?) im Betrieb getroffen worden sein soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="54"/>
Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten die Richtigkeit ihres dahingehenden Sachvortrages unterstellen würde, würde die Darstellung einer entsprechenden unternehmerischen Entscheidung der Beklagten allein hier in der Sache nicht weiterhelfen. Denn es fehlt an nachprüfbaren Darlegungen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen die Beklagte im einzelnen getroffen hat, die den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger als dringend erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG einsichtig machen und damit als nachprüfbar erscheinen lassen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="55"/>
Auch die Kündigung als solche ist eine Unternehmerentscheidung. Sie muss sich aber an den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes messen lassen und ist deshalb keine freie Unternehmerentscheidung. Die Kündigung als Unternehmerentscheidung besagt nur, dass ein bestimmter Arbeitsplatz freigemacht werden soll. Sie sagt z. B. nichts darüber aus, ob der Arbeitsplatz nach der Kündigung alsbald wieder besetzt werden soll. Insoweit ist aus der Kündigungsentscheidung allein nicht ersichtlich, inwieweit das betriebliche Erfordernis zur Kündigung "dringend" sein soll. Keinesfalls darf sich daher die unternehmerische Entscheidung, auf die die Kündigung gestützt werden soll, in dem bloßen Kündigungsentschluss als solchem erschöpfen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="56"/>
Demgegenüber ist die Entscheidung eines Arbeitgebers, infolge eines aufgrund ausserbetrieblicher oder innerbetrieblicher Maßnahmen (Auftragsrückgang, bzw. Rationalisierungsmaßnahmen) rückläufigen Arbeitsvolumens Stellen abzubauen, eine Entscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen kann.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
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Sind die vom Arbeitgeber behauptete Organisationsentscheidung und sein Kündigungsentschluss ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich, d. h. sind neben dem Ausspruch der Kündigung gegenüber den betroffenem Arbeitnehmer sonstige Veränderungen der betrieblichen Abläufe nicht ohne Weiteres zu ersehen, kann die in ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes angenommene Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein greifen.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="58"/>
In diesem Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, d. h. es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund ausserbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben, z. B. nur noch eine geringere Zahl von Aufträgen anzunehmen, und wie diese Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="59"/>
Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschutzprozeß konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es Sache des Arbeitnehmers, hierauf – soweit ihm dies – z. B. aufgrund seiner bisherigen Arbeit, möglich ist – zu erwidern. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen. Der Arbeitgeber muss also substantiiert dartun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt. Nicht nur die durch äußere Anlässe bedingte, sondern auch die autonome gestaltende Unternehmerentscheidung muss sich in greifbaren betrieblichen und damit objektivierbaren Formen niederschlagen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="60"/>
Zusammenfassend ist zu sagen: Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, um so mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. zum Ganzen: BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 141/99 –, in: AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="61"/>
Den Anforderungen an ihre diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagte vorliegendenfalls nicht gerecht geworden. Sie hat nicht substantiiert dargelegt, dass bei Umsetzung ihrer Unternehmerentscheidung der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers in Wegfall geraten ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="62"/>
Zwar ist der Beklagten insoweit zuzugeben, dass das von ihr geschilderte Bündel von Organisationsänderungen (bessere Lagermöglichkeiten am Standort ... nach Einrichtung des dortigen Logistik-Centers, Änderungen in den vertraglichen Vereinbarungen mit den Lieferanten bezüglich der Verpackung der zu transportierenden Güter) Synergie- und Rationalisierungseffekte mit sich gebracht haben dürfte, die auf einen sich daraus ergebenden rückläufigen Arbeitsbedarf in der in Rede stehenden Abteilung hindeuten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="63"/>
Doch ist für die erkennende Kammer aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, wie sich die innerbetrieblichen Umstrukturierungen konkret auf die vorhandene Arbeitsmenge auswirken und wieso daraus gerade ein Überhang an Arbeitskraft von zwei Vollzeitbeschäftigten in der Abteilung "Recycling" entstanden sein soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="64"/>
So hat es die Beklagte verabsäumt, die Arbeitsabläufe in der in Rede stehenden Abteilung detailliert darzustellen. Darüber hinaus fehlen Darlegungen der Beklagten, welche tatsächlichen Gegebenheiten ihrer Einschätzung zugrunde liegen, dass der Anfall an Verpackungsmaterial um 50 % zurückgegangen sein soll. Insbesondere ist nicht zu ersehen, ob sich die Prozentangabe auf die Anzahl der einzelnen Verpackungen oder auf deren Volumen bezieht. Nur wenn die Kammer in die Lage versetzt worden wäre, eine Beziehung zwischen den konkreten Arbeitsabläufen und der anfallenden Menge an Verpackungsmaterial herzustellen, könnte die Kammer nachvollziehen, ob tatsächlich der Beschäftigungsbedarf für zwei von vier Mitarbeiter in der Abteilung "Recycling" in Wegfall geraten wäre. Denn die bloße, zudem vom Kläger bestrittene, Angabe der Beklagten, der Anfall an Verpackungsmaterial sei um 50 % zurückgegangen, rechtfertigt die entsprechende Schlussfolgerung nicht. Denn sollten etwa von der absoluten Zahl her tatsächlich nurmehr die Hälfte der Verpackungen anfallen, es sich dabei aber um kleine Verpackungseinheiten handeln (z. B. kleine Kartons), während demgegenüber die großflächigen Verpackungen nach wie vor in unverändertem Umfang vorhanden wären, wäre der Rückgang des Verpackungsmaterials um 50 % nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer entsprechenden Reduzierung des Arbeitskräftebedarfes.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="65"/>
Somit sind keine ausreichenden objektiven Anhaltspunkte dafür dargetan, dass sich der Arbeitsbedarf in der Abteilung "Recycling" von bislang vier Arbeitnehmern (= 100 %) gerade auf zwei Arbeitnehmer (= 50 %) verringert haben soll.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="66"/>
Damit ist aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht zu entnehmen, ob es sich bei der von der Beklagten angeführten unternehmerischen Entscheidung zur Beschäftigung von zwei statt bisher vier Arbeitnehmern in der Abteilung "Recycling" nicht um eine offenbar unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Maßnahme handelt, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen die Beklagte konkret angeordnet hat und wie sich die von ihr behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger auswirken.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="67"/>
Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="68"/>
Da die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 also schon mangels dringender betrieblicher Erfordernisse sozial ungerechtfertigt ist, bedarf es keiner eingehenden Auseinandersetzung mit den Fragen, inwieweit die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nach § 1 Abs. 3 KSchG ausreichend berücksichtigt hat und ob die Beteiligung des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrates vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger ordnungsgemäß war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="69"/>
Zusammenfassend steht somit fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2003 nicht mit Ablauf des 31.05.2003 aufgelöst worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="70"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Lagerarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites weiterzubeschäftigen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
Der gekündigte Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung, wie hier, unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Für letztere Konstellation hat die Beklagte nichts vorgetragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="74"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Der Rechtsmittelstreitwert gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war auf 5.100,00 EUR festzusetzen. Für das Bestandsschutzbegehren des Klägers sind nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG insoweit drei durchschnittliche Bruttomonatsvergütungen zu 1.700,00 EUR in Ansatz zu bringen, da das Beschäftigungsverhältnis der Parteien, dessen unbefristete Fortsetzung der Kläger vorliegend geltend gemacht hat, im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits länger als ein Jahr bestanden hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Das Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers wirkt sich nicht als streitwerterhöhend aus, da das Interesse des Klägers am diesbezüglichen Obsiegen wirtschaftlich identisch mit dem Gegenstand des Bestandsschutzverfahrens ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,092
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olgstut-2003-08-18-5-u-6203
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{
"id": 147,
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5 U 62/03
| 2003-08-18T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:48
| 2019-02-12T12:40:02
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 20. März 2003 (6 O 10/03) aufgehoben.</p>
<p>II. 1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, den ... Miteigentumsanteil an dem Grundstück ... an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil aufzulassen und ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.</p>
<p>III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.</p>
<p>IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- EUR, es sei denn, die Beklagten leisten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.</p>
<p>Berufungsstreitwert: bis zu 230.000,- EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Parteien streiten mit der Klage um die Löschung einer Auflassungsvormerkung und um eine Nutzungsentschädigung, mit der Widerklage um die entsprechende Auflassung und Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH, eines Bauträgers (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagten schlossen 1994 mit der Insolvenzschuldnerin einen Bauträgervertrag zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und der Errichtung einer Eigentumswohnung nebst Tiefgarage in U.. Für den Grundstückserwerb bestellten die Vertragsparteien eine Auflassungsvormerkung. Die Insolvenzschuldnerin erstellte das Wohnhaus, die Beklagten zahlten von den vereinbarten 414.818,- DM (212.093,07 EUR) den größten Teil, höchstens 29.880,- DM (15.277,40 EUR) sind noch offen. Das Haus ist unstreitig bezüglich des Gemeinschaftseigentums und bezüglich des Sondereigentums der Beklagten mit erheblichen Sachmängeln behaftet (ein unterbrochener Bauprozess ist anhängig beim LG U.). Deswegen zahlten die Beklagten die letzte Rate nicht, die Insolvenzschuldnerin stimmte einer Auflassung nicht zu. Die Beklagten forderten die Insolvenzschuldnerin zur Mangelbeseitigung auf, setzten eine Frist mit Ablehnungsandrohung, lehnten schließlich die weitere Erfüllung ab und verlangten als
<em>großen Schadenersatz</em>
die Rückzahlung aller gezahlten Beträge Zug um Zug gegen Rückgabe der inzwischen vermieteten Wohnung. Danach fiel die Insolvenzschuldnerin in Insolvenz, ohne dem Verlangen der Beklagten auf Rückabwicklung zugestimmt zu haben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Anwaltsschreiben vom 24. Juli 2002 forderten die Beklagten den Kläger gem. § 103 InsO auf, sein Wahlrecht bezüglich des Sachmängelgewährleistungsrechts der Beklagten auszuüben. Mit Schreiben vom 19. September 2002 teilte der Kläger mit, dass er in keiner Hinsicht die Erfüllung wähle. Danach nahmen die Beklagten von ihrem Rückabwicklungsverlangen Abstand und verlangten die Auflassung.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Kläger meint, die Beklagten hätten sich endgültig für die Rückabwicklung entschieden und könnten von ihrem Wahlrecht aus §§ 634 f. BGB a.F. keinen erneuten Gebrauch machen; aus den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes ergebe sich, dass die Beklagten auch gar nichts anderes als Wandelung oder
<em>großen Schadenersatz</em>
ohne Zustimmung der anderen Eigentümer wählen könnten. Mit der Rückabwicklung sei der Auflassungsanspruch erloschen, weswegen die Beklagten der Löschung der Vormerkung zuzustimmen hätten. Außerdem müssten sie als unberechtigte Fremdbesitzer die erlangten Mieteinnahmen aus der Vergangenheit und in Zukunft an ihn herausgeben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Landgericht hat durch Teilurteil nur über die Klage entschieden und diese abgewiesen; zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagten bis zur Erfüllung des gewählten Gewährleistungsrechts jederzeit ein anderes wählen könnten; die Widerklage sei nicht entscheidungsreif, weil es insoweit auf den Umfang der Baumängel ankomme. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Gegen dieses Teilurteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er im Wesentlichen erneut damit begründet, dass die Beklagten ihr Wahlrecht verloren hätten und im Wege der Rückabwicklung endgültig keinen Anspruch auf Auflassung hätten. Nach Hinweis des Senats, dass in Betracht komme, auch über die Widerklage zu entscheiden, verfolgen die Beklagten jene auch in der Berufungsinstanz.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
die Beklagten in Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Ulm samtverbindlich zu verurteilen,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
- die Löschung der beim Grundbuchamt U., Grundbuch ... zugunsten der Beklagten in Abt. II, jeweils laufende Nummer 4 am 18. Januar 1995 eingetragenen Auflassungsvormerkungen zu bewilligen;
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
- an den Kläger 1.840,68 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
- beginnend mit dem Monat Februar 2003 monatlich jeweils am 3. Werktag eines Monats 306,78 EUR an den Kläger zu bezahlen
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
und die Widerklage abzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Beklagten beantragen,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, den ... Miteigentumsanteil an dem Grundstück ..., an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil aufzulassen und ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers führt zwar zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils, in der Sache bleibt ihr aber der Erfolg versagt. Dagegen hat die Widerklage der Beklagten in der Sache Erfolg.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
A. Der Erlass eines Teilurteils durch das Landgericht Ulm war unzulässig. Voraussetzungen eines zulässigen Teilurteils sind gem. § 301 Abs.1 ZPO die Teilbarkeit des Streitgegenstands, die Entscheidungsreife nur des einen Teils und die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des Reststreits (Zöller-Vollkommer § 301 ZPO Rn.2; MüKo-Musielak § 301 ZPO Rn.7). Der Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall zwar teilbar, aber die Widerspruchsfreiheit ist nicht gewährleistet, da der Anspruch auf Löschung der Auflassungsvormerkung und der Auflassungsanspruch tatsächlich und rechtlich zusammenhängen. Gegenstand der Klage und der Widerklage ist jeweils - einmal positiv, einmal negativ - die Frage, ob die Beklagten einen Anspruch auf Auflassung haben. Im vorliegenden Fall besteht somit ein rechtlicher Zusammenhang und damit die Gefahr der fehlenden Widerspruchsfreiheit. Das Landgericht hat die Problematik zwar gesehen, sich darüber aber unter Hinweis auf die Anregung einer Partei hinweggesetzt. Auf das Gebot der Widerspruchsfreiheit können die Parteien indes nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (§ 538 Abs.2 S.3 ZPO) nicht verzichten, weswegen der Erlass eines Teilurteils nicht statthaft war (vgl. BGHZ 20, 311) und dieses aufzuheben ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Es erscheint jedoch angezeigt, dass das Berufungsgericht die in erster Instanz hängengebliebene Widerklage „hochzieht“. Das Berufungsgericht ist berechtigt, um eine unzulässige Divergenz zu vermeiden, entweder den entschiedenen Teil aufzuheben und gem. § 538 Abs.2 S.1 Nr.7 ZPO an die erste Instanz zurückzuverweisen oder den dort verbliebenen Teil an sich zu ziehen, wenn es sich dabei um einen ohne Weiteres mitzuentscheidenden Teil handelt (BGH NJW 1960, 339; 1991, 3036; NJW-RR 1994, 379). Daran hat sich auch unter der neuen Zivilprozessordnung nichts geändert, weil § 538 ZPO n.F. im Gegensatz zu § 540 ZPO a.F. nicht nur die Möglichkeit der Sachentscheidung des Berufungsgerichts vorsieht, sondern diese sogar zum Regelfall erhebt (MüKo-Rimmelspacher § 538 ZPO Rn.65).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Widerklage ist im vorliegenden Rechtsstreit ohne Weiteres entscheidungsreif, weil sich der Rechtsstreit bereits durch die Beantwortung der Rechtsfragen zur Klage im Wesentlichen insgesamt entscheidet; wie sich im Folgenden (s.u. C.2.) zeigen wird, ist zur Entscheidung der Widerklage auch keine Beweisaufnahme erforderlich. Den Parteien geht dadurch zwar ein Rechtszug verloren, weil aber lediglich eine Rechtsfrage zu beantworten ist, erleiden die Parteien insoweit keinen wesentlichen Nachteil; ein solcher wird durch die gewonnene Verfahrensbeschleunigung zudem ausgeglichen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
B. Ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung besteht nicht. Das Landgericht Ulm hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagten den Anspruch auf Auflassung nicht verloren haben. Auf die insoweit zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Berufungsbegründung ist nicht geeignet, zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
1. Die Beklagten haben zwar wegen unstreitig vorliegender erheblicher Sachmängel gem. § 634 BGB a.F. eine Frist zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung gesetzt und nach fruchtlosem Ablauf der Frist die weitere Erfüllung abgelehnt und haben sich im Rahmen ihres Wahlrechts gem. § 635 BGB a.F. für den
<em>großen Schadenersatz</em>
, also die vollständige Rückabwicklung entschieden. Damit wandelte sich aber der ursprünglich auf beiderseitige Leistungserbringung gerichtete Werklieferungsvertrag - entgegen der Rechtsansicht des Klägers - nicht automatisch in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um. Die Beklagten hatten nach dem hier gem. Art. 229 § 5 EGBGB anzuwendenden alten Schuldrecht (Vertragsschluss 1994) wegen einer Wandelung oder eines
<em>großen Schadenersatzes</em>
zunächst lediglich einen Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin auf Zustimmung zu dieser Umwandlung (sog. „gemischte Theorie“, ganz h.M., vgl. nur Palandt-Putzo 59. Aufl. § 465 BGB; die sog. „Herstellungstheorie“ wird heute nicht mehr ernsthaft vertreten, sie wurde schon vom Reichsgericht und später auch vom BGH <BGHZ 29, 148> abgelehnt). Einen Unterschied zwischen Kaufrecht und Werkvertragsrecht macht das alte Schuldrecht bezüglich des Schadenersatzanspruches aus §§ 463, 635 BGB a.F. nicht. Auch beim Werkvertrag kommt das Rückabwicklungsschuldverhältnis erst dann zustande, wenn der Werkunternehmer sich auf die Wandelung oder den
<em>großen Schadenersatz</em>
einlässt, vorher kann der Besteller davon jederzeit wieder Abstand nehmen (ganz h.M., BGH NJW 1982, 1521; Palandt-Putzo 59. Aufl. § 465 BGB Rn.7; MüKo-Soergel 3. Aufl. § 635 BGB Rn.3 m.w.N.). Weil die Insolvenzschuldnerin dem Begehren der Beklagten nicht zugestimmt hatte, blieb es zunächst beim Anspruch der Beklagten auf Umwandlung; die Umwandlung des Vertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis selbst fand nicht statt. Daher haben die Beklagten ihren Anspruch auf Verschaffung des Eigentums nicht verloren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1999, 3710); der Kläger verkennt die rechtliche Bedeutung des Urteils. Dort ging es gar nicht um die Frage der Zustimmung des Werkunternehmers zum Umwandlungsbegehren, sondern allein um das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Begehrens für den Besteller. Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig gegeben. Der Kläger weist zwar zu Recht (mit Literaturnachweisen) darauf hin, dass für den Besteller die Wandelung und der
<em>große Schadenersatz</em>
bei Insolvenz des Bauträgers erhebliche Risiken bergen. Dieses Risiko realisiert sich bei den Sachmängelgewährleistungsrechten aber erst dann, wenn der Werkunternehmer dem Wunsch auf Rückabwicklung zustimmt oder ein rechtskräftiges Urteil besteht. Da hier keine der beiden alternativen Voraussetzungen vorliegt, kommt es auf die vom Kläger vorgetragenen Rechtsfolgen eines Rückgewährschuldverhältnisses im Rechtsstreit der Parteien nicht an.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Kläger verkennt auch die Bedeutung von § 634 Abs.1 S.3 2.HS BGB a.F., wenn er meint, mit der Ablehnung erlösche der Anspruch auf Übereignung. Nach dieser Vorschrift erlischt nur der Anspruch auf Mangelbeseitigung; nichts anderes ergibt sich aus den von ihm zitierten Urteilen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Der Kläger zieht weiterhin eine unzulässige Parallele zu § 326 BGB a.F.; nach dieser Vorschrift erlischt in der Tat mit der Ablehnung der Erfüllung und der (einseitigen) Ausübung des Rücktrittsrechts oder Wahl des
<em>großen Schadenersatzes</em>
der Erfüllungsanspruch. Bei den Gewährleistungsrechten wegen Sachmängeln erlischt dieser Anspruch aber erst mit der Zustimmung zur Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis. Die vom Kläger zitierte Literatur zu § 326 BGB a.F. beschäftigt sich daher überwiegend nicht mit der hier vorliegenden Fallkonstellation. Auch die Ausführungen des Klägers zu den Unterschieden zwischen § 326 BGB a.F. und § 281 BGB n.F. führen deswegen hier nicht weiter.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Nach der Insolvenz waren die Beklagten daran gehindert, ihr Umwandlungsbegehren bei der Insolvenzschuldnerin weiter zu verfolgen. Die Beklagten haben sich daher an den Kläger gewandt und diesen gefragt, ob er der Rückabwicklung zustimme und gem. § 103 die Erfüllung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses wähle. § 103 InsO ist auch auf dieses gegenseitige Vertragsverhältnis (zumindest analog) anzuwenden (vgl. MüKo-Huber § 103 InsO Rn.86 m.w.N.). Da der Kläger einer Rückabwicklung nicht zustimmte, kam es gar nicht mehr darauf an, dass er sich gegen jedwede Erfüllung entschied; jedenfalls kam ein Rückabwicklungsschuldverhältnis nicht zustande.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
2. Hätte der Kläger Erfüllung der Rückabwicklung gewählt, wäre tatsächlich der Anspruch der Beklagten auf Auflassung erloschen. Allerdings hätten die Beklagten im Gegenzug einen Anspruch gegen die Masse auf Schadenersatz erworben; es spricht viel dafür, dass ihnen deswegen auch ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hätte. Die zu diesem Punkt geäußerte Rechtsauffassung des Klägers, der ein Zurückbehaltungsrecht verneint, stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH ZInsO 2002, 487), welches indes einen anderen Sachverhalt behandelt. Dort ging es um einen vertragslosen Bereicherungsanspruch und nicht um einen bestehenden, gegenseitigen (Rückabwiklungs-)Vertrag; darin liegt ein wesentlicher Unterschied. Diese Rechtsfrage kann jedoch hier dahingestellt bleiben, weil der Kläger die Rückabwicklung gerade nicht gewählt hat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
3. Nachdem ein Rückabwicklungsschuldverhältnis endgültig nicht zustande kam, konnten die Beklagten das Verlangen auf Rückabwicklung zurückziehen. Die Frage, welche Konsequenzen daraus in rechtlicher Hinsicht für die Sachmängel zu ziehen sind, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, sondern nur für die hier nicht zu entscheidenden Gewährleistungsrechte der Beklagten relevant. Die Überlegungen des Klägers, welche Gewährleistungsrechte die Beklagten (mit oder ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft) geltend machen könnten, sind hier nicht entscheidungserheblich, weswegen auch sein nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegter, nicht nachgelassener Schriftsatz vom 8. August 2003 keinen Anlass gibt, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Die Rechtsansicht des Klägers, dass das Wahlrecht erlösche, wenn verschiedene Wahlmöglichkeiten nicht zu einem begründeten Anspruch führen, ist unzutreffend. Lehnt der Erwerber einer Eigentumswohnung die Mangelbeseitigung durch den Werkunternehmer ab, ist er nicht allein deshalb, weil er eine Minderung möglicherweise nicht ohne die anderen Wohnungseigentümer geltend machen kann, dazu verpflichtet, die Rückabwicklung des gesamten Vertrages geltend zu machen. Derartiges ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen. Aber selbst dann, wenn man der Rechtsansicht des Klägers folgte, wäre ein Rückabwicklungsschuldverhältnis mangels Zustimmung der Insolvenzschuldnerin und des Klägers nicht zustande gekommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
4. Der Auflassungsanspruch der Beklagten besteht unabhängig von den Gewährleistungsrechten gem. § 106 Abs.1 S.2 InsO; ob er fällig ist, braucht im Rahmen der Klage nicht geprüft zu werden, für den geltend gemachten Anspruch aus § 894 BGB kommt es darauf nicht an. Der Kläger verkennt die Bedeutung und die Rechtsfolgen des § 106 InsO. Danach wird nämlich der Vertrag in zwei Teile geteilt. Für den nicht gesicherten Anspruch der Beklagten auf mangelfreie Erstellung der Wohnung bleibt es beim Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO. Für den durch Vormerkung gem. § 883 BGB gesicherten Anspruch auf Auflassung hat der Insolvenzverwalter jedoch kein Wahlrecht, diesen Anspruch muss er - wie außerhalb der Insolvenz - immer aus der Masse erfüllen (ganz h.M. vgl. MüKo-Ott § 106 InsO Rn. 24 ff.). Der Bundesgerichtshof, der zunächst (zu § 24 KO) eine andere Meinung hatte (BGH NJW 1977, 146), hat sich nach Klarstellung durch den Gesetzgeber dieser Meinung ausdrücklich angeschlossen (BGH NJW 1978, 1437; 1981, 991). Danach bleibt der Auflassungsanspruch beim Bauträgervertrag auch dann bestehen, wenn der Insolvenzverwalter im Übrigen die Erfüllung nicht wählt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
5. Nach dem oben gesagten haben die Beklagten ihr Besitzrecht i.S.d. § 986 BGB nicht verloren, so dass auch die Ansprüche des Klägers auf Nutzungsentschädigung (Mieten) aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis unbegründet sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
C. Den Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Auflassung gem. § 925 BGB und Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO zu.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
1. Dieser Anspruch der Beklagten ergibt sich aus § 925 BGB i.V.m. § 106 InsO und dem Bauträgervertrag. Dass der Anspruch durch die Ablehnung der Mangelbeseitigung und das zunächst gestellte Verlangen auf Rückabwicklung nicht erloschen ist, wurde bereits festgestellt (s.o. B.1.). Ebenso wurde festgestellt, dass es sich gem. § 106 InsO um einen Anspruch handelt, welchen die Beklagten ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen gegen den Kläger als Insolvenzverwalter geltend machen können (s.o. B.4.).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
2. Der Auflassungsanspruch der Beklagten ist fällig, obwohl die Beklagten die letzte Rate zurückbehalten haben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach dem Bauträgervertrag sollte der Auflassungsanspruch erst nach vollständiger Bezahlung des vereinbarten Preises fällig sein (§ 5 Abs.2 des Vertrages); ob die Beklagten wegen der Mängel bereits vollständig geleistet haben oder noch etwas zahlen müssen, hängt von Art und Umfang der Mängel ab. Daraus hat das Landgericht zu Unrecht den Schluss gezogen, die Fälligkeit des Auflassungsanspruches sei (im Rahmen eines Bauprozesses) anhand der Berechtigung der vorgetragenen Sachmängel zu überprüfen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Die Rechtslage hat sich durch den Eintritt der Insolvenz gem. § 106 InsO geändert. Die Beklagten haben ihre Gewährleistungsrechte gegen die Insolvenzschuldnerin zwar nicht juristisch, aber doch wirtschaftlich weitgehend eingebüßt. Als Ausgleich für diesen Nachteil nimmt § 106 Abs.1 S.2 InsO eine Trennung zwischen dem durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch und den übrigen Ansprüchen aus dem Bauträgervertrag vor (BGH NJW 1986, 925). Daher kommt es für die Fälligkeit des Anspruchs auf Auflassung nach Insolvenz des Bauträgers nicht mehr darauf an, ob die gesamte vereinbarte Gegenleistung erbracht wurde, sondern nur darauf an, ob der Teil des Kaufpreises, welcher auf die Übereignung des Grundstücks und der Wohnung entfällt, gezahlt wurde; zu ermitteln ist dies im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder gem. §§ 315, 316 BGB (BGH NJW 1981, 991).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Bauträgervertrag enthält keine ausdrückliche Vereinbarung, welcher Teil der Leistung auf die Eigentumsverschaffung und welcher auf die Werkleistung entfällt; insbesondere ist in § 6 dazu keine Regelung enthalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist die Lücke im Vertrag gem. § 157 BGB entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen zu schließen. Aus § 6 des Vertrages ergibt sich, dass die Beklagten zunächst 30 % der Gegenleistung ohne entsprechende Werkleistung zahlen mussten; diesen Betrag haben die Beklagten auch geleistet. Es spricht viel dafür, dass damit im Wesentlichen der Eigentumsverschaffungsanspruch bezahlt wurde. Dabei kommt es auf den Streit der Parteien, ob die letzte Rate ca. 12.000,- EUR oder ca. 15.000,- EUR beträgt, nicht an. Die Beklagten haben nämlich auch bei dem höheren Restanspruch fast 93 % der vereinbarten Summe bezahlt. Der Senat geht bei dieser hohen Quote davon aus, dass damit der auf die Eigentumsverschaffung entfallende Teil der Gegenleistung vollständig erfüllt ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
3. An diesem Ergebnis ändert auch der neue Tatsachenvortrag des Klägers in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. August 2003 nichts. Es bestehen bereits Bedenken, ob der Kläger den neuen Vortrag, er habe dem Insolvenzgericht am 7. August 2003 die drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt, entgegen §§ 296 a, 529, 531 ZPO in diesem Verfahrensstadium noch in den Rechtsstreit einführen kann oder ob er sich jetzt auf den Einwand des § 210 InsO im Vollstreckungsverfahren verweisen lassen muss. Diese Frage kann jedoch letztlich dahinstehen, weil die Vorschriften der §§ 208 bis 210 InsO auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Ein durch Vormerkung gesicherter Auflassungsanspruch muss vom Insolvenzverwalter (s.o. B.4.) wie außerhalb der Insolvenz erfüllt werden (vgl. MüKo-Hefermehl § 55 InsO Rn.134). Der Kläger verkennt, dass § 106 InsO den durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch dem Insolvenzverfahren insgesamt entzieht. Auch dann, wenn eine Masseunzulänglichkeit besteht, bleibt der Insolvenzverwalter zur Auflassung verpflichtet. Die Vorschriften über die Masseunzulänglichkeit in §§ 208 ff. InsO haben den Zweck, ein gerechtes Verteilungsverfahren zwischen allen Massegläubigern zu gewährleisten, ohne dass einzelne Massegläubiger durch Zwangsvollstreckung vorab auf die Masse zugreifen können. Diese Vorschriften sind indes dann nicht anwendbar, wenn ein aus der Masse zu erfüllender Anspruch für die anderen Massegläubiger keinen wirtschaftlichen Wert hat. Die Vormerkung bewirkt gem. § 883 Abs.2 BGB, dass der Insolvenzverwalter über das Grundstück anderweitig nicht verfügen kann. Da die Vormerkung nach § 106 InsO insolvenzfest ist, kann der Insolvenzverwalter das Grundstück nicht im Wege des § 209 InsO an einen anderen Massegläubiger verteilen. Wenn aber wegen der Vormerkung zwingend feststeht, dass das Grundstück nur an die Beklagten übereignet werden kann, entsteht den anderen Massegläubigern kein Nachteil, wenn die Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung auf dieses Grundstück zugreifen. Für einen durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch besteht daher das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht, die Leistungsklage bleibt zulässig, die Beklagten können ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen aus dem Urteil, welches die abzugebenden Willenserklärungen des Klägers gem. § 894 Abs.1 S.1 ZPO ersetzt, vollstrecken. Das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs (ZIP 2003, 914) ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil in jenem Fall eine die anderen Massegläubiger benachteiligende Zwangsvollstreckung in die Masse geplant war, während hier der außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfüllende Auflassungsanspruch die Ansprüche der anderen Massegläubiger nicht berührt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Auch der Hinweis des Klägers, dass die Kosten der Eigentumsumschreibung die Masse belasten könnten, geht fehl. Er hat zwar insoweit Recht, als diese Kosten grundsätzlich unter die Regelung der §§ 208 ff. InsO zu subsumieren sind. Im vorliegenden Fall sind diese Kosten aber gem. § 19 des Vertrages von den Beklagten zu tragen, weswegen die Masse insoweit nicht belastet wird.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers gibt daher keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
D. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs.1, 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10; 711 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Ein Grund, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die vom Kläger erkannten, angeblich neuen, schwierigen und grundsätzlichen Rechtsprobleme aus dem werkvertraglichen Gewährleistungsrecht (altes Schuldrecht) sind teilweise seit Jahren geklärt, teilweise nicht entscheidungserheblich; auch zu § 106 InsO hat sich im Hinblick auf den inhaltsgleichen § 24 KO der Bundesgerichtshof bereits mehrfach geäußert.
</td></tr></table></td></tr></table>
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18 UF 171/02
| 2003-08-16T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:47
| 2019-02-12T12:40:02
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - F. vom 19.07.2002 (41 F 219/01) aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - F. zurückverwiesen.</p>
<p>2. Das Beschwerdeverfahren und das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.</p>
<p>3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird für die Hauptsache auf 3.000 EUR, für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 500 EUR festgesetzt.</p>
<p>4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Parteien streiten um das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter O., geb. am 18.01.1994.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Antragsteller, der die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, und die Antragsgegnerin, die Italienerin ist, sind seit Oktober 1992 miteinander verheiratet und lebten bis zu ihrer Trennung im September 2000 in F. Seit September 2000 lebt die Antragsgegnerin in R. (Italien); O. blieb zunächst beim Antragsteller in F. O. besitzt die niederländische und die italienische Staatsangehörigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Unter dem 5. Juni 2001 machte der Antragsteller ein isoliertes Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge anhängig. Nachdem ihm zunächst im Wege der vorläufigen Anordnung vom 25.06.2001 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für O. übertragen worden war, erließ das Gericht mit Beschluss vom 16.08.2001 eine weitere vorläufige Anordnung, mit der es die elterliche Sorge auf die Mutter übertrug. Seitdem lebt O. bei der Antragsgegnerin in R. (Italien).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Am 13.07.2001 machte die Antragsgegnerin beim Tribunale Civile di R. einen Trennungsantrag - verbunden mit einem Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge - anhängig. Mit Schriftsatz vom 19.10.2001, der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt am 25.10.2001, stellte der Antragsteller beim Amtsgericht - Familiengericht - F. seinerseits Antrag auf Scheidung der Ehe der Parteien (41 F 411/01). Mit Beschluss vom 30.06.2002 setzte das Familiengericht F. dieses Verfahren gemäß Art. 11 der EG-Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten vom 29. Mai 2000 (Brüssel II-VO) aus, bis die Zuständigkeit des Tribunale Civile di R. für das dort anhängige Trennungsverfahren geklärt ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Mit Urteil vom 17.05.2002 bejahte der Tribunale Civile di R. seine internationale Zuständigkeit für das von der Antragsgegnerin dort anhängig gemachte Trennungsverfahren gemäß Art. 11 Brüssel II-VO, welches das in Deutschland eingeleitete Sorgerechtsverfahren gemäß Art. 3 Nr. 1 Brüssel II-VO an sich binde. Ob diese Entscheidung inzwischen rechtskräftig ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Beschluss vom gleichen Tage übertrug das römische Gericht außerdem der Mutter die elterliche Sorge für O.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Beschluss vom 19.07.2002 übertrug das Amtsgericht - Familiengericht - F. (ebenfalls) die elterliche Sorge für O. auf die Antragsgegnerin unter Bejahung seiner internationalen Zuständigkeit nach dem Grundsatz der perpetuatio fori. Gegen diesen, der damaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 24.07.2002 zugestellten Beschluss richtet sich dessen Beschwerde vom 21.08.2002, beim OLG Karlsruhe eingegangen am 22.08.2002, die mit Schriftsatz vom 13. November 2002, beim OLG Karlsruhe eingegangen am 14. November 2002 innerhalb der bis 15.11.2002 verlängerten Frist begründet wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Antragsteller erstrebt mit seiner Beschwerde die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache zur Herstellung des Verfahrensverbunds an das Amtsgericht - Familiengericht - F. Er macht geltend, dass mit der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens in Deutschland das isolierte Verfahren über die elterlicher Sorge gem. § 623 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 ZPO automatisch in den Verbund gefallen sei. Da eine Abtrennung weder beantragt noch angeordnet worden sei, hätte über die Folgesache elterliche Sorge nicht isoliert entschieden werden dürfen, so dass der gleichwohl ergangene Beschluss vom 19.07.2002 aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen. Sie ist der Meinung, dass eine isolierte Entscheidung ergehen durfte, da das Verfahren mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit nicht in den Verbund gefallen sei. Insbesondere sei die Brüssel II-VO auf isolierte Sorgerechtsverfahren nicht anwendbar, so dass sich die internationale Zuständigkeit nach wie vor nach dem Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 05.10.1961 (MSA) richte. Da O. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in R. (Italien) habe, seien deutsche Gerichte für die Entscheidung des Sorgerechtsstreits nicht mehr zuständig.  Der Grundsatz der perpetuatio fori gelte insoweit nicht. Im Ergebnis nichts anderes ergebe sich im übrigen bei Anwendung der Brüssel II-VO, da dann die Annexzuständigkeit der italienischen Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Brüssel II-VO folge. Auf die Frage des Verbunds komme es nicht an, da dieser gem. §§ 621, 623 ZPO nur entstehe, wenn die deutsche Gerichtsbarkeit international zuständig sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Auch der Antragsteller ist der Auffassung, dass sich die internationale Zuständigkeit vorliegend nach dem MSA und nicht nach der Brüssel II-VO bestimmt. Soweit man der Auffassung sei, dass das Sorgerechtsverfahren nicht in den Verbund gefallen, sondern nach wie vor als isoliertes Verfahren zu behandeln sei, sei der Beschluss des Amtsgerichts vom 19.07.2002 daher jedenfalls mangels internationaler Zuständigkeit ersatzlos aufzuheben. Allerdings sei zu bedenken, dass die Antragsgegnerin durch falsche Angaben und Vorlage manipulierter Zeichnungen O.s den Beschluss des Amtsgerichts vom 16.08.2001 zur vorläufigen Sorgerechtsübertragung und damit die internationale Zuständigkeit der italienischen Gerichte herbeigeführt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
II. Auf die gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige befristete Beschwerde war der angefochtene Beschluss ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - F. zurückzuverweisen, da das Amtsgericht F. zu einer Sachentscheidung nicht befugt war, sondern das Verfahren gem. Art. 11 Abs. 1 Brüssel II-VO hätte aussetzen müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass ein Verbund nach §§ 621, 623 ZPO nur dann entstehen kann, wenn die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben ist. Denn auf zwischenstaatlichen Abkommen beruhende Regelungen haben im Zweifel Vorrang vor den Vorschriften des autonomen nationalen Rechts, auch wenn dieses später gesetzt worden ist (vgl. BGH, NJW 1984, 1302, 1304 m .w. N.; Jayme/Kohler, Iprax 1998, 417, 420 Fn. 35).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Dabei ist das Beschwerdegericht auch befugt und verpflichtet, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 621e Abs. 4 ZPO steht insoweit nicht entgegen, da sich diese Regelung - wie auch §§ 545 Abs. 2, 513 Abs. 2 ZPO - ungeachtet ihres weit gefassten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit bezieht (BGH, NJW 2003, 426, 427).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
1. Das Amtsgericht leitet seine internationale Zuständigkeit ersichtlich aus Art. 1 MSA ab. Diese Auffassung ist unzutreffend, da O. zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in F., sondern in R. (Italien) hatte - was auch das Amtsgericht nicht verkennt - und der Grundsatz der perpetuatio fori im Anwendungsbereich des MSA nicht gilt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Ein Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sein faktischer Daseinsmittelpunkt liegt, d. h. dort, wo es die seinem Alter entsprechenden sozialen Bindungen entfaltet und verfestigt hat (Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 606 ZPO Rdnr. 20 m. w. N; Johannsen/Henrich a. a. O., Art. 21 EGBGB Rdnr. 5 m. w. N.). Voraussetzung für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist dabei entweder, dass sich aus den Umständen ergibt, dass der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll - dies ist etwa dann der Fall, wenn das Kind zusammen mit dem sorgeberechtigten Elternteil in ein anderes Land übersiedelt - oder dass sich aus der Dauer des Aufenthalts und dem Grad der sozialen Verwurzelung ergibt, dass der Daseinsmittelpunkt des Kindes sich nunmehr an dem neuen Ort befindet. Was die Dauer des Aufenthalts angeht, wird in der Regel eine Zeitspanne von sechs Monaten als ausreichend angesehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Vorliegend spricht viel dafür, dass O. bereits unmittelbar nach ihrer Übersiedelung nach Italien dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Antragsgegnerin bereits aufgrund der vorläufigen Anordnung des Familiengerichts vom 16.08.2001 Inhaberin des Sorgerechts. Ob aus dem Umstand, dass diese Anordnung vom Antragsteller angefochten worden war, etwas anderes folgt, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Antragsgegnerin durch Vorlage von - wie der Antragsteller behauptet - manipulierten Zeichnungen O.s und falsche Angaben den amtsgerichtlichen Beschluss herbeigeführt hat. Denn bei Erlass des Beschlusses vom 19.07.2002 lebte O. bereits knapp ein Jahr mit der Mutter in R. und besuchte dort die Schule. Da sie zweisprachig aufgewachsen ist, konnte sie bereits unmittelbar nach ihrer Übersiedelung nach R. mit ihrer dortigen Umwelt problemlos kommunizieren, so dass sich insoweit keinerlei Integrationsverzögerungen ergaben. Auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass sie im Juli 2002 ihren Daseinsmittelpunkt faktisch in R. hatte, so dass dort und nicht mehr in F. ihr gewöhnlicher Aufenthalt war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Da O. bei Erlass der Entscheidung des Amtsgerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Deutschland hatte, bestand eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Denn ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts während der Anhängigkeit des Verfahrens lässt die internationale Zuständigkeit nach Art. 1 MSA entfallen. Der Grundsatz der perpetuatio fori gilt entgegen der - damaligen - Auffassung des Amtsgerichts insoweit nicht (BGH, FamRZ 2002, 1182, 1184). Auf der Grundlage des MSA lässt sich daher vorliegend eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht mehr begründen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Nach Auffassung des Senats richtet sich die internationale Zuständigkeit vorliegend indes nicht (mehr) nach Art. 1 MSA, sondern nach der Brüssel II-VO, die in ihrem Anwendungsbereich das MSA verdrängt (Art. 37 Brüssel II-VO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
a) Der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel II-VO ist eröffnet, da sämtliche inmitten stehende Verfahren nach Inkrafttreten der Verordnung am 01.03.2001 eingeleitet wurden (Art. 42 Abs. 1, Art. 46 Brüssel II-VO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
b) Es handelt sich (inzwischen) auch um ein die elterliche Verantwortung für ein gemeinsames eheliches Kind betreffendes Verfahren, das aus Anlass eines Ehescheidungsverfahrens betrieben wird (Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Behandlung isolierter Sorgerechtsverfahren im Anwendungsbereich der Brüssel II-VO ist noch nicht abschließend geklärt. Dies gilt insbesondere für die Frage, welche Auswirkungen ein nachträglich anhängig gemachtes Scheidungsverfahren hat (zu den insoweit aufgeworfenen Problemen vergleiche etwa Puszkajler, IPrax 2001, 81, 83; Helms, FamRZ 2002, 1593, 1597). Nach überwiegender Auffassung findet die Brüssel II-VO grundsätzlich auf isolierte Sorgerechtsverfahren keine Anwendung (Puszkajler, a. a. O., 82, 83; Gruber, Rpfleger 2002, 545, 546; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 25. Aufl. 2003, Art. 1 EheVO Rdnr. 7; MK/Gottwald, ZPO, 2. Aufl. 2001, Art. 1 EheGVO Rdnr. 3). Im Vordergrund der Betrachtung steht insoweit allerdings, dass ein isoliertes Sorgerechtsverfahrens für sich allein nicht die Rechtshängigkeitssperre des Art. 11 Brüssel II-VO bewirken kann (siehe insbesondere Helms a.a.O.; Thomas/Putzo/Hüßtege a. a. O. Art. 1 EheVO Rdnr. 6). Nicht erörtert wird die Frage, ob sich ein ursprünglich isoliertes Sorgerechtsverfahrens mit Anhängigwerden eines Scheidungsverfahrens im Forumstaat in ein konnexes Sorgerechtsverfahren i. S. v. Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO wandelt und seinen selbständigen Charakter verliert.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Eine ausdrückliche Regelung dieser Frage findet sich in der Verordnung nicht. Die Definition eines konnexen Sorgerechtsverfahrens als eines Verfahrens, das „aus Anlass“ des Scheidungsverfahrens betrieben wird (Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO), bzw. das „in engem Zusammenhang“ mit einem Scheidungsverfahren steht (11. Erwägungsgrund Brüssel II-VO, der bei der gebotenen autonomen Auslegung der Verordnung zu berücksichtigen ist, vgl. Thomas/ Putzo/ Hüßtege a. a. O., Vorbem Art. 1 EheVO Rdnr. 9), verzichtet darauf zu bestimmen, dass das Scheidungsverfahren vor oder zugleich mit dem Sorgerechtsverfahren anhängig gemacht wird. Gemeinhin wird aus dieser offenen Formulierung geschlossen, dass  kein Verbund, sondern lediglich ein sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang beider Verfahren zu fordern ist (Thomas/Putzo/Hüßtege a. a. O.; Vogel, MDR 2000, 1045, 1047; Gruber a. a. O., 546). Ein derartiger Zusammenhang besteht indes auch zwischen einem nachträglich anhängig gemachten Scheidungsverfahren und einem isolierten Sorgerechtsverfahren, da letzteres zwar nicht nur (da auch schon die Zeit der Trennung geregelt werden soll), aber auch eine Regelung der elterlichen Verantwortung nach Scheidung der Ehe zum Gegenstand hat. Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften der Brüssel II-VO spricht daher für die Annahme, dass sich mit Anhängigwerden eines Scheidungsverfahrens im Forumstaat das isolierte Verfahren in ein konnexes Verfahren wandelt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Allein eine derartige Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Brüssel II-VO (vgl. Art. 3), ein Auseinanderfallen der internationalen Zuständigkeit zwischen Ehesache und dem damit sachlich im Zusammenhang stehenden Sorgerechtsverfahren zu vermeiden, solange das Gericht der Ehesache als ausreichend sachkundig für die Beurteilung des Sorgerechtsverfahrens angesehen werden kann (in Art. 3 Abs. 1 der VO gewährleistet durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Forumstaat, in Art. 3 Abs. 2 durch das Erfordernis, dass die Anerkennung der Zuständigkeit des Forumstaats durch die Ehegatten „im Einklang mit dem Wohl des Kindes steht“). Gründe, diesen Grundsatz in den Fällen zu durchbrechen, in denen das Sorgerechtsverfahren zeitlich vor dem Scheidungsverfahrens eingeleitet wurde, sind nicht erkennbar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Mit Anhängigwerden des Scheidungsverfahrens unterfällt daher das bisherige isolierte Sorgerechtsverfahrens dem Regime der Brüssel II-VO, mit der Konsequenz, dass die durch das italienische Trennungsverfahren (nebst Sorgerechtsverfahren) ausgelöste Rechtshängigkeitsblockade (Art. 11 Abs. 3 Satz 1 Brüssel II-VO) grundsätzlich auch dieses Verfahren erfasst (vgl. allgemein Thomas/Putzo/Hüßtege a. a. O., Ar. 11 EheVO Rdnr. 6; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 11 EuEheVO Rdnr. 6; MK-Gottwald a. a. O. Art. 11 EheGVO Rdnr. 2). Dem steht nicht entgegen, dass das italienische Sorgerechtsverfahrens vom rein tatsächlichen zeitlichen Ablauf her nach dem deutschen Sorgerechtsverfahren eingeleitet wurde. Denn das deutsche Sorgerechtsverfahrens konnte als isoliertes Verfahren die Rechtshängigkeitssperre des Art. 11 Abs. 1 Brüssel II-VO nicht auslösen (Helms a.a.O.; Thomas/ Putzo/ Hüßtege a. a. O. Art. 1 EheVO Rdnr. 6) und ist daher erst mit Anhängigwerden des deutschen („konnexen“) Scheidungsverfahrens als „eingeleitet“ im Sinne der Brüssel II-VO zu qualifizieren. Das Amtsgericht hätte daher auch das Verfahren auf elterliche Sorge gem. Art 11 Abs. 1 EheVO aussetzen müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Dem steht nicht entgegen, dass derzeit eine deutsche internationale Zuständigkeit für das Sorgerechtsverfahren mangels Anerkennens der deutschen Zuständigkeit durch die Antragsgegnerin nicht gegeben ist (Art. 3 Abs. 2 b Brüssel II-VO). Denn solange das erstbefasste Gericht seine Zuständigkeit nicht rechtskräftig positiv festgestellt hat, darf das später angerufene Gericht das Verfahren (nur) aussetzen. Dies entspricht dem Zweck des Art. 11 Abs. 3 S. 1 Brüssel II-VO, negative Kompetenzkonflikte zu vermeiden. Ob das erstbefasste Gericht international zuständig ist, hat allein das erstbefasste Gericht (bzw. ein ihm übergeordnetes Gericht) zu prüfen. Die internationale Zuständigkeit steht erst mit der Rechtskraft der diesbezüglichen Entscheidung fest (Gruber, FamRZ 2000, 1129, 1133 m. w. N.; Thoma/Putzo/Hüßtege a. a. O. Art. 11 EheVO Rdnr. 12 m. w. N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Ob die Entscheidung des Tribunale di R. vom 17.05.2002 bereits rechtskräftig ist, ist zwischen den Parteien streitig und konnte durch den Senat anhand der vorgelegten Unterlagen nicht festgestellt werden. Derzeit ist daher davon auszugehen, dass die italienische Entscheidung nicht rechtskräftig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
3. Ob außerdem einer Sachentscheidung durch das Amtsgericht das Verbundprinzip entgegen stand - nachdem die internationale (Un)Zuständigkeit deutscher Gerichte noch nicht feststeht -, kann dahinstehen (die ganz herrschende Meinung folgert den Eintritt des Verbunds aus dem Wortlaut von § 623 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 5 ZPO, vgl. nur OLG München FamRZ 2000, 1291; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1291; OLG Report 2002, 538; OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 166; Thomas/Putzo/Hüßtege a. a. O.,  § 623 Rdnr. 10; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 623 Rdnr. 23 b; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 623 ZPO Rdnr. 8; dagegen mit beachtlichen Argumenten Maurer, FamRZ 2001, 1225 ff.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 III, 91 S. 2 KostO, 13a Abs. 1 S. 1 FGG, die Festsetzung des Gegenstandswerts aus §§ 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO (Beschwerde) bzw. § 8 Abs. 3 S. 1 BRAGO (einstweilige Anordnung).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 621e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen (Verhältnis des MSA zur Brüssel II-VO bei isolierten Sorgerechtsverfahren).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,088
|
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|
{
"id": 147,
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"jurisdiction": null,
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}
|
1 Ss 376/03
| 2003-08-14T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:46
| 2019-02-12T12:40:02
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 12. März 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Ellwangen zurückverwiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd verurteilte den Angeklagten am 10. Oktober 2002 wegen Betruges zu 8 Monaten Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung. Gegen dieses Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte rechtzeitig Berufung ein. Zur Berufungsverhandlung vom 12. März 2003, 14 Uhr vor dem Landgericht Ellwangen erschienen weder der Verteidiger noch der Angeklagte. Hierauf hat die Berufungsstrafkammer die Berufung des Angeklagten gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO verworfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Zu den Prozesstatsachen stellt das Landgericht fest:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nach ordnungsgemäßer Ladung zum Termin vom 12. März 2003, 14 Uhr teilte der Verteidiger dem Landgericht am 11. März 2003 mit einem um 17.39 Uhr eingegangenen Telefax mit, der Angeklagte könne den Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen; ein ärztliches Attest werde nachgereicht. Mit Beschluss vom 12. März 2003, der dem Verteidiger um 8.34 Uhr durch Telefax übermittelt wurde, lehnte der Strafkammervorsitzende die beantragte Terminsverlegung mangels Glaubhaftmachung ab. Falls ein Attest nachgereicht werde, könne nur ein solches anerkannt werden, welches eindeutig eine Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit bescheinige, wobei die Gründe detailliert und nachprüfbar (Gesundheitsamt) anzugeben seien. Zugleich veranlasste der Strafkammervorsitzende, dass Beamte der zuständigen Polizeidienststelle den Angeklagten zur Überprüfung seines Vorbringens aufsuchen. Gegen 10.30 Uhr teilte der Verteidiger dem Vorsitzenden telefonisch mit, der Angeklagte liege mit 40° C Fieber im Bett. Gegen 11.15 Uhr informierten die beauftragten Polizeibeamten den Vorsitzenden dahin, der Angeklagte sei, als sie ihn in seiner Wohnung aufgesucht hätten, ganz normal gekleidet gewesen; er habe zwar eine Grippe mit 40° C Fieber vorgebracht und einen etwas kränklichen Eindruck gemacht, jedoch habe der äußere Eindruck nicht darauf hingedeutet, dass er reiseunfähig sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Mit einem um 12.49 Uhr eingegangenen Telefax hat der Verteidiger nach den Feststellungen eine für die Zeit vom 10. März bis zum 14. März 2003 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes übermittelt. In dem zugleich übersandten ärztlichen Attest wurde bescheinigt, dass der Angeklagte "auf Grund einer akuten Erkrankung die Reise vom 10.03.2003 bis 14.03.2003 nicht antreten konnte." Zugleich teilte der Verteidiger mit, das der Angeklagte an einer starken Infektionskrankheit mit starkem Fieber erkrankt sei.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Revision des Angeklagten hat mit einer in zulässiger Weise erhobenen Verfahrensrüge Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Im Rahmen der Prüfung der Verfahrensrüge hat der Senat als Revisionsgericht aufgrund der für ihn bindenden Feststellungen der Berufungsstrafkammer, die er im Wege des Freibeweises weder nachprüfen noch ergänzen darf (vgl. BGHSt 28, 384), zu prüfen, ob dem Tatrichter bei der Beurteilung der festgestellten prozessualen Tatsachen Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist hier der Fall. Die Berufungsstrafkammer hat den Begriff der genügenden Entschuldigung im Sinne von § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO verkannt und an dessen Voraussetzungen überhöhte Anforderungen gestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BayObLG NStZ-RR 1999, 143; OLG Köln VRS 65, 47; OLG Frankfurt NJW 1988, 2965) ist § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO, der eine Ausnahme vom Grundsatz der Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung bestimmt, als Ausnahmevorschrift so auszulegen, dass er sich bei der Frage der genügenden Entschuldigung in Zweifelsfällen zu Gunsten des Angeklagten auswirkt (vgl. Ruß in KK, StPO, 5. Auflage, § 329 Rdn. 9; Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 349 Rdn. 22; Pfeiffer, StPO, 4. Auflage, § 329 Rdn. 6, jeweils m.w.N.). Den Angeklagten trifft hinsichtlich des Entschuldigungsgrundes keine lückenlose Nachweispflicht; entscheidend ist nicht, ob er sich genügend entschuldigte hat, sondern lediglich, ob er genügend entschuldigt ist (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2000, 84; OLG Karlsruhe NStZ 1994, 141; Ruß a.a.O. Rdn. 7; Meyer-Goßner a.a.O. Rdn. 18; Pfeiffer a.a.O. Rdn. 6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts lassen besorgen, dass es - trotz seiner zutreffenden Wiedergabe der obergerichtlichen Rechtsprechung - diesen Maßstäben nicht gerecht geworden ist, indem es verbleibende Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens des Angeklagten nicht durch Nachforschungen im Freibeweisverfahren zu beheben versucht, sondern gegen den Angeklagten ausgelegt hat. Richtig ist allerdings, dass aus einem Arbeitsunfähigkeitsattest nicht ohne weiteres auf die Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten geschlossen werden kann, weil es auf die Art der Arbeit (körperliche Tätigkeit oder Bürotätigkeit) und auf die Art sowie das Ausmaß der Erkrankung (kaum hinderliche körperliche Verletzung oder schwere Infektionskrankheit mit hohem Fieber) ankommt. Andererseits ist die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit ein starkes Indiz für die Unmöglichkeit oder - wegen der Verschlimmerungsgefahr - Unzumutbarkeit längerer Reisen und Hauptverhandlungen; es bedarf gewichtiger Gegengründe, um trotz nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit die Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten zu bejahen. Einen solchen Gegengrund hat die Berufungsstrafkammer offenbar in der polizeilichen Feststellung gesehen, dass der Angeklagte entgegen dem schriftlichen Vortrag seines Verteidigers nicht bettlägerig war. Dabei hat sie jedoch die unsichere Beweisgrundlage dieser Feststellung ebenso aus dem Blickfeld verloren wie den Eindruck der Polizeibeamten, der Angeklagte sei "etwas kränklich" gewesen. Durch diese verkürzte Sichtweise hat die Berufungsstrafkammer vorhandene Zweifelsgründe letztlich gegen den Angeklagten verwertet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Berufungsstrafkammer hat ferner das am 12. März 2003 durch Telefax übermittelte ärztliche Attest über die krankheitsbedingte Unfähigkeit des Angeklagten, die Reise vom 10.03. bis 14.03.2003 anzutreten, in seinem Aussagegehalt offensichtlich missverstanden. Abgesehen davon, dass dieses Attest im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und der Erklärung des Verteidigers über die Erkrankung des Angeklagten an einer Infektionskrankheit mit hohem Fieber zu sehen ist und daher einen starken Aussagewert hat, geht es auch nicht - wie die Berufungsstrafkammer meint - an der Sache vorbei. Das Attest ist allenfalls lückenhaft, da es weder die Diagnose noch das Reiseziel und die Reisedauer noch den Empfänger aufführt. Diese Lückenhaftigkeit hätte der Vorsitzende der Berufungsstrafkammer im Freibeweisverfahren dadurch zu beheben versuchen müssen, dass er - trotz der Erklärung des Verteidigers, der behandelnde Arzt sei am Vormittag des 12. März 2003 nicht mehr erreichbar - in der Arztpraxis anrief und mit Hilfe des möglicherweise doch erreichbaren Arztes, seines Praxiskollegen oder der Sprechstundenhilfe Informationen über Art und Ausmaß der Erkrankung sowie über das Zustandekommen des Attestes (nach Untersuchung oder auf Telefonanruf?) zu gewinnen versuchte. Auch das lückenhafte ärztliche Attest, auf dessen Formulierung der Angeklagte im übrigen keinen Einfluss hatte, bot noch soviel an Information, dass die Berufungsstrafkammer sich nicht auf die unzutreffende Argumentation zurückziehen durfte, der Angeklagte habe "lediglich eine Stecke von etwa 500 km von seinem Wohnort zum Sitz der Gerichts" überwinden müssen; einschließlich der Rückreise hätte er den Termin sonach an einem Tag bewältigen können. Eine solche Argumentation verkennt, dass der Angeklagte, falls ihm nicht das Gegenteil nachgewiesen werden konnte, als krank anzusehen war und dass ihm eine etwa 17-stündige Reise und Berufungshauptverhandlung nicht möglich, jedenfalls aber im Hinblick auf die Verschlimmerungsgefahr nicht zumutbar (vgl. OLG Rostock StraFo 2001, 417; OLG Düsseldorf StV 1987, 9) war. Die Berufungsstrafkammer hat ferner übersehen, dass bereits bei einer Verhandlungsdauer von 2 Stunden, die angesichts der Verfahrenslage mindestens zu erwarten war, dem Angeklagten eine Rückkehr zu seinem Wohnort mit öffentlichen Verkehrsmitteln am selben Tag objektiv unmöglich gewesen wäre. Dass der Angeklagte - wie die Berufungsstrafkammer meint - eine fünftägige Reise antreten wollte, ist dem Attest ebenfalls nicht zu entnehmen; es wird ihm lediglich für die Zeit vom 10.03. bis zum 14.03.2003 Reiseunfähigkeit bescheinigt. Dafür, dass es sich um ein bloßes Gefälligkeitsattest gehandelt haben könnte, hat die Berufungsstrafkammer keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ermitteln können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Damit war nach den Feststellungen dem Angeklagten am Terminstag die Anreise nach Ellwangen und die Teilnahme an der Berufungshauptverhandlung nicht möglich, jedenfalls aber nicht zumutbar. Die Berufungsstrafkammer hätte sein Ausbleiben daher als genügend entschuldigt im Sinne von § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO ansehen müssen. Der Fehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Für die Vorbereitung und Durchführung der neuen Berufungshauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
1. Die telefonische Auflage an einen mutmaßlich ernsthaft erkrankten Angeklagten, sich binnen Stunden zum Amtsarzt zu begeben und dessen Attest beizubringen, enthält ein unerfüllbares Ansinnen, weil der Amtsarzt nur auf Ersuchen eines Amtsträgers tätig wird. Sollte der Angeklagte erneut eine krankheitsbedingte Reise- und Verhandlungsunfähigkeit geltend machen, so wird die neue Berufungsstrafkammer den zuständigen Amtsarzt anstelle medizinisch nicht qualifizierter Polizeibeamter ersuchen müssen, den Angeklagten in dessen Wohnung aufzusuchen und zu untersuchen (vgl. BayObLG NStZ-RR 1999, 143; OLG Karlsruhe NStZ 1994, 141; Ruß in KK, StPO, 5. Auflage, § 329 Rdn. 8).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
2. Sollte eine solche Verfahrensweise nicht möglich sein, so müsste der behandelnde Arzt unter Hinweis auf § 278 StGB telefonisch zu der Erkrankung und ihren Auswirkungen auf die Reise- und Verhandlungsfähigkeit sowie zum Zustandekommen der Diagnose befragt werden (vgl. Ruß a.a.O. m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
3. Auch andere etwa neu vorgebrachte Terminverlegungsgründe wären mit allen zur Verfügung stehenden gesetzmäßigen Mitteln unverzüglich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
4. Bei Fehlen einer genügenden Entschuldigung ist eine erneute Verwerfung nach § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO zulässig (BGHSt 27, 236); § 329 Abs. 1 Satz 2 StPO gilt hier nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
5. Eine weitere Verzögerung des Verfahrens durch einen etwaigen nochmaligen Verlegungsantrag des Angeklagten oder seines Verteidigers würde im Falle einer erneuten Verurteilung ebenso wenig wie die bisherige, aus der Sphäre des Angeklagten herrührende Verfahrensverzögerung zu einer Strafmilderung wegen Verstoßes gegen das (einfache) Beschleunigungsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK führen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,089
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"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
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|
5 WF 134/03
| 2003-08-14T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:46
| 2019-02-12T12:40:02
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht   vom 03.02.2003   wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Landeskasse wendet sich gegen die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr für die beigeordnete Rechtsanwältin der Antragstellerin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens war mit Beschluss vom 16.08.2002 ratenfreie Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt ... zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet worden. Mit Beschluss vom 02.09.2002 wurde dieser Beschluss dahin abgeändert, dass Frau Rechtsanwältin ... als Hauptbevollmächtigte und Herr Rechtsanwalt   als Korrespondenzanwalt der Antragstellerin beigeordnet wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In dem vom Familiengericht anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.09.2002 erklärten die Parteien ausweislich des Sitzungsprotokolls vorab, sie wollten nicht geschieden werden. Daraufhin wurden sie vom Gericht zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen befragt. Weiter wurde eine Mitteilung des Jugendamts wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung erörtert. Anschließend war „Gegenstand der mündlichen Verhandlung ... der Scheidungsantrag“. Nach Rücksprache mit ihrer Mandantin erklärte deren Prozessbevollmächtigte schließlich die Rücknahme des Scheidungsantrags. Den Streitwert hat das Familiengericht auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Mit Schriftsatz vom 04.09.2002 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, die ihr aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung wie folgt
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
festzusetzen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
<span style="text-decoration:underline">Gegenstandswert: 2.500,00 EUR</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
10/10 Prozessgebühr gem. §§ 123, 31 I 1 BRAGO 161,00 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
10/10 Verhandlungsgebühr gem. §§ 123, 31 I 2 BRAGO 161,00 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
10/10 Beweisgebühr gem. §§ 123, 31 I  3 BRAGO 161,00 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
10/10 Aussöhnungsgebühr gem. §§ 123, 36 II BRAGO 161,00 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Fahrtkosten gem. § 28 BRAGO vom 02.09.2002
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
36 KM á 0,27 EUR (1/1 Anteil) 9,72 EUR 
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Abwesenheitsgeld gem. § 28 BRAGO
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
vom 02.09.2002 (1/1 Anteil) 15,00 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Entgelt für Post- und Telekommunikations-
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Dienstleistungen gem. § 26 BRAGO (pauschal)
<span style="text-decoration:underline">20,00 EUR</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Zwischensumme 688,72 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
16,00 % Umsatzsteuer gem. § 25 II BRAGO
<span style="text-decoration:underline">110,20 EUR</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Zwischensumme 798,92 EUR
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Parkgebühr
<span style="text-decoration:underline">0,40 EUR</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Endsumme
<span style="text-decoration:underline">799,32 EUR</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Mit Beschluss vom 28.10.2002 setzte der Urkundsbeamte jedoch nur eine Vergütung von 209,96 EUR fest; die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr, einer Beweisgebühr, einer Aussöhnungsgebühr sowie der Terminsauslagen lehnte er ab. Die Absetzung der Verhandlungsgebühr wurde damit begründet, dass eine Verhandlung nicht notwendigerweise stattgefunden habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin „sofortige Beschwerde“ ein, mit der sie aber lediglich noch die Festsetzung der Verhandlungsgebühr, der Beweisgebühr sowie der Terminsauslagen weiter verfolgte. Den Antrag auf Festsetzung der Aussöhnungsgebühr hat sie zurückgenommen. Hinsichtlich der Verhandlungsgebühr hat sie vorgetragen, ihr sei es nicht möglich gewesen, eine Verhandlung durch schriftliche Zurücknahme des Scheidungsantrags zu vermeiden. Erst fünf Minuten vor dem Termin, unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude sei sie dahingehend unterrichtet worden, dass es möglich sei, dass der Scheidungsantrag zurückgenommen werden könne, da die Parteien sich aussöhnen wollten. Noch im Telefonat vom 29.08.2002 mit dem Korrespondenzanwalt sei von der Möglichkeit der Rücknahme des Scheidungsantrags nichts bekannt gewesen. Hinsichtlich dieser Thematik sei von den Parteien offensichtlich anderweitiger Rechtsrat in Anspruch genommen worden. Das Gericht möge hierüber informiert worden sein, diese Information sei ihr jedoch nicht bekannt gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der Bezirksrevisor ist in seiner Stellungnahme vom 08.01.2003 für die Landeskasse dem als Erinnerung zu behandelnden Rechtsbehelf entgegengetreten, soweit die Verhandlungs- und Beweisgebühr abgelehnt wurden. Zur Verhandlungsgebühr hat er ausgeführt, die Parteien hätten bei Aufruf der Sache erklärt, dass sie nicht geschieden werden wollten. Anträge seien deshalb, ausgenommen der vorab gestellte PKH-Antrag für die Antragstellerin, nicht verlesen/gestellt worden. Gegen die Festsetzung der Terminsauslagen hatte der Bezirksrevisor hingegen keine Einwendungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Daraufhin hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung mit Beschluss vom 03.02.2003 teilweise abgeholfen und eine weitere Vergütung von 215,44 EUR festgesetzt, nämlich eine 10/10 Verhandlungsgebühr von 161,00 EUR gem. §§ 123, 33 BRAGO und die Terminsauslagen von 24,72 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Bezüglich der Beweisgebühr hat er hingegen nicht abgeholfen. Nachdem die Akten deswegen dem Oberlandesgericht vorgelegt worden waren, hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.02.2003 die Beschwerde gegen die Nichtfestsetzung der Beweisgebühr zurückgenommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Mit Schriftsatz vom 15.05.2003 hat nunmehr der Bezirksrevisor für die Landeskasse „Erinnerung“ gegen den Abhilfebeschluss vom 03.02.2003 eingelegt, soweit dort auch die Verhandlungsgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt wurde. Zur Begründung beruft sich der Bezirksrevisor darauf, dass eine Verhandlungsgebühr nicht notwendig ausgelöst worden sei. Aus der Landeskasse seien nur notwendige Aufwendungen des beigeordneten Rechtsanwalts zu erstatten. Durchaus zutreffend hätte die Rücknahme des Scheidungsantrags schriftlich vor Aufruf der Sache am 02.09.2002 erfolgen können. Den Mehraufwand habe die Landeskasse nicht zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ist der Erinnerung entgegengetreten; sie hat ihren bisherigen Sachvortrag wiederholt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Mit Beschluss vom 17.07.2003 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen. Er ist nun der Meinung, die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hätte nur eine 5/10 Verhandlungsgebühr nach § 33 BRAGO verdient.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Mit Beschluss vom 31.07.2003 hat auch der Familienrichter der Erinnerung nicht abgeholfen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
II. Das von der Landeskasse eingelegte Rechtsmittel ist als Beschwerde gem. § 128 Abs. 4 BRAGO zu behandeln, da es sich gegen die im Erinnerungsverfahren gem. § 128 Abs. 3 BRAGO ergangene Entscheidung richtet. Als (unbefristete) Beschwerde gem. 128 Abs. 4 BRAGO ist das Rechtsmittel zulässig, der Beschwerdewert ist erreicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die Beschwerde ist jedoch im Ergebnis nicht begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Allerdings weist der Bezirksrevisor zu Recht darauf hin, dass eine Verhandlungsgebühr nicht entstanden ist, und zwar auch keine halbe Verhandlungsgebühr für eine nichtstreitige Verhandlung gem. § 33 BRAGO, weil ausweislich des Protokolls nicht verhandelt wurde. Für das Entstehen der Verhandlungsgebühr ist  wesentliche Voraussetzung das Stellen der Anträge. Vorliegend wurden jedoch keine Anträge gestellt. Die bloße Abgabe von Prozesserklärungen wie z.B. die Klagerücknahme stellt sich nicht als Verhandlung dar, auch nicht als solche zur Prozessleitung (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. A., § 33 Rn. 1).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Da jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls der Scheidungsantrag „Gegenstand der mündlichen Verhandlung“ war, ist dadurch die Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstanden. Denn es ist gleichgültig, mit welcher Zielrichtung die Erörterung stattfindet. Das Gericht kann die Sache wie hier auch in der Richtung erörtern, dass die Klage bzw. der Scheidungsantrag zurückgenommen wird (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, a. a. 0., § 31 Rn. 152 mit Rechtsprechungsnachweisen).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Senat ist nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände gehindert, dass die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin die Festsetzung dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens als antragsabhängiges Parteiverfahren, dass eine über den von dem Rechtsanwalt gestellten Antrag hinausgehende Festsetzung nicht zulässig ist. Wohl aber darf der Urkundsbeamte und damit auch das Beschwerdegericht innerhalb des insgesamt beantragten Betrages und im Rahmen des dem Betrag zugrundegelegten Sachverhaltes einen Positionsaustausch dahin vornehmen, dass statt einer geforderten, aber nicht oder nicht in der geforderten Höhe entstandenen Gebühr eine andere, nicht geforderte, aber entstandene Gebühr berücksichtigt werden kann (so auch Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, a. a. 0., § 128 Rn. 12).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Deshalb ist die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Vergütungsfestsetzung im Ergebnis nicht zu beanstanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Verfahren über die Beschwerde gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, § 128 Abs. 5 BRAGO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
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128,005
|
olgsl-2003-08-13-1-u-75700
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{
"id": 939,
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1 U 757/00
| 2003-08-13T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:53
| 2019-02-12T14:04:39
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. September 2000 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 16 O 258/97 - teilweise wie folgt abgeändert und neu gefasst:</p>
<p>Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 17.708,49 EUR (=34.634,79 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 01.06.1998 zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin 85 % und der Beklagte 15 %.</p>
<p>III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe eines Betrages von 23.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 4.000 EUR abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>IV. Der Wert durch diese Entscheidung begründeten Beschwer wird für die Klägerin auf 98.249,82 EUR und für den Beklagten auf 17.708,49 EUR festgesetzt.</p>
<p>Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 115.958,31 EUR.</p>
<p>V. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin übertrug mit Architektenvertrag vom 27.05.1993 dem Beklagten die in § 2.1.6 bis 2.1.9 des Vertrages (Bl. 184 ff d.A.) aufgeführten sowie die unter § 15 II Ziffern 1 bis 5 HOAI fallenden Architektenleistungen betreffend die Sanierung des Anwesens. Vorgesehen war, in dem Anwesen Wohnungen unterzubringen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Mit notariellem Kauf- und Werkvertrag vom 21.07.1995 (im Einzelnen Bl. 188 ff d.A.) verkaufte die Klägerin das Anwesen an und und verpflichtete sich unter Ziffer III des Vertrages, das Gebäude bis zum 30.09.1995 fertigzustellen. Zuvor hatte sie dem Beklagten den Entwurf eines Textes, der Bestandteil des Kaufvertrages werden sollte, übersandt, wegen dessen Inhalts auf die Anlage zum Schriftsatz vom 10.11.1997 (Bl. 408 ff d.A.) Bezug genommen wird.
</p><p>
<rd nr="2"/>
Nachdem die Arbeiten nicht bis zum 30.09.1995  fertiggestellt waren, hoben die Klägerin und die Eheleute den am 21.07.1995 geschlossenen notariellen Vertrag einverständlich am 06.06.1996 wieder auf. In der Folgezeit fanden teilweise unter Beteiligung der Haftpflichtversicherung des Beklagten Besprechungen statt, deren Inhalt im Einzelnen streitig ist. Am 05.07.1996 unterzeichneten die Parteien eine Vereinbarung (Bl. 220 ff d.A.), wonach ein Gutachten des Sachverständigen über vorhandene Mängel, Art und Umfang der Nachbesserung und Kosten der Mängelbeseitigung eingeholt werden sollte. Unter am 14.02.1997 fertigte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein „Arbeitspapier“, das sich mit den eventuell den Beklagten gegenüber geltend zu machenden Schadenspositionen befasste (Bl. 180,181 d.A.).
</p><p>
<rd nr="3"/>
Das durch den Sachverständigen unter dem 06.02.1997 erstellte Gutachten ergab, dass das Bauwerk mit umfangreichen Mängeln (im Einzelnen Bl. 154 bis 178 d.A.) behaftet war, deren Beseitigung einen Aufwand von insgesamt 194.404,34 DM erfordere. Die Klägerin hat den Beklagten im Wege der Architektenhaftung auf Erstattung der Kosten, welche ihr durch die Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages mit den Eheleuten entstanden sind, in Höhe von 116.954,98 DM (Klageantrag zu 1) und auf Schadensersatz wegen mangelhafter Bauarbeiten in Höhe von 109.839,95 DM (Klageantrag zu 2) in Anspruch genommen. Im Hinblick darauf, dass sie das Anwesen mit notariellem Vertrag vom 23.12.1997 (Bl. 443 ff d.A.) an die Stadt veräußert und ihre Schadensersatzansprüche an diese abgetreten hatte, hat sie den Klageantrag zu 1) auf Zahlung an die Stadt umgestellt. Diese hatte durch Vereinbarung vom 30.09.1998 (Bl. 474 d.A.) diejenige Schadensersatzforderung, die Gegenstand des Klageantrages zu 2) ist, zum Zwecke der Einziehung an die Klägerin abgetreten.
</p><p>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin hat vorgetragen,
</p><p>
<rd nr="5"/>
der Fertigstellungstermin 30.09.1995 sei mit dem Beklagten abgesprochen gewesen, so dass er für die Folgen der Nichteinhaltung dieses Termines, nämlich die Rückgängigmachung des Vertrages mit den Eheleuten einzustehen habe. Mit der Aufhebung des Kaufvertrages sei der Beklagte auch einverstanden gewesen, sowie im Grundsatz auch Einigkeit über eine entsprechende Einstandspflicht des Beklagten bestanden habe. In der Besprechung vom 02.10.1996 sei man daher übereingekommen, dass diejenigen Kosten zu ermitteln und zu erstatten seien, die entstanden wären, wenn unmittelbar nach der Beanstandung durch die Eheleute ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet worden wäre. Diese würden sich auf insgesamt 116.954,98 DM belaufen (im Einzelnen Schriftsatz vom 10.11.1997; Bl. 259 ff, 267, 268 d.A.) und hätten als von dem Beklagten zu leistender Schadensersatz zugrunde gelegt werden sollen.
</p><p>
<rd nr="6"/>
Darüber hinaus bestünden die in dem Gutachten vom 06.02.1997 festgestellten umfangreichen Baumängel, die zum einen von den ausführenden Handwerkern zu vertreten seien, gleichzeitig aber auch auf unzureichender Planung und Überwachung durch den Beklagten beruhten. Die für die Beseitigung dieser Mängel anzusetzenden Kosten würden sich unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ausgeführter Nachbesserungsarbeiten und hinsichtlich einzelner Positionen lediglich noch angesetzter Minderungsbeträge auf insgesamt 109.839,05 DM beziffern (im Einzelnen Schriftsatz der Klägerin vom 15.05.1998; Bl. 435 ff d.A.).
</p><p>
<rd nr="7"/>
Der Beklagte hat die behauptete Vereinbarung eines verbindlichen Fertigstellungstermines wie auch Absprachen über eine mögliche Haftung gänzlich in Abrede gestellt. Im Übrigen sei der von ihm eingesetzte Mitarbeiter durch die Klägerin von der Bauleitertätigkeit ausgeschlossen worden, so dass die von der Klägerin nach Abschluss des Kaufvertrages mit den Eheleuten verlangten Änderungen nicht mehr Gegenstand des Architektenvertrages gewesen seien. Die festgestellten Mängel beträfen gerade solche Leistungen, die nicht mehr zum ursprünglichen Leistungsumfang gehörten.
</p><p>
<rd nr="8"/>
Er hat die Rechtsauffassung vertreten, dass eventuelle Schadensersatzansprüche zumindest daran scheiterten, dass ihm nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - ein Nachbesserungsrecht eingeräumt worden sei. Nach Veräußerung des Anwesens und Abtretung der Schadensersatzansprüche sei die Klägerin zudem nicht mehr prozessführungsbefugt.
</p><p>
<rd nr="9"/>
Durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird (Bl. 537 bis 550 d.A.), hat das Landgericht die auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 116.954,98 DM  und in Höhe weiterer 109.839,95 DM (jeweils nebst Zinsen) gerichtete Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte unter dem Aspekt schuldhafter mangelhafter Architektenleistungen weder gemäß §§ 635, 636 Satz 2 BGB i.V.m. § 326 Abs. 1 BGB für den durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit den Eheleuten entstandenen Schaden noch gemäß § 635 BGB für den durch die nach wie vor bestehende Mangelhaftigkeit des Objektes und des damit einhergehenden Beseitigungsaufwandes einzustehen habe. Es könne weder festgestellt werden, dass die vom Beklagten geschuldete Architektenleistung mangelhaft gewesen sei und die Käufer aus diesem Grunde berechtigt gewesen seien, vom Kaufvertrag zurückzutreten, noch sei der Beklagte am 01.10.1995 mit der Fertigstellung des Objektes in Verzug geraten. Unabhängig davon fehle es im Rahmen des konkret geltend gemachten Schadens aber an der erforderlichen Kausalität, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Eheleuten entsprechend der vertraglichen Regelung überhaupt ein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages zugestanden habe, dessen Zustandekommen mithin auf dem eigenen Willensentschluss der Klägerin beruht habe.
</p><p>
<rd nr="10"/>
Das Begehren der Klägerin entsprechend dem Klageantrag zu 2) sei bereits deshalb erfolglos, weil die Klägerin nicht substantiiert dargetan habe, welche konkreten Fehler der Planungs- oder Überwachungsarbeiten des Beklagten für die mangelhaft ausgeführten Bauleistungen verantwortlich seien. Zudem sei dem Beklagten keine Gelegenheit zur Behebung der Mängel gegeben worden, wie es die Vorschrift des § 635 BGB auch im Rahmen gegen den Architekten gerichteter Ersatzansprüche voraussetze. Weder könne in der Vereinbarung vom 05.07.1996 ein deklaratorisches Anerkenntnis des Beklagten erblickt werden noch sei substantiiert  ein sonstiges Anerkenntnis im Rahmen des Gespräches am 02.10.1996 oder in der Folge durch einen Mitarbeiter der Haftpflichtversicherung  vorgetragen worden.
</p><p>
<rd nr="11"/>
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich erfolglos gebliebenen Klageanträge - im Zinsanspruch des Klageantrages zu 2. geringfügig modifiziert - weiter verfolgt. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihre früheren Argumente und trägt ergänzend zur Rechtfertigung ihres Rechtsmittels vor:
</p><p>
<rd nr="12"/>
Rechtsirrig habe das Landgericht zugrunde gelegt, dass durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit den Eheleuten eine Unterbrechung der Kausalkette eingetreten  sei. Diese sei vielmehr das Ergebnis einer gemeinsamen Entscheidung der Parteien  gewesen, nachdem eine einvernehmliche Regelung mit den Eheleuten nicht ersichtlich gewesen sei und auf diesem Wege eine Schadensbegrenzung  habe herbeigeführt werden sollen. Dementsprechend erfasse der Klageantrag zu 1. gerade nicht die im Zuge der Vertragsaufhebung entstandenen Kosten, sondern   die Schadensersatzpositionen, die entstanden wären, wenn die Käufer am Vertrag festgehalten hätten. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht zudem angenommen, dass die gegen den Beklagten gerichteten Ansprüche bereits an der erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 BGB a.F. scheiterten, deren es  im Rahmen der Haftung des Architekten wegen Planungs- oder Überwachungsmängeln aber gerade nicht bedürfe. Unabhängig davon seien unter der Leitung des Beklagten umfangreiche Mängelbeseitigungsarbeiten durchgeführt worden, die sich in den letztlich reduzierten Kosten niedergeschlagen hätten. Die einzelnen Mängel wie auch die entsprechende Verantwortlichkeit des Beklagten seien in den vorgelegten Gutachten hinreichend und sachlich zutreffend dargelegt worden.
</p><p>
<rd nr="13"/>
Die Klägerin beantragt (Bl. 600, 755, 926 d.A.)
</p><p>
<rd nr="14"/>
unter Abänderung des Urteiles des Landgerichtes Saarbrücken vom 12.09.2000, Aktenzeichen 16 O 258/97 den Beklagten zu verurteilen,
</p><p>
<rd nr="15"/>
1. an die Stadt vertreten durch den Bürgermeister, 59.798,13 EUR ( = 116.954,98 DM) nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.08.1997 zu zahlen;
</p><p>
<rd nr="16"/>
2. an sie 56.160,18 EUR nebst 4 % Zinsen in der Zeit vom 01.06.1998 bis 08.06.1998 und in der Zeit vom 09.06.1988 bis 31.12.2001 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG und ab 01.01.2002 gemäß § 288 BGB 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB, zu zahlen.
</p><p>
<rd nr="17"/>
Der Beklagte beantragt (Bl. 568, 926 d.A.),
</p><p>
<rd nr="18"/>
die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
</p><p>
<rd nr="19"/>
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil hinsichtlich der ihm günstigen Feststellungen und tritt im Übrigen dem Berufungsvorbringen unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens entgegen.
</p><p>
<rd nr="20"/>
Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
</p><p>
<rd nr="21"/>
Der Senat hat durch Beweisbeschluss vom 11.07.2001 (Bl. 678 bis 680 d.A.) sowie durch Beschlüsse vom 14.05.2002 (Bl. 736 d.A.) und vom 25.09.2002 (Bl. 830,831 d.A.) eine weitergehende Beweiserhebung angeordnet, wegen deren Ergebnis auf die Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 17.12.2001 (Bl. 687 ff d.A.) und vom 29.01.2003 (Bl. 842 ff d.A.) sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 11.09.2002 (Bl. 749 bis 753 d.A.) und vom 16.07.2003 (Bl. 925 bis 930 d.A.) Bezug genommen wird.
</p><p><rd nr="22"/>Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO altes Prozessrecht anwendbar ist, ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise, in dem aus Ziffer I des Urteilstenors ersichtlichen Umfange Erfolg.</p><p><rd nr="23"/>Die Schadensersatzklage der Klägerin ist zulässig (I). Sie ist im Klageantrag zu 1. (II. 1.) unbegründet und im Klageantrag zu 2. (II. 2.) in Höhe eines Betrages in Höhe von 17.708,49 EUR (=34.634,79 DM) begründet.</p><p>I.</p><p><rd nr="24"/>Bedenken hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis der Klägerin bestehen hinsichtlich beider Anträge nicht. Im Hinblick auf die nach Rechtshängigkeit erfolgte Abtretung der streitgegenständlichen <span style="text-decoration:underline">Ansprüche zu Ziffer 1</span> ist die Klägerin gemäß § 265 Abs. 2 ZPO nach wie vor berechtigt, als Prozessstandschafter die Forderung trotz fehlender Sachbefugnis geltend zu machen. Dem Erfordernis einer Umstellung des Antrages auf Leistung an die Rechtsnachfolgerin hat die Klägerin bereits erstinstanzlich Rechnung getragen (Zöller-Greger, ZPO, 23. Auflage, § 265 Rz. 6).</p><p><rd nr="25"/>Hinsichtlich der mit dem <span style="text-decoration:underline">Klageantrag zu 2.</span> verfolgten Ansprüche greift die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO zwar nicht ein, da diese bereits vor deren Rechtshängigkeit an die Stadt abgetreten wurden. Infolge der Rückabtretung vom 30.09.1998, die als treuhänderische Zession zum Inkasso einzustufen ist, ist die Klägerin indes wieder Inhaberin des Vollrechts geworden. Ihre Prozessführungsbefugnis beruht daher auf eigener Sachlegitimation und nicht auf gewillkürter Prozessstandschaft (Zöller-Greger, ZPO, a.a.O., Vorbem. § 50 Rz. 51).</p><p><rd nr="26"/>II. Klageantrag zu 1:</p><p><rd nr="27"/>Ohne Rechtsfehler hat das LG die Haftung des Beklagten für die durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit den Eheleuten der Klägerin entstandenen Schäden,  wie sie Gegenstand ihrer Darlegung gemäß Schriftsatz vom 10.11.1997 (Bl. 259 ff d.A., 267, 268 d.A.) sind, bereits dem Grunde nach verneint. Den Ausführungen des Landgerichts ist insoweit zuzustimmen. Auch das zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin veranlasst nicht zu einer ihr günstigeren Entscheidung.</p><p><rd nr="28"/>Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).</p><p><rd nr="29"/>Die allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen der §§ 635, 636 Satz 2, 326 Abs. 1 BGB a.F. scheitern bereits daran, dass der Beklagte sich im Rahmen des mit der  Klägerin abgeschlossenen Architektenvertrages nicht zur Einhaltung eines bestimmten Fertigstellungstermines verpflichtet hatte und ihm der aus der mangelnden Bezugsfertigkeit des Objektes zum 30.09.1995 entstandene Schaden in seiner konkreten Ausgestaltung nicht zuzurechnen ist.</p><p><rd nr="30"/>a) Allein der Umstand, dass das Objekt zum 30.09.1995 nicht fertiggestellt war, vermag eine schuldhafte Verletzung der dem Beklagten als Planer und Objektüberwacher obliegenden Pflichten nicht zu begründen. Der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag enthält keinen für die zunächst vorgesehene Art der Bauausführung vereinbarten Fertigstellungstermin. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Veräußerung des Anwesens an die Eheleute und die beabsichtigte Fertigstellung zum 30.09.1995 bereits in diesem frühen Stadium Gegenstand der Planung war oder gar hätte sein müssen. Hiergegen spricht bereits maßgeblich, dass bei Abschluss des Architektenvertrages am 27.05.1993 vorgesehen war, in dem Anwesen verschiedene Wohnungen zu errichten, die als öffentlich geförderter Wohnraum von der Klägerin hätten vermietet werden sollen (Schriftsatz der Klägerin vom 10.11.1997, Bl. 263 d.A.). Etwaige Fehler in der zeitlichen Koordinierung der Bauausführung in diesem Zusammenhang sind weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.</p><p><rd nr="31"/>Die vorgetragenen Fakten rechtfertigen zudem nicht die Annahme, dass der Beklagte aufgrund späterer vertraglicher Vereinbarungen mit der Klägerin am 01.10.1995 mit der Fertigstellung des Objektes in Verzug geraten ist. Soweit die Klägerin ihr zunächst unsubstantiiertes Vorbringen, der Termin der Bezugsfertigkeit sei mit dem Beklagten abgesprochen worden (Bl. 3 d.A.), dahingehend konkretisiert hat (Bl. 260 d.A.), dass dem Beklagten bereits am 16.05.1995 eine Art Leistungsverzeichnis zugefaxt worden sei, welches das Fertigstellungsdatum 01.09.1995 enthielt (Bl. 408 ff d.A.), lässt sich daraus in rechtlicher Hinsicht nicht folgern, dass der Beklagte es sodann gegenüber der Klägerin in verbindlicher Weise übernehmen wollte, das Objekt bis zum 30.09.1995 mängelfrei fertigzustellen, zumal zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Schreibens  der Kaufvertrag mit den Eheleuten noch nicht abgeschlossen war. Eine auch nur konkludente Vereinbarung eines Fertigstellungstermines kann hierin auch nach Auffassung des Senates keinesfalls erblickt werden.</p><p><rd nr="32"/>Auch die von der Klägerin behauptete bloße Erklärung des Beklagten, „der ihm genannte Fertigstellungstermin stelle kein Problem dar“, kann nicht dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte eine vertragliche Verpflichtung zur Fertigstellung des Bauwerks bis zu diesem Zeitpunkt mit den hieraus für ihn als Architekten resultierenden Konsequenzen eingegangen ist (§§ 133, 157 BGB). Vielmehr kann eine solche Bemerkung auch in dem Sinne ausgelegt werden, dass gemessen am bisherigen Baufortschritt Bedenken gegen die Fertigstellung des Anwesens zum 30.09.1995 nicht bestanden.  Dass für den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt bereits hinreichend erkennbar war, dass die Fertigstellung des Anwesens bis zu dem vorgesehenen Termin nicht möglich sein konnte, lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Allenfalls dann hätte der Beklagte Bedenken anmelden müssen und würde eine entsprechende Unterlassung gegebenenfalls eine Verletzung seiner Pflichten als Architekt darstellen.</p><p><rd nr="33"/>b) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin würde aber auch an der erforderlichen Kausalität zwischen der verspäteten Herstellung des Werkes und dem durch die Aufhebung des Kaufvertrages verursachten Schaden scheitern. Anerkanntermaßen wird der Kausalverlauf durch eigene Willensentschlüsse  des Verletzten unterbrochen, wenn nicht die Handlung des Verletzten durch ein haftungsbegründendes Ereignis herausgefordert wird (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Vorbem. § 249 Rz. 77 ff). Dies ist zwar dann nicht der Fall, wenn der Geschädigte in vertretbarer Würdigung der Sach- und Rechtslage einen Vergleich oder eine Abfindungsvereinbarung schließt. Die insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, wonach die Eheleute gegenüber der Klägerin nicht mit Erfolg einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 636 Satz 2, 326 Abs. 1, 635,634 BGB ) hätten geltend machen können, macht der Senat sich uneingeschränkt zu eigen und nimmt auf diese zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug.</p><p><rd nr="34"/>Die Klägerin vermag sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte sei in die Verhandlungen mit den Käufern einbezogen worden, er habe eine Rückabwicklung geradezu begrüßt (Bl. 507, 601 d.A.). Selbst wenn der Beklagte keine Einwände gegen eine Rückgängigmachung des Vertrages erhoben hatte, kann dieses Verhalten nicht als Eingeständnis eigener Fehler des Beklagten gewertet werden. Jedenfalls kann dem ein Erklärungswert des Inhalts, dass er die schadensrechtlichen Konsequenzen einer Aufhebung des Vertrages als adäquate Folge einer <span style="text-decoration:underline">eigenen</span> Haftung ohne weiteres anerkennen wollte, nicht beigemessen werden.</p><p><rd nr="35"/>c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, - ohne dass dem streitentscheidende Bedeutung zukommt -, dass zudem der geltend gemachte Schaden zu einem Großteil der schlüssigen Darlegung entbehrt (Bl. 267 ff d.A.). Grundsätzlich ist der Geschädigte gehalten, den ihm entstandenen Schaden - von den Ausnahmefällen zulässiger  abstrakter Schadensberechnung abgesehen - konkret darzulegen. Im Streitfall legt die Klägerin indes ihrer Schadensberechnung zugrunde, dass der Kaufvertrag nicht aufgehoben wurde, vielmehr die Käufer den Weg der Mängelbeseitigung gewählt hätten. Eine Abrechnung des Schadens auf der Grundlage dieses hypothetischen Kausalverlaufs kann allerdings lediglich dann als zulässig erachtet werden, wenn die auf dieser Basis geltend gemachten Kosten die konkret verursachten Kosten nicht überschreiten. Eine vergleichende Schadensberechnung, die eine dahingehende Beurteilung zuverlässig erlaubt, hat die Klägerin nicht dargelegt. In diesem Zusammenhang ist auch die Höhe des mit den Käufern vereinbarten Aufhebungsbetrages von 140.000 DM und dessen Angemessenheit in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt.</p><p><rd nr="36"/>2. Klageantrag zu 2.</p><p><rd nr="37"/>Der Beklagte haftet der Klägerin jedoch wegen mangelhafter Bauplanung und Bauaufsicht auf Ersatz erforderlicher Mängelbeseitigungskosten bzw. in Ansatz zu bringender Minderungsbeträge gemäß §§ 635, 634 BGB a.F. in Höhe eines Betrages von 17.708,49 EUR ( = 34.634,79 DM).</p><p><rd nr="38"/>a. Der mit dem Beklagten geschlossene Architektenvertrag umfasste die in § 2 beschriebene Planungstätigkeit, die örtliche Bauaufsicht und Objektbetreuung und war rechtlich als Werkvertrag einzuordnen (BGHZ 31, 224; Heiermann, Wedel, Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., Einf. zu B § 13 Rz. 27 ff m.w.N.). Dem Beklagten oblag mithin neben seiner Verpflichtung, dem Auftragnehmer einwandfreie Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die Arbeiten des Bauunternehmers und der Übrigen am Bau Beteiligten so zu leiten und zu kontrollieren, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Baumängeln zur Vollendung kam. Er hat demnach für diejenigen  Mängel des Bauwerkes einzustehen, die durch eine objektiv mangelhafte Erfüllung seiner Planungs- und/oder Überwachungsaufgabe verursacht wurden (BGHZ 82,100,105; OLG München NJW-RR 1988, 336). Diese von  dem Beklagten im Rahmen der Planung und Überwachung übernommenen Aufgaben waren Hauptpflichten. Ihre Nichterfüllung stellt einen Mangel des Architektenwerks dar und führt zu Schadensersatzansprüchen nach § 635 BGB (BGH NJW 1987, 2743; Jagenburg, in Binghardt-Jagenburg, Die Haftung des Architekten, 8. Aufl., § 4 Rn. 28,52).. Dabei hat grundsätzlich der geschädigte Bauherr den Planungsfehler oder die Verletzung der Objektüberwachungspflicht und deren Ursächlichkeit für den Bauwerksmangel darzulegen und zu beweisen. Allerdings können dem Bauherrn Erleichterungen hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zugute kommen (Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rz. 564 ff; Ingenstau-Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 13 Rz. 25). Unter Berücksichtigung der klägerseits vorgelegten Gutachten des Sachverständigen (Bl. 9 bis 178 d.A.), die eine detaillierte Aufstellung der einzelnen Mängelpositionen und im Weiteren sachverständige Darlegungen zu der jeweiligen Verantwortlichkeit des Architekten und/oder des Bauunternehmers enthalten, hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts ihrer Substantiierungslast genügt. Die Bezugnahme auf die von einem anerkannten Sachverständigen erstellten Gutachten war insoweit zulässig und zur Darlegung konkreter Fehlleistungen  des Beklagten ausreichend. Aufgrund der einsichtigen Ausführungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung des Senates fest, dass das in Rede stehende Objekt nach wie vor mit Mängeln behaftet ist, die dessen Tauglichkeit als Wohnhaus erheblich beeinträchtigen, und auf einer mangelhaften Erfüllung der dem Beklagten obliegenden Architektenaufgaben beruhen.</p><p><rd nr="39"/>b. Vergeblich beruft der Beklagte sich darauf, das an ihn gerichtete Schadensersatzbegehren im Rahmen des § 635 BGB scheitere bereits an der fehlenden Aufforderung zur Nachbesserung und Fristsetzung gemäß § 634 Abs. 1 Satz 2 BGB.a.F. Zwar ist grundsätzlich eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß §§ 635, 634 BGB a.F. Voraussetzung für alle Gewährleistungsansprüche; dem Auftragnehmer soll eine letzte Gelegenheit eingeräumt werden, das noch mit Mängeln behaftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen (BGH NJW-RR 1990, 787). Für den Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten mussten die förmlichen Voraussetzungen des § 635 BGB a.F. indes nicht vorliegen. Nach der Rechtsprechung besteht kein Nachbesserungsanspruch des Bauherrn und keine Nachbesserungspflicht des Architekten, wenn das nicht als körperliche Sache geschuldete Bauwerk bereits fertiggestellt ist. Soweit die Mängel des Bauwerkes auf Planungsfehlern beruhen, ist eine Nachbesserung objektiv nicht mehr möglich, da sich der Mangel - fehlerhafter Plan - bereits im Bauwerk verkörpert hat und durch Nachbesserung der Planung nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Auch soweit die Mängel auf Überwachungsfehlern beruhen, gilt nichts anderes, da die fehlerhafte Aufsicht des Architekten sich bereits in dem Werk verkörpert hat. Das Architektenwerk als solches kann nach der Errichtung des Bauwerks nicht mehr nachgebessert werden; eine Nachbesserung in Bezug auf Aufsichtsfehler des Architekten ist vielmehr objektiv unmöglich (Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, a.a.O., Rz. 1507 ff; OLG München RR 1988, 338). Dass und in welcher Weise demgegenüber eine Nachbesserung im konkreten Falle möglich sein sollte, hat der Beklagte zudem nicht einmal vorgetragen. Soweit er eine mögliche Nachbesserung in der Einleitung und Überwachung von Mängelbeseitigungsarbeiten durch die jeweiligen Handwerksfirmen sieht, so war dem Beklagten hierzu, wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (Bl. 315      ff d.A.) ergibt, unzweifelhaft hinreichende Gelegenheit gegeben worden.</p><p><rd nr="40"/>c. Aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen die auf den tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen in dessen Gutachten vom 28.08.1996, 30.10.1997 und vom 06.02.1997 (Bl. 9 bis 178 d.A.) beruhen, erachtet der Senat hinsichtlich nachfolgender Mängelpositionen ein Versäumnis des Beklagten in Form eines Planungs- und/oder Überwachungsfehlers als nachgewiesen. In diesem Zusammenhang entbehrt das Vorbringen des Beklagten, der von ihm eingesetzte Mitarbeiter sei von der Bauleitertätigkeit ausgeschlossen gewesen, die festgestellten Mängel beträfen gerade solche Leistungen, die nicht mehr zum ursprünglichen Auftragsgegenstand gehörten, jeglicher Substanz. Insoweit hätte es konkreter Darlegung bedurft, welche konkreten Leistungsbereiche nachträglich ohne sein Zutun in welcher Weise verändert wurden. Der behauptete Ausschluss von der Bauleitertätigkeit steht im übrigen im Widerspruch zu seinem sonstigen Vorbringen, er habe sich aktiv in die Bemühungen um eine schnellstmögliche Nachbesserung der festgestellten Mängel eingeschaltet. Dem Einwand des Beklagten, die mit Schriftsatz vom 15.05.1998 (Bl. 433 ff d.A.) dargelegte Mängelaufstellung entspreche nicht mehr dem maßgeblichen aktuellen Stand, vielmehr seien zwischenzeitlich weitere Nachbesserungsarbeiten durch die jeweiligen am Bau beteiligten Firmen ausgeführt worden, hat der Sachverständige Rechnung getragen und im Rahmen seiner ergänzenden Begutachtung vom 29.01.2003 (Bl. 842 ff d.A.) berücksichtigt, ob die in dem früheren Gutachten festgehaltenen Mängelpositionen derzeit noch vorhanden und etwaige Minderungs- und Mängelbeseitigungsbeträge nach wie vor gerechtfertigt sind.</p><p><rd nr="41"/>aa) Hinsichtlich der Positionen 4.1.1, 4.2.2 bis 4.2.7, 4.3. sowie 5.1.1, 5.1.2.2, 5.1.2.3. und 5.1.4.3. (der Nummerierung  des Gutachtens des Sachverständigen vom 29.01.2003; Bl. 842 ff d.A. folgend) konnte nach Auffassung des Senates weder ein Planungs- noch ein Überwachungsverschulden des Beklagten festgestellt werden. Nach den Ausführungen des Sachverständigen bedürfen derartige Arbeiten keiner gesonderten Planung durch den Architekten. Von einer Fachfirma sei ohne weiteres zu erwarten, dass diese Arbeiten auch ohne Planung fach- und sachgerecht ausgeführt werden (Bl. 689 d.A.). Aus Sicht des Senates gehört auch das in Rede stehende Gewerk (Trockenausbau) nicht zu den wichtigen und kritischen Arbeiten, die eine gesteigerte Überwachung durch den Architekten erfordern. Der Umfang der Bauaufsichtspflicht lässt sich weder sachlich noch zeitlich generell bestimmen, sondern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Bedeutung und Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Arbeiten zu berücksichtigen (BGH NJW 1978, 322; BGHZ 68, 169). Übereinstimmung besteht darüber, dass den örtlichen Bauführer in Bezug auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen, einfachen Arbeiten keine Überwachungspflicht trifft (BGH NJW 1971, 1130). So liegt es auch hier. Der Beklagte brauchte nicht jeden Arbeitsvorgang zu kontrollieren und durfte sich  bis zu einem gewissen Grade auf die zuverlässige und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen. Dem stehen die Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung letztlich nicht in relevanter Weise entgegen. Die Frage eines eventuell insoweit in Betracht kommenden Überwachungsverschuldens des Beklagten vermochte der Sachverständige nicht in eindeutiger Weise zu beantworten. Seine  nicht im einzelnen  begründete Einschätzung, „der Architekt sei jedenfalls nicht von einer Haftung freizusprechen“, lässt sich auch mit der in anderem Zusammenhang geäußerten Auffassung in Einklang bringen, wonach auch derartige Mängel jedenfalls im Rahmen der Abnahme durch den Architekten festzustellen seien, der sodann auf eine entsprechende Nachbesserung hinzuwirken habe.</p><p><rd nr="42"/>Zwar ist zutreffend, dass der Beklagte im Rahmen der ihm obliegenden Objektüberwachung die optisch erkennbaren Mängel jedenfalls bei einer auch in größeren Abständen vorzunehmenden Baubegehung oder einer abschließenden Besichtigung feststellen mußte. Die sich hieraus ergebenden Pflichten hat der Beklagte indes nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin, wonach dieser in die Einleitung und Koordinierung der Nachbesserungsarbeiten eingebunden war, erfüllt, wie sich insbesondere aus den an die betreffenden Handwerker gerichteten Mängelbeseitigungsaufforderungen vom 28.11.1995 (Bl. 315 ff d.A.) ergibt.</p><p><rd nr="43"/>bb) Der mit der Position 4. (Dachgeschoss, Eingang zum Zimmer im Anbau) geltend gemachte Mangel rechtfertigt nach dem von dem Sachverständigen vorgefundenen Zustand noch eine Minderung in Höhe von 1.400 DM (netto). Dem Beklagten ist insofern ein Planungsverschulden anzulasten, da er versäumt hat, im Rahmen der Planung die für die Türöffnung maßgebenden Bauteile so zu bemessen und auszulegen, dass die Tür die erforderliche lichte Öffnung von 65 cm aufweist (Bl. 691, 844 d.A.).</p><p><rd nr="44"/>cc) Der Sachverständige hat in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Sachverständigen  die Treppe zum Obergeschoss (Position 4.2) als in erheblichem Maße mangelbehaftet bezeichnet und im Hinblick darauf die Erneuerung der Treppenkonstruktion als unabdingbar erachtet (im Einzelnen Bl. 22 bis 24, 692, 844, 845 d.A.). Insoweit hat der Sachverständige ein erhebliches Planungsverschulden des Beklagten bestätigt. Im Hinblick auf die Schadensträchtigkeit und besondere Wichtigkeit einer solchen Baumaßnahme steht auch ein Überwachungsverschulden des Beklagten außer Frage. Gleiches gilt hinsichtlich der Geschosstreppe zum Dachgeschoß (Position 4.2.2), bei der allerdings eine Überarbeitung zur Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes ausreichend ist. Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.12.2001 (Bl. 692 d.A.) einen Betrag von 1200 DM in Ansatz gebracht hat, handelte es sich wie durch ihn klargestellt (Bl. 928 d.A.), um einen Schreibfehler. Maßgeblich ist der von ihm nunmehr angegebene Mängelbeseitigungsaufwand von 3.200 DM hinsichtlich der Position 4.2.2 und in Höhe von 8.572 DM (jeweils netto) hinsichtlich der Position 4.2..</p><p><rd nr="45"/>Die gleichen Erwägungen gelten hinsichtlich der mangelhaften Treppen in der linken Wohnung des Objektes (Position 5.2.1 und 5.2.2). Insoweit hat der Sachverständige einen Mängelbeseitigungsaufwand von 6.872 DM (netto) und eine Wertminderung von 2.000 DM (netto) als angemessen erachtet (Bl. 705, 701, 853 d.A.).</p><p><rd nr="46"/>dd) Hinsichtlich der Mängelpositionen 4.3 und 5.3 (Fußboden-, Dielenarbeiten ;Bl. 845, 851 d.A.) hat der Sachverständige ein Planungsverschulden des Beklagten ausgeschlossen. Das Verlegen eines derartigen Bodens erfordere keine Detailzeichnungen, die fach- und sachgerechte Verlegung liege einzig im Verantwortungsbereich des Unternehmers. Im Ergebnis kann auch nicht von einem Überwachungsverschulden des Beklagten ausgegangen werden. Der Sachverständige hat bestätigt, dass es sich um einfachere handwerkliche Arbeiten handele, die ein Fachunternehmen auch ohne besondere Kontrolle während der  Ausführung vertragsgemäß zu erledigen habe. Davon, dass der Beklagte die an den Dielenböden vorhandenen Mängel im Rahmen einer abschließenden Begehung habe feststellen müssen, kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die von der Klägerin gerügte Schieflage der Dielenböden vermochte der Sachverständige, der gerade zu diesen Fragen über besonderen Erfahrungsschatz verfügt, nicht zu bestätigen. Feststellbar waren allerdings 1 bis 2 mm breite Fugen zwischen den einzelnen Dielen, die die zulässigen Toleranzen überschreiten. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass naheliege, dass die beschriebenen Fugen erst nach längerer Zeit durch ein Arbeiten des Holzes entstanden seien, so dass diese auch im Rahmen wiederkehrender Baustellenbesuche für den Beklagten nicht erkennbar waren. Unabhängig davon ist aber entscheidend, dass der Beklagte auch hinsichtlich der Mängel an den Parkettarbeiten entsprechende Aufforderungen zur Mängelbeseitigung an die ausführende Firma gerichtet hat (Bl. 359 ff d.A.). Der ihm obliegenden Verpflichtung, eine Endkontrolle vorzunehmen und hinsichtlich der erkennbaren Mängel eine entsprechende Nachbesserung in die Wege zu leiten, ist der Beklagte mithin nachgekommen.</p><p><rd nr="47"/>ee) Die Positionen 4.4 und 5.4 (Feuchteschäden) sind in Höhe von 1.160 DM und 1.538 DM (jeweils netto) gerechtfertigt.</p><p><rd nr="48"/>Aufgrund der sachverständigen Feststellungen ist das Feuchtwerden der Wände des Erdgeschosses darauf zurückzuführen, dass Feuchtigkeit vom Kellermauerwerk wegen einer fehlenden horizontalen Isolierung in das Mauerwerk des Erdgeschosses aufsteigt (Bl. 694 d.A.). Insoweit ist dem Beklagten anzulasten, im Rahmen der durchgeführten Sanierung nicht die erforderlichen Maßnahmen gegen Feuchtigkeit aus dem Erdreich (horizontale und vertikale Isolierung) getroffen zu haben. Der Sachverständige hat die zur Beseitigung der festgestellten Mängel anfallenden Kosten mit insgesamt 11.040 DM (netto) angegeben und diese im einzelnen aufgeschlüsselt. Der Ersatzanspruch des Auftraggebers ist aber stets um diejenigen (Mehr-)Kosten zu kürzen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vorne herein teurer gewesen wäre - sogenannte „Sowiesokosten“- (vgl. BGH Baurecht 1971, 60, 62; BGH NJW 1984, 1676). Ein Großteil der ermittelten Kosten sind unter diesem Aspekt nicht erstattungsfähig, da die Kosten der erforderlichen Abdichtungsarbeiten pp. auch dann zu Lasten der Klägerin angefallen wären, wenn diese im Rahmen der Sanierung des Objektes von vorne herein durchgeführt worden wären. Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen auch das Verlegen einer Drainage (Bl. 38 d.A.) und entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der Anhörung gegebenenfalls eine zweite Horizontalisolierung unterhalb der Kellerdecke einzubringen ist, denn auch insoweit würde es sich um originäre  Baukosten handeln. Auszuklammern sind allerdings die beiden letzten Positionen der Aufstellung des Sachverständigen (Bl. 847 d.A.) in Höhe von 560 DM und 600 DM (jeweils netto). Den tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen Horbach ist zu entnehmen, dass im Zuge der Sanierung des Objektes bereits ein neuer Außenputz angebracht worden war, der nunmehr abzuschlagen und auch zu erneuern ist. Diese wie auch die weiteren Arbeiten stellen sich  als besondere, durch die Nachbesserung verursachte Kosten dar und sind der Klägerin daher zu erstatten.</p><p><rd nr="49"/>Den von dem Sachverständigen in Ansatz gebrachten Aufwand für die Austrocknung der Wände im Anbau, Erdgeschoß und Kellergeschoß durch Kondens- und Absorptionstrockner (Bl. 34 d.A.) hat der Sachverständige als nicht erforderlich angesehen. Unabhängig davon, dass eine Austrocknung der Wände - so der Sachverständige (Bl. 928, 929 d.A.) - ohnehin auf natürliche Weise nach einem gewissen Zeitraum eintrete, ist zu berücksichtigen, dass die betroffenen Wände mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vor der Umbaumaßnahme feucht waren. Dem Gutachten ist zudem zu entnehmen, dass eine solche Maßnahme im damaligen Zeitpunkt im Blick auf eine Vermietung der Räumlichkeiten als erforderlich angesehen wurde. Dass eine solche beschleunigte Austrocknung der Räume im Wohnbereich infolge der aufsteigenden Feuchtigkeit auch derzeit erforderlich ist, belegen die sachverständigen Darlegungen nicht hinreichend. Hiergegen spricht maßgeblich das von der Klägerin selbst vorgelegte Gutachten des Sachverständigen (Bl. 763 ff d.A.), aus dem sich eine Feuchtigkeit der Wohnräume in einer Weise, die den Einsatz von Kondens- oder Absorptionstrockner erforderlich machen würde, nicht entnehmen lässt. Soweit im Innenbereich des Erdgeschosses entsprechende Sanierungsarbeiten erforderlich sein sollten, sind hieraus resultierende Kosten nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Wie sich dem Gutachten des Sachverständigen vom 28.08.1996 (Seite 31 des Gutachtens; Bl. 39 d.A.) entnehmen lässt, bezieht sich die weiter geltend gemachte Position Verputz- und Anstreicherarbeiten in Höhe von 2.596 DM ausdrücklich auf den Außenputz. Einer ergänzenden Begutachtung zu eventuell im Innenbereich des Erdgeschosses anfallenden Sanierungsarbeiten bedurfte es daher nicht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das erwähnte Gutachten des Sachverständigen zudem völlig andere Ursachen der in den Räumlichkeiten aufgetretenen Feuchteschäden (Pilzbildung) ausweist.</p><p><rd nr="50"/>Zugunsten der Klägerin ist mithin lediglich ein Betrag in Höhe von 1160 DM (560 DM + 600 DM) netto in Ansatz zu bringen. Hinsichtlich der hier korrespondierenden Position 5.4 (Feuchteschäden im Bereich der linken Wohnung) gelten die gleichen Erwägungen. Die von dem Sachverständigen angegebenen Mängelbeseitigungskosten von 2.500 DM stellen nicht berücksichtigungsfähige „Sowiesokosten“ dar. Im Hinblick darauf, dass auch in diesem Bereich der Außenputz im Zuge der Sanierung neu angebracht worden war, waren die Kosten für das Abschlagen und Erneuern des Außenputzes wie auch des Anstreichens der Wandflächen in Anpassung an die vorhandene Farbe entsprechend dem im Gutachten ausgeworfenen Betrag in Höhe von 1538 DM (netto) in Ansatz zu bringen (Bl. 702 d.A.).</p><p><rd nr="51"/>ff) Hinsichtlich der Position 4.5.2, und 4.5.3 (Fenster, Innentüren fertigstellen u.a.) sowie 4.5.8 und 5.4.6 (Außenputz Straßenseite; Restarbeiten an Dachgauben) besteht eine Haftung des Beklagten auch nicht aus dem allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt der unzureichenden Bauüberwachung. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen zu den Positionen aa) und dd) verwiesen.</p><p><rd nr="52"/>gg) Die Position 4.5.6 (Heizungs- und Sanitärinstallation) ist in Höhe von 3.943,51 (brutto) DM gerechtfertigt. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, beruhen diese Mängel, die zwischenzeitlich beseitigt worden sind, auch auf einem Planungsverschulden des Beklagten (Bl. 696 d.A.). Die Klägerin hat nunmehr Rechnung der Firma vom 27.01.1997 in Höhe von 4.943,51 DM und Rechnung der Firma vom 22.4.1997 in Höhe von 884,35 DM (jeweils brutto) vorgelegt (Bl. 918, 919 d.A.) Der Sachverständige hat bestätigt, dass die dort aufgeführten Arbeiten die Behebung der Mängelposition 4.6. betrifft. Erstattungsfähig ist allerdings im Hinblick darauf, dass die in der Rechnung ausgewiesenen Kosten insgesamt und die in der  Rechnung enthaltenen Beträge in Höhe von  1000 DM Sowiesokosten darstellen, lediglich ein Betrag von 3.943,51 DM. Für die vergleichbare Mängelposition in der linken Wohnung (5.4.4 ) ist der in dem Gutachten angesetzte Betrag von 1218 DM und 498 DM, demnach 1716 DM (netto) gesondert in Ansatz zu bringen, da, wie der Sachverständige klargestellt hat die vorgelegten Rechnungen lediglich die Position 4.5.6 betreffen.</p><p><rd nr="53"/>hh) Hinsichtlich der Position 5.1.4.1 und 5.1.4.2 (Vorsatzschale Bad rechte und linke Wohnung) entfällt ein Kostenansatz , da der Sachverständige eine Mangelhaftigkeit der Arbeiten nicht feststellen konnte. Bei den geltend gemachten Kosten eines Wärmeschutzes der Kellerdecken (Postion 5.4.7) handelt es sich unzweifelhaft um nichterstattungsfähige „Sowiesokosten“ (Bl. 853 d.A.).</p><p><rd nr="54"/>Nach alledem beläuft sich der der Klägerin zu erstattende Gesamtbetrag (brutto) auf 34.634,79 DM (= 17.708,49 EUR).</p><p><rd nr="55"/>Ob daneben Gewährleistungsansprüche gegen die jeweiligen Fachfirmen existieren, soweit die festgestellten Mängel auch auf Ausführungsfehlern beruhen, ist für vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang. Die Ansprüche des Auftraggebers gegen den Architekten und den Auftragnehmer wegen eines Baumangels sind gleichrangig und voneinander unabhängig (BGHZ 43, 227). Eine nur subsidiäre Haftung des Architekten besteht nicht. Es bleibt dem Auftraggeber grundsätzlich überlassen, ob er wegen des Mangels am Bauwerk den Auftragnehmer oder den Architekten, der seine Pflichten verletzt hat, oder beide in Anspruch nimmt (BGHZ 39,261).</p><p><rd nr="56"/>Zinsen kann die Klägerin lediglich in Höhe von 4 % ab dem 01.06.1998 (§§ 291,288 BGB a.F.) beanspruchen. Der darüber hinaus geltend gemachte Zinssatz entbehrt einer schlüssigen Darlegung und rechtfertigt sich auch nicht teilweise aufgrund der durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.03.2000 (BGBl I Seite 330) erfolgten Neuregelung des § 288 Abs. 1 BGB - der nunmehr durch das Schuldrechtmodernisierungsgesetz in § 288 BGB im Kern übernommen - da diese nach EG 229 § 1 Abs. 1 S. 3 erst für die seit dem 01.05.2000 fällig gewordenen Forderungen gilt. Für die seit dem 01.05.2000 bereits fälligen Forderung bleibt es bei dem bisherigen Zinssatz von 4 % (vgl. Palandt-Heinrichs BGB, 61. Aufl. § 288 Rz. 1 sowie Palandt-Heinrichs Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts 61. Aufl. § 288 Rz. 1).</p><p><rd nr="57"/>Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p><p><rd nr="58"/>Der Ausspruch zur Beschwer erfolgt im Hinblick auf § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.</p><p><rd nr="59"/>Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).</p>
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138,084
|
olgkarl-2003-08-12-1-ws-1403
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
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1 Ws 14/03
| 2003-08-12T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:43
| 2019-02-12T12:40:01
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Die Sache wird dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GVG zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:</p>
<p>Darf die Vollzugsbehörde die Anordnung eines Trennscheibeneinsatzes bei einem Verteidigerbesuch auf § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG stützen, um der konkreten, anderweitig nicht ausschließbaren Gefahr zu begegnen, dass der Strafgefangene seinen Verteidiger zwecks Freipressung als Geisel nimmt?</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Mit Verfügung vom 15.03.2002 lehnte die Justizvollzugsanstalt B. den Antrag des Strafgefangenen auf Aufhebung der Anordnung des Trennscheibeneinsatzes für den Besuch seines Verteidigers, Rechtsanwalt S., ab. Sein hiergegen gestellter Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 11.12.2002 als unbegründet zurück. Gegen diesen Beschluss hat der Strafgefangene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, die der Senat durch Beschluss vom 04.08.2003 zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Strafvollstreckungskammer ist der Auffassung, dass die Verfügung der JVA B. vom 15.03.2002 rechtmäßig sei, weil die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG als Rechtsgrundlage für den Trennscheibeneinsatz erfüllt seien. Aufgrund einer umfassenden, rechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung, in die insbesondere die Äußerungen des Strafgefangenen in Briefen gegenüber verschiedenen - auch im öffentlichen Leben stehenden - Personen und die vom ihm begangenen Straftaten einbezogen wurden, kommt die Strafvollstreckungskammer zu dem Ergebnis, dass die konkrete - effektiv nur durch Anordnung des Trennscheibeneinsatzes vermeidbare - Gefahr bestehe, dass der Strafgefangene bei einem Besuch ohne Trennscheibeneinsatz seinen Verteidiger zum Zwecke der Freipressung als Geisel nimmt. Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG sei rechtlich möglich, weil §§ 27 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 3, 29 Abs.1 StVollzG, § 148 Abs. 2 StPO zwar eine besondere Regelung i.S. dieser Vorschrift sei, jedoch hierdurch die Anwendung der Vorschrift auf die vorliegende Fallgestaltung (Schutz des Verteidigers vor einer Geiselnahme durch seinen Mandanten) nicht ausgeschlossen sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
II. Der Senat möchte die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen unter Bejahung der gestellten Rechtsfrage verwerfen. Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich, weil dem Rechtsmittel nicht aus anderen Gründen stattgegeben werden könnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die übrigen Rügen des Strafgefangenen greifen nicht durch. Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor; im übrigen kann der Aufenthalt des Anstaltsleiters am 24.01.2002 in der Zelle des Strafgefangenen (mit mehreren Bediensteten vor der unverschlossenen Haftraumtür) nicht mit einem Besuch seines Verteidigers, der optisch und akustisch nicht überwacht wird, verglichen werden. Soweit der Strafgefangene rügt, die Strafvollstreckungskammer habe fehlerhaft der JVA einen Ermessensspielraum zugestanden, ist dies nicht zutreffend. Die Strafvollstreckungskammer hat zunächst das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG (ohne Zubilligung eines Beurteilungsspielraums) bejaht; anschließend hat sie auf der Rechtsfolgenseite („... dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden ...“) die getroffene Maßnahme im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessensspielraumes insbesondere unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geprüft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
III. Der Senat sieht sich jedoch an der Verwerfung der Rechtsbeschwerde durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17.02.1981 (BGHSt 30, 38 = NJW 1981, 1222 = NStZ 1981, 236) und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.06.2000 (StV 2001, 39) gehindert, weil in beiden Entscheidungen die Rechtsauffassung vertreten wird, dass die Vollzugsbehörde
<span style="text-decoration:underline">nur</span>
bei einem Strafgefangenen, der eine Strafe wegen einer Straftat nach § 129a StGB verbüßt oder bei dem im Anschluss an die vollzogene Strafe eine Freiheitsstrafe wegen einer solchen Straftat vollstreckt werden soll, anordnen darf, dass bei dem Besuch des Verteidigers eine Vorrichtung benutzt werden muss, welche die Übergabe von Schriftstücken und anderen Gegenständen ausschließt. Die Auslegung, dass ein Rückgriff auf § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG im Hinblick auf die Spezialregelung bei Verteidigerbesuchen in allen übrigen Fällen rechtlich nicht zulässig ist, ergibt sich sowohl aus den Leitsätzen wie aus den Gründen der beiden Entscheidungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Dabei übersieht der Senat nicht, dass beiden Fällen jeweils andere Sachverhaltsgestaltungen zugrundelagen, weshalb fraglich sein könnte, ob die gestellte Rechtsfrage bindend entschieden wurde (BGHSt 18, 324, 326; KK-Hannich § 121 Rdnr. 38 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat jedoch in seiner Entscheidung auch ausgeführt, dass die Sonderregelung des § 27 Abs. 4 Satz 2 StVollzG es nicht zulasse, aufgrund des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG die Benutzung eines Raumes mit einer Trennscheibe anzuordnen, wenn bestimmte Tatsachen den konkreten Verdacht erkennen lassen, dass der Besuch des Verteidigers zu verteidigungsfremden Zwecken missbraucht wird. Da eine Geiselnahme des Verteidigers einen (einseitigen) Missbrauch des Verteidigerbesuchs durch den Strafgefangenen zu verteidigungsfremden Zwecken darstellt, ist der Senat der Auffassung, dass der Bundesgerichtshof die gestellte Rechtsfrage mit bindender Wirkung entschieden hat und entscheiden wollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Auch der Gesetzgeber hat die Entscheidung in diesem Sinne, dass nämlich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus für alle denkbaren Konstellationen gilt, verstanden. Der Bundesrat hat bei den Beratungen über das StVÄG 1987 vorgeschlagen, den Anstaltsleiter zu ermächtigen, die Verwendung von Trennscheiben bei Verteidigerbesuchen anzuordnen, „wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich ist“. In diesen Fällen sollte die Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen „auf andere Weise“ ermöglicht werden (BT-Dr. 10/1313 S. 57). Der Bundesrat hat seinen Vorschlag damit begründet, in der Praxis bestünde „ein dringendes Bedürfnis dafür, dass auch in anderen Fällen als nach § 129a StGB bei besonders gefährlichen Straftätern die Verwendung von Trennvorrichtungen bei Verteidigerbesuchen angeordnet werden kann“. Die Bundesregierung ist dem Antrag unter Hinweis „auf den hohen Wert des freien Verkehrs zwischen dem Strafgefangenen und seinem Verteidiger“ entgegengetreten (BT-Dr. 10/1313, S. 61). Damit geht ersichtlich auch der Gesetzgeber - in Übereinstimmung mit der Kommentarliteratur (KK-Laufhütte StPO 5.Aufl. § 148 Rdnr 12; LR-Lüderssen 25.Aufl. § 148 Rdnr. 32; AK-StVollzG-Joester/Wegner 4.Aufl. § 27 Rdnr. 10; Schwind/Böhm StVollzG 3.Aufl. § 27 Rdnr. 13; Calliess/Müller-Dietz StVollzG 9.Aufl. § 27 Rdnr. 9) - davon aus, dass - entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs -
<span style="text-decoration:underline">allein</span>
aus den in § 148 Abs. 2 StPO genannten Gründen eine Trennscheibenanordnung bei Verteidigerbesuchen angeordnet werden kann, solange nicht dem Verteidiger seine Stellung entzogen worden ist oder seine Rechte für ruhend erklärt worden sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Senat hält die Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs für zu weit gehend und ist der Auffassung, dass zumindest in den Fällen, in denen die konkrete Gefahr besteht, dass der Verteidiger bei einem Besuch des Strafgefangenen als Geisel genommen werden kann, die Anordnung des Trennscheibeneinsatzes auf § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG gestützt werden kann (offengelassen BVerfG B. v. 24.10.2002 - 2 BvR 778/02). In einem solchen Fall richtet sich die beschränkende Maßnahme nämlich nicht gegen den Verkehr zwischen Verteidiger und Strafgefangenen, sondern schützt diesen, indem sie geeignet ist, wirksam einen Angriff auf das Leben und den Körper des Verteidigers sowie - daraus folgend - auf die Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt zu verhindern.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
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138,085
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olgstut-2003-08-12-1-ws-19503
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"id": 147,
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1 Ws 195/03
| 2003-08-12T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:44
| 2019-02-12T12:40:01
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde des Angeklagten S. gegen die Verfügung der Vorsitzenden der 11. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2003 wird als unbegründet</p>
<p>verworfen.</p>
<p>Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der wegen mehrfacher Umsatzsteuerhinterziehung und wegen mehrfachen Betruges angeklagte, inzwischen - nicht rechtskräftig - zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilte Beschwerdeführer sieht seine Verteidigung dadurch behindert, dass ihm die Benutzung eines Laptops oder PCs in der Untersuchungshaftanstalt mit der angefochtenen Verfügung versagt wurde.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beschwerde des Angeklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat es die Vorsitzende der mit der Sache befassten Wirtschaftsstrafkammer abgelehnt, dem Angeklagten die Benutzung der erwünschten Datenverarbeitungsanlagen in der Untersuchungshaftanstalt zu gestatten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Für private, über die Briefkontrolle (§§ 119 Abs. 3, 126 Abs. 2 StPO) laufende Schreiben ist der Angeklagte mit einer normalen Schreibmaschine - wie dem Senat aus dessen umfänglichen Beschwerdeschriftsätzen bekannt ist - hinreichend ausgerüstet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
2. Es entspricht nahezu einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. KG ZfStrVo 2003, 117; OLG Hamm - 3. Strafsenat - StV 1997, 199; OLG Düsseldorf NStZ 1999, 271) und in der Literatur (Boujong in Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Auflage, § 119 Rdn. 64; Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 119 Rdn. 29; Lemke in Heidelberger Kommentar, StPO, 3. Auflage, § 119 Rdn. 42), dass die Benutzung eines Computers oder Laptops in der Untersuchungshaftanstalt die Anstaltsordnung gefährdet, weil ein unerlaubter Diskettenaustausch nicht auszuschließen ist; auch läuft die Benutzung derartiger Datenverarbeitungsanlagen dem Zweck der Untersuchungshaft, die Flucht des Untersuchungsgefangenen zu verhindern (§§ 119 Abs. 3, 126 Abs. 2 StPO) zuwider, weil weder die gespeicherten Daten noch die Speicherungsmedien (Disketten oder CD-Rom) noch deren Verbleib in der Anstalt hinreichend kontrolliert werden können. Die Anstaltsbediensteten sind hierzu - wie die Leitung der Justizvollzugsanstalt S. mitgeteilt hat - mangels entsprechender Spezialkenntnisse nicht in der Lage; der Einsatz von EDV-Fachleuten zur regelmäßigen oder wenigstens stichprobenweisen Kontrolle der EDV-Geräte ist der Anstalt weder möglich noch zumutbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die seltenen von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen betreffen andere Sachverhalte als den vorliegenden. In dem vom OLG Koblenz (StV 1995, 86) entschiedenen Fall, in dem die Benutzung eines Laptops gestattet wurde, waren umfängliche Rechenoperationen erforderlich, die auch die Staatsanwaltschaft und das Gericht nur mit Hilfe einer EDV-Anlage bewältigen konnte. In dem vom OLG Hamm - 1. Strafsenat - (NStZ 1997, 566) entschiedenen Fall wurde zwar die Computerbenutzung in der Untersuchungshaftanstalt genehmigt, jedoch zur Sicherung des Haftzwecks das Diskettenlaufwerk ausgebaut und der Computer nur mit einer Festplatte betrieben; aus Gründen des Vertrauensschutzes konnte dem Untersuchungsgefangenen seine bereits bisher auf elektronische Datenverarbeitung gestützte Verteidigung nicht rückwirkend entzogen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Ein derartiger Ausnahmefall liegt beim Beschwerdeführer S. nicht vor. Bei ihm ist vielmehr eine erhöhte Missbrauchsgefahr gegeben, weil er bereits früher - bis zur Entdeckung im Februar 2003 - Kassiber, die auch Anweisungen für Fluchtvorbereitungen an seine Ehefrau enthielten, mit Hilfe einer nicht ermittelten Person aus der Untersuchungshaftanstalt herausgeschmuggelt hat. Überdies hat er nach Mitteilung der Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer von 1177 ihm überlassenen Fahrzeugmappen, die die Identität und den wechselnden Verbleib von verfahrensgegenständlichen Fahrzeugen der Marke dokumentierten, 237 Mappen nicht an das Gericht zurückgegeben. Seine persönliche Verlässlichkeit muss daher als gering eingestuft werden; der Missbrauch einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage wäre bei ihm mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
3. Die Zulassung eines Laptops oder PCs war beim Beschwerdeführer, der mangelnde Waffengleichheit mit den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden sowie mit dem Gericht beklagt, zur sachgerechten Verteidigung auch nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer war auch ohne Hilfe eines solchen EDV-Geräts in der Lage, seine Verteidigung - soweit diese nicht ohnehin in der Hand seiner Verteidiger lag - in der 11-monatigen Hauptverhandlung in wirksamer Weise zu betreiben. Mit Hilfe der ihm bereits im Januar 2003 überlassenen Stehordner und Fahrzeugmappen war er ohne weiteres im Stande, aufgrund der 17-stelligen Fahrzeug-Ident-Nummer die Fahrzeuge und ihren wechselnden Verbleib zu ermitteln. Die Fahrzeugausstattung ergibt sich aus den Nummern nicht und ist auch nicht auf verfahrensgegenständlichen elektronischen Datenträgern erfasst; sie ergibt sich lediglich aus den in Papierform als Aktenbestandteil vorliegenden Rechnungen für jedes Fahrzeug. Die für die Fahrzeuge nach der Aussage der Zeugin B. durchschnittlich gewährten Nachlässe in den Jahren 1999 bis 2001 waren in einer Tabelle enthalten, die die Wirtschaftsstrafkammer in Papierform allen Verfahrensbeteiligten überlassen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Damit wird klar, dass ein mit konventionellen Mitteln angestellter Vergleich der Daten, für den der Beschwerdeführer von Januar 2003 bis Juni 2003 reichlich Zeit hatte, einen Vergleich mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage an Zuverlässigkeit und Übersichtlichkeit übertroffen hätte, da die naheliegende Möglichkeit entsprechender Eingabefehler ausgeschlossen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat trotz seines umfänglichen Vortrags nicht konkret darzulegen vermocht, welche - erhofften - Fakten er aus den ihm (in Kopie) überlassenen Aktenteilen und urkundlichen Beweismitteln mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage noch hätte heraussuchen, welche etwaigen Schlüsse er im Erfolgsfalle hätte ziehen und welche etwaigen Anträge er sodann hätte stellen wollen. Sein diesbezüglicher Vortrag verliert sich in abstrakten Vermutungen, die nicht von der Sorge um seine effektive Verteidigung, sondern von seinem generellen - unbegründeten - Misstrauen gegen die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte gekennzeichnet sind.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
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138,086
|
olgkarl-2003-08-12-17-u-18802
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{
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17 U 188/02
| 2003-08-12T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:45
| 2019-02-12T12:40:02
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil- und Grundurteil des LG Mannheim vom 20.8.2002 - 3 O 95/99 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Sache wird zur Entscheidung über die Schadenshöhe und über die Widerklage an das LG Mannheim zurückverwiesen.</p>
<p>3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>5. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Berufung der Beklagten betrifft ein Teil- und Grundurteil, durch welches sie dem Grunde nach verpflichtet wurde, der Klägerin Schäden im Zusammenhang mit der Errichtung einer Rampe sowie eines Balkon- und Terrassengeländers zu ersetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Zwischen dem Bauherrn - dem Diakoniewerk des Kirchenkreises M. e.V. - und der Klägerin wurde am 10.6.1994 ein Architektenvertrag über die Errichtung des Altenpflegeheims „H.” in L. abgeschlossen. Mit Vertrag vom 19.1./26.1.1995 übertrug die Klägerin die Leistungsphasen 1-4 gem. § 15 HOAI an das Architektenbüro J., W. Mit der Beklagten schloss die Klägerin am 23.8.1995 einen Vertrag, mit dem die Beklagte u.a. bezüglich der Objektplanung Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten die Leistungsphasen 5 - 9 gem. § 15 HOAI übernahm. Nach § 3.6.1 des Vertrages verpflichtete sich die Beklagte, im Rahmen der von ihr zu erbringenden Leistungen zu überprüfen, ob die Detailplanung den allgemeinen anerkannten Regeln der Baukunst und den technischen Vorschriften in ihrer jeweils n.F. sowie den behördlichen Auflagen entspricht. Nach § 9.3 der Vereinbarung sollte die Haftung der Beklagten nicht durch die Mitwirkung der Klägerin bei der Planung eingeschränkt werden, es sei denn, die Beklagte macht unverzüglich begründete Bedenken geltend. Die Beklagte übertrug die Leistungsphase 5 der Streithelferin, die ihrerseits wiederum teilweise die P.H. AG einschaltete. Mit Schreiben vom 3.6.1996 teilte die P.H. AG ggü. der Streithelferin mit, sie sei bisher davon ausgegangen, dass der Hausmeister die Standardmülltonnen bis zur Straße bringe. Zwischenzeitlich habe sie von der Klägerin erfahren, dass Müllfahrzeuge bis unmittelbar vor die Durchfahrt fahren sollten, um größere Container zu entleeren, was nicht machbar sei. Das Befahren der Durchfahrt sei nur für kleine Fahrzeuge möglich, weil die erforderlichen Mindestradien der Straßenkrümmung aufgrund des knappen Abstandes zur Grundstücksgrenze nicht eingehalten werden könnten. Die Anfahrt bis unmittelbar vor die Durchfahrt sei zwar machbar, aber die Entleerung größerer Container nicht möglich, da die Rampe bereits in der Durchfahrt beginne. Die Container müssten folglich über die (extrem steile) Rampe vor die Durchfahrt transportiert werden, was der Hausmeister nur mit maschineller Hilfe schaffen könne. Im Winter sei die steile Rampe nicht geeignet. Von diesem Schreiben wurden nachrichtlich auch die Klägerin, die Beklagte und der Bauherr durch die P.H. AG informiert. Mit Telefax vom 4.6.1996 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und fragte an, wieso die Rampe in der Form geplant worden sei, wenn sie angeblich für Entsorgungsfahrzeuge nicht genutzt werden könne. Mit Antwortschreiben vom 10.6.1996 teilte die Klägerin mit, dass der Müllraum ein Geschoss nach oben in den derzeitigen Hausmeisterraum verlegt werden müsse, falls die Rampe nicht für Müllfahrzeuge befahrbar sei und Großcontainer gewünscht werden. Daraufhin setzte sich die Beklagte telefonisch mit der Klägerin in Verbindung und fragte an, wer entscheide, ob der Müllraum ein Geschoss nach oben verlegt werde, da dies eine Planungsänderung der von der Klägerin selbst zu erbringenden Leistungsphasen 3 und 4 gem. § 15 HOAI erfordert hätte. Nachdem die Beklagte angeblich keine verwertbare Auskunft von der Klägerin erhielt, wandte sie sich mit Schreiben vom 12.6.1996 unmittelbar an den Bauherrn und bat bis 17.6.1996 um Entscheidung. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass bei Fristablauf die vorliegende Ausführungsplanung bestehen bleibe. Mit Schreiben vom 14.6.1996 teilte der Bauherr der Klägerin mit, dass es nach Auskunft des Entsorgers für Müllfahrzeuge sehr eng werde. Eine Müllraumverlegung nach oben in den Hausmeisterraum sei nicht mehr möglich, da die Planung bereits abgeschlossen sei. In der Folgezeit erhielt die Beklagte weder vom Bauherrn noch von der Klägerin eine Mitteilung, wie bezüglich der Rampe zu verfahren sei. Daraufhin wurden die Arbeiten auf der Grundlage der bisherigen Planung fortgeführt. Nachdem die Rampe Anfang Juli 1997 - allerdings noch ohne Belag - fertiggestellt war, wandte sich die Beklagte erneut an die Klägerin und teilte mit, dass eine Ausführung so möglich, die Nutzung jedoch in Frage gestellt sei. Erst im Herbst 1997 kam es dann zu einer Besprechung zwischen dem Bauherrn, den planenden Architekten sowie den ausführenden Bauunternehmen. Anlässlich dieser Unterredung wurden Verbesserungsvorschläge seitens der Geschäftsführer der Klägerin unterbreitet, die im Wesentlichen auch ausgeführt wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nach der - unstreitig anwendbaren - Anordnung über den Bau und Betrieb von Garagen des Landes S.-A. dürfen derartige Rampen maximal eine Neigung von 15 % aufweisen. Tatsächlich beträgt die Rampenneigung im vorliegenden Fall mindestens 17,81 %. Allerdings wurde auf der Grundlage der Genehmigungsplanung des Architektenbüros J. am 28.8.1995 die Baugenehmigung erteilt und lediglich in den Bedingungen und Auflagen zur Baugenehmigung vorgesehen, dass für die geplante rückwärtige Zufahrt bis zur Rohbauabnahme Unterlagen zur baulichen Ausführung zur Prüfung vorzulegen sind (vgl. Anlage 3 Ziff. 18 des Gutachtens J. vom 10.8.2000).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Weiterhin wurden die Geländer der Balkon- und Terrassenanlage nicht mit einer Absturzhöhe von mindestens 0,9 m ausgeführt. Diesen Mangel hat der Bauherr mittlerweile selbst beseitigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Klägerin hat ursprünglich Klage auf Feststellung erhoben, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Aufwendungen zu ersetzen, die wegen der Beseitigung der Mängel an der Abfahrtsrampe und an den Balkon- und Terrassengeländern entstehen. Am 5.3.2001 wurde zwischen der Klägerin und dem Bauherrn ein Vergleich zur Abgeltung sämtlicher noch vorhandener Streitpunkte geschlossen. Statt der durch Mahnbescheid geltend gemachten Restwerklohnforderung i.H.v. 339.394,92 DM zahlte der Bauherr an die Klägerin nur noch 87.000 DM. Nachdem die Beklagte diesen Vergleichsabschluss in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt hatte, bezifferte die Klägerin ihren Schaden mit 133.763,37 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus der Differenz der ursprünglichen Honorarrestforderung abzgl. des Vergleichsbetrages sowie zzgl. Rechtsberatungskosten zusammen. In der mündlichen Verhandlung vom 20.8.2002 wies das LG auf Bedenken gegen die klägerische Bezifferung des Schadens hin. Für erforderlich wurde gehalten, zur Schlüssigkeit der Klage jedenfalls im Groben den Schaden darzulegen, welcher der Klägerin bei der Umplanung oder dem Umbau entstanden wäre. Die Beklagte ihrerseits hat bereits im Juni 1999 Widerklage erhoben, die sie in der Folgezeit mehrfach erhöhte und mit der sie restliches Honorar verlangt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das LG gab der Klage dem Grunde nach statt, wobei wegen der genauen Formulierung auf Ziff. 1 des Tenors verwiesen wird. Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen aus, dass die Beklagte der Klägerin Schadensersatz gem. § 635 BGB a.F. wegen Verletzung der ihr übertragenen Bauaufsichtspflicht schulde. Zusätzlich zu der vertraglichen Regelung gehöre es zum allgemeinen Pflichtenkreis der Bauaufsicht, die vorliegende Planung auf eventuelle Fehlerhaftigkeit zu überprüfen, wobei diese Prüfung gerade dann besonders sorgfältig auszuführen sei, wenn - wie hier - die Planung nicht von dem aufsichtsführenden Architekten selbst stamme. Hiergegen habe die Beklagte in grober Weise verstoßen. Sie hätte nochmals Kontakt mit der Klägerin aufnehmen müssen und sie unmissverständlich auf die gravierenden Konsequenzen hinweisen müssen, die mit der Ausführung der vorliegenden Planung verbunden seien. Die Klägerin treffe auch kein Mitverschulden gem. § 254 BGB. Zwar wäre für sie die Mangelhaftigkeit der Planung erkennbar gewesen, wenn sie den Fortgang der Arbeiten hinreichend sorgfältig begleitet hätte. Gleichwohl überwiege die schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten so sehr, dass dabei ein eventuelles Mitverschulden der Klägerin zurücktrete. Entscheidend falle dabei ins Gewicht, dass die Beklagte in voller Kenntnis des Planungsmangels und der damit verbundenen Konsequenzen das Werk ausgeführt habe, ohne noch einmal die Klägerin auf das Problem und dessen Auswirkungen aufmerksam zu machen. Auch könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass bereits durch das Architektenbüro J. die Höhenlage der Rampe nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Planender und bauüberwachender Architekt hafteten ggü. dem Bauherrn als Gesamtschuldner. Auch für die zu niedrig ausgeführten Balkongeländer sei die Beklagte verantwortlich. Dem stehe nicht entgegen, dass dieser Mangel schon seit geraumer Zeit beseitigt sei, da die Beklagte nicht dargelegt habe, dass der Bauherr mittlerweile endgültig ggü. der Klägerin wegen dieses Mangels auf Ansprüche verzichtet habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Gegen dieses Urteil haben ursprünglich beide Parteien Berufung eingelegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Klägerin beanstandete, dass die Formulierung des Tenors unter Ziff. 1a) zu eng gefasst worden sei. In der mündlichen Verhandlung vom 15.7.2003 nahm die Klägerin die Berufung zurück.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Beklagte stützt ihre Berufung darauf, dass ein Grund- und Teilurteil nicht hätte ergehen dürfen, nachdem das LG im Verhandlungstermin vom 20.8.2002 darauf hingewiesen habe, dass Bedenken an der Schlüssigkeit der bisherigen Schadensbezifferung bestehen. Die Zahlungsklage sei damit zur Endentscheidung reif gewesen und hätte insgesamt abgewiesen werden müssen. Zudem seien im vorliegenden Fall Grund und Höhe der Forderung untrennbar miteinander verknüpft, was einem Grundurteil ebenfalls entgegenstehe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Ferner sei der Tenor des erstinstanzlichen Urteils zu weit gefasst worden, da aus der Formulierung nicht zu entnehmen sei, dass sie nur für solche Umstände der „Nichtbefahrbarkeit” der Rampe einzustehen habe, die sie zu vertreten habe und eine Pflicht zum Eingreifen nicht vor dem 3.6.1996 bestanden habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
In der Sache könne die Klägerin von der Beklagten auch keinen Schadensersatz verlangen. Der Planungsfehler sei bereits in der von ihr nicht zu erstellenden Genehmigungsplanung vorhanden gewesen. Die Klägerin sei aber verpflichtet gewesen, ihr einwandfreie Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte habe alle Verpflichtungen aus dem Architektenvertrag erfüllt, eine Genehmigungsplanung habe ihr nicht oblegen. Als festgestellt worden sei, dass die auf der Genehmigungsplanung beruhende Ausführungsplanung zu einer Steigung der Rampe von etwa 19 % führe, seien die Klägerin und der Bauherr hierüber informiert worden. Selbst wenn gegen sie ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach bestünde, wäre ein überwiegendes eigenes Verschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Bereits im Februar 1995 sei vom Vermessungsbüro S. ein Lage- und Höhenplan erstellt und der Klägerin überlassen worden. Aus diesem Plan habe sich eine Höhendifferenz ergeben, zu deren Überwindung die Abfahrtsrampe dienen sollte. Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Strecke sei ein Gefälle von 11 % nicht zu erreichen gewesen. Spätestens mit dem Schreiben der P.H. AG vom 3.6.1996 sei der Klägerin die Situation mit unüberbietbarer Deutlichkeit vor Augen geführt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei - jedenfalls theoretisch - noch eine folgenlose Beseitigung des Mangels möglich gewesen. Tatsächlich habe aber der Bauherr eine Planungsänderung abgelehnt, so dass der Beklagten keine weiter gehende Möglichkeit mehr verblieben sei, in den Geschehensablauf einzugreifen. Nachdem die dem Bauherrn gesetzte Frist bis zum 17.6.1996 fristlos verstrichen sei, habe sie davon ausgehen können, dass es bei der geplanten - zu steilen - Rampe verbleiben solle. Die Klägerin müsse sich zudem das Planungsverschulden des Architektenbüros J. als Mitverschulden haftungsmindernd anrechnen lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Hinsichtlich des Balkon- und Terrassengeländers sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da sie von dem Bauherrn wegen der zusätzlichen Arbeit nicht in Anspruch genommen worden sei. Zudem lägen ausschließlich „Sowieso-Kosten” vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
1. Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG ein Teil- und Grundurteil erlassen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Voraussetzungen für ein Teilurteil lagen vor. Während die Klage dem Grunde nach entscheidungsreif war, konnte über die Widerklage noch nicht entschieden werden. Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass die Widerklage nicht mangels Fälligkeit abweisungsreif war. Bei den Klauseln in dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten handelt es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Wenn § 4.3 des Vertrages zwischen den Parteien entspr. der Auffassung der Klägerin dahingehend auszulegen ist, dass Fälligkeit erst eintreten soll, wenn sie ihrerseits Zahlungen von dem Bauherrn erhält, liegt ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor, da eine einseitige Verlagerung des Insolvenzrisikos zu Lasten der Beklagten erfolgt wäre. Wenn die Fälligkeit auf die erbrachte Leistung der Beklagten bezogen wird, bestehen keine Bedenken, dass eine mögliche Restforderung der Beklagten fällig wäre. Die Prozessgestaltung des LG erfolgte dahingehend, dass die Parteien zunächst zur Klageforderung vortragen sollten. Dementsprechend müssen sich die Parteien mit der Widerklage noch ergänzend befassen und hierzu im Einzelnen Ausführungen machen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Auch gegen den Erlass eines Zwischenurteils über den Grund gem. § 304 Abs. 1 ZPO bestehen i.E. keine rechtlichen Bedenken. Erforderlich ist, dass Grund und Betrag eines geltend gemachten Anspruchs streitig sind. Der Streit über den Grund muss entscheidungsreif sein, während die Höhe noch nicht spruchreif sein darf, wobei genügt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht (vgl. BGHZ 53, 17 [23]; BGH NJW 2001, 224). Diese Voraussetzungen waren gegeben. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass das Vorgehen des LG widersprüchlich erscheint, wie zunächst auf die Unschlüssigkeit der Schadensberechnung hingewiesen wird, dann aber doch ein Grundurteil ergeht, was die schlüssige Darlegung irgendeines Schadens voraussetzt. Allerdings liegt es bei einer Haftung der Beklagten dem Grunde nach auf der Hand, dass ein Schaden bei der Klägerin eingetreten ist, der auch schlüssig dargelegt werden kann. Zudem weist der Senat darauf hin, dass die Schadensberechnung der Klägerin - Differenz zwischen Resthonorar und Vergleichsbetrag - schlüssig ist und es erst bei der Feststellung der tatsächlichen Schadenshöhe maßgeblich ist, ob das von der Klägerin ggü. dem Bauherrn verlangte Resthonorar zutreffend ermittelt wurde und ob der in dem vereinbarten Vergleichsbetrag enthaltene Forderungsverzicht der Klägerin nur auf die hier streitgegenständlichen Mängel zurückzuführen ist. Demgegenüber spielen Umplanungs- und Umbaukosten für die Schadensberechnung keine entscheidende Rolle, da der Beklagten eine fehlerhaft Bauüberwachung vorgeworfen wird und zudem eine Umplanung wegen der Ausführung des Werks nicht mehr in Betracht kommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
2. Das LG hat die Beklagte zu Recht dem Grunde nach gem. § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz verurteilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
a) Das Werk der Beklagten ist fehlerhaft. Sie hat die ihr übertragene Bauüberwachung unzureichend ausgeführt. Nach § 3.6.1 des Vertrages sowie den allgemeinen Grundsätzen zur Bauüberwachung gehört es zur Bauaufsicht, dass der Architekt schon während der Ausführung des Werks dafür zu sorgen hat, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird (vgl. BGH BauR 2000, 1513). Er muss die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen, wobei er zur erhöhten Aufmerksamkeit verpflichtet ist, wenn das Bauwerk nicht nach seiner eigenen Planung, sondern - wie im vorliegenden Fall - nach den Vorgaben Dritter ausgeführt wird (vgl. BGH BauR 2000, 1513). Die Erfüllung dieser Pflicht setzt voraus, dass der Architekt überprüft, inwieweit durch die vorhandene Planung bereits Fehler vorgegeben waren. Er hat die Ausführungsplanung auf ihre tatsächliche Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. OLG Bamberg v. 8.7.1991 - 4 U 24/91, NJW-RR 1992, 91 [92]; OLG Köln v. 12.9.1996 - 18 U 171/95, OLGReport Köln 1997, 58 = NJW-RR 1997, 597 [598]; OLG Düsseldorf v. 19.12.1997 - 22 U 68/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 236 = NJW-RR 1998, 741 [742]). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Sie hat die Genehmigungsplanung des Architektenbüros J., die Grundlage für die Erteilung der Baugenehmigung Ende August 1995 war, nicht ausreichend überprüft. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. J. in seinem Gutachten vom 17.9.2001 ist das Problem des Gefälles der Rampe bereits in der Genehmigungsplanung nicht hinreichend berücksichtigt worden, weil eine höhenmäßige Einordnung fehlte und die Planung zunächst ohne konkrete Höhenangaben erfolgte, was jedem Planer oder Prüfer ohne weiteres hätte auffallen müssen. Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Bauüberwachung hätte die Beklagte, bevor mit der Ausführungsplanung durch die Streithelferin begonnen wurde, daher erkennen müssen, dass eine unzureichende Genehmigungsplanung vorliegt und es hätte erst gar nicht zur Ausführungsplanung und später zur Errichtung der Rampe kommen dürfen. Wäre bereits in diesem Planungsstadium das Planungsdefizit aufgefallen, hätte eine Umplanung erfolgen können, jedenfalls sind keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
b) Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Sie hat die Genehmigungsplanung des Architektenbüros J. fahrlässig nicht darauf überprüft, ob die dort vorgesehene Rampe den gesetzlichen Vorgaben und den Nutzungsanforderungen des Bauherrn entspricht. Die auf der Grundlage des Schreibens der P.H. AG vom 3.6.1996 erfolgte Kontaktaufnahme mit der Klägerin war unzureichend und verspätet. Zu diesem Zeitpunkt war ausweislich des Schreibens des Bauherrn vom 14.6.1996 die Planung bereits abgeschlossen, weshalb einer Umplanung nicht mehr zugestimmt wurde. In dieser Situation durfte die Beklagte nicht die erkennbar mangelhafte Planung und Bauausführung weiterbetreiben, nachdem sie vom Bauherrn - also nicht einmal von ihrer Vertragspartnerin - innerhalb der gesetzten Frist keine gegenteilige Anweisung erhalten hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
c) Die weiteren Voraussetzungen des § 635 BGB a.F. liegen vor. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung war entbehrlich, da der Aufsichtsfehler der Beklagten wegen der Bauerrichtung nicht mehr behebbar ist (vgl. BGHZ 43, 227 [232]). Zudem hat die Beklagte ihre Verantwortung für die zu steile Rampe auch mehrfach endgültig in Abrede gestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann in dem Verhalten der Klägerin nach Erstellung der Rampe keine Genehmigung der fehlerhaften Planung gesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Rampe weitgehend fertiggestellt, so dass es allein noch darum gehen konnte, das Problem der Befahrbarkeit zu minimieren. Hieran musste auch die Klägerin ein hohes Interesse haben, da sie selbst ggü. dem Bauherrn haftete. Daher kann aus der Mithilfe der Klägerin bei der Abmilderung des Problems kein weiter gehender rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt entnommen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
e) Die Klägerin trifft auch kein Mitverschulden an der fehlerhaften Planung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
aa) Ein eigenes Mitverschulden der Klägerin liegt entgegen der von der Beklagten geäußerten Auffassung nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob sich aus dem Lage- und Höhenplan des Vermessungsbüros Sch. vom Februar 1995 entnehmen lässt, dass die Rampenneigung steiler ausfallen wird, als in der Anordnung über den Bau und Betrieb von Garagen des Landes Sachsen-Anhalt vorgesehen ist. Die Beklagte bezieht sich hierbei selbst auf ein Gefälle von 11 %, welches nach dem Plan nicht zu erzielen gewesen sei, während die erwähnte Anordnung eine Neigung bis 15 % zulässt. Zudem hat die Klägerin sämtliche Planungsleistungen an Dritte weitervergeben, so dass nicht unterstellt werden kann, sie habe eine selbständige Überprüfung vorgenommen und damit vor dem Schreiben der P.H. AG vom 3.6.1996 Kenntnis von der zu steilen Rampe gehabt. Ein eigenes Mitverschulden der Klägerin kann ferner nicht auf ihr Verhalten nach dem genannten Schreiben der P.H. AG gestützt werden, da der Bauherr durch das Schreiben vom 14.6.1996 unmissverständlich eine Umplanung abgelehnt hat und damit für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit bestand, das Problem der Rampenneigung durch eine andere Planung und Bauausführung zu lösen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
bb) Die Klägerin muss sich ein Mitverschulden des von ihr eingeschalteten Architektenbüros J. oder der P.H. AG, falls diese teilweise mit der Genehmigungsplanung für die Rampe befasst war, nicht gem. §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB anspruchsmindernd entgegenhalten lassen. In der Rspr. ist anerkannt, dass zwischen planenden und bauleitenden Architekten eine rechtliche Zweckgemeinschaft besteht, so dass sie als Gesamtschuldner haften, soweit sie für den Baumangel aufgrund der Planung und Objektüberwachung verantwortlich sind (vgl. BGH v. 29.9.1988 - VII ZR 187/87, BauR 1989, 97 [102]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Architektenbüro J. hat durch die unzureichende Genehmigungsplanung eine maßgebliche Ursache für das Rampenproblem gesetzt und die Beklagte ist hierfür - wie ausgeführt - wegen ihrer unzureichenden Objektüberwachung verantwortlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich die Klägerin jedoch dieses planerische Fehlverhalten nicht anrechnen lassen. Allerdings ist die Frage, ob der bauleitende Architekt einem Bauunternehmer gleichzustellen ist, der dem Bauherrn ein Planungsverschulden haftungsmindernd entgegenhalten kann, umstritten (vgl. Lenzen, BauR 2000, 816; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 1975 m.w.N.). Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung an, dass eine Übertragung der Rspr. zum Bauunternehmer auf den bauleitenden Architekten nicht möglich ist (ebenso OLG Bamberg v. 8.7.1991 - 4 U 24/91, NJW-RR 1992, 91 [92]; OLG Köln v. 12.9.1996 - 18 U 171/95, OLGReport Köln 1997, 58 = NJW-RR 1997, 597 [598]; OLG Düsseldorf v. 19.12.1997 - 22 U 68/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 236 = NJW-RR 1998, 741 [742]; Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 13 Rz. 30). Der bauplanende Architekt kann nicht als Erfüllungsgehilfe des Bauherren angesehen werden, dessen Verschulden die Schadensersatzpflicht des bauleitenden Architekten nach § 254 BGB beschränkt. Es besteht nämlich keine Verpflichtung des Bauherrn, dem bauleitenden Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen, um Baumängel zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf v. 19.12.1997 - 22 U 68/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 236 = NJW-RR 1998, 741 [742]). Vielmehr ist es die eigentliche Aufgabe des bauleitenden Architekten, für die mangelfreie Errichtung des Bauwerks zu sorgen. Die damit verbundene Verpflichtung, die maßgeblichen Pläne auf die anerkannten Regeln der Technik zu überprüfen, ist der Prüfungspflicht des Bauunternehmers nicht gleich zu setzen, da sie zu den Hauptpflichten des bauleitenden Architekten gehört. Er darf nicht darauf vertrauen, dass die ihm zur Verfügung gestellten Pläne die anerkannten Regeln der Technik und die einzuhaltenden Rechtsvorschriften berücksichtigen (vgl. OLG Köln v. 12.9.1996 - 18 U 171/95, OLGReport Köln 1997, 58 = NJW-RR 1997, 597 [598]). Dies gilt hier umso mehr, als bereits nach den Bedingungen und Auflagen zur Baugenehmigung vom 28.8.1995, die auf Grund der Genehmigungsplanung des Architektenbüros J. erteilt wurde, weitere Unterlagen für die Rampe bis zur Rohbauabnahme vorzulegen waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
f) Zu Recht hat das LG weiterhin die Beklagte verurteilt, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass die Balkon- und Terrassengeländer zu niedrig ausgeführt wurden. Der Fehler bei der Bauüberwachung ist hier zwischen den Parteien nicht im Streit. Der Einwand der Beklagten, wegen der Mangelbeseitigung durch den Bauherrn fehle es an einem Schaden bei der Klägerin, ist nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass im Rahmen des Gesamtvergleichs mit dem Bauherrn auch wegen dieses Mangels ein Abzug vorgenommen wurde. Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass der Bauherr diesen Mangel finanziell selbst tragen wollte. Es sind auch nicht ausschließlich „Sowieso-Kosten” angefallen. Es mag zwar sein, dass etwas höhere Kosten angefallen wären, wenn sogleich das vorgesehene Geländer angebracht worden wäre. Hier musste aber das alte Geländer insgesamt abgebaut und durch ein neues ersetzt werden. Diese Kosten wären keinesfalls bei ordnungsgemäßer Ausführung angefallen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
g) Die vom LG gewählte Formulierung in Ziff. 1a) des Tenors ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, die Genehmigungsplanung des Architektenbüros J. zu überprüfen, nicht nachgekommen und hat sich dadurch der Klägerin ggü. umfassend schadensersatzpflichtig gemacht. Deshalb ist entgegen der von der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17.7.2003 geäußerten Auffassung keine zeitliche oder sachliche Beschränkung der Haftung auf Schäden, die nach dem 3.6.1996 entstanden und von ihr zu vertreten sind, auszusprechen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Einfluss auf den Streitwert des Berufungsverfahrens und hat daher keine höheren Kosten veranlasst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde bereits durch Beschluss vom 30.12.2002 auf 133.763 Euro festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Dr. Müller-Christmann
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,087
|
arbg-karlsruhe-2003-08-12-2-ca-12703
|
{
"id": 119,
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|
2 Ca 127/03
| 2003-08-12T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:45
| 2019-01-17T11:58:17
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.146,96 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 01.07.2001 zu bezahlen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Widerklage wird abgewiesen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.110,72 EUR festgesetzt.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger verfolgt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Vergütungsansprüche gegen die Beklagte, wohingegen die Beklagte ihrerseits gegenüber dem Kläger widerklagend Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien geltend macht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger war bei der Beklagten, die einen ambulanten Pflegedienst unterhält, in der Zeit vom 01.02. bis 30.06.2001 als stellvertretender Pflegedienstleiter beschäftigt. Sein Gehalt belief sich bei einer monatlichen Regelarbeitszeit von 130 Stunden dabei auf 3.600,00 DM brutto (= 1.840,65 EUR brutto) monatlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Darüber hinaus stand dem Kläger ein von der Beklagten zur Verfügung gestelltes Geschäftsfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, welches in den monatlichen Gehaltsabrechnungen des Klägers in Form eines "geldwerten Vorteils" von 189,00 DM (= 96,63 EUR) seinen Niederschlag fand.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Aus Anlass der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien mit Ablauf des 30.06.2001 wandte sich die Beklagte mit einem maschinengeschriebenen Schreiben vom 02.07.2001 (Bl. 7 d. A.) an den Kläger, worauf sie handschriftlich den Vermerk "Arbeitsverhältnis endet zum 30.06.2001. Abgegolten werden noch 81 Stunden." hinzufügte, den sie gesondert eigenhändig unterzeichnete.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des ... vom ... pfändete der Gläubiger ... gesetzlich vertreten durch das ... wegen aufgelaufener Unterhaltsrückstände die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung des gesamten, auch künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens; dabei setzte das ... den beim Kläger zu verbleibenden pfändungsfreien Betrag auf 1.200,00 DM (= 613,55 EUR) pro Monat fest (vgl. Bl. 21 d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte anläßlich eines persönlichen Gespräches der Parteien am 02.07.2001 an ihn mit dem Ansinnen herangetreten sei, ihn zukünftig nur noch als Pfleger weiterzubeschäftigen, was mit einer entsprechenden Anpassung seines Gehaltes einhergehen sollte. Da er sich damit nicht habe einverstanden erklären können, seien die Parteien schließlich übereingekommen, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2001 zu beenden. Auf seinen Einwand hin, dass noch 81 von ihm geleistete Überstunden offenstehen würden, habe sich die Beklagte nach einigen Diskussionen dazu bereit gefunden, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordnungsgemäß abzuwickeln, d. h. unter Vergütung der in Rede stehenden 81 Überstunden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Seine Forderung beziffert der Kläger daher wie folgt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
1.840,65 EUR brutto : 130 Stunden x 81 Stunden = 1.146,96 EUR brutto.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
<strong>die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.146,96 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.07.2001 zu zahlen.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
<strong>die Klage abzuweisen.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Sie behauptet, dass es sich bei den im Schreiben vom 02.07.2001 angesprochenen "81 Stunden" nicht um vom Kläger geleistete Mehrarbeit, sondern vielmehr um offenstehenden Resturlaub gehandelt habe. Die Abrechnung und Auszahlung der 81 Arbeitsstunden entsprechenden Vergütung sei ihr allerdings derzeit nicht möglich, da der Kläger bislang die Einzelnachweise über seine Arbeitsstunden für die Zeit vom 01.02. bis 30.06.2001 nicht vorgelegt habe. Demzufolge sei für sie nicht zu ersehen, ob während der Beschäftigung des Klägers etwaige "Minusstunden" angefallen seien, die insoweit bei der ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsverhältnisses in Abzug gebracht werden müßten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Darüber hinaus hat sie etwaigen Vergütungsansprüchen des Klägers ihrerseits Gegenforderungen gegen den Kläger im Wege der Aufrechnung gegenübergestellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
So habe der Kläger zum einen in den Monaten Februar, März und April 2001 eine Gehaltsüberzahlung in Höhe von 503,39 EUR erhalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Aus der von ihr als Anlage vorgelegten Arbeitszeitaufstellung für den Kläger (Bl. 46 d. A.) sei zu ersehen, dass der Kläger zum 30.04.2001 35,55 Fehlstunden aufgewiesen hätte. Dennoch habe er in den Monaten Februar bis April 2001 jeweils seine gesamte Monatsvergütung i. H. v. 3.600,00 DM brutto (= 1.840,65 EUR brutto) erhalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Demgemäß sei eine Überzahlung von 503,39 EUR (= 35,55 Stunden x 14,16 EUR brutto) erfolgt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Desweiteren sei der Kläger ihr wegen nicht gestatteter Betankungen des ihm zur Verfügung stehenden Geschäftsfahrzeuges auf Kosten der Beklagten für von ihm durchgeführte Privatfahrten verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Bei Übergabe des Firmen-Pkw sei es dem Kläger zwar gestattet worden, für beruflich bedingte Fahrten beim ..., ... auf Kosten der Beklagten zu tanken. Diese Gestattung habe sich aber nicht auf etwaige Privatfahrten des Klägers erstreckt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Entgegen dieser ausdrücklichen Weisung habe der Kläger auch für seine sämtlichen privat veranlaßten Fahrten auf Kosten der Beklagten getankt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Im einzelnen:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="4" rowspan="1">
<rd nr="22"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">März 2001</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">79,34 I</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
991,45 km (bei einem
<br/>
Durchschnittsverbrauch
<br/>
von 8 I je 100 km)
</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">167,72 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="4" rowspan="1">
<rd nr="23"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">April 2001</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">168,02 I</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">2125 km</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">345,20 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="4" rowspan="1">
<rd nr="24"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">Mai 2001</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">263,54 I</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">3294,25 km</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
599,51 DM (einschließlich
<br/>
des Erwerbes eines
<br/>
Reservekanisters zum
<br/>
Preis von 33,95 DM)
</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="1" rowspan="1">
<rd nr="25"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:right">insgesamt: 1.112,43 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Nach den vom Kläger vorgelegten Zeiterfassungsnachweisen seien allerdings hiervon maximal 30 % betrieblich und 70 % der Kosten privat veranlaßt gewesen. Der private Anteil des Klägers betrage mithin 778,70 DM (= 398,14 EUR).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Schließlich habe der Kläger mit dem ihm zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug im privaten Bereich einen Verkehrsunfall verursacht, wobei der Pkw erheblich beschädigt worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Ohne diese Beschädigungen reparieren zu lassen bzw. diese Beschädigungen der Beklagten zu melden, sei der Kläger auch weiterhin mit dem Firmenfahrzeug gefahren.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Am 18.03.2001 habe der Kläger mit dem Firmen-Pkw einen weiteren Unfall erlitten. Er habe versucht, die bereits am Fahrzeug vorhandenen Vorschäden auf dieses Unfallgeschehen zurückzuführen und dem dortigen Unfallgegner "unterzuschieben".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Ein vom ... im Verfahren Az.: 4 C 300/01 eingeholtes Sachverständigengutachten habe ergeben, dass die am Firmenfahrzeug des Klägers entstandenen Schäden nicht allein auf das Unfallgeschehen vom 18.03.2001 zurückzuführen gewesen seien.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Durch die Beschädigungen seien der Beklagten Schäden i. H. v. insgesamt 2.209,19 EUR (Minderwert des Fahrzeugs und Mietwagenkosten) entstanden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach Aufrechnung gegenüber den vom Kläger klageweise erfolgten Vergütungsansprüchen verbliebe daher noch ein überschießender Betrag zugunsten der Beklagten i. H. v. 1.963,76 EUR.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Im Wege der Widerklage beantragte die Beklagte,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
<strong>den Kläger/Widerbeklagten zu verurteilen, an sie 1.963,76 EUR nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit 04.07.2003 zu zahlen.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
<strong>die Widerklage abzuweisen.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg (I.), wohingegen der Widerklage kein Erfolg beschieden ist (II.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 01.07.2001.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
<strong>A</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Kläger kann die Beklagte auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto in Anspruch nehmen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="43"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der dahingehende Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus den zwischen den Parteien getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen in Verbindung mit § 611 BGB bzw. § 7 Abs. 4 BUrlG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Mit dem eigenhändigen, handschriftlichen Zusatz auf ihrem Schreiben vom 02.07.2001 ("Abgegolten werden noch 81 Stunden.") hat die Beklagte gegenüber dem Kläger anerkannt, diesem noch die Vergütung für 81 Stunden zu schulden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Weder mit ihrem Einwand, der Kläger habe bislang die Einzelnachweise über seine Arbeitsstunden vom 01.02. bis 30.06.2001 noch nicht vorgelegt, so dass sie, die Beklagte, nicht nachvollziehen könne, wieviele "Minusstunden" in der Person des Klägers angefallen sein sollen, noch mit ihrem Einwand, der Kläger sei infolge der Pfändung seines Arbeitseinkommens mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des ... vom 28.06.2001 sowie der damit einhergehenden Überweisung der streitgegenständlichen Forderung zur Einziehung an den Gläubiger ... gemäß § 835 Abs. 1 ZPO nicht mehr zur Verfolgung des in Rede stehenden Vergütungsanspruches aktiv legitimiert, kann die Beklagte vorliegend gehört werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="46"/>
Bei dem handschriftlichen Vermerk der Beklagten auf ihrem Schreiben vom 02.07.2001 handelt es sich um ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Dieses soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen, dagegen keine neue begründen und ist daher ein Schuldbestätigungsvertrag. Dieser setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserhebliche Punkte besteht und die Parteien durch das Anerkenntnis dieses zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
So liegen die Dinge hier.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Nach dem von der Beklagten unwidersprochenen Sachvortrag des Klägers bestanden am 02.07.2001 Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, wie das mit Ablauf des 30.06.2001 beendete Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt werden sollte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
Auf den Hinweis des Klägers hin, dass noch 81 Stunden zur Vergütung anstünden, verständigten sich die Parteien nach entsprechender Diskussion darauf, dass dem Kläger noch 81 Stunden abgegolten werden sollten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die inhaltliche Auseinandersetzung der Parteien mit etwaigen weiteren Vergütungsansprüchen des Klägers trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.06.2001 bringt zum Ausdruck, dass die Parteien über das Bestehen der Schuld uneins gewesen sind und durch die Vereinbarung der Verpflichtung der Beklagten zur Abgeltung von 81 Stunden dieses Rechtsverhältnis dem Streit entziehen wollten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Dieses deklaratorische Schuldanerkenntnis der Beklagten vom 02.07.2001 entfaltet Rechtsfolgen dahingehend, dass es entsprechend seinem Zweck alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft ausschließt, die der Schuldner bei der Abgabe des Schuldanerkenntnisses kannte oder mit denen er mindestens rechnete.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="53"/>
Dass der Beklagten am 02.07.2001 bewußt gewesen war, dass die Einzelnachweise der Arbeitsstunden des Klägers für die Dauer seiner Beschäftigung nicht vorlagen, zeigt bereits der Wortlaut des Schreibens vom 02.07.2001. Dort findet sich hinter der Angabe "Einzelnachweise ihrer Arbeitsstunden vom 01.02.2001 bis 30.06.2001" der handschriftliche Vermerk der Beklagten "stehen noch offen" (vgl. Bl. 7 d. A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="54"/>
Desweiteren hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargetan, dass ihr der Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des ... vom 28.06.2001 erst nach dem 02.07.2001 zur Kenntnis gelangt wäre. So hat sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 12.08.2003 lediglich mitgeteilt, dass ihr der in Rede stehende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Juli 2001 zugegangen sei. Mangels genauerer Angaben zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser bei der Beklagten erst nach dem 02.07.2001 eingegangen wäre. Sollte dessen Zustellung an die Beklagte aber bis einschließlich 02.07.2001 stattgefunden haben, wäre die Pfändung mit der Zustellung des Beschlusses an die Beklagte als Drittschuldnerin als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO), so dass der mögliche Verlust der Aktivlegitimation des Klägers der Beklagten bei Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bereits bekannt gewesen wäre, so dass die Beklagte folglich mit dieser Einwendung ausgeschlossen wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="55"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto auch nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="56"/>
Denn der von der Beklagten erklärten Aufrechnung ist die Rechtswirksamkeit zu versagen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="57"/>
Sie erweist sich sowohl als unzulässig (a), als auch als unbegründet (b).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="58"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, § 387 BGB.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="59"/>
Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind, § 389 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="60"/>
Voraussetzung der Aufrechnung ist die Gleichartigkeit des Gegenstandes der Leistungen. An dieser mangelt es jedoch bei der Gegenüberstellung von Bruttoforderungen des Arbeitnehmers und Nettoforderungen des Arbeitgebers jedenfalls hinsichtlich der aus dem Bruttolohn für den Arbeitnehmer abzuführenden Steuern und des von diesem zu tragenden Arbeitnehmeranteils an den Sozialabgaben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="61"/>
Der Arbeitnehmer ist der (alleinige) Steuerschuldner (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) und der Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe der Arbeitnehmeranteile. In dieser Höhe hat er die Beiträge "zu tragen" (§ 249 Abs. 1 SGB V, § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 346 Abs. 1 SGB III, § 58 Abs. 1 SGB XI). Der Arbeitgeber führt die Abgaben kraft gesetzlicher Anweisung (§ 38 Abs. 3 EStG für die Lohnsteuer, §§ 28 e Abs. 1, 28 g SGB IV für die Sozialversicherung) im Auftrag, im Namen und für Rechnung des Arbeitnehmers ab, um eine diesen treffende Schuld zu begleichen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="62"/>
Der Arbeitnehmer kann daher in Betreff der Steuern und Sozialabgaben ohnehin keine Zahlung an sich selbst begehren, sondern hat gleichsam gegen den Arbeitgeber lediglich einen Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (gegenüber den Finanzbehörden und dem Sozialversicherungsträger).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="63"/>
Gerade bei Zahlungsansprüche auf der einen und Ansprüchen auf Befreiung von Verbindlichkeiten auf der anderen Seite ist die i. S. v. § 387 BGB erforderliche Gleichartigkeit zu verneinen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass sie grundsätzlich ihre möglichen Gegenansprüche gegenüber den sich jeweils zugunsten des Klägers ergebenden Nettoauszahlungsbeträgen zur Aufrechnung stellen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="65"/>
Dabei wären aber gemäß § 394 Satz 1 BGB zwingend die in §§ 850 ff. ZPO festgeschriebenen Pfändungsfreigrenzen beim Arbeitseinkommen zu wahren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="66"/>
Demgemäß setzt die Aufrechnung in derartigen Fallkonstellationen voraus, dass die dem Arbeitnehmer zustehenden Nettobeträge feststehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="67"/>
Zudem muss die Aufrechnungslage in den Fällen, in denen sich mehrere verschiedene Forderungen auf Gläubiger- und auf Schuldnerseite gegenüberstehen, konkret bestimmt sein, d. h. es muss zweifelsfrei erkennbar sein, welche konkrete Forderung des Schuldners mit welcher einzelnen Forderung des Gläubigers korrespondieren soll. Dies verlangt bereits die Bestimmbarkeit der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, denn nach § 322 Abs. 2 ZPO ist, hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="68"/>
Ansonsten könnte in etwaigen Folgeprozessen, in denen der Arbeitgeber seine angebliche Gegenforderungen weiterverfolgt, nicht ermittelt werden, über welchen Teil der Gegenforderung schon rechtskräftig entschieden worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="69"/>
Bereits diesen formalen Anforderungen genügt die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="70"/>
So stellt sie zum einen der vom Kläger verfolgten Bruttolohnforderung (vermeintliche) Gegenansprüche auf Nettozahlungen gegenüber, ohne den dem vom Kläger begehrten Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag exakt zu beziffern. Schließlich ist auch nicht zweifelsfrei erkennbar, in welcher Reihenfolge die Beklagte ihre Gegenansprüche der berechtigten Forderung des Klägers entgegenhalten will.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="71"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Selbst wenn man die von der Beklagten erklärte Aufrechnung als zulässig betrachten könnte, wäre diese dennoch unbegründet, da die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den an ihre Darlegungs- und Beweislast zu stellenden Anforderungen für das Vorliegen der tatsächlichen anspruchsbegründenden Umstände nicht gerecht geworden ist.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="72"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">So hat die Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 503,39 EUR (brutto) wegen überzahlter Arbeitsvergütung in den Monaten Februar bis April 2001. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="73"/>
Denn es kann nicht im einzelnen nachvollzogen werden, wie sich die von der Beklagten behaupteten, vom Kläger bestrittenen 35,55 "Minusstunden" zusammensetzen sollen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="74"/>
Insofern hätte es der Beklagten oblegen, die Arbeitszeiten des Klägers im Zeitraum vom 01.02. bis einschließlich 30.04.2001 unter genauer Angabe von Arbeitsbeginn und -ende aufzulisten. Als Ergebnis dieser Gesamtaufstellung hätte sich sodann ein Negativsaldo im Bereich der Arbeitszeit von 35,55 Stunden ergeben müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="75"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ebensowenig kann von der erkennenden Kammer festgestellt werden, dass der Beklagten gegenüber dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung von 398,14 EUR wegen unberechtigter Privatbetankungen des dem Kläger zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeuges zustehen würde.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="76"/>
In diesem Zusammenhang sind keinerlei objektive Anknüpfungspunkte für die Einschätzung der Beklagten ersichtlich, dass maximal 30 % der vom Kläger verursachten Tankkosten betrieblich veranlaßt gewesen seien. Die von der Beklagte in Bezug genommene Zeiterfassung des Klägers, auf der diese Berechnung offensichtlich basieren soll, ist von der Beklagten nicht in das vorliegende Verfahren eingeführt worden. Ohne diese fehlt es jedoch an einer ausreichenden Tatsachengrundlage, um diese Einschätzung der Beklagten nachvollziehen zu können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="77"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schließlich kann auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung von 2.209,19 EUR nicht bejaht werden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="78"/>
Insbesondere kann sich die Beklagte dabei nicht auf das Institut der positiven Forderungsverletzung stützen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="79"/>
Nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Ersatz des ihm aus einem pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers entstandenen Schadens verlangen, wenn sich der Arbeitnehmer in einer von ihm zu vertretenden Weise in Widerspruch zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gesetzt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="80"/>
Zum einen steht aber vorliegendenfalls nicht fest, dass der bei dem dem Kläger zur Verfügung gestellten Firmen-Pkw vorhandene Vorschaden, der laut dem Ergebnis des vom ... im Verfahren 4 C 300/01 eingeholten Sachverständigengutachtens nicht dem Unfallereignis vom ... zuzurechnen sein soll, tatsächlich vom Kläger herbeigeführt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="81"/>
Der Kläger hat insoweit bestritten, für einen etwa gegebenen Vorschaden des Pkw verantwortlich zu sein. Er hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 12.08.2003 ausgeführt, dass der in Rede stehende Firmen-Pkw bereits vor Antritt seiner Beschäftigung am 01.02.2001 von anderen Mitarbeitern der Beklagten genutzt worden sei. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass bereits bei Übernahme des Fahrzeuges durch ihn Beschädigungen am Pkw vorhanden gewesen seien. Denn ein entsprechendes Übernahmeprotokoll, aus dem hervorgehe, dass keine Vorschäden vorhanden seien, existiere unstreitig nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="82"/>
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat es verabsäumt, diesem Vortrag substantiiert entgegenzutreten. Damit steht nicht fest, dass der Kläger als allein möglicher Schadensverursacher eines etwaigen Vorschadens am Firmen-Pkw in Betracht kommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="83"/>
Zudem ist der Vortrag der Beklagten betreffend die Schadenshöhe von 2.209,19 EUR nicht schlüssig. Ersatzfähig wären von vorneherein nur die infolge eines etwaigen vom Kläger vor dem 18.03.2001 erlittenen Unfalls verursachten Mehrkosten. Eine Reparatur des Fahrzeuges verbunden mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer der Reparatur des Pkw wäre nämlich ohnehin aufgrund des Unfalls vom 18.03.2001 erforderlich geworden, so dass die dem Unfall vom 18.03.2001 zuzurechnenden Aufwendungen bei der Bemessung einer etwaigen Schadenshöhe hätte außen vor gelassen werden müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Damit kann festgehalten werden, dass die von der Beklagten gegenüber den berechtigten Vergütungsansprüchen des Klägers erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen ins Leere geht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="85"/>
<strong>B</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
Die Vergütungsforderung des Klägers i. H. v. 1.146,96 EUR brutto ist ab 01.07.2001 mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen, §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="87"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
Die von der Beklagten erhobene Widerklage ist sowohl unzulässig (A) als auch unbegründet (B).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="89"/>
<strong>A</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Die Unzulässigkeit der Widerklage resultiert aus der mangelnden Bestimmtheit des Gegenstandes der Widerklage.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift (damit auch die Widerklageschrift) die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Da, wie bereits oben eingehend erläutert, die Widerklage gemäß § 322 Abs. 2 ZPO an der materiellen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung teilnimmt, müßte zweifelsfrei erkennbar sein, welche der von der Beklagten behaupteten Gegenforderungen gegenüber den vom Kläger verfolgten Vergütungsforderungen zur Aufrechnung gestellt werden und welche (vermeintlichen) Gegenforderungen bzw. welcher Teil derselben der Widerklage zugrunde liegen soll.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
Diese der (wider-)klagenden Partei obliegende Bestimmung einer Rangfolge der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen hat die Beklagte vorliegend nicht vorgenommen, so dass eine eindeutige Bestimmung des Streitgegenstandes der Widerklage nicht möglich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="93"/>
<strong>B</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Im übrigen wäre die Widerklage auch unbegründet. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I. A 2. b Bezug genommen werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben, während die Widerklage abzuweisen war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="96"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Der Rechtsmittelstreitwert gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war auf 3.110,72 EUR (= Addition des Nennwerts der bezifferten Klage- und Widerklageforderung) festzusetzen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg (I.), wohingegen der Widerklage kein Erfolg beschieden ist (II.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 01.07.2001.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
<strong>A</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Kläger kann die Beklagte auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto in Anspruch nehmen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="43"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der dahingehende Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus den zwischen den Parteien getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen in Verbindung mit § 611 BGB bzw. § 7 Abs. 4 BUrlG.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Mit dem eigenhändigen, handschriftlichen Zusatz auf ihrem Schreiben vom 02.07.2001 ("Abgegolten werden noch 81 Stunden.") hat die Beklagte gegenüber dem Kläger anerkannt, diesem noch die Vergütung für 81 Stunden zu schulden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Weder mit ihrem Einwand, der Kläger habe bislang die Einzelnachweise über seine Arbeitsstunden vom 01.02. bis 30.06.2001 noch nicht vorgelegt, so dass sie, die Beklagte, nicht nachvollziehen könne, wieviele "Minusstunden" in der Person des Klägers angefallen sein sollen, noch mit ihrem Einwand, der Kläger sei infolge der Pfändung seines Arbeitseinkommens mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des ... vom 28.06.2001 sowie der damit einhergehenden Überweisung der streitgegenständlichen Forderung zur Einziehung an den Gläubiger ... gemäß § 835 Abs. 1 ZPO nicht mehr zur Verfolgung des in Rede stehenden Vergütungsanspruches aktiv legitimiert, kann die Beklagte vorliegend gehört werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="46"/>
Bei dem handschriftlichen Vermerk der Beklagten auf ihrem Schreiben vom 02.07.2001 handelt es sich um ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Dieses soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen, dagegen keine neue begründen und ist daher ein Schuldbestätigungsvertrag. Dieser setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder rechtserhebliche Punkte besteht und die Parteien durch das Anerkenntnis dieses zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
So liegen die Dinge hier.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Nach dem von der Beklagten unwidersprochenen Sachvortrag des Klägers bestanden am 02.07.2001 Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, wie das mit Ablauf des 30.06.2001 beendete Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt werden sollte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
Auf den Hinweis des Klägers hin, dass noch 81 Stunden zur Vergütung anstünden, verständigten sich die Parteien nach entsprechender Diskussion darauf, dass dem Kläger noch 81 Stunden abgegolten werden sollten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die inhaltliche Auseinandersetzung der Parteien mit etwaigen weiteren Vergütungsansprüchen des Klägers trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.06.2001 bringt zum Ausdruck, dass die Parteien über das Bestehen der Schuld uneins gewesen sind und durch die Vereinbarung der Verpflichtung der Beklagten zur Abgeltung von 81 Stunden dieses Rechtsverhältnis dem Streit entziehen wollten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Dieses deklaratorische Schuldanerkenntnis der Beklagten vom 02.07.2001 entfaltet Rechtsfolgen dahingehend, dass es entsprechend seinem Zweck alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft ausschließt, die der Schuldner bei der Abgabe des Schuldanerkenntnisses kannte oder mit denen er mindestens rechnete.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="53"/>
Dass der Beklagten am 02.07.2001 bewußt gewesen war, dass die Einzelnachweise der Arbeitsstunden des Klägers für die Dauer seiner Beschäftigung nicht vorlagen, zeigt bereits der Wortlaut des Schreibens vom 02.07.2001. Dort findet sich hinter der Angabe "Einzelnachweise ihrer Arbeitsstunden vom 01.02.2001 bis 30.06.2001" der handschriftliche Vermerk der Beklagten "stehen noch offen" (vgl. Bl. 7 d. A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="54"/>
Desweiteren hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargetan, dass ihr der Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des ... vom 28.06.2001 erst nach dem 02.07.2001 zur Kenntnis gelangt wäre. So hat sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 12.08.2003 lediglich mitgeteilt, dass ihr der in Rede stehende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Juli 2001 zugegangen sei. Mangels genauerer Angaben zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser bei der Beklagten erst nach dem 02.07.2001 eingegangen wäre. Sollte dessen Zustellung an die Beklagte aber bis einschließlich 02.07.2001 stattgefunden haben, wäre die Pfändung mit der Zustellung des Beschlusses an die Beklagte als Drittschuldnerin als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO), so dass der mögliche Verlust der Aktivlegitimation des Klägers der Beklagten bei Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bereits bekannt gewesen wäre, so dass die Beklagte folglich mit dieser Einwendung ausgeschlossen wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="55"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 1.146,96 EUR brutto auch nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="56"/>
Denn der von der Beklagten erklärten Aufrechnung ist die Rechtswirksamkeit zu versagen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="57"/>
Sie erweist sich sowohl als unzulässig (a), als auch als unbegründet (b).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="58"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, § 387 BGB.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="59"/>
Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind, § 389 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="60"/>
Voraussetzung der Aufrechnung ist die Gleichartigkeit des Gegenstandes der Leistungen. An dieser mangelt es jedoch bei der Gegenüberstellung von Bruttoforderungen des Arbeitnehmers und Nettoforderungen des Arbeitgebers jedenfalls hinsichtlich der aus dem Bruttolohn für den Arbeitnehmer abzuführenden Steuern und des von diesem zu tragenden Arbeitnehmeranteils an den Sozialabgaben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="61"/>
Der Arbeitnehmer ist der (alleinige) Steuerschuldner (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) und der Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe der Arbeitnehmeranteile. In dieser Höhe hat er die Beiträge "zu tragen" (§ 249 Abs. 1 SGB V, § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 346 Abs. 1 SGB III, § 58 Abs. 1 SGB XI). Der Arbeitgeber führt die Abgaben kraft gesetzlicher Anweisung (§ 38 Abs. 3 EStG für die Lohnsteuer, §§ 28 e Abs. 1, 28 g SGB IV für die Sozialversicherung) im Auftrag, im Namen und für Rechnung des Arbeitnehmers ab, um eine diesen treffende Schuld zu begleichen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="62"/>
Der Arbeitnehmer kann daher in Betreff der Steuern und Sozialabgaben ohnehin keine Zahlung an sich selbst begehren, sondern hat gleichsam gegen den Arbeitgeber lediglich einen Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (gegenüber den Finanzbehörden und dem Sozialversicherungsträger).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="63"/>
Gerade bei Zahlungsansprüche auf der einen und Ansprüchen auf Befreiung von Verbindlichkeiten auf der anderen Seite ist die i. S. v. § 387 BGB erforderliche Gleichartigkeit zu verneinen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass sie grundsätzlich ihre möglichen Gegenansprüche gegenüber den sich jeweils zugunsten des Klägers ergebenden Nettoauszahlungsbeträgen zur Aufrechnung stellen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="65"/>
Dabei wären aber gemäß § 394 Satz 1 BGB zwingend die in §§ 850 ff. ZPO festgeschriebenen Pfändungsfreigrenzen beim Arbeitseinkommen zu wahren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="66"/>
Demgemäß setzt die Aufrechnung in derartigen Fallkonstellationen voraus, dass die dem Arbeitnehmer zustehenden Nettobeträge feststehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="67"/>
Zudem muss die Aufrechnungslage in den Fällen, in denen sich mehrere verschiedene Forderungen auf Gläubiger- und auf Schuldnerseite gegenüberstehen, konkret bestimmt sein, d. h. es muss zweifelsfrei erkennbar sein, welche konkrete Forderung des Schuldners mit welcher einzelnen Forderung des Gläubigers korrespondieren soll. Dies verlangt bereits die Bestimmbarkeit der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, denn nach § 322 Abs. 2 ZPO ist, hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="68"/>
Ansonsten könnte in etwaigen Folgeprozessen, in denen der Arbeitgeber seine angebliche Gegenforderungen weiterverfolgt, nicht ermittelt werden, über welchen Teil der Gegenforderung schon rechtskräftig entschieden worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="69"/>
Bereits diesen formalen Anforderungen genügt die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="70"/>
So stellt sie zum einen der vom Kläger verfolgten Bruttolohnforderung (vermeintliche) Gegenansprüche auf Nettozahlungen gegenüber, ohne den dem vom Kläger begehrten Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag exakt zu beziffern. Schließlich ist auch nicht zweifelsfrei erkennbar, in welcher Reihenfolge die Beklagte ihre Gegenansprüche der berechtigten Forderung des Klägers entgegenhalten will.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="71"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Selbst wenn man die von der Beklagten erklärte Aufrechnung als zulässig betrachten könnte, wäre diese dennoch unbegründet, da die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den an ihre Darlegungs- und Beweislast zu stellenden Anforderungen für das Vorliegen der tatsächlichen anspruchsbegründenden Umstände nicht gerecht geworden ist.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="72"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">So hat die Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 503,39 EUR (brutto) wegen überzahlter Arbeitsvergütung in den Monaten Februar bis April 2001. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="73"/>
Denn es kann nicht im einzelnen nachvollzogen werden, wie sich die von der Beklagten behaupteten, vom Kläger bestrittenen 35,55 "Minusstunden" zusammensetzen sollen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="74"/>
Insofern hätte es der Beklagten oblegen, die Arbeitszeiten des Klägers im Zeitraum vom 01.02. bis einschließlich 30.04.2001 unter genauer Angabe von Arbeitsbeginn und -ende aufzulisten. Als Ergebnis dieser Gesamtaufstellung hätte sich sodann ein Negativsaldo im Bereich der Arbeitszeit von 35,55 Stunden ergeben müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="75"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ebensowenig kann von der erkennenden Kammer festgestellt werden, dass der Beklagten gegenüber dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung von 398,14 EUR wegen unberechtigter Privatbetankungen des dem Kläger zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeuges zustehen würde.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="76"/>
In diesem Zusammenhang sind keinerlei objektive Anknüpfungspunkte für die Einschätzung der Beklagten ersichtlich, dass maximal 30 % der vom Kläger verursachten Tankkosten betrieblich veranlaßt gewesen seien. Die von der Beklagte in Bezug genommene Zeiterfassung des Klägers, auf der diese Berechnung offensichtlich basieren soll, ist von der Beklagten nicht in das vorliegende Verfahren eingeführt worden. Ohne diese fehlt es jedoch an einer ausreichenden Tatsachengrundlage, um diese Einschätzung der Beklagten nachvollziehen zu können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="77"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schließlich kann auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung von 2.209,19 EUR nicht bejaht werden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="78"/>
Insbesondere kann sich die Beklagte dabei nicht auf das Institut der positiven Forderungsverletzung stützen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="79"/>
Nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Ersatz des ihm aus einem pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers entstandenen Schadens verlangen, wenn sich der Arbeitnehmer in einer von ihm zu vertretenden Weise in Widerspruch zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gesetzt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="80"/>
Zum einen steht aber vorliegendenfalls nicht fest, dass der bei dem dem Kläger zur Verfügung gestellten Firmen-Pkw vorhandene Vorschaden, der laut dem Ergebnis des vom ... im Verfahren 4 C 300/01 eingeholten Sachverständigengutachtens nicht dem Unfallereignis vom ... zuzurechnen sein soll, tatsächlich vom Kläger herbeigeführt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="81"/>
Der Kläger hat insoweit bestritten, für einen etwa gegebenen Vorschaden des Pkw verantwortlich zu sein. Er hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 12.08.2003 ausgeführt, dass der in Rede stehende Firmen-Pkw bereits vor Antritt seiner Beschäftigung am 01.02.2001 von anderen Mitarbeitern der Beklagten genutzt worden sei. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass bereits bei Übernahme des Fahrzeuges durch ihn Beschädigungen am Pkw vorhanden gewesen seien. Denn ein entsprechendes Übernahmeprotokoll, aus dem hervorgehe, dass keine Vorschäden vorhanden seien, existiere unstreitig nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="82"/>
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat es verabsäumt, diesem Vortrag substantiiert entgegenzutreten. Damit steht nicht fest, dass der Kläger als allein möglicher Schadensverursacher eines etwaigen Vorschadens am Firmen-Pkw in Betracht kommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="83"/>
Zudem ist der Vortrag der Beklagten betreffend die Schadenshöhe von 2.209,19 EUR nicht schlüssig. Ersatzfähig wären von vorneherein nur die infolge eines etwaigen vom Kläger vor dem 18.03.2001 erlittenen Unfalls verursachten Mehrkosten. Eine Reparatur des Fahrzeuges verbunden mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer der Reparatur des Pkw wäre nämlich ohnehin aufgrund des Unfalls vom 18.03.2001 erforderlich geworden, so dass die dem Unfall vom 18.03.2001 zuzurechnenden Aufwendungen bei der Bemessung einer etwaigen Schadenshöhe hätte außen vor gelassen werden müssen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Damit kann festgehalten werden, dass die von der Beklagten gegenüber den berechtigten Vergütungsansprüchen des Klägers erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen ins Leere geht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="85"/>
<strong>B</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
Die Vergütungsforderung des Klägers i. H. v. 1.146,96 EUR brutto ist ab 01.07.2001 mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen, §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="87"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
Die von der Beklagten erhobene Widerklage ist sowohl unzulässig (A) als auch unbegründet (B).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="89"/>
<strong>A</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Die Unzulässigkeit der Widerklage resultiert aus der mangelnden Bestimmtheit des Gegenstandes der Widerklage.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift (damit auch die Widerklageschrift) die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Da, wie bereits oben eingehend erläutert, die Widerklage gemäß § 322 Abs. 2 ZPO an der materiellen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung teilnimmt, müßte zweifelsfrei erkennbar sein, welche der von der Beklagten behaupteten Gegenforderungen gegenüber den vom Kläger verfolgten Vergütungsforderungen zur Aufrechnung gestellt werden und welche (vermeintlichen) Gegenforderungen bzw. welcher Teil derselben der Widerklage zugrunde liegen soll.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
Diese der (wider-)klagenden Partei obliegende Bestimmung einer Rangfolge der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen hat die Beklagte vorliegend nicht vorgenommen, so dass eine eindeutige Bestimmung des Streitgegenstandes der Widerklage nicht möglich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="93"/>
<strong>B</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Im übrigen wäre die Widerklage auch unbegründet. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I. A 2. b Bezug genommen werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben, während die Widerklage abzuweisen war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="96"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Der Rechtsmittelstreitwert gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war auf 3.110,72 EUR (= Addition des Nennwerts der bezifferten Klage- und Widerklageforderung) festzusetzen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,083
|
olgkarl-2003-08-11-5-uf-16203
|
{
"id": 146,
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|
5 UF 162/03
| 2003-08-11T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:42
| 2019-02-12T12:40:01
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antragstellerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.</p>
<p>2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts ... - Familiengericht - vom 21.01.2003 (...) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.</p>
<p>3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung ihres Kindes.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die nicht verheirateten Eltern des am 30.07.2000 geborenen Kindes ... . Der Antragsgegner hat die Vaterschaft anerkannt. Die Eltern haben außerdem am 26.04.2000 eine Sorgeerklärung gem. §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1, 1626 b Abs. 2 BGB abgegeben (UR Nr. 379/2000 des Landratsamtes ... - Kreisjugendamt -). Ihnen steht deshalb die elterliche Sorge für Lena gemeinsam zu. Die Antragstellerin hat am 15.06.2002 geheiratet und den Namen ihres Ehemannes angenommen. ... lebt im Haushalt der Antragstellerin und ihres Ehemannes.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Antragstellerin und ihr Ehemann möchten ... nun ihren Ehenamen erteilen. Der Antragsgegner ist damit nicht einverstanden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Antragstellerin hat deshalb beantragt, die Einwilligung des Vaters gem. § 1618 S. 4 BGB familiengerichtlich zu ersetzen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Beschluss vom 21.01.2003 hat das Familiengericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zur Einbenennung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwingende Voraussetzung für eine Ersetzung nach § 1618 BGB die Namensgleichheit zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zum Zeitpunkt der Einbenennung sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Das Kind habe zu keinem Zeitpunkt den gleichen Namen wie der andere Elternteil (Vater) gehabt. Lediglich die Tatsache, dass eine Sorgerechtserklärung abgegeben worden sei, bringe ein Zustimmungsbedürfnis mit sich. Hier sei jedoch die Möglichkeit des § 1618 BGB nicht gegeben, vielmehr müsse eine Änderung des Sorgerechts bzw. Übertragung der Entscheidungsbefugnis erfolgen. Außerdem fehlten noch die übrigen Erklärungen zur Einbenennung, die in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt werden müssten. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 29.01.2003 zugestellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 06.02.2003, beim Amtsgericht ... per Telefax eingegangen noch am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er weist allerdings auch darauf hin, dass seine Zustimmung zur Einbenennung notwendig sei, da er zusammen mit der Antragstellerin sorgeberechtigt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Das Familiengericht ... hat die Beschwerde erst mit Verfügung vom 07.07.2003 an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 14.07.2003 eingegangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Bereits mit Schriftsatz vom 02.06.2003 hat die Antragstellerin fürsorglich beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
II. 1. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Die Antragstellerin hat die Notfrist gem. §§ 621 e Abs. 3 S. 2, 517 ZPO versäumt. Gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1, Abs. 3 ZPO findet nämlich gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 21.01.2003 die befristete Beschwerde statt, die binnen der Notfrist von einem Monat beim Beschwerdegericht (§ 621 e Abs. 3 S. 1 ZPO), also beim Oberlandesgericht einzulegen gewesen wäre. Dies gilt auch für Entscheidungen des Rechtspflegers, für die gem. § 11 Abs. 1 RPflG das Rechtsmittel gegeben ist, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist, d.h. die befristete Beschwerde des § 621 e ZPO bei urteilsähnlichen Endentscheidungen, die das Verfahren beenden, insbesondere etwa die Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung nach § 1618 BGB (BGH FamRZ 1999, 1648; Zöller/Philippi, ZPO, 23. A., § 621 e Rn. 6 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Nachdem der angefochtene Beschluss der Antragstellerin am 29.01.2003 zugestellt wurde, lief für sie die Beschwerdefrist damit am 28.02.2003 ab (§ 188 Abs. 3 BGB), während die Beschwerde erst am 14.07.2003 beim Oberlandesgericht eingegangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Antragstellerin hat die Wiedereinsetzung form- und fristgerecht beantragt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Der Antragstellerin ist Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, weil sie ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Zwar liegt ein ihr gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres Anwalts darin, dass die Beschwerde beim falschen Gericht eingereicht wurde, nämlich beim Amtsgericht Lahr statt beim Beschwerdegericht (§ 621 e Abs. 3 S. 1 ZPO); § 621 e Abs. 3 S. 1 ZPO geht § 21 Abs. 1 FGG vor, wonach die Beschwerde auch beim Erstgericht eingelegt werden kann (Zöller/Philippi, a.a.0., § 621 e Rn. 35).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Das Verschulden war jedoch nicht ursächlich für die Fristversäumung. Denn bei pflichtgemäßer Weiterleitung der Beschwerdeschrift durch das Familiengericht an das Oberlandesgericht wäre die Fristversäumung vermieden worden (siehe dazu BVerfG NJW 1995, 3173; BGH VersR 1998, 341; 1998, 608; 1999, 1170). Die Beschwerdeschrift ging vorliegend bereits am 06.02.2003 beim Familiengericht ein, so dass für eine fristwahrende Weiterleitung noch drei Wochen zur Verfügung gestanden hätten, was im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres ausreichend gewesen wäre. Die Antragstellerin durfte jedenfalls darauf vertrauen, dass ihre Beschwerde erforderlichenfalls fristgerecht an das Oberlandesgericht weitergeleitet würde.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Der Antragstellerin war deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Die befristete Beschwerde ist damit zulässig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Sie ist auch begründet. Gem. § 1618 S. 3 BGB ist für die Einbenennung eines Kindes alternativ in zwei Fällen die Einwilligung des anderen Elternteils erforderlich, nämlich entweder, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder wenn das Kind seinen Namen führt. Die Einwilligung des anderen Elternteils ist also nach dem Wortlaut des Gesetzes immer dann erforderlich, wenn der andere Elternteil mit sorgeberechtigt ist; auf den gemeinsamen Namen kommt es in diesem Fall nicht an. Denn nach der Änderung des § 1618 BGB durch Artikel 1 Nr. 3 des Gesetzes zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten vom 09.04.2002 (KindRVerbG, Bundesgesetzblatt I, 1239) ist die Einbenennung nicht mehr nur bei Alleinsorge möglich, sondern auch dann, wenn die Eltern des Kindes gemeinsam sorgeberechtigt sind. Gleichzeitig hat das KinderRVerbG § 1618 S. 3 BGB dahin erweitert, dass die Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung nicht nur dann erforderlich ist, wenn das Kind seinen Namen führt, sondern auch dann, wenn ihm lediglich die elterliche Sorge gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, der die Einbenennung betreibt. Sinn dieser Erweiterung ist es, bei Verweigerung der Zustimmung nicht die §§ 1628, 1687 BGB anwenden zu müssen, sondern von der Ersetzungsmöglichkeit von § 1618 S. 4 BGB Gebrauch machen zu können (Schomburg KindPrax 2002, 77 f.; Palandt/Dieterichsen, BGB, 62. A., § 1618 Rn. 13).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Somit ist das Familiengericht unzutreffend davon ausgegangen, die Einwilligung des Antragsgegners zur Einbenennung von   sei nicht erforderlich.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Allerdings ist die Sache derzeit noch nicht entscheidungsreif. Vor einer Entscheidung über die familiengerichtliche Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils sind nämlich zwingend die Beteiligten persönlich anzuhören; das Gericht hat sich insoweit einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (siehe dazu OLG Bamberg, FamRZ 2000, 691; OLG Düsseldorf, ebenfalls FamRZ 2000, 691).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Auch ist gem. § 49 a FGG das Jugendamt am Verfahren zu beteiligen und anzuhören.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
In einem solchen Fall kann das Beschwerdegericht den Beschluss des Familiengerichts aufheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückverweisen (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. A., § 25 Rn. 7).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Das Familiengericht hat deshalb zunächst die erforderlichen Anhörungen durchzuführen, um eine genügende Grundlage für eine erneute Entscheidung zu schaffen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; diese bleibt der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorbehalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Beschwerdewert ergibt sich aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO.
</td></tr></table>
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</td></tr></table>
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15 U 41/02
| 2003-08-08T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:39
| 2019-02-12T12:40:00
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.06.2002 - 4 O 26/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:</p>
<p>2. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>3. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>5. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. In einem Zeitungsinserat im Sommer 2001 bot sie eine "Einfamilien-Doppelhaushälfte mit Garten und Garage" zum Verkauf an. Die Beklagte interessierte sich für dieses Angebot und erhielt von der Klägerin ein Exposé ("Verkaufsangebot", Anlagen LG B 1). Die Beklagte, die sich schon vorher für andere freistehende Einfamilienhäuser oder Reihenhäuser interessiert hatte, besichtigte das Anwesen und unterzeichnete am 02.07.01 auf einem Formular der Klägerin eine Maklervereinbarung, in welcher sich die Beklagte zur Zahlung einer Provision von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer beim Zustandekommen eines Kaufvertrages verpflichtete (Anlagen LG Klägerin AS. 7). Das Objekt, das vermittelt werden sollte, war in diesem Vertragsformular bezeichnet mit "DHH mit Garage". Beide Parteien verstanden unter einer "Doppelhaushälfte" ein Einfamilienhaus auf einem eigenen Grundstück und nicht etwa einen Anteil an einer aus zwei Haushälften gebildeten Wohnungseigentümergemeinschaft.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Nachdem die Beklagte einen Grundbuchauszug eingeholt hatte, stellte sie fest, dass es nicht möglich war, an dem betreffenden Einfamilienhaus Alleineigentum zu erwerben; vielmehr handelte es sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, bei der ein Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an einer Haushälfte zum Verkauf stand. Am 12.07.2001 begab sich die Beklagte in das Büro der Klägerin und wies den Vater der Klägerin, der dort für die Klägerin tätig war, auf die Diskrepanz zu den Angaben im Angebot der Klägerin hin. Die Beklagte erklärte, sie wolle zunächst in Verhandlungen mit dem potentiellen Nachbarn klären, ob dieser - nach Erwerb des zum Verkauf stehenden Anteils an der WEG - mit einer Grundstücksteilung und Auseinandersetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft einverstanden wäre. Ein zu diesem Zeitpunkt bereits auf den 18.07.2001 vereinbarter Notartermin wurde von der Klägerin abgesagt.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Am 27.07.2001 wurde bei dem Notariat in K. ein Kaufvertrag protokolliert, in welchem die Beklagte einen Miteigentumsanteil an dem betreffenden Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Haushälfte, erwarb. Die Klägerin war bei dem Notartermin anwesend. Auf Drängen der Klägerin wurde in den Kaufvertrag - an welchem die Klägerin nicht unmittelbar beteiligt war - eine zusätzliche Klausel aufgenommen:
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table><table><tr><td>XIII</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Dieser Kaufvertrag wurde vermittelt durch
</td></tr></table><table><tr><td>K. I.</td></tr></table><table><tr><td>B</td></tr></table><table><tr><td>7. ... B.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Vermittler erhält ebenfalls eine Abschrift dieser Urkunde.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Klägerin hat erstinstanzlich von der Beklagten Zahlung des Maklerhonorars verlangt. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, sie habe bis zu dem Hinweis seitens der Beklagten am 12.07.2001 nichts davon gewusst, dass nicht eine Doppelhaushälfte, sondern Wohnungseigentum zum Verkauf stand. Die Klägerin sei selbst von den Verkäufern falsch informiert worden.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe gewusst, dass die Angaben im Exposé und im Maklervertrag unrichtig gewesen seien. Der Vater der Klägerin habe dies auf den Vorhalt der Beklagten am 12.07.2001 eingeräumt. Die unzutreffende Bezeichnung als Doppelhaushälfte sei gewählt worden, weil sich bei einem Angebot als "Wohnungseigentum" kein Interessent melden würde. Der Beklagten sei es darum gegangen, ein Einfamilienhaus und nicht Wohnungseigentum zu erwerben. Dementsprechend sei beabsichtigt, einvernehmlich mit dem Nachbarn, jedoch auf alleinige Kosten der Beklagten, eine Teilung der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen. Zu diesem Zweck habe die Beklagte bereits Vermessungskosten in Höhe von 5.556,80 DM aufgewendet. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, wegen der unrichtigen Angaben im Angebot und im Maklervertrag stehe der Klägerin ein Honoraranspruch nicht zu. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt im Hinblick auf die zum Zweck der Grundstücksteilung aufgewendeten Kosten.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 9.341,30 EUR nebst Zinsen verurteilt. Es hat die Voraussetzungen eines Maklerlohnanspruchs für gegeben erachtet.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält die Entscheidung des Landgerichts aus Rechtsgründen für unrichtig. Sie weist ergänzend darauf hin, dass sie nach dem 12.07.2001 keinerlei Interesse mehr an einer Tätigkeit der Klägerin gehabt habe. Soweit sich die Beklagte wegen der Vereinbarung des Notartermins erneut an die Klägerin gewandt habe, habe die Klägerin - aus der Sicht der Beklagten - nur die Rolle einer für die Verkäuferin tätigen Ansprechpartnerin gespielt.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
unter Abänderung des am 25.06.02 verkündeten Urteils des Landgerichts Karlsruhe (Az.: 4 O 26/02) die Klage abzuweisen.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Klägerin beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Klägerin meint, es sei auch nach dem 12.07.2001 der Wunsch der Beklagten gewesen, dass die Klägerin weiterhin für die Beklagte tätig sein solle. Die Beklagte habe in einem Telefongespräch nach dem 12.07.2001 gegenüber dem Zeugen N. K. ausdrücklich erklärt, dass sie noch Interesse an dem Objekt habe. Bei einem weiteren Telefongespräch habe die Beklagte gewünscht, dass die Klägerin im Hinblick auf die Vereinbarung eines Notartermins tätig werden solle. Die Beklagte habe hierbei gewusst, dass der Klägerin - beim Zustandekommen eines Kaufvertrages - gegenüber der Verkäuferin kein Provisionsanspruch zustehe.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Parteien wiederholen und vertiefen im übrigen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Maklerhonorar im Hinblick auf den Kaufvertrag vom 27.07.2001 zu.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Für einen Vergütungsanspruch der Klägerin gibt es keine vertragliche Grundlage. Aus dem von der Beklagten am 02.07.2001 unterzeichneten schriftlichen Vertrag lässt sich ein Anspruch der Klägerin nicht herleiten. Es fehlt an der Identität zwischen dem zustande gekommenen und dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Hauptvertrag.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Für einen Honoraranspruch des Maklers ist es nicht ausreichend, dass der Makler in irgendeiner Art und Weise ursächlich wird für den Immobilien-Erwerb seines Kunden. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Makler eine Leistung erbracht hat, die im Maklervertrag als solche vorgesehen war und für welche der Kunde sich vertraglich gegenüber dem Makler zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet hatte. Wenn ein Makler eine bestimmte Vertragsgelegenheit nachweisen oder einen bestimmten Kaufvertrag vermitteln soll, wobei im Maklervertrag festgelegt worden ist, welchen Anforderungen der zu vermittelnde Kaufvertrag entsprechen soll, dann muss die Leistung des Maklers diesen Anforderungen auch entsprechen. Hieraus ergibt sich das Erfordernis, dass beabsichtigter und zustande gekommener Hauptvertrag jedenfalls im Wesentlichen übereinstimmen müssen (vgl. beispielsweise Senat, Entscheidung vom 20.10.1989, RDM-Rechtsprechung, A 133, Blatt 16; Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl. 1999, Rn. 387 ff.). Für die Frage der wirtschaftlichen Identität ist eine Prüfung der Umstände des Einzelfalles erforderlich; es kommt darauf an, inwieweit der vom Auftraggeber des Maklers mit dem Abschluss des Maklervertrages erstrebte wirtschaftliche Erfolg durch den Abschluss des Hauptvertrages eingetreten ist (vgl. BGH, NJW 1998, 2277, 2278). Ob der Auftraggeber zu irgendeinem Zeitpunkt die Zahlung einer Provision ausdrücklich ablehnt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Der von der Beklagten erstrebte wirtschaftliche Erfolg ist durch den Erwerb von Wohnungseigentum nicht eingetreten. Entscheidend ist, dass die Klägerin von der Beklagten ausdrücklich mit einer Maklertätigkeit (Nachweis oder Vermittlung) für den Erwerb einer Doppelhaushälfte beauftragt war und nicht mit einer Tätigkeit für den Erwerb von Wohnungseigentum. Dies ergibt sich aus den eindeutigen Formulierungen im "Verkaufsangebot" und im schriftlichen Maklervertrag. Zwischen den Parteien besteht keinerlei Streit darüber, dass die Bezeichnung "Doppelhaushälfte" in den schriftlichen Unterlagen ein eigenes Grundstück meint. Wohnungseigentum ist von dem Begriff "Doppelhaushälfte" nicht mit umfasst.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der Unterschied zwischen einer Doppelhaushälfte und Wohnungseigentum ist generell für einen Käufer von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Mangels abweichender besonderer Umstände im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass dieser Unterschied auch im vorliegenden Fall für die Beklagte bedeutsam war. Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss des Maklervertrages in irgendeiner Art und Weise besprochen hätten, dass eine Doppelhaushälfte und Wohnungseigentum für die Beklagte gleichwertige Erwerbsmöglichkeiten sein könnten, zumal die Beklagte auch vorher - unstreitig - nach einem freistehenden Einfamilienhaus oder einem Reihenhaus und nicht nach Wohnungseigentum gesucht hatte.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die wirtschaftliche Bedeutung beim Erwerb eines Einfamilienhauses besteht vor allem in der Freiheit, über das eigene Haus vollständig nach eigenen Wünschen und Interessen verfügen zu können. Diese Möglichkeiten unterliegen bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unerheblichen Beschränkungen. Wer eine Haushälfte bewohnt, die zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehört, muss generell in deutlich größerem Umfang als ein Alleineigentümer bei der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und bei der Verwaltung der Gemeinschaft die Interessen und Vorstellungen des Nachbarn berücksichtigen. Es kommt hinzu, dass wegen der gegebenen Beschränkungen die Verkaufsmöglichkeiten für Wohnungseigentum schwieriger sein dürften als bei einer Doppelhaushälfte in Alleineigentum, was den Verkehrswert des Objekts nicht unerheblich beeinflussen dürfte. Der wirtschaftliche Unterschied wird auch dadurch deutlich, dass eine Grundstücksteilung - zur Herstellung von Alleineigentum an der Doppelhaushälfte - in der Regel mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist (vgl. den Sachvortrag der Beklagten zu diesen Kosten im Schriftsatz vom 22.07.2003, S. 2 und den Gebührenbescheid Anlagen LG B2). Offenbar ist im vorliegenden Fall auch die Klägerin selbst davon ausgegangen, dass der Unterschied zwischen einer Doppelhaushälfte und Wohnungseigentum als erheblich anzusehen ist; denn nur so ist zu erklären, dass die Klägerin - nach ihrem Vortrag - der früheren Eigentümerin Vorhaltungen gemacht hat, weshalb diese die Klägerin nicht zutreffend über die Rechtsverhältnisse an dem Grundstück informiert habe (vgl. I, 69/71).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die wirtschaftliche Bedeutung des Unterschieds zwischen Alleineigentum und Wohnungseigentum für die Beklagte ergibt sich auch aus dem weiteren Verhalten der Beklagten, nachdem sie die tatsächlichen Rechtsverhältnisse durch den Grundbuchauszug entdeckt hatte. Unstreitig versuchte die Beklagte, mit dem Nachbarn eine Vereinbarung über eine Grundstücksteilung herbeizuführen. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Gebührenbescheid des staatlichen Vermessungsamts B. (Anlagen LG B 2) ergibt sich, dass die Beklagte für die beabsichtigte Teilung bereits mehr als 5.000 DM aufgewendet hat. Angesichts der wirtschaftlichen Diskrepanz zwischen Alleineigentum und Sondereigentum kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, aus welchen Gründen letztlich bisher eine Grundstücksteilung unterblieben ist (vgl. zur mangelnden wirtschaftlichen Identität in einem entsprechenden Fall OLGR Düsseldorf 1994, 229; vgl. zur wirtschaftlichen Identität in ähnlichen Fällen auch OLG Köln, Urteil vom 09.30.1992, RDM-Rechtsprechung A 133, Blatt 28; OLG Hamm, OLGR 1994, 255; OLG Zweibrücken, Urteil vom 15.07.1994, RDM-Rechtsprechung A 133, Blatt 33 S. 3).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Klägerin kann ihren Honoraranspruch auch nicht auf die Klausel in XIII des notariellen Kaufvertrages stützen. Zwar kann eine Maklerklausel in einem Kaufvertrag als Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) gegebenenfalls einen Honoraranspruch des Maklers begründen (vgl. beispielsweise BGH, NJW 1996, 654, 655). Die vorliegende Klausel entspricht jedoch nicht den gebräuchlichen Maklerklauseln, denen die Rechtsprechung die Wirkung eines Vertrages zu Gunsten Dritter beimisst. Die entsprechenden Klauseln, die Gegenstand der Rechtsprechung waren, enthielten ausdrückliche Verpflichtungserklärungen des Kunden zur Zahlung einer Provision in bestimmter Höhe (vgl. beispielsweise BGH a.a.O.). Der von der Beklagten abgeschlossene Kaufvertrag enthält jedoch keinerlei derartige Verpflichtung gegenüber der Klägerin. Die Formulierung "Dieser Kaufvertrag wurde vermittelt ..." enthält nur eine Bestätigung einer bestimmten Tatsache.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Für eine erweiternde Auslegung dieser Klausel gibt es keinen Anlass. Die Bestätigung, wonach der Kaufvertrag durch die Klägerin vermittelt worden sei, hätte als Tatsachenbestätigung für die Klägerin dann rechtliche Bedeutung erlangen können, wenn sich die Parteien nachträglich - nur - darüber gestritten hätten, ob die Klägerin eine Vermittlungsleistung erbracht hat. Der Formulierung lässt sich jedoch weder eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten entnehmen noch eine vertragliche Klarstellung der Beklagten gegenüber der Klägerin dahingehend, dass die Vermittlungsleistung der Klägerin, gegenüber der im Maklervertrag vorgesehenen Leistung der Klägerin (Erwerb einer Doppelhaushälfte), als wirtschaftlich gleichwertig angesehen werden sollte. Schließlich lässt sich dem Wortlaut der Klausel auch nicht entnehmen, dass die Beklagte in irgendeiner Art und Weise mit einer Änderung des ursprünglichen Maklervertrages einverstanden gewesen wäre.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Bei der Auslegung der Vermittlungsklausel ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Klausel unstreitig auf Drängen der im Notartermin anwesenden Klägerin ("nachhaltige" Bitte, Berufungserwiderung S. 8, II 67) in den Vertrag aufgenommen wurde. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Klägerin gewesen, gegebenenfalls für eine eindeutige Formulierung zu ihren Gunsten zu sorgen, wenn sie eine rechtliche Begründung für eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten erreichen wollte (vgl. zu einer ähnlichen Maklerklausel auch LG Erfurt, NJW-RR 2001, 1132).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Klägerin kann ihren Vergütungsanspruch auch nicht auf eine nachträgliche Änderung des Maklervertrages vom 02.07.2001 stützen. Weder ausdrücklich noch konkludent hat die Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt erklärt, Maklerhonorar - in Abweichung von der schriftlichen Erklärung vom 02.07.2001 - auch für die Vermittlung eines Vertrages über den Erwerb von Wohnungseigentum zu zahlen.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Eine ausdrückliche Vertragsänderung ergibt sich auch aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht. Wenn die Beklagte - wie die Klägerin vorträgt - auf Rückfrage des Zeugen N. K. nach dem 12.07.2001 äußerte, sie habe noch Interesse an dem Objekt, heißt dies noch nicht, dass die Klägerin nach dem Willen der Beklagten weiterhin als Maklerin, und zwar für die Beklagte, tätig sein sollte. Andere konkrete Erklärungen der Beklagten, aus denen sich ein Wille zur Änderung des Maklervertrages ergeben würde, lassen sich dem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Der Umstand, dass die Beklagte den von der Klägerin hergestellten Kontakt zu den Verkäufern ausgenutzt hat, um mit den Verkäufern einen Vertrag über den Erwerb von Wohnungseigentum abzuschließen, reicht für eine Vertragsänderung grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, NJW-RR 2000, 57). Will ein Makler für einen nicht vertragsgemäßen Nachweis bzw. eine nicht vertragsgemäße Vermittlung Provision erhalten, so muss er zunächst die Änderung des Maklervertrages anbieten und die Annahme des Angebots abwarten, bevor er seine Leistung erbringt. Eine solche Vertragsänderung kann allerdings auch konkludent erfolgen, wenn sich der Auftraggeber eine weitere Tätigkeit des Maklers gefallen lässt, obwohl bereits feststeht, dass das ursprünglich beabsichtigte Geschäft nicht oder nicht zu den in Aussicht genommenen Bedingungen zustande kommen kann (vgl. BGH a.a.O.).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Diese Voraussetzungen kann der Senat im vorliegenden Fall nicht feststellen. Die Beklagte hat zwar noch nach dem 12.07.2001, als sie die Mangelhaftigkeit des Angebots gerügt hatte, Maklerleistungen der Klägerin entgegengenommen; denn die Klägerin vereinbarte auf Bitten der Beklagten einen Notartermin und übermittelte Vertragsdaten an die Notarin. Eine konkludente Willenserklärung setzt jedoch in der Regel auch das Bewusstsein voraus, dass eine rechtsgeschäftliche Erklärung wenigstens möglicherweise erforderlich ist. Bei der Hinnahme von Maklerdienstleistungen ist ein Erklärungsbewusstsein des Interessenten nur dann anzunehmen, wenn aus der Sicht des Interessenten klar ist, dass der Makler nur für den Interessenten tätig werden will. Wenn hingegen aus der Sicht des Interessenten auch die Deutung möglich ist, dass der Makler seine Leistungen im Auftrag der Gegenseite erbringen will, kommt ein Erklärungsbewusstsein nicht in Betracht (vgl. Senat, NZM 2002, 493, 494 m.w.N.). So liegt der Fall hier: Bei dem Telefongespräch mit der Klägerin nach dem 12.07.2001 nahm die Beklagte - nach ihrem Vortrag - an, dass die Klägerin nach wie vor aufgrund eines Auftrags der Verkäufer sich um das Zustandekommen eines Kaufvertrages bemühen wollte. Dass die Klägerin von den Verkäufern keine Provision verlangen wollte (vgl. Anlagen LG Klägerin AS. 13), war der Beklagten damals nicht bekannt. Zumindest hat die - für die Voraussetzungen einer Vertragsänderung beweispflichtige - Klägerin den Nachweis einer entsprechenden Kenntnis auf Seiten der Beklagten nicht geführt. Hinsichtlich der im Schriftsatz vom 17.07.2003 Seite 4 genannten Zeugen K. und L. hat der Klägervertreter im Senatstermin klargestellt, dass eine Konkretisierung des Sachvortrags zu dem behaupteten Hinweis an die Beklagte nicht möglich ist. Da der Sachvortrag der Klägerin zu diesem Punkt unsubstantiiert ist, kam eine Vernehmung der beiden Zeugen durch den Senat nicht in Betracht.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Wenn die Klägerin Provision von der Beklagten erhalten wollte, hätte sie nach dem 12.07.2001, als ihr die Fehlerhaftigkeit ihres Angebots bekannt wurde, ausdrücklich ein neues Provisionsverlangen an die Beklagte richten müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan. Ein konkretes Provisionsverlangen nach dem 12.07.2001 lässt sich den Schriftsätzen des Klägervertreters - auch nach dem schriftlichen Hinweis des Vorsitzenden in der Verfügung vom 25.06.2003 unter Ziffer 3 b.) - nicht entnehmen, entgegen der Auffassung des Klägervertreters im Schriftsatz vom 05.08.2003. Ohne ein solches Provisionsverlangen der Klägerin nach dem 12.07.2001 kann das weitere Verhalten der Beklagten - Hinnahme von Maklerleistungen - nicht als konkludente Erklärung für eine Vertragsänderung gedeutet werden (vgl. zum Erfordernis eines ausdrücklichen Provisionsverlangens für das Zustandekommen eines konkludenten Maklervertrags Senat a.a.O.).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.08.20034 bot keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§156 ZPO).
</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr></table>
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138,082
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15 U 76/01
| 2003-08-08T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:40
| 2019-02-12T12:40:01
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Urteil
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<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der im Jahr ... geborene Kläger und der Beklagte sind Brüder. Mit Beschluss vom 27.12.1990 ordnete das Amtsgericht Ettlingen - Vormundschaftsgericht - Gebrechlichkeitspflegschaft für den Kläger an, wobei der Beklagte zum Pfleger bestellt wurde. Mit der Neuregelung des Pflegschaftsrechts ging die Pflegschaft am 01.01.1992 in eine Betreuung über. Mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 26.02.1999 wurde der Beklagte als Betreuer entlassen. Gleichzeitig wurde Frau C. S. zur Betreuerin bestellt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Während der Pflegschaft bzw. Betreuung hatte der Beklagte eine Vielzahl von wirtschaftlichen Angelegenheiten für den Kläger zu regeln. Es waren erhebliche Schulden zu regulieren. Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers (Schäferei) wurde von dem Beklagten übergangsweise für mehrere Monate weiter geführt und anschließend verpachtet. Das landwirtschaftliche Grundstück des Klägers konnte von dem Beklagten schließlich günstig verkauft werden. Es gelang dem Beklagten, Ansprüche des Klägers aus einer Unfallversicherung und Rentenansprüche durchzusetzen und damit die wirtschaftliche Zukunft des Klägers zu sichern. Die Tätigkeit des Beklagten war unstreitig zumindest zeitweise mit erheblichem Zeitaufwand des Beklagten und vielen persönlichen Schwierigkeiten im Verhältnis zwischen den Brüdern verbunden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Beklagte verfügte während der Betreuung über die Bankkonten des Klägers. Er entnahm in größerem Umfang Gelder vom Giro-Konto des Klägers und überwies mehrfach bestimmte Beträge auf sein eigenes Konto. Einen Teil der Barabhebungen verwendete der Beklagte während seines Zeitraums von mehreren Jahren unstreitig zur Auszahlung eines Taschengeldes in Höhe von 200 DM pro Woche an den Kläger.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Kläger, der im Rechtstreit durch seine Betreuerin Frau C. S. vertreten wird, hat vor dem Landgericht von dem Beklagten Rückzahlung eines erheblichen Teiles der Gelder verlangt, welche vom Konto des Klägers entnommen wurden. Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe die entnommenen Gelder offenbar mit seinem eigenen Vermögen vermischt. Im Ergebnis habe der Beklagte den überwiegenden Teil der entnommenen Gelder nicht für Aufwendungen zu Gunsten des Klägers sondern für eigene Zwecke verbraucht. Außerdem hat der Kläger mehrere Schadensersatzpositionen geltend gemacht (Rechnung Rechtsanwalt O. 600,30 DM, Stromkosten 2.485,13 DM und weitere Stromkosten 6.045,73 DM).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Beklagte hat jegliche Verwendung von Geldern des Klägers für eigene Zwecke bestritten. Aus diversen Abrechnungen, welche der Beklagte im Rahmen der Betreuung dem Vormundschaftsgericht vorgelegt habe, ergebe sich, dass sämtliche entnommenen Gelder für konkrete Aufwendungen zu Gunsten des Klägers verwendet worden seien. Mit entsprechenden Aufwendungsersatzansprüchen hat der Beklagte Aufrechnung erklärt. Da er eine Vielzahl von Aufwendungen für den Kläger getätigt habe, seien nicht nur eventuelle Ansprüche des Klägers erloschen; vielmehr habe seinerseits der Beklagte noch Erstattungsansprüche gegenüber dem Kläger.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Beklagte hat eingeräumt, er könne die Aufwendungen und die Zahlungen aus seinem eigenen Vermögen im Wesentlichen nicht durch geeignete Belege nachweisen. Daraus könne ihm im Rechtsstreit jedoch kein Nachteil erwachsen; denn der zuständige Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts habe sämtliche Abrechnungen des Beklagten jeweils geprüft und nicht beanstandet. Die gesamte Verfahrensweise des Beklagten als Betreuer (Entnahmen vom Konto des Klägers, Aufwendungen ohne Belege) sei mit dem Rechtspfleger abgesprochen gewesen. Dass er im Verhältnis zum Kläger eine ordnungsgemäße Buchhaltung - einschließlich der Aufbewahrung der Belege - hätte führen müssen, habe der Beklagte nicht gewusst; dies sei ihm auch vom Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts nicht erklärt worden. Wenn er die im Rechtsstreit zur Debatte stehenden Anforderungen an seine Abrechnungen gekannt hätte, hätte er die Betreuung nicht übernommen, weil er zu einer anderen Abrechnung nicht in der Lage gewesen wäre.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung in Höhe von 144.509,50 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.08.2001 verurteilt. Außerdem hat das Landgericht den Beklagten zur Herausgabe bestimmter Unterlagen des Klägers verurteilt, die sich noch im Besitz des Beklagten befinden (vgl. Ziffer 2 des Tenors des landgerichtlichen Urteils). Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte müsse sämtliche vom Konto des Klägers entnommenen Geldbeträge, wie ein Beauftragter gemäß § 667 BGB zurückzuzahlen. Der Beklagte habe Aufwendungsersatzansprüche, die den Ansprüchen des Klägers entgegenzuhalten seien, nicht nachgewiesen. Hierbei könnten dem Beklagten Beweiserleichterungen aus Rechtsgründen nicht zugute kommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er ist im Übrigen der Auffassung, eventuelle Ansprüche des Klägers seien verjährt und verwirkt. Die Betreuung für den Bruder, die die wirtschaftliche Existenz und die Zukunft des Klägers gesichert habe, sei über einen Zeitraum von vielen Jahren mit einem derart großen persönlichen und finanziellen Einsatz des Beklagten verbunden gewesen, dass sich der Beklagte durch die Tätigkeit für seinen Bruder selbst finanziell ruiniert habe.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Klägerin hat außergerichtlich nach dem erstinstanzlichen Urteil die Aufrechnung gegenüber einem Anspruch des Beklagten auf Betreuervergütung in Höhe von 3.834,69 EUR (7.500 DM) mit einem entsprechenden Teil der Klageforderung erklärt. Die Parteien haben daraufhin in Höhe dieses Betrages nebst den Zinsen aus diesem Betrag seit dem 16.08.2001 den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
das Urteil des Landgerichts vom 16.08.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Kläger wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Vortrag. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Im Einzelrichtertermin vom 11.03.2003 sind die Parteien informatorisch angehört worden; insoweit wird auf das bei den Akten befindliche Protokoll verwiesen. Die Akten des Vormundschaftsgerichts waren zu Beweiszwecken beigezogen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Die Berufung hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung wendet, ist sein Rechtsmittel überwiegend unbegründet. Hinsichtlich der Herausgabe von Unterlagen ist die Berufung unzulässig.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Dem Kläger steht aus der Betreuungstätigkeit des Beklagten ein Anspruch in Höhe von 66.633,64 EUR zu. Der Anspruch ergibt sich aus folgender Abrechnung:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Forderungen des Klägers:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Barabhebungen des Beklagten vom Konto des Klägers:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table cellpadding="0" cellspacing="0" border="0" class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="20"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">28.12.1990</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">12.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1991</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">11.500 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1992</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1993</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">13.800 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1994</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">19.400 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1995</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">25.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1996</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">20.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1997</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">12.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1998</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">7.500 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1999</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Summe Barabhebungen:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">126.200 DM</td>
</tr>
</table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>bb) Überweisungen des Beklagten vom Konto des Klägers auf das Konto des Beklagten:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table cellpadding="0" cellspacing="0" border="0" class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="22"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">27.04.1993</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">13.109,34 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">04.08.1993</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">5.675,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">21.09.1993</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">14.994,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">30.05.1995</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">21.400,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Summe Überweisungen:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">55.178,34 DM</td>
</tr>
</table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>cc) Stromkosten Schadensersatz: 6.045,73 DM</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Summe Forderungen des Klägers:     187.424,07 DM</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Gegenforderungen des Beklagten wegen Taschengeldzahlungen an den Kläger:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table cellpadding="0" cellspacing="0" border="0" class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="26"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">01.01.1991 - 31.12.1994: <br/> (wöchentlich 200 DM;</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">41.600 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">01.01.1995 - 31.07.1995:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">6.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Frühjahr 1996 Sonderzahlung:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.000 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Summe Taschengeldzahlungen:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">49.600 DM</td>
</tr>
</table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Es verbleibt eine Differenz zu Gunsten des Klägers in Höhe von DM 137.824,07 = 70.468,33 EUR. Nach Abzug der Betreuervergütung des Beklagten in Höhe von 3.834,69 EUR ergibt sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 66.633,64 EUR.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Zur Begründung der Abrechnung ist folgendes auszuführen:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger diejenigen Gelder zurückzuzahlen, die er als Betreuer vom Konto des Klägers in bar entnommen hat bzw. die er vom Konto des Klägers auf sein eigenes Konto überwiesen hat. Der Anspruch ergibt sich aus § 667 BGB analog. Die Vorschriften des Auftragsrechts, insbesondere §§ 667, 670 BGB sind im Rahmen einer Betreuung im Verhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Betreuer entsprechend anzuwenden. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des landgerichtlichen Urteils verwiesen (vgl. auch Seiler in MünchKomm, BGB, Schuldrecht Besonderer Teil II, 3. Aufl. 1997, § 667 BGB Rn. 27; Wittmann in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1995, vor §§ 662 ff. Rn. 30). Die Beweislast dafür, dass die entnommenen Gelder bestimmungsgemäß für die Zwecke des Klägers verwendet wurden, trägt im Rahmen von § 667 BGB der Beklagte (vgl. BGH, NJW 1997, 47, 48). Mit Ausnahme der in der Abrechnung enthaltenen Taschengeldbeträge ist dieser Beweis dem Beklagten nicht gelungen. Aus der vom Beklagtenvertreter zitierten Entscheidung BGH NJW 2002, 2459, 2460 ergeben sich keine abweichenden rechtlichen Gesichtspunkte: Der Herausgabeanspruch gem. § 667 BGB entfällt nur dann - bzw. geht in einen Schadensersatzanspruch über -, wenn dem Auftragnehmer die Herausgabe des erlangten unmöglich geworden ist. Insoweit fehlen jedoch Darlegung und Nachweis des - beweispflichtigen - Beklagten, dass die jeweils entnommenen Gelder in einer bestimmten Art und Weise ausgegeben bzw. verbraucht wurden; vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen unten Ziffer 3 zu den Voraussetzungen eventueller Ansprüche des Beklagten gem. § 670 BGB.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die in der Abrechnung enthaltenen Entnahmen des Beklagten vom Konto des Klägers (Bar-Abhebungen und Überweisungen auf das Konto des Beklagten) sind unstreitig. Dies gilt auch für die Entnahmen im Jahr 1993 (vgl. den Hinweis des Einzelrichters vom 06.12.02 I Ziffer 1 - II 139 - und die Stellungnahme des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 27.01.03 S. 8, II 241).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>In Höhe von 6.045,73 DM steht dem Kläger ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Der Beklagte hat insoweit diejenigen Stromkosten an den Kläger zurückzuzahlen, die vom Konto des Klägers - auf Veranlassung oder mit Einverständnis des Beklagten - abgebucht wurden, obwohl sie nicht Unkosten des Klägers betrafen sondern Kosten für die von der Tochter des Beklagten bewohnte Wohnung. Über die entsprechende Verpflichtung des Beklagten besteht im Berufungsverfahren kein Streit mehr (vgl. die Erklärung des Beklagten-Vertreters im Einzelrichtertermin vom 11.03.2003, Seite 3 des Protokolls II 277).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die in der Abrechnung berücksichtigten Aufwendungen des Beklagten für Taschengeld zu Gunsten des Klägers sind unstreitig. Der Kläger hat insoweit die erstinstanzliche Abrechnung zu Gunsten des Beklagten korrigiert (vgl. die Erklärung des Kläger-Vertreters im Einzelrichtertermin, Seite 8 des Protokolls II 287). Die entsprechenden aufrechenbaren Gegenansprüche des Beklagten ergeben sich aus § 670 BGB.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Hinsichtlich der Betreuervergütung in Höhe von 3.834,69 EUR, die dem Beklagten noch zusteht, haben die Parteien im Senatstermin nach einer außergerichtlichen Aufrechnung übereinstimmend die teilweise Erledigung des Rechtsstreits erklärt.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Abrechnung enthält eine Aufrechnung des Klägers, wobei bestimmte Einzelforderungen des Klägers gegenüber den Gegenansprüchen des Beklagten (Auslagen für Taschengeldzahlungen) aufgerechnet wurden. Die Konkretisierung der jeweils aufgerechneten Einzelforderungen des Klägers ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.03.2001 S. 2 ff. (I, 183 ff.). Soweit diese Aufstellung - ebenso wie die Aufrechnung hinsichtlich der Betreuervergütung in Höhe von 7.500 DM (3.834,69 EUR) -.keine ausreichende Konkretisierung der aufgerechneten Einzelforderungen enthält, ergibt sich die Konkretisierung aus § 366 Abs. 2 BGB analog (es sind insoweit die früher fälligen Forderungen des Klägers aufgerechnet worden). Die Forderung des Klägers in Höhe von 66.633,64 EUR (130.324, 07 DM) setzt sich - nach Berücksichtigung der Aufrechnungserklärungen - wie folgt zusammen:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table cellpadding="0" cellspacing="0" border="1" class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="35"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1993</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">    600,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1994</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">  9.000,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1995</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">19.000,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1996</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">18.000,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1997</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">12.000,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1998</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">   7.500,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Barabhebungen 1999</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">   3.000,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zwischensumme Barabhebungen</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">69.100,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zuzüglich Überweisungen</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">55.178,34 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zuzüglich Stromkosten Schadensersatz</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">  6.045,73 DM</td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Summe:</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">130.324,07 DM</td>
</tr>
</table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Wegen der Bezahlung einer Anwaltsrechnung von Rechtsanwalt O. am 19.02.1999 steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 600,30 nicht zu. Dies ist in zweiter Instanz unstreitig geworden (Erklärung des Kläger-Vertreters im Einzelrichtertermin vom 11.03.2003, Protokoll Seite 3, II 277).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Dem Kläger steht ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von DM 2.485,13 wegen der Abbuchung von Stromkosten in der Zeit von November 1994 bis Dezember 1995 entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 667 BGB. Denn die abgebuchten Stromkosten hat nicht der Beklagte erlangt, sondern das Versorgungsunternehmen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Dem Kläger steht in dieser Höhe auch kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Für die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs ist der Kläger beweislos.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Nach dem nicht widerlegten Sachvortrag des Beklagten geht es um Stromkosten für die Wohnung im Souterrain des Anwesens des Beklagten (II 61). Diese Wohnung hat der Kläger unstreitig zeitweise bewohnt (II 269, 285). Der Beklagte hat darauf hingewiesen, er habe diese Wohnung - auch wenn sie nur zeitweise vom Kläger tatsächlich bewohnt wurde - für einen längeren Zeitraum für den Kläger freihalten müssen, da die Wohnungssituation des Klägers in diesem längeren Zeitraum unklar gewesen sei (II 285). Diesen Vortrag hat der Kläger nicht widerlegt. Daher ist eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht nachgewiesen, soweit er in der Zeit von November 1994 bis Dezember 1995 eine Abbuchung von Stromkosten für diese Wohnung zu Lasten des Klägers zugelassen hat.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Dem Beklagten sind im Rahmen seiner Betreuungstätigkeit keine weiteren Aufwendungen entstanden, die er gemäß § 670 BGB dem Anspruch des Klägers entgegensetzen könnte. Der Beklagte hat zwar - sowohl im Rahmen der Abrechnungen gegenüber dem Vormundschaftsgericht als auch im Rahmen des vorliegenden Rechstreits - verschiedene Aufwendungen geltend gemacht. Ansprüche des Beklagten gegenüber dem Kläger ergeben sich hieraus jedoch nicht.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Die Darlegungs- und Beweislast für Aufwendungsersatzansprüche obliegt gemäß § 670 BGB dem Beklagten (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl. 2003, § 670 BGB Rn. 7). Der Beklagte hätte dementsprechend beweisen müssen, dass entsprechende Aufwendungen für den Kläger tatsächlich angefallen sind, dass er hierfür Zahlungen aus seinem eigenen - des Beklagten - Vermögen geleistet hat (aus Barvermögen des Beklagten oder vom Konto des Beklagten) und dass er die Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Diesen Nachweis hat der Beklagte für die von ihm geltend gemachten weiteren Aufwendungen nicht geführt.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Es fehlen in erheblichem Umfang bereits Belege oder sonstige Beweismittel dafür, dass die vom Beklagten angegebenen Aufwendungen tatsächlich bzw. in der angegebenen Höhe entstanden sind, und zwar als Aufwendungen, die dem Kläger zu Gute kommen sollten. Im Übrigen ist der Beklagte beweislos hinsichtlich der behaupteten Zahlung aus seinem Vermögen. Weder für Barzahlungen des Beklagten noch für Überweisungen vom Konto des Beklagten liegen Belege - wie Quittungen, Überweisungsbelege oder Kontoauszüge - vor. Es liegen auch keinerlei Rechnungen - ausgestellt auf den Namen des Klägers als Rechnungsempfänger - vor. Die teilweise vom Beklagten vorgelegten Eigenbelege (vgl. z.B. die „Anlage zur Vermögensaufstellung“ mit „Aufmaß-Leistungen aus Betreuung“, Anlagen LG - gesondert -) sind unzureichend.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Im Rahmen der Beweiswürdigung kann auch nicht zu Gunsten des Beklagten berücksichtigt werden, dass bei einem Teil der von ihm geltend gemachten Aufwendungen wohl durchaus eine gewisse Plausibilität dafür sprechen mag, dass derartige Unkosten tatsächlich entstanden sein können. Denn selbst dann, wenn der Beklagte bestimmte von ihm geltend gemachte Aufwendungen bezahlt haben sollte, ergibt sich daraus noch nicht, dass die Zahlungen des Beklagten auch aus <span style="text-decoration:underline">seinem</span> (des Beklagten) Vermögen erfolgt sind. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass dem Beklagten - zumindest in der Anfangszeit der Betreuung - in gewissem Umfang Bareinnahmen aus der Schäferei und aus dem Verkauf von Maschinen zur Verfügung standen. Es ist daher möglich, dass der Beklagte Aufwendungen für den Kläger jedenfalls teilweise bar bezahlen konnte aus vorhandenem Bar-Vermögen des <span style="text-decoration:underline">Klägers.</span> Zum anderen hat der Kläger - unwiderlegt - darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Überweisungen zu Lasten des Giro-Kontos des Klägers während der Zeit der Betreuung ungeklärt sind (vgl. die Kontoauszüge, Anlagen LG Kläger, AS. 31 ff.; für solche ungeklärten Überweisungen macht der Kläger gegenüber dem Beklagten keine gesonderten Ansprüche geltend). Es ist daher zumindest möglich, dass bestimmte ungeklärte Überweisungen vom Konto des Klägers Aufwendungen für den Kläger betrafen, die dementsprechend der Beklagte nicht aus eigener Tasche bezahlen musste. Aus den vorliegenden Kontoauszügen ergibt sich im Übrigen, dass das Konto des Klägers jedenfalls während der überwiegenden Zeit der Betreuung - entgegen dem teilweise abweichenden Vortrag des Beklagten - genügend Deckung aufwies, um durch Überweisungen Unkosten für den Kläger zu bezahlen, so dass nicht ohne weiteres ersichtlich ist, weshalb es für den Beklagten - der über das Konto des Klägers verfügen konnte - erforderlich gewesen sein müsste, Unkosten für den Kläger zunächst aus eigener Tasche vorzustrecken. (Wenn der Beklagte im Übrigen nicht die überhöhten Entnahmen vom Konto des Klägers getätigt hätte, wären noch höhere Guthabensbeträge auf dem Konto vorhanden gewesen, mit denen Verbindlichkeiten hätten bezahlt werden können.)</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Auch eine Gesamtbetrachtung der Vermögensverhältnisse des Klägers in der Zeit vom 27.12.1990 bis zum 26.02.1999 führt  nicht zu dem Ergebnis, dass ein erheblicher Betrag an Aufwendungen für den Kläger vom Beklagten verauslagt worden sein muss. Der Beklagte hat im Rechtstreit keine zusammenhängende Darstellung der Entwicklung der Vermögensverhältnisse des Klägers vorgelegt, aus der sich abschätzen ließe, dass ein bestimmter Betrag von unstreitigen - oder plausiblen - Aufwendungen für den Kläger nicht aus dem eigenen Vermögen des Klägers bezahlt worden sein kann. Ob der Beklagte - wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im Schriftsatz vom 17.07.2003 meint - in einer Teil-Aufstellung im Rahmen des vormundschaftsgerichtlichen Verfahrens bestimmte Vermögenswert doppelt aufgeführt hat, ist ohne Belang, da sich aus diesen Teil-Aufstellungen nichts herleiten lässt für die Entwicklung des gesamten Vermögens des Klägers in der Zeit bis zum 26.02.1999. Soweit bestimmte Aufwendungen für den Kläger während der Zeit der Betreuung plausibel erscheinen mögen, spricht nach Auffassung des Senats zumindest keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass insoweit Zahlungen aus dem eigenen Vermögen des Beklagten vorgestreckt wurden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Zu den im Berufungsverfahren geltend gemachten Aufwendungen im Einzelnen:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Abrechnung Januar 1991 - September 1993 (II 41/43) bzw. 26.02.1991 bis 20.09.1993 (Vormundschaftsakte 185/187):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Es fehlen Belege sowohl für die Aufwendungen als solche als auch für eine Zahlung aus dem Vermögen des Beklagten. Hinsichtlich der Ausgaben für Betriebshelfer (bzw. „Helfer“ und „Aushilfsschäfer“) fehlt eine Konkretisierung des Beklagten zum Zeitpunkt der angegebenen Zahlungen und zu einer eventuellen Zahlung aus dem Vermögen des Beklagten. (Nach der Aufstellung des Beklagten in der Vormundschaftsakte AS. 205 ist möglicherweise davon auszugehen, dass die Betriebshelfer von Bar-Einnahmen aus dem Verkauf von Schafen und verschiedener Gegenstände - also aus dem Vermögen des Klägers - bezahlt wurden.) Angesichts der Unklarheiten in dem Vortrag des Beklagten kam eine Vernehmung des hierzu benannten Zeugen Karl Bechler (II 181) nicht in Betracht.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Ausgaben „gemäß Abrechnung“ in Höhe von DM 29.000,80 September 1993 bis Dezember 1994 (II, 43, 303; Vormundschaftsakte 253 ff.):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Taschengeld ist in der Abrechnung des Senats bereits berücksichtigt (siehe oben). Sowohl für die Aufwendungen als solche als auch für eine Zahlung durch den Beklagten fehlen Belege. Fahrtkosten und sonstige Unkosten des Betreuers können nicht ohne nähere Konkretisierung (wann, wie viel und warum) als Unkosten geltend gemacht werden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>Für die Position „Lieferung und Montage SAT-Anlage Michelbach“ (vgl. II 303) hat der Beklagte im Einzelrichtertermin eine Rechnung über 849,99 DM, gerichtet an die Schwiegermutter des Beklagten, vorgelegt (Anlage zu II 297). Daraus ergibt sich jedoch weder ein Nachweis, dass es sich um Aufwendungen für den <span style="text-decoration:underline">Kläger</span> handelte, noch ein Nachweis für eine Zahlung durch den Beklagten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="52"/>„Kostenerstattung aus Pflegschaft H. B.“ über DM 13.109,34 vom 27.04.1993 (II 47, 297, Anlagen LG B3):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="53"/>Das in der Aufstellung enthaltene Taschengeld ist in der Entscheidung des Senats berücksichtigt (siehe oben). Im Übrigen fehlen Belege für Aufwendungen und Zahlung durch den Beklagten. „Unkosten bezüglich Pflegschaft“ kann der Beklagte nicht pauschal ohne nähere Konkretisierung geltend machen. Die Position „Ausstattung Wohnung M.“ wird durch die Rechnung A. (II 297, Anlage) nicht bewiesen (siehe oben bb). Für die „offenen Stromrechnungen“ reichen die im Einzelrichtertermin vom Beklagten übergebenen Unterlagen nicht aus. Der vorgelegte Überweisungsbeleg über DM 183,00 (II 297, Anlage) ist unzureichend, da er nicht quittiert ist; die Vorlage des <span style="text-decoration:underline">Original</span> -Auftrags spricht dafür, dass der Auftrag <span style="text-decoration:underline">nicht</span> bei der Bank eingereicht wurde. Aus der Nichteinlösung einer Lastschrift für das Konto des Klägers über DM 173,00 (II, 297, Anlage) ergibt sich nicht, dass der entsprechende Betrag anschließend vom <span style="text-decoration:underline">Beklagten</span> aus dessen Vermögen bezahlt wurde.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>Überweisungen vom 04.08. und 21.09.1993 über DM 5.675,00 und DM 14.994,00 (II 47/49):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>Die Ausführungen des Beklagten, es habe sich „um Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Ländereien“ (II 49) gehandelt, sind unsubstantiiert. Jegliche Belege fehlen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="56"/>Auslagen für die Zeit vor dem 28.12.1990 in Höhe von DM 12.000 (II 51):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>Die Ausführungen des Beklagten („notwendige Kosten nach dem Unfall des Klägers ...“) sind unsubstantiiert. Belege fehlen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>Aufwendungen 1994 und 1995 in Höhe von DM 19.400 und DM 21.400 (II 57, Anlagen LG B2, S. 4):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/>Die vom Beklagten angegebene Betreuervergütung (Anlagen LG B2, S. 4) ist bereits anderweitig berücksichtigt (unstreitige berechtigte Entnahme des Beklagten in Höhe von DM 30.000 am 07.08.1995). Im Übrigen sind die Angaben des Beklagten (Anlagen LG B2, S. 4) unsubstantiiert und beweislos.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>„Offene Forderungen“ 17.03.1993 DM 20.839,67 (II 59, Anlagen OLG B8):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>aaa) Belege für Aufwendungen und Zahlungen fehlen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="62"/>bbb) Die geltend gemachten 5.000 DM „Zinsrate VoBa R.“ hat der Beklagte nicht aus seinem Vermögen, sondern vom Konto des Klägers bezahlt (Angaben des Beklagten im Einzelrichtertermin, S. 7 des Protokoll, II 285).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>Die Formulierung „offene Forderungen“ in der Überschrift der - ursprünglich für das Vormundschaftsgericht - angefertigten Aufstellung spricht dagegen, dass der Beklagte tatsächlich in entsprechender Höhe Zahlungen aus eigenem Vermögen geleistet hat. Die Angaben des Beklagten im Einzelrichtertermin (S. 7 des Protokolls, II 285), die Forderungen seien bezahlt worden, nachdem das „Geld von der Versicherung“ da war, sprechen gegebenenfalls für eine Bezahlung vom Konto des <span style="text-decoration:underline">Klägers,</span> da auch die Versicherungssumme auf das Konto des Klägers gezahlt wurde.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="64"/>ddd) Die Position „Beitragsrückstand AOK bis 4/92“ in Höhe von DM 2.796,70 hat der Beklagte im Einzelrichtertermin fallen gelassen (S. 7 des Einzelrichterprotokolls, II 285). Die Geltendmachung weiterer Aufwendungen für die AOK und für die landwirtschaftliche Alterskasse in Höhe von 1.398,00 DM, 1.992,10 DM und 843,00 DM ist unsubstantiiert und damit unschlüssig. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt die entsprechenden Zahlungen erfolgt sein sollen und auf welche Weise; insbesondere ist unklar, ob die Zahlungen vom Beklagten bar oder durch Überweisung von einem bestimmten Konto des Beklagten erfolgt sein sollen. Dementsprechend kommt eine Beweiserhebung zu diesen Punkten durch Auskünfte der AOK bzw. der landwirtschaftlichen Alterskasse nicht in Betracht, zumal die Zahlungsempfänger bei einer eventuellen Bareinzahlung des Beklagten nicht feststellen könnten, ob die Bareinzahlung aus eigenem Vermögen des Beklagten oder aus - vom Beklagten verwaltetem - Barvermögen des Klägers stammte.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>eee) Taschengeld für den Kläger hat der Senat bereits berücksichtigt (siehe oben).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="66"/>„Schlussrechnung“ des Beklagten über DM 55.961,00 bzw. DM 18.461,00 (II 63, gesonderte Anlage LG, I 41):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>aaa) Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Erstattung von „Mietkosten B.str. 3“ in Höhe von DM 9.984,00. Zwischen den Parteien wurde zu keinem Zeitpunkt ein Mietvertrag abgeschlossen, aus dem sich eine entsprechende Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beklagten ergeben könnte. Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte dem Kläger für einen gewissen Zeitraum die Nutzung der Souterrainwohnung im Anwesen des Beklagten überlassen hat, ergibt sich kein Anspruch auf Aufwendungsersatz. Zum einen handelte es sich nur um einen Zeitraum von drei Monaten, in welchem der Kläger diese Wohnung bewohnt hat (der Klägervortrag im Schriftsatz II 269 ist vom Beklagten nicht substantiiert bestritten; der Beklagte hat im Übrigen im Einzelrichtertermin eingeräumt, dass der Kläger nur kurzzeitig in der Wohnung gewohnt hat, vgl. S. 7 des Protokolls, II 285; vgl. im Übrigen auch die Vormundschaftsakte 295, 307). Zum anderen ist vom Beklagten nicht dargetan und unter Beweis gestellt, dass ihm durch die Überlassung der Wohnung für drei Monate an den Kläger eine konkrete Vermögenseinbuße entstanden ist. Der Kläger hat ausdrücklich darauf hingewiesen, der Beklagte habe durch die Überlassung der Wohnung an den Kläger für einen kurzen Zeitraum selbst Vorteile gezogen, da er nur auf diese Weise gegenüber dem Mieter einer anderen Wohnung (die Tochter des Klägers wechselte von der Souterrain-Wohnung in die andere Wohnung) Eigenbedarf geltend machen konnte (vgl. den Kläger-Vortrag II, 269). Diesen Vortrag des Klägers hat der Beklagte nicht widerlegt.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="68"/>bbb) Taschengeld für den Kläger ist, auch soweit es um die „Schlussrechnung“ geht, bereits berücksichtigt; weitergehende „Taschengeld-Sonderzahlungen“ hat der Beklagte nicht nachgewiesen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="69"/>Im Übrigen fehlen für die Aufwendungen in der „Schlussrechnung“ konkretisierende Darlegungen sowie Belege für das Entstehen der Aufwendungen und die Bezahlung durch den Beklagten. Soweit die Tatsache der Renovierung der Wohnung M. Str. 1 durch den Beklagten zwischen den Parteien teilweise unstreitig ist, ergibt sich hieraus noch nichts über die Höhe der Aufwendungen. Im Übrigen wurde eine Rechnung für Schreinerarbeiten für diese Wohnung unstreitig vom Konto des Klägers bezahlt (II 269).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="70"/>Abrechnung Januar bis Dezember 1995 (II 239):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="71"/>Auch bei dieser Abrechnung ist darauf hinzuweisen, dass das Taschengeld in der Entscheidung des Senats bereits berücksichtigt ist. Einen „Differenzbetrag aus Abrechnung 12/94“ in Höhe von 3.818,00 DM kann der Beklagte schon deshalb nicht verlangen, weil ihm aus der „Abrechnung 12/94“ keine Ansprüche zustehen (gemeint ist die Abrechnung II, 303; vgl. hierzu oben bb). Im Übrigen liegen keine Belege für die Aufwendungen und für die Tatsache der Zahlung vor. Eine Vernehmung des Zeugen K. B. (Ii 239 sowie Schriftsatz vom 17.07.2003 Seite 4) zu Taschengeldzahlungen bei Pferderennen in I. kam nicht Betracht; denn es fehlt insoweit im Sachvortrag des Beklagten jede Konkretisierung dazu, wann welche Beträge auf welche Weise bezahlt wurden, sodass auch nicht ersichtlich ist, wie der Zeuge eine eventuelle Zahlung aus dem Vermögen des Beklagten wahrgenommen haben soll.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="72"/>Anspruch aus eigener Arbeitstätigkeit in Höhe von DM 14.880,00 (II, 207/209):</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="73"/>Die Darlegungen des Beklagten zu diesem Anspruch sind unsubstantiiert; auch aus der insoweit in Bezug genommenen Abrechnung (gesonderte Anlage LG) ergeben sich keine ausreichend konkreten Ausführungen zu Art und Umfang der angegebenen Tätigkeiten. Der Beklagte ist im Übrigen in diesem Punkt beweislos.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="74"/>„Einnahmenpositionen“ von 85.000,00 DM (Einnahmen aus Schafsverkauf und Schlepperverkauf, Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 17.07.2003) sind für die Abrechnung irrrelevant, da es sich nach dem Vortrag des Beklagtenvertreters <span style="text-decoration:underline">nicht</span> um <span style="text-decoration:underline">Ausgaben</span> handelt, sondern um Einnahmen (bzw. Vermögenswerte).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="75"/>Andere Beweismittel für die vom Beklagten geltend gemachten Aufwendungen sind nicht vorhanden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="76"/>Eine Parteivernehmung des Beklagten kam nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung gem. § 448 ZPO liegen nicht vor. Es besteht - aus den oben angeführten Gründen - keine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Darstellung des Beklagten (vgl. zu dieser Voraussetzung einer Parteivernehmung Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 448 ZPO Rn. 4). Die informatorische Anhörung des Beklagten im Einzelrichtertermin hat im Übrigen keine nennenswerte Konkretisierung zu den Aufwendungen und zu den behaupteten Zahlungsvorgängen ergeben.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="77"/>Die Erhebung eines Sachverständigen-Gutachtens zum Nachweis der Vollständigkeit der Abrechnungen des Beklagten kam nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass die Abrechnungen in sich unzureichend sind, kann auch ein Sachverständiger keine Erkenntnisse gewinnen, wenn Belege für Aufwendungen und Zahlungen fehlen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="78"/>Aus der Vormundschaftsakte ergibt sich kein Nachweis für die vom Beklagten behaupteten Aufwendungen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="79"/>Für die Beweiswürdigung spielt es - entgegen der Auffassung des Beklagten - keine Rolle, inwieweit der Beklagte in der Vergangenheit in der Lage war, für eine ordnungsgemäße Abrechnung seiner Tätigkeit (mit einer Dokumentation durch entsprechende Belege) zu sorgen. Für den Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 667 BGB auf Herausgabe von Entnahmen kann es nach dem Gesetz auf irgendein Verschulden des Beklagten nicht ankommen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="80"/>Die rechtlichen Beziehungen des Beklagten zum Vormundschaftsgericht können für die Entscheidung des Senats keine Bedeutung haben.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="81"/>Es kann dahinstehen, ob und inwieweit der Beklagte gegenüber dem <span style="text-decoration:underline">Vormundschaftsgericht</span> ordnungsgemäße Abrechnungen erstellt hat, bzw. ob und inwieweit die Abrechnungen aufgrund von - vom Beklagten behaupteter - Genehmigungen des Rechtspflegers als ordnungsgemäß zu bewerten sind. Die Verpflichtung zur Rechnungslegung gemäß § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1840 BGB betrifft das Verhältnis des Betreuers zum Vormundschaftsgericht, nicht jedoch sein zivilrechtliches Verhältnis zum Betroffenen. Die Abrechnungen gegenüber dem Vormundschaftsgericht haben nach § 1890 S. 2 BGB Auswirkungen gegenüber dem <span style="text-decoration:underline">Betroffenen</span> nur im Rahmen der Verpflichtung des Betreuers zur <span style="text-decoration:underline">Rechnungslegung</span> gemäß § 1890 S. 1 BGB: Wenn der Betreuer gegenüber dem Vormundschaftsgericht ordnungsgemäß abgerechnet hat, kann er sich bei seiner Pflicht zur <span style="text-decoration:underline">Rechnungslegung</span> nach Ende der Betreuung auf eine Bezugnahme auf diese Abrechnungen beschränken. Irgendeine Auswirkung auf die Darlegungs- und Beweislast im Verhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Betreuer nach §§ 667, 670 BGB lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="82"/>Wenn der zuständige Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts - wie der Beklagte behauptet - mit den Abrechnungen des Beklagten und mit den Entnahmen des Beklagten vom Konto des Klägers ein Einverständnis erklärt haben sollte, hätte dies keine Auswirkungen auf die Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten. Die Aufgabe des Vormundschaftsgerichts bei Betreuungen besteht in einer staatlichen Aufsicht gegenüber dem Betreuer, da der Betroffene vielfach zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber dem Betreuer nur unzulänglich in der Lage ist. Aus dem Gesetz ergibt sich jedoch keinerlei Vertretungsmacht des Vormundschaftsgerichts für den Betroffenen. Das Vormundschaftsgericht ist - im Verhältnis zum Betreuer - nicht berechtigt, in irgend einer Art und Weise über das Vermögen des Betroffenen zu verfügen. Dementsprechend können Handlungen oder Genehmigungserklärungen des Vormundschaftsgerichts, die sich auf die Tätigkeit des Betreuers beziehen, auch keine Rechtswirkungen im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Betreuer entfalten. Dies ergibt sich insbesondere aus der Regelung in § 1892 Abs. 2 BGB: Nach dieser Vorschrift soll das Vormundschaftsgericht nach Beendigung einer Betreuung bei der Rechnungslegung des Betreuers im Verhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Betreuer lediglich „vermitteln“ und nicht etwa - mit Wirkungen für den Betroffenen - über die Richtigkeit der Rechnungslegung entscheiden. Auch aus § 1843 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass die Durchführung der Rechnungsprüfung durch das Vormundschaftsgericht keine Auswirkungen auf eventuelle Ansprüche des Betroffenen gegen den Betreuer haben kann (vgl. zu den begrenzten rechtlichen Wirkungen von Handlungen und Erklärungen des Vormundschaftsgerichts in ähnlichen Konstellationen RGZ 132, 257, 260; BGH MDR 1964, 303; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1980, 103; LG Freiburg, Die Justiz 1983, 157; Engler in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1995, § 1843 BGB Rn. 9).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="83"/>Gesichtspunkte von Treu und Glauben (§ 242 BGB) führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, aufgrund des Einverständnisses des Vormundschaftsgerichts mit seiner Tätigkeit habe er darauf vertrauen dürfen, sich auch später gegenüber dem Betroffenen nicht mehr wegen der - nicht genauer abgerechneten und nicht näher dokumentierten - Aufwendungen rechtfertigen zu müssen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="84"/>Der Beklagte kann sich nicht auf eine Verwirkung von Ansprüchen des Klägers berufen. Eine Verwirkung kommt nur dann in Betracht, wenn der <span style="text-decoration:underline">Berechtigte</span> für eine gewisse Zeit bei der Durchsetzung seiner Ansprüche untätig bleibt und ein bestimmtes Verhalten des <span style="text-decoration:underline">Berechtigten</span> einen Vertrauenstatbestand bei dem Verpflichteten schafft (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 242 BGB Rn. 94, 95). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Die Untätigkeit des Klägers selbst gegenüber dem Beklagten war ohne Bedeutung, da der Kläger - für den Beklagten erkennbar - zu einer eigenen Wahrnehmung seiner Ansprüche gegenüber dem Beklagten nicht in der Lage war. Ein Vertrauenstatbestand hätte für den Beklagten mithin nur dann geschaffen werden können, wenn ein <span style="text-decoration:underline">Vertreter</span> des Klägers während der Zeit der Betreuung wegen der Ansprüche gegen den Beklagten untätig geblieben wäre. Da es einen solchen Vertreter zur Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Betreuer nicht gab - insbesondere war das Vormundschaftsgericht insoweit zur Vertretung nicht berechtigt -, konnte es für den Beklagten keinen Anlass geben, darauf zu vertrauen, der Kläger - bzw. ein eventuell später bestellter anderer Betreuer - werde auf Ansprüche gegen den Beklagten verzichten. Eine andere rechtliche Bewertung würde dazu führen, dass ein Betroffener während der Zeit der Betreuung wichtige Ansprüche oder Vermögenswerte verlieren könnte, ohne dass er selbst - oder ein berechtigter Vertreter - dies verhindern könnte.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="85"/>Aus entsprechenden Gründen können Gesichtspunkte von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht zu einer Veränderung der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten des Beklagten im Rahmen von §§ 667, 670 BGB führen. Für die Ansprüche des Klägers kann es insbesondere keine Rolle spielen, inwieweit der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts den Beklagten ausreichend auf sine Pflichten als Betreuer hingewiesen hat.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="86"/>Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Es gilt sowohl für Ansprüche aus § 667 BGB als auch für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="87"/>Die unstreitigen Leistungen des Beklagten im Rahmen seiner Betreuungstätigkeit für seinen Bruder, den Kläger, können die Entscheidung des Rechtstreits nicht beeinflussen. Sowohl die Tatsache, dass der Beklagte zur wirtschaftlichen Sicherung seines Bruder erheblich beigetragen hat, als auch der Umstand, dass der Beklagte selbst möglicherweise inzwischen in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen lebt, ist nach dem Gesetz für die Ansprüche des Klägers ohne rechtliche Bedeutung.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="88"/>Die geltend gemachten Zinsen stehen dem Kläger zu gemäß § 291 Abs. 1 BGB.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="89"/>Soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Herausgabe von Unterlagen wendet (Ziffer 2 im Tenor des Urteils des Landgerichts), ist die Berufung unzulässig. Es fehlt insoweit jegliche Begründung der Berufung (§ 519 Abs. 1 ZPO a.F.).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="90"/>Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="91"/>Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Insbesondere sind die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsfragen nach Auffassung des Senats durch die bisherige Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt, sodass der Senat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 583 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO feststellen kann.</td></tr></table></td></tr></table>
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138,076
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olgkarl-2003-08-07-12-u-6003
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12 U 60/03
| 2003-08-07T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:36
| 2019-02-12T12:40:00
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.04.2003 - 8 O 365/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Kläger unterhält für sein Hausgrundstück bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung, der die VGB 88 zugrunde liegen. Am 08.12.1999 trat unkontrolliert Abwasser aus dem Handwaschbecken im Waschraum des Kellergeschosses des klägerischen Anwesens aus. Dies war zurückzuführen auf eine Verstopfung der außerhalb des Wohngebäudes verlegten Abwasserleitung. In die Rohrleitung war Wurzelwerk eingedrungen. Die Muffen der Rohrleitung waren auseinandergeschoben und die Leitung damit insgesamt undicht geworden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Kläger begehrt von der Beklagten Erstattung der Kosten der Beseitigung der undichten Rohrleitung und des Aufwands für eine Neuanlage der Abwasserleitung. Er stützt seine Klage auf ein angebliches Anerkenntnis der Beklagten. Ferner hält er die Beklagte verpflichtet aufgrund von § 7 Nr. 3 VGB 88, wonach außerhalb versicherter Gebäude Deckungsschutz für Bruchschäden an Rohren der Warmwasserheizung besteht. Der Kläger meint, da die Überlaufeinrichtung der im Haus befindlichen Heizungs- und Warmwasseranlage an die beschädigte Rohrleitung angeschlossen sei, sei auch die außerhalb seines Hauses verlaufende Abwasserleitung ein Rohr der Warmwasserheizung. Letztlich stützt sich der Kläger auf die zusätzlich vereinbarte Klausel 0925, wonach Versicherungsschutz besteht für Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung außerhalb versicherter Gebäude auf dem Versicherungsgrundstück, soweit diese Rohre der Entsorgung versicherter Gebäude oder Anlagen dienen, mit Ausnahme von Bruchschäden durch Einwurzelung von Pflanzen. Es liege ein Bruchschaden vor. Dass dieser auf der Einwurzelung von Pflanzen beruhe, sei nicht nachgewiesen. Wurzelwerk könne nämlich in Rohrleitungen nur eintreten, wenn bereits ein Rohrbruch vorgelegen habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils, mit dem das Landgericht die auf Zahlung von 23.446, 62 EUR gerichtete Klage abgewiesen hat, wird Bezug genommen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagziel weiter.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Landgericht hat zutreffend entschieden. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf ein Anerkenntnis der Beklagten stützen. Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 17.04.2000 "Zeigt die Kamerafahrt einen Bruch des Ableitungssystems, so besteht Versicherungsschutz zur Beseitigung, jedenfalls auf dem Versicherungsgrundstück, mit 1 % der Versicherungssumme, Wert 1914, multipliziert mit dem aktuellen Neuwertfaktor. Damit keine Missverständnisse aufkommen, weisen wir darauf hin, dass die Beseitigung der Verstopfung (Ursache Einwurzelung) nicht Gegenstand des Versicherungsvertrages ist." mag der Kläger zwar dahingehend verstanden haben, dass Deckung ungeachtet der Ursache eines Rohrbruchs zugesagt wird. Entscheidend für die Auslegung einer Willenserklärung ist jedoch, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass das Schreiben vom 17.04.2000 insbesondere unterscheidet zwischen nicht versichertem Aufwand für die Beseitigung der Verstopfung und grundsätzlich versichertem Aufwand für die Beseitigung eines Bruches in der Abwasserleitung. Umstände, die Anlass zu der Annahme hätten geben können, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 17.04.2000 auf die Geltendmachung von Risikoausschlüssen verzichten wollen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Kläger kann - auch das hat das Landgericht zutreffend entschieden - seinen Anspruch nicht auf § 7 Nr. 3 VGB 88 stützen. Dabei kann unterstellt werden, dass die Warmwasserheizungsanlage über die beschädigte Rohrleitung entwässert wird. Dieser Umstand führt nicht dazu, dass die allgemeine Hausentwässerung zu einem Bestandteil der Heizungsanlage wird. Einem solchen Verständnis steht schon der gewöhnliche Sprachgebrauch entgegen. Dadurch, dass die Rohrleitung Abwasser der verschiedensten Einrichtungen wie Spülmaschinen, Waschmaschinen, Sanitäreinrichtungen ableitet, wird sie nicht zu einem Bestandteil dieser Einheiten (Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., E I 27). Ferner ergibt sich auch aus dem erkennbaren Zweck der Vorschrift eine Beschränkung des Risikoeinschlusses auf die eigentliche Heizungsanlage. Während bei der Wasserversorgung auch Bruchschäden an den außerhalb des versicherten Gebäudes Zuleitungsrohren - nicht an den Ableitungsrohren - in den Versicherungsschutz eingeschlossen werden, beschränkt sich das Risiko bei der Warmwasser- oder Dampfheizung auf deren das Warmwasser oder den Dampf führende Rohre. Bei einer Fernwärmeversorgung können dies auch die Zuleitungsrohre außerhalb des versicherten Gebäudes sein, nicht jedoch der Ablauf des nicht mehr Heizzwecken dienenden Überlaufwassers.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Ein Zahlungsanspruch steht dem Kläger auch nicht in Höhe von 2.096,30 EUR (1 % der Versicherungssumme, Wert 1914, multipliziert mit dem aktuellen Neuwertfaktor) aufgrund der Erweiterung des Versicherungsschutzes durch die vereinbarte Klausel 0925 zu. Danach sind zwar auch Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung mitversichert. Ausgenommen sind jedoch Bruchschäden durch Einwurzelung von Pflanzen. Um solche handelt es sich hier. Auch der Kläger räumt ein, dass die konkreten Schäden an seiner Abwasserleitung auf die Ausdehnung des eingedrungenen Wurzelwerks zurückzuführen ist. Er meint allerdings, dass dies nur habe geschehen können, weil zu einem früheren Zeitpunkt bereits Bruchschäden eingetreten waren. Damit ändert sich allerdings nichts an dem Umstand, dass die Schäden, hinsichtlich welcher der Kläger Ersatz des Beseitigungsaufwands begehrt, durch die Einwurzelung verursacht und deshalb vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Selbst wenn man demgegenüber darauf abstellen wollte, dass Rohrbrüche, die lediglich zur Folge haben, dass eine Einwurzelung erfolgen kann, ausreichen, um einen Deckungsanspruch für spätere Einwurzelungsschäden auszulösen, könnte die Klage keinen Erfolg haben. Dabei kann trotz der den Parteien mitgeteilten neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse, die auf Gegenteiliges hinweisen, unterstellt werden, dass eine Einwurzelung nur erfolgen kann, wenn bereits Undichtigkeiten der Rohrleitung vorhanden sind. Der Kläger hätte aber auch dann nicht bewiesen, dass vor der Einwurzelung bereits ein versicherter Rohrbruch stattgefunden hat. Der Sachverständige hat - und insoweit ist sein Sachgebiet betroffen und an seiner Sachkunde nicht zu zweifeln- dargelegt, dass bei der Verlegung von Abflussrohren nie ausgeschlossen werden könne, dass in den Muffenverbindungen kleine Spalten bleiben, unabhängig davon, welche Verbindungen gewählt werden. Damit ist aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die vom Kläger behaupteten Undichtigkeiten der Rohrleitungen bereits von Anfang an vorhanden waren. Derartige Konstruktionsmängel stellen aber keinen Bruch dar. Ein solcher setzt schon begrifflich voraus, dass eine intakte Einheit durch das Einwirken äußerer Kräfte eine Schädigung erleidet (vgl. auch Martin a.a.O. E I 81). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob etwaige ursprünglich nicht durch Einwurzelung entstandene Bruchschäden innerhalb des bei der Beklagten versicherten Zeitraums eingetreten wären.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,077
|
lg-stuttgart-2003-08-07-27-o-22802
|
{
"id": 142,
"name": "Landgericht Stuttgart",
"slug": "lg-stuttgart",
"city": 90,
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}
|
27 O 228/02
| 2003-08-07T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:37
| 2019-01-17T11:58:17
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.</p>
<p>3. Wegen der Kosten ist das Urteil zu Gunsten der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt Einsichtnahme in die Buchhaltung und in sämtliche Abrechnungsunterlagen der Beklagten, die den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 30.09.2002 betreffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger praktizierte als Zahnarzt und als Arzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie ab 01.10. 1999 - so die Darstellung des Klägers- bzw. nach Behauptung der Beklagten - ab 01.11.1999 bis 30.09.2002 in der zahnärztlichen und kiefer- und gesichtschirurgischen Gemeinschaftspraxis der Beklagten zu 1-3. Ein weiterer Arzt, Herr Dr. Schneider, schied im 2. Quartal 2000 aus der Gemeinschaftspraxis aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Ein schriftlicher bzw. notariell beglaubigter Gemeinschaftspraxisvertrag existiert nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Auch eine mündliche Vereinbarung über die Ausgestaltung der Gemeinschaftspraxis im einzelnen wurde zwischen den Parteien nicht getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte genehmigte durch Beschluss vom 24.9.1999 den Formularantrag des Klägers (Blatt 44/46) auf Ausübung einer Gemeinschaftspraxis mit den Beklagten ab 1.10.1999 (Blatt 7/8), ein entsprechender Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte erging am 25.8.1999 (Blatt 9/10). Beschlüsse über die Beendigung der Gemeinschaftspraxis per 30.9.2002 ergingen am 21.8. bzw. 13.9.2002 (Blatt 11/14).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am Vermögen der Gemeinschaftspraxis war der Kläger nicht beteiligt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Er wurde auch nicht in die Verträge der Praxis, wie z. B. in den Mietvertrag, mit aufgenommen. Weder auf dem Praxisschild noch auf dem Briefpapier fand der Name des Klägers Erwähnung, geführt wurde er nur auf dem Abrechnungsstempel der KZV bzw. KV.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Kläger hatte keine Verfügungsbefugnis über die Praxiskonten, an der Geschäftsführung bzw. Vertretung der Gemeinschaftspraxis war er nicht beteiligt. An Mitarbeiterbesprechungen hat er niemals teilgenommen, mit organisatorischen, finanziellen, abrechnungstechnischen Fragen oder dergleichen war er nicht befasst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Völlig selbstständig war er allerdings im Hinblick auf seine ärztliche bzw. zahnärztliche Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit - 35 Stunden pro Woche - eine feste monatliche Vergütung von 12.000 DM, ab 1.1.2002 den entsprechenden Betrag von 6.135,50 EUR. Im Jahre 2001 bat der Kläger um eine Erhöhung der Bezüge auf 16.000 DM pro Monat, die Beklagten waren damit jedoch nicht einverstanden, weshalb es bei der ursprünglichen Vergütung verblieb.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Dieser Betrag wurde unter dem Konto "Personalkosten“ als Betriebsausgaben verbucht. Der Kläger hat seine Einkünfte als " Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit " versteuert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Eine darüber hinausgehende Vereinbarung zwischen den Parteien über eine Gewinnbeteiligung wurde weder schriftlich noch mündlich getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Kläger beendete seine Tätigkeit bei den Beklagten auf eigenen Wunsch durch mündliche Kündigung zum 30.9.2002.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Erstmals nach dem Ausscheiden aus der Praxis begehrte der Kläger durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.10.2002 (Bl.76) Einsicht in die Buchhaltung bzw. in die Abrechnungsunterlagen. Die Beklagten lehnten die Einsichtnahme in ihre Unterlagen strikt ab. Der Kläger beanspruchte die Einsicht um restliche Gewinnansprüche bzw. Abfindungsansprüche der Höhe nach beziffern zu können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Kläger behauptet, die Parteien hätten sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden, der er als gleichberechtigter Gesellschafter bis zu seinem Ausscheiden angehört habe. Anders als in der Form der Partnerschaftsgesellschaft oder BGB-Gesellschaft sei der Betrieb einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig. In Praxisführung und Berufsausübung, insbesondere in Bezug auf den zahnärztlichen und ärztlichen Tätigkeitsbereich seien die Gesellschafter gleichberechtigt bei der Erfüllung ihres medizinischen Auftrages tätig gewesen. Unerheblich sei, dass laut Beschluss des Zulassungsausschusses der Nachweis der gleichberechtigten Teilhaberschaft nicht erbracht worden sei, dieser Umstand beruhe allein darauf, dass kein schriftlicher Vertrag vorgelegt worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Nach seinem Ausscheiden befinde sich die Gesellschaft nun in der Auseinandersetzung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Kläger steht auf dem Standpunkt, die gemeinsam erzielten Einnahmen seien gem. § 722 Abs.1 BGB in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung unter den Gesellschaftern zu verteilen, ihnen stünden gleiche Anteile am Gewinn und Verlust zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Darstellung der Beklagten sei unzutreffend, sie wollten den Kläger faktisch wie einen Arbeitnehmer behandeln. In diesem Falle wären nämlich nach Auffassung des Klägers sämtliche Honorarabrechnungen für den Zeitraum der Gemeinschaftspraxis unrichtig und es hätten außerdem Sozialabgaben für den Kläger von der Gemeinschaftspraxis abgeführt werden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Um die ihm zustehenden, restlichen Gewinn- und Abfindungsansprüche geltend machen zu können und gegebenenfalls um Kontrollrechte aus § 716 BGB ausüben zu können, benötige er Einsicht in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Gemeinschaftspraxis. Der Umstand, dass er diese Rechte während der kurzen Zeit der Gemeinschaftspraxis nicht wahrgenommen habe, weil er sich auf die ordnungsgemäße Geschäftsführung durch den Beklagten Ziff. 1 verlassen habe, sei ohne Belang.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Für die zurückliegenden Jahre gebe es noch keine Gewinnverteilung, eine einheitliche Gewinn- und Verlustfeststellung der Gemeinschaftspraxis sei ihm bis heute nicht vorgelegt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Unerheblich sei auch der Umstand, dass der Kläger am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt gewesen sei. Eine Kapitalbeteiligung sei nicht nötig um eine Gesellschafterstellung zu begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Eine Einigung über eine Gewinnverteilung sei zwischen den Parteien nicht zustandegekommen. Es sei auch nicht vereinbart worden, dass der Kläger im Falle seines Ausscheidens keine Abfindung erhalte und dass er keinerlei Rechte auf Einsicht in die Bücher, Kontozugriff, Vertretung etc. habe. Gerade weil man sich über maßgebliche Punkte nicht habe einigen können, sei die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten beendet worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Außerdem befürchte er nach seinem Ausscheiden haftungsrechtliche Konsequenzen. Es sei nicht auszuschließen, dass die gegenüber dem Finanzamt abgegebenen Erklärungen unzutreffend seien, es könnten Ansprüche des Finanzamts oder auch von anderen Gläubigern auf ihn zukommen. Er habe daher die Gesellschafter mehrfach aufgefordert, ihm Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen und die Buchführung zu gewähren, dies sei ihm jedoch verweigert worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
I. dem Kläger Einsichtnahme in die Buchführungsunterlagen und Vertragsunterlagen der Gemeinschaftspraxis Dr. Dr. S., Dr. S.-G., B., Dr. S. für den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 30.09.2002 zu gewähren, insbesondere in die:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
1. Konten der Buchhaltung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
2. Bankauszüge des Gemeinschaftspraxiskontos bei der Volksbank AG im Kreis Böblingen, Konto-Nr. 203 302 028, BLZ 603 900 00
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
3. Honorarabrechnungen mit der KZV Stuttgart für die Quartale 4/99 bis 3/02 einschließlich der Leistungsübersichten, Nachweise für Abschlagszahlungen und Schlusszahlungen sowie Honorarabrechnungsbescheide, Degressionsbescheide, Honorarrückforderungsbescheide und Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
4. Honorarabrechnungen mit der KV Nord-Württemberg für die Quartale 4/99 bis 3/02, einschließlich der Leistungsübersichten, Nachweise für Abschlagszahlungen und Schlusszahlungen sowie Honorarabrechnungsbescheide, Fallzahlzuwachsbegrenzungsbescheide, Honorarrückforderungsbescheide und Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
5. Abrechnungen mit Privatpatienten
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
6. Unterlagen und Verträge zu Abrechnungen der ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen mit dem Krankenhaus Sindelfingen aus Konsiliartätigkeit
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
7. Unterlagen und Zahlungsbelege zur Abrechnung der belegärztlichen Tätigkeit mit dem Verband der Angestellten Krankenkassen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
8. Alle Einnahmen und Ausgabenbelege der Gemeinschaftspraxis, Miet- und Leasingverträge, Arbeitsverträge etc.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
II. Dem Kläger zu gestatten, sich entsprechende Ablichtungen aus den Unterlagen zu I. zu fertigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
III. Dem Kläger zu gestatten, die Akteneinsichtnahme durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Buchprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt bzw. in dessen Beisein vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagten beantragen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die Beklagten tragen vor, der Kläger sei lediglich „Mitgesellschafter im Sinne des Kassenarztrechts“ gewesen, dort sei zwischen gleichberechtigten und nicht gleichberechtigten Gesellschaftern zu differenzieren. Der Kläger sei jedenfalls nicht gleichberechtigter Mitgesellschafter gewesen, vielmehr sei seine Position stark der eines Arbeitnehmers angenähert gewesen. Abfindungs- und Gewinnverteilungsansprüche zu Gunsten des Klägers bestünden nicht. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass das vom Kläger zur Begründung seines vermeintlichen Anspruchs angeführte Gesellschaftsrecht §§ 705 ff BGB weitgehend dispositiv sei. Es sei zwar kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden, es gäbe aber eine mündliche Vereinbarung. Laut diesem sei - statt einer variablen Ergebnisbeteiligung -eine monatliche feste Vergütung des Klägers vereinbart worden. Der Kläger habe nie deutlich gemacht, dass er diese Vergütung als eine Art Akontozahlung auf seine vermeintlichen Gewinnansprüche betrachte. In dem Zeitraum vom 1.11.1999 bis zu seinem Ausscheiden habe der Kläger monatlich 12.000 DM bzw. den entsprechenden Euro-Betrag erhalten. Eine darüber hinausgehende Beteiligung am Gewinn habe er zu keinem Zeitpunkt beansprucht, vielmehr habe er auf eine feste Vergütung bestanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Die Beklagten vertreten weiterhin die Rechtsansicht, dass der Kläger selbstverständlich ein Recht auf Einsicht in die Unterlagen habe, falls er solche benötige, wenn Haftungsfragen aus Behandlungsfehlern im Raum stünden. Die Geltendmachung von Kontrollrechten sei aber dann gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger nur bezwecke, Geschäftsgeheimnisse auszuspionieren oder Ansprüche geltend mache, wie hier die vermeintlichen Gewinnansprüche, die ihm gar nicht zustünden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2003 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
I. Die zulässige Klage bleibt im Ergebnis erfolglos.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich wegen der Höhe des Streitwerts aus §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 13 ZPO, da die Beklagten im Landgerichtsbezirk ansässig sind..
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Beklagten, da ein wirksamer Gemeinschaftspraxisvertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen worden ist (1), ihm daher zu keinem Zeitpunkt Rechte gem. § 716 BGB, oder eine Beteiligung am materiellen oder immateriellen Wert der Praxis zustand.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Für Ansprüche gemäß §§ 242,810 BGB hat der Kläger kein hinreichendes rechtliches Interesse dargetan (2).
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
I. Die zulässige Klage bleibt im Ergebnis erfolglos.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich wegen der Höhe des Streitwerts aus §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 13 ZPO, da die Beklagten im Landgerichtsbezirk ansässig sind..
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Beklagten, da ein wirksamer Gemeinschaftspraxisvertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen worden ist (1), ihm daher zu keinem Zeitpunkt Rechte gem. § 716 BGB, oder eine Beteiligung am materiellen oder immateriellen Wert der Praxis zustand.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Für Ansprüche gemäß §§ 242,810 BGB hat der Kläger kein hinreichendes rechtliches Interesse dargetan (2).
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
<h2>Sonstige Literatur</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>109 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="109"/>
<strong>Beschluss:</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>110 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="110"/>
Der Streitwertwert wird auf 62.500 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>111 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="111"/>
Für den Wert einer Auskunftsklage ist maßgebend das Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft. Er hat seinen Anspruch maßgeblich begründet mit der Behauptung, er wolle die Höhe seiner restlichen Gewinnbeteiligung bzw. seines Abfindungsanspruches zur Vorbereitung der Geltendmachung dieser Ansprüche in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang behauptete er, er gehe davon aus, dass ihm für seine dreijährige Tätigkeit noch ein Anspruch in einer Größenordnung von 200.000 bis 300.000 EUR zustehe. Allerdings ist das Interesse an der Auskunft nicht identisch mit der Hauptsache, sondern lediglich mit einem Teilwert gem. § 3 ZPO zu schätzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>112 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="112"/>
Nachdem dem Kläger bislang jegliche Anhaltspunkte für die Bezifferung seines Anspruches fehlen, ist von einem eher größeren Bruchteil auszugehen, den die Kammer vorliegend mit einem Viertel bewertet.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,078
|
lg-stuttgart-2003-08-07-27-o-22803
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"id": 142,
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"city": 90,
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27 O 228/03
| 2003-08-07T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:37
| 2019-01-17T11:58:17
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>3. Wegen der Kosten ist das Urteil zu Gunsten der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt Einsichtnahme in die Buchhaltung und in sämtliche Abrechnungsunterlagen der Beklagten, die den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 30.09.2002 betreffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger praktizierte als Zahnarzt und als Arzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie ab 01.10. 1999 - so die Darstellung des Klägers- bzw. nach Behauptung der Beklagten - ab 01.11.1999 bis 30.09.2002 in der zahnärztlichen und kiefer- und gesichtschirurgischen Gemeinschaftspraxis der Beklagten zu 1-3. Ein weiterer Arzt, Herr Dr. S., schied im 2. Quartal 2000 aus der Gemeinschaftspraxis aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Ein schriftlicher bzw. notariell beglaubigter Gemeinschaftspraxisvertrag existiert nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Auch eine mündliche Vereinbarung über die Ausgestaltung der Gemeinschaftspraxis im einzelnen wurde zwischen den Parteien nicht getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte genehmigte durch Beschluss vom 24.9.1999 den Formularantrag des Klägers (Blatt 44/46) auf Ausübung einer Gemeinschaftspraxis mit den Beklagten ab 1.10.1999 (Blatt 7/8), ein entsprechender Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte erging am 25.8.1999 (Blatt 9/10). Beschlüsse über die Beendigung der Gemeinschaftspraxis per 30.9.2002 ergingen am 21.8. bzw. 13.9.2002 (Blatt 11/14).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am Vermögen der Gemeinschaftspraxis war der Kläger nicht beteiligt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Er wurde auch nicht in die Verträge der Praxis, wie z.B. in den Mietvertrag, mit aufgenommen. Weder auf dem Praxisschild noch auf dem Briefpapier fand der Name des Klägers Erwähnung, geführt wurde er nur auf dem Abrechnungsstempel der KZV bzw. KV.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Kläger hatte keine Verfügungsbefugnis über die Praxiskonten, an der Geschäftsführung bzw. Vertretung der Gemeinschaftspraxis war er nicht beteiligt. An Mitarbeiterbesprechungen hat er niemals teilgenommen, mit organisatorischen, finanziellen, abrechnungstechnischen Fragen oder dergleichen war er nicht befasst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Völlig selbstständig war er allerdings im Hinblick auf seine ärztliche bzw. zahnärztliche Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit - 35 Stunden pro Woche - eine feste monatliche Vergütung von 12.000 DM, ab 1.1.2002 den entsprechenden Betrag von 6.135,50 EUR. Im Jahre 2001 bat der Kläger um eine Erhöhung der Bezüge auf 16.000 DM pro Monat, die Beklagten waren damit jedoch nicht einverstanden, weshalb es bei der ursprünglichen Vergütung verblieb.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Dieser Betrag wurde unter dem Konto "Personalkosten" als Betriebsausgaben verbucht. Der Kläger hat seine Einkünfte als "Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit" versteuert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Eine darüber hinausgehende Vereinbarung zwischen den Parteien über eine Gewinnbeteiligung wurde weder schriftlich noch mündlich getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Kläger beendete seine Tätigkeit bei den Beklagten auf eigenen Wunsch durch mündliche Kündigung zum 30.9.2002.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Erstmals nach dem Ausscheiden aus der Praxis begehrte der Kläger durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.10.2002 (Bl. 76) Einsicht in die Buchhaltung bzw. in die Abrechnungsunterlagen. Die Beklagten lehnten die Einsichtnahme in ihre Unterlagen strikt ab. Der Kläger beanspruchte die Einsicht um restliche Gewinnansprüche bzw. Abfindungsansprüche der Höhe nach beziffern zu können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Kläger behauptet, die Parteien hätten sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden, der er als gleichberechtigter Gesellschafter bis zu seinem Ausscheiden angehört habe. Anders als in der Form der Partnerschaftsgesellschaft oder BGB-Gesellschaft sei der Betrieb einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig. In Praxisführung und Berufsausübung, insbesondere in Bezug auf den zahnärztlichen und ärztlichen Tätigkeitsbereich seien die Gesellschafter gleichberechtigt bei der Erfüllung ihres medizinischen Auftrages tätig gewesen. Unerheblich sei, dass laut Beschluss des Zulassungsausschusses der Nachweis der gleichberechtigten Teilhaberschaft nicht erbracht worden sei, dieser Umstand beruhe allein darauf, dass kein schriftlicher Vertrag vorgelegt worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Nach seinem Ausscheiden befinde sich die Gesellschaft nun in der Auseinandersetzung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Kläger steht auf dem Standpunkt, die gemeinsam erzielten Einnahmen seien gem. § 722 Abs. 1 BGB in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung unter den Gesellschaftern zu verteilen, ihnen stünden gleiche Anteile am Gewinn und Verlust zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Darstellung der Beklagten sei unzutreffend, sie wollten den Kläger faktisch wie einen Arbeitnehmer behandeln. In diesem Falle wären nämlich nach Auffassung des Klägers sämtliche Honorarabrechnungen für den Zeitraum der Gemeinschaftspraxis unrichtig und es hätten außerdem Sozialabgaben für den Kläger von der Gemeinschaftspraxis abgeführt werden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Um die ihm zustehenden, restlichen Gewinn- und Abfindungsansprüche geltend machen zu können und gegebenenfalls um Kontrollrechte aus § 716 BGB ausüben zu können, benötige er Einsicht in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Gemeinschaftspraxis. Der Umstand, dass er diese Rechte während der kurzen Zeit der Gemeinschaftspraxis nicht wahrgenommen habe, weil er sich auf die ordnungsgemäße Geschäftsführung durch den Beklagten Ziff. 1 verlassen habe, sei ohne Belang.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Für die zurückliegenden Jahre gebe es noch keine Gewinnverteilung, eine einheitliche Gewinn- und Verlustfeststellung der Gemeinschaftspraxis sei ihm bis heute nicht vorgelegt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Unerheblich sei auch der Umstand, dass der Kläger am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt gewesen sei. Eine Kapitalbeteiligung sei nicht nötig um eine Gesellschafterstellung zu begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Eine Einigung über eine Gewinnverteilung sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Es sei auch nicht vereinbart worden, dass der Kläger im Falle seines Ausscheidens keine Abfindung erhalte und dass er keinerlei Rechte auf Einsicht in die Bücher, Kontozugriff, Vertretung etc. habe. Gerade weil man sich über maßgebliche Punkte nicht habe einigen können, sei die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten beendet worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Außerdem befürchte er nach seinem Ausscheiden haftungsrechtliche Konsequenzen. Es sei nicht auszuschließen, dass die gegenüber dem Finanzamt abgegebenen Erklärungen unzutreffend seien, es könnten Ansprüche des Finanzamts oder auch von anderen Gläubigern auf ihn zukommen. Er habe daher die Gesellschafter mehrfach aufgefordert, ihm Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen und die Buchführung zu gewähren, dies sei ihm jedoch verweigert worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
I. dem Kläger Einsichtnahme in die Buchführungsunterlagen und Vertragsunterlagen der Gemeinschaftspraxis Dr. Dr. Sch., Dr. Sch.-G., B., Dr. Schi. für den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 30.09.2002 zu gewähren, insbesondere in die:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Konten der Buchhaltung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Bankauszüge des Gemeinschaftspraxiskontos bei der Volksbank AG im Kreis Böblingen, Konto- Nr. ..., BLZ 603 900 00
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Honorarabrechnungen mit der KZV Stuttgart für die Quartale 4/99 bis 3/02 einschließlich der Leistungsübersichten, Nachweise für Abschlagszahlungen und Schlusszahlungen sowie Honorarabrechnungsbescheide, Degressionsbescheide, Honorarrückforderungsbescheide und Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Honorarabrechnungen mit der KV Nord-Württemberg für die Quartale 4/99 bis 3/02, einschließlich der Leistungsübersichten, Nachweise für Abschlagszahlungen und Schlusszahlungen sowie Honorarabrechnungsbescheide, Fallzahlzuwachsbegrenzungsbescheide, Honorarrückforderungsbescheide und Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Abrechnungen mit Privatpatienten
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Unterlagen und Verträge zu Abrechnungen der ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen mit dem Krankenhaus S. aus Konsiliartätigkeit
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Unterlagen und Zahlungsbelege zur Abrechnung der belegärztlichen Tätigkeit mit dem Verband der Angestellten Krankenkassen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Alle Einnahmen und Ausgabenbelege der Gemeinschaftspraxis, Miet- und Leasingverträge, Arbeitsverträge etc.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
II. Dem Kläger zu gestatten, sich entsprechende Ablichtungen aus den Unterlagen zu I. zu fertigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
III. Dem Kläger zu gestatten, die Akteneinsichtnahme durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Buchprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt bzw. in dessen Beisein vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagten beantragen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die Beklagten tragen vor, der Kläger sei lediglich "Mitgesellschafter im Sinne des Kassenarztrechts" gewesen, dort sei zwischen gleichberechtigten und nicht gleichberechtigten Gesellschaftern zu differenzieren. Der Kläger sei jedenfalls nicht gleichberechtigter Mitgesellschafter gewesen, vielmehr sei seine Position stark der eines Arbeitnehmers angenähert gewesen. Abfindungs- und Gewinnverteilungsansprüche zu Gunsten des Klägers bestünden nicht. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass das vom Kläger zur Begründung seines vermeintlichen Anspruchs angeführte Gesellschaftsrecht §§ 705 ff BGB weitgehend dispositiv sei. Es sei zwar kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden, es gäbe aber eine mündliche Vereinbarung. Laut diesem sei - statt einer variablen Ergebnisbeteiligung -eine monatliche feste Vergütung des Klägers vereinbart worden. Der Kläger habe nie deutlich gemacht, dass er diese Vergütung als eine Art Akontozahlung auf seine vermeintlichen Gewinnansprüche betrachte. In dem Zeitraum vom 1.11.1999 bis zu seinem Ausscheiden habe der Kläger monatlich 12.000 DM bzw. den entsprechenden Euro-Betrag erhalten. Eine darüber hinausgehende Beteiligung am Gewinn habe er zu keinem Zeitpunkt beansprucht, vielmehr habe er auf eine feste Vergütung bestanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Die Beklagten vertreten weiterhin die Rechtsansicht, dass der Kläger selbstverständlich ein Recht auf Einsicht in die Unterlagen habe, falls er solche benötige, wenn Haftungsfragen aus Behandlungsfehlern im Raum stünden. Die Geltendmachung von Kontrollrechten sei aber dann gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger nur bezwecke, Geschäftsgeheimnisse auszuspionieren oder Ansprüche geltend mache, wie hier die vermeintlichen Gewinnansprüche, die ihm gar nicht zustünden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2003 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Die zulässige Klage bleibt im Ergebnis erfolglos.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich wegen der Höhe des Streitwerts aus §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 13 ZPO, da die Beklagten im Landgerichtsbezirk ansässig sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Beklagten, da ein wirksamer Gemeinschaftspraxisvertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen worden ist (1), ihm daher zu keinem Zeitpunkt Rechte gem. § 716 BGB, oder eine Beteiligung am materiellen oder immateriellen Wert der Praxis zustand.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Für Ansprüche gemäß §§ 242,810 BGB hat der Kläger kein hinreichendes rechtliches Interesse dargetan (2).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Zwar haben die Parteien einen "Antrag auf Führung einer Gemeinschaftspraxis (BGB Gesellschaft gem. § 705 folgende BGB)" gem. § 33 Abs. 2 der Zulassungsordnung für Vertragszahnärzte bzw. Ärzte gegenüber den Zulassungsausschüssen gestellt, die auch positiv beschieden worden sind, gleichwohl fehlt es an einem Gesellschaftsvertrag, der zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis ist. Dieser Gemeinschaftspraxisvertrag muss sowohl dem zivilrechtlichen Mindeststandard als auch den Anforderungen genügen, die aufgrund berufs- und vertragsarztrechtlicher Bestimmungen an diese Form der ärztlichen Berufsausübung gestellt werden, damit die Genehmigungsfähigkeit nach § 33 Abs. 2 Ärzte- ZV eintritt (vgl. Wigge, Vertragsarzt- und berufsrechtliche Anforderungen an Gemeinschaftspraxisverträge, NZS 2001, 293 ff).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Gem. § 85 Abs. 4b SGB V richtet sich die Punktmengengrenze bei Gemeinschaftspraxen nach der Zahl der gleichberechtigten zahnärztlichen Mitglieder. Bei nicht gleichberechtigten Mitgliedern gilt die Regelung für angestellte Zahnärzte entsprechend. Eine Gleichberechtigung der zahnärztlichen Mitglieder liegt vor, wenn vertraglich gleiche Rechte und Pflichten der Teilhaber in Berufsausübung und Praxisführung vereinbart sind. Der Nachweis der gleichberechtigten Teilhaberschaft ist gegenüber dem Zulassung Ausschuss durch Vorlage des notariell beglaubigten Vertrages zu erbringen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Nachdem die Parteien keinen notariell beglaubigten Gemeinschaftsvertrag vorgelegt haben, konnte die Gleichberechtigung nicht festgestellt werden, der Kläger wurde daher bezüglich der Punktmengen wie ein angestellter Zahnarzt behandelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Beziehung zwischen den Parteien genügt aber auch den zivilrechtlichen Anforderungen an eine GbR nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Nachdem es weder einen mündlichen noch einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag gibt, ist die tatsächliche Handhabung der Parteien über den Zeitraum von annähernd drei Jahren maßgeblich für die Beurteilung ihrer rechtlichen Beziehungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Wesensnotwendig für eine GbR ist der Abschluss eines Vertrages, der nicht auf den Austausch von Leistungen, sondern auf die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes gerichtet ist und die Beteiligten gegenseitig zur Förderung dieses Zweckes verpflichtet (BGHZ 135,387). Dabei schließt der Ausschluss einzelner Gesellschafter vom Gewinn einen gemeinsamen Zweck nicht zwingend aus, jedoch ist diese Gestaltungsform von einem getarnten Dienstverhältnis abzugrenzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die so genannte "Null-Vermögensbeteiligungsgesellschaft" entspricht zwar nicht dem Prototyp der gesetzlichen Regelung (§§ 718,722 Abs. 1,734 BGB setzen ein gemeinsames, sogenanntes Gesamthandvermögen voraus), nach nahezu einhelliger Meinung sind diese Vorschriften jedoch dispositiver Natur (Sprau in Palandt § 722 Abs. 1 BGB; Ulmer in Münchner Kommentar § 734 Rdnr. 10; Vorwold: Nachfolge in eine Arztpraxis, ErbStB 2003, 24 ff., Wigge aaO). Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist es mit der Gesellschafterstellung ohne weiteres vereinbar, dass ein Gesellschafter weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist (BGH, NJW 1987,3124), die Beteiligung am Verlust einer Gesellschafter darf demnach völlig ausgeschlossen werden (BGH, WM 1989,1850). Andererseits hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 eine Gewinn- und Verlustbeteiligung als Voraussetzung für das Vorliegen einer BGB-Gesellschaft angenommen (BGH NJW 1995, 192).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer fehlenden Gewinn- und Verlustbeteiligung in einer Personengesellschaft rechtfertigt nach Auffassung z.B. von Wigge (aaO) noch nicht ohne weiteres die Annahme, dass dies auch im Bereich ärztlicher Gemeinschaftspraxen zulässig ist. Null-Beteiligungsmodelle seien nur für einen begrenzten Zeitraum von zwei bis drei Jahren zur Vorbereitung einer gleichberechtigten Partnerschaft zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Ungeachtet dieser Problematik, die hier nicht entschieden werden muß, ist zu berücksichtigen, dass die Stellung des Klägers dadurch geprägt war, dass er kein wirtschaftliches Risiko trug, wirtschaftlich nicht selbstständig war und ihm jegliche betriebliche Dispositionsfreiheit fehlte - von einer freiberuflichen Tätigkeit also keine Rede sein konnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Auf Grund des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagtenseite bzw. dem übereinstimmenden Vortrag ist davon auszugehen, dass
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
- der Kläger am Vermögen nicht beteiligt war,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
- er am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt war,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
- er monatlich fixe Bezüge in Höhe von 12.000 DM bzw. 6135,50 EUR erhielt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
- keine Geschäftsführungsbefugnissen und keine Vertretungsmacht besaß,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
- er nach außen nur gegenüber der KZV/KV in Erscheinung trat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Die Zahlung eines festen Gehaltes ist eine typische Regelung für ein Arbeitnehmerverhältnis. Im vorliegenden Falle trug der Kläger praktisch überhaupt kein Risiko, da er nicht nur am Verlust nicht teilnahm, sondern seine Vergütung auch vom erzielten Umsatz und auch vom erwirtschafteten Gewinn unabhängig war. Dies war nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten Ziff. 1 für den Kläger jedoch Bedingung für seine Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Die Erklärung des Beklagten zu 1, es sei zwischen den Parteien vereinbart gewesen, dass dem Kläger eine feste monatliche Vergütung von 12.000 DM zustünde, der Kläger kein unternehmerisches Risiko tragen sollte, er weder kapitalmäßig an der Gesellschaft beteiligt, noch in wichtige Verträge eingebunden war, keine Verfügungsbefugnis über die Praxiskonten hatte und die Finanzbuchhaltung während seiner Tätigkeit nie einsehen wollte, wurde vom Kläger nicht bestritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Damit steht fest, dass anstelle einer Gewinn- und Verlustbeteiligung eine Festvergütung zwischen den Parteien vereinbart worden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Kläger hat die monatlichen festen Bezüge von 12.000 DM insgesamt 35 x kommentarlos akzeptiert, wie sich aus der auszugsweise vorgelegten Finanzbuchhaltung der Beklagten ergibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
Soweit der Kläger behauptet, er habe unterschiedliche Vergütungen erhalten, ist dies nicht nachvollziehbar. Aus den Jahreskonten der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger 35 x exakt 12.000 DM (6.135,50 EUR) erhalten hat, was einer Gesamtsumme von 420.000 DM entspricht. Dass die Zahlung der monatlichen Vergütung in Teilbeträgen von unterschiedlichen Konten der Beklagten erfolgte, ist für die rechtliche Beurteilung irrelevant.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Zwar behauptet der Kläger, dass ihm nicht 432.000, sondern nur 420.000 DM ausbezahlt worden seien, die Differenz von 12.000 DM begründet aber allenfalls einen Zahlungsanspruch, jedoch keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführung der Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
Es mag in diesem Rechtsstreit dahinstehen, ob sich diese Summe daraus ergibt, dass der Kläger, entgegen seinem bisherigen Vortrag, nicht am 1.10.1999, sondern erst am 1.11.1999 seine Tätigkeit aufgenommen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
Nach der mündlichen Verhandlung steht für die Kammer fest, dass der Kläger, dem gemeinsamen Zweck, zu dessen Förderung er als Gesellschafter gem. §§ 705 ff BGB verpflichtet gewesen wäre, wenig gedient, sondern diesen eher torpediert hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Der Beklagte Ziff. 1:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
"Er erhielt 12.000 DM für die 35 Stunden. Die hielt er pünktlich ein. Ich habe allerdings erwartet, dass er so lange arbeitet, wie Patienten da sind. Ihn kümmerte das nicht. Er ging dann eben.(...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Einmal hat er einen überwiesenen Kieferbruch aus Leonberg abgelehnt und erklärt, es sei heute keine Narkose mehr möglich. (...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
Ich habe erfahren, dass er die Frage eines Patienten nach einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommentierte mit: Sie sind wohl zu faul zum Schaffen. Auch äußerte er einmal, er solle sich mit Alkohol betrinken oder eine andere Ersatzdroge nehmen. Das habe ich von einem Herrn Dr. B. per Fax vom 06.02.2002 erfahren, der sagte, das sei doch geschäftsschädigend."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Der Beklagten Ziff. 1 führte weiter aus, dass der Kläger darauf bestanden hat, ein monatlich fixes Gehalt zu beziehen. Er habe die Erhöhung der Bezüge auf 16.000 DM pro Monat verlangt, eine Beteiligung am Umsatz als Möglichkeit der Einkommenssteigerung jedoch ausdrücklich abgelehnt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="74"/>
Durch seine Einstellung und insbesondere seinem Beharren auf der festen Vergütung brachte der Kläger zum Ausdruck, dass er nicht bereit war, sich auch nur in geringem Maße - da er nach wie vor nicht am Verlust beteiligt gewesen wäre - am unternehmerischen Risiko zu beteiligen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Typisch für ein Anstellungsverhältnis ist auch, dass der Kläger keinerlei betriebliche Dispositionsfreiheit hatte und auch nicht haben wollte. Er bestand auf seiner 35-Stundenwoche, hielt seine Arbeitszeiten exakt ein und war offenbar nicht bereit im Interesse der Gemeinschaftspraxis, des gemeinsamen Zweckes, Mehrarbeit auf sich zunehmen, d.h. Patienten zu behandeln, die ihn über seine planmäßige Arbeitszeit hinaus beschäftigt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Damit erfüllt der Kläger die typischen Merkmale des Arbeitnehmers - allerdings mit der Ausnahme, dass er in seiner ärztlichen bzw. zahnärztlichen Tätigkeit nicht weisungsgebunden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Auch aus Sicht der Beklagten nahm der Kläger keine Gesellschafterstellung ein, da seine Vergütung angestelltentypisch unter dem Konto "Personalkosten" als Betriebsausgabe und nicht wie die Tätigkeitsvergütung eines Gesellschafters verbucht wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="78"/>
Das Finanzamt hat im Rahmen der Betriebsprüfung diese Vorgehensweise nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten gebilligt. Dies verwundert nicht, nachdem der Kläger weder am Vermögen der Gesellschaft, noch am Gewinn noch am Verlust beteiligt war, also nicht das geringste unternehmerische Risiko trug. Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, dass das Finanzamt von einer Mitunternehmerschaft des Klägers ausgeht, der in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung gem. § 180 Abs. 1 AO einzubeziehen wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="79"/>
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Kläger mit den Beklagten keinen Gesellschaftsvertrag, auch keinen Gemeinschaftspraxisvertrag abgeschlossen hat. Die tatsächliche Übung spricht eindeutig dagegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="80"/>
Dem Kläger stehen daher auch die Rechte eines Gesellschafters, Kontrollrechte gem. § 716 BGB (während seiner Zugehörigkeit), Gewinnbeteiligung gem. § 722 Abs. 1 BGB und eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis nach seinem Ausscheiden nicht zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="81"/>
Nachdem feststeht, dass dem Kläger schon dem Grunde nach weder eine Gewinnbeteiligung, noch eine Abfindung zusteht, hat er jedenfalls keine Einsichtsrechte um deren Höhe beziffern zu können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="82"/>
Voraussetzung der Ansprüche gem. § 716 BGB ist, dass der Anspruchsinhaber die Stellung eines Gesellschafters i.S.d. §§ 705 ff BGB innehat. In der Person des Klägers lag diese Voraussetzung zu keinem Zeitpunkt vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="83"/>
(2) Auch kann der Kläger sein Recht auf Einsichtnahme nicht mittels §§ 242, 810 BGB verfolgen. Dieses Recht ist nicht Selbstzweck.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Der Anspruch aus §§ 810, 242 BGB setzt voraus, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="85"/>
Dieses Interesse ist dann zu bejahen, wenn der Kläger die Informationen aus den Unterlagen benötigt für die Erhaltung, Förderung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten Sphäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
Das ist zum einen dann der Fall, wenn der Kläger das Einsichtsrecht braucht, um Gewinn- oder Abfindungsansprüche zu beziffern, die sich aus der gesellschaftsrechtlichen Verbindung der Parteien ergaben. Dass solche Ansprüche dem Kläger nicht zustehen, wurde oben ausgeführt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="87"/>
Zum anderen ist aber auch ein Anspruch auf Einsicht gem. §§ 810, 242 BGB wegen haftungsrechtlicher Konsequenzen unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
Ein rechtlich beachtliches Interesse an der Einsicht in die Finanzbuchhaltung und in sämtliche Abrechnungsunterlagen hat der Kläger nicht dargetan.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="89"/>
Hinreichend bestimmte Anhaltspunkte für eine mögliche deliktische Inanspruchnahme hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Die Besorgnis allein, dass der Kläger für Behandlungsfehler in Anspruch genommen werden könnte, ist nicht hinreichend konkret, um Informationsansprüche zu bejahen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn ein zivil- oder strafrechtliches Verfahren gegen den Kläger wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers anhängig wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
Dies behauptet der Kläger jedoch selbst nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="93"/>
Für diesen Fall haben die Beklagten bereits zugesagt, dass ihm die Einsicht in alle relevanten Unterlagen gewährt werden wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Die Haftung für Behandlungsfehler gibt dem Kläger allerdings nur das Recht auf Einsicht in Patientenakten oder Behandlungsdokumente, nicht aber auf die klageweise geltend gemachte Einsicht in die Finanzbuchhaltung der Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Ebenfalls nicht tragkräftig ist die Behauptung des Klägers, Einsichtnahme unter dem Aspekt seiner Haftung für Altverbindlichkeiten gem. § 736 II BGB aus Verträgen mit Leasinggebern, Lieferanten etc. zu benötigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="96"/>
Nach neuester Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 7. April 2003/Az: II ZR 56/02) gebieten es Erwägungen des Vertrauensschutzes, den Grundsatz der persönlichen Haftung des in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erst auf künftige Beitrittsfälle anzuwenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Damit wäre für Fälle wie den vorliegenden, in dem der Eintritt des Klägers als Gesellschafter in die Gemeinschaftspraxis von 1999 datiert, eine Haftung aus § 736 II BGB für Altverbindlichkeiten ohnehin ausgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Während des Zeitraums vom 01.10.1999 bis zum 30.09.2002 trat er nach außen gegenüber Dritten, Gläubigern nicht als Gesellschafter auf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="99"/>
Das Vorbringen des Klägers ist an dieser Stelle in sich widersprüchlich, da er dem Vortrag der Beklagten, er sei in keine Verträge aufgenommen worden und nach außen nur gegenüber der KZV bzw. KV in Erscheinung getreten, von ihm akzeptiert wurde. Ansprüchen Dritter sind aber unter diesen Umständen nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="100"/>
Nachdem der Kläger mangels entsprechender Vereinbarung nicht Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis geworden ist, ist mit seiner Inanspruchnahme wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht zu rechnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="101"/>
Die bloße Vermutung von Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung bzw. der Abrechnung gegenüber der KV und KZV Stuttgart sind derart unbestimmt, dass sie ein rechtliches Interesse i.S.d. §§ 242, 810 BGB nicht begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="102"/>
Allein der Hinweis darauf, dass der Kläger befürchte, die in der Praxis arbeitende Ärztin Frau Dr. Sch. habe vermutlich zahnärztliche Leistungen ohne Zulassung erbracht und deshalb sei nicht auszuschließen, dass sich weitere Unregelmäßigkeiten in der Gemeinschaftspraxis ergeben haben könnten, liefert keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine unredliche Geschäftsführung oder falsche Abrechnung. Damit kann der Kläger kein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme in die Buchführung geltend machen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="103"/>
Ein Anspruch auf Einsichtnahme lässt sich auch nicht aus § 242 BGB zu Gunsten des Klägers herleiten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="104"/>
Die Rechte aus §§ 242, 810 BGB sind nämlich dann ausgeschlossen, wenn die Vorlegung der Unterlagen ohne genügend konkrete Angaben lediglich dazu dienen soll, erstmalig Unterlagen für die Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde zu schaffen oder Geschäftsgeheimnisse auszukundschaften (vgl. hierzu BGHZ 93, 191 und 109, 260).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="105"/>
Genau diese Absicht, nämlich die Beklagten gegebenenfalls einer steuer-, straf- und disziplinarrechtlichen Verantwortung zuzuführen, gibt der Kläger mit seinen Andeutungen und Verweisen auf einen möglichen Abrechnungsbetrug gegenüber der KV/KZV Stuttgart zu erkennen. Sein Begehren stellt eine Art der Ausforschung dar, da der Kläger offen einräumt, erst einmal Einsicht nehmen zu wollen, um dann weitere rechtliche Schritte gegen die Beklagten zu prüfen. Diese Vorgehensweise ist nicht nur dem deutschen Zivilprozessrecht fremd, sie kann sich auch materiellrechtlich nicht auf den allgemeinen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB stützen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="106"/>
Weitere Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die Buchführung, die Verträge und die Abrechnungsunterlagen der Beklagten ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>107 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="107"/>
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>108 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="108"/>
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>109 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="109"/>
Der Streitwertwert wird auf 62.500 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>110 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="110"/>
Für den Wert einer Auskunftsklage ist maßgebend das Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft. Er hat seinen Anspruch maßgeblich begründet mit der Behauptung, er wolle die Höhe seiner restlichen Gewinnbeteiligung bzw. seines Abfindungsanspruches zur Vorbereitung der Geltendmachung dieser Ansprüche in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang behauptete er, er gehe davon aus, dass ihm für seine dreijährige Tätigkeit noch ein Anspruch in einer Größenordnung von 200.000 bis 300.000 EUR zustehe. Allerdings ist das Interesse an der Auskunft nicht identisch mit der Hauptsache, sondern lediglich mit einem Teilwert gem. § 3 ZPO zu schätzen. Nachdem dem Kläger bislang jegliche Anhaltspunkte für die Bezifferung seines Anspruches fehlen, ist von einem eher größeren Bruchteil auszugehen, den die Kammer vorliegend mit einem Viertel bewertet.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Die zulässige Klage bleibt im Ergebnis erfolglos.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich wegen der Höhe des Streitwerts aus §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 13 ZPO, da die Beklagten im Landgerichtsbezirk ansässig sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Beklagten, da ein wirksamer Gemeinschaftspraxisvertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen worden ist (1), ihm daher zu keinem Zeitpunkt Rechte gem. § 716 BGB, oder eine Beteiligung am materiellen oder immateriellen Wert der Praxis zustand.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Für Ansprüche gemäß §§ 242,810 BGB hat der Kläger kein hinreichendes rechtliches Interesse dargetan (2).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Zwar haben die Parteien einen "Antrag auf Führung einer Gemeinschaftspraxis (BGB Gesellschaft gem. § 705 folgende BGB)" gem. § 33 Abs. 2 der Zulassungsordnung für Vertragszahnärzte bzw. Ärzte gegenüber den Zulassungsausschüssen gestellt, die auch positiv beschieden worden sind, gleichwohl fehlt es an einem Gesellschaftsvertrag, der zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis ist. Dieser Gemeinschaftspraxisvertrag muss sowohl dem zivilrechtlichen Mindeststandard als auch den Anforderungen genügen, die aufgrund berufs- und vertragsarztrechtlicher Bestimmungen an diese Form der ärztlichen Berufsausübung gestellt werden, damit die Genehmigungsfähigkeit nach § 33 Abs. 2 Ärzte- ZV eintritt (vgl. Wigge, Vertragsarzt- und berufsrechtliche Anforderungen an Gemeinschaftspraxisverträge, NZS 2001, 293 ff).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Gem. § 85 Abs. 4b SGB V richtet sich die Punktmengengrenze bei Gemeinschaftspraxen nach der Zahl der gleichberechtigten zahnärztlichen Mitglieder. Bei nicht gleichberechtigten Mitgliedern gilt die Regelung für angestellte Zahnärzte entsprechend. Eine Gleichberechtigung der zahnärztlichen Mitglieder liegt vor, wenn vertraglich gleiche Rechte und Pflichten der Teilhaber in Berufsausübung und Praxisführung vereinbart sind. Der Nachweis der gleichberechtigten Teilhaberschaft ist gegenüber dem Zulassung Ausschuss durch Vorlage des notariell beglaubigten Vertrages zu erbringen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Nachdem die Parteien keinen notariell beglaubigten Gemeinschaftsvertrag vorgelegt haben, konnte die Gleichberechtigung nicht festgestellt werden, der Kläger wurde daher bezüglich der Punktmengen wie ein angestellter Zahnarzt behandelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Beziehung zwischen den Parteien genügt aber auch den zivilrechtlichen Anforderungen an eine GbR nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Nachdem es weder einen mündlichen noch einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag gibt, ist die tatsächliche Handhabung der Parteien über den Zeitraum von annähernd drei Jahren maßgeblich für die Beurteilung ihrer rechtlichen Beziehungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Wesensnotwendig für eine GbR ist der Abschluss eines Vertrages, der nicht auf den Austausch von Leistungen, sondern auf die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes gerichtet ist und die Beteiligten gegenseitig zur Förderung dieses Zweckes verpflichtet (BGHZ 135,387). Dabei schließt der Ausschluss einzelner Gesellschafter vom Gewinn einen gemeinsamen Zweck nicht zwingend aus, jedoch ist diese Gestaltungsform von einem getarnten Dienstverhältnis abzugrenzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die so genannte "Null-Vermögensbeteiligungsgesellschaft" entspricht zwar nicht dem Prototyp der gesetzlichen Regelung (§§ 718,722 Abs. 1,734 BGB setzen ein gemeinsames, sogenanntes Gesamthandvermögen voraus), nach nahezu einhelliger Meinung sind diese Vorschriften jedoch dispositiver Natur (Sprau in Palandt § 722 Abs. 1 BGB; Ulmer in Münchner Kommentar § 734 Rdnr. 10; Vorwold: Nachfolge in eine Arztpraxis, ErbStB 2003, 24 ff., Wigge aaO). Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist es mit der Gesellschafterstellung ohne weiteres vereinbar, dass ein Gesellschafter weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist (BGH, NJW 1987,3124), die Beteiligung am Verlust einer Gesellschafter darf demnach völlig ausgeschlossen werden (BGH, WM 1989,1850). Andererseits hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 eine Gewinn- und Verlustbeteiligung als Voraussetzung für das Vorliegen einer BGB-Gesellschaft angenommen (BGH NJW 1995, 192).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer fehlenden Gewinn- und Verlustbeteiligung in einer Personengesellschaft rechtfertigt nach Auffassung z.B. von Wigge (aaO) noch nicht ohne weiteres die Annahme, dass dies auch im Bereich ärztlicher Gemeinschaftspraxen zulässig ist. Null-Beteiligungsmodelle seien nur für einen begrenzten Zeitraum von zwei bis drei Jahren zur Vorbereitung einer gleichberechtigten Partnerschaft zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Ungeachtet dieser Problematik, die hier nicht entschieden werden muß, ist zu berücksichtigen, dass die Stellung des Klägers dadurch geprägt war, dass er kein wirtschaftliches Risiko trug, wirtschaftlich nicht selbstständig war und ihm jegliche betriebliche Dispositionsfreiheit fehlte - von einer freiberuflichen Tätigkeit also keine Rede sein konnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Auf Grund des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagtenseite bzw. dem übereinstimmenden Vortrag ist davon auszugehen, dass
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
- der Kläger am Vermögen nicht beteiligt war,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
- er am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt war,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
- er monatlich fixe Bezüge in Höhe von 12.000 DM bzw. 6135,50 EUR erhielt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
- keine Geschäftsführungsbefugnissen und keine Vertretungsmacht besaß,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
- er nach außen nur gegenüber der KZV/KV in Erscheinung trat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Die Zahlung eines festen Gehaltes ist eine typische Regelung für ein Arbeitnehmerverhältnis. Im vorliegenden Falle trug der Kläger praktisch überhaupt kein Risiko, da er nicht nur am Verlust nicht teilnahm, sondern seine Vergütung auch vom erzielten Umsatz und auch vom erwirtschafteten Gewinn unabhängig war. Dies war nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten Ziff. 1 für den Kläger jedoch Bedingung für seine Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Die Erklärung des Beklagten zu 1, es sei zwischen den Parteien vereinbart gewesen, dass dem Kläger eine feste monatliche Vergütung von 12.000 DM zustünde, der Kläger kein unternehmerisches Risiko tragen sollte, er weder kapitalmäßig an der Gesellschaft beteiligt, noch in wichtige Verträge eingebunden war, keine Verfügungsbefugnis über die Praxiskonten hatte und die Finanzbuchhaltung während seiner Tätigkeit nie einsehen wollte, wurde vom Kläger nicht bestritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Damit steht fest, dass anstelle einer Gewinn- und Verlustbeteiligung eine Festvergütung zwischen den Parteien vereinbart worden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Kläger hat die monatlichen festen Bezüge von 12.000 DM insgesamt 35 x kommentarlos akzeptiert, wie sich aus der auszugsweise vorgelegten Finanzbuchhaltung der Beklagten ergibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
Soweit der Kläger behauptet, er habe unterschiedliche Vergütungen erhalten, ist dies nicht nachvollziehbar. Aus den Jahreskonten der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger 35 x exakt 12.000 DM (6.135,50 EUR) erhalten hat, was einer Gesamtsumme von 420.000 DM entspricht. Dass die Zahlung der monatlichen Vergütung in Teilbeträgen von unterschiedlichen Konten der Beklagten erfolgte, ist für die rechtliche Beurteilung irrelevant.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Zwar behauptet der Kläger, dass ihm nicht 432.000, sondern nur 420.000 DM ausbezahlt worden seien, die Differenz von 12.000 DM begründet aber allenfalls einen Zahlungsanspruch, jedoch keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Buchführung der Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
Es mag in diesem Rechtsstreit dahinstehen, ob sich diese Summe daraus ergibt, dass der Kläger, entgegen seinem bisherigen Vortrag, nicht am 1.10.1999, sondern erst am 1.11.1999 seine Tätigkeit aufgenommen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
Nach der mündlichen Verhandlung steht für die Kammer fest, dass der Kläger, dem gemeinsamen Zweck, zu dessen Förderung er als Gesellschafter gem. §§ 705 ff BGB verpflichtet gewesen wäre, wenig gedient, sondern diesen eher torpediert hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Der Beklagte Ziff. 1:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
"Er erhielt 12.000 DM für die 35 Stunden. Die hielt er pünktlich ein. Ich habe allerdings erwartet, dass er so lange arbeitet, wie Patienten da sind. Ihn kümmerte das nicht. Er ging dann eben.(...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Einmal hat er einen überwiesenen Kieferbruch aus Leonberg abgelehnt und erklärt, es sei heute keine Narkose mehr möglich. (...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
Ich habe erfahren, dass er die Frage eines Patienten nach einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommentierte mit: Sie sind wohl zu faul zum Schaffen. Auch äußerte er einmal, er solle sich mit Alkohol betrinken oder eine andere Ersatzdroge nehmen. Das habe ich von einem Herrn Dr. B. per Fax vom 06.02.2002 erfahren, der sagte, das sei doch geschäftsschädigend."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Der Beklagten Ziff. 1 führte weiter aus, dass der Kläger darauf bestanden hat, ein monatlich fixes Gehalt zu beziehen. Er habe die Erhöhung der Bezüge auf 16.000 DM pro Monat verlangt, eine Beteiligung am Umsatz als Möglichkeit der Einkommenssteigerung jedoch ausdrücklich abgelehnt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="74"/>
Durch seine Einstellung und insbesondere seinem Beharren auf der festen Vergütung brachte der Kläger zum Ausdruck, dass er nicht bereit war, sich auch nur in geringem Maße - da er nach wie vor nicht am Verlust beteiligt gewesen wäre - am unternehmerischen Risiko zu beteiligen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Typisch für ein Anstellungsverhältnis ist auch, dass der Kläger keinerlei betriebliche Dispositionsfreiheit hatte und auch nicht haben wollte. Er bestand auf seiner 35-Stundenwoche, hielt seine Arbeitszeiten exakt ein und war offenbar nicht bereit im Interesse der Gemeinschaftspraxis, des gemeinsamen Zweckes, Mehrarbeit auf sich zunehmen, d.h. Patienten zu behandeln, die ihn über seine planmäßige Arbeitszeit hinaus beschäftigt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Damit erfüllt der Kläger die typischen Merkmale des Arbeitnehmers - allerdings mit der Ausnahme, dass er in seiner ärztlichen bzw. zahnärztlichen Tätigkeit nicht weisungsgebunden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Auch aus Sicht der Beklagten nahm der Kläger keine Gesellschafterstellung ein, da seine Vergütung angestelltentypisch unter dem Konto "Personalkosten" als Betriebsausgabe und nicht wie die Tätigkeitsvergütung eines Gesellschafters verbucht wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="78"/>
Das Finanzamt hat im Rahmen der Betriebsprüfung diese Vorgehensweise nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten gebilligt. Dies verwundert nicht, nachdem der Kläger weder am Vermögen der Gesellschaft, noch am Gewinn noch am Verlust beteiligt war, also nicht das geringste unternehmerische Risiko trug. Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, dass das Finanzamt von einer Mitunternehmerschaft des Klägers ausgeht, der in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung gem. § 180 Abs. 1 AO einzubeziehen wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="79"/>
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Kläger mit den Beklagten keinen Gesellschaftsvertrag, auch keinen Gemeinschaftspraxisvertrag abgeschlossen hat. Die tatsächliche Übung spricht eindeutig dagegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="80"/>
Dem Kläger stehen daher auch die Rechte eines Gesellschafters, Kontrollrechte gem. § 716 BGB (während seiner Zugehörigkeit), Gewinnbeteiligung gem. § 722 Abs. 1 BGB und eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis nach seinem Ausscheiden nicht zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="81"/>
Nachdem feststeht, dass dem Kläger schon dem Grunde nach weder eine Gewinnbeteiligung, noch eine Abfindung zusteht, hat er jedenfalls keine Einsichtsrechte um deren Höhe beziffern zu können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="82"/>
Voraussetzung der Ansprüche gem. § 716 BGB ist, dass der Anspruchsinhaber die Stellung eines Gesellschafters i.S.d. §§ 705 ff BGB innehat. In der Person des Klägers lag diese Voraussetzung zu keinem Zeitpunkt vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="83"/>
(2) Auch kann der Kläger sein Recht auf Einsichtnahme nicht mittels §§ 242, 810 BGB verfolgen. Dieses Recht ist nicht Selbstzweck.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Der Anspruch aus §§ 810, 242 BGB setzt voraus, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="85"/>
Dieses Interesse ist dann zu bejahen, wenn der Kläger die Informationen aus den Unterlagen benötigt für die Erhaltung, Förderung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten Sphäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
Das ist zum einen dann der Fall, wenn der Kläger das Einsichtsrecht braucht, um Gewinn- oder Abfindungsansprüche zu beziffern, die sich aus der gesellschaftsrechtlichen Verbindung der Parteien ergaben. Dass solche Ansprüche dem Kläger nicht zustehen, wurde oben ausgeführt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="87"/>
Zum anderen ist aber auch ein Anspruch auf Einsicht gem. §§ 810, 242 BGB wegen haftungsrechtlicher Konsequenzen unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
Ein rechtlich beachtliches Interesse an der Einsicht in die Finanzbuchhaltung und in sämtliche Abrechnungsunterlagen hat der Kläger nicht dargetan.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="89"/>
Hinreichend bestimmte Anhaltspunkte für eine mögliche deliktische Inanspruchnahme hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Die Besorgnis allein, dass der Kläger für Behandlungsfehler in Anspruch genommen werden könnte, ist nicht hinreichend konkret, um Informationsansprüche zu bejahen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn ein zivil- oder strafrechtliches Verfahren gegen den Kläger wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers anhängig wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
Dies behauptet der Kläger jedoch selbst nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="93"/>
Für diesen Fall haben die Beklagten bereits zugesagt, dass ihm die Einsicht in alle relevanten Unterlagen gewährt werden wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Die Haftung für Behandlungsfehler gibt dem Kläger allerdings nur das Recht auf Einsicht in Patientenakten oder Behandlungsdokumente, nicht aber auf die klageweise geltend gemachte Einsicht in die Finanzbuchhaltung der Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Ebenfalls nicht tragkräftig ist die Behauptung des Klägers, Einsichtnahme unter dem Aspekt seiner Haftung für Altverbindlichkeiten gem. § 736 II BGB aus Verträgen mit Leasinggebern, Lieferanten etc. zu benötigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="96"/>
Nach neuester Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 7. April 2003/Az: II ZR 56/02) gebieten es Erwägungen des Vertrauensschutzes, den Grundsatz der persönlichen Haftung des in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erst auf künftige Beitrittsfälle anzuwenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Damit wäre für Fälle wie den vorliegenden, in dem der Eintritt des Klägers als Gesellschafter in die Gemeinschaftspraxis von 1999 datiert, eine Haftung aus § 736 II BGB für Altverbindlichkeiten ohnehin ausgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Während des Zeitraums vom 01.10.1999 bis zum 30.09.2002 trat er nach außen gegenüber Dritten, Gläubigern nicht als Gesellschafter auf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="99"/>
Das Vorbringen des Klägers ist an dieser Stelle in sich widersprüchlich, da er dem Vortrag der Beklagten, er sei in keine Verträge aufgenommen worden und nach außen nur gegenüber der KZV bzw. KV in Erscheinung getreten, von ihm akzeptiert wurde. Ansprüchen Dritter sind aber unter diesen Umständen nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="100"/>
Nachdem der Kläger mangels entsprechender Vereinbarung nicht Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis geworden ist, ist mit seiner Inanspruchnahme wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht zu rechnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="101"/>
Die bloße Vermutung von Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung bzw. der Abrechnung gegenüber der KV und KZV Stuttgart sind derart unbestimmt, dass sie ein rechtliches Interesse i.S.d. §§ 242, 810 BGB nicht begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="102"/>
Allein der Hinweis darauf, dass der Kläger befürchte, die in der Praxis arbeitende Ärztin Frau Dr. Sch. habe vermutlich zahnärztliche Leistungen ohne Zulassung erbracht und deshalb sei nicht auszuschließen, dass sich weitere Unregelmäßigkeiten in der Gemeinschaftspraxis ergeben haben könnten, liefert keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine unredliche Geschäftsführung oder falsche Abrechnung. Damit kann der Kläger kein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme in die Buchführung geltend machen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="103"/>
Ein Anspruch auf Einsichtnahme lässt sich auch nicht aus § 242 BGB zu Gunsten des Klägers herleiten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="104"/>
Die Rechte aus §§ 242, 810 BGB sind nämlich dann ausgeschlossen, wenn die Vorlegung der Unterlagen ohne genügend konkrete Angaben lediglich dazu dienen soll, erstmalig Unterlagen für die Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde zu schaffen oder Geschäftsgeheimnisse auszukundschaften (vgl. hierzu BGHZ 93, 191 und 109, 260).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="105"/>
Genau diese Absicht, nämlich die Beklagten gegebenenfalls einer steuer-, straf- und disziplinarrechtlichen Verantwortung zuzuführen, gibt der Kläger mit seinen Andeutungen und Verweisen auf einen möglichen Abrechnungsbetrug gegenüber der KV/KZV Stuttgart zu erkennen. Sein Begehren stellt eine Art der Ausforschung dar, da der Kläger offen einräumt, erst einmal Einsicht nehmen zu wollen, um dann weitere rechtliche Schritte gegen die Beklagten zu prüfen. Diese Vorgehensweise ist nicht nur dem deutschen Zivilprozessrecht fremd, sie kann sich auch materiellrechtlich nicht auf den allgemeinen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB stützen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="106"/>
Weitere Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die Buchführung, die Verträge und die Abrechnungsunterlagen der Beklagten ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>107 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="107"/>
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>108 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="108"/>
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>109 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="109"/>
Der Streitwertwert wird auf 62.500 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>110 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="110"/>
Für den Wert einer Auskunftsklage ist maßgebend das Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft. Er hat seinen Anspruch maßgeblich begründet mit der Behauptung, er wolle die Höhe seiner restlichen Gewinnbeteiligung bzw. seines Abfindungsanspruches zur Vorbereitung der Geltendmachung dieser Ansprüche in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang behauptete er, er gehe davon aus, dass ihm für seine dreijährige Tätigkeit noch ein Anspruch in einer Größenordnung von 200.000 bis 300.000 EUR zustehe. Allerdings ist das Interesse an der Auskunft nicht identisch mit der Hauptsache, sondern lediglich mit einem Teilwert gem. § 3 ZPO zu schätzen. Nachdem dem Kläger bislang jegliche Anhaltspunkte für die Bezifferung seines Anspruches fehlen, ist von einem eher größeren Bruchteil auszugehen, den die Kammer vorliegend mit einem Viertel bewertet.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
128,001
|
olgsl-2003-08-06-5-u-28301-21
|
{
"id": 939,
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}
|
5 U 283/01 - 21
| 2003-08-06T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:50
| 2019-02-12T14:04:38
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.3.2001 - 14 O 239/99 - wird abgeändert.</p>
<p>2.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Gegenwert in Euro von 16.071,75 DM nebst 4 % Zinsen aus dem Gegenwert in Euro von je 357,15 DM seit dem 1. eines jeden Monats zu zahlen, beginnend mit dem 1.7.1997 und endend mit dem 1.2.2001.</p>
<p>3.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zum 1. eines jeden Monats, beginnend mit dem 1.3.2001 und endend mit dem 1.6.2003 den Gegenwert in Euro von 357,15 DM beginnend mit dem 1.3.2001 und endend mit dem 1.6.2003 zu zahlen.</p>
<p>4.</p>
<p>Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.</p>
<p>5a.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits - mit Ausnahme der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Beweisaufnahme in zweiter Instanz entstanden sind -, trägt der Kläger 75 %, die Beklagte trägt 25 %. Von den durch die Beweisaufnahme in zweiter Instanz entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte 96 %, der Kläger trägt 4 %.</p>
<p>5b.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagte können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>6.</p>
<p>Der Streitwert wird für die Kosten der Beweisaufnahme zweiter Instanz festgesetzt auf den Gegenwert in Euro von 20.071 DM, im Übrigen auf den Gegenwert in Euro von 25.605 DM.</p>
<p>7.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfalls mit Beitragsbefreiung, Renten- und Kapitalzahlung bei Berufsunfähigkeit. Der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sind allgemeine Versicherungsbedingungen zu Grunde gelegt (Bl. 252 ff. - EAVB). Danach besteht - unter anderem - ein Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente für einen ununterbrochenen Zeitraum von sechs Jahren, wenn der Versicherte während der Versicherungsdauer infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall zu mindestens 50 % voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Im Juli 1997 betrug die versprochene Rente 357,15 DM.
</p><p>
<rd nr="2"/>
Der Kläger arbeitete nach Beendigung der Schulzeit ohne Schulabschluss mehrere Jahre als Lagerarbeiter bei einem Baustoffhändler, wurde dann zum Stuckateur umgeschult und war in diesem Beruf bis Ende 1996 tätig. Mit Einbruch der Winterperiode wurde er - wie in den vorausgehenden Jahren üblich - vorübergehend entlassen. Auf Grund einer Erkrankung der Wirbelsäule nahm er die Tätigkeit als Stuckateur nicht mehr auf. Sein Bruttoeinkommen betrug im Jahr 1996 einschließlich der ihm regelmäßig zufließenden Akkordentlohnung 68.166 DM.
</p><p>
<rd nr="3"/>
Im Jahre 1997 war der Kläger vorübergehend arbeitsunfähig geschrieben. Mit Bescheid vom 11.2.1998 gewährte ihm die LVA eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Versuche, den Kläger zum Magaziner umzuschulen, scheiterten, angeblich weil der Kläger die sitzende Tätigkeit bei Erlernen von EDV-Kenntnissen gesundheitlich nicht verkraftete. Der Kläger war allerdings zwischenzeitlich längere Zeit als Wagenpfleger bei der Firma tätig; dort verdiente er monatlich 2.130 DM brutto.
</p><p>
<rd nr="4"/>
Der Kläger behauptet, er sei seit Juli 1997 berufsunfähig. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Stuckateur könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht fortführen. Auf andere Berufe könne er teils wegen fehlender gesundheitlicher Eignung, teils wegen fehlender Vergleichbarkeit des zu erzielenden Einkommens, nicht verwiesen werden.
</p><p>
<rd nr="5"/>
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
</p><p>
<rd nr="6"/>
1. die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.7.1997 bis Februar 2001 an den Kläger rückständige Rentenbeträge in Gesamthöhe von 16.233,20 DM zu zahlen;
</p><p>
<rd nr="7"/>
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von derzeit 369,05 DM zu zahlen, beginnend mit dem Monat März 2001 und befristet bis zum 1.6.2020;
</p><p>
<rd nr="8"/>
3. die dem Kläger zu gewährende Rentenleistung ab 1.7.1997 mit 4 % zu verzinsen.
</p><p>
<rd nr="9"/>
Durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.3.2001 - 14 0 239/99 - hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,
</p><p>
<rd nr="10"/>
1. an den Kläger 16.107,30 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 357,15 DM seit dem 1. eines jeden Monats von Juli 1997 bis Mai 1998 sowie 4 % Zinsen aus jeweils 369,05 DM seit dem 1. eines jeden Monats von Juni 1998 bis Februar 2001 zu zahlen;
</p><p>
<rd nr="11"/>
2. an den Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von monatlich derzeit 369,05 DM zu zahlen, beginnend mit dem Monat März 2001 und befristet bis zum 1.6.2020
</p><p>
<rd nr="12"/>
und im Übrigen die Klage abgewiesen.
</p><p>
<rd nr="13"/>
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung.
</p><p>
<rd nr="14"/>
Die Beklagte bestreitet - unter eingehender Auseinandersetzung mit den erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten -, dass der Kläger überhaupt gesundheitsbedingt außer Stande ist, seinen Beruf als Stuckateur fortzuführen. Sie meint im Übrigen, der Kläger könne auf den Beruf eines Malers (Bl. 77), eines Magaziners als Fachkraft für Lagerwirtschaft (Bl. 77, 162 ff.), als Baustellenmagaziner (Bl. 219 ff.), eines Fachberater in einem Baumarkt und Mitarbeiter im Verkaufsaußendienst eines Baustoffunternehmens sowie eines Wagenpflegers verwiesen werden.
</p><p>
<rd nr="15"/>
Die Beklagte beantragt,
</p><p>
<rd nr="16"/>
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.3.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
</p><p>
<rd nr="17"/>
Der Kläger beantragt - nachdem er seine Klage vor Anordnung der Beweiserhebung im Berufungsverfahren teilweise zurückgenommen hat und zu seinem Klageantrag zu 2. lediglich die Zahlung einer Rente in Höhe von derzeit 369,05 DM, beginnend mit dem Monat März 2001 und befristet bis zum Monat Juni 2003 begehrt -
</p><p>
<rd nr="18"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</p><p>
<rd nr="19"/>
Der Kläger wiederholt im Wesentlichen seine erstinstanzliche Bezugnahme auf die Gründe der Rentengewährung durch die LVA und führt ergänzend aus, Verweisungen kämen nicht in Betracht.
</p><p>
<rd nr="20"/>
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen vom 18.1.2002 (Bl. 309 ff.) und dessen mündliche Ergänzung (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 9.7.2003), Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen M. (Niederschrift vom 9.7.2003) sowie durch Einholung verschiedener Auskünfte zu den Einkommen im Tankstellen- und Garagengewerbe. Im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
</p><p>
<rd nr="21"/>
Die Berufung ist - nachdem der Kläger seine Klage in erheblichem Umfang in zweiter Instanz zurückgenommen hat - überwiegend unbegründet.
</p><p>
<rd nr="22"/>
Der Kläger kann auf der Grundlage des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente ab 1.7.1997 bis 30.6.2003 in Höhe des Gegenwerts in Euro von 357,15 DM beanspruchen.
</p><p>
<rd nr="23"/>
1. Der Kläger ist nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 286 Abs. 1 ZPO) in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Stuckateur berufsunfähig im Sinne von § 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 EAVB.
</p><p>
<rd nr="24"/>
Der Kläger hat zuletzt - vor Eintritt der von ihm behaupteten Berufsunfähigkeit - unstreitig als Stuckateur gearbeitet. Dabei hat er für seinen Arbeitgeber in mehrstöckigen Gebäuden Innenputz und Außenputz aufgebracht. Diese Tätigkeit war davon geprägt, dass der von einem anderen Arbeiter an die Wand mit einer Maschine gespritzte Putz mit einer 1,80 m langen Latte von links nach rechts und von unten nach oben gezogen wurde. Zu seinen Aufgaben gehörte regelmäßig, das Material - Eckleisten in Paketen von bis zu 30 kg, Gipssäcke bis zu 30 kg, Rigipskartonplatten über Kopf bis zu 30 kg und Feuerschutzplatten für Dachgeschosse - vor Ort zu tragen. Die Arbeit leistete er im Akkord von werktäglich - mit Ausnahme des Freitags - 5.30 Uhr bis gegen 20.00 Uhr.
</p><p>
<rd nr="25"/>
Der Kläger leidet an einer Erkrankung der Wirbelsäule. Das ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 9.7.2003. Der Sachverständige hat dort ausgeführt, die klinische Untersuchung des Klägers habe erhebliche degenerative Veränderungen zweier Bandscheibenetagen - L4/5 und L5/S1 - gezeigt, die zu einer pathologischen Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Wirbelsäule geführt hätten. Zwar träten solche degenerativen Veränderungen bei den meisten Menschen im Laufe ihres Lebens auf, würden aber üblicherweise durch knöcherne Strukturen kompensiert und wären daher nicht ohne weiteres als "Krankheit" oder "Kräfteverfall" zu betrachten. Eine solche knöcherne Kompensation fehle aber bei dem Kläger. Dadurch bestehe das hohe Risiko, dass bei erheblichen körperlichen beruflichen Belastungen Faserknorpel Läsionen erlitten und der Kern schließlich austrete. Dabei geht es - wie sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vom 18.1.2002 ergibt - um die Bewegungen des Hebens von Lasten zwischen 10 und 30 kg in gebeugter und verdrehter Position, wie sie tagtäglich in der von dem Kläger zuletzt ausgeübten konkreten Tätigkeit angefallen sind.
</p><p>
<rd nr="26"/>
Den Feststellungen des Sachverständigen - die im Kern den Feststellungen des Sachverständigen vom 18.5.2000 (Bl. 124 ff.) und jenen der im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren tätigen Ärzte und entsprechen - stehen die Einwendungen der Beklagten, die sich auf das von ihr eingeholte Gutachten des Neurologen vom 23.2.1999 stützen, nicht entgegen. Das ergibt sich allein schon daraus, dass der - neurologische - Sachverständige die Befunde des Sachverständigen weder gleichfalls erhoben hat noch prüfen konnte. Zwar hat er - neurologisch - feststellbare Krankheitssymptome "seitens der bildgebend nachgewiesenen Bandscheibenvorfälle" verneint. Außer einer neurologischen und einer psychologischen Testung des Klägers hat der von der Beklagten beauftragte Sachverständige jedoch nicht die spezifisch orthopädische Situation des Klägers zum 1.7.1997, vor allem nicht das Vorhandensein oder Fehlen einer physischen Kompensation der diagnostizierten früheren Protrusionen erhoben. Auch die Beklagte räumt im Übrigen ein (Schriftsatz vom 26.4.2002), dass der Feststellung, bei Verdrehen des Körpers unter gleichzeitigem Heben oder Anpressen von schweren Lasten, durchaus gefolgt werden könne. Wenn die Beklagte davon ausgehend meint, der Kläger sei dennoch nicht - in Höhe von mindestens 50 % - berufsunfähig, weil beim Verteilen des aufgespritzten Putzes unter Verwringung des Oberkörpers allenfalls Gewichte in einer Größenordnung von 5 - 10 kg bewegt werden, verkennt dies, dass zu den von dem Kläger geschilderten prägenden Teilen seiner Tätigkeit als Stuckateur nicht nur das Verteilen des Putzes mit einer Latte gehört und die Beklagte auch nicht gut die Masse des jeweils zu verteilenden Putzes mit der Energie gleichsetzen kann, die der Kläger zur Verarbeitung einsetzen muss.
</p><p>
<rd nr="27"/>
Der Beklagten kann auch nicht in ihrem Einwand gefolgt werden, versichert sei nicht die Gefahr, dass die Fortführung der Tätigkeit als Stuckateur mit einem messbaren, rational begründbaren Grad von Wahrscheinlichkeit gesundheitliche Nachteile bedingen würde, dem Kläger stünden Leistungen nur dann zu, wenn er voraussichtlich zu mindestens 50 % außer Stande sei, seinen Beruf als Stuckateur auszuüben. Voraussichtlich dauernd außer Stande, seinen Beruf zu mindestens 50 % auszuüben, ist ein Versicherter auch dann, wenn die rein tatsächlich zunächst mögliche Fortsetzung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit - auf Grund einer das altersübliche übersteigende Maß bestehenden Gebrechlichkeit - den Versicherten einem wahrscheinlich eintretenden Risiko weiterer Wirbelsäulenschäden und der Verschlimmerung des bestehenden Leidens aussetzen würde (vgl. BGH VersR 91, 450; OLG Karlsruhe VersR 1983, 281; VersR 01, 89). Davon muss nach den Feststellungen des Sachverständigen ausgegangen werden.
</p><p>
<rd nr="28"/>
2. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass er eine Tätigkeit auszuüben in der Lage wäre, die er auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausüben könnte und die seiner bisherigen Lebensstellung entspräche.
</p><p>
<rd nr="29"/>
Das gilt zunächst für die von der Beklagten genannte Tätigkeit als Maler und Tapezierer. Die Verweisung scheitert insoweit - abgesehen davon, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen auch außer Stande ist, diese Tätigkeit auszuüben und dass mehr als zweifelhaft ist, ob der Kläger sich zur Ausübung dieses Berufes nicht fortbilden lassen müsste, was ihm nicht obliegt -, bereits daran, dass die Beklagte ihrer Aufzeigelast nicht nachgekommen ist. Dazu hätte sie zwar nicht die Tätigkeit eines Malers und Tapezierers konkret beschreiben müssen. Es genügt jedoch auch nicht, wenn ein Versicherer Berufsbilder oder Berufsfelder beschreibt, oder schlicht den Namen des Vergleichsberufs nennt. Vielmehr muss der Versicherer die berufliche Tätigkeit in ihren sie sachlich prägenden Merkmalen - nach Arbeitszeit, körperlicher und intellektueller Inanspruchnahme und nach Verdienst - so kennzeichnen, dass ein anschauliches, für den Versicherten angreifbares Bild der Vergleichstätigkeit entsteht (BGH VersR 93, 953, 954 m.w.N.; OLG Köln VersR 99, 518). Daran fehlt es völlig.
</p><p>
<rd nr="30"/>
Auf die Tätigkeit eines Magaziners als Fachkraft für Lagerwirtschaft kann die Beklagte den Kläger schon deshalb nicht verweisen, weil dieser Beruf ein Ausbildungsberuf ist, der Kläger sich also, um ihn zu ergreifen, umschulen lassen müsste. Das obliegt ihm nicht (BGH VersR 95, 159; BGH VersR 97, 436).
</p><p>
<rd nr="31"/>
Die von der Beklagten beschriebene Tätigkeit eines Baustellenmagaziners stellt keine Vergleichstätigkeit dar, auf die der Kläger verwiesen werden könnte. Mit ihrer Aufnahme könnte der Kläger seine - letzte - Lebensstellung vor Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht wahren. Sie würde für den Kläger nach den - sogar auf das Jahr 2000 bezogenen und daher voraussichtlich ohnehin zu hohen - Angaben der Beklagten eine Einkommenseinbuße in Höhe von rund 33 % (46.000 DM statt 68.000 DM) bedeuten. Das überschreitet das von ihm hinzunehmende Maß (BGH VersR 98, 1537; OLG Hamm VersR 92, 1338; OLG München VersR 01, 73; OLG Hamm NJW-RR 99, 901).
</p><p>
<rd nr="32"/>
Entgegen der Annahme der Beklagten ist für die Bestimmung der Lebensstellung von dem zuletzt tatsächlich und regelmäßig erzielten Einkommen, also von dem Bruttoeinkommen des Klägers unter Berücksichtigung des Akkordverdienstes auszugehen. Die Akkordentlohnung gehört zu den Vergütungsbestandteilen, die die Lebensstellung bestimmen (OLG Hamm VersR 1992, 1338; OLG München VersR 92, 1339, 1342). Das gilt zumindest dann, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - dauerhaft im Akkord gearbeitet hat und nichts dafür spricht, dass er ein darauf beruhendes Einkommen nicht ohne seine Erkrankung weiterhin hätte erzielen können. Der vom Kläger regelmäßig erzielte Akkordverdienst, der immerhin im Laufe des gesamten, dem Jahr des Eintritts des Versicherungsfalls vorausgehenden Jahr erreicht werden konnte, hat seine wirtschaftliche Situation geprägt und kennzeichnet als verfestigter Bestandteil seiner Vergütung seine Lebensstellung.
</p><p>
<rd nr="33"/>
Der Kläger kann auch nicht auf die von ihm über etliche Monate hinweg ausgeübte Tätigkeit als Wagenpfleger verwiesen werden. Nach den durch den Senat eingeholten Auskünften der Lohn- und Tarifstelle des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des Saarlandes und ihren Ergänzungen durch die Mitteilungen des Landesverbandes Rheinland des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes und des Fachverbandes des Tankstellen- und Garagengewerbes Süd-West e.V. ist von einem tariflichen Monatsbruttoeinkommen eines Wagenpflegers in der Lage des Klägers in Höhe von 1.439,88 Euro, also von einem Jahreseinkommen von rund 34.000 DM auszugehen. Selbst wenn insoweit Sonderzuwendungen gezahlt würden, würde dies der bisherigen Lebensstellung des Klägers nicht entsprechen. Die Behauptung der Beklagten, auch im Tankstellen- und Garagengewerbe bestünde die Möglichkeit, Akkordverdienste zu erzielen, hat sich nach den Ausführungen der gehörten Fachverbände nicht bestätigt.
</p><p>
<rd nr="34"/>
Schließlich kann der Kläger auch nicht auf eine Tätigkeit als Fachberater in einem Baumarkt oder als Mitarbeiter im Verkaufsaußendienst eines Baustoffunternehmens verwiesen werden. Insoweit kommt es allerdings darauf an, ob der Kläger bei Eintritt der Berufsunfähigkeit in seinem bisherigen Beruf - also im Juli 1997 - außer Stande war, nach seinen bis dahin erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten die von der Beklagten aufgezeigten Tätigkeiten auszuführen. Der Sachverständige hat indessen - ohne dass dagegen Einwände laut geworden wären - festgestellt, im Jahre 1997 seien als Fachberater in Baumärkten regelmäßig kaufmännische Angestellte oder Groß- und Außenhandelskaufleute eingestellt worden. Damit bestand für den Kläger als Stuckateurgeselle zum maßgeblichen Zeitpunkt kein Arbeitsmarkt. Darüber hinaus hat der Sachverständige - wiederum ohne dass Einwände dagegen laut geworden wären - festgestellt, die Übernahme der Tätigkeit eines Kundenberaters im Verkaufsaußendienst hätte - unabhängig davon, ob der Kläger auf Grund seiner Persönlichkeit überhaupt eine realistische Chance gehabt hätte, eingestellt zu werden - Schulungen bei Trägern der Weiterbildung oder in "inhouse"- Seminaren vorausgesetzt. Solche Fortbildung, die dem Erwerb neuer Fertigkeiten dient und nicht nur mit den Gegebenheiten eines konkreten Arbeitsplatzes vertraut macht, schuldet der Kläger der Beklagten nicht.
</p><p>
<rd nr="35"/>
Dass die Beklagte den Kläger nicht auf beide Tätigkeiten verweisen kann, beruht nicht auf der Lage auf dem Arbeitsmarkt, deren Risiken die Beklagte nicht versichert hat (BGH VersR 99, 515). Der Beklagten ist die Verweisung vielmehr genommen, weil dem Kläger nach seinem Werdegang auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen zum maßgeblichen Zeitpunkt einer denkbaren Verweisung - dem Juli 1997 - kein Arbeitsplatz offen gestanden hätte, nicht, weil keine Arbeitsplätze auf dem Markt vorhanden gewesen wären.
</p><p>
<rd nr="36"/>
3. Der Kläger kann lediglich die ihm zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls versprochene Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 357,15 DM in Euro beanspruchen. Zwar hat er eine Anpassungsversicherung abgeschlossen, die regelmäßige Erhöhungen der Versicherungssumme - und daraus folgend der Rente - vorsieht. Eine solche Dynamisierung findet jedoch nach den besonderen Bedingungen für die Anpassungsversicherung (Bl. 256) nach Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr statt.
</p><p>
<rd nr="37"/>
4. Zinsen auf die von der Beklagten geschuldete Rente kann der Kläger lediglich für den mit seinem Klageantrag 1) geltend gemachten Betrag beanspruchen.
</p><p>
<rd nr="38"/>
Zwar würde die Beklagte an sich auch Zinsen in gesetzlicher Höhe für die mit dem Klageantrag 2) geltend gemachte monatliche Rentenleistung schulden. Insoweit hat das angefochtene Urteil dem Kläger aber Zinsen nicht zugesprochen. Der Kläger hat sich dagegen nicht - mit einer Anschlussberufung - gewendet. Folglich hat es insoweit bei dem erstinstanzlichen Betrag zu verbleiben.
</p><p>
<rd nr="39"/>
5. Andere - denkbare - Forderungen hat der Kläger gegen die Beklagte nicht erhoben.
</p><p>
<rd nr="40"/>
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger zunächst seinem Klageantrag "an den Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Juli 1997" zu zahlen, eine zeitlich unbeschränkte und später entgegen den vertraglichen Bestimmungen eine bis in das Jahr 2020 laufende Rente beansprucht hat. Erst vor der Anordnung von Beweiserhebungen hat er die beanspruchte Rente ihrer Dauer nach auf die ihm zustehende Laufzeit beschränkt. Danach ist er mit seinem - im Hinblick auf alle Kostentatbestände außer jenen, die durch die Beweisaufnahme verursacht worden sind - ursprünglichen Klageantrag weit überwiegend unterlegen. Im Übrigen ist er nur zu einem geringen Teil unterlegen, weil er von einer Dynamisierung der Rente ausgegangen ist. Ob und inwieweit der Kläger diese Kostennachteile im Endergebnis selbst tragen muss, ist nicht Gegenstand dieser Kostenentscheidung.
</p><p>
<rd nr="41"/>
7. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision liegen nicht vor.
</p><p>
<rd nr="42"/>
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
</p><p>
<rd nr="43"/>
9. Der Gegenstandswert ist in Höhe des in erster Instanz bezifferten Rückstandes der verlangten Rente zuzüglich des 3,5-fachen Jahresbetrages der für die Zukunft geltend gemachten Rentenbeträge zu veranschlagen.
</p>
|
|
128,002
|
olgsl-2003-08-06-8-w-11103-16
|
{
"id": 939,
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}
|
8 W 111/03-16
| 2003-08-06T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:51
| 2019-02-12T14:04:38
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 27/03 - vom 14.04.2003 wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Keine Kostenentscheidung.</p>
<p>III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 3; 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg; denn zu Recht hat der Erstrichter seinen PKH-Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO zurückgewiesen mit der durch die entsprechenden Rügen der Antragsgegnerin in deren Schriftsätzen vom 27.02.2003, vom 27.03.2003 und vom 12.06.2003 veranlassten Begründung, dass das mit der beabsichtigten Klage zu befassende Landgericht Saarbrücken örtlich nicht zuständig sei.
</p>
<p>
<rd nr="2"/>
Dass die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken nicht durch den allgemeinen Gerichtsstand der Antragsgegnerin i.S.v. § 13 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 2 BGB begründet wird, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Voraussetzungen der für eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken vorliegend allenfalls in Betracht kommenden besonderen Gerichtsstände der Antragsgegnerin sind ebenfalls nicht erfüllt. Insbesondere hat der Erstrichter zu Recht das Eingreifen des besonderen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes i.S.v. § 29 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 269 BGB verneint.
</p>
<p>
<rd nr="3"/>
Die vorliegende Streitigkeit der Parteien resultiert nicht etwa aus einem Bauwerkvertrag, sondern vielmehr aus einem Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare bewegliche Sache i.S.v. § 651 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 zweiter Halbsatz BGB a.F., wobei die beabsichtigte Klage teils restlich Erfüllungsansprüche (Antrag zu 3.c bis e), teils Mängelbeseitigungsansprüche (Antrag zu 3.a und b) und teils Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Erfüllung (Antrag zu 2.) betrifft. Sämtliche diese Ansprüche, und zwar auch die Schadensersatzansprüche (vgl. Zöller (Vollkommer), ZPO, 23. Aufl., 2003, § 29 Rdn. 23 m.w.N.), betreffen daher die primäre Hauptleistungsverpflichtung der Antragsgegnerin aus diesem Werklieferungsvertrag, so dass nach diesem der Erfüllungsort zu bestimmen war.
</p>
<p>
<rd nr="4"/>
Danach ergibt sich als Erfüllungsort nicht Saarbrücken, sondern Berlin; denn nach dem verbindlichen Angebot der Antragsgegnerin vom 09.07.2001 (vgl. Bl. 21, 22 d.A.), auf das sich die verbindliche Bestellung des Antragstellers vom 10.07.2001 (vgl. Bl. 23 d.A.) bezieht, war die vertragsgegenständliche Zeltanlage in Berlin aufzubauen, abzunehmen und zu übergeben. Zwar hat es die Antragsgegnerin übernommen, die Zeltanlage anschließend wieder abzubauen, nach Saarbrücken zu transportieren und dort erneut aufzubauen. Hierbei handelt es sich aber ersichtlich um eine vom synallagmatischen Austauschverhältnis nicht mehr umfasste Nebenleistung, wie sich schon daraus ergibt, dass nach dem bereits erwähnten verbindlichen Angebot der Antragsgegnerin vom 09.07.2001 der Restkaufpreis bereits „beim Aufbau und Übergabe per Scheck oder in bar“, d.h. bereits in Berlin zu begleichen war. Im Übrigen und abgesehen davon betreffen die mit der beabsichtigten Klage geltend zu machenden Ansprüche auch nicht (erst) den Transport der Zeltanlage von Berlin nach Saarbrücken und deren dortigen Neuaufbau.
</p>
<p>
<rd nr="5"/>
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da eine Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht stattfindet und sich die Verpflichtung des Antragstellers zur Tragung etwa angefallener Gerichtskosten bereits aus § 49 Satz 1 GKG ergibt.
</p>
<p>
<rd nr="6"/>
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO kam mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht in Betracht.
</p>
|
|
138,074
|
olgkarl-2003-08-04-2-ss-20402
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
2 Ss 204/02
| 2003-08-04T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:35
| 2019-02-12T12:40:00
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts L vom 13. September 2002 - 3 OWi 9 Js 8402/02 AK 317/02 - aufgehoben.</p>
<p>Der Betroffene wird freigesprochen.</p>
<p>Die Kosten des gesamten Verfahrens und die dem Betroffenen darin erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Durch das Urteil des Amtsgerichts L vom 13.09.2002 wurde der Betroffene wegen fahrlässigen unerlaubten Betreibens einer Gaststätte gem. §§ 1 Abs.1 Nr.2, 2 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättengesetzes (GastG) zu der Geldbuße von 75 EUR verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der durch den Beschluss des Senats vom 31. Juli 2003 zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Sachrüge erhebt und seine Freisprechung anstrebt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Amtsgericht hat festgestellt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
„Der Betroffene beantragte am 14.11.2001 eine Erlaubnis zur Inbetriebnahme der Gaststätte „“ in L, als Schank- und Speisewirtschaft bei der Stadt L, Rechts- und Ordnungsamt. Diese Erlaubnis sollte mit Datum vom 01.12.2001 erfolgen. Da jedoch der Betroffene die notwendigen Unterlagen nicht beigebracht hatte, wurde er durch von der Stadt L mündlich darauf hingewiesen, welche Unterlagen noch fehlten und dass mit dem Betrieb der Gaststätte nicht begonnen werden dürfe, bis die Erlaubnis vorliege. Diese gaststättenrechtliche Erlaubnis wurde dann am 03.12.2001 vorläufig erteilt. Der Betroffene hatte die Belehrung des von der Stadt L jedoch dahingehend missverstanden, dass er zwar noch Unterlagen beibringen müsse, jedoch mit dem Betriebsbeginn der Gaststätte nicht warten müsse. Deswegen hatte er bereits am 30.11.2001 ausreichend Lebensmittel für den Betrieb der Gaststätte eingekauft und in den Kühlschränken in der Gaststätte verwahrt. Am 30.11.2001 fand eine familiäre Feier zum Betriebsbeginn statt, für die der Betroffene mit einem Teil der eingekauften Vorräte das Essen zubereitete. Ab dem 01.12.2001 war der Betroffene in der Meinung, er verfüge über die erforderliche Erlaubnis, dazu bereit, in seiner Gaststätte Bestellungen entgegen zu nehmen. So wurde bei einem Kontrollanruf am 02.12.2001 gegen 16.05 Uhr durch den Betroffenen oder einen seiner Mitarbeiter telefonisch unter der Nummer des „“ auf die Frage; „Kann man bei Ihnen Pizza bestellen?“ eine bejahende Antwort gegeben. Da erst am 03.12.2001 durch die Stadt L die vorläufige Erlaubnis der Inbetriebnahme der Gaststätte „“ erteilt wurde, wäre es dem Betroffenen bei Beachtung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres möglich gewesen, einen Tag vor der von ihm vorgenommenen Eröffnung der Gaststätte am 01.12.2001 nochmals bei der Stadt L nachzufragen, ob er tatsächlich die erforderliche Erlaubnis erhalten habe. Dies gilt umso mehr, da der Betroffene am 30.11.2001 anlässlich einer Kontrolle der Geschäftsräume des „“ auf die Erlaubnispflicht hingewiesen wurde. Bei Beachtung der erforderlichen Erkundigungspflichten hätte eine vorzeitige Gaststätteneröffnung verhindert werden können.“
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit gem. § 28 Abs. 1 Nr. 1 GastG nicht. Nach dieser Bestimmung handelt ordnungswidrig, wer ohne die erforderliche Erlaubnis Getränke oder zubereitete Speisen verabreicht oder Gäste beherbergt. Die Feststellungen des Amtsgerichts ergeben nicht, dass der Betroffene, was hier als Tatbestandsvariante allein in Frage käme, „zubereitete Speisen verabreicht“ hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
In der Rechtsprechung findet sich, soweit ersichtlich, keine obergerichtliche Entscheidung zur Reichweite des Tatbestandmerkmals des „Verabreichens zubereiteter Speisen“. Das Bayrische Oberste Landesgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 11.09.1989 (Gewerbearchiv 1989/340) ausdrücklich offen gelassen. In der Literatur herrscht hierüber Streit. Ambs (Erbs/Kohlhaas, § 28 GastG Rdnr. 3) vertritt die Auffassung, der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Nr. 1 GastG sei nicht erst dann erfüllt, wenn mit dem Ausschank der Getränke, der Ausgabe der zubereitenden Speisen, begonnen worden sei; schon das Bereithalten von Speisen und Getränken reiche dafür aus. Für den Beginn eines Gaststättenbetriebes gälten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie für den Beginn eines sonstigen Gewerbebetriebes, da das Gaststättengesetz Teil des Gewerbsrechts sei. Maßgeblich sei, dass eine Tätigkeit entfaltet werde, die als Ausübung einer der in § 1 GastG beschriebenen Formen des Gaststättengewerbes zu bewerten sei. Die gleiche Auffassung vertreten Michel/Kienzle/Pauly (Das Gaststättengesetz, 14. Aufl., 2003, § 28 Rdnr. 2). Danach soll die Fassung des § 28 Abs.1 Nr. 1 GastG auf einem redaktionellen Versehen beruhen, wie ein Vergleich mit § 28 Abs.1 Nr.4 GastG ergebe. In der letzteren Vorschrift stelle der Gesetzgeber auf das
<span style="text-decoration:underline">Betreiben</span>
eines Gaststättengewerbes (durch einen Stellvertreter) ab. Nichts anderes sei auch für § 28 Abs.1 Nr.1 GastG gemeint, so dass der Beginn von Betriebstätigkeiten für die Tatbestandserfüllung ausreiche (ebenso Hoffmann/Seitter, Gaststättenrecht, 3.Aufl. 1985). Demgegenüber halten Metzner (GaststättenG 6. Aufl. 2002) und Aßfalg (Aßfalg/Lehle/Rapp/Schwab, Aktuelles Gaststättenrecht, 2. Aufl. 1996) den Tatbestand des § 28 Abs.1 Nr.1 GastG erst dann für erfüllt, wenn mit der Verabreichung von Getränken oder zubereiteten Speisen begonnen worden ist. Da es sich bei § 28 Abs.1 Nr.1 GastG um eine Bußgeldvorschrift handle, sei eine enge Auslegung geboten (Metzner a.a.O.). Der Senat tritt der letztgenannten Auffassung bei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Nach seinem klaren Wortsinn bedeutet „Verabreichen zubereiteter Speisen“ deren tatsächliche entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe (Metzner a.a.O. § 1 GastG Rdnr. 44; Ambs in Erbs/Kohlhaas § 1 GastG Rdnr. 28 sowie §68 GewerbeO Rdnr. 1; ebenso wohl, aber unklar Michel/Kienzle/Pauly § 1 GastG Rdnr. 43). Diese Auslegung entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch. In Duden, Das große Wörterbuch der dt. Sprache, wird „verabreichen“ mit „geben“ oder „zuteilen“ gleichgesetzt. Ein Verhalten, welches der konkreten Abgabe weit vorausgeht und nicht mehr darstellt als die Erklärung bereit zu sein, Bestellungen von Speisen, die noch zubereitet werden müssen, entgegen zu nehmen, wird vom Wortsinn des „Verabreichens“ auch bei weiter Auslegung ebenso wenig erfasst wie die Vorratshaltung von Zutaten. Hätte der Gesetzgeber diese Verhaltensweisen als Ordnungswidrigkeiten qualifizieren wollen, hätte nichts entgegengestanden, etwa bereits das Anbieten oder wie in § 20 Nr. 1 GastG das „Feilhalten“ oder auch schon die Öffnung von Gasträumen für den Publikumsverkehr mit einer Sanktion zu belegen. Ob dem Gesetzgeber bei der Abfassung des § 28 Abs. 1 Nr. 1 GastG ein Redaktionsversehen unterlaufen ist, kann dahinstehen. Das auch im Ordnungswidrigkeitenrecht herrschende Analogieverbot (Rogall in KK OWiG, 2. Aufl. § 3 Rdnr. 51, 58 m.w.N.) verbietet die analoge Anwendung einer Bußgeldvorschrift zum Nachteil eines Betroffenen ebenso wie im Strafrecht auch dann, wenn durch sie der Zweck einer missglückten Sanktionsnorm besser erreicht würde. Sache der Gerichte ist es, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen. Er muss entscheiden, ob er die sich aus einer möglichen Sanktionslücke ergebende Lage hinnehmen oder durch eine Neuregelung beseitigen will. Den Gerichten ist dies verwehrt (BVerfG NStZ 1986/261 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Da der Betroffene somit dem Bußgeldtatbestand des § 28 Abs. 1 Nr. 1 GaststättenG nicht verwirklicht hat, war das amtsgerichtliche Urteil aufzuheben. Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und den Betroffenen freisprechen. Nach den getroffenen Feststellungen scheidet eine Verurteilung des Betroffenen aus. Weitere Feststellungen, die einen Schuldspruch tragen könnten, sind nicht mehr zu erwarten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, 473, 467 Abs. 1 StPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,070
|
lg-mosbach-2003-08-01-1-qs-6103
|
{
"id": 138,
"name": "Landgericht Mosbach",
"slug": "lg-mosbach",
"city": 58,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
}
|
1 Qs 61/03
| 2003-08-01T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:31
| 2019-01-17T11:58:16
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag des Verurteilten, ihm Rechtsanwalt W. als Pflichtverteidiger für das sofortige Beschwerdeverfahren beizuordnen, wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Beschwerde des Verurteilten gegen Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Mosbach vom 07.07.2003 und die sofortige Beschwerde gegen Ziffer 2 des genannten Beschlusses werden kostenpflichtig verworfen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Beschwerdeführer wurde durch Strafbefehl rechtskräftig wegen eines wiederholten Verstoßes gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach §§ 56, 85 Nr. 2 AsylVerfG verurteilt. Er hatte sich für einen Tag außerhalb des ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereiches aufgehalten. Mit seinem Wiederaufnahmeantrag trägt er vor, dass das Amtsgericht bei seiner Verurteilung nicht gewusst habe, dass der damalige Angeklagte, ein nigerianischer Staatsangehöriger, noch nie einen Reisepass besessen habe. Wer aber „Passlos“ sei, dürfe seinen Aufenthaltsbereich vorübergehend verlassen. Die Passlosigkeit des Angeklagten sei dem Amtsgericht nicht bekannt gewesen. Hätte es hiervon gewusst, so hätte es den Angeklagten nicht verurteilt. Nachdem das Amtsgericht den Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger abgelehnt und den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen hat, wehrt sich der Verurteilte hiergegen im Beschwerdeverfahren.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Anträge des Verteidigers im Schriftsatz vom 21.07.2003 bleiben erfolglos, weil der Wideraufnahmeantrag offensichtlich mutwillig und aussichtslos ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Zutreffend wird zwar durch den Verteidiger darauf hingewiesen, dass „Passlosigkeit“ ein dauerndes Abschiebehindernis darstellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Zustand der „Passlosigkeit“ liegt aber nicht immer dann vor, wenn der Ausländer keinen Reisepass besitzt. „Passlosigkeit“ ist nur dann gegeben, wenn der Ausländer „auf Dauer“ nicht in der Lage ist, seiner an sich gegebenen Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer die „Passlosigkeit“ vor seiner Ausreiseverpflichtung selbst verschuldet hat. Entscheidend ist nur, dass es dem zur Ausreise verpflichteten Ausländer aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, dieser Verpflichtung nachzukommen, sei es, dass seine Heimatbehörden überhaupt keine Einreisedokumente ausstellen, sei es, dass es ihm selbst unmöglich ist, ein Einreisedokument zu erhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Hieraus ergibt sich aber auch, dass von „Passlosigkeit“ dann nicht gesprochen werden kann, wenn der Ausländer zwar keinen Reisepass besitzt, ihm die Besorgung eines zur Einreise in sein Heimatland berechtigendes Dokuments jedoch möglich wäre. Umgekehrt steht der Besitz eines Reisepasses nicht zwingend einem passlosen Zustand entgegen, da dieser z.B. von einer Regierung ausgestellt worden sein kann, die von den jetzigen Machthabern des Staates nicht anerkannt wird und der daher nicht als Einreisedokument verwendet werden kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Anhaltspunkte dafür, dass es hier dem Verurteilten als nigerianischem Staatsangehörigen nicht möglich gewesen sein sollte, sich einen nigerianischen Reisepass zu besorgen, lassen sich dem Vorbringen des Verurteilten im Wiederaufnahmeverfahren nicht entnehmen. Der Wiederaufnahmeantrag hat daher von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg. Für offensichtlich aussichtlose Wiederaufnahmeanträge scheidet aber die Beiordnung eines Verteidigers aus. Die Verurteilung durch das Amtsgericht erfolgte zu Recht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,071
|
arbg-stuttgart-2003-08-01-26-bv-1102
|
{
"id": 124,
"name": "Arbeitsgericht Stuttgart",
"slug": "arbg-stuttgart",
"city": 90,
"state": 3,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
}
|
26 BV 11/02
| 2003-08-01T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:31
| 2019-01-17T11:58:16
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
A:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beteiligten streiten darüber, ob sich der Antragsteller und Beteiligte Ziff. 1 wirksam konstituiert hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Antragsgegnerin und Beteiligte Ziff. 2 ist ein Unternehmen der Automobilzulieferbranche mit Sitz in B. Sie gehört zum international tätig ... Konzern. Dessen Konzernspitze ist die ... S. A., eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, mit Sitz in Paris.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Mit undatiertem Schreiben aus dem April 2000 lud die Vorsitzende des Beteiligten Ziff. 12, Frau ... ein zu einer konstituierenden Sitzung betreffend die Bildung eines Konzernbetriebsrates. An dieser Sitzung nahmen teil Vertreter der Beteiligten Ziff. 12 (vormals noch Gesamtbetriebsrat der Fa. ... und ... GmbH), 13, 14, 17 und 18 (vormals Betriebsrat der ... GmbH). In dieser Sitzung wurde ein Konzernbetriebsrat, der Antragsteller und Beteiligte Ziff. 1, gewählt. Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 03.05.2000 wird Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die ... Gruppe insgesamt und auch in Deutschland ist nach dem Spartenprinzip für die jeweiligen Produktlinien organisiert. Nach ... Terminologie werden diese Sparten "Branches" genannt. Diese haben ihren Sitz in der Regel in Frankreich. In Deutschland befindet sich keine Branch. Ihnen nachgeordnet sind die sogenannten "Divisionen", die innerhalb der jeweiligen Produktlinien die Verantwortung und Entscheidungsbefugnis innerhalb einer bestimmten Region oder innerhalb einer Produktgruppe haben. Den Divisionen unterstehen die einzelnen Werke. In Deutschland sind untergeordnete Einheiten folgender Branches vertreten:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="6"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Wischersysteme (Systèmes d'Essuyage)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="7"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schalter- und Erkennungssysteme (Electronique)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="8"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Klimasysteme (Klimatisation)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="9"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Motoren und Aktuatoren (Moteurs et Actionneurs)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="10"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Sicherheitssysteme (Sécurité Habitacle)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="11"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Beleuchtung (Vision)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="12"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Handelsvertrieb (Distribution)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="13"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Elektrische Systeme (Systèmes Electriques)</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Über den Branches befindet sich die sogenannte Gruppe als Gesamtleitungsorgan. Auf das Organigramm (Aktenseite 79) wird Bezug genommen. Divisionsübergreifende Leitungsstrukturen existieren innerhalb der ... Gruppe für Deutschland nicht. Leitungsfunktionen in mitbestimmungsrelevanten Fragen werden nur innerhalb der jeweiligen Branches vorgenommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
In Deutschland haben die Beteiligten Ziff. 2 bis 11 Betriebsstätten. Die Antragsgegnerin und Beteiligte Ziff. 2 beschäftigte vor einer im Jahr 2002 erfolgten Betriebsabspaltung (vormals als ... GmbH) in Bietigheim-Bissingen 1.447 Mitarbeiter und in Neusses 270 Mitarbeiter. Die Beteiligte Ziff. 3 beschäftigt in Bäumenheim 538 Mitarbeiter, in Bietigheim-Bissingen 320 Mitarbeiter und in Wemding 985 Mitarbeiter. Die Beteiligte Ziff. 4 beschäftigt in Rodach ca. 850 Mitarbeiter. Die Beteiligte Ziff. 5 beschäftigt in Bietigheim-Bissingen 631 Mitarbeiter. Die Beteiligte Ziff. 6 beschäftigt in Erdweg 350 Mitarbeiter. Die Mitarbeiterzahl des Betriebs in Neuss wurde nicht mitgeteilt. Die Beteiligte Ziff. 7 beschäftigt in Bietigheim-Bissingen 10 Mitarbeiter und in Neusses 407 Mitarbeiter. Die Beteiligte Ziff. 8 beschäftigt in Ratingen 41 Mitarbeiter, die Beteiligte Ziff. 9 in Ludwigsburg 9 Mitarbeiter. Die Mitarbeiterzahl der Beteiligten Ziff. 10 (vormals ...) wurde nicht benannt. Selbiges gilt für die Beteiligte Ziff. 11 in Stuttgart.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass er sich wirksam konstituiert habe. Die Antragsgegnerin als vormals größtes inländisches Unternehmen des ... Konzerns würde über ihren Geschäftsführer Herrn ... abgeleitete personelle Leitungsaufgaben wahrnehmen, wie sich aus dem Schreiben der Konzernzentrale vom 04.03.1999 (Aktenseite 81), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ergebe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
Im Übrigen ist der Antragsteller der Ansicht, ergebe sich aus der entsprechenden Anwendung von § 5 Abs. 3 MitbestG und § 11 Abs. 3 PublG, dass auch ohne inländische Konzernspitze ein Konzernbetriebsrat gebildet werden könne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb an die Bildung eines Konzernbetriebsrats strengere Maßstäbe angelegt werden sollten als an die Bildung eines Gesamtbetriebsrats. Der Konzernbetriebsrat könne Unterrichtungs- und Beratungsfunktionen gegenüber den Gesamtbetriebsräten und Betriebsräten wahrnehmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
Der Antragsteller und Beteiligte Ziff. 1, sowie die Beteiligten Ziff. 12 bis 15 und 17 bis 18 beantragen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="19"/>
Es wird festgestellt, dass sich ein Konzernbetriebsrat am 03.05.2000 wirksam konstituiert hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Antragsgegnerin und Beteiligte Ziff. 2, sowie die Beteiligten Ziff. 3 bis 11 beantragen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
den Antrag zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
Für den Beteiligten Ziff. 16 ist zum Anhörungstermin niemand erschienen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
Der Antragsgegner ist der Ansicht, ein Konzernbetriebsrat könne nicht gebildet werden, da im Inland kein Unternehmen divisionsübergreifende Leitungsmacht inne hat. Herr ... sei mit Schreiben vom 04.03.1999 von der Konzernzentrale als Ansprechpartner benannt worden, nachdem der Vorsitzende des Beteiligten Ziff. 14 mangels Bestehens eines gemeinsamen Ansprechpartners mit mail vom 17.02.1999 um die Benennung eines solchen Ansprechpartners gebeten hatte. Auch auf den Inhalt dieser e-mail (Aktenseite 80) wird Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Antragsgegnerin bestreitet das Erreichen des 75 %-Quorums des § 54 Abs. 1 Satz 2 BetrVG a.F..
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Mangels wirksamer Konstituierung des Konzernbetriebsrats sei die Klage auch unzulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
Das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten war Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage in den Anhörungsterminen am 29.11.2002 und 01.08.2003. Hierauf und auf die Protokolle der Anhörungstermine vom 29.11.2002 und 01.08.2003 wird Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
B:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
Der Antrag ist zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="30"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Insbesondere ist der Antragsteller beteiligtenfähig.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die Antragsgegnerin bestreitet zwar die wirksame Konstituierung des Antragstellers, stellt somit dessen rechtliche Existenz in Abrede. Aber genauso wie beim Streit über die Parteifähigkeit auch der Parteiunfähige parteifähig ist, gilt Entsprechendes beim Streit über die Existenz einer Partei (Zöller/Vollkommer § 50 ZPO Rnr. 8).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="32"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beteiligten Ziff. 3 bis 19 waren als weitere Beteiligte am Verfahren zu beteiligen. Dies begründet sich damit, dass bei Bestehen eines Konzernbetriebsrats sich gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Kompetenzverschiebungen zwischen den verschiedenen Ebenen der betrieblichen Mitbestimmung ergäben (BAG AP Nr. 1 zu § 54 BetrVG 1972).</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="33"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Für die Beteiligte Ziff. 16 ist zum Anhörungstermin niemand erschienen. Der Beteiligte Ziff. 16 wurde aber ordnungsgemäß geladen, sein Fehlen war somit unentschuldigt. Der Beteiligte Ziff. 16 wurde in der Ladung darauf hingewiesen, dass bei einem Ausbleiben zum Termin der Pflicht zur Anhörung genügt würde. Es konnte daher trotz des Fehlens des Beteiligten Ziff. 16 im Termin über den Antrag entschieden werden.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Antrag ist aber nicht begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Konzernbetriebsrat hat sich nicht wirksam konstituiert gem. § 54 Abs. 1 BetrVG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="36"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Gem. § 54 Abs. 1 BetrVG kann in einem Konzern durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte, bzw. in Konzernunternehmen, in denen keine Gesamtbetriebsräte bestehen, durch Beschlüsse der Betriebsräte, vgl. § 54 Abs. 2 BetrVG, ein Konzernbetriebsrat gebildet werden.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Wegen des Territorialitätsprinzips kann, wenn das herrschende Unternehmen eines Unterordnungskonzerns seinen Sitz im Ausland hat, für diesen Konzern kein Konzernbetriebsrat gebildet werden (GK-Kreutz § 54 BetrVG Rnr. 43).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="38"/>
Vorliegend hat die Konzernspitze unstreitig ihren Sitz in Paris. Die Errichtung eines Konzernbetriebsrats bei dieser Konzernspitze scheidet somit aus. Aus diesem Grunde wurde die ... S.A. auch nicht als Antragsgegnerin in Anspruch genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="39"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Antragsteller hat sich auch nicht als Konzernbetriebsrat gebildet bei einem inländischen "Konzern im Konzern".</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="40"/>
Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG AP Nr. 1 zu § 54 BetrVG 1972) kann auch bei einem Tochterunternehmen eines mehrstufigen, vertikal gegliederten Konzerns ein Konzernbetriebsrat gebildet werden. Voraussetzung ist, dass es im Inland eine Zusammenfassung einheitlicher arbeitsrechtlicher Leitungsmacht gibt. Denn betriebliche Mitbestimmung kann nur dort ausgeübt werden, wo tatsächlich auch unternehmerische Entscheidungen getroffen werden. Es bedarf eines betriebsverfassungsrechtlich relevanten Entscheidungsspielraums bei diesen inländischen Tochterunternehmen gegenüber den Enkelunternehmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="41"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein solcher mehrstufiger, vertikal gegliederter Konzern ist vorliegend aber nicht gegeben. Es handelt sich vorliegend zwar um einen Unterordnungskonzern. Die einzige Konzernspitze ist aber in Frankreich. Von dort aus wird die Gesamtleitung vorgenommen. Darunter existieren die sogenannten Branches. Zwischen diesen Produktsparten und ihren nachgelagerten Divisionen und den Werken finden aber keine Weisungsdurchgriffe statt. Die Leitungsmacht wird nur innerhalb der jeweiligen Branches ausgeübt. Weder der Antragsgegnerin, noch anderen deutschen Konzernunternehmen ist eine branchenübergreifende Weisungsbefugnis oder Entscheidungsgewalt in mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheiten anderen Unternehmen gegenüber zugewiesen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="42"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Konzernspitze vom 04.03.1999. Dieses Schreiben ist nämlich lediglich die Antwort auf das e-mail des Vorsitzenden des Beteiligten Ziff. 14 vom 17.02.1999, in dem von Betriebsratsseite schon selbst eingeräumt wurde, dass deutschlandweit kein einheitlicher Ansprechpartner vorhanden ist. Die Betriebsratsseite wollte zum Thema Gründung eines Gesamtbetriebsrats einen Ansprechpartner benannt haben, um das Thema überhaupt vorantreiben zu können. Es kann der Arbeitgeberseite nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie aus Praktikabilitätsgründen diesem Ansinnen nachkommt.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="43"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann ohne inländische einheitliche Leitungsmacht kein Konzernbetriebsrat gebildet werden. Die Zulässigkeit der Bildung eines Konzernbetriebsrats kann insbesondere auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 5 Abs. 3 MitbestG, bzw. § 11 Abs. 3 PublG abgeleitet werden.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Es wird zwar zum Teil in der Literatur vertreten, § 5 Abs. 3 MitbestG enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken. Die Mitbestimmung müsse zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Mitbestimmungsrechte im internationalen Konzern auf das dem herrschenden Unternehmen am nächsten stehende mitbestimmungspflichtige Unternehmen verlagert werden. An die Bildung eines Konzernbetriebsrats dürften keine strengeren Anforderungen gestellt werden als an die Bildung eines Gesamtbetriebsrates. Es fehle über das im internationalen Recht anerkannte "Geiselprinzip" auch nicht am Ansprechpartner. Im Übrigen sei der Konzernbetriebsrat nicht funktionslos. Er könne nämlich in jedem Fall die Gesamtbetriebsräte und Betriebsräte beraten und diese unterrichten (D/K/K-Trittin § 54 BetrVG Rnr. 29; MünchArbR-Joost § 307 Rand-Nr. 35).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Sämtliche Argumente greifen nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="46"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein allgemeiner Rechtsgedanke kann § 5 Abs. 3 MitbestG nicht entnommen werden (F/K/H/E/S § 54 BetrVG Rnr. 34). Es fehlt insoweit an einer Inbezugnahme in § 54 BetrVG oder in § 18 AktG. Einen allgemeinen Rechtsgedanken könnte man auch nur dann annehmen, wenn nach Sinn und Zweck der Regelung des § 54 BetrVG es in jedem Fall einer Aufrechterhaltung des Mitbestimmungsrechts bedürfte. Das BAG geht insoweit aber richtigerweise von einer betriebsverfassungsrechtlichen Betrachtung des Konzernbegriffes aus. Es steht der Interessenausgleich zwischen der Arbeitgeberseite und den Belegschaften der zum Konzern gehörenden Unternehmen und Betriebe im Vordergrund. Durch die Regelung über die Errichtung eines Konzernbetriebsrats soll eine Beteiligung der Arbeitnehmerschaft im Konzern an den die Einzelunternehmen bindenden Leitungsentscheidungen im sozialen, personellen und wirtschaftlichen Bereich sichergestellt werden. Dann aber ist es notwendig, dass betriebliche Mitbestimmung i.S.d. Betriebsverfassungsgesetzes dort ausgeübt wird, wo unternehmerische Leitungsmacht konkret entfaltet und ausgeübt wird (BAG AP Nr. 1 zu § 54 BetrVG 1972). Eine Mitbestimmung dort einzuführen, wo die in Anspruch genommene Gegenseite keine Kompetenzen über die mitzubestimmenden Regelungsgegenstände hat, ist sinnlos.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Im Übrigen ist es ohnehin fraglich, ob selbst eine entsprechende Anwendung von § 5 Abs. 3 MitbestG zu dem vom Antragsteller gewünschten Ergebnis führen würde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Denn § 5 Abs. 3 MitbestG geht tatbestandlich ebenfalls von einem vertikal gegliederten Unterordnungskonzern aus. Es bedarf auch im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 MitbestG eines mehrstufigen Konzerns mit einer (Teil)-Konzernspitze in Deutschland (Richardi § 54 BetrVG Rnr. 35; ErfK-Oetker § 5 MitbestG Rnr. 20). An dieser Zwischenschaltung einer inländischen (Teil)-Konzernspitze fehlt es aber.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="49"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">An die Bildung eines Konzernbetriebsrats können andere Voraussetzungen gestellt werden als an die Bildung eines Gesamtbetriebsrats.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
Die Antragsgegnerseite führte zu Recht aus, dass der Begriff des Unternehmens im Gegensatz zum Begriff des Konzerns keine Leitungsmacht voraussetzt. Die einheitliche Leitung des herrschenden Unternehmens ist Tatbestandsmerkmal des § 18 AktG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="51"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Wie bereits oben ausgeführt, würde die Anerkennung eines Konzernbetriebsrats ohne (Teil)-Konzernspitze im Inland zu einer "Mitbestimmung" ohne Gegenspieler führen. Mitbestimmung bedarf eines Ansprechpartners, der Verfügungsgewalt und Kompetenz über die der Mitbestimmung unterliegenden Regelungsgegenstände hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Das von Trittin (D/K/K-Trittin § 54 BetrVG Rnr. 29) in Anspruch genommene "Geiselprinzip" hilft nicht weiter. Der Konzern selbst ist kein Rechtsobjekt. Man kann ihn nicht verklagen. Man muss daher immer ein bestimmtes Unternehmen suchen, das man in Anspruch nimmt. Das ist zwar oft, aber nicht immer die Konzernspitze. Diesen Vorgang, sich ein bestimmtes Unternehmen aussuchen zu müssen, welches man verklagen möchte, wird "Geiselprinzip" genannt (Windbichler ZfA 1996, Seite 1 ff., 5, 6). Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob man das richtige Unternehmen in Anspruch genommen hat. Dies wiederum richtet sich nach dem Regelungsgegenstand, welcher im Rahmen der Konzernmitbestimmung nur von solchen Unternehmen bestimmt werden kann, die Leitungsbefugnisse haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="53"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ohne Gegenspieler im Inland wäre der Konzernbetriebsrat funktionslos. Er hat niemanden, gegenüber dem er seine Mitbestimmungsrechte geltend machen könnte (GK-Kreutz § 54 BetrVG Rnr. 43). Die von der Antragstellerseite angeführten Möglichkeiten der Beratung und der Unterrichtung der Gesamtbetriebsräte und der Betriebsräte stellt keine Mitbestimmung dar. Eine solche unternehmensübergreifende Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretungen kann bestenfalls gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG n. F. durch Tarifvertrag geschaffen werden.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="54"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Frage, ob die Zustimmung der Gesamtbetriebsräte der Konzernunternehmen vorliegt, die mind. 75 % der Arbeitnehmer der Konzernunternehmen beschäftigen, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 BetrVG a. F., kann daher unentschieden bleiben.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="55"/>
D.Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="56"/>
Stöbe
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,072
|
olgstut-2003-08-01-4-ss-3432003-4-ss
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
4 Ss 343/2003; 4 Ss 343/03
| 2003-08-01T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:32
| 2019-02-12T12:39:59
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 11. März 2003 im Rechtsfolgenausspruch</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>aufgehoben.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Nichtbeachtung eines Wechsellichtzeichens zu der</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>Geldbuße von 50.– EUR</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<p>verurteilt.</p>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und den insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen die Staatskasse 2/3, er selbst 1/3.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Amtsgericht Bad Urach hat den Betroffenen durch Urteil vom 11. März 2003 wegen einer Ordnungswidrigkeit des "fahrlässigen Nichtbefolgens des Rotlichts der Lichtzeichenanlage (Rotphase länger als eine Sekunde)" zu der Geldbuße von 250,– EUR verurteilt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit der allgemeinen Sachrüge Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Beschluss vom 31. Juli 2003 wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen, um die Nachprüfung des Urteils zur Vereinheitlichung des Rechts zu ermöglichen, und die Sache vom Einzelrichter auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat mit der Sachrüge hinsichtlich der Höhe der Geldbuße Erfolg.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nach den vom Amtsgericht Bad Urach getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 7. Dezember 2002 mit einem PKW die B 28 in M. in Richtung L.. In dichtem Verkehr überquerte er die Haltelinie zu einer Fußgängerampel, als das Lichtzeichen für seine Fahrtrichtung Grünsignal zeigte, musste jedoch verkehrsbedingt ca. einen Meter nach dem Haltebalken anhalten. Von seinem Standpunkt aus konnte er die Lichtzeichenanlage nicht mehr sehen; dies wäre ihm jedoch durch kurzes Zurücksetzen möglich gewesen. Als die Verkehrslage das Weiterfahren gestattete, zeigte die Lichtzeichenanlage bereits länger als 1,5 Sekunden Rotsignal. Der Betroffene fuhr gleichwohl weiter, nachdem er sich vergewissert hatte, dass für die Fußgänger Rotsignal gezeigt wurde. Gefährdet wurde niemand.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Durch diese Feststellungen wird der Schuldspruch wegen fahrlässiger Nichtbeachtung einer Wechsellichtzeichenanlage entgegen §§ 37 Abs. 2 Nr. 2, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO i. V. m. § 24 StVG getragen. Dies entspricht der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 37 Abs. 2 StVO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Ein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn gegen das Gebot des § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7 StVO verstoßen wird, ein Fahrzeugführer also bei Rotlicht in den durch die Lichtzeichenanlage gesicherten Bereich einfährt (vgl. BGHSt 43, 285, 291). Auch in Fällen, in denen das Überfahren der Haltlinie und das Einfahren in den geschützten Bereich nicht nahtlos ineinander übergehen, etwa weil zwischen beiden Verkehrsvorgängen ein längerer, verkehrsbedingter Halt liegt, kann ein Rotlichtverstoß gegeben sein. Schaltet nämlich eine Lichtzeichenanlage auf Rot, nachdem ein Fahrzeugführer zuvor bei Grün die vorgelagerte Haltlinie überfahren hatte, so gilt für ihn ab dem Zeitpunkt des Umschaltens das Haltgebot, auch wenn dann keine von dem Verkehrsteilnehmer zu beachtende – weil bereits passierte – Haltlinie mehr vorhanden ist. Diese Verkehrssituation unterscheidet sich nicht wesentlich von einem Sachverhalt, in dem eine Haltlinie fehlt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Vorliegend befand sich der Betroffene nach den Feststellungen bei Umschalten der Lichtzeichenanlage erst einen Meter hinter der Haltelinie, mithin noch vor dem geschützten Bereich. Somit durfte er nach Rotlichtbeginn nicht weiterfahren (vgl. BGHSt 45, 134-139; KG Berlin Beschluss vom 1. September 2000, 2 Ss 85/00). Er konnte auch die Signale der Lichtzeichenanlage beobachten. Wenn dazu ein – kurzes – Zurücksetzen notwendig und möglich ist, muss ein Verkehrsteilnehmer diese Möglichkeit nutzen und darf sich nicht einfach über das Signal hinweg setzen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
Keinen Bestand haben kann jedoch der Rechtsfolgenausspruch des Urteils.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Dabei ist nicht entscheidend, dass das Amtsgericht die Rechtsfolge der Nr. 34.2 des Bußgeldkatalogs (offensichtlich alter Fassung) entnimmt, denn – abgesehen von der Euroumstellung – hat sich die Regelsanktion im nunmehr gültigen Bußgeldkatalog, Nr. 132.2, nicht geändert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
Es handelt sich jedoch nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nicht um einen sogenannten "qualifizierten" Rotlichtverstoß.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind nach § 17 Abs. 3 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, der Vorwurf, der den Täter trifft und gegebenenfalls dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Etwaige besondere Umstände des Einzelfalls müssen dabei bedacht und berücksichtigt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
Dies gilt auch, soweit für den begangenen Verstoß nach der Bußgeldkatalogverordnung für Verkehrsordnungswidrigkeiten eine Regelsanktion vorgesehen ist. Aus der Natur der Regelandrohung ergibt sich, dass bei Vorliegen besonderer Umstände zugunsten des Betroffenen von der vorgesehenen Sanktion abzuweichen sein kann. Insgesamt müssen die Höhe der Geldbuße bzw. ein Fahrverbot zu dem Grad des vorwerfbaren Handelns des Täters in einem angemessenen Verhältnis stehen (OLG Düsseldorf VRS 90, 149, 151 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht zu Unrecht die Tat des Betroffenen dem Regelfall eines Verstoßes gegen § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, Nr. 2 StVO im Sinne der Nr. 132.2 des Bußgeldkataloges gleichgesetzt. Zwar kann grundsätzlich ein sogenannter "qualifizierter Rotlichtverstoß" auch dann vorliegen, wenn der Betroffene bei Grünsignal die Haltelinie passiert hat (BGHSt 45, 134-139), das Amtsgericht hat aber die besonderen Umstände unberücksichtigt gelassen, welche die Tat hier als weit weniger schwerwiegend erscheinen lassen und deshalb eine Abweichung von der gemäß § 1 Abs. 2 BKatV von gewöhnlichen Tatumständen ausgehenden Regelbuße erfordern. Nr. 132.2 BKatV erlaubt eine schärfere Ahndung besonders schwerwiegender Rotlichtverstöße. Die – häufig im Zusammenhang mit überhöhter Geschwindigkeit begangene – Missachtung eines Wechsellichtzeichens, obgleich die Rotphase bereits länger als eine Sekunde andauert, ist nach der amtlichen Begründung (VerkBl. 1991, 702, 704) als besonders gefährlich anzusehen, weil sich der Querverkehr – insbesondere auch Fußgänger – nach dieser Zeit bereits in dem Bereich der durch Rotlicht gesperrten Fahrbahn befinden kann. Von einem derart gravierenden Rotlichtverstoß seitens des Betroffenen kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, obwohl nach den Feststellungen die Wechsellichtzeichenanlage bereits länger als eine Sekunde Rotlicht gezeigt hat. Der Betroffene hat die Haltelinie überquert, als für ihn noch Grünsignal galt. Zu dem Zeitpunkt, in dem er sein Fahrzeug wieder in Bewegung setzte, galt für Fußgänger Rotsignal und es wurde deshalb auch niemand gefährdet. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Verhalten des Betroffenen auf grobe Nachlässigkeit, Rücksichts- oder Verantwortungslosigkeit zurückzuführen ist. Angesichts dieser besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist für die Regelahndung der Tat gemäß Nr. 132.2 des Bußgeldkataloges kein ... Raum (zum Ganzen vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2000, 279-280).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Danach ist die Regelrechtsfolge der Nr. 132 des Bußgeldkatalogs in der Fassung vom 13. November 2001 zu entnehmen. Die Regelgeldbuße beträgt 50,– EUR, ein Regelfahrverbot ist nicht vorgesehen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>III.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die fehlerhafte Rechtsfolgenentscheidung führt nicht zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Da nicht zu erwarten ist, dass im Falle der Zurückverweisung weitere für die Höhe der Geldbuße oder die Anordnung eines Fahrverbots bedeutsame Feststellungen getroffen werden können, macht der Senat von der ihm durch § 79 Abs. 6 OWiG erteilten Befugnis zur eigenen Sachentscheidung Gebrauch. Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erachtet der Senat die für den "einfachen" Rotlichtverstoß in Nr. 132 des Bußgeldkataloges vorgesehene Geldbuße von 50,– EUR für ausreichend, zumal der Betroffene bislang verkehrsrechtlich noch nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist. Im Übrigen wird der Urteilstenor dem Gesetzeswortlaut angepasst.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>IV.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Kosten- und Auslagenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 4 StPO. Für das Verfahren im ersten Rechtszug verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,073
|
olgkarl-2003-08-01-5-wf-8803
|
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|
5 WF 88/03
| 2003-08-01T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:34
| 2019-02-12T12:39:59
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde des Landratsamtes ... wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 05.03.2003 aufgehoben.</p>
<p>2. Der Rechtspfleger beim Amtsgericht wird angewiesen, auf Grund des Antrags des Landratsamtes ... - Kreissozialamt - vom 28.10.2002 die Titelumschreibung gem. § 727 ZPO vorzunehmen.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Das Landratsamt - Kreissozialamt - hatte der Klägerin, der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten, für die Zeit von Oktober 1999 bis März 2002 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Nachdem für diesen Zeitraum vollstreckbare Titel ergangen sind, hat das Sozialamt mit Schriftsatz vom 28.10.2002 unter Beifügung substantiiert aufgeschlüsselter Zahlungen nach Höhe und Monat gem. § 727 ZPO eine Teilumschreibung der vollstreckbaren Titel vom 23.11.1999 bzw. 13.02.2001 auf das Kreissozialamt beantragt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Familiengericht hat diesen Antrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.03.2003 zurückgewiesen, da der Sozialhilfeträger nicht nachgewiesen habe, dass der Unterhaltsschuldner oder seine Familie durch die Inanspruchnahme nicht selbst unterhaltsbedürftig würde. Hierbei handle es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung des Forderungsübergangs, für die das Landratsamt   als Sozialhilfeträger beweispflichtig sei.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Hiergegen hat der Sozialhilfeträger sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
II. Die form- und fristgerecht gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Anweisung des Rechtspflegers beim Amtsgericht ... , die Teilumschreibung der vollstreckbaren Titel vom 23.11.1999 bzw. 13.02.2001 auf das Landratsamt - Sozialamt - ... , wie mit Schreiben vom 28.10.2002 beantragt, vorzunehmen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Zum Nachweis des Forderungsübergangs bezüglich eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe genügt nach der Rechtsansicht des Senats dessen beglaubigte Aufstellung über die gezahlten Sozialhilfeleistungen, wobei diese monatlich spezifiziert aufzuschlüsseln sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Beachtung der sozialhilferechtlichen Schutzvorschriften (hier des § 91 Abs. 1 S. 3 BSHG) bezüglich des Anspruchsübergangs braucht nicht urkundlich nachgewiesen zu werden. Etwaige Ausschlussgründe sind ggfs. vom Unterhaltsschuldner selbst geltend zu machen (§ 768 ZPO; OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 1092; OLG Köln, MDR 1997, 369).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Senat folgt insoweit nicht den Entscheidungen des OLG Karlsruhe (OLG Report 2000, 219) und OLG Stuttgart ( NJW-RR 2001, 868).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Mit der herrschenden Meinung (vgl. dazu OLG Stuttgart, a. a. 0.) ist im Rahmen von § 727 ZPO die Beachtung der sozialhilferechtlichen Schuldnerschutzvorschriften dem Schuldner zugewiesen, der diese Ausschlusstatbestände im Wege der Klage gegen die Vollstreckungsklausel (§ 768 ZPO) geltend machen muss (ebenso Zöller/Stöber, ZP0, 23. A., § 727, Rn. 22 unter Verweis auf Künkel, FamRZ 1994, 540). Der Ansicht, bezüglich der Schuldnerschutzvorschriften bzw. ihrem Nichtvorliegen handle es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, die von der Gläubigerseite zu beweisen sei, kann nicht gefolgt werden. Aus der gesetzlichen Formulierung des § 91 BSHG ergibt sich - wie in der Beschwerdebegründung des Landratsamtes vom 03.06.2003 ausgeführt - dass im Regelfall dann ein Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger übergeht, wenn der Hilfeempfänger für die Zeit, für die Hilfe gewährt worden war, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch hatte (§ 91 Abs. 1 S. 1 BSHG). Ausnahmen von diesem Regelübergang ergeben sich aus § 91 Abs. 1 S. 2 BSHG sowie insbesondere (vorliegend) aus S. 3 der genannten Vorschrift. Für die Ausnahme vom gesetzlichen Übergang als Regelfall ist aber derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der die Ausnahme, nämlich die eigene Bedürftigkeit zur Abwendung des Überganges, geltend machen will. Diese Beweislastverteilung gilt schon deswegen, weil infolge der sog. Sphärentheorie ein außenstehender Dritter (hier der Sozialhilfeträger) keine Kenntnis über eine angebliche Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners besitzt und diese auch nicht von Amts wegen ermitteln kann bzw. muss. Vielmehr obliegt es dem Unterhaltsschuldner selbst, eine inzwischen vorliegende Leistungsunfähigkeit darzulegen, wozu sich insbesondere das Verfahren nach § 730 ZPO eignet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Zu beachten ist hierbei vor allem, dass das Familiengericht im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren deswegen zwei vollstreckbare Titel geschaffen hat, weil es (damals iRd Teilurteils) von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners auszugehen hatte und (iRd nachfolgenden Vergleichstitels) der Schuldner durch Abschluss des Vergleichs seine in dieser Höhe vorliegende Leistungsbereitschaft signalisierte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Da somit die unterhaltsrechtliche Zahlungsfähigkeit des Schuldners im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren bereits abschließend geklärt worden ist, kann es nicht angehen, im anschließenden Vollstreckungsverfahren erneut der Gläubigerseite (bzw. ihrem Rechtsnachfolger) aufzubürden, ein zweites Mal die unterhaltsrechtliche  Leistungsfähigkeit des Schuldners nachzuweisen. Bei einer derartigen Rechtslage wäre zu fragen, warum überhaupt ein Klagverfahren dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorausgehen musste, wenn ohnedies im Rahmen der Titelumschreibung die materiell-rechtliche Berechtigung des Rechtsnachfolgers (infolge weiter bestehender Leistungsfähigkeit des Schuldners) nochmals abgeklärt werden müsste.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die gesamte Intention des Vollstreckungsrechtes, nach endlich abgeschlossenem Erkenntnisprozess zur Durchsetzung der geschaffenen Titel alsbald und ohne weitere Hindernisse zu gelangen, wäre ins Gegenteil verkehrt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die vom Senat abweichende Rechtsprechung übersieht schließlich  auch, dass bereits infolge der sog. Parteimaxime im ZPO-Verfahren derjenige, der eine ihm günstige Veränderung (jetzige Leistungsunfähigkeit gegenüber der früheren Leistungsfähigkeit) geltend macht, hierfür darlegungs- und beweispflichtig ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Darüberhinaus wirkt die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsschuldners im Klagverfahren hinsichtlich seiner angeblichen Leistungsunfähigkeit bis ins nachfolgende Vollstreckungsverfahren weiter. Ansonsten käme es zwischen beiden Verfahrensabschnitten zu einer Beweislastumkehr, für die kein berechtigter Grund ersichtlich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Auf das Rechtsmittel des Sozialhilfeträgers war daher der zurückweisende Beschluss aufzuheben und das Verfahren dem Amtsgericht zur Durchführung der Maßnahmen nach § 727 ZPO vorzulegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
127,999
|
olgsl-2003-08-01-8-w-16203-23
|
{
"id": 939,
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|
8 W 162/03 - 23
| 2003-08-01T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:49
| 2019-02-12T14:04:39
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken - 3 O 13/03 - vom 6. Juni 2003 dahin teilweise abgeändert, dass die Kläger 11/20 der Gerichtskosten sowie der eigenen außergerichtlichen Kosten, 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) insgesamt tragen, der Beklagte zu 1) hingegen 9/20 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Kläger und 9/10 der eigenen außergerichtlichen Kosten.</p>
<p>Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Klägern 23/25 und dem Beklagten zu 1) 2/25 auferlegt.</p>
<p>3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
Die gemäß §§ 91a Abs. 2 Satz 1; 511; 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hatte nach Maßgabe des Entscheidungstenors ganz überwiegend Erfolg.
</p>
<p>
<rd nr="2"/>
Entgegen der Ansicht des Erstrichters ist die vollständige Überbürdung der Verfahrenskosten des einvernehmlich für erledigt erklärten Rechtsstreits auf die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt.
</p>
<p>
<rd nr="3"/>
1. Der Senat hält insoweit mit der herrschenden Meinung (vgl. OLG Nürnberg OLGR 2001, 156/157; OLG Köln NJW-RR 1995, 509; SchlHOLG JurBüro 1993, 745/746; OLG München OLGZ 1990, 348; OLG Bremen OLGZ 1989, 100 ff.; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO; 61. Aufl., Rn 37 zu § 98 ZPO; Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., Rn. 4 zu § 98 ZPO, jeweils m.w.N.) dafür, bei der Entscheidung hinsichtlich der Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (vgl. § 91a ZPO) maßgeblich auf den Inhalt des vorliegend zur Erledigung führenden Hauptsachevergleichs vom 22. Mai 2003 (vgl. Bl. 129 d.A.) und das danach zu bestimmende gegenseitige Nachgeben gegenüber den angekündigten Anträgen abzustellen. Dies muss jedenfalls in den Fällen als sachgerechtestes Kriterium angesehen werden, in denen der Vergleichsinhalt ersichtlich die eigene Einschätzung der Parteien hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsstreits widerspiegelt und damit zugleich als schlüssiges Indiz für den maßgeblichen Sach- und Streitstand vor Abschluss des Vergleichs zu betrachten ist. Das ist hier hinsichtlich der Inanspruchnahme des Beklagten zu 1) ganz offensichtlich der Fall, soweit dessen Zahlungsverpflichtung als solche außer Streit und beklagtenseits lediglich die Höhe des geltend gemachten Anspruchs - etwa hinsichtlich der Verzugszinsen und der Fahrtkosten - dezidiert bestritten war. Wenn sich die Beteiligten bei dieser Sachlage mit Hilfe des Gerichtes schließlich annäherungsweise bei einem Teilbetrag der Klageforderung treffen, kann angenommen werden, dass sie zu der Einsicht gelangt sind, dass die Einwände hinsichtlich der Höhe der Forderung - je nach Perspektive - nur teilweise bzw. jedenfalls in einem gewissen Umfang durchgreifen und die Klageforderung deshalb - nur - teilweise, wie gütlich festgelegt, begründet ist. An diese inzident festgelegte und dem Vergleich zugrunde gelegte Erfolgsprognose bleiben aber beide Seiten gebunden. Soweit sie einem 9/10-Erfolg der gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klage entspricht, kann dieser im Beschwerdeverfahren nicht mehr mit dem Einwand einer ihm günstigeren Unterliegensquote der Klägerseite gehört werden. Ebenso wenig ist unter den gegebenen Umständen aber auch Raum für ein dem Beklagten zu 1) nachteiliges Abweichen von der sich aus dem Vergleichsinhalt ergebenden Kostenquote.
</p>
<p>
<rd nr="4"/>
Unabhängig davon würde vorliegend aber auch ein alleiniges Abstellen auf einen potentiellen Erfolg der Klage ohne Vergleichsabschluss die angefochtene Kostenentscheidung nicht tragen. Denn die Klage war hinsichtlich des Beklagten zu 1) entgegen der Ansicht des Erstrichters auch in der Sache nicht in vollem Umfang begründet. Zumindest die Einwände gegen den Umfang der Verzugszinsen und die Höhe der Fahrtkosten waren sachlich gerechtfertigt. Der Zinsschaden war in der Tat teilweise unschlüssig. Nach Wechsel auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB a.F. bestand der Verzugszinsanspruch zwar als Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens gemäß § 286 BGB a.F. grundsätzlich daneben fort, allerdings längstens bis zum Ablauf der Nachfrist. Für die Zeit danach ist der Zinsschaden nur noch als ersatzfähiger Nichterfüllungsschaden darstellbar, als solcher vorliegend aber weder geltend gemacht noch substantiiert dargetan (vgl. zum Ganzen BGH NJW 2000, 71/72; NJW 1999, 3115 ff.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1430/1431).
</p>
<p>
<rd nr="5"/>
Darüber hinaus haben die Beklagten mit Recht gerügt, dass die angesetzten Fahrtkosten überhöht sind und insbesondere die angebliche Fahrt der Kläger vom 2. März 2002 von vornherein nicht auf der unterbliebenen Vertragserfüllung seitens des Beklagten zu 1) beruht haben kann.
</p>
<p>
<rd nr="6"/>
Auch der mutmaßliche Prozessausgang hätte danach eine vollständige Kostenüberbürdung auf den Beklagten zu 1) nicht gerechtfertigt, wobei die sich hieraus exakt ergebende Kostenquotelung angesichts des oben dargestellten Vorrangs des Vergleichsinhalts dahinstehen kann.
</p>
<p>
<rd nr="7"/>
2. Abweichend hiervon kommt dem Inhalt des in Rede stehenden Vergleichs nach Ansicht des Senats in Bezug auf die Erfolgsprognose hinsichtlich der gegen den Beklagten zu 2) gerichteten - ausschließlich auf eine deliktische Haftung gestützten - Klage unter Berücksichtigung der dargelegten Kriterien keine entscheidende Bedeutung bei. Denn eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 2) blieb bis zuletzt auch dem Grunde nach streitig. Seine deliktische Haftung und insbesondere ein strafbares Verhalten hat der Beklagte zu 2) durchgehend strikt in Abrede gestellt. Und auch die Formulierung des Vergleichs vom 22. Mai 2003 lässt deutlich erkennen, dass der Beklagte zu 2) besonderen Wert darauf legte, keinen Betrug einzuräumen, soweit er dort eine Zahlungsbereitschaft lediglich als - selbstschuldnerischer - Bürge erklärt hat. Es müssen mithin andere Gründe als seine Einschätzung des Prozessausgangs gewesen sein, die den Beklagten zu 2) zum "Beitritt" zu diesem Prozessvergleich bewegt haben, wobei nicht unwahrscheinlich erscheint, dass es sich um ein reines Kulanzverhalten zur nur so möglichen kurzfristigen Prozessbeendigung gehandelt hat.
</p>
<p>
<rd nr="8"/>
Soweit hiernach - was auch der Erstrichter so gesehen hat - die Kostenentscheidung in Bezug auf die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage allein vom mutmaßlichen Prozessausgang abhing, führte dies insoweit zu einer vollständigen Kostenüberbürdung auf die Kläger. Entgegen der Ansicht des Erstrichters hätte nämlich diese allein auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützte Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt. Der insoweit allein zur Diskussion stehende Betrugsvorwurf scheiterte nach Ansicht des Senats sowohl am Fehlen eines - unmittelbar durch die Vermögensverfügung herbeigeführten - Vermögensschadens, der dem erstrebten Vermögensvorteil des Klägers entsprochen hätte, als auch am nicht nachgewiesenen Schädigungsvorsatz.
</p>
<p>
<rd nr="9"/>
Was Ersteres anbelangt, so begründet die Gefahr, dass der Käufer einer Sache seiner Kaufpreisverpflichtung nicht nachkommen kann oder will, beim Eingehungsbetrug dann keinen Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB, wenn der Verkäufer nicht vorzuleisten verpflichtet ist. Dies gilt insbesondere auch bei Grundstücksgeschäften, wenn - wie meist und auch vorliegend - die Auflassung oder zumindest die Eintragung im Grundbuch - außerdem Besitz- und Nutzungsübergang - von der vorherigen Zahlung des Kaufpreises abhängen (vgl. BGH Strafverteidiger 1992, 117 m.w.N.; Schönke/Schröder-Cramer, Strafgesetzbuch, 26. Aufl., Rn. 132 zu § 263 StGB).
</p>
<p>
<rd nr="10"/>
Unter den gegebenen Umständen kann darüber hinaus auch nicht ohne weiteres vom Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten ausgegangen werden.
</p>
<p>
<rd nr="11"/>
Nach allem hatte die sofortige Beschwerde überwiegend Erfolg.
</p>
<p>
<rd nr="12"/>
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der ersten Instanz auf § 91a Abs. 1 ZPO und bezüglich des Beschwerdeverfahrens auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
</p>
|
|
138,067
|
arbg-stuttgart-2003-07-31-28-ca-104103
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{
"id": 124,
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"slug": "arbg-stuttgart",
"city": 90,
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}
|
28 Ca 1041/03
| 2003-07-31T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:30
| 2019-01-17T11:58:16
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin auf 20 Stunden pro Woche mit einer Arbeitszeit von jeweils 4 Stunden täglich an den Arbeitstagen Montag bis Freitag zu erteilen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, die tägliche Arbeitszeit der Klägerin auf die Zeit von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr an den Arbeitstagen Montag bis Freitag festzulegen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Beklagten wird es untersagt, von der Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klaganträge Ziffer 1 und Ziffer 2 regelmäßig Arbeitsleistung außerhalb der Zeit von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr an den Arbeitstagen Montag bis Freitag zu verlangen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">5.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Streitwert wird auf Euro 3.200,– festgesetzt.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Zwischen den Parteien ist der Anspruch auf Zustimmung zur Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf zwanzig Stunden, auf Festlegung derselben auf bestimmte Uhrzeiten an den Wochentagen montags bis freitags sowie auf vorläufige Beschäftigung zu den genannten Zeiten im Streit.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder, die am 05.07.1996 und am 08.03.2000 geboren sind. Sie ist für die Beklagte als Gießereiarbeiterin (Kernputzerin) seit dem 08.11.1991 bei einer Arbeitszeit von vierzig Stunden wöchentlich – seit 01.06.2003 37,5 Stunden wöchentlich – gegen eine Vergütung von durchschnittlich Euro; 1.600,00 brutto monatlich beschäftigt. Die Beklagte, ein Zuliefererunternehmen der Automobilindustrie, fertigt für Motoren Gussteile in drei Schichten von 5:30 Uhr (ab 01.06.2003 – 6:00 Uhr) bis 14:00 Uhr (Frühschicht), von 14:00 Uhr bis 22:30 Uhr (ab 01.06.2003 – 22:00 Uhr Spätschicht) und mit zwei Arbeitskräften von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr (Nachtschicht). Der Einsatz der Arbeitskräfte erfolgt z.T. wechselweise in der Früh- und der Spätschicht. Die Klägerin wird auf eigenen Wunsch nach Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub seit Februar 2002 jedoch ausschließlich in der Spätschicht eingesetzt. Die betriebliche Arbeitszeit im Übrigen liegt bei 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Die Aufgabe der Klägerin besteht darin, die für den Gussvorgang erforderlichen Sandkerne zu reinigen und zu entgraten. Je nach Modell bearbeitet die Klägerin an einem Einzelarbeitsplatz pro Schicht z.B. zwischen sechzig bis fünfundsechzig Teile für den Sechszylindermotor oder Stückzahlen von einhundert bis einhundertzehn, achtzig bis fünfundachtzig. Zum Teil wechseln die zu bearbeitenden Sandkerne drei- bis viermal am Tag, zum Teil wird dasselbe Produkt über eine Woche hinaus bearbeitet, je nach Auftragslage und Anforderung des Kunden der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin arbeitet für ein Straßenbauunternehmen. Er verlässt das Haus morgens um 5:30 Uhr und kehrt häufig erst abends nach Hause zurück. Bei Abwesenheit der Eltern erfolgt die Betreuung der Kinder der Klägerin durch ihre Schwägerin. Jene hat ebenfalls zwei Kinder, eines davon im Kindergartenalter. Mit Schreiben vom 10.11.2002 (Aktenblatt 5) bat die Klägerin die Beklagte, ihr bestehendes Arbeitsverhältnis für circa zwei Jahre in eine Teilzeitbeschäftigung von 18:30 Uhr bis 22:30 Uhr umzuwandeln, damit sie ihre Kinder am Nachmittag betreuen könne. Mit Schreiben vom 21.11.2002 (Aktenblatt 6) teilte die Beklagte mit, sie könne in der Produktion keine Teilzeit einführen und dem Wunsch nicht entsprechen. Vorsorglich beantragte die Klägerin die unbefristete Reduzierung der Arbeitszeit erneut mit Schreiben vom 15.01.2003.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit am 30.01.2003 bei Gericht eingegangener Klage verfolgt die Klägerin ihr Teilzeitbegehren weiter.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Sie trägt vor, ihre Schwägerin sei künftig nicht mehr bereit, die Betreuung der Kinder mit zu übernehmen. Jene lebe in beengten räumlichen Verhältnissen und beabsichtige, ihrerseits eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Es sei ihr nicht gelungen, eine adäquate Ersatzbetreuungskraft auf ihre Zeitungsanzeige hin zu finden. Die Klägerin bestreitet, dass ihrem Begehren betriebliche Gründe entgegenstehen. Im Falle der Erkrankung einer der Frauen in der Kernputzerei würde diese durch einen der beiden dort beschäftigten Männer ersetzt. Zu weitergehenden organisatorischen Eingriffen sei es in der Vergangenheit nicht gekommen. Eine Erkrankung könne sie gegebenenfalls vor 17:00 Uhr anzeigen, so dass die bis dahin im Betrieb anwesenden Vorgesetzten entsprechend organisatorisch reagieren könnten. Den pünktlichen Arbeitsantritt um 18:30 Uhr bzw. 18:00 könnten die Schichtführer beaufsichtigen. Die Beklagte habe keine Bemühungen unternommen, gegebenenfalls eine Ersatzarbeitskraft für die ausfallende Arbeitszeit zu finden. Konkrete Pläne, den seit elf Jahren bestehenden Wechselschichtbetrieb auf ein Einschichtmodell umzustellen, bestünden keine. Genauso wenig bestünden Anhaltspunkte dafür, dass eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer ihrerseits Teilzeitanträge stellen könnten. Die Klägerin meint, die Beklagte sei mit der Verurteilung zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen zur vorläufigen Beschäftigung zu den geänderten Arbeitsbedingungen während des Rechtsstreits zu verurteilen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Klägerin stellt zuletzt
<strong>folgende Anträge:</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="6"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, mit Wirkung ab 15.02.2003, hilfsweise ab 20.04.2003, die Zustimmung zur Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin auf zwanzig Stunden pro Woche mit einer Arbeitszeit von jeweils vier Stunden an den Arbeitstagen Montag bis Freitag zu erteilen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="7"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, die tägliche Arbeitszeit der Klägerin auf Montag bis Freitag von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr zu verteilen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="8"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Beklagten wird untersagt, von der Klägerin bis zur Rechtskraft der Anträge Ziff. 1 und 2 im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit außerhalb der Zeit von Montag bis Freitag von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr Arbeitsleistung zu verlangen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Beklagte
<strong>beantragt,</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Sie beruft sich auf das Vorliegen betrieblicher Gründe, die dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und Festlegung derselben entsprechend der gewünschten Verteilung entgegenstehen. Als Zuliefererunternehmen der Automobilindustrie sei sie in besonderem Maße auf eine flexible Produktion angewiesen. Angesichts des derzeitigen wirtschaftlichen Umfeldes sei die Notwendigkeit nicht auszuschließen, ihren Mehrschichtbetrieb auf einen Einschichtbetrieb mit Arbeitszeiten zwischen 7:00 Uhr und 17:00 Uhr umzustellen. Im Fall des Ausfalls einer Arbeitskraft zum Beispiel infolge Krankheit, müssten die Vorgesetzten entsprechende organisatorische Maßnahmen ergreifen und darüber entscheiden, ob aus einer anderen Abteilung ein Arbeitnehmer abzuziehen sei, eine Umbesetzung innerhalb der Abteilung vorzunehmen sei oder Überstunden zu leisten seien. Hierzu seien die Schichtführer nicht befugt. Die Vorgesetzten seien aber nur bis 17:00 Uhr anwesend. Im Übrigen würden Aufsichtspersonen fehlen, die die Einhaltung der Arbeitszeiten insbesondere zu deren Beginn und an deren Ende kontrollieren. Die Gefahr einer ungenehmigten Pause steige, wenn die Klägerin in Abwesenheit der Vorgesetzten erst um 18:00 Uhr die Arbeit antrete. Schließlich habe sie eine unternehmerische Entscheidung getroffen, keine Teilzeitbeschäftigung zu gewähren, weil zu befürchten sei, dass, wenn die Beklagte einer Teilzeitarbeit zustimme, auch weitere Mitarbeiter Teilzeitarbeit fordern würden. Ferner habe sie ohnehin Probleme, ausreichend Arbeitskräfte zu finden, so dass eine Ausgleichskraft für die Klägerin nicht zu finden sei. Die Beklagte meint im Rahmen einer Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine hinreichenden Bemühungen erkennen lasse, tatsächlich eine Betreuungskraft für ihre Kinder zu finden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf deren erschöpfende Schriftsätze verwiesen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 31.07.2003.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
<strong>A.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klage ist zulässig, weil mit dem Anspruch ("Verlangen") nach § 8 Abs. 1 TzBfG eine prozessuale Durchsetzungsmöglichkeit korrespondiert. Das ergibt sich auch aus der insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 15 Abs. 7 S. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz. Die Klage richtet sich auf die Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO), soweit die Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit begehrt wird, § 8 Abs. 4 S. 1 Alternative 1 TzBfG sowie auf die gerichtliche Ersetzung der Leistungsbestimmung, soweit die Festlegung bestimmter Arbeitszeiten betroffen ist, § 8 Abs. 4 S. 1 Alternative 2 TzBfG (vgl. Preiß/Gotthard BB 2001, 145 ff.; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175 ff.; LAG Baden-Württemberg vom 20.12.2001 – 3 Ta 131/01). Nach dem ausdrücklichen Vorbringen der Klägerin ist die begehrte Verteilung der Arbeitszeit als Annex zur Verringerung derselben zu verstehen, wofür sie zutreffend die Rechtsfigur des sogenannten uneigentlichen Hilfsantrags gewählt hat, welcher nur im Falle der Stattgabe des Hauptantrags zur Entscheidung anfällt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
<strong>B.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Klage ist auch in der Sache begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 TzBfG sind dargetan. Die Klägerin hat die Verringerung ihrer Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben. Dies gilt zwar nicht für den Antrag vom 10.11.2002 (Aktenblatt 5). Darin bittet die Klägerin, ihr bestehendes Arbeitsverhältnis für circa zwei Jahre in eine Teilzeitbeschäftigung von 18:30 Uhr bis 22:30 Uhr umzuwandeln. Ein derartiger befristeter Antrag fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 8 TzBfG. Das Gesetz enthält keine Regelung, die § 15 Abs. 7 S. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz entspricht. Die Rückkehr zu einer längeren Arbeitszeit ist nur nach Maßgabe des § 9 TzBfG möglich. Das Gesetz enthält mithin keine dem Verringerungsanspruch nach § 8 TzBfG entsprechenden Verlängerungsanspruch (vgl. Hanau NZA 2001, 1168 ff.; ArbG Nienburg NZA 2002, 382 ff.). Die Anerkennung eines befristeten Verlängerungsantrags führte zur Umgehung der gesetzlichen Wertungen. Die Annahme unter Außerachtlassung der Einschränkung der Befristung würde als Ablehnung gelten, § 150 Abs. 2 BGB. Welche Rechtsfolgen darüber hinaus die Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG durch die Nichtangabe des Zeitpunkts des gewünschten Beginns der Vertragsänderung auslöst, kann hier deshalb offen bleiben (vgl. hierzu Hanau NZA 2001, 1168 ff.; ArbG Nienburg NZA 2002, 382 ff. einerseits sowie Hopfner BB 2001, 2144 ff. andererseits). Jedenfalls löst der nicht dem Anwendungsbereich des § 8 TzBfG zuzuordnende Antrag vom 10.11.2002 die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG nicht aus. Unstreitig hat die Klägerin mit Schreiben vom 15.01.2003 einen weiteren, auf den 20.04.2003 wirkenden Antrag gestellt (Schriftsatz vom 23.04.2003, dort Seite 2 unter Ziff. 1).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG (Verteilung der Arbeitszeit) ist auch die geltend gemachte Verteilung der Arbeitszeit bzw. die Lage derselben innerhalb eines Tages von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr erfasst. Zwar ist der Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG hinsichtlich des Verteilungsrahmens offen, im Gegensatz etwa zu § 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG, der sowohl Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit als auch die Verteilung auf die einzelnen Wochentage benennt. Der Gesetzeszweck des § 1 TzBfG, Teilzeitarbeit zu fördern, spricht gegen eine einschränkende Auslegung des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Insbesondere für erwerbstätige Eltern von Kindern ist die Lage der täglichen Arbeitszeit von erheblicher Bedeutung. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass sich der zuletzt gestellte Klagantrag und das Änderungsangebot vom 15.01.2001 in der Lage der täglichen Arbeitszeit nicht decken. Die Änderung von 18:30 Uhr bis 22:30 Uhr auf 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr hat die Klägerin mit Einwilligung der Beklagten vorgenommen, § 263 Alternative 1 ZPO. Sie trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte zum 01.06.2003 das Ende der Spätschicht um eine halbe Stunde vorgezogen hat. Sie entspricht damit dem Interesse der Beklagten (§ 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG), ihre Arbeitszeit mit dem Schichtende zu synchronisieren, zumal in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr nur zwei Männer tätig sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="23"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dem Anspruch stehen keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG entgegen. Hierfür trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich um eine Einwendung handelt. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers abzustellen, was sich aus § 8 Abs. 5 S. 4 und Abs. 6 TzBfG ergibt mit der Folge, dass Änderungen der betrieblichen Gründe zwischen der Ablehnungsentscheidung und der mündlichen Verhandlung weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind (Beckschulze, DB 2000, 2598 ff.; Flatten/Coeppicus, ZIP 2001, 147 ff.).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="24"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Im Gegensatz zu § 15 Abs. 7 Ziff. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz müssen die entgegenstehenden betrieblichen Gründe nicht dringender Natur sein; ausreichend sind rationale nachvollziehbare Gründe. Allerdings belegen die Beispiele des § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG, dass die Gründe von einer gewissen Erheblichkeit sein müssen, weil die Verringerung der Arbeitszeit beispielsweise die Sicherheit im Betrieb "wesentlich" beeinträchtigt oder "unverhältnismäßige" Kosten verursacht. Die Position des Arbeitgebers nach § 8 TzBfG ist mithin stärker ausgestaltet als die nach § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz, zumal für den Arbeitnehmer in dem einen Fall Grundrechte aus Art. 6 Grundgesetz streiten, wohingegen der Verringerungswunsch nach § 8 keinerlei Begründung auf Arbeitnehmerseite bedarf. Gemessen an diesen Vorgaben sind keine betrieblichen Gründe dargetan, die dem Teilzeitbegehren der Klägerin entgegengehalten werden können.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="25"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit sich die Beklagte darauf beruft, es sei nach der Natur ihres Geschäftsbetriebes in Abhängigkeit von der Konjunktur der Automobilindustrie durchaus möglich, dass ihr bestehender Dreischichtbetrieb auf eine Normalschicht von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr umgestellt werden könnte, ist dieser Vortrag spekulativ. Konkrete Überlegungen hierzu gibt es nicht. Immerhin besteht der Schichtbetrieb seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien im Jahre 1991. In einem solchen Fall müsste die Beklagte ohnedies mit personellen Anpassungsmaßnahmen reagieren. Es ist schwerlich denkbar, dass sämtliche Arbeitskräfte aus mehreren Schichten bei unveränderter Anzahl der bestehenden Arbeitsplätze in einer Schicht zusammengefasst werden können. Überdies ergibt sich aus § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG, dass der Arbeitgeber die festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern kann, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt. Es liegt auf der Hand, dass es der Klägerin nicht gestattet werden könnte, außerhalb jeglicher betrieblicher Arbeitszeiten alleine zu arbeiten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Vorgesetzten der Klägerin seien nur bis 17:00 Uhr im Betrieb anwesend und könnten auf kurzfristige und insbesondere krankheitsbedingte Ausfälle der Klägerin nicht mit geeigneten Maßnahmen reagieren, um die Produktion sicher zu stellen. Dieses Argument steht in erster Linie nicht der begehrten Teilzeittätigkeit entgegen, sondern befürchteten Fehlzeiten. Eine Arbeitsunfähigkeit könnte bei der Klägerin aber auch mit gleicher Wahrscheinlichkeit während der Arbeitstätigkeit nach 17:00 Uhr eintreten, wie es die Beklagte für wahrscheinlich hält, dass die Klägerin vorher zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit erkrankt. Im Übrigen ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer ohne schuldhaftes Zögern die Mitteilungspflicht zu erfüllen hat, sobald er von der Arbeitsunfähigkeit Kenntnis genommen hat. Es bedarf also keiner besonderen Bereitschaft der Klägerin, die beispielsweise am Vormittag ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit umgehend der Beklagten mitzuteilen. Die Unerheblichkeit des Beklagtenvortrags ergibt sich nach Ansicht der Kammer darüber hinaus daraus, dass die Beklagte Verhandlungen über eine Teilzeittätigkeit am Vormittag zwischen 8:30 Uhr und 12:30 Uhr abgelehnt hat, über eine Zeit also, zu welcher unzweifelhaft die Vorgesetzten anwesend sind. Von den behaupteten organisatorischen Maßnahmen, die zur Überbrückung des Ausfalls einer Arbeitskraft in Frage kommen, hat die Beklagte unstreitig in der Vergangenheit ohnehin stets auf ein und dieselbe zurückgegriffen. Im Bedarfsfall ist einer der in der Abteilung der Klägerin beschäftigten männlichen Arbeitskräfte eingesprungen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="27"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auch das weitere Argument der Beklagten, es würden Aufsichtspersonen fehlen, die den pünktlichen Arbeitsbeginn und das pünktliche Arbeitsende kontrollieren, ist nicht stichhaltig. Weder zu Beginn der Frühschicht, noch am Ende der Spätschicht, noch zu Beginn der Nachtschicht, noch am Ende der Nachtschicht sind solche Aufsichtspersonen anwesend. Lediglich der Übergang von der Früh- auf die Spätschicht kann nach dem Vorbringen der Beklagten kontrolliert werden. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ungenehmigte Pausen zu bestimmten Zeitpunkten eingelegt werden, gibt es nicht. Die von der Beklagten angesprochenen Stichproben sind deshalb zu jedem Zeitpunkt denkbar und sinnvoll. Ihr Sinn und Zweck würde durch eine zeitliche Festlegung verfehlt. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden im Übrigen bei der Beklagten durch ein Stempeluhrsystem erfasst, dessen Funktionsweise nicht näher dargelegt ist. Die Einhaltung der persönlichen Arbeitszeit der Klägerin kann dadurch kontrolliert werden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="28"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe ohnehin Probleme, ausreichend Arbeitskräfte zu finden, insbesondere eine Vier-Stunden-Beschäftigung in der Kernmacherei sei nicht zu finden, ist ihr Vortrag unsubstanziiert. Konkrete Bemühungen um eine ergänzende Teilzeitkraft, etwa durch Aufgabe von Zeitungsinseraten oder Anfrage bei den Arbeitsvermittlungsbehörden, hat die Beklagte nicht dargelegt. Ob es bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage tatsächlich unmöglich ist, angelernte Hilfskräfte zu finden, erscheint zweifelhaft. Unklar ist außerdem, ob die Beklagte tatsächlich Bedarf an einer zusätzlichen Teilzeitkraft hat. Die Beklagte beruft sich auf die Sachzwänge der just-in-Time-Fertigung. Die Beklagte hat die betriebsübliche Arbeitszeit von 8 Stunden für alle Beschäftigten mit Wirkung zum 01.06.2003 auf 7,5 Stunden herabgesetzt, weil die Auftragslage rückläufig sei.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Klägerin bearbeitet bestimmte Stückzahlen an Sandkernen je nach Anforderung. Die einzelnen Produkte sind einem Wechsel unterzogen. Es ist also eine Frage der Arbeitsplanung und Arbeitseinteilung, zu entscheiden, wieviele Produkte eines konkreten Modells in welchem Zeitraum herzustellen sind und wieviel Arbeitskräfte hierfür eingesetzt werden. Das bedeutet nicht, dass nur mit vollschichtig beschäftigten Arbeitskräften gerechnet werden kann. Die teilschichtig beschäftigte Klägerin bearbeitet dann eben weniger Stückzahlen, was bereits bei der Einsatzplanung berücksichtigt werden kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="30"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">e)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Unerheblich ist deshalb auch, das von der Beklagten behauptete unternehmerische Konzept, keine Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Diese Entscheidung ist nicht näher ausgeführt und wird lapidar damit begründet, es stünde zu befürchten, dass auch weitere Mitarbeiter Teilzeitarbeit fordern. Dabei wird zum einen verkannt, dass jedes Teilzeitgesuch für sich genommen, an der betrieblichen Lage zu messen ist. Im Übrigen würde ein solches, nicht näher ausgeführtes Konzept den Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG aushebeln, obwohl das Gesetz dem Arbeitgeber grundsätzlich Organisationsänderungen zumutet (vgl. § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG). Nicht ausreichend ist deshalb das bloße "Nichtwollen" des Arbeitgebers, erforderlich ist vielmehr ein nachvollziehbares, schlüssig begründetes Konzept, das auch konsequent umgesetzt wird (zum Beispiel ein sogenanntes Ein-Mann-Konzept im Bereich der Kundenbetreuung, der Kinderbetreuung usw.) Zu Unrecht beruft sich die Beklagte schließlich darauf, ihre Interessen an der Beibehaltung der Arbeitszeit, würden diejenigen der Klägerin an deren Verringerung überwiegen. Anhaltspunkte dafür, dass nach § 8 Abs. 4 TzBfG eine Interessenabwägung geboten ist, enthält das Gesetz nicht. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG, betreffend die Frage der Änderung der Verteilung der festgelegten Arbeitszeit.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
Das ergibt sich auch daraus, dass der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit arbeitnehmerseitig keinerlei Begründung bedarf.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
Den Klaganträgen Ziff. 1 und 2 war deshalb statt zu geben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
<strong>IV.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 27.02.1985 (EZA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9) den Grundsatz aufgestellt, dass der Arbeitgeber auch nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers während der Dauer des Prozesses verpflichtet ist, wenn ein erstinstanzlich obsiegendes Urteil vorliegt. Mit der Klägerin ist die Kammer der Ansicht, dass diese Grundsätze unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes und der vorläufigen Vollstreckbarkeit arbeitsgerichtliche Urteile nach § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, in welchem festgestellt wurde, dass keine betrieblichen Gründe dem Teilzeitbegehren entgegenstehen. Der beispielsweise aus familiären Gründen geltend gemachte Teilzeitanspruch wäre regelmäßig entwertet, wenn der Anspruchsinhaber bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Instanzenzug zuwarten müsste. Vorhandene Ersatzansprüche scheiden mangels materiellen Schadens regelmäßig aus. Hat der Arbeitgeber die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verweigert, so kann sich dieser nach Treu und Glauben nicht auf das eigene pflichtwidrige Verhalten berufen und den Arbeitnehmer auf den Umweg einer Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen. Der Arbeitnehmer kann dann sofort auf Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis klagen (BAG vom 27.02.1997 AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969, Wiedereinstellung dort am Ende).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Überwiegende Interessen der Beklagten an der vollschichtigen Beschäftigung der Klägerin während der Prozessdauer sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Sie ist dem Klageantrag Ziff. 3 sachlich nicht einmal entgegengetreten. Die eingeschränkte Beschäftigungspflicht der Klägerin kommt dadurch zum Ausdruck, dass es der Beklagten untersagt wird, außerhalb der Arbeitszeiten von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr von der Klägerin regelmäßig Arbeitsleistung zu erbringen. Etwa erforderliche Überstunden sind hiervon nicht erfasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
<strong>V.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 3 ZPO. Das Interesse der Klägerin beläuft sich auf mindestens den (noch) eineinhalbjährigen Betreuungsaufwand (Anlagen K 1, 6).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
D.Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
 Meyer
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
<strong>A.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klage ist zulässig, weil mit dem Anspruch ("Verlangen") nach § 8 Abs. 1 TzBfG eine prozessuale Durchsetzungsmöglichkeit korrespondiert. Das ergibt sich auch aus der insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 15 Abs. 7 S. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz. Die Klage richtet sich auf die Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO), soweit die Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit begehrt wird, § 8 Abs. 4 S. 1 Alternative 1 TzBfG sowie auf die gerichtliche Ersetzung der Leistungsbestimmung, soweit die Festlegung bestimmter Arbeitszeiten betroffen ist, § 8 Abs. 4 S. 1 Alternative 2 TzBfG (vgl. Preiß/Gotthard BB 2001, 145 ff.; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175 ff.; LAG Baden-Württemberg vom 20.12.2001 – 3 Ta 131/01). Nach dem ausdrücklichen Vorbringen der Klägerin ist die begehrte Verteilung der Arbeitszeit als Annex zur Verringerung derselben zu verstehen, wofür sie zutreffend die Rechtsfigur des sogenannten uneigentlichen Hilfsantrags gewählt hat, welcher nur im Falle der Stattgabe des Hauptantrags zur Entscheidung anfällt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
<strong>B.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Klage ist auch in der Sache begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 TzBfG sind dargetan. Die Klägerin hat die Verringerung ihrer Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben. Dies gilt zwar nicht für den Antrag vom 10.11.2002 (Aktenblatt 5). Darin bittet die Klägerin, ihr bestehendes Arbeitsverhältnis für circa zwei Jahre in eine Teilzeitbeschäftigung von 18:30 Uhr bis 22:30 Uhr umzuwandeln. Ein derartiger befristeter Antrag fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 8 TzBfG. Das Gesetz enthält keine Regelung, die § 15 Abs. 7 S. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz entspricht. Die Rückkehr zu einer längeren Arbeitszeit ist nur nach Maßgabe des § 9 TzBfG möglich. Das Gesetz enthält mithin keine dem Verringerungsanspruch nach § 8 TzBfG entsprechenden Verlängerungsanspruch (vgl. Hanau NZA 2001, 1168 ff.; ArbG Nienburg NZA 2002, 382 ff.). Die Anerkennung eines befristeten Verlängerungsantrags führte zur Umgehung der gesetzlichen Wertungen. Die Annahme unter Außerachtlassung der Einschränkung der Befristung würde als Ablehnung gelten, § 150 Abs. 2 BGB. Welche Rechtsfolgen darüber hinaus die Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG durch die Nichtangabe des Zeitpunkts des gewünschten Beginns der Vertragsänderung auslöst, kann hier deshalb offen bleiben (vgl. hierzu Hanau NZA 2001, 1168 ff.; ArbG Nienburg NZA 2002, 382 ff. einerseits sowie Hopfner BB 2001, 2144 ff. andererseits). Jedenfalls löst der nicht dem Anwendungsbereich des § 8 TzBfG zuzuordnende Antrag vom 10.11.2002 die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG nicht aus. Unstreitig hat die Klägerin mit Schreiben vom 15.01.2003 einen weiteren, auf den 20.04.2003 wirkenden Antrag gestellt (Schriftsatz vom 23.04.2003, dort Seite 2 unter Ziff. 1).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG (Verteilung der Arbeitszeit) ist auch die geltend gemachte Verteilung der Arbeitszeit bzw. die Lage derselben innerhalb eines Tages von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr erfasst. Zwar ist der Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG hinsichtlich des Verteilungsrahmens offen, im Gegensatz etwa zu § 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG, der sowohl Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit als auch die Verteilung auf die einzelnen Wochentage benennt. Der Gesetzeszweck des § 1 TzBfG, Teilzeitarbeit zu fördern, spricht gegen eine einschränkende Auslegung des § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Insbesondere für erwerbstätige Eltern von Kindern ist die Lage der täglichen Arbeitszeit von erheblicher Bedeutung. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass sich der zuletzt gestellte Klagantrag und das Änderungsangebot vom 15.01.2001 in der Lage der täglichen Arbeitszeit nicht decken. Die Änderung von 18:30 Uhr bis 22:30 Uhr auf 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr hat die Klägerin mit Einwilligung der Beklagten vorgenommen, § 263 Alternative 1 ZPO. Sie trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte zum 01.06.2003 das Ende der Spätschicht um eine halbe Stunde vorgezogen hat. Sie entspricht damit dem Interesse der Beklagten (§ 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG), ihre Arbeitszeit mit dem Schichtende zu synchronisieren, zumal in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr nur zwei Männer tätig sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
<strong>III.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="23"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dem Anspruch stehen keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG entgegen. Hierfür trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich um eine Einwendung handelt. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers abzustellen, was sich aus § 8 Abs. 5 S. 4 und Abs. 6 TzBfG ergibt mit der Folge, dass Änderungen der betrieblichen Gründe zwischen der Ablehnungsentscheidung und der mündlichen Verhandlung weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind (Beckschulze, DB 2000, 2598 ff.; Flatten/Coeppicus, ZIP 2001, 147 ff.).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="24"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Im Gegensatz zu § 15 Abs. 7 Ziff. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz müssen die entgegenstehenden betrieblichen Gründe nicht dringender Natur sein; ausreichend sind rationale nachvollziehbare Gründe. Allerdings belegen die Beispiele des § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG, dass die Gründe von einer gewissen Erheblichkeit sein müssen, weil die Verringerung der Arbeitszeit beispielsweise die Sicherheit im Betrieb "wesentlich" beeinträchtigt oder "unverhältnismäßige" Kosten verursacht. Die Position des Arbeitgebers nach § 8 TzBfG ist mithin stärker ausgestaltet als die nach § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz, zumal für den Arbeitnehmer in dem einen Fall Grundrechte aus Art. 6 Grundgesetz streiten, wohingegen der Verringerungswunsch nach § 8 keinerlei Begründung auf Arbeitnehmerseite bedarf. Gemessen an diesen Vorgaben sind keine betrieblichen Gründe dargetan, die dem Teilzeitbegehren der Klägerin entgegengehalten werden können.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="25"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit sich die Beklagte darauf beruft, es sei nach der Natur ihres Geschäftsbetriebes in Abhängigkeit von der Konjunktur der Automobilindustrie durchaus möglich, dass ihr bestehender Dreischichtbetrieb auf eine Normalschicht von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr umgestellt werden könnte, ist dieser Vortrag spekulativ. Konkrete Überlegungen hierzu gibt es nicht. Immerhin besteht der Schichtbetrieb seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien im Jahre 1991. In einem solchen Fall müsste die Beklagte ohnedies mit personellen Anpassungsmaßnahmen reagieren. Es ist schwerlich denkbar, dass sämtliche Arbeitskräfte aus mehreren Schichten bei unveränderter Anzahl der bestehenden Arbeitsplätze in einer Schicht zusammengefasst werden können. Überdies ergibt sich aus § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG, dass der Arbeitgeber die festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern kann, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt. Es liegt auf der Hand, dass es der Klägerin nicht gestattet werden könnte, außerhalb jeglicher betrieblicher Arbeitszeiten alleine zu arbeiten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Vorgesetzten der Klägerin seien nur bis 17:00 Uhr im Betrieb anwesend und könnten auf kurzfristige und insbesondere krankheitsbedingte Ausfälle der Klägerin nicht mit geeigneten Maßnahmen reagieren, um die Produktion sicher zu stellen. Dieses Argument steht in erster Linie nicht der begehrten Teilzeittätigkeit entgegen, sondern befürchteten Fehlzeiten. Eine Arbeitsunfähigkeit könnte bei der Klägerin aber auch mit gleicher Wahrscheinlichkeit während der Arbeitstätigkeit nach 17:00 Uhr eintreten, wie es die Beklagte für wahrscheinlich hält, dass die Klägerin vorher zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit erkrankt. Im Übrigen ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer ohne schuldhaftes Zögern die Mitteilungspflicht zu erfüllen hat, sobald er von der Arbeitsunfähigkeit Kenntnis genommen hat. Es bedarf also keiner besonderen Bereitschaft der Klägerin, die beispielsweise am Vormittag ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit umgehend der Beklagten mitzuteilen. Die Unerheblichkeit des Beklagtenvortrags ergibt sich nach Ansicht der Kammer darüber hinaus daraus, dass die Beklagte Verhandlungen über eine Teilzeittätigkeit am Vormittag zwischen 8:30 Uhr und 12:30 Uhr abgelehnt hat, über eine Zeit also, zu welcher unzweifelhaft die Vorgesetzten anwesend sind. Von den behaupteten organisatorischen Maßnahmen, die zur Überbrückung des Ausfalls einer Arbeitskraft in Frage kommen, hat die Beklagte unstreitig in der Vergangenheit ohnehin stets auf ein und dieselbe zurückgegriffen. Im Bedarfsfall ist einer der in der Abteilung der Klägerin beschäftigten männlichen Arbeitskräfte eingesprungen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
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<rd nr="27"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auch das weitere Argument der Beklagten, es würden Aufsichtspersonen fehlen, die den pünktlichen Arbeitsbeginn und das pünktliche Arbeitsende kontrollieren, ist nicht stichhaltig. Weder zu Beginn der Frühschicht, noch am Ende der Spätschicht, noch zu Beginn der Nachtschicht, noch am Ende der Nachtschicht sind solche Aufsichtspersonen anwesend. Lediglich der Übergang von der Früh- auf die Spätschicht kann nach dem Vorbringen der Beklagten kontrolliert werden. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ungenehmigte Pausen zu bestimmten Zeitpunkten eingelegt werden, gibt es nicht. Die von der Beklagten angesprochenen Stichproben sind deshalb zu jedem Zeitpunkt denkbar und sinnvoll. Ihr Sinn und Zweck würde durch eine zeitliche Festlegung verfehlt. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden im Übrigen bei der Beklagten durch ein Stempeluhrsystem erfasst, dessen Funktionsweise nicht näher dargelegt ist. Die Einhaltung der persönlichen Arbeitszeit der Klägerin kann dadurch kontrolliert werden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="28"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe ohnehin Probleme, ausreichend Arbeitskräfte zu finden, insbesondere eine Vier-Stunden-Beschäftigung in der Kernmacherei sei nicht zu finden, ist ihr Vortrag unsubstanziiert. Konkrete Bemühungen um eine ergänzende Teilzeitkraft, etwa durch Aufgabe von Zeitungsinseraten oder Anfrage bei den Arbeitsvermittlungsbehörden, hat die Beklagte nicht dargelegt. Ob es bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage tatsächlich unmöglich ist, angelernte Hilfskräfte zu finden, erscheint zweifelhaft. Unklar ist außerdem, ob die Beklagte tatsächlich Bedarf an einer zusätzlichen Teilzeitkraft hat. Die Beklagte beruft sich auf die Sachzwänge der just-in-Time-Fertigung. Die Beklagte hat die betriebsübliche Arbeitszeit von 8 Stunden für alle Beschäftigten mit Wirkung zum 01.06.2003 auf 7,5 Stunden herabgesetzt, weil die Auftragslage rückläufig sei.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Klägerin bearbeitet bestimmte Stückzahlen an Sandkernen je nach Anforderung. Die einzelnen Produkte sind einem Wechsel unterzogen. Es ist also eine Frage der Arbeitsplanung und Arbeitseinteilung, zu entscheiden, wieviele Produkte eines konkreten Modells in welchem Zeitraum herzustellen sind und wieviel Arbeitskräfte hierfür eingesetzt werden. Das bedeutet nicht, dass nur mit vollschichtig beschäftigten Arbeitskräften gerechnet werden kann. Die teilschichtig beschäftigte Klägerin bearbeitet dann eben weniger Stückzahlen, was bereits bei der Einsatzplanung berücksichtigt werden kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="30"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">e)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Unerheblich ist deshalb auch, das von der Beklagten behauptete unternehmerische Konzept, keine Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Diese Entscheidung ist nicht näher ausgeführt und wird lapidar damit begründet, es stünde zu befürchten, dass auch weitere Mitarbeiter Teilzeitarbeit fordern. Dabei wird zum einen verkannt, dass jedes Teilzeitgesuch für sich genommen, an der betrieblichen Lage zu messen ist. Im Übrigen würde ein solches, nicht näher ausgeführtes Konzept den Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG aushebeln, obwohl das Gesetz dem Arbeitgeber grundsätzlich Organisationsänderungen zumutet (vgl. § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG). Nicht ausreichend ist deshalb das bloße "Nichtwollen" des Arbeitgebers, erforderlich ist vielmehr ein nachvollziehbares, schlüssig begründetes Konzept, das auch konsequent umgesetzt wird (zum Beispiel ein sogenanntes Ein-Mann-Konzept im Bereich der Kundenbetreuung, der Kinderbetreuung usw.) Zu Unrecht beruft sich die Beklagte schließlich darauf, ihre Interessen an der Beibehaltung der Arbeitszeit, würden diejenigen der Klägerin an deren Verringerung überwiegen. Anhaltspunkte dafür, dass nach § 8 Abs. 4 TzBfG eine Interessenabwägung geboten ist, enthält das Gesetz nicht. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG, betreffend die Frage der Änderung der Verteilung der festgelegten Arbeitszeit.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
Das ergibt sich auch daraus, dass der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit arbeitnehmerseitig keinerlei Begründung bedarf.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
Den Klaganträgen Ziff. 1 und 2 war deshalb statt zu geben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
<strong>IV.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 27.02.1985 (EZA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9) den Grundsatz aufgestellt, dass der Arbeitgeber auch nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers während der Dauer des Prozesses verpflichtet ist, wenn ein erstinstanzlich obsiegendes Urteil vorliegt. Mit der Klägerin ist die Kammer der Ansicht, dass diese Grundsätze unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes und der vorläufigen Vollstreckbarkeit arbeitsgerichtliche Urteile nach § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, in welchem festgestellt wurde, dass keine betrieblichen Gründe dem Teilzeitbegehren entgegenstehen. Der beispielsweise aus familiären Gründen geltend gemachte Teilzeitanspruch wäre regelmäßig entwertet, wenn der Anspruchsinhaber bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Instanzenzug zuwarten müsste. Vorhandene Ersatzansprüche scheiden mangels materiellen Schadens regelmäßig aus. Hat der Arbeitgeber die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verweigert, so kann sich dieser nach Treu und Glauben nicht auf das eigene pflichtwidrige Verhalten berufen und den Arbeitnehmer auf den Umweg einer Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen. Der Arbeitnehmer kann dann sofort auf Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis klagen (BAG vom 27.02.1997 AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969, Wiedereinstellung dort am Ende).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Überwiegende Interessen der Beklagten an der vollschichtigen Beschäftigung der Klägerin während der Prozessdauer sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Sie ist dem Klageantrag Ziff. 3 sachlich nicht einmal entgegengetreten. Die eingeschränkte Beschäftigungspflicht der Klägerin kommt dadurch zum Ausdruck, dass es der Beklagten untersagt wird, außerhalb der Arbeitszeiten von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr von der Klägerin regelmäßig Arbeitsleistung zu erbringen. Etwa erforderliche Überstunden sind hiervon nicht erfasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:12pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
<strong>V.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 3 ZPO. Das Interesse der Klägerin beläuft sich auf mindestens den (noch) eineinhalbjährigen Betreuungsaufwand (Anlagen K 1, 6).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
D.Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
 Meyer
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,068
|
olgstut-2003-07-31-8-w-30603
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
8 W 306/03
| 2003-07-31T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:31
| 2019-02-12T12:39:59
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Kostenfestsetzung im Vollstreckungsbescheid des Landgerichts Ravensburg - 6 O 296/02 - vom 20.05.2003 wird kostenpflichtig</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>Beschwerdewert: 571,80 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
1. Die antragstellende Bank hat wegen einer Forderung auf Darlehensrückzahlung über einen Teilbetrag von 16.000,00 EUR ohne anwaltliche Mitwirkung beim Amtsgericht Hagen - Mahnabteilung - im maschinellen Verfahren einen Mahnbescheid vom 26.03.2002 erwirkt, der dem Antragsgegner am 28.03.2002 zugestellt worden ist. Der Mahnbescheid umfasst Gerichtskosten in Höhe von 121,00 EUR zzgl. laufende Zinsen aus der Hauptforderung. Nachdem der Antragsgegner Widerspruch eingelegt hatte, ist das Verfahren Ende August 2002 an das Landgericht Ravensburg als Streitgericht abgegeben worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Nach Anspruchsbegründung hat der anwaltlich vertretene Beklagte nicht nur Klagabweisung beantragt (Bl. 30 dA), sondern auch Widerklage auf Schadensersatz in einer Höhe von fast 9.000,00 EUR erhoben und zugleich Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt (Bl. 34-38 dA). Durch Beschluss vom 04.03.2003 (Bl. 56 ff dA) hat die Zivilkammer den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten mangels Erfolgsaussicht in vollem Umfange zurückgewiesen. Daraufhin hat dieser mit Schriftsatz vom 09.04.2003 sowohl seinen Widerspruch als auch die Widerklage zurückgenommen (Bl. 65 dA).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nachdem der Kläger beantragt hatte (Bl. 70 dA), die Pflicht des Beklagten zur Kostentragung bezüglich der Widerklage durch Beschluss auszusprechen, hat sich die Kammer in einer Hinweisverfügung vom 05.05.2003 (Bl. 72-74 dA) auf den Rechtsstandpunkt gestellt, angesichts der Bestimmung des § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO bedürfe es jedenfalls dann keiner Kostengrundentscheidung, wenn "sämtliche Kosten des Rechtsstreits unzweifelhaft vom Beklagten zu tragen sind"; für eine isolierte Teilkostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO bestehe "kein Raum und kein Bedürfnis", denn eine solche Entscheidung "müsste im Hinblick auf den Vollstreckungsbescheid notwendigerweise eine Kostentrennung implizieren, für die eine gesetzliche Grundlage nicht zu erkennen ist, und würde damit gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verstoßen"; es sei Aufgabe der Rechtspflegerin, im zu erlassenden Vollstreckungsbescheid auch die weiteren im Widerspruchsverfahren angefallenen Kosten mit aufzunehmen. Demgemäß hat sich die Kammer darauf beschränkt, durch Beschluss vom 02.06.2003 (Bl. 86 dA) den Streitwert für die Klage auf 16.000,00 EUR und für die Widerklage auf insgesamt bis 9.000,00 EUR festzusetzen. Die Klägerin hat daraufhin den Erlass eines Vollstreckungsbescheids über 16000 EUR zuzüglich Kosten in Höhe von insgesamt 1821,84 EUR beantragt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Rechtspflegerin des Landgerichts (§ 699 Abs. 1 S. 3 ZPO) hat sich dagegen auf den Rechtsstandpunkt gestellt, der Vollstreckungsbescheid ergehe nach § 699 Abs. 1 S. 1 ZPO "auf der Grundlage des Mahnbescheids", weshalb die in den Vollstreckungsbescheid aufzunehmenden Kosten "an die Hauptforderung im Mahnbescheid gebunden" seien. Demgemäß hat die Rechtspflegerin - im nicht maschinellen Verfahren - in den eingangs genannten Vollstreckungsbescheid (Bl. 79/80 dA) über die im Mahnbescheid aufgeführten Gerichtskosten in Höhe von 121.- EUR hinaus weitere Gerichtskosten in Höhe von 121,00 EUR sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.008,04 EUR (15/10 aus einem Streitwert von 16.000,00 EUR: 849,00 EUR zzgl. Pauschale und Mehrwertsteuer), zusammen somit 1.129,04 EUR als "weitere Kosten" aufgenommen; die Aufnahme der darüber hinaus im Vollstreckungsbescheidsantrag aufgeführten Kosten in Höhe von 571,80 EUR hat sie mit obiger Begründung abgelehnt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der "Rechtspflegererinnerung/sofortige Beschwerde" und macht unter Bezugnahme auf die Verfügung der Kammer vom 5.5.2003 geltend, die von ihr beantragten weiteren Kosten seien ohne weiteres in den Vollstreckungsbescheid aufzunehmen. Weiter rügt der Klägervertreter, dass er - obwohl er einen Antrag auf Erlass einer ergänzenden Kostengrundentscheidung gestellt habe - wegen unterschiedlicher Auffassungen innerhalb des Gerichts in ein Rechtsmittelverfahren hineingezwungen werde, dessen Notwendigkeit der Partei nicht zu vermitteln sei. Die Rechtspflegerin hat unter Hinweis darauf, dass eine Kostengrundentscheidung für eine weitergehende Titulierung von Kosten nicht vorhanden sei und von ihr auch nicht getroffen werden dürfe, die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. a) Das Rechtsmittel der Klägerin ist als sofortige Beschwerde nach §§ 567 Abs. 1, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die im Mahnverfahren angefallenen Gerichts- und außergerichtlichen Kosten sind ohne ausdrückliche Kostengrundentscheidung von Gesetzes wegen zu-nächst in den Mahnbescheid und dann - in erweitertem Umfange - in den Vollstreckungsbescheid aufzunehmen (§§ 692 Abs. 1 Nr. 3, 699 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Ähnlich wie bei den beizutreibenden Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Abs. 1 ZPO) ergibt sich die Kostentragungspflicht unmittelbar aus dem Gesetz. Die Festlegung der im Vollstreckungsbescheid ausgewiesenen Kostenbeträge stellt ein - in das Mahnverfahren integriertes, über § 105 ZPO hinaus gehendes - vereinfachtes Kostenfestsetzungsverfahren dar, in dem der Rechtspfleger befugt und verpflichtet ist, die vom Antragsteller genannten Kostenbeträge umfassend zu prüfen (LG Stuttgart RPfl 1988, 537 = Die Justiz 1988, 481; MünchKommZPO/Holch, 2. Aufl. 2000, § 690 Rn 24, § 699 Rn 17, 33, 41; Wieczorek/Schütze/Olzen, ZPO 3. Aufl. 1998, § 699 Rn 24, 43, 55; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. 2002, § 699 Rn 10). Die Berechtigung der Rechtspflegerin zur Titulierung von konkreten Kostenbeträgen setzt eine materielle Kostentragungspflicht der belasteten Partei - beruhend auf Gesetz oder Entscheidung - voraus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Demgemäß ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass dann, wenn der Rechtspfleger nicht alle beantragten Kosten in den Vollstreckungsbescheid aufnimmt, für den Antragsteller bzw. Kläger das Rechtsmittel der Kostenbeschwerde nach §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 ZPO eröffnet ist (KG (28.11.2000) KGRep 2001,70; KG (17.8.1999) NJW-RR 2001,58; OLG Frankfurt RPfl 1981,239; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 25. Aufl. 2003, Rn 12, 20; Vollkommer aaO Rn 19; Holch aaO Rn 66; Olzen aaO Rn 74; Musielak/Voit, ZPO 3. Aufl. 2002, Rn 5, je zu § 699). Ebenso kann der Antragsgegner, wenn er ausschließlich die Höhe der titulierten Kosten angreifen will, Kostenbeschwerde einlegen (deutlich Holch aaO Rn 65/66; Olzen aaO Rn 74); dagegen ist er auf den Einspruch (§ 700 ZPO) verwiesen, wenn er sich gegen die Kostentragungspflicht insgesamt wenden will, wobei er anerkanntermaßen seinen Einspruch auf die Kosten beschränken kann (KG MDR 1983, 323; OLG Zweibrücken OLGZ 1971, 383; Olzen aaO Rn 52,73; § 700 Rn 43; Holch aaO Rn 43, 65, § 700 Rn 20; Vollkommer aaO § 700 Rn 7; Hüßtege aaO § 699 Rn 17a).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Die Kostenbeschwerde der Klägerin hat jedoch in der vorliegenden Konstellation in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
aa) Die Bestimmung des § 699 Abs. 3 Satz 1 ZPO rechtfertigt, über die im Mahnbescheid genannten Kosten hinaus ohne förmliche Kostengrundentscheidung "weitere Kosten" im Vollstreckungsbescheid festzusetzen. Dazu gehören nicht nur die Kosten, die regelmäßig durch die Beantragung des Vollstreckungsbescheids erwachsen (vgl. bes. § 43 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO), sondern auch die im Widerspruchsverfahren angefallenen Kosten, wenn der Widerspruch wirksam zurückgenommen (§ 697 Abs. 4 ZPO) und dadurch das Streitverfahren in das (beim Landgericht fortzuführende) Mahnverfahren zurückversetzt worden ist (OLG München RPfl 1997,172; OLG Frankfurt RPfl 1981,239; Holch aaO Rn 20 unter Hinweis auf die amtliche Begründung zur Vereinfachungsnovelle (BTDrs 7/2729 S. 102); Olzen aaO Rn 28; Vollkommer aaO Rn 10; Baumbach/Hartmann, ZPO 61. Aufl. 2003, § 699 Rn 15; Hüßtege aaO Rn 17). Für solche allein durch den zurückgenommenen Widerspruch hervorgerufen "weiteren Kosten" gibt § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO eine ausreichende Grundlage ab. Diese Kosten hat die Rechtspflegerin des Landgerichts auch festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
bb) Anders verhält es sich jedoch, wenn im Streitverfahren - das durch Einlegung des Widerspruchs und Abgabe eröffnet worden ist - Prozesshandlungen vorgenommen worden sind, die zusätzliche Kosten ausgelöst haben. Ändert sich der Streitgegenstand, etwa durch Klagerweiterung oder durch Widerklage, ist durch Rücknahme des Widerspruchs eine unveränderte Zurückversetzung des Rechtsstreits in das Mahnverfahren nicht mehr möglich. Auch eine Verbindung von Widerspruchsrücknahme und Widerklag-Rücknahme - wie hier - kann die Veränderung des Streitgegenstands nicht mehr ungeschehen machen. Nunmehr bedarf es einer Entscheidung über die "Kosten des Rechtsstreits".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Zwar wäre es rechtlich verfehlt, nur über die Kosten der Widerklage zu entscheiden, wie es die Klägerin beantragt hat; dem steht - wie der Kammer zuzugeben ist - der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung entgegen, da ein Fall der gesetzlich vorgesehenen Kostentrennung (wie zB §§ 100 Abs. 3, 101, 281 Abs. 3, 344 ZPO) nicht vorliegt. Vielmehr muss nun über die Kostentragungspflicht bezüglich des ganzen Rechtsstreits entschieden werden, gegebenenfalls unter Festlegung von Kostenquoten. (vgl. auch LG Stuttgart Die Justiz 1987,350; LG Hagen RPfl 1990,518, wonach bei Teilwiderspruch Kosten des Mahnverfahrens nicht in den Teilvollstreckungsbescheid aufgenommen werden können). Die Notwendigkeit einer solchen Kostengrundentscheidung kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob sie im Einzelfall leicht ("nicht zweifelhaft") oder schwieriger zu treffen ist. Denn der Rechtspfleger ist im Kostenfestsetzungsverfahren auf eine solche Kostengrundentscheidung angewiesen und es ist ihm versagt, diese - auch in "zweifelsfreien" Fällen - konkludent oder ausdrücklich nachzuholen. Schon die Überprüfung auf Zweifelsfreiheit darf die Kammer nicht auf den Rechtspfleger verlagern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Dies gilt um so mehr, als seit der Neufassung des § 269 Abs. 3 ZPO durch das ZPO-Reformgesetz noch deutlicher geworden ist, dass die (volle) Kostentragungspflicht des Klägers nach Klagrücknahme (bzw. des Beklagten nach Rücknahme der Widerklage) keineswegs zwingend ist, sondern Raum für rechtliche Prüfung und Ermessensausübung lässt (vgl. Abs. 3 S. 2, 3), was auch der gesonderten Anfechtbarkeit dieser Entscheidung Sinn gibt (Abs. 5; früher Abs. 3 S.5). Der Fall der Erweiterung des Streitstoffs durch den Beklagten im Wege der Widerklage ist somit hinsichtlich der Notwendigkeit einer Kostengrundentscheidung nach Rücknahme nicht anders zu behandeln als der Fall einer - später zurückgenommenen - Erweiterung durch den Kläger, für den die Kammer im Hinblick auf die erforderliche Quotelung die Notwendigkeit einer Kostengrundentscheidung offenbar selbst erkennt. Dasselbe gilt, wenn etwa weitere Personen in den aus einem Mahnverfahren hervorgegangenen Rechtsstreit einbezogen werden und dies durch Rücknahme rückgängig gemacht wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Somit vermag der Senat der von der Kammer geäußerten Rechtsansicht nicht beizutreten, sondern schließt sich der rechtlichen Beurteilung der Rechtspflegerin an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
c) Für die weitere Verfahrensabwicklung wird darauf hingewiesen, dass keine rechtlichen Bedenken dagegen bestehen, wenn die Rechtspflegerin nach Vorliegen der Kostengrundentscheidung der Kammer - die in deren Hinweisverfügung vom 05.05.2003 ausdrücklich vorbehalten ist - die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf Grund eines entsprechenden Festsetzungsantrags der Klägerin in einem "ergänzenden" Kostenfestsetzungsbeschluss unter Anrechnung der bereits im Vollstreckungsbescheid titulierten Kosten festsetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Soweit eine verbreitete, teilweise als "herrschende Meinung" bezeichnete Ansicht es für unzulässig hält, im Anschluss an den Vollstreckungsbescheid ein ergänzendes Kostenfestsetzungsverfahren durchzuführen, weil dies mit dem Zweck des Mahnverfahrens - schnelle Titelschaffung - unvereinbar sei (so zB KG MDR 1995, 530; OLG Schleswig JurBüro 1985,781; OLG Frankfurt RPfl 1981,239; beiläufig auch BGH NJW 1991, 2084; Hansens JurBüro 1987,1281; anderer Ansicht (mit den besseren Gründen) zB OLG München RPfl 1997,172; OLG Koblenz JurBüro 1985,780; nun auch KG NJW-RR 2001,58; KGRep 2001,70), trifft dies nicht den vorliegenden Sachverhalt. Denn die Kammer hat in ihrer Hinweisverfügung bereits zu Recht eine ergänzende Kostengrundentscheidung angekündigt, wenn - wie nun hier feststeht - § 699 Abs. 1 S.3 ZPO nicht als Grundlage für die Festsetzung aller erstattungsfähigen Kosten ausreicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
d) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Senat sieht keine rechtliche Möglichkeit, die Klägerin von den Gerichtskosten dieses erfolglosen Rechtsmittelverfahrens freizustellen. Die Voraussetzungen einer "unrichtigen Sachbehandlung" (§ 8 Abs. 1 GKG) sind nicht erfüllt; ein schwerer Gesetzesverstoß oder Verfahrensfehler seitens des Gerichts kann nicht festgestellt werden. Unterschiedliche Rechtsauffassungen, wie sie hier zwischen Kammer und Rechtspflegerin bestanden haben, liegen innerhalb des Rahmens eines normalen Gerichtsverfahrens.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
e) Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) war nicht veranlasst. Ein Meinungsstreit besteht nur über Fragen, die unter c) Gegenstand eines Hinweises sind, nicht aber bezüglich der Erwägungen, die für die Entscheidung tragend waren (oben b).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,069
|
olgkarl-2003-07-31-9-u-20002
|
{
"id": 146,
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|
9 U 200/02
| 2003-07-31T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:31
| 2019-02-12T12:39:59
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts F. vom 22.11.2002 abgeändert und festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 15.05.2001 gefasste Beschluss, die Geschäftsanteile des Klägers einzuziehen und die Geschäftsanteile des Gesellschafters W. entsprechend den eingezogenen Anteilen aufzustocken, das heißt den Nennbetrag seiner Geschäftsanteile von insgesamt 113.400,00 DM um 38.200,00 DM auf insgesamt 151.600,00 DM zu erhöhen, unwirksam ist.</p>
<p>2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15.05.2001 durch den die Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers beschlossen wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der in Berlin lebende Kläger ist neben drei weiteren Gesellschaftern an der 1984 gegründeten Beklagten mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 19,1 % des Stammkapitals beteiligt. Gesellschafterbeschlüsse werden nach dem Gesellschaftsvertrag mit einer Mehrheit von 82 % der Stimmen gefasst. Der Markentext "Z. Transporte" ist aufgrund einer Anmeldung des Klägers vom 26.02.1987 als Wort- und Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt in München eingetragen. Der Kläger ist Mitgeschäftsführer und Gesellschafter mit einer Beteiligung von 95 % der Z. Transporte GmbH in Berlin (künftig: Berliner GmbH), wie die Beklagte eine Umzugsspedition. Die Beklagte firmiert nunmehr, wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, unter Z. Umzüge GmbH ... (vorher: Z. Transporte GmbH ...).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Schreiben vom 27.09.1999 kündigte die Berliner GmbH der Beklagten die "Namens- und Lizenzrechte für die geschützte Wortbildmarke "Z." zum 31.12.1999. Die Beklagte bestreitet die Existenz eines entsprechenden Vertrages, hat aber zuletzt 3.000,00 DM netto jährlich an die Berliner GmbH gezahlt. Die Beklagte verwendete die auf ein Umzugsunternehmen speziell zugeschnittene Software "W.", deren Rechte der Berliner GmbH zustanden. Die bisherigen Nutzungsrechte der Beklagten für diese Software waren gleichfalls gekündigt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im Juni 2000 erhielt die Beklagte von der Berliner GmbH den Entwurf eines Franchisevertrages, den die Beklagte nicht akzeptierte. Auf der Gesellschafterversammlung vom 30.10.2000 stimmte der Vertreter des Klägers gegen die Beschlüsse bezüglich der Jahresabschlüsse 1998 und 1999 und der Entlastung des Geschäftsführers. Über den Antrag auf Abschluss eines Franchisevertrages der Gesellschaft mit dem Lizenzgeber "Z.-Umzüge" wurde beraten. Die Beratung erstreckte sich "insbesondere auf die wirtschaftlichen Aspekte, auf den operativen Bereich ("Herr im Hause") sowie auf den Aspekt der Namensrechte. Gegen die Stimme des Bevollmächtigten des Klägers wurde mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter der Antrag abgelehnt. Über die Tagesordnungspunkte, Angebot des Geschäftsführers der Beklagten, aus der Gesellschaft auszuscheiden, und Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft wurden ohne Beschlussfassung beraten. Unter dem Tagesordnungspunkt Sonstiges wies der Vertreter des Klägers darauf hin, dass die Berliner Gesellschaft die Lizenzen für das Softwarepaket W. habe und bei Nichtzustandekommen des Franchisevertrages bezüglich des Softwarevertrages entweder nach zu verhandeln oder auf ein anderes Softwareprodukt umzustellen sei. In der Gesellschafterversammlung vom 15.02.2001 wurden einstimmig die Beschlüsse zu den Jahresabschlüssen 1998 und 1999 gefasst, jedoch mangels Zustimmung des Bevollmächtigten des Klägers dem Geschäftsführer der Beklagten für diese Jahre erneut keine Entlastung erteilt. Der Antrag, dem Geschäftsführer der Beklagten ein von 7.500,00 DM auf 9.000,00 DM brutto erhöhtes Gehalt zu bewilligen, wurde mangels Zustimmung des Vertreters des Klägers abgelehnt. Über eine Entschädigung für die Nutzung des Namens im Jahre 2000 wurde diskutiert, jedoch keine Einigung erzielt. Mit Schreiben vom 05.03.2001 bat der Bevollmächtigte des Klägers um weitere Informationen wegen des vorgesehenen Erwerbs einer Umzugssoftware. In der Gesellschafterversammlung vom 15.05.2001, zu der der Kläger geladen, aber nicht erschienen war, wurde beschlossen, die Geschäftsanteile des Klägers gemäß § 6 Abs. 1, 2 d, Abs. 3 der Satzung der Beklagten einzuziehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Klage, mit der er geltend macht, von einer Pflichtverletzung insbesondere einer Blockadehaltung seinerseits könne keine Rede sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger nutze pflichtwidrig seine Stellung bei der Berliner Gesellschaft dazu, seine und deren Interessen gegenüber der Beklagten durchzusetzen und habe aus sachwidrigen Gründen gegen die Erhöhung des Geschäftsführergehalts des Mitgesellschafters gestimmt, eine vorgesehene Bewerberin für die Stelle einer Personalmanagerin abgelehnt und gegen die Beschlüsse zu den Jahresabschlüssen gestimmt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dahin gestellt sein lassen, ob der Kläger und die Berliner Gesellschaft jeweils rechtmäßig gehandelt haben. In einer Gesamtbewertung der Umstände hat es unabhängig von einem Verschulden des Klägers den Schluss gezogen, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Einziehung seiner Geschäftsanteile für die Beklagte als einer mehr personalistisch ausgestatteten GmbH untragbar gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Unter Wiederholung des erstinstanzlichen Antrags ergänzt und vertieft er sein Vorbringen erster Instanz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beklagte tritt der Berufung des Klägers entgegen. Auch sie ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Da die Beklagte durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15.05.2001 zu Unrecht die Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers beschlossen hat, ist festzustellen, dass dieser Beschluss unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Zwar sieht die Satzung der Beklagten in einer gem. § 34 GmbHG auch inhaltlich zulässigen Bestimmung eine Einziehung von Gesellschafteranteilen vor, die danach erforderlichen Voraussetzungen für eine Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers lagen aber nicht vor. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Einziehung von Geschäftsanteilen zulässig, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund gegeben ist, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt. Ein wichtiger Grund zum Ausschluss aus der Gesellschaft liegt danach dann vor, wenn ein Verbleiben des Gesellschafter in der Gesellschaft für diese untragbar ist. Dies ist, so die Regelung des Vertrages, insbesondere dann der Fall, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Diese vertragliche Klausel steht im Einklang mit § 34 GmbHG und ermöglicht somit bei Vorliegen der Voraussetzungen die Einziehung von Geschäftsanteilen. Die Voraussetzungen dieser Klausel liegen jedoch nicht vor. Dem Kläger ist weder eine Verletzung wesentlicher Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern vorzuwerfen noch ist sein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft für diese untragbar. Es müssten nachhaltige grobe Pflichtverletzungen vorliegen, die so schwer wiegen, dass nach umfassender Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine andere Lösung den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar ist (Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rdnr. 8 m.w.N.). Es sind bereits keine groben Pflichtverletzungen des Klägers festzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Soweit er den Jahresabschlüssen zunächst seine Zustimmung verweigert und bisher keine Entlastung erteilt hat, hat er in zulässiger Weise von seinen Gesellschafterrechten Gebrauch gemacht. Wesentliche Nachteile der Gesellschaft sind nicht ersichtlich. Auch sein übriges Abstimmungsverhalten insbesondere in Bezug auf das Geschäftsführergehalt ist nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist hingegen, dass sich der Mitgesellschafter und Geschäftsführer trotz des ablehnenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung ein höheres Gehalt hat auszahlen lassen. Es ist auch nicht vorwerfbar, wenn der Kläger, auch zur Wahrung eigener Interessen, lieber wie früher einen weiteren Geschäftsführer bestellen wollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Ein wichtiger Grund ergibt sich auch nicht aus der Doppelstellung des Klägers als Gesellschafter einerseits und als Vertreter eigener und der Interessen der Berliner GmbH, an der er zu 95 % beteiligt ist, andererseits. Derartige Konflikte waren der Gründung der Beklagten als Z.- Transporte GmbH mit Belegschaftsbeteiligung wegen der Vereinbarung einer Sperrminorität für den Kläger, der sich damit offenbar einen beherrschenden Einfluss für die Berliner GmbH sichern wollte, immanent. Wie sich nicht nur aus ihrem Namen sondern auch aus dem von ihr verwendeten Briefkopf ergibt, wurde die Beklagte unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung im einzelnen, als Glied von Beteiligungen des Klägers gegründet. Deshalb wurde auch die Software der Berliner Gesellschaft verwendet und unabhängig von Einzelheiten einer vertraglichen Gestaltung an diese dafür zuletzt jährlich 3.000,00 DM netto abgeführt. Bei dieser Konstruktion hatte der Kläger als Mitgesellschafter keinesfalls die Verpflichtung, nur die Interessen der Beklagten zu wahren. Er durfte eigene und die Interessen der Berliner GmbH gegenüber der Beklagten wahrzunehmen mit der Folge, dass ihm die Kündigung bestehender oder vermeidlicher Verträge mit der Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Berliner GmbH nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass der von der Berliner GmbH erstrebte Abschluss eines Franchisevertrages mit der in die Z.- Firmen eingebundenen Beklagten unter Berücksichtigung der bisherigen Verhältnisse unangemessen und nachteilig war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion zugrunde liegenden Machtverhältnisse allein rechtfertigen auch nicht den Schluss, den übrigen Gesellschaftern sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr möglich. Da der Kläger in Berlin lebt und von dort aus seinen Einfluss bei der Beklagten offenbar weitgehend über Dritte ausübt, ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Kläger ohnehin nicht erforderlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Beklagte erstrebt über den Ausschluss des Klägers die Lösung der Verbindung zur Berliner GmbH und damit ihre Selbständigkeit unter Verwendung des Namens Z. zu erreichen. Darauf hat sie nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages aber keinen Anspruch. Eine Übervorteilung der Beklagten durch den Kläger und die Berliner GmbH ist nicht dargetan.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Da der Kläger mit seinem Rechtsmittel Erfolg hat, hat die Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,063
|
olgkarl-2003-07-30-13-w-4203
|
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"id": 146,
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13 W 42/03
| 2003-07-30T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:29
| 2019-02-12T12:39:59
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Freiburg vom 10.03.2003 - 6 O 11/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.</p>
<p>3. Der Beschwerdewert wird auf 6.503,42 EUR festgesetzt.</p>
<p>4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Mit Grundurteil vom 19.01.1999 hat das Landgericht ausgesprochen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, das streitbefangene Grundstück käuflich zu erwerben und hierfür den Kaufpreis entsprechend der vertraglichen Klausel zu zahlen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil blieb ebenso wie ihre Revision erfolglos. Anschließend ist im Betragsverfahren Urteil des Landgerichts vom 30.12.2002 ergangen mit der Kostenentscheidung, dass die Kläger 6,6 % und die Beklagte 93,4 % der Kosten zu tragen haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Kostenfestsetzungsgesuch vom 08.01.2003 (AS. 693) haben die Klägervertreter für das Betragsverfahren zusätzlich die Erstattung einer Verhandlungsgebühr sowie einer Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale beantragt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.03.2003 (AS. 791, 795) hat die Rechtspflegerin die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Gebühren für das Betragsverfahren mit der Begründung verneint, nach neuerer Rechtsprechung (OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474) liege bei Zurückweisung des Rechtsmittels gegen ein Grundurteil und Zurückverweisung an die erste Instanz zum Festsetzungsverfahren kein Fall des § 15 BRAGO vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Kläger (AS. 811 ff.), mit der sie beantragen, die abgesetzte Verhandlungs- und Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale auch für das Höheverfahren festzusetzen. Dabei kann wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung auf die Beschwerdeschrift Bezug genommen werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die sofortige Beschwerde der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die Erstattungsfähigkeit der für das Betragsverfahren zusätzlich geltend gemachten Gebühren (Verhandlungs- und Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale) verneint.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Frage, ob eine Zurückverweisung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO vorliegt, wenn ein erstinstanzliches Grundurteil durch Zurückweisung der Berufung bestätigt wird, ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten ( Zum Meinungsstand vgl. OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474 einerseits und OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 197 andererseits für die wohl noch überwiegende Auffassung). Der Senat schließt sich wie schon die Rechtspflegerin der Auffassung des OLG Oldenburg (a.a.O.) an, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der Begründung im einzelnen auf diese Entscheidung Bezug genommen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Für den Senat ist maßgeblich, dass trotz der Entstehungsgeschichte des § 15 BRAGO (siehe dazu OLG Düsseldorf a. a. O.) und trotz des Umstandes, dass nach dem Wortlaut auch dieser Fall unter § 538 Absatz 1 Nr. 3 ZPO a. F. fällt, § 15 Absatz 1 Satz 1 BRAGO eine echte Zurückverweisung erfordert, die nicht gegeben ist, wenn ein erstinstanzliches Grundurteil im Berufungsverfahren bestätigt wird und anschließend das in erster Instanz anhängig gebliebene Betragsverfahren durchgeführt wird. Das Betragsverfahren war gar nicht beim Rechtsmittelgericht anhängig, und insofern konnte eine Zurückverweisung auch nicht erfolgen, weshalb ein entsprechender Ausspruch im Tenor des Berufungsurteils auch unterblieben ist. Eine Zurückverweisung im Rechtssinne liegt auch deshalb nicht vor, weil das Betragsverfahren nach § 304 Abs. 2, 2. Halbsatz ZPO trotz des anhängigen Berufungsverfahrens vor dem Landgericht weiter verhandelt werden kann. Auch wenn es in der Praxis die Regel ist, dass das Betragsverfahren nicht betrieben wird, solange das Berufungsverfahren anhängig ist, so vermag die wohl noch herrschende Auffassung keine befriedigenden Erklärungen für die Fallkonstellation zu geben, dass das Betragsverfahren während des laufenden Berufungsverfahrens fortgesetzt wird. Eine zusätzliche Verhandlungs- bzw. Beweisgebühr kann auch nach dieser Auffassung im Betragsverfahren erst entstehen, wenn das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Das kann aber kaum einleuchten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Für die vorliegend vertretene Auffassung spricht auch, dass nach einhelliger Meinung eine zusätzliche Verhandlungsgebühr nicht anfällt, wenn die Berufung gegen ein Grundurteil zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird. Die Zuerkennung einer weiteren Verhandlungs- bzw. Beweisgebühr lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, der Rechtsanwalt müsse sich nach Abschluss des Berufungsverfahrens erneut einarbeiten, wobei es keineswegs selten sei, dass trotz des die Berufung zurückweisenden Urteils dessen Begründung auf Erwägungen beruhe, die im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht angesprochen seien. Vergleichbare Situationen können auch im erstinstanzlichen Verfahren auftreten, wenn sich aufgrund neuen Vortrags Änderungen der rechtlichen Beurteilung ergeben oder das Gericht etwa seine bisher geäußerte Rechtsauffassung ändert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Da somit eine echte Zurückverweisung und damit ein Fall des § 15 Abs. 1 S. 1 BRAGO nicht vorliegt, wenn ein Grundurteil durch das Berufungsgericht bestätigt wird, hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Beschwerdewert entspricht den nicht festgesetzten Gebühren unter Berücksichtigung der Kostenquote.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Da die vorliegende Streitfrage höchstrichterlich bisher nicht geklärt ist, hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,064
|
arbg-freiburg-2003-07-30-2-ca-25203
|
{
"id": 117,
"name": "Arbeitsgericht Freiburg",
"slug": "arbg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
}
|
2 Ca 252/03
| 2003-07-30T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:30
| 2019-01-17T11:58:16
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien seit dem 15.04.2002 bis 31.03.2003 bestehende befristete Arbeitsverhältnis über den 31.03.2003 hinaus unbefristet zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortbesteht.</td>
</tr>
</table>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</td>
</tr>
</table>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Streitwert wird auf EUR 6.725,62 festgesetzt.</td>
</tr>
</table>
<p>gez. Steuerer</p>
<p>gez. Fuchs</p>
<p>gez. Hellgoth</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten um eine Entfristungsklage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin war bereits früher bei der ... als Lektorin im Rahmen befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Streitgegenstand des vorliegenden Prozesses ist der zuletzt mit den Parteien vereinbarte befristete Arbeitsvertrag vom 15.04.2002, dessen wesentliche Passagen wie folgt lauten:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>"§ 1</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Frau ... wird gemäß § 77 Universitätsgesetz als außertarifliche Lektorin eingestellt. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 15.02.2002 und endet mit Ablauf des 31.03.2003.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Das Arbeitsverhältnis endet vorzeitig mit Ablauf der jeweils gültigen Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Beschäftigung erfolgt als nichtvollbeschäftigte Lektorin mit 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Grundvergütung wird entsprechend BAT Vergütungsgruppe II a ausbezahlt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>§ 2</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Befristungsgründe:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Arbeitsvertrag ist gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG befristet geschlossen, weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Es handelt sich hier um eine Aushilfstätigkeit bis zur ordnungsgemäßen Besetzung nach einer Stellenausschreibung.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>§ 3</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Lektorin führt unter fachlicher Verantwortung eines von der Fakultät bestimmten Professors überwiegend folgende Aufgaben durch:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="10"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Sprachpraktische Ausbildung (Phonetik, Idiomatik, Soziolekte mit Schwerpunkt auf dem sprachlichen Wandel),</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="11"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Vermittlung von Kenntnissen über die Kultur des Herkunftslandes (Landeskunde).</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
Sie kann auch herangezogen werden zur Bewertung der sprachlichen Leistungen der Studenten und zur Unterstützung bei der Vorbereitung von Programmen für Sprachlabors sowie zur Mitwirkung an Prüfungen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>..."</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Mit ihrer am 17.04.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Entfristungsklage rügt die Klägerin, dass ein sachlicher Grund für die Befristung ihres Arbeitsvertrages nicht vorgelegen habe. Demgemäss habe das Arbeitsverhältnis nicht durch Befristungsablauf zum Ablauf des 31.03.2003 geendet, sondern bestehe als unbefristetes Arbeitsverhältnis fort.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien seit dem 15.04.2002 bis 31.03.2003 bestehende befristete Arbeitsverhältnis über den 31.03.2003 hinaus unbefristet zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Das beklagte Land beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Das beklagte Land trägt vor:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Klage sei bereits unzulässig. Etwa am 08.04.2003 habe die Klägerin Herrn ... mitgeteilt, sie stehe für die Stelle nicht zur Verfügung. Auch gegenüber mehreren Mitarbeitern habe die Klägerin dies ausgesagt. Daraufhin habe man einen anderen Persisch-Lektor eingestellt. Der Klage stehe damit der Grundsatz venire contra factum proprium entgegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Ursprünglich, das heißt, bevor man die Klägerin eingestellt habe, sei im orientalischen Seminar der Universität Herr A. als Lektor für persisch beschäftigt gewesen. Dessen Arbeitsverhältnis sei befristet gewesen bis 30.09.2002. Ebenso habe zum 30.09.2002 die Pensionierung von Herrn ... angestanden, dem dieser Lektor zugeordnet gewesen sei. Herr ... sei jedoch vorzeitig zum 31.03.2002 ausgeschieden, weil er einen anderen Arbeitsplatz in Köln angenommen habe. Das habe für die Universität erst am 11.03.2002 festgestanden. Die Planungen des orientalischen Seminars seien aber zu diesem Zeitpunkt für das Sommersemester bereits abgeschlossen gewesen. Bis zum Semesterbeginn (15.04.2002) habe die Stelle nicht mehr ausgeschrieben und besetzt werden können. Ohne Lektor sei man jedoch nicht in der Lage gewesen, das veröffentlichte Angebot zu erfüllen. Zudem sei es nicht möglich gewesen, für den potenziellen Nachfolger von ... bereits vor dessen Amtsantritt einen Lektor unbefristet einzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Klägerin erwidert zum Vortrag des beklagten Landes:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klage sei nicht unzulässig. Zwar habe sie in einem E-Mail vom 19.04.2003 tatsächlich mitgeteilt, "unter den gegebenen Umständen" zu einer Weiterbeschäftigung nicht bereit zu sein. Dies habe sich jedoch darauf bezogen, dass Herr ... ihr auf ihre Anfrage im Januar 2003 zunächst mitgeteilt habe, sie könne sich auf die Persisch Lektorenstelle, die auf vier Jahre befristet ausgeschrieben sei, bewerben. Sie sei die einzige weibliche Bewerberin. Später jedoch habe ihr Herr ... mitgeteilt, der Personaldezernent Herr ... habe befristungsrechtliche Bedenken und wolle ihr jetzt nur eine Befristung für ein Jahr anbieten. Schließlich habe ihr Herr ... am 29.03.2003 kundgetan, dass der Personaldezernent ... mit ihr "zu Gericht gehen" wolle, um aus "verwaltungstechnischen Gründen" den neuen befristeten Vertrag als "Gerichtsvergleich" abzuschließen. Auf diese Weise habe ... letztlich nur einen sachlichen Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG schaffen wollen. Hiermit sei sie nicht einverstanden gewesen, weshalb sie das besagte E-Mail versandt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Ein Befristungsgrund des "vorübergehenden Bedarfs" bestehe nicht, nachdem die Persisch Lektorenstelle schon über Jahre hinaus ständig besetzt sei. Auch der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Ziff. 7 TzBfG greife nicht, da es um dauerhaften Bedarf in der Lehre gehe. Eine Befristung auf Grund des Hochschulrahmengesetzes greife nicht wegen nicht § 57 b Abs. 3 HRG, da dann der Befristungsgrund hätte im Arbeitsvertrag angegeben werden müssen. Das beklagte Land könne sich auch nicht darauf berufen, dass man die Stelle vor Amtsantritt des potenziellen Nachfolgers von Herrn ... nicht habe besetzen können, da die Universität selbst im Internet die Persisch Lektorenstelle, obwohl der Nachfolger von Herrn ... immer noch nicht feststehe, zur Besetzung ab 01.04.2003 auf vier Jahre befristet ausgeschrieben habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.03.2003 ist unwirksam, weshalb das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien als unbefristetes fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klage ist zulässig.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das beklagte Land hat den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, dass der Personaldezernent der Universität ... von ihr verlangt habe, wenn sie einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (allerdings befristet nur für ein Jahr) haben wolle im Anschluss an die Befristung zum 31.03.2003, müsse sie mit ihm zum Arbeitsgericht gehen, um diesen Vertrag gerichtlich zu protokollieren. Im Hinblick auf die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 8 TzBfG ist festzustellen, dass bei einer Befristung, die auf einem gerichtlichen Vergleich beruht, per Gesetz ein sachlicher Grund vorliegt. Dass die Klägerin zu einem solchen Vorgehen nicht gezwungen werden kann, liegt auf der Hand. Demgemäss kann ihre Äußerung, unter den "gegebenen Umständen" stehe sie zum Sommersemester 2003 der Universität F nicht zur Verfügung, ihrem Recht aus § 17 TzBfG gerichtlich die Unwirksamkeit der Befristung geltend machen zu können, nicht im Wege stehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="28"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klagfrist des § 17 Satz 1 TzBfG ist gewahrt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="29"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG war wegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht möglich, da die Klägerin bereits früher befristet bei der Universität Freiburg beschäftigt war.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="30"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG liegt nicht vor. Hiernach besteht ein sachlicher Grund für die Befristung, wenn ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Es ist unstreitig, dass seit Jahren ständig im orientalischen Seminar der Universität Freiburg ein Persischlektor eingesetzt ist. Daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen nur vorübergehenden Bedarf.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="31"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Argumentation des beklagten Landes, auf Grund des kurzfristigen Ausscheidens von Herrn ... das erst am 11.03.2002 festgestanden habe, habe bis Semesterbeginn (15.04.2002) die Stelle nicht mehr ausgeschrieben und besetzt werden können, führt nicht dazu, einen vorübergehenden Bedarf im Sinne der genannten Vorschrift annehmen zu können; denn wenn es tatsächlich darum gegangen wäre, lediglich bis zur möglichen ordnungsgemäßen Ausschreibung die Stelle zu besetzen, hätte keine Veranlassung bestanden, die Befristung über das Sommersemester hinaus auszudehnen. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, was dagegen gestanden hätte, die Stelle unter Umständen erst ab 01. oder 15. Mai 2002 nach Durchführung einer ordnungsgemäßen Ausschreibung zu besetzen. Auch dann hätte noch das Angebot des orientalischen Seminars für das Semester erfüllt werden können. Schließlich kommt es nicht selten vor, dass einzelne Veranstaltungen etwas später beginnen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="32"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Vortrag der Universität, man habe die Stelle deshalb nicht endgültig besetzen wollen, weil der potenzielle Nachfolger von Herrn ... noch nicht zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin festgestanden habe, greift nicht. Hierum ist es nach Auffassung der Kammer nicht gegangen. Zum einen hätte dann mehr beim Abschluss des befristeten Vertrages dafür gesprochen, diesen tatsächlich auf das Sommersemester zu begrenzen, zum anderen spricht entscheidend gegen diesen Vortrag, dass die Universität, obwohl die Stelle immer noch nicht besetzt ist und ein Nachfolger noch nicht feststeht, die Stelle des Persischlektors auf vier Jahre im Internet ausgeschrieben hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="33"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">e)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein Befristungsgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG liegt nicht vor. Hiernach ist ein sachlicher Grund anzunehmen für eine Befristung, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dies setzt aber voraus, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages davon auszugehen ist, dass dieser andere Arbeitnehmer wieder zurückkommt. Vorliegend war es jedoch klar, dass Herr A. als Lektor nicht mehr zurückkommt, da dieser eine andere Arbeitsstelle in Köln angenommen hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="34"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">f)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Weitere in § 14 Abs. 1 TzBfG genannte Befristungsgründe sind nicht ersichtlich.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="35"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">g)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach dem Hochschulrahmengesetz greift nicht, da der Befristungsgrund nach 57 b Abs. 3 HRG hätte im Arbeitsvertrag angegeben werden müssen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
Demgemäss ist die Befristung des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam, weshalb das Arbeitsverhältnis gemäß § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Klage war somit in vollem Umfang stattzugeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="38"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Da das beklagte Land den Rechtsstreit verloren hat, hat es nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO auch die Kosten zu tragen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Bei der Streitwertfestsetzung, die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil zu erfolgen hat, war von einem dreifachen Bruttomonatsverdienst der Klägerin auszugehen, was den festgesetzten Betrag ergab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
D. Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Steuerer
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.03.2003 ist unwirksam, weshalb das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien als unbefristetes fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klage ist zulässig.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das beklagte Land hat den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, dass der Personaldezernent der Universität ... von ihr verlangt habe, wenn sie einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (allerdings befristet nur für ein Jahr) haben wolle im Anschluss an die Befristung zum 31.03.2003, müsse sie mit ihm zum Arbeitsgericht gehen, um diesen Vertrag gerichtlich zu protokollieren. Im Hinblick auf die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 8 TzBfG ist festzustellen, dass bei einer Befristung, die auf einem gerichtlichen Vergleich beruht, per Gesetz ein sachlicher Grund vorliegt. Dass die Klägerin zu einem solchen Vorgehen nicht gezwungen werden kann, liegt auf der Hand. Demgemäss kann ihre Äußerung, unter den "gegebenen Umständen" stehe sie zum Sommersemester 2003 der Universität F nicht zur Verfügung, ihrem Recht aus § 17 TzBfG gerichtlich die Unwirksamkeit der Befristung geltend machen zu können, nicht im Wege stehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="28"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klagfrist des § 17 Satz 1 TzBfG ist gewahrt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="29"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG war wegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht möglich, da die Klägerin bereits früher befristet bei der Universität Freiburg beschäftigt war.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="30"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG liegt nicht vor. Hiernach besteht ein sachlicher Grund für die Befristung, wenn ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Es ist unstreitig, dass seit Jahren ständig im orientalischen Seminar der Universität Freiburg ein Persischlektor eingesetzt ist. Daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen nur vorübergehenden Bedarf.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="31"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Argumentation des beklagten Landes, auf Grund des kurzfristigen Ausscheidens von Herrn ... das erst am 11.03.2002 festgestanden habe, habe bis Semesterbeginn (15.04.2002) die Stelle nicht mehr ausgeschrieben und besetzt werden können, führt nicht dazu, einen vorübergehenden Bedarf im Sinne der genannten Vorschrift annehmen zu können; denn wenn es tatsächlich darum gegangen wäre, lediglich bis zur möglichen ordnungsgemäßen Ausschreibung die Stelle zu besetzen, hätte keine Veranlassung bestanden, die Befristung über das Sommersemester hinaus auszudehnen. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, was dagegen gestanden hätte, die Stelle unter Umständen erst ab 01. oder 15. Mai 2002 nach Durchführung einer ordnungsgemäßen Ausschreibung zu besetzen. Auch dann hätte noch das Angebot des orientalischen Seminars für das Semester erfüllt werden können. Schließlich kommt es nicht selten vor, dass einzelne Veranstaltungen etwas später beginnen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="32"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Vortrag der Universität, man habe die Stelle deshalb nicht endgültig besetzen wollen, weil der potenzielle Nachfolger von Herrn ... noch nicht zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin festgestanden habe, greift nicht. Hierum ist es nach Auffassung der Kammer nicht gegangen. Zum einen hätte dann mehr beim Abschluss des befristeten Vertrages dafür gesprochen, diesen tatsächlich auf das Sommersemester zu begrenzen, zum anderen spricht entscheidend gegen diesen Vortrag, dass die Universität, obwohl die Stelle immer noch nicht besetzt ist und ein Nachfolger noch nicht feststeht, die Stelle des Persischlektors auf vier Jahre im Internet ausgeschrieben hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="33"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">e)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein Befristungsgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG liegt nicht vor. Hiernach ist ein sachlicher Grund anzunehmen für eine Befristung, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dies setzt aber voraus, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages davon auszugehen ist, dass dieser andere Arbeitnehmer wieder zurückkommt. Vorliegend war es jedoch klar, dass Herr A. als Lektor nicht mehr zurückkommt, da dieser eine andere Arbeitsstelle in Köln angenommen hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="34"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">f)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Weitere in § 14 Abs. 1 TzBfG genannte Befristungsgründe sind nicht ersichtlich.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="35"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">g)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine Befristung nach dem Hochschulrahmengesetz greift nicht, da der Befristungsgrund nach 57 b Abs. 3 HRG hätte im Arbeitsvertrag angegeben werden müssen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
Demgemäss ist die Befristung des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam, weshalb das Arbeitsverhältnis gemäß § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Klage war somit in vollem Umfang stattzugeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="38"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Da das beklagte Land den Rechtsstreit verloren hat, hat es nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO auch die Kosten zu tragen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Bei der Streitwertfestsetzung, die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil zu erfolgen hat, war von einem dreifachen Bruttomonatsverdienst der Klägerin auszugehen, was den festgesetzten Betrag ergab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
D. Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Steuerer
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,066
|
olgstut-2003-07-30-4-ws-1632003-4-ws
|
{
"id": 147,
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"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
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|
4 Ws 163/2003; 4 Ws 163/03
| 2003-07-30T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:30
| 2019-02-12T12:39:59
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2002 wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
S. S. wurde durch Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 09. Januar 1996, rechtskräftig seit 17. Januar 1996, wegen zweier Vergehen des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz gemäß §§ 85 Nr. 2, 56 AsylVfG, begangen am 10. November 1994 und am 31. März 1995 (Einzelstrafen: 10 Tagessätze und 20 Tagessätze), zu der Gesamtgeldstrafe von 21 Tagessätzen zu je 10 DM verurteilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2000 stellte Rechtsanwalt N. W., dem am 10. März 1995 vom Beschwerdeführer Vollmacht erteilt worden war, beim Amtsgericht Heilbronn den Antrag auf seine Beiordnung als Pflichtverteidiger im Wiederaufnahmeverfahren und beantragte gleichzeitig die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen das Urteil vom 09. Januar 1996 mit dem Ziel der Freisprechung des Verurteilten bezüglich des Tatvorwurfs vom 31. März 1995.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Durch Beschluss vom 29. November 2000 verwarf das Amtsgericht Schwäbisch Hall den Antrag auf Wiederaufnahme als unzulässig (Ziffer 1) und lehnte den Antrag auf Bestellung von Rechtsanwalt N. W. als Pflichtverteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren ab (Ziffer 2).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Rechtsanwalt W. legte namens des Verurteilten mit Schriftsatz vom 06. Dezember 2000 - rechtzeitig - sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrages und Beschwerde gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung für das Wiederaufnahmeverfahren ein. Mit weiterem Schriftsatz vom 09. Januar 2001 beantragte er darüber hinaus seine Beiordnung als Pflichtverteidiger für das Verfahren über die sofortige Beschwerde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Landgericht Heilbronn lehnte den Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung für das Beschwerdeverfahren durch Beschluss vom 15. Januar 2001 ab und verwarf die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 29. November 2000, durch den der Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung für das Wiederaufnahmeverfahren abgelehnt worden war, als unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002, ergänzt durch Schreiben vom 29. Mai 2002, erhob Rechtsanwalt W. gegen den Beschluss des Landgerichts vom 15. Januar 2001 insoweit "Gegenvorstellungen", als der Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung für das Beschwerdeverfahren abgelehnt worden war, hilfsweise Beschwerde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Durch Beschluss vom 17. Dezember 2002 verwarf das Landgericht Heilbronn die Gegenvorstellung des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2001 kostenpflichtig als unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Mit Datum vom 7. Januar 2003 legte Rechtsanwalt W. insoweit Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. Januar 2001 ein, als der Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung für das Beschwerdeverfahren abgelehnt wurde; schließlich erhob er mit Schriftsatz vom 3. Februar 2003 Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17. Dezember 2002, soweit die Gegenvorstellung kostenpflichtig zurückgewiesen wurde.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der wechselnd als "Gegenvorstellung" oder "Beschwerde" bezeichnete Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2002 ist unzulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
1. Soweit Rechtsanwalt W. gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2001 am 21. Februar 2002 ausdrücklich "Gegenvorstellung" erhoben hatte und diese durch Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2002 als unbegründet verworfen wurde, ist eine hiergegen gerichtete Beschwerde unstatthaft (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., Rdnr. 26 vor § 296).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
2. Auch eine Beschwerde ist vorliegend unzulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Gemäß § 364 a StPO ist einem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, auf Antrag ein Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren zu bestellen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Über den Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren entscheidet das für die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Amtsgericht Schwäbisch Hall. Dieses hat den mit Schriftsatz vom 24. Mai 2000 gestellten Antrag jedoch - für das gesamte Wiederaufnahmeverfahren (vgl. insoweit LR - Gössel, StPO, 25. Aufl., § 364 a Rdnrn. 1, 5) - bereits abgelehnt. Gegen die Verwerfung der hiergegen gerichteten Beschwerde kann keine weitere Beschwerde gemäß § 310 StPO eingelegt werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. März 2001 - 3 Ws 51/2001). Eine Pflichtverteidigerbestellung durch das Amtsgericht hätte nämlich für das gesamte Wiederaufnahmeverfahren einschließlich dazugehöriger Beschwerdeverfahren, somit bis zur Rechtskraft der Beschlüsse nach §§ 368 Abs. 1, 370 Abs. 1 StPO oder bis zur Anordnung der Wiederaufnahme gemäß § 370 Abs. 2 StPO, gegolten (vgl. etwa Meyer-Goßner a.a.O., § 364 a Rdnrn. 2, 3 m.w.N.). Deshalb betraf umgekehrt die Ablehnung der Bestellung ebenfalls das ganze weitere Verfahren. Der Gegenansicht des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 3 Ws 229/02) und des KG (NStZ 1991, 593) kann sich der Senat nicht anschließen. Der Hinweis darauf, die Bestellung eines Verteidigers sei auch nach Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens etwa zur Teilnahme an einer Beweisaufnahme nach § 369 StPO oder für die Abgabe einer Erklärung nach § 369 Abs. 4 StPO möglich, lässt unbeachtet, dass die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts das gesamte Wiederaufnahmeverfahren umfasst. Entsprechendes gilt für die (Ablehnung der) Bestellung des Verteidigers gemäß § 141 StPO. Auch hier erstreckt sich die Bestellung auf das gesamte Verfahren (siehe Meyer-Goßner a.a.O., Rdnrn. 4, 5 vor § 137), so dass die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts zur Folge hat, dass ein erneuter Antrag auf Bestellung, der etwa im Berufungs- oder Revisionsverfahren gestellt wird, unstatthaft ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. März 2002 - 4 Ws 62/2002 für das Revisionsverfahren). Ob etwas anderes gilt, wenn sich im Laufe des Wiederaufnahmeverfahrens neue Gesichtspunkte ergeben, die die Beiordnung eines Verteidigers gebieten können, kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt nicht vor; der Verteidiger hat sich darauf beschränkt, den Antrag "für das Beschwerdeverfahren" zu wiederholen, ohne neue Tatsachen vorzubringen. Insofern hätte das Landgericht in der Sache über die Pflichtverteidigerbestellung für das Beschwerdeverfahren nicht mehr entscheiden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
127,998
|
olgsl-2003-07-30-5-u-5002-1
|
{
"id": 939,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
5 U 50/02 - 1
| 2003-07-30T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:49
| 2019-02-12T14:04:38
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az.: 14 O 62/01) vom 10.12.2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beigetriebenen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p>Der Streitwert für die Gebührenberechnung in der Berufungsinstanz wird festgesetzt auf: 25.132, 05 Euro.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>I.</p>
<p><rd nr="1"/>Die Klägerin macht Ansprüche aus einer seit dem 01.11.1996 bestehenden, im Zusammenhang mit einer Kapitallebensversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) geltend. Die vertraglichen Vereinbarungen ergeben sich aus dem Versicherungsschein vom 22. 10. 1996 (Bl. 22 ff), den allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie den allgemeinen Tarifbestimmungen für die Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung (BMZ; Bl. 80 ff).</p>
<p><rd nr="2"/>Die Klägerin hatte nach Erwerb der Fachhochschulreife zum 01. 10. 1996 eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen und am 30. 09. 1999 abgeschlossen. Seit dem 01.10.1999 arbeitete sie in diesem Beruf in der Fachklinik St. H. Ihre Tätigkeit umfasste die Grund- und Behandlungspflege von Patienten sowie die damit zusammenhängenden Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die von der Klägerin abgegebene Tätigkeitsbeschreibung vom 24. 03. 2000 (Bl. 32) verwiesen.</p>
<p><rd nr="3"/>Dem streitgegenständlichen Vertrag lag der Versicherungsantrag vom 17. 10. 1996 (Bl. 21) zugrunde, den die Klägerin in Anwesenheit des damals für die Beklagte als Versicherungsagent tätigen Zeugen R. ausfüllte. Darin waren unter der Rubrik "Erklärungen zum Gesundheitsstand" unter Nummer 2 und unter Nummer 14 folgende Fragen vorgesehen:</p>
<p><rd nr="4"/>"Sind sie in den letzten 5 Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden?"</p>
<p><rd nr="5"/>"Leiden oder litten Sie an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden</p>
<p>...</p>
<p><rd nr="6"/>an sonstigen Gesundheitsstörungen, Mißbildungen oder Verletzungsfolgen, nach denen nicht ausdrücklich gefragt ist (z.B. Allergien)?"</p>
<p><rd nr="7"/>Die Klägerin verneinte dies. Die unter Ziffer 90 gestellt Frage, welcher Arzt oder andere Behandler über die gesundheitlichen Verhältnisse am Besten orientiert ist, blieb unbeantwortet.</p>
<p><rd nr="8"/>Tatsächlich litt die Klägerin bereits seit längerem unter "Heuschnupfen". Sie war aus diesem Grund erstmals 1989 in der Gemeinschaftspraxis Dr. F. in Behandlung, wo am 17. 05. 1990 eine <noindex>PRICK</noindex> - Testung durchgeführt wurde, welche eine Empfindlichkeit auf diverse Baum-, Wiesen- und Kräuterpollen ergab. In den Jahren 1989 bis 1993 nahm sie insgesamt 6 Behandlungstermine wahr. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Mitteilungen der Gemeinschaftspraxis Dr. F. vom 10. 08. 00 (Bl. 40) und vom 21. 08. 00 (Bl. 42) verwiesen.</p>
<p><rd nr="9"/>Ab November 1996 traten bei der Klägerin allergisch bedingte Hautveränderungen auf (Schuppungen, Rötungen), die jeweils zum Sommer hin abheilten und in den Folgejahren - jeweils im Winter - verschlimmert wiederkehrten. Im Dezember 1999 unterzog sich die Klägerin aus diesem Grund einer einwöchigen stationären Untersuchung und Therapie in der Universitäts- Haut- und Poliklinik H., wo eine Entzündung der Haut und diverse Allergien, im Einzelnen eine "atopische Dermatitis; Rhinoconjunctivitis allergica saisonalis bei Cutan-vasculärer Sensibilisierung durch Baum- und Gräserpollen, Cutan-vasculäre Sensibilisierung durch Kräuterpollen, Alternaria alternata, Aspergillus niger und Fleischmischung, pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie (Baumpollen, Nüsse und Äpfel), Epidermale Sensibilisierung bzw. positive Testreaktion durch Duftstoff- Mix", festgestellt wurden.</p>
<p><rd nr="10"/>Aufgrund der Erkenntnisse, die aus dem Klinikaufenthalt im Dezember 1999 gewonnen wurden, erstatteten Ober- und Chefarzt der Klinik, Privat-Dozent Dr. K./Prof. Dr. T., am 28. 12. 1999 ein dermatologisches Gutachten (Bl. 60 ff) für die Unfallkasse Saarland, welches zu dem Ergebnis kommt, dass der objektive Zwang bestehe, die Tätigkeit als Krankenschwester zu unterlassen. Arbeitsschutzmaßnahmen seien nicht ausreichend, um den Kontakt zu allergieauslösenden Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in dem erforderlichen Maße zu vermeiden. Die Gutachter empfehlen eine Umschulung in einen trockenen und sauberen Beruf. Tätigkeiten wie Masseurin oder Krankengymnastin, wie von der Klägerin gewünscht, würden aus dermatologischer Sicht nicht befürwortet.</p>
<p><rd nr="11"/>Mit Schreiben vom 29. 12. 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung, welche letztere mit Schreiben vom 06. 09. 2000 ablehnte, wobei sie gleichzeitig den Rücktritt vom Vertrag und die Anfechtung der Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung gemäß § 22 VVG, 123 BGB erklärte.</p>
<p><rd nr="12"/>Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von der Beitragszahlungspflicht für die o.g. Kapitallebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung freizustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab 2001 eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 9.896 DM bis längstens 2008 zu zahlen und die Beklagte zu verurteilen, für das Jahr 2000 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 9.896 DM nebst Zinsen zu zahlen.</p>
<p><rd nr="13"/>Sie hat behauptet, im Rahmen der dem Antrag vorausgehenden Beratung habe sie dem Zeugen R. mitgeteilt, dass sie an Heuschnupfen mit den Erscheinungsformen Schnupfen sowie juckende und gerötete Augen leide. Dieser habe darauf erwidert, so etwas wie Heuschnupfen könne man getrost weglassen, da das ja heute jeder Zweite habe. Daraufhin habe sie nicht weiter darauf gedrungen, dass ein entsprechender Vermerk in dem Antrag erfolge.</p>
<p><rd nr="14"/>Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen R. sowie der Mutter der Klägerin diesen Sachvortrag als nachgewiesen angesehen und die Beklagte vollumfänglich verurteilt. Der Auffassung der Beklagten, die Klägerin müsse sich auf andere Berufe wie den der Stomatherapeutin, der Werkschwester (arbeitsmedizinische Fachkraft), der Hygienefachschwester, der Arzthelferin/Sprechstundenhilfe, der medizinische Verwaltungskraft oder der Gesundheitsplanerin verweisen lassen, ist es nicht gefolgt.</p>
<p><rd nr="15"/>Die Beklagte bestreitet in der von ihr rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht mehr, dass die Mutter der Klägerin den Zeugen R. auf den Heuschnupfen hingewiesen hat. Sie stellt aber nach wie vor in Abrede, dass der Zeuge R. daraufhin geäußert habe, dies brauche nicht angegeben zu werden. Im Hinblick auf die langjährige Erfahrung des Zeugen müssten diesem auch die Einschätzungsrichtlinien (Bl. 124) der Beklagten bekannt gewesen sein, so dass ihm die Relevanz einer allergischen Rhinitis (Heuschnupfen, Heufieber) für die Risikoprüfung bekannt gewesen sei. Die Beklagte behauptet, es liege ein kollusives Verhalten des Zeugen R. und der Klägerin vor. Dass Heuschnupfen eine Allergie sei, sei allgemein bekannt. Da Ziffer 14 des Versicherungsantrages mit dem Zeugen R. durchgearbeitet worden sei, wo eindeutig nach Allergien gefragt werde, habe der Klägerin bewusst sein müssen, dass dessen Behauptung, man müsse keinen Heuschnupfen angeben, falsch sei. Da sie gleichwohl nicht auf Aufnahme dieses Umstandes in den Versicherungsvertrag bestanden habe, habe sie zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Beklagte getäuscht werde und die Äußerung des Zeugen einzig dem Zweck gedient habe, den Versicherungsvertrag durch falsche Angaben unter Dach und Fach zu bringen, um die Provision zu verdienen.</p>
<p><rd nr="16"/>Im übrigen müsse sich die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts auch auf die genannten Berufe verweisen lassen, bei denen ein massiver Kontakt mit allergieaussetzenden Mitteln nicht in Betracht komme und die Berufsunfähigkeit demnach jedenfalls unter 50 % liege.</p>
<p><rd nr="17"/>Die Beklagte beantragt:</p>
<p><rd nr="18"/>Das am 10. 12. 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 62/01 - wird "aufgehoben" und die Klage abgewiesen.</p>
<p><rd nr="19"/>Die Klägerin beantragt,</p>
<p><rd nr="20"/>die Berufung zurückzuweisen.</p>
<p><rd nr="21"/>Sie hält das Urteil erster Instanz für richtig. Sie verweist darauf, das die angegebenen Berufsbilder, auf welche sie die Beklagte verweisen will, bereits nach der eigenen Berufsbeschreibung der Beklagten für sie nicht in Betracht kommen.</p>
<p>II.</p>
<p><rd nr="22"/>Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht verurteilt.</p>
<p><rd nr="23"/>Die Beklagte schuldet der Klägerin aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gem. Versicherungsurkunde Nr. 1652803 vom 22. 10. 1996 die ausgeurteilten Leistungen.</p>
<p>1.</p>
<p><rd nr="24"/>Der Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht fort. Die Beklagte ist weder wirksam von dem Vertrag zurückgetreten, weil die Klägerin keine Auskunftsobliegenheiten verletzt hat, noch war sie berechtigt, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung gem. §§ 22 VVG, 123 BGB anzufechten.</p>
<p>a)</p>
<p><rd nr="25"/>Allerdings sind die Angaben der Klägerin in dem Versicherungsantrag objektiv unrichtig. Unstreitig litt die Klägerin bereits seit ihrer Kindheit an Heuschnupfen, also einer Allergie. Gleichwohl hat sie die ausdrücklich gestellte Frage nach Allergien verneint. Dies hat jedoch nicht zu einem Irrtum der Beklagten geführt. Der Zeuge R., der als Versicherungsagent der Beklagten tätig war, stand der Klägerin bildlich gesprochen als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Alles, was diesem gesagt wurde, wurde demnach dem Versicherer gesagt, auch wenn es in dem Antrag nicht enthalten ist (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BGHZ 116, 387, 389; NJW-RR 2002, 89, 90; NJW 2002, 1497, 1498). Der Zeuge R. hatte positive Kenntnis von dem Heuschnupfen der Klägerin, wobei unerheblich ist, ob diese Kenntnis von der Klägerin selbst oder von ihrer - bei Ausfüllung des Antrages mit anwesenden - Mutter vermittelt wurde. Letzteres steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlich vorgenommenen Beweisaufnahme fest und wird insoweit von der Beklagten in der Berufung auch nicht mehr in Abrede gestellt.</p>
<p>b)</p>
<p><rd nr="26"/>Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin und der Zeuge R. kollusiv zusammengewirkt hätten. Ein kollusives Zusammenwirken liegt vor, wenn Agent und Versicherungsnehmer arglistig zum Nachteil des Versicherers zusammenwirken, was voraussetzt, daß der Versicherungsnehmer von dem treuwidrigen Verhalten des Versicherungsagenten gegenüber dem von ihm vertretenen Versicherer weiß (vgl. BGH NJW 1989, 26; NJW 2002, 1497, 1498; Kollhosser in Prölss/Martin, 26. Aufl., § 43 VVG Rn. 27). Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin gewollt oder auch nur gebilligt hätte, dass der Zeuge R. die ihm offenbarten Vorerkrankungen im Antragsformular unberechtigt unerwähnt ließ.</p>
<p><rd nr="27"/>Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Zeuge R. sinngemäß ausgeführt hat, dass ein Heuschnupfen als "Allerweltserkrankung" nicht angegeben werden müsse. Dies hat die Zeugin B. in ihrer Vernehmung durch das Landgericht so bekundet (Seite 6 des Sitzungsprotokolls, GA Bl. 166). Die Vernehmung des gegenbeweislich benannten Zeugen R. ergab nichts anderes. Sie blieb unergiebig. Er bekundete, dass er sich an die Einzelheiten des Gespräches im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm vermittelten Versicherungsverträge nicht mehr erinnern könne. Vor diesem Hintergrund konnte er "nicht ausschließen", dass er gesagt habe, Heuschnupfen sei nicht notwendigerweise in den Antrag aufzunehmen (S. 4 des Sitzungsprotokolls, Bl. 164). Indiziell spricht für die Richtigkeit der Aussage B., dass der Zeuge R. der Krankheit "Heuschnupfen" offensichtlich keine besondere Bedeutung beimisst, wie sich aus seiner Aussage ergibt, ihm sei innerhalb seiner 30-jährigen Berufstätigkeit kein Fall bekannt geworden, in dem Heuschnupfen zur Berufsunfähigkeit geführt habe.</p>
<p><rd nr="28"/>Dem Antrag der Beklagten, den Zeugen R. erneut -"eidlich" - zu vernehmen, war nicht nachzukommen. Dessen bedarf es nicht. Der Senat würdigt die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht anders als das Landgericht. Es sind im Rahmen einer erneuten Vernehmung auch keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind, da seine Aussage letztlich unergiebig ist. Anhaltspunkte dafür, dass sein Erinnerungsvermögen nunmehr besser ist als bei seiner Vernehmung durch das Landgericht, bestehen nicht.</p>
<p>c)</p>
<p><rd nr="29"/>Es ist auch nicht so, dass für die Klägerin evident gewesen sein musste, dass der Zeuge R. missbräuchlich handelte, als er die Angabe "Heuschnupfen" nicht in den Antrag aufnahm. Ein Mißbrauch der Vertretungsmacht kann - als besondere Ausgestaltung des § 242 BGB - allerdings dann gegeben sein, wenn der Vertreter hiervon in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so daß beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt (BGH NJW 1994, 2082; WM 1999, 1617; NJW 2002, 1497, 1498). Dabei ist jedoch die besondere Stellung des Versicherungsagenten zu berücksichtigen, der, wie gesehen, als "Auge und Ohr" des Versicherers auch dessen Pflicht zur Auskunft und Beratung erfüllt. Diese Umstände bestimmen zugleich die Erwartungen des künftigen Versicherungsnehmers an den ihm bei Antragstellung gegenübertretenden Agenten. Gibt der Agent dem Antragsteller unzutreffende Auskünfte und falsche Ratschläge im Zusammenhang mit der Beantwortung von Formularfragen im Antrag, greift demgemäß der Vorwurf, der Antragsteller habe insoweit seine Anzeigeobliegenheit verletzt, nicht durch (vgl. BGHZ 116, 387, 391; NJW 2002, 1497, 1498). Nichts anderes gilt, wenn der Agent die zutreffende Beantwortung der vom Versicherer gestellten Formularfragen dadurch unterläuft, daß er durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in das Formular aufzunehmen ist (BGH VersR 2001, 1541; NJW 2002, 1497). Den Agenten hinsichtlich seiner Auskünfte, was von den offenbarten Umständen in das Formular aufzunehmen ist, zu kontrollieren, ist nicht Sache des künftigen Versicherungsnehmers.</p>
<p><rd nr="30"/>Im vorliegenden Fall liegen keinerlei Anhaltspunkte für ein evident missbräuchliches Verhalten des Zeugen R. vor. Die Auskunft des Zeugen R., dass "jeder Zweite" an Heuschnupfen leide und dies daher nicht angegeben zu werden braucht, deckt sich mit dem Erfahrungshorizont des durchschnittlichen Versicherungsnehmers und ist aus sich heraus plausibel, da auch sonstige Erkrankungen, die nicht weiter bedrohlich sind und jeden einmal treffen (beispielsweise Erkältungskrankheiten), nicht angegeben werden müssen. Auch wenn man zugunsten des Versicherers davon ausgeht, dass das Risiko einer Krankenschwester, die unter Heuschnupfen leidet, eine auf allergische Reaktionen gegen Desinfektionsmittel u.ä. zurückzuführende Dermatitis zu erleiden, erhöht ist, ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Klägerin diese Zusammenhänge bekannt waren. Die gerade erst begonnene Ausbildung als Krankenschwester besagt nichts anderes. Vertiefte medizinische Kenntnisse sind nach wenigen Wochen Ausbildung in der Krankenpflege nicht zu erwarten.</p>
<p>2.</p>
<p><rd nr="31"/>Die vertraglichen Voraussetzungen für die Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente liegen vor.</p>
<p><rd nr="32"/>Die Klägerin ist berufsunfähig im Sinne des § 2 der Tarifbestimmungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Sie ist krankheitsbedingt außerstande, ihren Beruf weiter auszuüben und kann auch nicht auf einen anderen Beruf oder eine andere Tätigkeit verwiesen werden, die ihrer Ausbildung und Erfahrung entspricht.</p>
<p>a)</p>
<p><rd nr="33"/>Aufgrund des - von der Unfallkasse des Saarlandes veranlassten - dermatologischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. T. vom 28. 12. 1999 (GA Bl. 60 ff), dessen Richtigkeit von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, leidet die Klägerin unter einer atopischen Dermatitis, also einer Hautkrankheit. Diese führt auch zur Berufsunfähigkeit. Die Krankheit wurde zwar nicht direkt beruflich verursacht, aber durch die Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester richtunggebend verschlimmert; da nach den sachverständigen Feststellungen die Hauterkrankung schwerwiegend war, besteht der objektive Zwang, die Tätigkeit als Krankenschwester zu unterlassen (Gutachten S. 16, Bl. 59). Dem steht auch nicht entgegen, dass es durch Behandlung möglich ist, die aus der Krankheit resultierende Neurodermitis zu behandeln. Berufsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn bei einer Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit wie bei der Klägerin schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind, sofern diese nicht durch zumutbare Schutzmaßnahmen vermieden werden können (Voit in Prölls/Martin, 26. Aufl., § 2 BUZ Rn. 17 unter Hinweis auf OLG Hamm RuS 1991, 178). Letzteres ist unstreitig nicht möglich.</p>
<p>b)</p>
<p><rd nr="34"/>Die Klägerin braucht sich auch nicht auf andere Tätigkeiten verweisen zu lassen. Verweisungen kommen nach den vertraglichen Vereinbarungen auf Tätigkeiten in Betracht, die aufgrund der Ausbildung und Erfahrung der Klägerin von dieser ausgeübt werden können und die ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechen (§ 3 Abs. 1 S. 2 der Tarifbestimmungen für die Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung). Dabei obliegt es dem Versicherer, den als "zumutbar" angesehenen Vergleichsberuf aufzuzeigen und die hierfür prägenden Merkmale im Einzelnen zu konkretisieren (BGH, VersR 1994, 159; BGH, NJW-RR 1995, 20; OLG Koblenz VersR 2001, 1371-1372). Dem Versicherungsnehmer kann dabei keine Tätigkeit angesonnen werden, die ihn über- oder unterfordert. Der Versicherungsnehmer kann insbesondere nicht auf Tätigkeiten verwiesen werden, zu deren Ausübung noch zu erwerbende künftige Kenntnisse (Umschulung/Weiterbildung) nötig sind (BGH, VersR 1997, 436; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 2 BUZ Rdn. 28 und § 7 BUZ Rdn. 6; OLG Koblenz VersR 2001, 1371-1372).</p>
<p>aa)</p>
<p><rd nr="35"/>Die Klägerin braucht sich - unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - nicht auf den Beruf der Arzthelferin verweisen zu lassen.</p>
<p><rd nr="36"/>Dieser Beruf ist nur teilweise geprägt durch die den Arzt unterstützende Tätigkeit "am Patienten", welche dem Beruf der Krankenschwester am ehesten entspricht. Ungeachtet der Frage, inwieweit derartige Tätigkeiten der Klägerin im Hinblick auf die bei ihr bestehende gesundheitliche Beeinträchtigung zumutbar sind, wird der Beruf des weiteren auch geprägt durch Verwaltungsaufgaben, die in dieser Form nicht zu dem Ausbildungsprofil einer Krankenschwester gehören. Die Bundesanstalt für Arbeit nennt in der vom Senat eingeholten amtlichen Auskunft vom 10. 12. 2002 (GA Bl. 342) das Organisieren der Praxisabläufe einschließlich der Textverarbeitung (16 Wochen), die Durchführung des Abrechnungswesens (12 Wochen), die Durchführung von Verwaltungsarbeiten (6 Wochen) und das Umgehen mit den Bestimmungen der Sozialgesetzgebung (6 Wochen). Die Tätigkeit einer Arzthelferin setzt also eine mehrmonatige Fortbildung in für die Klägerin berufsfremden Fachgebieten voraus. Eine solche Fortbildung obliegt ihr nicht.</p>
<p><rd nr="37"/>Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (RuS 2000, 171), wonach eine Krankenschwester im Pflegedienst aufgrund ihrer "bisherigen Lebensstellung" auf die Tätigkeit als Arzthelferin verwiesen werden könne, gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Das LG Düsseldorf legt bereits andere tatsächliche Feststellungen zu Grunde, nämlich dass es zur Einarbeitung nur erforderlich sei, "Kurse von wenigen Tagen Dauer zu absolvieren".</p>
<p>bb)</p>
<p><rd nr="38"/>Die Klägerin braucht sich auch nicht auf eine Tätigkeit als "Hygienefachschwester" verweisen zu lassen. Ungeachtet des Umstandes, dass wenig überzeugend ist, wenn die Beklagte damit argumentiert, gerade bei der "Hygienefachschwester" sei ein Umgang mit Desinfektionsmitteln nicht erforderlich, erfordert dieser Beruf eine Fortbildung von mindestens einem Jahr in Vollzeit, wie sich ebenfalls aus der amtlichen Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit ergibt. Auch dies ist der Klägerin nach den obigen Ausführungen nicht zumutbar.</p>
<p>cc)</p>
<p><rd nr="39"/>Die Klägerin braucht sich auch nicht auf den Beruf der "Medizinischen Assistentin für Büro- und Verwaltungsarbeiten" bzw. der "medizinischen Verwaltungskraft im Krankenhaus" verweisen zu lassen. Die Bundesanstalt für Arbeit hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es sich hier weder um anerkannte Ausbildungsberufe handelt, noch eine spezifische Tätigkeitsbeschreibung hierfür vorliegt. Auch wenn es vereinzelt ausgebildete Krankenschwestern geben mag, welche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, die unter die genannten Berufsbezeichnungen passen könnten, hat die Beklagte vor diesem Hintergrund nicht dargelegt, dass es sich um ein Berufsbild im Sinne der BUZ handelt, auf welches die Klägerin verwiesen werden könnte.</p>
<p><rd nr="40"/>Hinzu kommt, dass eine - wie auch immer geartete - verwaltende Tätigkeit nicht zur Ausbildung einer Krankenschwester gehört, welche ausweislich der ebenfalls von der Beklagten selbst vorgetragenen (Bl. 16) Ausbildungsinhalte im Wesentlichen die Betreuung der Patienten und die Unterstützung des Arztes bei der Behandlung beinhaltet; administrative Fertigkeiten werden demnach nur insoweit vermittelt, als dies zu oben genannten Zwecken als Hilfstätigkeit notwendig ist, beispielsweise zur Dokumentation des Behandlungsverlaufes. Demgegenüber ist das von der Beklagten vorgeschlagene Berufsbild ausschließlich von der Wahrnehmung administrativer Aufgaben geprägt. Die Klägerin könnte daher - mangels spezifischer Ausbildung - allenfalls ganz untergeordnete verwaltungsbezogene Tätigkeiten wahrnehmen, was mit der erworbenen Lebensstellung (sie ist als Krankenschwester eine ausgebildete Fachkraft) nicht vereinbar ist.</p>
<p><rd nr="41"/>Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte die Klägerin auf eine Tätigkeit als "Gesundheitsplanerin" bei gesetzlichen Krankenkassen verweist. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte Stellenanzeigen vorgelegt hat, nach denen ausgebildete Krankenschwestern hierfür angeworben werden (GA B. 179), da vereinzelt angebotene Stellen gerade nichts darüber aussagen, ob ein entsprechendes Berufsbild existiert oder ob es sich lediglich um eine Nischentätigkeit handelt.</p>
<p>dd)</p>
<p><rd nr="42"/>Schließlich greifen auch die Verweisungen auf eine Tätigkeit als "Werkschwester/Arbeitsmedizinische Fachkraft/Betriebskrankenschwester" sowie als "Stomatherapeutin" nicht. Die Beklagte hat die Tätigkeit, auf die sie die Klägerin verweisen will, nicht hinreichend genau beschrieben. Die oben genannten Berufe weisen ein breites Tätigkeitsspektrum auf, wie sich aus der durch den Senat eingeholten Auskunft des Landesamts für Verbraucher-, Gesundheits- und Arbeitsschutz vom 05. 03. 2003 ergibt. Danach ist die Frage, ob zwischen den aufgeführten beruflichen Tätigkeiten und der Tätigkeit einer Krankenschwester im Pflegedienst ein Unterschied im Umgang mit Desinfektionsmitteln bestehe oder zu erwarten sei, nur dann zu beurteilen, wenn weitere Informationen vorliegen. Hieraus folgt, dass es im Bereich vorgenannter Berufe Tätigkeiten gibt, in denen in gleicher Art und Weise wie bei einer im Pflegedienst tätigen Krankenschwester ein Umgang mit Desinfektionsmitteln in Betracht kommt. Hierfür wäre die Klägerin dann ebenso berufsunfähig, wie für die Tätigkeit einer Krankenschwester im Pflegedienst. Möglicherweise gibt es in den vorgenannten Berufen auch Tätigkeitsbereiche, bei denen dies nicht der Fall ist. Es wäre jedoch Sache der Beklagten, diese genau zu spezifizieren. Dies hat auch die Beklagte erkannt, welche ausgeführt hat, sie bemühe sich um entsprechende Informationen (Schriftsatz vom 31. 03. 2003, GA Bl. 400), so dass ein eigener Hinweis des Senats auf diesen Gesichtspunkt nicht erforderlich war. Dass die Beklagte auf ihre diesbezüglichen Anfragen im März dieses Jahres bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine sie befriedigende Auskunft erhielt, geht zu ihren Lasten; dies gab auch zu einer Vertagung der Sache keinen Anlass.</p>
<p>3.</p>
<p><rd nr="43"/>Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.</p>
<p><rd nr="44"/>Der Streitwert war wie beschlossen festzusetzen. Bei einer auf wiederkehrende Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gerichteten Klage werden die erst nach Klageerhebung fällig gewordenen Beträge, gleich ob sie beziffert zum Gegenstand eines besonderen Antrags gemacht worden sind oder nicht, in keiner Instanz streitwert- oder beschwerdeerhöhend berücksichtigt (BGH NVersZ 1999, 239); vielmehr sind diese Beträge gem. § 9 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Wert des einfachen Bezugs zu berechnen, wenn - wie hier - die Dauer des Bezugsrechts nicht geringer ist. Entsprechendes gilt für die Freistellung von Prämien. Hieraus folgt, dass neben dem - hier ohnehin beziffert geltend gemachten - Betrag der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geschuldeten BUZ-Rente (9.896 DM) und dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag derselben (34.636 DM) die bis zur Klageerhebung aufgelaufenen Prämienrückstände (16 Monate zu je 79, 69 DM = 1.275, 04 DM) sowie der Betrag der dreieinhalbfachen Jahresprämie (3, 5 x 12 x 79, 69 DM = 3.346.98 DM) zu berücksichtigen sind. Dies ergibt insgesamt einen Betrag in Höhe von 49.154, 02 DM, was dem Gegenwert der festgesetzten 25.132,05 Euro entspricht.</p>
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138,062
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olgkarl-2003-07-29-1-u-2603
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
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1 U 26/03
| 2003-07-29T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:28
| 2019-02-12T12:39:58
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 24.01.2003 – 4 O 62/01 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td><table><tr><td>I.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin begehrt Rückzahlung eines Festkredits, der zur Finanzierung einer Kapitalanlage verwendet worden ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 24.01.2003 wird Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 der Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) als nichtig angesehen. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Vollmacht bei Abschluss des Darlehensvertrages in Ausfertigung vorgelegen hat, komme es nicht an, weil der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz im vorliegenden Fall evident gewesen sei. Auch eine Duldungsvollmacht oder Genehmigung liege nicht vor. Mangels wirksamer Vollmacht bestehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages – geltend, der Treuhandvertrag verstoße nicht gegen § 1 RBerG. Selbst wenn ein solcher Verstoß vorliege, führe dieser nicht zur Unwirksamkeit der Vollmacht. Die Klägerin habe jedenfalls auf die Rechtswirksamkeit der Vollmacht vertrauen dürfen, zumal die Aufgaben des Treuhänders im konkreten Fall von einem Rechtsanwalt ausgeübt worden seien. Der in der Vollmachtsurkunde enthaltene Passus, wonach der Treuhänder auch zur Vertretung vor allen Gerichten befugt sei, habe auf die Wirksamkeit der Vollmacht im übrigen keinen Einfluss.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Ergänzend macht die Klägerin geltend, es sei zumindest von einer Duldungsvollmacht auszugehen, weil der Beklagte – was unbestritten ist – zahlreiche Unterlagen, die für die Auszahlung des Kredits erforderlich waren, selbst unterzeichnet und bei der Klägerin eingereicht hat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Klägerin beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
unter Abänderung des am 24.01.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Heidelberg Geschäftsnummer 4 O 62/01 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 21.985,07 (DM 42.999,06) zuzüglich 5 % Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 20.218,00 (DM 39.542,97) seit dem 11.07.2001 zu zahlen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Beklagte macht geltend, eine Anwendung der §§ 171 ff. BGB laufe dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes zuwider. Unabhängig davon habe die Klägerin die Unwirksamkeit der Vollmacht erkennen müssen und auch erkannt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
</td></tr></table><table><tr><td>II.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit zutreffenden Gründen, die durch das Berufungsvorbringen der Klägerin im entscheidenden Punkt nicht entkräftet werden, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der für den Beklagten handelnde Treuhänder hatte keine wirksame Vollmacht. Die erteilte Vollmacht ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der der Vollmacht zu Grunde liegende Treuhandvertrag hatte die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zum Gegenstand.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Entgegen der Auffassung der Klägerin lag der Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht im wirtschaftlichen und kaufmännischen Bereich. Eine Überprüfung des wirtschaftlichen Sinngehalts, der Werthaltigkeit des Beitrittsvorgangs und des Prospektmaterials war nach Absatz I 5 des Auftrages sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Nach Absatz I 1 des Treuhandauftrages sollte der Treuhänder hingegen alle im Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang erforderlichen Verträge schließen. Diese Tätigkeit erforderte eine umfassende Rechtsbetreuung auf einem Teilgebiet des Rechts (vgl. BGH NJW 2001, 3774, 3775).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG führt nach dem Schutzzweck des Gesetzes zur Nichtigkeit der Vollmacht (BGH NJW 2003, 2088, 2089; NJW 2003, 2091, 2092). Auf die vom Landgericht erörterte Frage, ob die Voraussetzungen des § 139 BGB vorliegen, kommt es hierbei nach der neueren – erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils ergangenen – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, nicht an.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Eine wirksame Bevollmächtigung ergibt sich auch nicht aus § 172 Abs. 1 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Dabei kann offen bleiben, ob die Vollmachtsurkunde, wie von der Klägerin behauptet, bei Abschluss des Kreditvertrages in Ausfertigung vorgelegen hat. Die im vorliegenden Fall verwendete Vollmachtsurkunde war schon ihrem Inhalt nach keine geeignete Grundlage für einen Rechtsschein nach § 172 Abs. 1 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Allerdings sind die §§ 171 und 172 BGB sowie die Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, die das erkennende Gericht teilt, auch dann anwendbar, wenn die Bevollmächtigung gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und deshalb nichtig ist (BGH NJW 2003, 2091, 2092). § 172 Abs. 1 BGB kann aber nur dann zur Wirksamkeit einer im Innenverhältnis nichtigen Vollmacht führen, wenn durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde ein hinreichender Rechtsschein für die Wirksamkeit der Vollmacht begründet wird. Daran fehlt es, wenn sich die Nichtigkeit der Vollmacht aus der vorgelegten Urkunde selbst ergibt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die §§ 171 bis 173 BGB sind Anwendungsfälle des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass derjenige, der einem gutgläubigen Dritten gegenüber zurechenbar den Rechtsschein einer Bevollmächtigung setzt, sich so behandeln lassen muss, als habe er die Vollmacht wirksam erteilt (BGH NJW 2003, 2091, 2092 m.w.N.). Im Falle des § 172 Abs. 1 BGB wird der Rechtsschein durch Vorlage einer Urkunde begründet, aus der sich die Bevollmächtigung ergibt. Ist dies geschehen, wird ein Dritter, dem die Urkunde vorgelegt worden ist, davor geschützt, dass sich die Vollmacht aus anderen Gründen als unwirksam erweist, etwa deshalb, weil sie im Innenverhältnis widerrufen wurde, weil sie als Teil eines Haustürgeschäfts widerrufen werden kann (vgl. BGHZ 144, 223, 230 f.; BGH NJW 2000, 2270) oder weil sie als Teil eines umfassenderen Geschäfts der notariellen Form bedurft hätte (vgl. BGHZ 102, 60, 62; BGH NJW 1997, 312; BGH NJW 1985, 730). Entsprechendes gilt auch dann, wenn die Vollmacht Teil eines gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Rechtsgeschäfts und deshalb gemäß § 139 BGB nichtig ist (BGH NJW 2001, 3774; NJW 2002, 2325).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
In allen Fällen, in denen die Rechtsprechung die Wirksamkeit der Vollmacht aufgrund von § 172 BGB bejaht hat, ergab sich die Nichtigkeit der Vollmacht aber aus Umständen, die außerhalb der Urkunde lagen. Dann – und nur dann – kommt der eingangs genannte Zweck des § 172 BGB zum Tragen. Ergibt sich der Nichtigkeitsgrund hingegen schon aus der Vollmachtsurkunde selbst, so fehlt es an einem tauglichen Rechtsschein, der Grundlage für den Schutz eines gutgläubigen Dritten sein könnte.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Ist die Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, ist ein Dritter mithin nur dann durch § 172 Abs. 1 BGB geschützt, wenn die Vollmacht selbst keinen sicheren Aufschluss über ihre Vereinbarkeit mit dem Rechtsberatungsgesetz gibt und die Nichtigkeit erst aus dem Gegenstand des der Vollmacht zu Grunde liegenden Auftrags folgt. Ergeben sich die Umstände, die zur Nichtigkeit der Vollmacht führen, hingegen schon aus der Vollmachtsurkunde selbst, liefe es dem Zweck des § 172 Abs. 1 BGB zuwider, einem Dritten dennoch Gutglaubensschutz zu gewähren. Geschützt würde nicht mehr das Vertrauen darauf, dass ein in einer Urkunde niedergelegtes wirksames Rechtsgeschäft nicht aufgrund anderer Umstände unwirksam ist, sondern das Vertrauen darauf, dass der Inhalt der Urkunde selbst mit dem Gesetz in Einklang steht. Für letzteres kann die Vorlage einer Urkunde keinen Rechtsschein begründen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Im vorliegenden Fall ergab sich die Nichtigkeit der Vollmacht aus der Vollmachtsurkunde selbst.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Treuhänder wurde in Absatz II 1 der Urkunde nicht nur zum Abschluss von Verträgen, sondern auch zur Vertretung des Vollmachtgebers gegenüber Gerichten jedweder Art bevollmächtigt. Dies verstößt gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG. Damit war die Nichtigkeit der Bevollmächtigung bereits aus der Urkunde ersichtlich. Diese war mithin nicht als Grundlage für eine Rechtsscheinshaftung geeignet.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Klägerin gutgläubig im Sinne von § 173 BGB war, kommt es nicht an. Die Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit stellt sich nur dann, wenn die den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 172 BGB gegeben sind, wenn also durch Vorlage einer Urkunde ein Rechtsschein geschaffen worden ist. Letzteres ist hier, wie oben dargelegt, nicht der Fall, weil die vorgelegte Urkunde keine geeignete Rechtsscheinsgrundlage war.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Unerheblich ist auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Unwirksamkeit der Bevollmächtigung zur Vertretung vor Gerichten gemäß § 139 BGB die Vollmacht im übrigen unberührt lässt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
§ 139 BGB ist hier schon deshalb nicht einschlägig, weil die in Rede stehende Vollmacht wegen des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in vollem Umfang nichtig ist. Die Vollmacht würde auch dann gegen Art. 1 § 1 Abs. RBerG verstoßen, wenn keine Befugnis zur Vertretung vor Gerichten erteilt worden wäre. Die in Rede stehende Passage hat lediglich zur Folge, dass die Nichtigkeit der Bevollmächtigung aus der Vollmachtsurkunde selbst hervorgeht und die Urkunde deshalb ihre Eignung als Rechtsscheinsgrundlage verliert. Diese Wirkung kann nicht nach dem Vorbild des § 139 BGB auf einzelne Teile der Vollmacht beschränkt werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Ein wirksamer Vertrag ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Anscheins- oder Duldungsvollmacht zustande gekommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Eine Duldungsvollmacht ist nur gegeben, wenn der Vertretene es – in der Regel über einen längeren Zeitraum – wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn ohne eine Bevollmächtigung als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses bewusste Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH NJW 2003, 2091, 2092 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Mitwirkungshandlungen des Beklagten, nämlich die Unterzeichnung und Einreichung mehrerer Formulare, die für die Auszahlung des Darlehensbetrags erforderlich waren, haben hier keinen zureichenden Rechtsschein begründet. Alle diese Handlungen dienten nur der Vorbereitung bzw. Ergänzung des eigentlichen Vertragsschlusses und sollten diesen nicht ersetzen. Für eine Bevollmächtigung des Treuhänders geben sie ohnehin wenig Anhaltspunkte, weil sie vom Beklagten persönlich und gerade nicht vom Treuhänder vorgenommen wurden. Nach dem unter anderem eingereichten Vermittlungsauftrag (Anlage K 21) sollte der Darlehensaufnahme zudem eine ausdrückliche Bevollmächtigung vorausgehen. Angesichts dessen konnte und durfte die Klägerin nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte auch ohne Erteilung der vorgesehenen Vollmacht mit dem Abschluss eines Darlehensvertrages einverstanden sein würde. Sie musste vielmehr darauf bedacht sein, sich eine Vollmachtsurkunde vorlegen zu lassen, worauf sie nach ihrem eigenen Vortrag ja auch bestanden hat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Aus dem Umstand, dass der Beklagte den im Darlehensvertrag vorgesehenen Verpflichtungen zunächst nachgekommen ist, kann keine Billigung oder Genehmigung des Vertragsschlusses entnommen werden. Solange ein Beteiligter die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses nicht erkennen konnte, kann sein vertragskonformes Verhalten nicht als konkludente Genehmigung angesehen werden (BGH NJW 2002, 2325, 2327). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Nichtigkeit des Treuhandauftrags und der darauf beruhenden Vollmacht erkennen konnte, sind hier nicht gegeben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Offen bleiben kann die Frage, ob der Beitritt des Beklagten zu der Immobiliengesellschaft nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft als (teil-)wirksam anzusehen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass auch der hier in Streit stehende Darlehensvertrag als wirksam zu behandeln wäre.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Ein Anspruch aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB) käme nur in Betracht, wenn eine wirksame Anweisung des Beklagten zur Auszahlung des Darlehensbetrages an die Gesellschaft oder zumindest ein zurechenbarer Rechtsschein vorläge. Weder das eine noch das andere ist hier gegeben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die vom Treuhänder erteilte Anweisung zur Auszahlung des Darlehens entfaltet keine Wirkungen gegenüber dem Beklagten, weil die Vollmacht unwirksam war. Auch in diesem Zusammenhang greifen zugunsten der Klägerin aus den oben dargelegten Gründen weder § 172 BGB noch die Grundsätze über die Duldungs- oder Anscheinsvollmacht.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin auch keinen zurechenbaren Rechtsschein gesetzt, der eine Leistungskondiktion begründen könnte.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Zwar reicht für die Annahme einer Leistungsbeziehung im bereicherungsrechtlichen Sinne unter bestimmten Umständen aus, wenn der (vermeintliche) Empfänger einen zurechenbaren Rechtsschein gesetzt hat. Eine Anweisung durch einen vollmachtlosen Vertreter vermag einen solchen Rechtsschein indes nicht zu erzeugen (BGHZ 147, 145, 150).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann eine Leistungsbeziehung zwischen den Parteien auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte durch die Zahlung von seiner Einlagepflicht gegenüber der Gesellschaft frei geworden ist. Erfolgt eine Zahlung aufgrund der Anweisung eines vollmachtlosen Vertreters, kann sie im Verhältnis zwischen Zuwendungsempfänger und Kontoinhaber keine Tilgungswirkung entfalten. § 267 BGB ist nicht anwendbar, weil die Bank in dieser Konstellation nicht als Dritter zahlt, sondern auf (vermeintliche) Anweisung des Kontoempfängers (BGHZ 147, 145, 150).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Ein Anspruch aus Nichtleistungskondiktion gegen den Beklagten scheidet aus, weil die Klägerin auf eine (vermeintliche) Anweisung gezahlt hat und sich entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 179, 180 BGB deshalb an den anweisenden Treuhänder halten muss.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Gründe, die Revision zuzulassen, lagen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table></td></tr></table>
|
|
138,061
|
olgstut-2003-07-28-4-u-5103
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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4 U 51/03
| 2003-07-28T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:28
| 2019-02-12T12:39:58
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.02.2003 (Az. 15 O 385/02) wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.</p>
<p>Streitwert des Berufungsverfahrens: EUR 111.162,44</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt vom beklagten Land Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer Persönlichkeitsverletzung und Gesundheitsbeschädigung durch "Mobbing" seiner Dienstvorgesetzten im Wesentlichen im Rahmen seiner dienstlichen Beurteilungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger, ein Polizeibeamter im Dienst des beklagten Landes, erwarb im Jahr 1987 die Befähigung für den mittleren Dienst der Kriminalpolizei. Über seine dienstlichen Leistungen erhielt er Regelbeurteilungen vom 17.05.1988, 18.09.1989, 13.01.1992, 13.01.1995 sowie Anlass-Beurteilungen vom 27.08.1998, 23.08.1999 bzw. 28.07.2000 und aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13.02.2001 eine neue Anlass-Beurteilung vom 12.07.2001. Bezüglich der Einzelheiten wird auf S. 3 des angegriffenen Urteils verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Gegen die Regelbeurteilung vom 17.05.1988 hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Er habe sich mit fünf von acht Punkten im vorderen Mittelfeld der benoteten Kollegen befunden und sei deshalb zur Kriminalpolizei übernommen worden. Er behauptet, aufgrund seines Auslandseinsatzes als Personenschützer in Teheran vom 05.08.1988 bis 09.09.1989 sei auf Veranlassung des EKHK W., der die Bewerbung für den Auslandseinsatz nicht gern gesehen habe, die Regelbeurteilung vom 18.09.1989 ebenso zu schlecht ausgefallen wie die Regelbeurteilung vom 13.01.1992. EKHK W. habe insoweit Einfluss auf die jeweiligen Beurteiler genommen. Dies verdeutliche auch die Regelbeurteilung vom 13.01.1995, mit deren Ergebnis der Kläger offenbar zufrieden ist. Aus einem Notensprung von 0,75 Punkten gegenüber der letzten Regelbeurteilung schließt er jedoch, dass er zuvor viel zu schlecht beurteilt wurde. Die Anlass-Beurteilungen vom 27.08. und 23.08.1999/28.07.2000 mit den Noten 2,0 und 1,75 seien jedoch wiederum zu schlecht ausgefallen, weil er gegenüber EKHK K. die private Beziehung seines unmittelbaren Vorgesetzten in der C-Schicht, KHK P., mit einer Kollegin angeprangert und damit auch Kritik am gemeinsamen Dezernatsleiter EKHK K. geäußert habe. In einem Personalgespräch am 01.09.1999 mit KOR E., in dem er sich über die erneute zu schlechte Beurteilung beklagte, habe KOR E. schallend gelacht und ihm mitgeteilt, "er lache ihn nicht an, er lache ihn auch nicht aus, er lache, weil er zu dumm sei, die Zusammenhänge zu erkennen".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Anlass-Beurteilung vom 23.08.1999 erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Das Verwaltungsgericht erklärte, weil die einzelnen Leistungsmerkmale des Klägers in der angegriffenen dienstlichen Beurteilung alle überdurchschnittlich gut bewertet worden seien, passe hierzu eine Gesamtbeurteilung von 1,75, die nach der Benotungspraxis nicht überdurchschnittlich ist, nicht. Daraufhin wurde die Anlass-Beurteilung vom 28.07.2000 neu erstellt, jedoch die Gesamtnote 1,75 beibehalten. Am 13.02.2001 wurde daraufhin der Beklagte verurteilt, die Anlass-Beurteilung aufzuheben und den Kläger neu zu bescheiden. Am 12.07.2001 erging wiederum eine neue Fassung der Anlass-Beurteilung mit gegenüber der Anlass-Beurteilung vom 23.08.1999 schlechteren Einzelbeurteilungen und wiederum mit der Note 1,75. Der Antrag des Klägers auf Vollstreckung des Urteils vom 13.02.2001 gemäß § 172 VwGO wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 13.12.2002 und die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers mit Beschluß des VGH Baden-Württemberg vom 25.06.2003 zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Im Zusammenhang mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptet der Kläger eine Drohung vor Klagerhebung mit negativen Vermerken in der Personalakte, und rügt die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung, eine neue Beurteilung müsse im Ergebnis nicht besser als bisher ausfallen, und die behauptete Äußerung eines Mitarbeiters der Rechtsabteilung der LPD Stuttgart II, das Verfahren müsse man sportlich sehen. Auf die einzelnen Beurteiler sei Einfluss genommen worden, die Einzelbewertungen herabzusetzen, um so eine Note von 1,75 zu rechtfertigen. Auf Nachfrage habe ihn KHK B. in einem Telefongespräch angelogen, in dem er verneint habe, an der neuen Beurteilung vom 28.07.2000 beteiligt gewesen zu sein. In der neuen dienstlichen Beurteilung tauche ein Endbeurteiler auf, der ihm nicht bekannt sei, und ein Vorbeurteiler, der tatsächlich seine Mitwirkung an der Beurteilung verweigert habe. Eine Provokation sei auch die Übersendung der Abordnung zu einem Qualifizierungslehrgang für den gehobenen Dienst per Privatpost.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Seit 07.09.2000 befindet sich der Kläger im Krankenstand. Wann seine Dienstfähigkeit wieder hergestellt sein wird, ist offen. Am 04.03.2002 stellte der Polizeiarzt die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers nach dem Landesbeamtengesetz fest.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Bezüglich den weiteren Einzelheiten des unstrittigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Mit der Klage macht der Kläger entgangenen Verdienst in Höhe von 1.280,08 EUR geltend, weil er bei einer zutreffenden Beurteilung zumindest gleichzeitig mit seinem Kollegen L. und nicht erst sechs Monate später zum 1.04.2000 befördert worden wäre. Mit einer Klagerweiterung in der 2. Instanz begehrt er Ersatz von Gehaltskürzungen in Höhe von 5.080,36 EUR für April 2003 bis Juli 2003, weil er nur noch sein vorläufig berechnetes Ruhegehalt erhält. Darüber hinaus begehrt er ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 100.000,00 EUR sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht für künftige materielle Schäden des Klägers.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Das Landgericht Stuttgart hat im Anschluss an eine Güteverhandlung gemäß § 278 Abs. 2 ZPO ohne weitere protokollierte mündliche Verhandlung die Klage mit Urteil vom 21.02.2003 als unbegründet abgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Hiergegen wendet sich die Berufung mit der Rüge, dass in der ersten Instanz keine Anträge gestellt worden sind und deshalb dem Beklagten etwas zugesprochen sei, nämlich die Klagabweisung, die dieser gar nicht beantragt habe. Durch den Wegfall der mündlichen Verhandlung sei dem Kläger kein rechtliches Gehör gewährt worden. § 839 Abs. 3 sei auf die Anspruchsgrundlage für Schmerzensgeld, nämlich § 847 BGB a.F. nicht anwendbar. Auch die Art der Verletzung, nämlich "Mobbing" verbiete eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB. Der Kläger wiederholt im Übrigen sein Vorbringen aus der ersten Instanz und ist der Ansicht, er sei systematisch von seinen Dienstvorgesetzten gemobbt worden. Aus dem Gutachten des Dr. med. Br. sei zu entnehmen, dass die Erkrankung des Klägers auf diesem "Mobbing" beruhe. Das erstinstanzliche Urteil setze sich mit seinem Vorbringen nicht ausreichend auseinander. Wegen des Verbot der reformatio in peius sei der Beklagte durch das Verwaltungsgericht Stuttgart zu einer besseren Beurteilung anhand der vorliegenden Einzelbewertungen verurteilt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Der Kläger beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Das Endurteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.02.2003, Geschäftsnummer: 15 O 385/02 wird wie folgt abgeändert:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.280,08 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus ab 28.09.2002 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 100.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus ab 28.09.2002 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen Schäden, die aus den gegen den Kläger zwischen 1988 und 2002 bei der LPD Stuttgart II verübten Mobbing-Handlungen resultieren, zu ersetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.080,36 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus ab 05.07.2003 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Hilfsweise wird beantragt, die Sache unter Aufhebung des Endurteils des Landgerichts Stuttgart vom 21.02.2003, Geschäftsnummer 15 O 385/02 und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Das beklagte Land beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
die Berufung zurückzuweisen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Das beklagte Land ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO lägen nicht vor. Es hält das Urteil des Landgerichts für richtig und hält sein Bestreiten der vom Kläger behaupteten Äußerungen und Geschehensabläufe aufrecht. Es verweist zur Rechtmäßigkeit der neuen dienstlichen Beurteilung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluß vom 13.12.2002, die der VGH mit Beschluß vom 25.06.2003 bestätigt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart, Az. VS 15 K 3718/01, und des VGH Baden-Württemberg, Az. 4 S 118/03, waren zu Informationszwecken beigezogen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Gemäß § 137 Abs. 1 ZPO ist die Antragstellung unverzichtbare Voraussetzung einer ordnungsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung. Fehlt sie und entscheidet das Gericht gleichwohl über das sachliche Begehren einer Partei, liegt darin ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO (OLG Koblenz, MDR 2002, 415; BGH NJW 1991, 1683, 1684; NJW 1999, 61), der gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. nur dann zu einer Zurückverweisung führen kann, wenn aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Dies gilt auch bei erstinstanzlich lediglich angekündigten, aber nicht verlesenen Anträgen (Zöller-Gummer, ZPO 23. Aufl., § 538 Rn. 18).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Wie unten auszuführen ist, ist die landgerichtliche Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers zutreffend, ohne dass eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme aufgrund der Verfahrensmängel in der ersten Instanz notwendig wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Kläger stützt die geltend gemachten Ansprüche insbesondere auf "Mobbing". Beim "Mobbing" handelt es sich nicht um eine eigene Anspruchsgrundlage, sondern "Mobbing" kann zu einem Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten führen, wenn Vorgesetzte des Klägers im Rahmen der gemeinsamen Dienstausübung durch pflichtwidrige Handlungen das Persönlichkeitsrecht des Klägers oder dessen Gesundheit geschädigt haben (LAG Baden-Württemberg, AP Nr. 2 zu § 611 BGB "Mobbing"). Die Zufügung eines körperlichen Schadens oder einer schweren Persönlichkeitsverletzung muss adäquat kausal und unter Überschreitung des "erlaubten Risikos" erfolgt sein (LAG Baden-Württemberg, a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Nach dem Bundesgerichtshof ist unter "Mobbing" der Missbrauch der Stellung eines Vorgesetzten zu verstehen, um einen Untergebenen systematisch und fortgesetzt zu beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren (BGH NJW 2002, 3172, 3173).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Begriff des "Mobbing" noch näher erläutert. Danach handelt es sich bei "Mobbing" um fortgesetzte, auf einander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ob ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem in einem Betrieb im allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen erfüllt den Begriff des "Mobbing". Kurzfristigen Konfliktsituationen mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen fehlt in der Regel schon die notwendige systematische Vorgehensweise (LAG Bremen, NZA-RR 2003, 234, 235 f; LAG Hamm, Urteil vom 25.06.2002, Az.: 18 (11) Sa 1295/01; LAG Rheinland-Pfalz NZA-RR 2002, 121, 122; LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 2002, 457; Thüringer LAG NZA-RR 2001, 347, 358; 577, 579). Auch wenn durch die einzelnen Handlungen für sich gesehen eine Haftung wegen der mit "Mobbing" verbundenen Beeinträchtigung nicht eintritt, kann die Gesamtheit der Handlungen zu einer Haftung aufgrund der sich verbindenden Systematik und ihres Fortsetzungszusammenhangs begründen (vgl. Rieble/Klumpp, ZIP 2002, 369, 372 ff; Arbeitsgericht München NZA-RR 2002, 123, 124; Thüringer LAG a.a.O., 579). Zwischen den einzelnen Handlungen muss im juristischen Sinn ein Fortsetzungszusammenhang bestehen, wobei es nur dann keiner Mindestlaufzeit der Handlungen oder einer Handlungsfrequenz bedarf, wenn die Wirkungen der Einzelhandlungen fortdauern (LAG Rheinland-Pfalz, a.a.O., S. 580), weil z.B. durch eine einzelne Maßnahme ein Mitarbeiter ständig an den Pranger gestellt wird. Ansonsten erfolgt das gegen eine Person gerichtete Verhalten nur dann systematisch, wenn sich aus einer Kette von Vorfällen ein System erkennen lässt (LAG Schleswig-Holstein, a.a.O.). Bei zeitlich weit auseinander liegenden Handlungen fehlt in der Regel die notwendige systematische Vorgehensweise (LAG Bremen NZA-RR 2003, 234, 236; im konkreten Fall von neun Vorfällen in ca. 3 1/2 Jahren in Frage gestellt).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommen die §§ 839, 847 BGB a.F. i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG in Betracht. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf das Verhalten seiner Dienstvorgesetzten und teilweise von Mitarbeitern der Rechtsabteilung der Landespolizeidirektion in Stuttgart II insbesondere im Zusammenhang mit der Bewertung seiner dienstlichen Leistungen. Angesichts des beamtenrechtlichen (öffentlich-rechtlichen) Normengefüges wird ein Vorgesetzter, der im Rahmen der gemeinsamen Dienstausübung einen Untergebenen respektlos behandelt, regelmäßig hoheitlich tätig (im Einzelnen BGH NJW 2002, 3172, 3173). Dies hat zur Folge, dass für etwaige daraus entstehende Gesundheitsschäden oder Persönlichkeitsverletzungen des Untergebenen nach Amtshaftungsgrundsätzen grundsätzlich der Dienstherr des vorgesetzten Beamten haftet. Vorliegend tritt neben die umfassenden Dienstleistungs- und Treuepflichten auch der vorgesetzten Beamten des Klägers und der Fürsorge- und Treupflicht des Dienstherrn, die in Baden-Württemberg für die Polizei zusätzlich in § 67 Abs. 1, 90 LPVG ihren Niederschlag gefunden haben, auch der aus der Fürsorgepflicht und den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums fließende Grundsatz, dass der Dienstherr den Beamten in seinem beruflichen Fortkommen nicht zu Unrecht beeinträchtigen darf und er gemäß § 115 LBG den Beamten gemäß seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu beurteilen hat. Auch wenn Amtsträger im Zusammenhang mit den Beurteilungen des Klägers diese aus eifersüchtigen oder rein persönlichen Gründen zu eigennützigen, schikanösen oder gar strafbaren Zwecken missbraucht hätten, stünde dies einer Amtshaftung nicht entgegen (BGH, a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert eine Haftung des Beklagten nicht schon an § 839 Abs. 3 BGB. Allerdings ist § 839 Abs. 3 BGB entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb unanwendbar, weil Anspruchsgrundlage der klägerischen Forderung § 847 BGB a.F. ist. Zum einen trifft dies nur einen Teil der Klagbegehren und zum anderen setzt § 847 BGB a.F. das Vorliegen einer unerlaubten Handlung voraus, die bezüglich dem Beklagten nur in § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu suchen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Weil es sich beim "Mobbing" schon nach der Definition nicht um einzelne Handlungen, sondern um fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen handelt, ist von der Art der Vorgehensweise beim "Mobbing" ein die Amtshaftung ausschließendes vorrangiges Rechtsmittel gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht gegeben. Beim "Mobbing" kann das Vorgehen gegen Einzelakte durch Einlegung eines Rechtsmittels erfolglos bleiben, weil erst in der Gesamtschau der rechtsverletzende Charakter der Vorgehensweise von Dienstvorgesetzten erkennbar wird (vgl. auch Thüringer LAG a.a.O., 579). Ein Rechtsmittel gegen eine Handlungsweise, die in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, den Betroffenen zu zermürben, wäre darüber hinaus nicht erfolgversprechend. Vielmehr wäre durch die Einlegung eines Rechtsmittels gegen schikanierende und diskriminierende Verhaltensweisen von Vorgesetzten im Gegenteil eine deutliche Verschlechterung der Situation zu befürchten (BGH a.a.O., 3174). Etwaige Rechtsmittel, soweit diese überhaupt in Betracht kommen, wären aller Voraussicht nach erfolglos geblieben, so dass deren Nichteinlegung nicht ursächlich für den entstandenen Schaden war. Darüber hinaus wäre es dem Betroffenen nicht zuzumuten, durch das Einlegen eines Rechtsmittels die Beseitigung des schikanösen Handelns der Vorgesetzten zu betreiben und an seinem Arbeitsplatz und in der Umgebung der ihn bisher in der Regel vorsätzlich schikanierenden Vorgesetzten zu verbleiben, so dass die Nichteinlegung eines Rechtsmittels ohne Verschulden erfolgt wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Der Vortrag des Klägers ist nicht geeignet, ein "Mobbing" i.S.d. obigen Definition annehmen zu können. Der Vortrag des Klägers lässt lediglich deutlich werden, dass er sich von seinen Dienstvorgesetzten verfolgt und gezielt benachteiligt fühlt. Es ist aber weder erkennbar geworden, dass dieses Gefühl berechtigt ist, noch, dass das Verhalten seiner Dienstvorgesetzten systematisch, also in einer fortgesetzten, aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweise erfolgt wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td>aa)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Kläger fühlt sich insbesondere durch die ihm von seinen Dienstvorgesetzten erteilten Beurteilungen diskriminiert und benachteiligt. Dabei handelt es sich um Beurteilungen vom 18.09.1989, 13.01.1992, 27.08.1998 und die Anlassbeurteilung vom 23.08.1999 einschließlich zwei weiterer an deren Stelle getretenen Neubeurteilungen. Mit der Regelbeurteilung vom 13.01.1995 ist der Kläger einverstanden und zieht aus dieser Regelbeurteilung lediglich Schlüsse im Hinblick auf die aus seiner Sicht ungerechtfertigten vorangegangenen Regelbeurteilungen. Während ein Zusammenhang der Anlassbeurteilungen vom 23.08.1999, 28.07.2000 und 12.07.2001 schon deshalb zu bejahen ist, weil diese alle den gleichen Beurteilungszeitraum betreffen, fehlt im Übrigen der für die Annahme eines "Mobbing" ausreichende Zusammenhang zwischen den gerügten Beurteilungen. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Beurteilungen von drei Jahren, sechs Jahren und einem Jahr genügt nicht, um eine fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane und Diskriminierung dienenden Verhaltensweise annehmen zu können. Gegen eine systematische Vorgehensweise spricht im vorliegenden Fall auch, dass bei den einzelnen Beurteilungen unterschiedliche Vorgesetzte beteiligt waren. Insbesondere hat bei den Regelbeurteilungen vom 18.09.1989 und 13.01.1992 kein einziger Vorgesetzter an beiden Beurteilungen mitgewirkt. Die Vermutung des Klägers, EKHK W. habe hier auf die Beurteilung Einfluss genommen, hat er auf das Bestreiten des Beklagten nicht unter Beweis gestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Auch die Begründungen des Klägers, warum die Beurteilungen zu Unrecht so schlecht ausgefallen seien, sprechen gegen eine systematische Vorgehensweise der Dienstvorgesetzten des Klägers. Während die schlechten Regelbeurteilungen vom 18.09.1989 und 13.01.1992 nach seiner Auffassung auf eine unzulässige Einflussnahme des EKHK W. zurückzuführen seien, sei für die zu schlechten Beurteilungen vom 13.01.1995 und 27.08.1998 das zerstörte Vertrauensverhältnis mit EKHK K. verantwortlich. Die wiederholenden Anlassbeurteilungen vom 28.07.2000 und 12.07.2001 haben ihren Anlass nach Auffassung des Klägers darin, ihm gegenüber eine rechtswidrige Verwaltungspraxis durchzusetzen und die ihm rechtswidrig erteilte Benotung zu halten. Insoweit geht es letztlich, wie bereits ausgeführt, bei den Beurteilungen ab dem 23.08.1999 nicht um mehrere, sondern einen Vorgang und einen Beurteilungszeitraum.
</td></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Auch die weiteren vom Kläger geschilderten, ihn aus seiner Sicht diskriminierenden und schikanierenden Verhaltensweisen seiner Dienstvorgesetzten sind nicht geeignet, die für eine fortgesetzte und systematische Vorgehensweise notwendige Verbindung zu schaffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die vom Kläger als Drohung aufgefassten Äußerung des EKHK W. im Rahmen der Auslandsbewerbung des Klägers im Jahr 1988, der Kläger "werde ja irgendwann einmal aus dem Ausland zurückkommen" hat der Kläger auf das Bestreiten des Beklagten hin nicht unter Beweis gestellt. Diesem Vortrag fehlt auch die Plausibilität, weil nicht erkennbar ist, warum der zuständige Personalsachbearbeiter sich aufgrund eines Auslandseinsatzes des Klägers zu einer solchen Drohung und deren Umsetzung veranlasst gefühlt haben sollte. Darüber hinaus dient der Vortrag nur zur Verbindung der Regelbeurteilungen aus den Jahren 1989 und 1992. Während dieser Zeit hat der Kläger keine weiteren Vorfälle geschildert, die auf ein "Mobbing" schließen lassen müssten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Behauptung des Klägers, KOR E. habe ihm im Jahr 1998 auf seine Remonstration bezüglich der Anlassbeurteilung vom 27.08.1998 mitgeteilt, die Beurteilung sei "unglücklich gelaufen" und bei der nächsten Beurteilung in einem Jahr "würde man dies wieder gutmachen" ist weder als Beleidigung noch als Schikane noch als Diskriminierung des Klägers aufzufassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Das weitere Gespräch mit KOR E. nach der Anlassbeurteilung vom 23.08.1999, in dem der Kläger ausgelacht wurde, weil er zu dumm sei, die Zusammenhänge zu erkennen, ist als auf das Bestreiten des Beklagten hin unbewiesene Behauptung einer Beleidigung und Diskriminierung des Klägers anzusehen, die singulär steht und nicht geeignet ist, einen Fortsetzungszusammenhang zwischen den verschiedenen Beurteilungen insoweit zu schaffen, dass ein "Mobbing" i.S.d. Rechtsprechung anzunehmen wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Zusendung der Abordnung des Klägers zu einem Qualifizierungslehrgang an seine Privatadresse zu einem Zeitpunkt, in dem er sich krankheitsbedingt nicht im Dienst befunden hat, ist objektiv nicht als Provokation oder sonstige Schikane zu bewerten. Vielmehr verdeutlicht die vom Kläger vorgenommene Bewertung dieses Vorgangs seine zumindest inzwischen eingetretene Überempfindlichkeit gegenüber nicht zu beanstandenden Vorgehensweisen der Bediensteten des Beklagten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die übrigen behaupteten Handlungen, auf die der Kläger den Vorwurf des "Mobbing" stützt, sind im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Anlassbeurteilung vom 23.08.1999 vorgerichtlich und im Verwaltungsgerichtsverfahren geschehen, so dass auch sie nicht geeignet sind, über diese Einzelbeurteilung hinaus mit den anderen Vorwürfen eine systematische Vorgehensweise zur Zermürbung des Klägers erkennen zu lassen (s. auch unten zu Ziff. 4).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Eine systematische, fortgesetzte Begehungsweise war hier auch nicht entbehrlich. Die dienstlichen Beurteilungen stellen keine Dauerverletzung dar, weil es sich um auf einen bestimmten Stichtag bezogene Werturteile des Dienstvorgesetzten handelt. Auch wenn der Kläger selbst dauerhaft durch die in den dienstlichen Beurteilungen enthaltenen Werturteile getroffen wurde, sind sämtliche dienstlichen Beurteilungen nicht geeignet, einen Untergebenen objektiv dauerhaft zu beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren. Solchen dienstlichen Beurteilungen fehlt eine dauerhafte Außenwirkung schon deshalb, weil sie vom Dienstherrn den Kollegen nicht bekannt gemacht werden und keine Umstände ersichtlich sind, die dem Kläger das im Vergleich zu Kollegen verhältnismäßig schlechte Abschneiden immer wieder in unredlicher Weise in Erinnerung gerufen hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Schon danach liegt ein wegen "Mobbing" haftungsbegründendes Verhalten der Bediensteten des Beklagten nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Im übrigen können nur von Inhalt oder Art und Weise unberechtigte Vorgehensweisen den Vorwurf eines "Mobbing" begründen (LAG Nürnberg, NZA-RR 2003, 121, 123; Benecke, NZA-RR 2003, 225, 228; Rieble/Klumpp, a.a.O., S. 373), außer wenn hinter dem für sich gesehen rechtmäßigen Handeln ausschließlich ein Schikanewille steht, der hier nicht erkennbar ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die aufgrund des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn beschränkte Rechtmäßigkeitskontrolle lässt keine Rechtswidrigkeit der Beurteilungen vom 18.09.1989 bis 27.08.1998 erkennen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Bei einer dienstlichen Beurteilung gemäß § 115 LBG handelt es sich um einen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis mit einer der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung (BVerfG NVwZ-RR 2002, 802, 803; BVerwG ZBR 1988, S. 63; BVerwGE 60, 245, 246 ff).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Der Beamte hat deshalb eine dienstliche Beurteilung hinzunehmen, wenn sie sich innerhalb des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn hält, auch wenn das subjektive Wertgefühl des Beamten durch die dienstliche Beurteilung beeinträchtigt wird.
</td></tr></table>
<table><tr><td>aa)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwGE 60, 245, 246 ff). Auch wenn die Benotung durch den Deutschen Botschafter und eine Bewertung der Tätigkeit des Klägers beim Staatsschutz in den einzelnen dienstlichen Beurteilungen nicht auftaucht, bedeutet dies noch nicht automatisch, dass diese Tätigkeiten bei der Bewertung nicht berücksichtigt worden wären.
</td></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Die Beurteilung durch einen voreingenommenen Vorgesetzten stellt auch dann, wenn dem Dienstherrn eine sog. Beurteilungsermächtigung zusteht, einen Verfahrensfehler dar, weil dann der Dienstherr gegen seine selbstverständliche Pflicht verstößt, den Beamten gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen (BVerfG a.a.O.; BVerwG NVwZ 1998, 1302 f).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Hier gibt es bezüglich der Beurteilungen vor dem 23.08.1999 keine durchgreifenden und, soweit entscheidungserheblich, unter Beweis gestellten Hinweise auf eine objektiv gegebene Befangenheit der Beurteiler des Klägers.
</td></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Als möglicher haftungsbegründender Sachverhalt verbleibt danach nur noch die Auseinandersetzung um die Anlassbeurteilung für den Zeitraum 1.08.1998 bis 1.09.1999.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Soweit der Beklagte im Verwaltungsgerichtsverfahren durch seinen Vortrag seine Rechtsposition zu begründen versuchte, handelte er in Ausübung seiner guten Rechte als Prozesspartei. Der Kläger konnte weder einen kritiklosen Umgang mit ihm noch im Rahmen des Verwaltungsgerichtsverfahrens die Aufgabe einer rechtlichen Auseinandersetzung durch den Beklagten erwarten. Soweit geht die Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers, auch des Staates, nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Soweit es um vom Kläger gerügte Mängel bei der Erstellung der neuen dienstlichen Beurteilung vom 12.07.2001 geht, handelt es sich im wesentlichen um einen Teil der Auseinandersetzung in der Sache, nämlich das Finden einer rechtmäßigen Beurteilung mit einer angemessenen, sich innerhalb des Beurteilungsspielraums haltenden Gesamtnote und die Reichweite der Grundsätze der reformatio in peius, nicht aber um den für ein "Mobbing" typischen und erforderlichen Angriff auf die Persönlichkeit und Würde des Klägers, auch wenn er dies anders empfinden mag. Hier ist der Kläger auf den Rechtsschutz im Verwaltungsrechtsweg zu verweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die im Zusammenhang mit den Anlassbeurteilungen vom 23.08.1999, 28.07.2000 und 12.07.2001 vom Kläger vorgetragenen übrigen gerügten Verhaltensweisen sind von Art und Intensität nicht geeignet, den Vorwurf des "Mobbing" zu rechtfertigen und lassen eine systematische und fortgesetzte Begehungsweise vermissen. Wenn die vom Kläger aufgestellten Behauptungen sich als richtig erweisen würden, wären aufgrund des Geschehensablaufs einzelne, unschöne Ausfälle von Vorgesetzten des Klägers im Umgang mit ihm festzustellen, die aber eine Systematik nicht erkennen lassen, sondern sich als Einzelvorgänge darstellen. Darüber hinaus fehlt die notwendige Intensität des Eingriffs der einzelnen Maßnahmen in die geschützte Würde und Persönlichkeit des Klägers, um von einem "Mobbing" sprechen zu können.
</td></tr></table>
<table><tr><td>d)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Soweit der Kläger auf das nervenärztliche Gutachten des Dr. med. Frank Br. vom 29.06.2001 zur Begründung des Mobbingvorwurfs verweist, führt dies nicht zu einem schlüssigen Tatsachenvortrag. Der medizinische Sachverständige hat seine Beurteilungen allein auf dem eigenen Bekunden des Klägers abgegeben und selbst erklärt, dass es nicht Aufgabe der gutachterlichen Ausführungen ist, die Angaben des Klägers in ihrem Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Ein solches medizinisches Gutachten ist deshalb für die schlüssige Begründung und den Beweis eines "Mobbing" ungeeignet (vgl. LAG Baden-Württemberg AP Nr. 2 zu § 611 BGB "Mobbing"; Arbeitsgericht München NZA-RR 2002, 123, 124; LAG Berlin, Urteil v. 7.11.2002, Az. 16 Sa 938/02). Aus diesem Gutachten ergibt sich lediglich die klägerische Sichtweise der Geschehnisse und die von ihm deswegen empfundene tiefe Kränkung. Allerdings ist aus dem Gutachten neben der Kausalität der Geschehnisse für die Kränkung auch deren medizinische Einordnung als Dysthymia, einer chronisch depressiven Verstimmung, zu entnehmen. Das nervenärztliche Gutachten zeigt die in diesem Zusammenhang bedeutenden Persönlichkeitsdefizite des Klägers auf, wonach dem Kläger die entsprechenden Bewältigungsstrategien fehlten, um mit einer beruflichen Kränkung adäquat umzugehen, was die Reaktion des Klägers auf seine dienstlichen Beurteilungen verständlicher werden lässt. Der Gutachter bewertet diese Persönlichkeitsstruktur des Klägers als sekundären Narzissmus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Nach alledem fehlt ein schlüssiger Vortrag für ein haftungsbegründendes "Mobbing" des Klägers.
</td></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Die Anlassbeurteilung vom 23.08.1999 und die sich anschließenden, an ihre Stelle getretenen Beurteilungen vom 28.07.2000 und 12.07.2001 sowie die Äußerungen von Vorgesetzten im Zusammenhang mit diesen Beurteilungen erfüllen die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten auch unter anderen Gesichtspunkten als "Mobbing" nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Soweit der Kläger Ersatz für entgangenen Verdienst aufgrund der im Vergleich zu seinem Kollegen L. späteren Beförderung in Höhe von 1.280,08 EUR begehrt, scheitert dieser Anspruch an § 839 Abs. 3 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Der Kläger hat die angeblich rechtswidrige Unterlassung seiner Beförderung im Oktober 1999 hingenommen und damit in Kauf genommen, dass der Beklagte mit der Besetzung der Beförderungsämter vollendete Tatsachen schaffen konnte. Den ihm hier zur Verfügung stehenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz hat der Kläger nicht in Anspruch genommen, so dass § 839 Abs. 3 BGB seiner Amtshaftungsklage entgegensteht (BVerwG NVwZ-RR 2002, 620; NJW 1998, 3288, 3289). Die Inanspruchnahme von Primärrechtschutz war nicht aussichtslos und damit unzumutbar, weil der Kläger sich gegen seine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum 01.08.1998 bis 01.09.1999 gewehrt hat und diese Auseinandersetzung mit dem Dienstherrn zum Zeitpunkt der Besetzung der Beförderungsstelle noch nicht abgeschlossen war. Im Rahmen des Auswahlverfahren für ein Beförderungsamt ist weder der Dienstherr noch das Gericht an eine bestimmte dienstliche Beurteilung gebunden. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können auch unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen "Konkurrentenstreit" geltend gemacht werden. Der Beamte braucht nicht den Ausgang eines isolierten Streites und die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten (BVerwG NVwZ-RR 2002, 620). Der Kläger hätte bereits in einem früheren Verfahren mit dem Ziel seiner Beförderung seine Bedenken gegen die Beförderungspraxis des Beklagten einbringen können. Darüber hinaus hat der Kläger die Kausalität der rechtswidrigen Anlassbeurteilung vom 23.08.1999/28.07.2000 für das Unterbleiben der Beförderung nicht ausreichend dargelegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Soweit der Kläger wegen Gehaltskürzungen einen Ausgleich durch Schadensersatz erreichen möchte, ist er gemäß § 839 Abs. 3 BGB ebenfalls auf den Primärrechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu verweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Aufgrund des Urteils des VG Stuttgart vom 13.02.2001 steht für beide Parteien verbindlich die Rechtswidrigkeit der Anlassbeurteilung vom 23.08.1999 fest. Durch die Anlassbeurteilung haben die Vorgesetzten des Klägers ihre Amtspflichten gegenüber dem Kläger verletzt. Allerdings führt nicht jede rechtswidrige Maßnahme zu einem Schadensersatzanspruch.
</td></tr></table>
<table><tr><td>aa)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Ohne die Voraussetzungen eines "Mobbing" kommt ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer durch eine Amtspflichtverletzung veranlaßten Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt und die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Ob ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit angenommen werden kann, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei sind insbesondere die Art und Schwere der Beeinträchtigung sowie der Grad des Verschuldens, ferner Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 18.12.1986, Az.: III ZR 144/86; BGH NJW 1981, 675, 676). Nach den obigen Ausführungen ist ein so schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers, der eine Schadensersatzverpflichtung auslösen könnte, nicht gegeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Eine Haftung des Beklagten wegen der Gesundheitsbeschädigung des Klägers durch die Erkrankung an einer chronisch depressiven Verstimmung scheitert an der fehlenden Adäquanz der behaupteten Amtspflichtverletzungen für die Erkrankung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Selbst wenn die Anlassbeurteilung vom 23.08.1999 ursächlich oder mitursächlich für die jetzige Erkrankung des Klägers geworden wäre, ist sie durch diese Anlassbeurteilung und die in diesem Zusammenhang entstandenen Auseinandersetzungen und Angriffe nicht adäquat kausal verursacht worden. Zwar erstreckt sich der Zurechnungszusammenhang einer Pflichtverletzung grundsätzlich auch auf seelische Reaktionen des Verletzten, selbst wenn diese durch eine psychische Labilität wesentlich mit bestimmt sind. Der Schädiger muss daher grundsätzlich auch für psychische Erkrankungen wie depressive Verstimmungen einstehen (Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 69).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Nach der Rechtsprechung des für Fragen der Amtshaftung zuständigen 3. Zivilsenats des BGH gilt im Amtshaftungsrecht - wie im übrigen Schadensersatzrecht - das Erfordernis des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden. Ein solcher adäquater Zusammenhang besteht, wenn die Amtspflichtverletzung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen oder nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Schadens geeignet war (BGH NVwZ 1994, 825, 826 f m.w.N.). Eine Ersatzpflicht ist danach ausgeschlossen, wenn die neurotische Fehlhaltung in einem groben Missverhältnis zum schädigenden Ereignis steht, sie also Ausdruck einer offensichtlich unangemessenen Erlebnisverarbeitung ist (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O. Rn. 70 a).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Die Rechtswidrigkeit einer dienstlichen Beurteilung allein, gegen die Primärrechtsschutz möglich ist, ist nicht geeignet, dem Beklagten bzw. den Vorgesetzten des Klägers zurechenbar eine Dienstunfähigkeit wegen einer chronisch depressiven Verstimmung herbeizuführen. Vielmehr ist eine solche Reaktion auf eine nicht zufriedenstellende dienstliche Beurteilung Ausdruck einer offensichtlich unangemessenen Erlebnisverarbeitung, die dem Beklagten nicht bekannt war. Ergänzend ist auf das vom Kläger vorgelegte nervenärztliche Gutachten von Dr. Br. zu verweisen (vgl. oben 3.b)). Verdeutlicht wird die offensichtlich unangemessene Erlebnisverarbeitung durch die weiteren Folgen der rechtswidrigen Anlassbeurteilung vom 23.08.1999. Nach eigenem Vortrag trat durch diese Beurteilung lediglich eine verzögerte Beförderung statt im Oktober 1999 zum 1.04.2000 ein. Im September 2000 erhielt er die Abordnung zu einem Qualifizierungslehrgang. Danach waren weder die Folgen der rechtswidrigen Anlassbeurteilungen vom 23.08.1999 noch die damit verbundene objektive Kränkung des Klägers geeignet, einen Zurechnungszusammenhang zu der beim Kläger eingetretenen chronisch depressiven Verstimmung herzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
Ein anderes Ergebnis bei der Frage der Zurechenbarkeit würde sich auch nicht nach der Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH ergeben (BGH NJW 1996, 2425 f; NJW 1976, 1143, 1144). Hier liegt ein sog. Primärschäden vor, nämlich eine Gesundheitsbeschädigung, die haftungsbegründend durch die Amtspflichtverletzung eingetreten sein könnte. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Vorgesetzten des Klägers und damit das beklagten Land die besondere Gefahr einer Erkrankung des Klägers durch eine chronisch depressive Verstimmung hätten erkennen müssen oder erkannt haben und deshalb eine besondere Vorsicht im Umgang mit dem Kläger zu erwarten gewesen wäre, bei der die Erkrankung ausgeblieben wäre.
</td></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Einem Schadensersatzanspruch aufgrund der neuen Anlassbeurteilung vom 12.07.2001 steht wiederum § 839 Abs. 3 BGB entgegen. Der Kläger hat es schuldhaft unterlassen, Primärrechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht gegen diese neue Anlassbeurteilung zu erlangen. Der neue Verwaltungsakt bzw. die neue dienstliche Beurteilung kann nach den allgemein geltenden Grundsätzen wiederum angefochten werden (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 169 a.E.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
Allerdings findet § 839 Abs. 3 BGB dann keine Anwendung, wenn der Betroffene es unterlässt, gegen einen Verwaltungsakt, der den sachlichen Inhalt eines vorher erlassenen, von ihm angefochtenen Verwaltungsakt lediglich wiederholt, erneut ein Rechtsmittel einzulegen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Verwaltungsakt oder wie hier die dienstliche Beurteilung voll inhaltlich und mit derselben rechtlichen Begründung aufrechterhalten wird. Der Kläger rügt nun gerade, dass die einzelnen Bewertungen und damit die Begründung der Gesamtnote zu Unrecht verändert wurde (vgl. BGHZ 56, 57, 60).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
Selbst wenn auch die neue Anlassbeurteilung vom 12.07.2001 rechtswidrig wäre, müsste der Zurechnungszusammenhang zum geltend gemachten Schaden, nämlich einer Gesundheitsschädigung durch eine eingetretene chronisch depressive Verstimmung, verneint werden (s.o. b)bb)).
</td></tr></table>
<table><tr><td>5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 u. S. 2, 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,058
|
ag-schopfheim-2003-07-25-1-c-36902
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{
"id": 87,
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1 C 369/02
| 2003-07-25T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:27
| 2019-01-17T11:58:16
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
<strong>EUR 4.873,89</strong>
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 02. 02. 2002 zu bezahlen.
</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p>Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. EUR 6.300,00 vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Sicherheit kann durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge anerkannten Kreditinstitutes erbracht werden.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt von der Beklagten restliche Auszahlung aus einer Kapitallebensversicherung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger hatte als Inhaber des Gasthauses „H.“ seine dort angestellte Ehefrau N. unter der Versicherungsscheinnummer ... bei der Beklagten durch eine betriebliche Direktversicherung, die als Kapitallebensversicherung ausgestaltet war, versichert. Die Ehe zwischen dem Kläger und N. wurde durch Urteil des Familiengerichts Bad Säckingen vom 21.02.1994 - 2F 130/92- rechtskräftig geschieden. Die Ehefrau war aus dem Arbeitsverhältnis zum Kläger ausgeschieden und hatte zu diesem Zeitpunkt unverfallbare Versorgungsansprüche aus der Direktversicherung erworben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im Termin vom 21. 12. 1994 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe -Familiensenat der Außenstelle Freiburg- schlossen der Kläger und seine Ehefrau über den Zugewinnausgleich die Vereinbarung, wonach der Kläger sich verpflichtete, an seine Ehefrau einen Ausgleichsbetrag in Höhe von DM 37.000,00 zu bezahlen. Unberücksichtigt blieben dabei die unverfallbaren Anwartschaften der Ehefrau aus der Direktversicherung. Diesbezüglich einigten sich die Eheleute auf der Grundlage des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. 03. 1995 , dass der Kläger an seine Ehefrau einen weiteren Betrag von DM 6.250,00 entrichtet und N. die Beklagte unwiderruflich anweist, bei Fälligkeit der Versicherung die Versicherungssumme zuzüglich Leistungen aus der Überschussbeteiligung an den Kläger auszubezahlen. Für den Fall, dass die Auszahlung der Versicherungssumme und die Leistungen aus der Überschussbeteiligung an die Ehefrau erfolgen sollte, verpflichtete sich diese, den Betrag unverzüglich an den Kläger weiterzuleiten und auszuzahlen (AS. 17).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Ehefrau des Klägers wies die Beklagte entsprechend an mit Schreiben vom 29.03.1995 (AS. 23). Durch Schreiben vom 26.04.1995, gerichtet an die Ehefrau des Klägers, das die Beklagte an die Prozessbevollmächtigten des Klägers in Abschrift zukommen lies, bestätigte die Beklagte, dass der Kläger als unwiderruflich bezugsberechtigt für alle im Erlebensfall fällig werdenden Versicherungsleistungen vermerkt sei. Ohne schriftliche Zustimmung des Bezugsberechtigten könne sie dieses Bezugsrecht weder widerrufen noch ändern. Der unwiderruflich Bezugsberechtigte habe einen direkten Anspruch auf die Versicherungsleistung, erwerbe aber keine weiteren Rechte an der Versicherung (AS. 31).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Parteien des Rechtsstreits setzten den Versicherungsvertrag wieder in Kraft. Zu diesem Zwecke hatte der Kläger unter anderem eine Deckungskapitalnachzahlung in Höhe von DM 9.553,59 zu entrichten (AS. 33ff.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am 23.08.2000 informierte die Beklagte sowohl den Kläger als auch dessen geschiedene Ehefrau, dass sie sich wegen des gesetzlichen Abtretungsverbotes in § 2 BetrAVG an die vormalige Bestätigung nicht mehr halten könne und deshalb das unwiderrufliche Bezugsrecht gelöscht habe. Diese Auffassung wiederholte sie mit Schreiben vom 13.09.2000.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Zum 01.12.2001 lief die Kapitallebensversicherung aus. Mit Schreiben vom 02.10.2001 informierte die Beklagte den Kläger hierüber und teilte ihm mit, dass die unverfallbaren Versorgungsansprüche der Ehefrau des Klägers in Höhe von EUR 4.873,89 an ihn ausbezahlt würden, wenn er eine Zahlungsanweisung seiner Ehefrau beibringe. Der Kläger überließ der Beklagten die frühere Erklärung vom 29.03.1995. Die Beklagte zahlte auf Weisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers den Betrag von EUR 4.873,89 an diese aus, die jedoch entgegen der Zugewinnausgleichsvereinbarung von dieser nicht an den Kläger weitergeleitet wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Kläger erstritt beim Amtsgericht Bad Säckingen am 27.06.2002 ein Urteil gegen seine geschiedene Ehefrau über den Betrag von EUR 4.873,89. Die daraus vom Kläger betriebene Zwangsvollstreckung blieb erfolglos. Die geschiedene Ehefrau des Klägers gab am 30.08.2002 die eidesstattliche Versicherung ab, da sie ohne pfändbares Einkommen und ohne pfändbare Habe sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Kläger nimmt daher die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch in Höhe des an seine geschiedene Ehefrau ausbezahlten Betrages, weil die Beklagte gegen die Zahlungsanweisung verstoßen habe. Der Kläger ist der Ansicht, dass er nicht gegen das gesetzliche Abtretungsverbot verstoßen habe, da eine Abtretung nicht vorliege. Die Beklagte sei allein schon deshalb zur Auszahlung an den Kläger verpflichtet gewesen, da er entsprechend dem Schreiben der Beklagten vom 02.10.2001 die Zahlungsanweisung seiner geschiedenen Ehefrau aus dem Jahre 1995 vorgelegt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Kläger beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.873,89 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.02.2002 zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Sie ist der Ansicht, dass sie ihre Verpflichtung aus dem Kapitallebensversicherungsvertrag durch Auszahlung des Betrages in Höhe von EUR 4.873,89 an die geschiedene Ehefrau des Klägers erfüllt habe. Denn das Abtretungsverbot in § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG erfasse auch die Übertragung des unwiderruflichen Bezugsrechtes durch den Arbeitnehmer an einen Dritten, was sich aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift ergebe, die sicherstellen solle, dass der ursprüngliche Versorgungszweck der Direktversicherung auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten bleibe. Gegen dieses gesetzliche Verbot habe die Beklagte nicht verstoßen dürfen, weshalb sie auch berechtigt gewesen sei, die Bestätigung über die Änderung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung zu widerrufen. Im übrigen sei ihr nicht bekannt gewesen, dass der unwiderruflichen Auszahlungsanweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers eine Zugewinnausgleichsvereinbarung zugrunde gelegen habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen R. Wegen des Inhaltes dessen Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.07.2003 (AS. 199 ff.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die zulässige Klage ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem im Wege der Direktversicherung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrag , in dem die geschiedene Ehefrau des Klägers als dessen frühere Arbeitnehmerin die versicherte Person war, ein Anspruch auf restliche Zahlung in Höhe von EUR 4.873,89 nach Ablauf der Versicherung zum 01.12.2001 zu. Die Beklagte ist durch Zahlung dieses Betrages, der unstreitig der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft der geschiedenen Ehefrau des Klägers aus der Direktversicherung entspricht, an diese von ihrer Schuld nicht durch Erfüllung befreit (§362 BGB) . Denn Gläubiger der von der Beklagten geschuldeten Leistung war auch insoweit der Kläger.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Gläubigereigenschaft des Klägers folgt aus der unwiderruflichen Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers vom 29.03.1995, bei Vertragsende die Vertragssumme nebst zusätzlichen Leistungen an den Kläger auszubezahlen. Die insoweit Verfügende war verfügungsberechtigt. § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG, wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals weder abtreten noch beleihen kann, steht dem nicht entgegen. Zwar liegen grundsätzlich die Voraussetzungen des Abtretungsverbotes des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG vor, da die geschiedene Ehefrau unverfallbare Versorgungsanwartschaften unstreitig aus der Direktversicherung erworben hatte. Die unwiderrufliche Auszahlungsanweisung ist in ihren Wirkungen auch der Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung gleichzusetzen. Ob dies auch für eine widerrufliche Anweisung gelten würde, kann dahinstehen. Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG ist es, den Arbeitnehmer daran zu hindern, die erworbene Versorgungsanwartschaft zu liquidieren und für eine anderweitige (aktuelle) Bedürfnisbefriedigung zu nutzen (OLG Stuttgart NJW-RR 2001 150f). Diesem Zweck der Regelung liefe es jedoch zuwider , wenn die geschützte Person gegen Zahlung eines Betrages das Versicherungsunternehmen anweist, im Falle des Ablaufes der Versicherung die erlangten Versorgungsanwartschaften an einen Dritten auszubezahlen. Grundsätzlich entspricht diese Sachlage der Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau im März 1995.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Dennoch ist die unwiderrufliche Anweisung durch die geschiedene Ehefrau des Klägers ausnahmsweise wirksam, da gerade der vorliegende Fall dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht unterfällt und somit eine Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auch nicht unwirksam wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers diente der Erfüllung der nachträglich zwischen den geschiedenen Eheleuten nach rechtskräftiger Scheidung getroffenen Zugewinnausgleichsvereinbarung, die gemäß 1378 Abs. III BGB in einfacher Schriftform wirksam abgeschlossen wurde. Dass Gegenstand des Vertrages ein Zugewinnausgleichsanspruch war, folgt aus dem Schriftwechsel der Prozessbevollmächtigten des Klägers und dessen geschiedener Ehefrau vom 14.02.1995, 22.02.1995 und 27.02.1995 (AS. 135 - 141). Daraus ergibt sich, dass die verfahrensgegenständliche Direktversicherung im gerichtlichen Vergleich nicht berücksichtigt worden war, weil sie als Gegenstand des Zugewinnausgleichs erst danach von den Parteien des Scheidungsverfahrens festgestellt wurde. Das unverfallbare Versorgungsanrecht des bezugsberechtigten Arbeitnehmers aus der zu seiner betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung ist jedoch in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (BGHZ 117,70 ff.). Denn diese Anwartschaft besitzt bereits einen rechtlich geschützten, hinreichend sicheren Wert (BGH a.a.O. mit eingehender Begründung). Insbesondere steht der Einbeziehung der Anwartschaft in den Zugewinnausgleich nicht entgegen, dass der durch die Direktversicherung begünstigte Versicherte den in der Anwartschaft liegenden Vermögenswert bis zum Eintritt des Versicherungsfalles nicht in der Weise nutzbar machen kann, wie ihm dies bei einer von ihm selbst abgeschlossenen Versicherung möglich ist. Dem steht insbesondere das Abtretungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG entgegen. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs sind jedoch nicht nur solche Gegenstände berücksichtigungsfähig, deren Wert sogleich verfügbar ist. Auch können Gegenstände des Zugewinnausgleichs nicht nur mit dem Wert angesetzt werden, deren Wert sich sogleich realisieren lässt. Im Zugewinnausgleichsrecht besteht gerade für Fälle, in denen eine sofortige Liquidierung von Gegenständen nicht möglich ist und der Zahlungspflichtige zum sofortigen Ausgleich nicht in der Lage ist, die Möglichkeit, um die Notwendigkeit einer unwirtschaftlichen Liquidierung zu vermeiden, die Ausgleichsforderung gem. § 1382 Abs. 1 und 5 BGB auf Antrag des Schuldners zu stunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Liquidierung eines Vermögensgegenstandes gegenwärtig aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, aber in Zukunft hinreichend sicher zu erwarten steht. Dann kommt in Betracht, den Gegenstand nach seinem vollen wirtschaftlichen Wert unter Berücksichtigung verbleibender Unsicherheiten zu schätzen und die Ausgleichsforderung, deren Begleichung dem Schuldner gegenwärtig nicht möglich oder nicht zumutbar ist, auf seinen Antrag bis zu dem vorauszusehenden Zeitpunkt zu stunden, zu dem er den Gegenstand wirtschaftlich sinnvoll verwerten kann (vgl. zum Ganzen BGH a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Genau diese Situation war zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau im März 1995 gegeben. Die unverfallbare Versorgungsanwartschaft aus der Direktversicherung war nicht sofort zu liquidieren. Die geschiedene Ehefrau des Klägers war zu einem sofortigen Ausgleich offenbar nicht in der Lage, jedenfalls war dieser Ausgleich zum damaligen Zeitpunkt ohne erhebliche Wertverluste nicht zumutbar. Dann ist jedoch die getroffene Vereinbarung, mit der der Kläger zum Zeitpunkt der Verwertbarkeit der Ansprüche seiner geschiedenen Ehefrau aus der Direktversicherung nach Stundung seine ihm zustehenden Zugewinnausgleichforderungen realisieren kann, den gesetzlichen Möglichkeiten des § 1382 Abs. 1 und 5 BGB entsprechend erfolgt. Wenn die Vereinbarung folglich insofern mit der Intention des Gesetzgebers konform geht , kann sie andererseits dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG nicht widersprechen und ist deshalb als wirksam zu erachten. Ob die getroffene Zugewinnausgleichsvereinbarung letztendlich die der geschiedenen Ehefrau des Klägers erworbenen Versorgungsanwartschaften in wirtschaftlicher Hinsicht entsprach und einen zutreffenden Zugewinnausgleich dem Kläger zusprach, kann dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Personen, denen der Arbeitnehmer, der Bezugsberechtigter im Rahmen einer Direktversicherung ist, Unterhalt bzw. einen sonstigen familienrechtlich begründeten Ausgleich schuldet, in den § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG zugrundeliegenden Versorgungszweck einbezogen sind. Denn die durch den Arbeitnehmer aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit erworbene Altersversorgung hat Versorgungszweck nicht nur für ihn selbst, sondern auch für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen. Daher widerspricht es dem Sicherungszweck dieser Norm nicht, läuft vielmehr mit ihm konform, wenn in Bezug auf unterhalts- bzw. sonstige familienrechtliche Ausgleichsansprüche, wozu auch Zugewinnausgleichsansprüche zählen, bereits in der Anwartschaftsphase eine Befriedigungsmöglichkeit für den späteren Zeitpunkt der Anspruchsfälligkeit ermöglicht wird, wie dies vorliegend geschehen ist (OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 150ff.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Außerdem liegt hier der Sonderfall vor, dass Arbeitgeber und Begünstigter aus der Zahlungsanweisung personengleich sind. Der Kläger hätte damit die Direktversicherung kündigen, den Auszahlungsbetrag abtreten oder an sich auszahlen lassen könne (siehe z.B. LG Frankfurt NJW-RR 1995, 162 ff.). Hierdurch hätte er sich zwar gegenüber seiner Ehefrau schadensersatzpflichtig gemacht ( § 1 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG). Deren vorzeitiger Verzicht auf derartige Schadensersatzansprüche unterfällt nicht § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG. Ob letztendlich eine analoge Anwendung dieser Vorschrift dennoch diesen Verzicht unwirksam machen würde, kann im Hinblick auf das Vorstehende dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Da die Beklagte Kenntnis von der unwiderruflichen Auszahlungsanweisung hatte, hatte die Zahlung an die ursprüngliche Gläubigerin keine befreiende Wirkung (§ 407 Abs. 1 BGB analog).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Auch aus schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten würde die Beklagte haften, da sie schuldhaft den mit dem Kläger geschlossenen Versicherungsvertrag dadurch verletzt hat, dass sie die wirksame unwiderrufliche Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers, den Versicherungsbetrag an diesen auszubezahlen, missachtete. Selbst wenn die Beklagte in rechtlicher Hinsicht über die Bedeutung und den Umfang des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG berechtigterweise im Unklaren gewesen wäre , hätte Sie zur Vermeidung gegen sie gerichteter Schadensersatzansprüche den Betrag hinterlegen müssen. Dass ihr selbst unbekannt war, dass die Zahlungsanweisung einer Zugewinnausgleichsvereinbarung des Klägers und seiner geschiedenen Ehefrau, der Versicherten, entsprang, entlastet sie nicht. Denn der Zeuge Richter, der für die Beklagte die Änderung des Versicherungsvertrages mit dem Kläger vermittelte, hatte jedenfalls Kenntnis davon, dass an die Ehefrau des Klägers der „Rückkaufswert“ aus der Direktversicherung ausbezahlt wurde und dass sich die Eheleute Neudecker scheiden lassen wollten. Dass dann mit dem Vereinbarten der Zugewinnausgleich geregelt werden sollte, lag nahe. Die Beklagte hat sich die Kenntnis ihres Versicherungsvertreters zurechnen zu lassen (§ 166 Abs. 1 BGB) und im übrigen ihr fehlendes Verschulden zu beweisen ( § 282 BGB a. F. ).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Da die Beklagte mit Schreiben vom 01. 02. 2002 die Erfüllung der Ansprüche des Klägers ablehnte, befindet sie sich ab dem 02.02.2002 schuldhaft in Verzug. Der gesetzliche Verzugszins war daher ab diesem Zeitpunkt zuzusprechen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit wurde gemäß § 709 ZPO getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die zulässige Klage ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem im Wege der Direktversicherung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrag , in dem die geschiedene Ehefrau des Klägers als dessen frühere Arbeitnehmerin die versicherte Person war, ein Anspruch auf restliche Zahlung in Höhe von EUR 4.873,89 nach Ablauf der Versicherung zum 01.12.2001 zu. Die Beklagte ist durch Zahlung dieses Betrages, der unstreitig der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft der geschiedenen Ehefrau des Klägers aus der Direktversicherung entspricht, an diese von ihrer Schuld nicht durch Erfüllung befreit (§362 BGB) . Denn Gläubiger der von der Beklagten geschuldeten Leistung war auch insoweit der Kläger.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Gläubigereigenschaft des Klägers folgt aus der unwiderruflichen Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers vom 29.03.1995, bei Vertragsende die Vertragssumme nebst zusätzlichen Leistungen an den Kläger auszubezahlen. Die insoweit Verfügende war verfügungsberechtigt. § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG, wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals weder abtreten noch beleihen kann, steht dem nicht entgegen. Zwar liegen grundsätzlich die Voraussetzungen des Abtretungsverbotes des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG vor, da die geschiedene Ehefrau unverfallbare Versorgungsanwartschaften unstreitig aus der Direktversicherung erworben hatte. Die unwiderrufliche Auszahlungsanweisung ist in ihren Wirkungen auch der Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung gleichzusetzen. Ob dies auch für eine widerrufliche Anweisung gelten würde, kann dahinstehen. Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG ist es, den Arbeitnehmer daran zu hindern, die erworbene Versorgungsanwartschaft zu liquidieren und für eine anderweitige (aktuelle) Bedürfnisbefriedigung zu nutzen (OLG Stuttgart NJW-RR 2001 150f). Diesem Zweck der Regelung liefe es jedoch zuwider , wenn die geschützte Person gegen Zahlung eines Betrages das Versicherungsunternehmen anweist, im Falle des Ablaufes der Versicherung die erlangten Versorgungsanwartschaften an einen Dritten auszubezahlen. Grundsätzlich entspricht diese Sachlage der Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau im März 1995.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Dennoch ist die unwiderrufliche Anweisung durch die geschiedene Ehefrau des Klägers ausnahmsweise wirksam, da gerade der vorliegende Fall dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht unterfällt und somit eine Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auch nicht unwirksam wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers diente der Erfüllung der nachträglich zwischen den geschiedenen Eheleuten nach rechtskräftiger Scheidung getroffenen Zugewinnausgleichsvereinbarung, die gemäß 1378 Abs. III BGB in einfacher Schriftform wirksam abgeschlossen wurde. Dass Gegenstand des Vertrages ein Zugewinnausgleichsanspruch war, folgt aus dem Schriftwechsel der Prozessbevollmächtigten des Klägers und dessen geschiedener Ehefrau vom 14.02.1995, 22.02.1995 und 27.02.1995 (AS. 135 - 141). Daraus ergibt sich, dass die verfahrensgegenständliche Direktversicherung im gerichtlichen Vergleich nicht berücksichtigt worden war, weil sie als Gegenstand des Zugewinnausgleichs erst danach von den Parteien des Scheidungsverfahrens festgestellt wurde. Das unverfallbare Versorgungsanrecht des bezugsberechtigten Arbeitnehmers aus der zu seiner betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung ist jedoch in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (BGHZ 117,70 ff.). Denn diese Anwartschaft besitzt bereits einen rechtlich geschützten, hinreichend sicheren Wert (BGH a.a.O. mit eingehender Begründung). Insbesondere steht der Einbeziehung der Anwartschaft in den Zugewinnausgleich nicht entgegen, dass der durch die Direktversicherung begünstigte Versicherte den in der Anwartschaft liegenden Vermögenswert bis zum Eintritt des Versicherungsfalles nicht in der Weise nutzbar machen kann, wie ihm dies bei einer von ihm selbst abgeschlossenen Versicherung möglich ist. Dem steht insbesondere das Abtretungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG entgegen. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs sind jedoch nicht nur solche Gegenstände berücksichtigungsfähig, deren Wert sogleich verfügbar ist. Auch können Gegenstände des Zugewinnausgleichs nicht nur mit dem Wert angesetzt werden, deren Wert sich sogleich realisieren lässt. Im Zugewinnausgleichsrecht besteht gerade für Fälle, in denen eine sofortige Liquidierung von Gegenständen nicht möglich ist und der Zahlungspflichtige zum sofortigen Ausgleich nicht in der Lage ist, die Möglichkeit, um die Notwendigkeit einer unwirtschaftlichen Liquidierung zu vermeiden, die Ausgleichsforderung gem. § 1382 Abs. 1 und 5 BGB auf Antrag des Schuldners zu stunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Liquidierung eines Vermögensgegenstandes gegenwärtig aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, aber in Zukunft hinreichend sicher zu erwarten steht. Dann kommt in Betracht, den Gegenstand nach seinem vollen wirtschaftlichen Wert unter Berücksichtigung verbleibender Unsicherheiten zu schätzen und die Ausgleichsforderung, deren Begleichung dem Schuldner gegenwärtig nicht möglich oder nicht zumutbar ist, auf seinen Antrag bis zu dem vorauszusehenden Zeitpunkt zu stunden, zu dem er den Gegenstand wirtschaftlich sinnvoll verwerten kann (vgl. zum Ganzen BGH a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Genau diese Situation war zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau im März 1995 gegeben. Die unverfallbare Versorgungsanwartschaft aus der Direktversicherung war nicht sofort zu liquidieren. Die geschiedene Ehefrau des Klägers war zu einem sofortigen Ausgleich offenbar nicht in der Lage, jedenfalls war dieser Ausgleich zum damaligen Zeitpunkt ohne erhebliche Wertverluste nicht zumutbar. Dann ist jedoch die getroffene Vereinbarung, mit der der Kläger zum Zeitpunkt der Verwertbarkeit der Ansprüche seiner geschiedenen Ehefrau aus der Direktversicherung nach Stundung seine ihm zustehenden Zugewinnausgleichforderungen realisieren kann, den gesetzlichen Möglichkeiten des § 1382 Abs. 1 und 5 BGB entsprechend erfolgt. Wenn die Vereinbarung folglich insofern mit der Intention des Gesetzgebers konform geht , kann sie andererseits dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG nicht widersprechen und ist deshalb als wirksam zu erachten. Ob die getroffene Zugewinnausgleichsvereinbarung letztendlich die der geschiedenen Ehefrau des Klägers erworbenen Versorgungsanwartschaften in wirtschaftlicher Hinsicht entsprach und einen zutreffenden Zugewinnausgleich dem Kläger zusprach, kann dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Personen, denen der Arbeitnehmer, der Bezugsberechtigter im Rahmen einer Direktversicherung ist, Unterhalt bzw. einen sonstigen familienrechtlich begründeten Ausgleich schuldet, in den § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG zugrundeliegenden Versorgungszweck einbezogen sind. Denn die durch den Arbeitnehmer aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit erworbene Altersversorgung hat Versorgungszweck nicht nur für ihn selbst, sondern auch für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen. Daher widerspricht es dem Sicherungszweck dieser Norm nicht, läuft vielmehr mit ihm konform, wenn in Bezug auf unterhalts- bzw. sonstige familienrechtliche Ausgleichsansprüche, wozu auch Zugewinnausgleichsansprüche zählen, bereits in der Anwartschaftsphase eine Befriedigungsmöglichkeit für den späteren Zeitpunkt der Anspruchsfälligkeit ermöglicht wird, wie dies vorliegend geschehen ist (OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 150ff.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Außerdem liegt hier der Sonderfall vor, dass Arbeitgeber und Begünstigter aus der Zahlungsanweisung personengleich sind. Der Kläger hätte damit die Direktversicherung kündigen, den Auszahlungsbetrag abtreten oder an sich auszahlen lassen könne (siehe z.B. LG Frankfurt NJW-RR 1995, 162 ff.). Hierdurch hätte er sich zwar gegenüber seiner Ehefrau schadensersatzpflichtig gemacht ( § 1 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG). Deren vorzeitiger Verzicht auf derartige Schadensersatzansprüche unterfällt nicht § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG. Ob letztendlich eine analoge Anwendung dieser Vorschrift dennoch diesen Verzicht unwirksam machen würde, kann im Hinblick auf das Vorstehende dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Da die Beklagte Kenntnis von der unwiderruflichen Auszahlungsanweisung hatte, hatte die Zahlung an die ursprüngliche Gläubigerin keine befreiende Wirkung (§ 407 Abs. 1 BGB analog).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Auch aus schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten würde die Beklagte haften, da sie schuldhaft den mit dem Kläger geschlossenen Versicherungsvertrag dadurch verletzt hat, dass sie die wirksame unwiderrufliche Anweisung der geschiedenen Ehefrau des Klägers, den Versicherungsbetrag an diesen auszubezahlen, missachtete. Selbst wenn die Beklagte in rechtlicher Hinsicht über die Bedeutung und den Umfang des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG berechtigterweise im Unklaren gewesen wäre , hätte Sie zur Vermeidung gegen sie gerichteter Schadensersatzansprüche den Betrag hinterlegen müssen. Dass ihr selbst unbekannt war, dass die Zahlungsanweisung einer Zugewinnausgleichsvereinbarung des Klägers und seiner geschiedenen Ehefrau, der Versicherten, entsprang, entlastet sie nicht. Denn der Zeuge Richter, der für die Beklagte die Änderung des Versicherungsvertrages mit dem Kläger vermittelte, hatte jedenfalls Kenntnis davon, dass an die Ehefrau des Klägers der „Rückkaufswert“ aus der Direktversicherung ausbezahlt wurde und dass sich die Eheleute Neudecker scheiden lassen wollten. Dass dann mit dem Vereinbarten der Zugewinnausgleich geregelt werden sollte, lag nahe. Die Beklagte hat sich die Kenntnis ihres Versicherungsvertreters zurechnen zu lassen (§ 166 Abs. 1 BGB) und im übrigen ihr fehlendes Verschulden zu beweisen ( § 282 BGB a. F. ).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Da die Beklagte mit Schreiben vom 01. 02. 2002 die Erfüllung der Ansprüche des Klägers ablehnte, befindet sie sich ab dem 02.02.2002 schuldhaft in Verzug. Der gesetzliche Verzugszins war daher ab diesem Zeitpunkt zuzusprechen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit wurde gemäß § 709 ZPO getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,059
|
olgkarl-2003-07-25-14-u-20701
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
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|
14 U 207/01
| 2003-07-25T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:27
| 2019-02-12T12:39:58
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Der Rechtsstreit ist infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die als GmbH u. Co. KG ein Bauunternehmen betreibende Klägerin hat die beklagte Bundesanstalt auf Schadensersatz i.H.v. 6,2 Mio. DM sowie auf Feststellung weiterer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Sie hat dazu vorgetragen, ein Presseartikel über ein gegen die Klägerin gerichtetes Bußgeldverfahren wegen unerlaubter Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer habe bei ihr zu einem erheblichen Umsatzrückgang und allein in den Jahren 1997 bis 1999 zu einem Schaden i.H.v. 6,2 Mio. DM geführt. Dieser Presseartikel sei von einem Beamten der Klägerin unter Verletzung seiner Amtspflichten veranlasst worden. Mit Urteil vom 8.11.2001 hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine Amtspflichtverletzung habe nicht vorgelegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Berufungsschrift ging am 14.12.2001 beim Berufungsgericht ein und wurde mit Schriftsatz vom 11.2.2002 begründet. Der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist war am 11.1.2002 bei Gericht eingegangen. Die Berufungsbegründungsschrift ging innerhalb der durch Verfügung vom 11.1.2002 bis zum 14.2.2002 verlängerten Frist am 12.2.2002 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 21.2.2002 zugestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Bereits mit Beschluss des AG-Insolvenzgerichts - R. vom 2.1.2002 war über das Vermögen der Klägerin gem. den §§ 21, 22 InsO die vorläufige Verwaltung angeordnet und zum vorläufigen Verwalter Rechtsanwalt P. bestimmt worden; die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters war mit der Anordnung verbunden worden, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam werden. - Mit Beschluss vom 13.2.2002 hat das AG R. über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt P. zum Insolvenzverwalter bestimmt. Nach nicht bestrittenem Vortrag der Beklagten befindet sich auch die Komplementär-GmbH der Klägerin in der Insolvenz. Mit Schriftsatz vom 5.4.2002 hat der Konkursverwalter unter Bezugnahme auf einen Beschluss der Gläubigerversammlung vom 2.4.2002 ggü. den Eheleuten A. als den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Klägerin die streitgegenständliche Forderung aus der Insolvenzmasse freigegeben. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.4.2002 die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt (§ 85 Abs. 2 InsO). Mit Schriftsatz vom 20.6.2002 hat der Insolvenzverwalter ggü. den Eheleuten A. erklären lassen, dass sich die Freigabeerklärung auch auf den Feststellungsantrag beziehe; zugleich hat er bestätigen lassen, dass es sich um eine „echte” Freigabe handele, die zum Erlöschen des Insolvenzbeschlages unter Wiedererlangung der Verfügungsgewalt durch die Schuldnerin führe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Umstand, dass über ihr Vermögen zunächst die vorläufige Verwaltung und sodann das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, habe aufgrund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters keine Auswirkung auf ihre Prozessführungsbefugnis.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Hilfsweise erklärt sie die Hauptsache für erledigt. Sie meint, die Berufung sei schon deshalb unzulässig, weil das Verfahren bereits zum 2.1.2002 unterbrochen worden sei, so dass die unter dem 11.1.2002 verfügte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wirkungslos gewesen und die Berufung ggü. der Beklagten nicht - und erst recht nicht rechtzeitig - begründet worden sei. Zudem fehle es der Klägerin an der erforderlichen Prozessführungsbefugnis, weil sie das unterbrochene Verfahren nicht wirksam habe aufnehmen können.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die zulässige Berufung kann zu keiner Sachentscheidung führen, weil das Berufungsverfahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen ist. Dass das Verfahren unterbrochen ist, war durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) auszusprechen (vgl. BGH v. 28.10.1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209 ff. [218] = MDR 1982, 383; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rz. 3 vor § 239 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
I. Die innerhalb der Monatsfrist nach § 516 ZPO a.F. eingelegte Berufung wurde innerhalb der verlängerten Frist (§ 519 Abs. 2 S. 3 ZPO a.F.) begründet und ist damit zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die durch Verfügung vom 11.1.2002 erfolgte Fristverlängerung wirksam. Zwar war damals über das Vermögen der Klägerin bereits die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, diese hatte aber noch nicht zu einer Unterbrechung des Berufungsverfahrens geführt. Dies ergibt sich daraus, dass das Insolvenzgericht der Klägerin zusammen mit der zugleich erfolgten Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters kein allgemeines Verfügungsverbot (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1; 22 Abs. 1 S. 1 InsO), sondern nur einen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) auferlegt hat, so dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Klägerin nicht - wie von § 240 S. 2 ZPO für eine Unterbrechung vorausgesetzt - gem. § 22 Abs. 1 S. 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist (vgl. BGH v. 21.6.1999 - II ZR 70/98, MDR 1999, 1205 = GmbHR 1999, 916 = NJW 1999, 2822 f.; Pape/Uhlenbruck, InsR, 2002, Rz. 569; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rz. 5 zu § 240).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die am 12.2.2002 und damit innerhalb der verlängerten Frist eingegangene Berufung war mithin rechtzeitig und ist auch i.Ü. wirksam erfolgt. Der Umstand, dass das Berufungsverfahren am 13.2.2002 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen wurde (§ 240 S. 1 ZPO) ändert daran nichts. Zwar war die dann am 21.2.2002 und damit nach Unterbrechung erfolgte Zustellung der Berufungsbegründung an die Beklagte dieser ggü. zunächst gem. § 249 Abs. 2 ZPO unwirksam, Heilung ist jedoch dadurch eingetreten, dass die Beklagte diesen Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung vom 14.3.2003 nicht gerügt hat (vgl. § 295 Abs. 1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
II. Die mit der am 13.2.2002 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Unterbrechung des Berufungsverfahrens dauert an, insb. wurde sie nicht durch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.4.2002 erklärte Aufnahme des Rechtsstreits beendet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
1. Eine wirksame Aufnahme des Rechtsstreits durch die Klägerin als der Gemeinschuldnerin hätte eine vorherige Rückerlangung der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergegangenen Prozessführungsbefugnis (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) vorausgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
2. Zur Bewirkung eines Übergangs der Prozessführungsbefugnis auf die Klägerin war die vom Insolvenzverwalter erklärte Freigabe der streitgegenständlichen Forderung (vgl. § 85 Abs. 2 InsO) indessen nicht geeignet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Freigabe - wie von der Klägerin behauptet und von der Beklagten bestritten - um eine „echte”, den unbedingten Verzicht auf die Massezugehörigkeit enthaltende (zu diesem Wirksamkeitserfordernis etwa Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 30 zu 35 m.w.N.) Freigabe handeln sollte. Denn unwirksam ist sie jedenfalls deshalb, weil nach Auffassung des Senats im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Personengesellschaft, deren persönlich haftender Gesellschafter weder eine natürliche Person noch eine nicht insolvente juristische Person ist, der Verwalter keine - auch keine streitbefangenen - Massegegenstände freigeben kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
I. Für die KO ist die Rspr. ohne weiteres davon ausgegangen, dass die - dem heutigen § 85 Abs. 2 InsO entspr. - Vorschrift des § 10 Abs. 2 KO auch auf den Gesellschaftskonkurs Anwendung finde. Zur Begründung wurde lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaft, obgleich sie durch die Konkurseröffnung über ihr Vermögen nach den entspr. gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (für die KG: § 131 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB a. F). aufgelöst wird, jedenfalls bis zur Abwicklung weiterbestehe und in Angelegenheiten, die nicht zur Konkursmasse und nicht zum Pflichtenkreis des Konkursverwalters gehören, von ihren Organen weiter vertreten werde (so z.B. RGZ 127, 197 ff., 200; BGH, NJW 1966, 51; LG Osnabrück v. 24.9.1993 - 9 O 177/90, GmbHR 1994, 485 = ZIP 1994, 384). Dem ist die Lit. für § 10 KO und dann später für § 85 Abs. 2 InsO überwiegend gefolgt (Nachweise bei Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 26 zu § 85 [Fn. 75], ferner etwa Smid/Bearbeiter, InsO, 1999, Rz. 12 zu § 35, Rz. 30 zu § 80 und Rz. 18 zu § 85; Pape/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 494; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 24 zu § 35). Eine Mindermeinung hält eine Freigabe von Massegegenständen dagegen nur im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person für zulässig (eingehend Karsten Schmidt, Unterbrechung und Fortsetzung von Prozessen im Konkurs einer Handelsgesellschaft, KTS 1994, S. 309 ff.; vgl. ferner die Nachweise bei Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 27 zu § 85). Ähnlicher Auffassung ist - für die GesO - offenbar auch der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin in diesem Verfahren, der die Freigabe in der über das Vermögen einer GmbH eröffneten Gesamtvollstreckung als „unzulässig” und „unzweckmäßig” bezeichnet hat (vgl. Pluta, Anm. zu LG Chemnitz v. 15.11.1995 - 9 O 3353/94, EwiR 1996, 265 [zitiert nach Smid/Rattunde, InsO, 1999, Rz. 30 zu § 80]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
II. Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls seit Einführung der InsO der Mindermeinung für solche Gesellschaften zu folgen, bei denen - wie hier - keine natürliche Person als Gesellschafter persönlich haftet und wenn - wie ebenfalls hier - auch über das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
aa) Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ist es ein Ziel des neuen Insolvenzverfahrens, das Vermögen einer insolventen Gesellschaft „vollständig abzuwickeln. Bei Gesellschaften soll es vermieden werden, dass sich an die Liquidation im Insolvenzverfahren noch eine gesellschaftsrechtliche Liquidation anschließen muss. Eine Gesellschaft soll, sofern kein Sanierungsplan zustande kommt, im Insolvenzverfahren bis zur Löschungsreife abgewickelt werden; ein bei Verfahrensende etwa noch vorhandenes Restvermögen soll vom Insolvenzverwalter nach den Regeln des Gesellschaftsrechts an die am Schuldner beteiligten Personen verteilt werden” (Begründung zu Art. 22 Nr. 1 RegE EG [FGG] zur Einfügung eines neuen § 141a FGG [zitiert nach Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, S. 655]; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, Rz. 3 zu § 141a). Ihren Niederschlag gefunden hat diese Absicht in § 199 S. 2 InsO und im durch Art. 23 EGInsO eingefügten § 141a FGG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
bb) Mit der genannten Intention des Gesetzgebers ist eine Freigabe von Massegegenständen im Insolvenzverfahren über das Vermögen von Gesellschaften, bei denen keine persönliche Haftung einer natürlichen Person besteht und deren persönlich haftende Gesellschafter insolvent sind, nicht vereinbar. Sie ist daher nur im Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen oder aber von solchen Gesellschaften zulässig, für die zumindest eine natürliche oder eine nicht vermögenslose juristische Person persönlich haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
I. Was die überwiegende Literaturmeinung gegen eine solche Einschränkung der Freigabebefugnis des Insolvenzverwalters vorbringt, kann nach Auffassung des Senats nicht überzeugen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
A. Das Argument, § 85 Abs. 2 InsO sei deshalb auch im Insolvenzverfahren von Gesellschaften der hier in Rede stehenden Art anwendbar, weil die Vorschrift trotz des dem Gesetzgeber bekannten Streits um die Möglichkeit der Freigabe im Gesellschaftskonkurs nicht danach unterscheidet, um welche Art von Person es sich beim Schuldner handelt (vgl. Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85), erscheint als wenig tragfähig, weil sich die Gesetzesmaterialien nirgends mit der diesbezüglichen Problematik befassen. In der Begründung zu den §§ 96, 97 des RegE - die den §§ 85,86 InsO entsprechen - (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 301) heißt es lediglich, die Lösungen der §§ 10, 11 KO würden übernommen. Darin kann keine Entscheidung für die eine oder die andere der damals vertretenen Meinungen, sondern allenfalls ein Hinweis darauf gesehen werden, dass die Entscheidung der Streitfrage der Wissenschaft und der Rspr. überlassen bleiben sollte. - Als zur Begründung der h.M. nicht geeignet, da auf eine Petitio principii hinauslaufend, erscheint ferner die These (Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85), die grundsätzliche Pflicht des Verwalters zur Vollabwicklung der Gesellschaft (§ 199 S. 2 InsO) verdränge nicht die Ablehnungsbefugnis des Verwalters nach § 85 Abs. 2 InsO, sondern werde durch diese eingeschränkt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
B. Nicht überzeugen kann die Auffassung (Pape/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 494), eine Freigabe von Massegegenständen müsse auch in den hier interessierenden Fällen schon deshalb möglich sein, weil der Insolvenzverwalter nicht gezwungen sein solle, Aktivprozesse des Schuldners ohne Rücksicht auf die Werthaltigkeit von Vermögensgegenständen zu Ende zu führen. Denn tatsächlich besteht eine derartige Verpflichtung auch bei Verneinung einer Freigabemöglichkeit nicht, weil der Verwalter - worauf Karsten Schmidt (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 318) mit Recht hingewiesen hat - Verzichtsurteil (§ 306 ZPO) nehmen oder die Klage zurücknehmen kann. Demgegenüber erscheint es mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens, eine maximale Gläubigerbefriedigung zu erzielen (so zutreffend Smid/Rattunde, InsO, 1999, Rz. 30 zu § 80), nicht vereinbar, dem Verwalter das Recht zu einer allein wirksamen „echten” Freigabe zu geben und auf diese Weise den Gläubigern ggf. sehr erhebliche Vermögenswerte des Schuldners - im vorliegenden Fall geht es um mehr als 3 Mio. Euro - vorzuenthalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
C. Nicht stichhaltig erscheint schließlich der für eine Freigabemöglichkeit ins Feld geführte Hinweis, ein Prozessgegner laufe auch dann Gefahr, mit einem weitgehend vermögenslosen Schuldner zu prozessieren, wenn es sich dabei um eine natürliche Person handele bzw. wenn - bei einer Personengesellschaft - eine natürliche Person als Gesellschafter persönlich hafte (vgl. Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85). Dem ist entgegenzuhalten, dass eine natürliche Person für einen Kostenerstattungsanspruch auch mit ihrem künftigen Vermögen haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
3. Eine Aufnahme des Berufungsverfahrens und damit eine Beendigung der Unterbrechung ist - entgegen der Auffassung von Karsten Schmidt (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 317) - nicht etwa darin zu sehen, dass der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 15.2.2002 (II 89) dem Gericht seine Bestellung angezeigt hat. Eine analoge Anwendung von § 241 ZPO verbietet sich schon deshalb, weil der Verwalter dadurch die in § 85 Abs. 1 S. 2 InsO vorausgesetzte angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist verlieren würde (in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85). Hierfür besteht auch aus Sicht des Gegners, der ein anzuerkennendes Interesse an einer Beendigung des Rechtsstreits haben mag, kein Bedürfnis, weil er den Rechtsstreit ebenfalls aufnehmen kann (§ 85 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
III. Der Erlass eines Zwischenurteils nach § 303 ZPO war angezeigt, weil zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Aufnahme und damit über die Frage der Unterbrechung des Berufungsverfahrens Streit besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (hierzu Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, Rz. 4 zu § 303). Dazu, dass eine Anfechtung des Zwischenurteils nicht gegeben ist, Zöller/Vollkommer, Rz. 11 zu § 33.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Bauer Dr. Krauß
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
VorsRiOLG RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die zulässige Berufung kann zu keiner Sachentscheidung führen, weil das Berufungsverfahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen ist. Dass das Verfahren unterbrochen ist, war durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) auszusprechen (vgl. BGH v. 28.10.1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209 ff. [218] = MDR 1982, 383; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rz. 3 vor § 239 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
I. Die innerhalb der Monatsfrist nach § 516 ZPO a.F. eingelegte Berufung wurde innerhalb der verlängerten Frist (§ 519 Abs. 2 S. 3 ZPO a.F.) begründet und ist damit zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die durch Verfügung vom 11.1.2002 erfolgte Fristverlängerung wirksam. Zwar war damals über das Vermögen der Klägerin bereits die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, diese hatte aber noch nicht zu einer Unterbrechung des Berufungsverfahrens geführt. Dies ergibt sich daraus, dass das Insolvenzgericht der Klägerin zusammen mit der zugleich erfolgten Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters kein allgemeines Verfügungsverbot (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1; 22 Abs. 1 S. 1 InsO), sondern nur einen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) auferlegt hat, so dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Klägerin nicht - wie von § 240 S. 2 ZPO für eine Unterbrechung vorausgesetzt - gem. § 22 Abs. 1 S. 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist (vgl. BGH v. 21.6.1999 - II ZR 70/98, MDR 1999, 1205 = GmbHR 1999, 916 = NJW 1999, 2822 f.; Pape/Uhlenbruck, InsR, 2002, Rz. 569; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rz. 5 zu § 240).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die am 12.2.2002 und damit innerhalb der verlängerten Frist eingegangene Berufung war mithin rechtzeitig und ist auch i.Ü. wirksam erfolgt. Der Umstand, dass das Berufungsverfahren am 13.2.2002 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen wurde (§ 240 S. 1 ZPO) ändert daran nichts. Zwar war die dann am 21.2.2002 und damit nach Unterbrechung erfolgte Zustellung der Berufungsbegründung an die Beklagte dieser ggü. zunächst gem. § 249 Abs. 2 ZPO unwirksam, Heilung ist jedoch dadurch eingetreten, dass die Beklagte diesen Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung vom 14.3.2003 nicht gerügt hat (vgl. § 295 Abs. 1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
II. Die mit der am 13.2.2002 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Unterbrechung des Berufungsverfahrens dauert an, insb. wurde sie nicht durch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.4.2002 erklärte Aufnahme des Rechtsstreits beendet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
1. Eine wirksame Aufnahme des Rechtsstreits durch die Klägerin als der Gemeinschuldnerin hätte eine vorherige Rückerlangung der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergegangenen Prozessführungsbefugnis (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) vorausgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
2. Zur Bewirkung eines Übergangs der Prozessführungsbefugnis auf die Klägerin war die vom Insolvenzverwalter erklärte Freigabe der streitgegenständlichen Forderung (vgl. § 85 Abs. 2 InsO) indessen nicht geeignet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Freigabe - wie von der Klägerin behauptet und von der Beklagten bestritten - um eine „echte”, den unbedingten Verzicht auf die Massezugehörigkeit enthaltende (zu diesem Wirksamkeitserfordernis etwa Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 30 zu 35 m.w.N.) Freigabe handeln sollte. Denn unwirksam ist sie jedenfalls deshalb, weil nach Auffassung des Senats im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Personengesellschaft, deren persönlich haftender Gesellschafter weder eine natürliche Person noch eine nicht insolvente juristische Person ist, der Verwalter keine - auch keine streitbefangenen - Massegegenstände freigeben kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
I. Für die KO ist die Rspr. ohne weiteres davon ausgegangen, dass die - dem heutigen § 85 Abs. 2 InsO entspr. - Vorschrift des § 10 Abs. 2 KO auch auf den Gesellschaftskonkurs Anwendung finde. Zur Begründung wurde lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaft, obgleich sie durch die Konkurseröffnung über ihr Vermögen nach den entspr. gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (für die KG: § 131 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB a. F). aufgelöst wird, jedenfalls bis zur Abwicklung weiterbestehe und in Angelegenheiten, die nicht zur Konkursmasse und nicht zum Pflichtenkreis des Konkursverwalters gehören, von ihren Organen weiter vertreten werde (so z.B. RGZ 127, 197 ff., 200; BGH, NJW 1966, 51; LG Osnabrück v. 24.9.1993 - 9 O 177/90, GmbHR 1994, 485 = ZIP 1994, 384). Dem ist die Lit. für § 10 KO und dann später für § 85 Abs. 2 InsO überwiegend gefolgt (Nachweise bei Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 26 zu § 85 [Fn. 75], ferner etwa Smid/Bearbeiter, InsO, 1999, Rz. 12 zu § 35, Rz. 30 zu § 80 und Rz. 18 zu § 85; Pape/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 494; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 24 zu § 35). Eine Mindermeinung hält eine Freigabe von Massegegenständen dagegen nur im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person für zulässig (eingehend Karsten Schmidt, Unterbrechung und Fortsetzung von Prozessen im Konkurs einer Handelsgesellschaft, KTS 1994, S. 309 ff.; vgl. ferner die Nachweise bei Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 27 zu § 85). Ähnlicher Auffassung ist - für die GesO - offenbar auch der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin in diesem Verfahren, der die Freigabe in der über das Vermögen einer GmbH eröffneten Gesamtvollstreckung als „unzulässig” und „unzweckmäßig” bezeichnet hat (vgl. Pluta, Anm. zu LG Chemnitz v. 15.11.1995 - 9 O 3353/94, EwiR 1996, 265 [zitiert nach Smid/Rattunde, InsO, 1999, Rz. 30 zu § 80]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
II. Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls seit Einführung der InsO der Mindermeinung für solche Gesellschaften zu folgen, bei denen - wie hier - keine natürliche Person als Gesellschafter persönlich haftet und wenn - wie ebenfalls hier - auch über das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
aa) Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ist es ein Ziel des neuen Insolvenzverfahrens, das Vermögen einer insolventen Gesellschaft „vollständig abzuwickeln. Bei Gesellschaften soll es vermieden werden, dass sich an die Liquidation im Insolvenzverfahren noch eine gesellschaftsrechtliche Liquidation anschließen muss. Eine Gesellschaft soll, sofern kein Sanierungsplan zustande kommt, im Insolvenzverfahren bis zur Löschungsreife abgewickelt werden; ein bei Verfahrensende etwa noch vorhandenes Restvermögen soll vom Insolvenzverwalter nach den Regeln des Gesellschaftsrechts an die am Schuldner beteiligten Personen verteilt werden” (Begründung zu Art. 22 Nr. 1 RegE EG [FGG] zur Einfügung eines neuen § 141a FGG [zitiert nach Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, S. 655]; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, Rz. 3 zu § 141a). Ihren Niederschlag gefunden hat diese Absicht in § 199 S. 2 InsO und im durch Art. 23 EGInsO eingefügten § 141a FGG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
bb) Mit der genannten Intention des Gesetzgebers ist eine Freigabe von Massegegenständen im Insolvenzverfahren über das Vermögen von Gesellschaften, bei denen keine persönliche Haftung einer natürlichen Person besteht und deren persönlich haftende Gesellschafter insolvent sind, nicht vereinbar. Sie ist daher nur im Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen oder aber von solchen Gesellschaften zulässig, für die zumindest eine natürliche oder eine nicht vermögenslose juristische Person persönlich haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
I. Was die überwiegende Literaturmeinung gegen eine solche Einschränkung der Freigabebefugnis des Insolvenzverwalters vorbringt, kann nach Auffassung des Senats nicht überzeugen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
A. Das Argument, § 85 Abs. 2 InsO sei deshalb auch im Insolvenzverfahren von Gesellschaften der hier in Rede stehenden Art anwendbar, weil die Vorschrift trotz des dem Gesetzgeber bekannten Streits um die Möglichkeit der Freigabe im Gesellschaftskonkurs nicht danach unterscheidet, um welche Art von Person es sich beim Schuldner handelt (vgl. Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85), erscheint als wenig tragfähig, weil sich die Gesetzesmaterialien nirgends mit der diesbezüglichen Problematik befassen. In der Begründung zu den §§ 96, 97 des RegE - die den §§ 85,86 InsO entsprechen - (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 301) heißt es lediglich, die Lösungen der §§ 10, 11 KO würden übernommen. Darin kann keine Entscheidung für die eine oder die andere der damals vertretenen Meinungen, sondern allenfalls ein Hinweis darauf gesehen werden, dass die Entscheidung der Streitfrage der Wissenschaft und der Rspr. überlassen bleiben sollte. - Als zur Begründung der h.M. nicht geeignet, da auf eine Petitio principii hinauslaufend, erscheint ferner die These (Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85), die grundsätzliche Pflicht des Verwalters zur Vollabwicklung der Gesellschaft (§ 199 S. 2 InsO) verdränge nicht die Ablehnungsbefugnis des Verwalters nach § 85 Abs. 2 InsO, sondern werde durch diese eingeschränkt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
B. Nicht überzeugen kann die Auffassung (Pape/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, Rz. 494), eine Freigabe von Massegegenständen müsse auch in den hier interessierenden Fällen schon deshalb möglich sein, weil der Insolvenzverwalter nicht gezwungen sein solle, Aktivprozesse des Schuldners ohne Rücksicht auf die Werthaltigkeit von Vermögensgegenständen zu Ende zu führen. Denn tatsächlich besteht eine derartige Verpflichtung auch bei Verneinung einer Freigabemöglichkeit nicht, weil der Verwalter - worauf Karsten Schmidt (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 318) mit Recht hingewiesen hat - Verzichtsurteil (§ 306 ZPO) nehmen oder die Klage zurücknehmen kann. Demgegenüber erscheint es mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens, eine maximale Gläubigerbefriedigung zu erzielen (so zutreffend Smid/Rattunde, InsO, 1999, Rz. 30 zu § 80), nicht vereinbar, dem Verwalter das Recht zu einer allein wirksamen „echten” Freigabe zu geben und auf diese Weise den Gläubigern ggf. sehr erhebliche Vermögenswerte des Schuldners - im vorliegenden Fall geht es um mehr als 3 Mio. Euro - vorzuenthalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
C. Nicht stichhaltig erscheint schließlich der für eine Freigabemöglichkeit ins Feld geführte Hinweis, ein Prozessgegner laufe auch dann Gefahr, mit einem weitgehend vermögenslosen Schuldner zu prozessieren, wenn es sich dabei um eine natürliche Person handele bzw. wenn - bei einer Personengesellschaft - eine natürliche Person als Gesellschafter persönlich hafte (vgl. Schumacher in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85). Dem ist entgegenzuhalten, dass eine natürliche Person für einen Kostenerstattungsanspruch auch mit ihrem künftigen Vermögen haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
3. Eine Aufnahme des Berufungsverfahrens und damit eine Beendigung der Unterbrechung ist - entgegen der Auffassung von Karsten Schmidt (Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl. 1999, 317) - nicht etwa darin zu sehen, dass der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 15.2.2002 (II 89) dem Gericht seine Bestellung angezeigt hat. Eine analoge Anwendung von § 241 ZPO verbietet sich schon deshalb, weil der Verwalter dadurch die in § 85 Abs. 1 S. 2 InsO vorausgesetzte angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist verlieren würde (in MünchKomm, InsO, 2001, Rz. 28 zu § 85). Hierfür besteht auch aus Sicht des Gegners, der ein anzuerkennendes Interesse an einer Beendigung des Rechtsstreits haben mag, kein Bedürfnis, weil er den Rechtsstreit ebenfalls aufnehmen kann (§ 85 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
III. Der Erlass eines Zwischenurteils nach § 303 ZPO war angezeigt, weil zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Aufnahme und damit über die Frage der Unterbrechung des Berufungsverfahrens Streit besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (hierzu Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, Rz. 4 zu § 303). Dazu, dass eine Anfechtung des Zwischenurteils nicht gegeben ist, Zöller/Vollkommer, Rz. 11 zu § 33.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Bauer Dr. Krauß
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
VorsRiOLG RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,060
|
lg-mannheim-2003-07-25-7-o-31900
|
{
"id": 137,
"name": "Landgericht Mannheim",
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"city": 55,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
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|
7 O 319/00
| 2003-07-25T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:28
| 2019-01-17T11:58:16
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag der Klägerin auf Urteilsergänzung vom 04.04.2003 wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kammer hat durch Urteil vom 14.03.2003 (AS 335 ff.) der Patentverletzungsklage der Klägerin, die auf zwei Patente und zwei Gebrauchsmuster gestützt ist, hinsichtlich der jeweiligen Hauptansprüche der Klageschutzrechte in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Über die von der Klägerin in zahlreichen "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche der Klageschutzrechte hat die Kammer nicht entschieden. Bei einem Teil der Unteransprüche war zwischen den Parteien in tatsächlicher Hinsicht streitig, ob die angegriffene Ausführungsform von ihnen Gebrauch machte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin ist der Auffassung, damit seien von ihr geltend gemachte Ansprüche übergangen worden. Die Unteransprüche der Klageschutzrechte seien bestehende, geltende Ansprüche. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse daran, dass über diese Ansprüche entschieden werde (vgl. Schramm, Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.). Ein solches Urteil gehe in seinen Wirkungen über ein Urteil hinaus, das nur auf die Verwirklichung des Hauptanspruchs gestützt sei. Wenn in einem späteren Verfahren das jeweilige Schutzrecht nur im Umfang eines Unteranspruchs anstelle des bisherigen Hauptanspruchs aufrecht erhalten werde, sei kein neuer Prozess nötig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
das Urteil vom 14.03.2003 durch nachträgliche Entscheidung über die Verwirklichung der geltend gemachten Unteransprüche der vier Klageschutzrechte nach Maßgabe der auf Seite 13 bis 21 des Urteils wiedergegebenen "insbesondere wenn"-Zusätze zu den Klageanträgen zu ergänzen, mit Ausnahme der auf folgende Unteransprüche gestützten Zusätze:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
- Klagepatent 1 (DE 43 40 756): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 22, 23
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
- Klagegebrauchsmuster 1 (GM 93 21 155): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 21, 22
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
- Klagepatent 2 (DE 43 45 446) und Klagegebrauchsmuster 2 (GM 93 21 459): jeweils Ansprüche 12, 18, 21, 25, 28, 29.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Beklagten beantragen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
den Ergänzungsantrag zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Bei den "insbesondere"-Anträgen handele es sich um Hilfsanträge. Über einen Hilfsantrag könne nur entschieden werden, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibe. Ein Anspruch auf "Vorrats-Entscheidungen" bestehe nicht. Die Entscheidung über die "insbesondere "-Anträge sei auch, wie der vorliegende Fall zeige, nicht prozessökonomisch.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2003 (AS 426) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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</td></tr></table>
|
|
138,048
|
olgkarl-2003-07-24-11-u-2102
|
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"id": 146,
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"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
11 U 21/02
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:22
| 2019-02-12T12:39:57
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung der Beklagten zu 2 und 3 wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 6. Februar 2002 -6 O 405/01 -im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:</p>
<blockquote>
<p>1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger Euro 20.343,28 nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2001 zu zahlen.</p>
<p>2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger Euro 25.681,91 nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz aus Euro 20.728,80 seit dem 15.07.2001 und aus Euro 4.953,11 seit dem 18.10.2001 zu zahlen.</p>
<p>3. Die Beklagte zu 3 wird verurteilt, an den Kläger Euro 5.761,95 nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz aus Euro 5.308,23 seit dem 15.07.2001 und aus Euro 453,72 seit dem 18.10.2001 zu zahlen.</p>
<p>4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
</blockquote>
<p>II. Die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten zu 2 und 3 wird zurückgewiesen.</p>
<p>III. Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte zu 1 37 %, die Beklagte zu 2 52 % und die Beklagte zu 3 11 %. Die Beklagten behalten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.</p>
<p>IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<blockquote>
<p>Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
</blockquote>
<p>V. Soweit die Berufung des Klägers Erfolg hat, wird die Revision zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Wirtschaftsprüferhonorar und Steuerberatergebühren in Anspruch.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Der Kläger ist Mitglied der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät Ko. und F.-B. . Die beklagten Gesellschaften sind Mitglieder der sogenannten K.-Gruppe, zu der weitere in- und ausländische Gesellschaften gehören (vgl. Organigramm, Anlage B 1). Die Geschäftsanteile sämtlicher Gesellschaften der K.-Gruppe befinden sich in der Hand des Geschäftsführers der Beklagten Hartmut K. .</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die beklagten Gesellschaften beauftragten mit Auftragsbestätigungsschreiben vom 05.12.2000 (Beklagte zu 1) bzw. vom 14.12.2000 (Beklagte zu 2 und 3) die Sozietät Ko. und F.-B. mit der Prüfung der Jahresabschlüsse zum 31.12.2000 und der Lageberichte der Gesellschaften für das Jahr 2000. Mit Rechnungen vom 06.06.2001 stellte die Sozietät hierfür der Beklagten zu 1 DM 39.788,00, der Beklagten zu 2 DM 40.542,00 und der Beklagten zu 3 DM 10.382,00 in Rechnung. Außerdem berechnete die Sozietät für die Teilnahme an steuerlichen Betriebsprüfungen mit Rechnungen vom 15.08.2001 gegenüber der Beklagten zu 2 DM 14.720,40 und gegenüber der Beklagten zu 3 DM 1.252,80. Die Sozietät hat ihre diesbezüglichen Ansprüche an den Kläger abgetreten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Beklagten vertreten die Ansicht, die an die Zedentin erteilten Prüfungsaufträge seien nichtig. Sie stützen sich hierbei im Wesentlichen auf folgende Umstände: Der Kläger war von 1996 -2001 alleinvertretungsberechtigter CEO (chief executive officer) der K. of America Inc., einer Gesellschaft der K.-Gruppe. Er nahm in dieser Eigenschaft an Besprechungen der Geschäftsleitungen der Gesellschaften (sogenannte executivemeetings) der K.-Gruppe teil und gab bei dieser Gelegenheit Statusberichte über die K. of America ab. Am 14.12.1998 schloss er als Vertreter der K. of America Inc. mit der Beklagten zu 2 einen Darlehensvertrag über DM 4,237 Mio. (Anlage B 6). Die Gesellschaften der K.-Gruppe gewährten Sicherheiten für Bankkredite, die die K. of America Inc. aufnahm. Im Jahre 1996 führte der Kläger als Vertreter der Beklagten zu 2 Verhandlungen mit einer heute nicht mehr bestehenden Gesellschaft der K.-Gruppe mit Sitz in Mexiko mit dem Auftrag, zwei von der Beklagten zu 2 an diese Gesellschaft gelieferte Maschinen zurückzuholen. Der Kläger schloss in dieser Eigenschaft am 28.08.1996 namens der Beklagten zu 2 einen Vertrag, wonach eine Maschine zurückgegeben werde und damit die Ansprüche der Beklagten zu 2 erfüllt seien.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Der Kläger hat die Ansicht vertreten, diese Tätigkeiten und Funktionen führten nicht zu einer Unwirksamkeit der von den Beklagten im Dezember 2000 erteilten Prüfungsaufträge an die Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät, der er angehört. Der in Rechnung gestellte zeitliche Aufwand sei tatsächlich angefallen, die in Rechnung gestellten Tagessätze entsprächen den üblichen Sätzen der Sozietät, die den Beklagten bekannt und mit denen diese einverstanden gewesen seien.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der Kläger hat beantragt:</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="7"/>1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger DM 39.788,00 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 15.07.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="8"/>2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger DM 55.262,40 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG aus DM 40.542,00 seit dem 15.07.2001 und aus DM 14.720,40 seit dem 15.09.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="9"/>3. Die Beklagte zu 3 wird verurteilt, an den Kläger DM 11.634,80 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG aus DM 10.382,00 seit dem 15.07.2001 und aus DM 1.252,80 seit dem 15.09.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Sie haben die Ansicht vertreten, der Kläger sei aufgrund seiner vielfältigen Tätigkeiten für Gesellschaften der K.-Gruppe und für deren Gesellschafter nach § 319 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 HGB als Abschlussprüfer der Beklagten ausgeschlossen, jedenfalls aber befangen gewesen. Dies führe zu einer Nichtigkeit der Wahlbeschlüsse wie auch zur Nichtigkeit der schuldrechtlichen Prüfungsverträge, weshalb der Kläger keinen Anspruch auf Honorar habe. Auch Kondiktionsansprüche bestünden nicht. Im übrigen werde der in Rechnung gestellte zeitliche Aufwand bestritten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Das Landgericht hat die Beklagte zu 2 zur Zahlung von 7.526,42 Euro (= 14.720,40 DM) und die Beklagte zu 3 zur Zahlung von 640,72 Euro (= 1.252,80 DM) verurteilt; hinsichtlich der geltend gemachten Wirtschaftsprüferhonorare für die Prüfung der Jahresabschlüsse und Lageberichte der Beklagten hat es die Klage abgewiesen. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils vom 06.02.2002 wird Bezug genommen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Mit der Berufung des Klägers und der Anschlussberufung der Beklagten zu 2 und 3 verfolgen die Parteien ihre Ziele weiter.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Der Kläger vertritt die Ansicht, er sei weder nach § 319 Abs. 2 Nr. 3 noch nach § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB als Abschlussprüfer der Beklagten ausgeschlossen gewesen. Bei den Beklagten und der K. of America Inc. handele es sich nicht um verbundene Unternehmen i.S.d. § 319 HGB. Der Begriff des verbundenen Unternehmens werde in § 271 Abs. 2 HGB für den Anwendungsbereich des § 319 HGB abschließend definiert. Entgegen der Ansicht des landgerichtlichen Urteils könne der aktienrechtliche Konzernbegriff daher nicht zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffes herangezogen werden. Im übrigen sei der Kläger auch dann nicht als Abschlussprüfer ausgeschlossen gewesen, wenn man den Konzernbegriff des Aktienrechts heranziehe. Denn die Beklagten hätten für die Ausfüllung dieses Konzernbegriffs nicht hinreichend vorgetragen, insbesondere sei nicht dargetan, dass die Unternehmen der K.-Gruppe unter einer einheitlichen Leitung im konzernrechtlichen Sinne stünden. Der Kläger habe für die Beklagten auch keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen. Schließlich habe sich der Kläger auch nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit der Tätigkeit als Abschlussprüfer enthalten müssen. Wollte man dies anders sehen, führe eine Besorgnis der Befangenheit des Klägers jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der den Rechnungen zugrunde liegenden Prüfungsverträge.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Im übrigen ist der Kläger der Ansicht, dass der Sozietät selbst dann Ansprüche entstanden sind, wenn die zugrunde liegenden Prüfungsverträge nichtig sein sollten. Die Beklagten seien in diesem Fall bereicherungsrechtlich zur Zahlung des Honorars verpflichtet. Die subjektiven Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB seien in der Person des Klägers nicht erfüllt. Jedenfalls sei eine Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Verträge treuwidrig und damit unbeachtlich, weil die erteilten Testate wirksam seien und Mitarbeiter der Beklagten noch während der Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits weitere Exemplare der Prüfungsberichte angefordert hätten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Der Kläger beantragt:</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="18"/>Das Urteil des LG Karlsruhe vom 06.02.2002 (Az. 6 O 405/01) wird auf die Berufung des Klägers aufgehoben, soweit es die Klage abgewiesen hat, und insgesamt wie folgt neu gefasst:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="19"/>1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger Euro 20.343,28 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 15.07.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="20"/>2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger Euro 28.255,22 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG aus Euro 20.728,80 seit dem 15.07.2001 und aus Euro 7.526,42 seit dem 15.09.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="21"/>3. Die Beklagte zu 3 wird verurteilt, an den Kläger Euro 5.948,78 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG aus Euro 5.308,23 seit dem 15.07.2001 und aus Euro 640,72 seit dem 15.09.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Beklagten beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Die Beklagten zu 2 und zu 3 beantragen darüber hinaus, das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 06.02.2002 dahingehend abzuändern, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Sie verteidigen das angefochtene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, und vertreten nach wie vor die Ansicht, dass der Kläger als Abschlussprüfer der Beklagten ausgeschlossen war. Im übrigen führe auch eine Besorgnis der Befangenheit des Klägers zur Nichtigkeit der Prüfungsverträge. Bereicherungsrechtliche Ansprüche der Sozietät bestünden in diesem Falle nicht. Die in Rechnung gestellten Steuerberatergebühren seien überhöht. Die Rechnungen enthielten Leistungen, die nach der Kündigung des</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Auftrags erbracht worden seien. Die Berechnung der Höchstgebühr sei nicht berechtigt; der abgerechnete Stundenaufwand werde bestritten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung der Beklagten zu 2 und zu 3 zurückzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die zulässigen Rechtsmittel des Klägers sowie der Beklagten zu 2 und 3 haben (zum Teil) Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf das geltend gemachte Wirtschaftsprüferhonorar. Der Anspruch auf Steuerberatervergütung, der in erster Instanz in vollem Umfang zugesprochen worden ist, ist jedoch nicht in voller Höhe begründet.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Dabei sind auf das Schuldverhältnis der Parteien gem. Art. 229 § 5 EGBGB die am 31.12.2001 geltenden Gesetze anzuwenden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/><strong>I. Berufung des Klägers</strong></td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger ist Inhaber vertraglicher Ansprüche auf Zahlung von Honorar für die Prüfung der Jahresabschlüsse der Beklagten zum 31.12.2000 und der Lageberichte der Beklagten für das Jahr 2000. Entgegen der Ansicht des angefochtenen Urteils sind die entsprechenden Verträge, die zwischen der Zedentin und den Beklagten geschlossen worden sind, nicht unwirksam.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>1. Das Landgericht hat angenommen, der Kläger bzw. die Sozietät, der er angehört, seien gem. § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HGB als Abschlussprüfer der Beklagten ausgeschlossen gewesen, weil der Kläger als CEO der K. of America Inc. gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person gewesen sei, die mit den zu prüfenden Beklagten verbunden war. Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Zwar bestimmt das Personalstatut der zu prüfenden Gesellschaften über die Anforderungen an die Unabhängigkeit, Unbefangenheit und Unparteilichkeit des Abschlussprüfers (MünchKomm.HGB/Ebke, § 319 Rn. 3 Fn. 26), weshalb diesbezüglich deutsches Recht zur Anwendung gelangt. Die Voraussetzungen des § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (i.V.m. Abs. 3 Nr. 3) HGB sind jedoch vorliegend nicht erfüllt, weil es sich bei den Beklagten und der K. of America Inc. nicht um verbundene Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift handelt. Auf weiteres kommt es deshalb nicht an.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>a) Nach ganz überwiegender Auffassung wird der in § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HGB verwendete Begriff "verbunden" durch § 271 Abs. 2 HGB gesetzlich definiert (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 319 HGB Rn. 97; Hense/Veltins in: Beck´scher Bilanz-Kommentar, 5. Aufl., § 319 Rn. 18; Zimmer in: Großkomm.HGB, 4. Aufl., § 319 Rn. 35; Claus-sen/Korth in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 319 HGB Rn. 39; Heymann/Herrmann, HGB, 2. Aufl., § 319 Rn. 4; Ulmer, Festschrift für Goerdeler, 1987, Seite 623, 638). Danach handelt es sich bei den Beklagten und der K. of America Inc. nicht um verbundene Unternehmen, weil sie nicht unter der einheitlichen Leitung einer Kapitalgesellschaft stehen (§ 271 Abs. 2 i.V.m. § 290 HGB).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>b) Demgegenüber wird von Teilen der Literatur vertreten, für § 319 HGB hinsichtlich des Begriffs der verbundenen Unternehmen auf §§ 15 ff AktG zurückzugreifen (Schulze-Osterloh in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 41 Rn. 73; Röhricht in: Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 33 Rn. 31; Münch-Komm.HGB/Ebke, § 319 Rn. 25). Zur Begründung wird geltend gemacht, der Begriff der verbundenen Unternehmen in § 271 Abs. 2 HGB ermögliche keine angemessene Konkretisierung des Ausschlussgrundes der Befangenheit nach § 49 WPO (Schulze-Osterloh, a.a.O.; ebenso Röhricht a.a.O.). Dem vermag der Senat nicht zu folgen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>aa) Nach § 271 Abs. 2 HGB sind "verbundene Unternehmen im Sinne dieses Buches" solche Unternehmen, die als "Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290)" in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens einzubeziehen sind. Da § 319 HGB wie § 271 Abs. 2 HGB dem Dritten Buch des HGB angehört, ist Wortlaut und Systematik des Gesetzes eindeutig zu entnehmen, dass der Begriff des verbundenen Unternehmens in § 319 HGB durch § 271 Abs. 2 HGB definiert wird und ein Rückgriff auf §§ 15 ff AktG ausscheidet. Darüber kann sich die Rechtsanwendung nicht hinwegsetzen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>bb) Im übrigen erscheinen dem Senat die für die Gegenansicht angeführten Gründe letztlich nicht stichhaltig:</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 und 3 HGB sollen die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Unbefangenheit des Abschlussprüfers gewährleisten. Sie enthalten Ausformungen des berufsrechtlich (§ 49 WPO) geltenden Grundsatzes, dass der Wirtschaftsprüfer seine Unabhängigkeit wahren muss und keinen Anlass zur Besorgnis seiner Befangenheit geben soll. Sind die Voraussetzungen eines Ausschlussgrundes des § 319 Abs. 2 und 3 HGB erfüllt, wird die Befangenheit des Abschlussprüfers von Gesetzes wegen unwiderleglich vermutet; die Ausschlussgründe werden deshalb als auch "absolute" Befangenheitsgründe bezeichnet (vgl. BayObLGZ 1987, 297, 311; Münch-Komm.HGB/Ebke, § 318 Rn. 33, § 319 Rn. 11; Hense/Veltins in: Beck´scher Bilanz-Kommentar § 319 Rn. 5). Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Sachverhalte, die in § 319 Abs. 2 und 3 HGB nicht aufgeführt werden, aber dennoch die Besorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers zu begründen vermögen (MünchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 33, § 319 Rn. 15; Hense/Veltins in: Beck´scher Bilanz-Kommentar § 318 Rn. 23; Lutter, Festschrift für Semler, 1993, Seite 835, 838 f; vgl. BayObLG a.a.O.: "relative" Befangenheitsgründe). Das Gesetz sieht sich somit nicht in der Lage, alle Sachverhalte, in denen der gewählte Abschlussprüfer der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt ist und sich deshalb der Prüfungstätigkeit enthalten soll (indem er den Prüfungsauftrag ablehnt bzw. einen bereits angenommenen Prüfungsauftrag aus wichtigem Grund gem. § 318 Abs.6 kündigt, vgl. MüchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 78; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 42 Rn. 18), angemessen zu konkretisieren und damit abschließend zu umschreiben.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Es will dies auch nicht, wie sich unter anderem aus § 318 Abs. 3 HGB ergibt. Danach hat das Gericht den gewählten Prüfer abzuberufen und einen neuen Prüfer zu bestellen, wenn die Besorgnis der Befangenheit des gewählten Prüfers besteht. Demgegenüber führen Ausschlussgründe nach § 319 Abs. 2 und 3 HGB von Gesetzes wegen analog § 241 Nr. 3 AktG zur Nichtigkeit der Wahl des Prüfers und gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit des Prüfungsauftrages (BGHZ 118, 142, 145, zu § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB; allgemein Schulze-Osterloh in: Baumbach-Hueck, GmbHG, § 41 Rn. 74; MünchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 73, § 319 Rn. 16). Solche Gründe können deshalb ein Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 HGB nicht rechtfertigen. Ein gerichtliches Abberufungsverfahren ist nur dann sinnvoll, wenn der möglicherweise befangene Abschlussprüfer zunächst wirksam berufen worden ist (Hense/Veltins in: Beck´scher Bilanz-Kommentar § 318 Rn. 22; Lutter, Festschrift für Semler, Seite 839; Adler/Düring/Schmaltz § 318 HGB Rn. 317). Das Abberufungs- und Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 HGB wegen einer Besorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers wäre mithin überflüssig, wenn die gesetzliche Regelung der "absoluten" Befangenheitsgründe des § 319 Abs. 2 und 3 HGB den Ausschlussgrund der Befangenheit hinreichend konkretisieren wollte.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die in § 319 Abs. 2 und 3 normierten "absoluten" Ausschlussgründe die Grundlage für weitreichende Sanktionen bilden können. So handelt nach § 334 Abs. 2 HGB ordnungswidrig, wer einen Bestätigungsvermerk gem. § 322 HGB erteilt, obwohl nach § 319 Abs. 2 HGB er oder nach § 319 Abs. 3 HGB die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, für die er tätig wird, nicht Abschlussprüfer sein darf. Die genannten Ausschlussgründe müssen mithin möglichst scharf konturiert sein. Danach verbietet es sich, entgegen Wortlaut und Systematik des Gesetzes in § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HGB einen anderen als den bilanzrechtlichen Begriff des verbundenen Unternehmens (§ 271 Abs. 2 HGB) heranzuziehen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>2. Der Kläger bzw. die Sozietät, der er angehört, waren auch nicht gem. § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 4 HGB von der Prüfung der Beklagten ausgeschlossen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>a) Nach § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB darf nicht Abschlussprüfer sein, wer bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses der Kapitalgesellschaft über die Prüfungstätigkeit hinaus mitgewirkt hat. Die gesetzliche Regelung ist Ausschluss des Verbots der Selbstprüfung (Röhricht, WpG 1998, 153, 155, 161); als Prüfer soll nicht tätig werden, wer selbst an der Erstellung der zu prüfenden Unterlagen mitgewirkt hat (Hense/Veltins in: Beck´scher Bilanz-Kommentar, § 319 Rn. 21; MüchKomm.HGB/Ebke § 319 Rn. 27). Das bedeutet nicht, dass sich der Abschlussprüfer jeder weiteren Tätigkeit bei der zu prüfenden Gesellschaft enthalten muss. Die Beratung eines Auftraggebers in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten ist mit einer Abschlussprüfung durch den selben Wirtschaftsprüfer grundsätzlich vereinbar. Zur unzulässigen Mitwirkung wird sie im Regelfall erst dann, wenn sie über die Darstellung von Alternativen im Sinne der Entscheidungshilfe hinausgeht, insbesondere wenn der Berater selbst an Stelle des Mandanten eine unternehmerische Entscheidung in Bezug auf den zu überprüfenden Jahresabschluss trifft (BGHZ 135, 260 ff). Dagegen begründet es keine Inhabilität des Abschlussprüfers, wenn dem Beratenen die Entscheidungskompetenz verbleibt, ob er dem Vorschlag folgt oder nicht (BGHZ 135, 260, 264; BGH ZIP 2003, 290, 293). Ohnehin können solche Handlungen des Prüfers für das Unternehmen, die ohne inneren Bezug zu der später von ihm durchzuführenden Abschlussprüfung stehen, nicht zu seinem Ausschluss nach § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB führen (Röhricht, WpG 1998, 158). Andererseits können auch Handlungen des Wirtschaftsprüfers, die den Tatbestand des § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB nicht erfüllen, Anlass sein, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen (OLG Hamburg BB 1992, 1533; Hense/Veltins a.a.O.; vgl. auch BGH ZIP 2003, 290).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>b) Nach diesem Maßstab kann dem Sachvortrag der Beklagten nicht entnommen werden, dass der Kläger bzw. die Prüfungssozietät, der er angehört, von der Prüfung der Jahresabschlüsse der Beklagten zum 31.12.2000 gem. § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB ausgeschlossen war.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Die Tätigkeit des Klägers für die K. of America Inc. kann nicht zur Inhabilität des Klägers nach dieser Norm führen. Dies gilt nicht nur, soweit der Kläger auf sogenannten "executive-meetings" der Gesellschaften der K.-Gruppe Meinungen geäußert und Vorschläge unterbreitet, sondern auch, soweit er im Namen der K. of America Verträge mit den Beklagten (insbesondere der Beklagten zu 2) abgeschlossen hat. Die Beklagten wurden von ihren Geschäftsführern geleitet und vertreten, denen gegenüber nur der Gesellschafter K. weisungsberechtigt ist. Dass diese Personen bei Abschluss des Darlehensvertrages zwischen der Beklagten zu 2 und der K. of America Inc. oder bei der Stellung von Sicherheiten für Bankverbindlichkeiten dieser Gesellschaft nicht eigenverantwortlich entscheiden konnten, ob sie entsprechende Willenserklärungen für die Beklagten abgeben, ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. Die Tatsache allein, dass der Prüfer mit der zu prüfenden Gesellschaft im eigenen oder im fremden Namen einen Vertrag schließt, kann nicht zu seinem Ausschluss nach § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB führen. Ob aus ihr eine Besorgnis der Befangenheit des Prüfers folgen kann, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Aus der Tatsache, dass der Kläger im Jahre 1996 für die Beklagte zu 2 tätig war und in deren Namen einen Vertrag mit einer mexikanischen Gesellschaft des Hartmut K. abgeschlossen hat, folgt letztlich nichts anderes. Dabei kann offen bleiben, ob er bei dieser Tätigkeit in vollem Umfang den Weisungen des Geschäftsführers und Gesellschafters der Beklagten zu 2 Hartmut K. folgte oder nicht. Die Geschäftsführer der Beklagten zu 2 haben deren Jahresabschlüsse aufzustellen und zu verantworten (§§ 242, 245 HGB). Wenn diese in Folge des von dem Kläger abgeschlossenen Vertrages in den Jahresabschlüssen der Beklagten zu 2 von 1996 und 1997 Forderungen gegen die mexikanische Gesellschaft wertberichtigt oder abgeschrieben haben, kann daraus -auch wenn die entsprechenden Ansätze grundsätzlich in späteren Jahresabschlüssen verändert oder berichtigt werden können -nicht entnommen werden, dass der Kläger deshalb an der Aufstellung des Jahresabschlusses der Beklagten zu 2 zum 31.12.2000 mitgewirkt hat, auf den sich der seiner Wirtschaftsprüfersozietät erteilte Prüfungsauftrag bezieht.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>3. Der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gehaltene Vortrag der Parteien führt auch nicht zu der von den Beklagten mit Schriftsatz vom 07.07.2003 begehrten Feststellung, der Kläger sei entsprechend § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 3 HGB als Abschlussprüfer ausgeschlossen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Nach dieser Vorschrift darf u. a. nicht Abschlussprüfer sein, wer Mitglied des Aufsichtsrats der zu prüfenden Kapitalgesellschaft ist oder in den letzten drei Jahren vor seiner Bestellung war. Auf die Bezeichnung eines Organs als Aufsichtsrat soll es dabei nicht ankommen. Vielmehr soll ihm auch ein Beirat oder sonstiges Organ gleichgestellt sein, sofern ihm entsprechende überwachende Funktionen übertragen sind (Adler/Düring/Schmaltz § 319 HGB Rn. 89; Claussen/Korth in: Kölner Kommentar zum AktG § 319 HGB Rn. 33, jeweils m.w.N.). Es ist jedoch nicht vorgetragen, dass den sogenannten executive-meetings, an denen der Kläger teilgenommen hat, durch die Satzungen der Beklagten irgendwelche Kompetenzen übertragen worden wären und diesem Gremium deshalb mehr als nur beratende Funktion zukam, welche für eine Anwendung des Ausschlussgrundes nicht ausreichend ist (vgl. nur Adler/Düring/Schmaltz und Claussen/Korth a.a.O.). Eine direkte oder auch nur entsprechende Anwendung dieses Ausschlussgrundes kann daher vorliegend nicht erfolgen. Die mündliche Verhandlung vor dem Senat wieder zu eröffnen, ist nicht veranlasst.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>4. Schließlich sind die Prüfungsaufträge auch nicht deshalb unwirksam, weil sich der Kläger der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt sieht.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>a) Der Senat ist allerdings der Ansicht, dass der Kläger und die Sozietät, der er angehört, den Auftrag zur Prüfung der Jahresabschlüsse der Beklagten gem. § 49 WPO nicht annehmen durften, weil der Kläger bei Durchführung des Auftrages der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt war.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>aa) Die Besorgnis der Befangenheit eines Abschlussprüfers liegt vor, wenn aus der Sicht eines objektiv und sachgerecht urteilenden Dritten Umstände gegeben sind, die die Annahme rechtfertigen, dass das Prüfungsergebnis durch sachfremde Motive beeinflusst werden kann (BGH ZIP 2003, 290, 293; Schulze-Osterloh in: Baumbach-Hueck, GmbHG, § 41 Rn. 66; Adler/Düring/Schmaltz § 318 HGB Rn. 353; Zimmer in: GroßKomm.HGB § 318 Rn. 55; MünchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 40). Wann dies der Fall ist, wird aus der Sicht des Berufsstandes durch § 21 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer) vom 11.06.1996 (Bundesanzeiger Seite 7509) näher erläutert. Danach liegt Besorgnis der Befangenheit insbesondere vor, wenn nahe Beziehungen des Wirtschaftsprüfers zu einem Beteiligten oder zum Gegenstand der Beurteilung bestehen, die geeignet sein könnten, die Urteilsbildung zu beeinflussen (§ 21 Abs. 1). Nahe Beziehungen bestehen u. a. insbesondere bei finanziellen Bindungen gegenüber dem zu prüfenden Unternehmen oder einem an der Sache Beteiligten (§ 21 Abs. 2 Nr. 2) oder bei der Gefahr von Interessenkollisionen, wie sie z. B. bei der Wahrnehmung von Interessen von Vertragspartnern des zu prüfenden Unternehmens gegenüber diesem bestehen (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 der Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer). Damit ist der Begriff der Besorgnis der Befangenheit aber nicht abschließend umschrieben.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>bb) Solche Beziehungen, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit des Klägers geben, sind im vorliegenden Fall vorhanden. So hat der Kläger -im übrigen unter Verstoß gegen § 43 a Abs. 3 Nr. 2 WPO -mit dem Alleingesellschafter der Beklagten einen Anstellungsvertrag als CEO der K. of America Inc. abgeschlossen, der eine jährliche Mindestvergütung von 300.000,00 US-$ vorsieht. In dieser Eigenschaft wurde der Kläger in das Management der sogenannten K.-Gruppe eingebunden. Als Vertreter der K. of America Inc., die u. a. mit der Beklagten zu 2 vertragliche Beziehungen unterhält, war er zur Wahrnehmung der Interessen Ersterer gegenüber der Beklagten zu 2 als von ihm zu prüfenden Unternehmen verpflichtet. All dies musste gem. § 49 WPO zur Ablehnung der von den Beklagten erteilten Prüfungsaufträge führen. Außerdem hätte die Sozietät des Klägers nach § 318 Abs. 3 S. 1 HGB als Prüfer abberufen werden können.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>b) Dies führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der entsprechenden Prüfungsverträge.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="52"/>Wie bereits oben (1. b) bb)) ausgeführt, hat ein Verstoß gegen die gesetzlichen "absoluten" Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 und 3 HGB die Nichtigkeit der Wahl des Prüfers und gem. § 134 BGB die Nichtigkeit des Prüfungsauftrages zur Folge. Die Wahl eines Abschlussprüfers, der zwar nicht gem. § 319 Abs. 2 und 3 HGB absolut ausgeschlossen, jedoch der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt ist, ist demgegenüber wirksam. Er kann nach § 318 Abs. 3 S. 1 HGB durch das Gericht abberufen werden, was die Wirksamkeit seiner Wahl voraussetzt (Lutter, Festschrift für Semler, Seite 839; MünchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 34 f).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="53"/>In der bilanzrechtlichen Literatur, die sich zu der entsprechenden Frage äußert, besteht im Anschluss an diesen Befund Einigkeit, dass die entsprechenden Prüfungsaufträge nicht von Gesetzes wegen gem. § 134 BGB nichtig sind. Bei den Vorschriften der §§ 43, 49 WPO handele es sich nämlich um berufsrechtliche Regelungen, die sich zum einen allein an den Prüfer richten und zum anderen als Ordnungsvorschriften zu qualifizieren seien. Sie könnten somit nicht als gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB angesehen werden. Entsprechendes gelte für § 318 Abs. 3 S. 1 HGB, der eine Ersetzungsbefugnis, aber kein gesetzliches Verbot enthält (Lutter a.a.O., MünchKomm.HGB/Ebke § 318 Rn. 34 f, 78).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>Dem tritt der Senat - jedenfalls im Ergebnis - bei. Hierfür ist freilich nicht ausschlaggebend, dass sich der Normbefehl des § 49 WPO allein an den Wirtschaftsprüfer und nicht auch an seinen Vertragspartner richtet. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass Rechtsgeschäfte auch dann gem. § 134 BGB als nichtig angesehen werden können, wenn sich das Verbot nur an einen der Partner wendet. So führt ein Verstoß gegen § 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages, obwohl sich das entsprechende Tätigkeitsverbot nur gegen einen Vertragsbeteiligten - den Rechtsanwalt -richtet (BGH NJW 1999, 1715, 1717). Auch der Ausschlussgrund des § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HGB führt -wie bereits oben ausgeführt -ungeachtet des Umstandes, dass das entsprechende Tätigkeitsverbot nur an den Prüfer adressiert ist, zur Nichtigkeit des Vertrages zwischen Abschlussprüfer und zu prüfender Gesellschaft (BGHZ 118, 142). Entscheidend ist vielmehr, ob sich die jeweilige Verbotsvorschrift nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäftes wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (BGHZ 118, 142, 144; allgemein Münchener Kommentar/Mayer-Maly/Armbrüster, BGB, 4. Aufl., § 134 Rn. 41, 49).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>Der Senat gelangt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen die zweite Alternative des § 49 WPO, wonach der Wirtschaftsprüfer seine Tätigkeit versagen soll, wenn bei der Durchführung des Auftrages die Besorgnis der Befangenheit besteht, nicht zur Nichtigkeit des Vertrages gem. § 134 BGB führt. Zwar soll auch diese Norm - ebenso wie die Ausschlussgründe des § 319 HGB -u. a. sicherstellen, dass Wirtschaftsprüfer bei ihren gesetzlich vorgesehenen Aufgaben nicht tätig werden, wenn sie wegen Beziehungen oder Verbindungen zu dem zu prüfenden Unternehmen in ihrer Unabhängigkeit beeinträchtigt sein können. Die genannten Ausschlussgründe sind jedoch aus dem Kreis der nicht näher bezeichneten allgemeinen Befangenheitsgründe besonders hervorgehoben worden, um in jedem Fall einen bestimmten Standard an Zuverlässigkeit und Unbefangenheit der Abschlussprüfung zu gewährleisten; zu diesem Zweck erscheint es notwendig, einen gleichwohl erteilten Prüfungsauftrag an einen Abschlussprüfer - dessen Bestellung außerdem ohnehin nichtig ist -zivilrechtlich nicht bestehen zu lassen (vgl. BGHZ 118, 142, 148). Bei den gesetzlichen Ausschlussgründen handelt es sich durchweg um solche Sachverhalte, die ein besonderes Gewicht aufweisen, zuverlässig eine Sachverhaltskonstellation beschreiben, bei der die Besorgnis der Befangenheit indiziert ist, und deren Voraussetzungen hinreichend scharf konturiert sind.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="56"/>Bei den daneben bestehenden sogenannten "relativen" Befangenheitsgründen ist dies nicht der Fall: Sie erfassen auch weniger gravierende Sachverhalte. Die Feststellung von Umständen, die die Annahme rechtfertigen, dass das Prüfungsergebnis durch sachfremde Motive beeinflusst werden kann (vgl. oben 4. a) aa)), erfordert in jedem Fall eine Wertung, deren Ergebnis keineswegs eindeutig sein muss. Die zugrundeliegenden Sachverhalte sind nicht scharf konturiert, sondern können im Einzelfall fließende Übergänge aufweisen, in die erforderlichenfalls dennoch durch Zuweisung zu der einen oder anderen Fallgruppe harte Zäsuren geschlagen werden müssen. Gerade bei der Prüfung durch den ständigen Berater eines Unternehmens können vielfältige Konstellationen auftreten, die an eine Besorgnis der Befangenheit denken lassen. Dennoch hat der Gesetzgeber des Bilanzrichtlinien-Gesetzes bewusst auf die obligatorische Trennung von Prüfung und Beratung verzichtet (vgl. nur BGHZ 135, 260, 262 f m.w.N.; Röhricht, WpG 1998, 153, 162 f). Bei diesem Befund erscheint es nicht sachgerecht, an die Feststellung, dass der Wirtschaftsprüfer der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt war, die Sanktion der Nichtigkeit des Prüfungsauftrages zu knüpfen, zumal der Prüfer dann der unter Umständen existenzbedrohenden -Gefahr der Rückforderung der Prüfungshonorare früherer Jahre ausgesetzt sein kann (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Röhricht, WpG 1998, 153, 155). Dagegen lässt sich nicht einwenden, im vorliegenden Fall sei die Wertung über die Befangenheit des Klägers relativ eindeutig zu treffen. Welche Rechtsfolge ein Verstoß gegen § 49 2. Alt. WPO im Hinblick auf die Wirksamkeit des Prüfungsauftrages hat, muss vielmehr abstrakt entschieden werden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>c) Bei dieser Sachlage ist es nach Ansicht des Senats ohne Hinzutreten weiterer Umstände (wie etwa der Verabredung von Pflichtverletzungen des Klägers bei der Prüfung) nicht möglich, die zwischen der Sozietät des Klägers und den Beklagten geschlossenen Prüfungsverträge als sittenwidrig i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB zu charakterisieren.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>5. Die Höhe der Vergütung richtet sich entsprechend der Vereinbarung der Parteien nach dem angefallenen Zeitaufwand. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers waren die in Rechnung gestellten Tagessätze zwischen den Parteien vereinbart. Für den angefallenen Zeitaufwand trägt der Kläger die Darlegungs-und Beweislast (vgl. BGH NJW 2000, 1107). Er hat zu diesem Zweck schriftliche Aufstellungen vorgelegt (Anlagen S + P 9-11, Anlagenheft Seite 57-111), aus denen sich detailliert ergibt, welcher Mitarbeiter der Sozietät des Klägers an welchem Tag zur Erfüllung der entsprechenden Aufträge tätig war. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast genügt. Soweit die Beklagten für einige wenige Tage substantiiert bestritten haben, dass der Kläger insoweit für die Beklagten (gemeint ist wohl die Beklagte zu 1) tätig war (vgl. Seite 7 oben der Klageerwiderung vom 07.11.2001, I/53), hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.11.2001 (dort Seite 7 unten bis 8 oben, I/79-81) schlüssig repliziert, ohne dass die Beklagten hierauf zurückgekommen wären. Die Beklagten rügen insoweit noch, aus den Aufstellungen ergebe sich nicht, welche zeitlicher Aufwand an einem Tag angefallen sei. Der Kläger hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass diese Handhabung langjähriger unbeanstandeter Praxis zwischen den Parteien entspricht. Die Sozietät des Klägers hat auch keineswegs für jeden Tag und Mitarbeiter ein volles Tagwerk abgerechnet. Angesichts dessen obliegt es den Beklagten, näher darzulegen, inwieweit der in Rechnung gestellte Zeitaufwand nicht angefallen sein soll. Der Senat hat hierauf im Verhandlungstermin ergebnislos hingewiesen. Die Klagansprüche sind somit auch der Höhe nach begründet.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/><strong>II. Berufung der Beklagten zu 2 und 3</strong></td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>Die Berufungen der Beklagten zu 2 und 3 haben zum Teil Erfolg. Dem Kläger steht Steuerberatervergütung nicht in dem zugesprochenen Umfang, sondern lediglich i.H.v. 4.953,11 Euro (= 9.687,45 DM) gegen die Beklagte zu 2 und i.H.v. 453,72 Euro (=887,40 DM) gegen die Beklagte zu 3 zu.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>1. Der Kläger macht gem. § 29 Nr. 1 StBGebV Vergütung für die Teilnahme an steuerlichen Betriebsprüfungen bei den Beklagten zu 2 und 3 gelten. Hierfür fallen Zeitgebühren an (§ 13 StBGebV). Die Zeitgebühr ist gem. § 13 S. 2 StBGebV eine Rahmengebühr, bei der dem Steuerberater nach § 11 StBGebV das Bestimmungsrecht gem. § 315 BGB a.F. zukommt. Die Sozietät des Klägers hat die Höchstgebühr i.H.v. DM 90,00 je halbe Stunde in Rechnung gestellt. Die Beklagten rügen dies und gestehen nur die Mittelgebühr zu. Der Steuerberater muss jedoch im Streitfall die tatsächlichen Voraussetzungen, die eine Überschreitung der Mindestgebühr rechtfertigen sollen, darlegen und beweisen (OLG Düsseldorf OLGR 2002, 173; OLG Hamm NJW-RR 1999, 510). Hierfür sind Bedeutung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit maßgebend; liegen diese im Durchschnitt, rechtfertigt dies nur die Mittelgebühr (OLG Düsseldorf a.a.O.).</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="62"/>Der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen, die Höchstgebühr sei "angesichts der Komplexität der Buchprüfung angemessen". Dies genügt nicht für eine substantiierte Darlegung, worauf nicht nur die Beklagten, sondern auch der Senat ergebnislos hingewiesen haben. Damit bleibt es bei der von den Beklagten zu 2 und 3 zugestandenen Mittelgebühr i.H.v. DM 63,75 je halbe Stunde. Die Rechnungen vom 15.08.2001 sind entsprechend zu kürzen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>2. Die zu Lasten der Beklagten zu 2 abgerechneten fünf Arbeitsstunden des Klägers, die dieser am 17.07.2001 geleistet hat, erfolgten unstreitig nach Kündigung des Mandats. Der Kläger ist insoweit der Ansicht, er sei nach der Kündigung des Mandats noch zur Erstellung eines Briefentwurfs verpflichtet gewesen. Er war jedoch nicht gehindert, bei seiner Auftraggeberin nachzufragen, ob diese die Fertigung eines solchen Entwurfs wünsche. Der dafür angefallene Zeitaufwand ist somit nicht vergütungsfähig, weshalb die Rechnung auf 65,5 Stunden á DM 127,50 zu kürzen ist.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="64"/>3. Soweit die Beklagten den abgerechneten Zeitaufwand pauschal mit Nichtwissen bestreiten, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. Die Sozietät des Klägers hat mit den Rechnungen stundengenaue Zeitaufstellungen vorgelegt. Angesichts dieser Aufstellungen liegt es an den Beklagten, ihr Bestreiten zu substantiieren, zumal sich ein großer Teil der abgerechneten Tätigkeit in ihrem Hause abgespielt hat. Sie sind hierauf ergebnislos hingewiesen worden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>Das Formerfordernis des § 9 Abs. 2 StBGebV ist erfüllt. Spätestens im Prozess hat der Kläger auf die §§ 11, 13 StBGebV hingewiesen.</td></tr></table><table><tr><td><strong>III.</strong></td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="66"/>Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 284, 286, 288 BGB a.F.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2, 100 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="68"/>Soweit die Berufung des Klägers Erfolg hat (Anspruch auf Zahlung von Wirtschaftsprüferhonorar) lässt der Senat gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO die Revision zu. Die Frage nach der Reichweite der geltend gemachten Ausschlussgründe gem. § 319 Abs. 2 und 3 HGB hat ebenso wie die Frage, ob ein trotz Besorgnis der Befangenheit des Prüfers angenommener Prüfungsauftrag nichtig ist, grundsätzliche Bedeutung.</td></tr></table><table><tr><td/></tr></table><table><tr><td/></tr></table></td></tr></table>
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138,049
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olgstut-2003-07-24-12-ar-503
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12 AR 5/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:23
| 2019-02-12T12:39:57
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag der Antragstellerin auf Bestimmung des Landgerichts Tübingen als gemeinsam zuständiges Gericht für die gegen die Antragsgegner zu 1 bis 3 erhobene Klage wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p/>
<p>3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p/>
<p>Streitwert: 2.091,92 EUR</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
<strong>
<em>I.</em>
</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die antragstellende ... GmbH nimmt die Antragsgegner zu 1 bis 3 gesamtschuldnerisch auf Zahlung eines restlichen Rechtsanwaltshonorars in Höhe von 20.919,24 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten in Anspruch, das auf einer Vertretung der Antragsgegner in einem Verfahren vor dem Schiedsgericht der ... in ... beruht. Die Antragstellerin mit Sitz in ... unterhält in ... eine Zweigniederlassung, wo der die Interessen der Antragsgegner wahrnehmende Gesellschafter verantwortlich tätig ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Gegen die auf Antrag der Antragstellerin am 29. Januar 2003 vom Amtsgericht ... als zentralem Mahngericht erlassenen Mahnbescheide legten die Antragsgegner Widerspruch ein, worauf der Rechtsstreit an das von der Antragstellerin für den Fall des Widerspruchs bezüglich aller Antragsgegner als Prozessgericht bezeichnete Landgericht Tübingen abgegeben wurde. Die Antragsgegner zu 1 und 3 rügten die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Tübingen und beantragten die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Stuttgart.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Das Landgericht Tübingen wies in einer Verfügung vom 4. April 2003 sinngemäß darauf hin, nach überwiegender, von ihm selbst allerdings nicht geteilter Meinung sei für Honorarklagen nach § 29 ZPO auch das Gericht am Sitz der Anwaltskanzlei zuständig. Dort bestehe ein gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Hauptleistungspflichten. Deswegen sei hier das Landgericht Stuttgart an sich örtlich zuständig. Die Antragstellerin habe aber ihr Wahlrecht gemäß §§ 690 Abs. 1 Nr. 5, 35 ZPO bereits ausgeübt. Da die Antragsgegnerin zu 1 ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Hechingen habe, die Antragsgegnerin zu 2 in ... und die Antragsgegnerin zu 3 in ... werde der Antragstellerin anheim gestellt, beim Oberlandesgericht Stuttgart als dem nach § 36 Abs. 2 ZPO zuständigen Gericht einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu stellen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Dieser Anregung folgend hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20./21. Mai 2003 beim Oberlandesgericht Stuttgart beantragt, das Landgericht Tübingen als zuständiges Gericht zu bestimmen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
<strong>
<em>II.</em>
</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
1. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a) Der Antrag scheitert allerdings nicht schon daran, dass der Rechtsstreit bereits beim Landgericht Tübingen rechtshängig ist. Solange in einem rechtshängigen Verfahren – wie hier – weder eine Beweisaufnahme stattgefunden hat noch der Rechtsstreit schon entschieden ist, steht die Erhebung einer Klage nach herrschender Meinung (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1977 – 7 ARZ 513/77, NJW 1978, 321; BayObLG NJW-RR 1994, 890; Putzo in Thomas/Putzo, ZPO 24. Aufl. § 36 Rdn. 15) einem Antrag gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht entgegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Einer solchen Bestimmung steht hier entgegen, dass für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand bestanden hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
aa) Nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 29. Januar 1981 – III ZR 1/80, WM 1981, 411 = NJW 1981, 1176 und Beschluss vom 20. Oktober 1983 – III ZR 21/83, nicht veröffentlicht; BGHZ 97, 79, 82 = NJW 1986, 1178; BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 – III ZR 150/88, NJW 1991, 3095, 3096; OLG Stuttgart AnwBl 1976, 439; BayObLG NJW-RR 1996, 52, 53; OLG Köln NJW-RR 1997, 11; OLG Hamm Gl 1999, 241; OLG Hamburg BRAK-Mitt 2002, 44; BayObLG NJW 2003, 366 = AnwBl 2003, 120; vgl. auch zum Honoraranspruch eines Steuerberaters: Senat, Beschluss vom 29. Januar 2003 – 12 AR 1/03, nicht veröffentlicht) und Literatur (Schumann in Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 29 IV Rdn. 31; Patzina in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. § 29 Rdn. 26, 81; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. § 29 Rdn. 25 und Baumbach/Hartmann, ZPO 60. Aufl. § 29 Rdn. 18, 31) ist der Sitz einer Rechtsanwaltskanzlei als gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen anzusehen, § 269 Abs. 1 BGB. Deswegen besteht für Honorarklagen eines Rechtsanwalts regelmäßig am Ort seiner Kanzlei der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
bb) Diese Ansicht ist in jüngerer Zeit im Anschluss an zwei Aufsätze von Richtern der Amtsgerichte München und Berlin (Prechtel NJW 1999, 3617 und Einsiedler NJW 2001, 1549) in mehreren untergerichtlichen Entscheidungen meist mit dem Ergebnis in Frage gestellt worden, dass im Gerichtsstand des Erfüllungsortes erhobene Honorarklagen an die Wohnsitzgerichte der jeweiligen Beklagten verwiesen worden sind (LG Frankfurt a.M. NJW 2001, 2640; LG München I NJW-RR 2002, 206 entgegen LG München I NJW 2001, 1583; LG Ravensburg BRAK-Mitt 2002, 100; LG Tübingen NJW 2002, X; AG Frankfurt a.M. NJW 2000, 1802; AG Spandau NJW 2001, 1654; AG Rastatt JurBüro 2002, 39; AG Hamburg-Bergedorf MDR 2002, 851). Zur Begründung ist u.a. ausgeführt worden, die Beziehung zwischen Anwalt und Mandant unterscheide sich zunächst in nichts von der Beziehung zwischen anderen Freiberuflern und deren Klientel. Eine Abweichung von der insoweit maßgebenden gesetzlichen Regelung, wonach ein Schuldner grundsätzlich an seinem Wohnsitz bzw. Sitz zu verklagen sei, erfordere konkrete Anhaltspunkte in dem jeweiligen Vertragsverhältnis. Solche lägen nicht vor. Soweit der Sitz einer Anwaltskanzlei als Erfüllungsort für die Honorarforderungen betrachtet werde, gehe dies vermutlich auf Zeiten zurück, in denen das Anwaltshonorar in bar in der Kanzlei beglichen worden sei. Hiervon könne heute nicht mehr ausgegangen werden. Hinzu komme, dass eine Honorarforderung erst nach einer entsprechenden Rechnungsstellung fällig werde, § 18 Abs. 1 BRAGO. Ferner ist auf den Wegfall der Zulassungsbeschränkungen für Verfahren vor den Zivilgerichten und auch auf geänderte Rahmenbedingungen anwaltlicher Tätigkeit hingewiesen worden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
cc) Diese neuere Ansicht ist – soweit ersichtlich – in Rechtsanwaltshonorarklagen obergerichtlich bislang in einem Fall gebilligt worden (OLG Karlsruhe NJW 2003, 2174, das durch Beschluss vom 17. März 2003 das Verfahren gem. § 36 Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt hat; so auch zu Steuerberaterhonorarklagen: OLG Hamburg, Beschluss vom 5. März 2003 – 13 ARZ 3/03, bislang nicht veröffentlicht, das ebenso nach § 36 Abs. 3 ZPO verfahren ist). Angesichts der angestoßenen Diskussion sind auf diese Gründe gestützte Verweisungen als nicht willkürlich und damit als bindend angesehen worden (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2003 – X ARZ 92/03, bislang noch nicht veröffentlicht, ergangen auf die Vorlageentscheidung des OLG Hamburg vom 5. März 2003; OLG Frankfurt NJW 2001, 1583; OLG Dresden NJW-RR 2002, 929; Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2002 – 12 AR 6/02, nicht veröffentlicht; OLG Dresden, Beschluss vom 22. Mai 2003 – 4 AR 38/03, bislang nicht veröffentlicht). An der bisherigen Auffassung ist festzuhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Es ist nicht erkennbar, dass seit den einen gemeinsamen Gerichtsstand am Sitz der Anwaltskanzlei bejahenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes aus den Jahren 1981 bis 1991 wesentliche Änderungen in den Beziehungen zwischen Anwalt und Mandant eingetreten wären, die es rechtfertigen könnten, künftig nicht mehr vom Bestehen eines gemeinsamen Erfüllungsortes auszugehen. Nicht zu überzeugen vermag hierbei insbesondere der Hinweis auf den Wegfall der Zulassungsbeschränkungen für Verfahren vor den Zivilgerichten. Dieser Wegfall war von vornherein ohne jede Bedeutung für Verfahren vor anderen als Zivilgerichten, wo solche Zulassungsbeschränkungen nicht bestanden. Wäre die Zulassungsbeschränkung ein für die Begründung eines gemeinsamen Erfüllungsortes tragender Grund gewesen, hätte schon bislang danach differenziert werden müssen, ob ein Rechtsanwalt in einem zivilrechtlichen Verfahren mit Zulassungsbeschränkung oder in einem anderen Verfahren tätig geworden ist. Eine solche Differenzierung wurde allerdings bis dato – soweit ersichtlich – mit Recht von niemandem vorgenommen. Ebenso wenig zu überzeugen vermag der Begründungsansatz, die bisherige Annahme eines gemeinsamen Erfüllungsortes beruhe auf der zwischenzeitlich nicht mehr gängigen Praxis, dass Anwaltshonorare in bar in der Kanzlei beglichen werden würden. Auch insoweit ist nicht zu erkennen, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr zwischen Anwalt und Mandant erst in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren eine solche Bedeutung erlangt hätte, dass hierdurch künftig die Annahme eines gemeinsamen Gerichtsstandes in Frage gestellt wäre. Der Senat sieht durchaus, dass die Anerkennung eines gemeinsamen Erfüllungsortes am Sitz der Kanzlei eines Rechtsanwaltes gemäß § 269 Abs. 1 BGB mit der Folge des Bestehens des besonderen Gerichtsstandes im Sinn von § 29 ZPO nicht über alle dogmatischen Zweifel erhaben ist. Angesichts der hierbei vorzunehmenden Wertungen erachtet der Senat gleichwohl die Annahme eines Schwerpunktes des Vertrages am Sitz der Anwaltskanzlei für gegeben, woraus sich der gemeinsame Erfüllungsort ergibt. Dies steht auch im Einklang mit der eine ähnliche Problematik betreffenden Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 1985 – I ARZ 737/85, NJW 1986, 935; OLG Koblenz NJW-RR 1988, 1401; Kammergericht BauR 1999, 940 und OLG Stuttgart IBR 2001, 99). Dort wird der Ort des Bauwerks als Schwerpunkt des Vertrages angesehen mit der Folge der Bejahung dieses Ortes als Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen aus diesem Vertragsverhältnis.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
c) An einem gemeinsamen besonderen Gerichtsstand fehlt es auch nicht deswegen, weil die Antragstellerin durch die Ausübung ihres Wahlrechts das Landgericht Tübingen als für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständiges Gericht bezeichnet hat. Das Landgericht Tübingen hat als für den Sitz der Beklagten zu 2 örtlich zuständiges Gericht den Rechtsstreit zu entscheiden und ist insoweit an einer Verweisung an das Landgericht Stuttgart gehindert. Die damit erloschene ursprüngliche Möglichkeit, das vorliegende Verfahren gegen alle drei Antragsgegner vom Landgericht Stuttgart als dem gemäß § 29 ZPO zuständigen Gericht entscheiden zu lassen, kann nicht über einen Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wieder eröffnet werden. Dieser Norm ist nicht zu entnehmen, dass sie auch in Fällen anwendbar ist, in denen ein ursprünglich bestehender gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand durch ein späteres prozessuales Verhalten einer Partei entfallen ist. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zielt vielmehr lediglich darauf ab, einen gemeinsamen Gerichtsstand in Fällen gerichtlich bestimmen zu lassen, in denen ein Kläger mehrere Streitgenossen mit unterschiedlichem allgemeinen Gerichtsstand wegen des Fehlens eines gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstandes an sich nicht beim selben Gericht verklagen kann. Diese Möglichkeit stand der Antragstellerin aber anfangs offen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
2. Die Zurückweisung des Antrags hat zur Folge, dass die Antragstellerin in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten dieses Verfahrens zu tragen hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 5. Februar 1987 – I ARZ 703/86, NJW-RR 1987, 757) gilt zwar ein mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts endendes Verfahren nach § 37 ZPO als Teil des Hauptsacheverfahrens, weswegen auch die Kosten des Bestimmungsverfahrens als Kosten der Hauptsache anzusehen und entsprechend der Kostenentscheidung in der Hauptsache zu erstatten sind. Dies gilt jedoch nicht im Falle der Ablehnung oder der Zurücknahme des Bestimmungsantrags. In diesen Fällen kann ein etwaiges gegen die Antragsgegner gerichtetes Klageverfahren nicht als Hauptsache zu dem ohne Bestimmung des zuständigen Gerichts abgeschlossenen Verfahren nach § 37 ZPO angesehen werden. Daher hält es der Bundesgerichtshof in diesen Fällen für geboten, über die Kosten des Bestimmungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 91 oder des § 269 Abs. 3 ZPO zu entscheiden und dem Antragsgegner auf diese Weise die Möglichkeit einzuräumen, die durch die Stellung des unbegründeten oder des zurückgenommenen Antrags entstandenen Kosten erstattet zu erhalten. Dabei ist unerheblich, ob im Streitfall tatsächlich Gebühren oder Auslagen angefallen sind. Dieser Ansicht schließt sich der Senat an (so auch BayObLG NJW-RR 2000, 141).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
a) Nach § 37 Abs. 2 ZPO sind lediglich das zuständige Gericht bestimmende Beschlüsse einer Anfechtung entzogen. Im Umkehrschluss daraus ergibt sich, dass Beschlüsse, wie der Vorliegende, durch die ein Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgewiesen werden, grundsätzlich angefochten werden können. Dies gilt nach Ansicht des Senats entgegen einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW 2002, 2888; ihm folgend im Gegensatz zur Vorauflage: Putzo in Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 37 Rdn. 6) auch dann, wenn ein Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts erstmals von einem Oberlandesgericht abgelehnt worden ist. Eine solche Entscheidung ist als ein im ersten Rechtszug erlassener Beschluss im Sinn von § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzusehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
aa) Der Rechtsbeschwerde kann nicht entgegengehalten werden, ein zur (erstmaligen) Entscheidung über einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts berufenes Oberlandesgericht werde nicht "im ersten Rechtszug", sondern – wie hier – gegebenenfalls als übergeordnetes Gericht nach § 36 Abs. 2 ZPO an Stelle des Bundesgerichtshofes tätig. Maßgebend ist vielmehr, dass es sich bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts um eine im ersten Rechtszug zu treffende Entscheidung handelt. § 36 Abs. 1 ZPO delegiert diese lediglich auf das im Rechtszug zunächst höhere Gericht. Sofern dieses – wie im vorliegenden Fall – erstmals über einen Antrag befindet, entscheidet es weder als Beschwerde- noch als Berufungsgericht. Dies gilt auch dann, wenn das Oberlandesgericht nach § 36 Abs. 2 ZPO anstelle des Bundesgerichtshofes zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 36 Abs. 3 ZPO. Diese aus der früheren Zivilprozessordnung unverändert übernommene Vorschrift ist nunmehr im Lichte des Zivilprozessreformgesetzes auszulegen. Die dort geregelte sog. Divergenzvorlage sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass der Bundesgerichtshof nach § 36 Abs. 2 ZPO seit 1. April 1998 auch dann nicht mehr zur Bestimmung des gemeinsamen Gerichtes berufen war, wenn die in Betracht kommenden zuständigen erstinstanzlichen Gerichte zu unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken gehörten. Die Divergenzvorlage sollte dem Bundesgerichtshof weiterhin die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ermöglichen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Entscheidungen der Oberlandesgerichte nach § 567 Abs. 4 ZPO a.F. – abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen – einer Beschwerde an den Bundesgerichtshof entzogen waren.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Nach Ansicht des Senates steht § 36 Abs. 3 ZPO auch nach Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes einer obergerichtlichen Entscheidung entgegen, durch die von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abgewichen werden würde. In diesem Fall ist weiterhin – vorrangig – die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Die der Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung dienende Vorschrift des § 36 Abs. 3 ZPO führt aber nicht zu einem Ausschluss der auf Grund des Zivilprozessreformgesetzes eröffneten Möglichkeit der Einlegung einer Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof mit dem Ziel, eine höchstrichterliche Entscheidung schon zu einem Zeitpunkt herbeizuführen, zu dem noch keine divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen bestehen. Würde man dies anders sehen, würde die bislang von § 36 Abs. 3 ZPO beabsichtigte privilegierte Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen der neuen Rechtsbeschwerdemöglichkeiten zu einer Einschränkung der Anrufung des Bundesgerichtshofes führen. Dass der Gesetzgeber dieses gewollt haben könnte, ist nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
cc) Die Voraussetzungen für eine vorrangige Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof nach § 36 Abs. 3 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen hier nicht vor. Zwar hat das OLG Karlsruhe (NJW 2003, 2174) zum Ausdruck gebracht, es wolle sich der neueren Ansicht anschließen. Es hat in der Sache aber nicht entschieden, sondern seinerseits das Verfahren gemäß § 36 Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichthof vorgelegt. Dieser hat noch keine Entscheidung getroffen. Damit fehlt es bislang an einem divergierenden obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Beschluss.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
dd) Die neuere Ansicht hätte darüber hinaus Konsequenzen, die sachlich kaum zu rechtfertigen wären. Stünde die Zuständigkeit zweier im selben Landgerichtsbezirk ansässiger Amtsgerichte im Streit, könnte die Ablehnung der Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das zur Entscheidung berufene Landgericht mit der Beschwerde angefochten werden (so auch Putzo in Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 37 Rdn. 6). Über dieses Rechtsmittel müsste das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht entscheiden mit der Folge, dass dessen die Beschwerde zurückweisende Entscheidung nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden könnte. Sofern die Amtsgerichte hingegen zu unterschiedlichen Landgerichtsbezirken desselben Oberlandesgerichtsbezirks oder aber zu unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken gehören würden, wäre eine solche, in diesen Fällen vom Oberlandesgericht zu treffende erste Entscheidung einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof im Wege der Rechtsbeschwerde von vornherein entzogen. Weswegen im ersten Fall die Rechtsbeschwerde zulässig, in den weiteren Fällen – wie auch bei der Bestimmung des zuständigen Landgerichts – hingegen ausgeschlossen sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
ee) Schließlich spricht gegen die hier vertretene Ansicht auch nicht der Umstand, dass ein gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufenes Oberlandesgericht an Stelle des Bundesgerichtshofes entscheidet, dessen Entscheidungen einer Überprüfung entzogen sind. Während durch einen klärenden Beschluss des Bundesgerichtshofes die Ziele der Fortbildung des Rechts sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erreicht werden, vermag eine von einem Oberlandesgericht getroffene Entscheidung eine solche Wirkung gerade nicht herbeizuführen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
b) Angesichts der aktuellen widerstreitenden Entscheidungen zur Frage der künftigen Anerkennung eines gemeinsamen Erfüllungsortes am Sitz einer Rechtsanwaltskanzlei für Ansprüche aus dem Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant erscheint eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof – nicht zuletzt auch wegen des der Beantwortung dieser Rechtsfrage innewohnenden voluntativen Elements – wünschenswert.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
4. Wegen der teilweise abweichenden Argumentation in der Begründung der örtlichen Zuständigkeit bei Honorarklagen von Rechtsanwälten einerseits und von Steuerberatern andererseits hält der Senat trotz der vergleichbaren Sachlage die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage nach § 36 Abs. 3 ZPO nicht für gegeben. Der Umstand, dass das Hansetische Oberlandesgericht Hamburg durch rechtskräftiges Urteil vom 30. April 1999 (OLGR 2000, 222) die Abweisung der Honorarklage eines Steuerberaters wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit am Sitz des Steuerberaters bestätigt und auf den Hilfsantrag die Sache an das für den Wohnsitz des Mandanten örtlich zuständige Gericht verwiesen hat, rechtfertigt daher nicht die Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
5. Der Senat hat das Interesse des Antragstellers an der Durchführung eines Verfahrens gegen alle Antragsgegner bei ein und demselben Gericht mit 1/10 des Wertes der Hauptsache bemessen und den Streitwert für das vorliegende Verfahren entsprechend auf 2.091,92 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,050
|
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|
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"jurisdiction": null,
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|
16 WF 50/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:23
| 2019-02-12T12:39:57
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Untätigkeitsbeschwerde des Vaters wird das Amtsgericht angewiesen, das Verfahren mit äußerster Beschleunigung weiterzuführen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Umgangsrecht des Vaters ist in einer einstweiligen Anordnung im Rahmen des Ehescheidungsrechtsstreits zwischen den Eltern vom 11. November 1997 folgendermaßen geregelt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Dem Kindesvater steht das Recht zu, mit dem ehegemeinschaftlichen Kind ...geb. am ...1993, unter Betreuung des Deutschen Kinderschutzbundes, Ortsverband Mannheim, N 3, 7, 68161 Mannheim, in dessen Räumen persönlichen Umgang zu haben, wobei Dauer und Rhythmus des Umgangsrechts vom Kinderschutzbund - in Absprache mit den Kindeseltern - festgelegt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Umgang des Vaters mit dem Kind hat seitdem so gut wie nicht stattgefunden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Ein auf Antrag des Vaters eingeleitetes Vermittlungsverfahren - Amtsgericht Mannheim 7B F 111/98 - scheiterte am 21. Dezember 1998. Nach Aufhebung einer Entscheidung des Amtsgerichts vom 11. Mai 1999 über die Kosten des Vermittlungsverfahrens durch den Senat mit Beschluss vom 22. Oktober 1999 - 16 WF 67/99 - leitete das Amtsgericht am 26. Juni 2000 ein Verfahren auf Neuregelung des Umgangsrechts des Vaters ein. In diesem Verfahren ist eine Sachentscheidung noch nicht ergangen. Nachdem das Amtsgericht den Parteien am 19. Februar 2002 seine Absicht mitgeteilt hat, ein Sachverständigengutachten zu erheben, hat es dieses Gutachten am 17. März 2003 angeordnet und den Dipl.-Psych. B., W., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Auf ein Verhalten des Vaters selbst gehen nennenswerte Verzögerungen des Verfahrens nicht zurück. Er hat zwar am 04. Juli 2000 gegen den Beschluss, das Verfahren auf Neuregelung des Umgangsrechts einzuleiten, Beschwerde eingelegt. Die Mutter tat das gleiche. Beide Beschwerden wurden mit den Senatsbeschlüssen vom 02. Oktober 2000 - 16 WF 141/00 und 16 WF 148/00 - verworfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Amtsgericht hat am 23. Juni 2001 eine Verfahrenspflegerin bestellt, am 22. November 2002 das Kind angehört, am selben Tag ergänzenden Bericht der Verfahrenspflegerin und des Jugendamtes eingefordert, welche am 10. bzw. 16. Dezember 2002 eingingen. Als nächste Entscheidung steht diejenige über den Antrag der Mutter vom 13. Mai 2003 an, welche den Sachverständigen, Dipl.-Psych. B., wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Untätigkeitsbeschwerde des Vaters ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
1. In Streitigkeiten über den Umgang eines Elternteiles mit seinem Kind kommt dem Anspruch dieses Elternteils auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes besondere Bedeutung zu. Denn jede Verfahrensverzögerung führt zu einem Rechtsverlust dieses Elternteils - er kann sein Umgangsrecht, so es, was aber erst mit der Endentscheidung feststeht, nicht auszuschließen ist, nicht ausüben. Zeitverlust führt zu (weiterer) Entfremdung, welche ihrerseits die Gefahr vergrößert, dass das Umgangsrecht gem. § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB beschränkt oder gar ausgeschlossen wird. Eine Untätigkeitsbeschwerde in einer Umgangssache ist deshalb nicht erst dann zulässig, wenn ein sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Verfahrensstillstand gegeben ist, der auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft (vgl. etwa OLG Saarbrücken, OLGR 1999, 179) oder wenn ein Untätigbleiben des Gerichts auf einem willkürlichen Verhalten beruht und den Tatbestand einer Rechtsverweigerung erfüllt (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 887; Senatsbeschluss vom 24. Juli 2001 - 16 WF 78/01 - nicht veröffentlicht -), sondern bereits dann, wenn eine Verzögerung behauptet wird, die zu einem nennenswerten Rechtsverlust führt (vgl. BVerfG, FamRZ 2001, 753). Dies ist hier der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Droht, wie hier, auch tatsächlich ein nennenswerter Rechtsverlust, hat das mit der Untätigkeitsbeschwerde angegangene Beschwerdegericht die Maßregeln zu treffen, welche einen effektiven Rechtsschutz des Beschwerdeführers jedenfalls in der Zukunft gewährleisten. Am effektivsten wäre es, wenn das Beschwerdegericht das Verfahren selbst an sich zöge. Dies ist jedoch aus guten Gründen nicht möglich. Auch die Möglichkeit, dem Gericht der ersten Instanz einen Verfahrensablauf vorzuschreiben, wie ihn das Beschwerdegericht selbst beobachten würde, wenn ihm die Sache in der Beschwerde angefallen wäre, scheidet aus. Letztlich würde auch ein solcher Fahrplan unverbindlich bleiben, weil nicht vorhersehbare und auch nicht beherrschbare Tatsachen eintreten können, die zu einer von dem Fahrplan abweichenden Verzögerung führen müssen. Darin, dem Gericht der ersten Instanz äußerste Beschleunigung anzuempfehlen, erschöpft sich also die Möglichkeit des Beschwerdegerichts. Von äußerster Beschleunigung könnte, wenn besondere Umstände nicht hinzutreten, nicht mehr gesprochen werden, wenn folgende Fristen nicht eingehalten werden würden:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
über die Befangenheitsablehnung des Sachverständigen, Dipl.-Psych. B., W. zu entscheiden bis 30. August 2003;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
nach rechtskräftiger Entscheidung über die Ablehnung des Sachverständigen, Dipl.-Psych. B.,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
diesem eine Frist von 6 Wochen zur Fertigstellung seines Gutachtens zu setzen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
alternativ: einem neu zu bestellenden Sachverständigen Frist zur Erstellung eines Gutachtens von 3 Monaten zu setzen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
binnen 1 Monats nach Eingang des Sachverständigengutachtens die Eltern und das Kind persönlich anzuhören, je nach Sachlage auch den Sachverständigen anzuhören;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
innerhalb 1 Monats nach Anhörung endgültig über das Umgangsrecht des Vaters zu entscheiden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Kosten sind nicht zu erheben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,051
|
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|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
16 WF 51/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:23
| 2019-02-12T12:39:58
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Untätigkeitsbeschwerde des Vaters wird das Amtsgericht angewiesen, das Verfahren mit äußerster Beschleunigung weiterzuführen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Eltern streiten seit 1997 um das Sorgerecht für ihre Tochter ..., geb. am ....1993. Im Scheidungsrechtsstreit erging die einstweilige Anordnung vom 11. November 1997, mit welcher die elterliche Sorge für die Dauer des Getrenntlebens der Mutter übertragen wurde (AG Mannheim 7B F 107/97 EA I).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Im vorliegenden Verfahren stellte der Vater am 19. September 1999 den Antrag, die elterliche Sorge auf beide Eltern zu übertragen. Diesen Antrag wies das Amtsgericht am 10. Dezember 2001 mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 1696 BGB lägen nicht vor. Nahezu gleichzeitig leitete es ein Verfahren nach § 1666 BGB auf Neuregelung der elterlichen Sorge ein, dies vor dem Hintergrund, dass die Ursachen dafür, dass ein Umgang des Vaters mit dem Kind nahezu nicht stattfand, bei der Mutter liegen könnten. Mit Beschluss vom 04. März 2002 hat der Senat denjenigen des Amtsgerichts vom 10. Dezember 2001 aufgehoben. Nachdem es dies bereits am 20. Februar 2001 erwogen hatte, bestellte das Amtsgericht am 15. April 2002 eine Verfahrenspflegerin und verband die Verfahren nach § 1696 BGB und nach § 1666 BGB. Das Amtsgericht nahm Empfehlungen der Verfahrenspflegerin und Stellungnahmen des Jugendamtes entgegen und ordnete am 17. März 2003 die Erhebung eines Sachverständigengutachtens bei dem Dipl.-Psych. B, Weinheim, an. Als nächste Entscheidung des Amtsgerichts steht die über eine Ablehnung des Sachverständigen, Dipl.-Psych. B, wegen Besorgnis der Befangenheit durch die Mutter an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In zwei Nebenverfahren hat das Amtsgericht einen Antrag des Vaters vom 01. März 2000, den Eltern im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, mit Beschluss vom 21. Februar 2001 zurückgewiesen und einen Antrag des Vaters vom 07. Februar 2002, die kinderpsychiatrische Behandlung des Kindes einzustellen und die Zustimmung der Mutter gem. § 1666 Abs. 3 BGB zu ersetzen, durch Beschluss vom 30. September 2002 zurückgewiesen (7B F 51/02 EA I und 7B F 51/02 EA II).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Untätigkeitsbeschwerde des Vaters ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
1. In Streitigkeiten über die elterliche Sorge kommt dem Anspruch des die elterliche Sorge (wieder) erstrebenden Elternteils auf effektiven Rechtsschutz besondere Bedeutung zu. Denn jede Verfahrensverzögerung kann dazu führen, dass Verhältnisse sich verfestigen und eine (Wieder-) Übertragung der elterlichen Sorge mit weiterem Zeitablauf unwahrscheinlicher wird. In Fällen, in denen eine Wiederbeteiligung eines Elternteils an der elterlichen Sorge gem. § 1666 BGB oder sonstige Maßnahmen gegen den anderen Elternteil nach dieser Bestimmung in Frage kommen, führt jede Verzögerung zu einer weiteren Schädigung des Kindeswohls, wenn sich später herausstellen sollte, dass zur Wahrung des Kindeswohls entsprechende Maßnahmen nötig gewesen wären. Eine Untätigkeitsbeschwerde in einer Sorgerechtsstreitigkeit oder in einem Verfahren nach § 1666 BGB ist deshalb nicht erst dann zulässig, wenn ein sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Verfahrensstillstand gegeben ist, der auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft (vgl. etwa OLG Saarbrücken, OLGR 1999, 179) oder wenn ein Untätigbleiben des Gerichts auf einem willkürlichen Verhalten beruht und den Tatbestand einer Rechtsverweigerung erfüllt (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 887; Senatsbeschluss vom 24. Juli 2001 - 16 WF 78/01 - nicht veröffentlicht -), sondern bereits dann, wenn eine Verzögerung behauptet wird, die zu einem nennenswerten Rechtsverlust des die elterliche Sorge anstrebenden Elternteils oder zu einer weiteren Schädigung des Kindeswohls führen kann (vgl. BVerfG, FamRZ 2001, 753). Dies ist hier der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Droht, wie hier, auch tatsächlich nennenswerter Rechtsverlust des Vaters oder eine weitere Beschädigung des Kindeswohls, hat das mit der Untätigkeitsbeschwerde angegangene Beschwerdegericht die Maßregeln zu treffen, welche einen effektiven Rechtsschutz des Beschwerdeführers jedenfalls in der Zukunft gewährleisten. Am effektivsten wäre es, wenn das Beschwerdegericht das Verfahren selbst an sich zöge. Dies ist jedoch aus guten Gründen nicht möglich. Auch die Möglichkeit, dem Gericht der ersten Instanz einen Verfahrensablauf vorzuschreiben, wie ihn das Beschwerdegericht selbst beobachten würde, wenn ihm die Sache in der Beschwerde angefallen wäre, scheidet aus. Letztlich würde ein solcher Fahrplan unverbindlich bleiben, weil nicht vorhersehbare und auch nicht beherrschbare Tatsachen eintreten können, die zu einer von dem Fahrplan abweichenden Verzögerung führen müssen. Darin, dem Gericht der ersten Instanz äußerste Beschleunigung anzuempfehlen, erschöpft sich also die Möglichkeit des Beschwerdegerichts. Von äußerster Beschleunigung könnte nicht mehr gesprochen werden, wenn, ohne dass besondere Umstände hinzutreten, folgende Fristen nicht eingehalten werden würden:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
- über die Befangenheitsablehnung des Sachverständigen, Dipl.-Psych. B, W. zu entscheiden bis 30. August 2003;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
- nach rechtskräftiger Entscheidung über die Ablehnung des Sachverständigen, Dipl.-Psych. B, diesem eine Frist von 6 Wochen zur Fertigstellung seines Gutachtens zu setzen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
- alternativ: einem neu zu bestellenden Sachverständigen Frist zur Erstellung eines Gutachtens von 3 Monaten zu setzen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
- binnen 1 Monats nach Eingang des Sachverständigengutachtens die Eltern und das Kind persönlich anzuhören, je nach Sachlage auch den Sachverständigen anzuhören;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
- innerhalb 1 Monats nach Anhörung endgültig über die elterliche Sorge und darüber zu entscheiden, ob Maßnahmen nach § 1666 BGB erforderlich sind und diese anzuordnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,052
|
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"id": 147,
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"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
17 UF 142/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:24
| 2019-02-12T12:39:58
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Das Gesuch des Antragsgegners um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.</p>
<p>Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Antragsgegners vom 10. Juni 2003 gegen das Urteil des Amtsgerichts Böblingen - Familiengericht - vom 13. Mai 2003 nach § 522 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZPO zurückzuweisen.</p>
<p>Der Antragsgegner erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Beschlusses.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die vom Antragsgegner gegen das Urteil des Amtsgerichts Böblingen -Familiengericht- vom 13.05.2003 eingelegte Berufung weist keine Aussicht auf Erfolg auf. Zu Recht hat das Amtsgericht dem Scheidungsantrag der Antragstellerin nach Art. 1129 iran. ZGB stattgegeben, denn die Antragstellerin beruft sich zurecht auf den Scheidungsgrund der Unterhaltsverweigerung, demgegenüber der Wille des Antragsgegners zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft unbeachtlich ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht und nach Artt. 17 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB auf die Ehescheidung iranisches Sachrecht angewandt. Gegen letzteres wendet der Antragsgegner mit seiner Berufung auch nichts ein.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Soweit er beanstandet, dass die Scheidung nur von einem Gericht ausgesprochen werden darf, dem ein islamischer Rechtsgelehrter oder eine von diesem ernannte Einzelperson vorsteht, dringt der Antragsgegner nicht durch. Mag sich auch die Frage des materiell anwendbaren Rechts nach internationalen Abkommen, Verträgen und dem deutschen internationalen Privatrecht (EGBGB) richten, bestimmt sich doch nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung das Verfahren nach der sog. lex fori, d.h., das international zuständige Gericht wendet auf das Verfahren sein originäres Verfahrensrecht an. Dies gilt insbesondere auch für die gerichtliche Zuständigkeit eines weltlichen an Stelle eines religiösen Gerichts (vgl. etwa KG, IPRax 2000, 126). Nach Art. 17 Abs. 2 EGBGB kann im Inland eine Ehe auch bei Maßgeblichkeit ausländischen Scheidungsrechts im Interesse der Rechtsklarheit und zur Wahrung der Interessen mittelbar Beteiligter, insbesondere Kinder, nur durch gerichtliches Urteil des nach deutscher Gerichtsverfassung sachlich zuständigen Familiengerichts geschieden werden. Diese Rechtsgrundsätze werden auch nicht durch das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen berührt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Dass der Scheidungsgrund der Unterhaltsverweigerung durchgreift und das einseitige Festhalten des Antragsgegners an der Ehe hieran nichts zu ändern vermag, hat das Amtsgericht im Einklang mit den hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen ausführlich dargelegt und sorgfältig begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Maßgeblich für die Frage des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau ist nach dem anzuwendenden deutsch-iranischen Niederlassungsabkommen das gemeinsame Heimatrecht der Parteien. Dies schließt die Anwendung von Art. 18 Abs. 1 Satz 1 und damit deutsches Sachrecht auch für den Familien- und Trennungsunterhalt aus. Mit der Eheschließung ist der Antragsgegner nach islamischer Rechtsvorstellung der Antragstellerin gegenüber die vertragliche Verpflichtung eingegangen, die Kosten für ihren Unterhalt sicherzustellen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsgegner nunmehr längere Zeit nachhaltig nicht mehr nachgekommen, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat und was der Antragsgegner mit seiner Berufung auch nicht begründet in Abrede stellt. Dabei sieht der Antragsgegner richtig, dass er dem Scheidungsbegehren der Ehefrau nicht entgegenhalten kann, dass ihn nach dem (nicht anwendbaren) deutschen Unterhaltsstatut keine Unterhaltspflicht treffe. Soweit er einen Unterhaltsanspruch der Ehefrau verneint, weil diese eigene Einkünfte erzielt und ihr sonstiger Bedarf durch Leistungen eines Sozialhilfeträgers gesichert wird, lässt dies seine eigene Unterhaltsverpflichtung nach islamischen Rechtsgrundsätzen unberührt. Denn die Ehefrau schuldet ihm gegenüber keinerlei Erwerbstätigkeit. Jegliches Einkommen, das sie erzielt, behält sie zur freien eigenen Verfügung. Ebenso verhält es sich mit Leistungen Dritter, die ihr gegenüber erbracht werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die von ihm lediglich in geringstem Umfang erbrachten Leistungen waren nicht geeignet, das Existenzminimum der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ehefrau zu sichern. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage einer verschuldeten oder unverschuldeten Leistungsunfähigkeit nicht an. Maßgeblich ist nämlich die Frage seiner Leistungsfähigkeit im Sinne einer Mittellosigkeit im Sinne des Art. 1129 iran. ZGB unter Anwendung der geltenden Grundsätze des gemeinsamen Heimatrechts der Eheleute zu würdigen. Sie ist bei dem hier vom Ehemann erzielten Nettoeinkommen von zuletzt rund EUR 589,00 auch nicht anzunehmen. Er allein hatte nach iranischem Recht – ohne sich insoweit auf eine nach deutschen Unterhaltsmaßstäben beachtlichen und ihm zu belassenden Selbstbehalt (notwendiger Eigenbedarf) berufen zu können - demnach während bestehender Ehe die Kosten des ehelichen Haushalts insgesamt zu tragen, wobei er schon nach seinem eigenen Vorbringen dieser Verpflichtung seit seiner Einreise in die Bundesrepublik nicht mehr genügt hat. Auch liegt der Fall nicht etwa so, dass bereits bei Eheschließung die Mittellosigkeit des Mannes vorlag und die Ehefrau diesen Umstand kannte. Darüber hinaus ermangelt sein Vortrag zur Frage erbrachter (Bar- und Natural-) Unterhaltsleitungen jedenfalls ausreichender Substantiierung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Im Übrigen dürfte der Scheidungsgrund des Art. 1129 Abs. 2 iran. ZGB bereits dann gegeben sein, wenn der Mann zum Unterhalt der Frau nicht in der Lage ist, damit sie ohne Verstoß gegen das iranische Ehewirkungsstatut andere Unterhaltsquellen suchen kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Erst für die Zeit nach der Scheidung ist unter Anwendung des iranischen Heimatrechts (insoweit vergleichbar mit anderen koranischen Rechten) im Grundsatz eine dem deutschen Recht entsprechende nacheheliche Unterhaltspflicht des Ehemannes gesetzlich nicht mehr vorgesehen (jedoch mit der Ausnahme des nur kurzfristig für die ersten 3 Monate nach Rechtskraft der Scheidung geschuldeten Unterhalts, im Zeitraum, der als Wartezeit für die Wiedereingehung einer Ehe gilt – Artt. 1150 f. iran. ZGB -), weil das Unterhaltsbedürfnis der geschiedenen Ehefrau insoweit nach islamischem Verständnis durch die Morgengabe und die Unantastbarkeit des weiblichen Vermögens und Einkommens während der Ehezeit als abgegolten gilt. Diese sich aus dem gemeinsamen Heimatrecht ergebende Interessenlage bestimmt mithin maßgeblich die Behandlung der Frage, ob der Ehefrau auch bei unverschuldeter Leistungsfähigkeit ein Scheidungsgrund erhalten bleibt. Sie ist zu bejahen. Eine andere, hier aber im Rahmen der Ehescheidung nicht einschlägige Frage wäre dann weiter, ob die gänzliche Versagung des nachehelichen Unterhalts mit Blick auf den ordre public von der Ehefrau in der Bundesrepublik hingenommen werden muss (vgl. dazu - verneinend - OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 920).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Derzeit kann dahinstehen, ob die Ehefrau darüber hinaus, soweit sie in erster Instanz weitere Scheidungsgründe der Misshandlung durch den Antragsgegner bzw. der Erkrankung des Antragsgegners vorgetragen hat, den Nachweis noch führen und damit gleichfalls die Scheidung der Ehe erreichen kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Letztlich könnte nämlich die Berufung des Ehemannes die Scheidung durch ein deutsches Gericht auch dann nicht verhindern, wenn die Ehefrau mit keinem ihr aus dem gemeinsamen Heimatrecht zustehenden Scheidungsgrund durchdringen sollte. Das iranische Recht behandelt Männer und Frauen in Bezug auf die Ehescheidung gleichberechtigungswidrig ungleich. In diesem Fall rückt die Anwendung des gemeinsamen Heimatrechts der Eheleute zugunsten der für die Ehefrau hier verbürgten Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in den Hintergrund und führt unter dem Gesichtspunkt des ordre public (Art. 6 EGBGB) zur Anwendung deutschen Scheidungsrechts, da der Mann nach iranischem Recht grundsätzlich immer die Verstoßung aussprechen kann und eine Verbesserung der Rechtsstellung der Ehefrau durch Einräumung eines diesem Recht des Ehemannes angepassten eigenen Verstoßungsrechts für die Frau unangemessen erscheint (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2002, 581; BayObLG 98, 109; so auch OLG Hamm, IPRax 1995, 176 und zustimmend Henrich, IPRax 1995, 167; vgl. zur Frage Privatscheidung/Verstoßung weiterhin Palandt-Heldrich, BGB, 64. Aufl., Art 6 EGBGB, Rnr. 21 m.w.N. und zur Beachtlichkeit deutscher Grundrechte sowie zur Verfassungsmäßigkeit des deutschen IPR, BVerfGE 31, 58, 72; BGH, FamRZ 1993, 317 und zuletzt BGH, NJW 1996, 2097, insoweit allerdings für Art. 25 EGBGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Da das Trennungsjahr des § 1566 Abs. 1 BGB abgelaufen ist und die Ehefrau in erster Instanz eindeutig und unmissverständlich die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hat und sie auch in ihrer Stellungnahme zur Berufung des Antragsgegners hat deutlich machen lassen, dass sie die Ehe mit ihm keinesfalls wieder aufnehmen wolle, wäre in jedem Fall die Scheidung nach §§ 1565, 1566 BGB gerechtfertigt (mit den dann erheblich werdenden strengeren Scheidungsfolgen des deutschen Rechts).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Dies zeigt, dass die Überlegungen des Antragsgegners, der glaubt, dass bei der gegebenen Sachlage eine Scheidung als offensichtlich unvereinbar mit der deutschen Rechtsordnung im Lichte des Art. 6 GG erscheine, auf einer verkürzten Sicht der Dinge beruhen dürfte. Die Entscheidung des OLG Bremen (FamRZ 1999, 1520) gibt für die Besonderheit des vorliegenden Falles nichts entscheidendes her.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Danach ist zum einen das Gesuch des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Zum anderen verbindet der Senat damit zugleich den für das Verfahren nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gebotenen rechtlichen Hinweis. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Antragsgegners aus den vorgenannten Gründen durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZPO zurückzuweisen, weil diese nach Sachlage keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 614 ZPO, wie vom Antragsgegner hilfsweise begehrt, liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,053
|
lg-rottweil-2003-07-24-2-o-55302
|
{
"id": 141,
"name": "Landgericht Rottweil",
"slug": "lg-rottweil",
"city": 76,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
}
|
2 O 553/02
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:24
| 2019-01-17T11:58:16
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>- Streitwert: 14.871,17 EUR -</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Nachzahlung von Umsatzsteuer für das Jahr 1998 in Höhe von 14.871,17 EUR gegen die Beklagte, ihre Vertragspartnerin bei so genannten „Selbstwerbungsgeschäften“, geltend, nachdem die Finanzverwaltung eine entsprechende Umsatzsteuer-Nachforderung bei ihr erhoben hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. Die Klägerin führt den Rechtsstreit als Musterverfahren. Sie hat mit zahlreichen ihrer Geschäftspartner vereinbart, sich wechselseitig der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu unterwerfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin betreibt ein Forstunternehmen, das sich mit der Holzernte, dem Holztransport und der Holzlogistik, der kompletten Aufarbeitung von Stamm- und Industrieholz sowie dem An- und Verkauf von Rohholz befasst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin ist unter gleicher Handelsregisternummer Rechtsnachfolgerin der beim Amtsgericht V zu HRA verzeichneten Firma KS GmbH & Co. KG, Sitz in V. Am 03.08.2000 ist die Komplementärin jenes Unternehmens, die Firma KS Verwaltungs GmbH, aus der Gesellschaft ausgeschieden. Seither führt der frühere Kommanditist KS, der die persönliche Haftung selbst übernommen hat, sein Unternehmen unter der Firma der Klägerin als einzelkaufmännisches Unternehmen. Der Rechtsformwechsel von der Kommanditgesellschaft auf den im Handelsregister eingetragenen Kaufmann war bei der Klägerin zur Beseitigung des Insolvenzgrundes der Überschuldung (§§ 19 Abs. 3, Abs. 1, 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) erforderlich. Denn der Kommanditgesellschaft drohte Überschuldung wegen Rückstellungen, die für die Inanspruchnahme aus Umsatzsteuerverbindlichkeiten der Jahre 1993 bis 1998 zu bilden gewesen wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Beklagte ist Eigentümerin von Kommunalwald und verkauft Holz an Forstunternehmen. Sie versteuert ihre Umsätze aus dem Holzverkauf im Wege der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der Steuersatz betrug bis 30.06.1998 5 %, für den Rest des Jahres 6 %. Vorsteuerbeträge, die den betreffenden Umsätzen zuzurechnen waren, wurden nach der genannten gesetzlichen Vorschrift mit dem jeweils gleichen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage pauschalisiert. Hieraus ergibt sich, dass bei der Beklagten aus dem Verkauf von Holz nie eine Umsatzsteuerzahllast entsteht, sie aber auch etwa nachzuzahlende Umsatzsteuer nicht im Wege des Vorsteuerabzugs ausgleichen kann, sondern diese sich als Erlösschmälerung auswirken würde. Nach der mit der Klage erhobenen Forderung würde sich die Erlösschmälerung der Beklagten auf rd. 5,1 % belaufen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Parteien haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von so genannten „Selbstwerbungsgeschäften“ abgewickelt. Inhalt dieser Geschäfte war, dass die Klägerin die Verpflichtung zur Aufarbeitung bestimmter, örtlich beschriebener Holzbestände übernommen und sodann abfuhrbereites Holz nach Sorte und Menge vom Waldbesitzer zu einem kalkulatorischen Preis (so genannte Anerkennungsgebühr) angekauft hat, der die von der Klägerin erbrachte Aufarbeitungsleistung (Schlagen, Rücken und Abfuhrbereit machen des Holzes im Wald) bereits berücksichtigt. Umsatzsteuer ist bei diesen Geschäften - nach jahrelanger Übung - nur auf den um die Aufarbeitungskosten verminderten Holzpreis berechnet worden. Die Finanzverwaltung hat dies nun beanstandet und, da das Selbstwerbungsgeschäft steuerlich in zwei Rechtsgeschäfte (Veräußerung von Holz einerseits, Aufarbeitungsleistung andererseits) zu zerlegen sei, in der Aufarbeitungsleistung einen tauschähnlichen Umsatz gesehen, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung (Aufarbeitung) in einer Lieferung (Holz) besteht, wodurch ein steuerbarer Umsatz ausgelöst werde (§§ 3 Nr. 12, 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Die Finanzverwaltung hat daher gegen die Klägerin aus Geschäften der Jahre 1993 bis 1998 Umsatzsteuernachforderungen von 7.242 TDM festgesetzt. Die Finanzverwaltung hat gegenüber der Klägerin die Ansicht vertreten, dass ein Erlass der Umsatzsteuer-Nachforderung nicht möglich sei, da ihr ein zivilrechtlicher Anspruch auf Nachzahlung der Umsatzsteuer gegenüber den Waldbesitzern zustünde (vgl. Schreiben der Oberfinanzdirektion S vom 15.08.2000, Anlage K 1, Bl. 14 - 16 d. A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
II. 1. Zwischen der Klägerin und der Beklagten existiert kein schriftlicher (Rahmen-) Vertrag über die Abwicklung der Selbstwerbungsgeschäfte. Alle Geschäfte im streitigen Zeitraum des Jahres 1998 wurden unter Geltung des Vordrucks HR 56 (10.93) der Staatlichen Forstverwaltung abgewickelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten B.W. hat mit Erlass vom 06.04.1993 die Rechtsbeziehungen des Staatsforstes zum Selbstwerbe-Unternehmen neu geregelt und insbesondere den neuen Selbstwerbe-Kaufvertrag auf Vordruck HR 56 entwickelt, um einheitliche Vertragsbedingungen sicherzustellen. Im Erlass heißt es am Ende:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
„Die Forstdirektionen werden gebeten, die Forstämter zu informieren. Körperschaftlich und private Forstbetriebe sind gleichlautend zu beraten. ... Die Forstdirektion empfiehlt die Anwendung des Selbstwerbungs-Kaufvertrags zur Sicherstellung einheitlicher Vertragsbedingungen bei allen Waldbesitzern.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Wegen der Einzelheiten wird auf den MLR-Erlass vom 06.04.1993 (Anlage K 3, Bl. 18 - 21 d. A.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Durch Rundschreiben vom 06.10.1993 unterrichtete die zuständige Forstdirektion F. u. a. auch das Forstamt R., welche die Beklagte bei der Verwaltung des Waldbesitzes unterstützt, über die Erlasslage und führte ergänzend aus:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
„3. Abrechnungspreise
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Vereinbart und abgerechnet werden Nettopreise. Diese errechnen sich aus den sortenspezifischen Bruttoerlösen abzüglich der Gesamtaufarbeitungs- und Rückekosten gemäß „Kostentabelle mechanisierte Nadelschwachholzaufarbeitung“ (vgl. FD-Erlass vom 05.10.1993, Az. 8641.11). Die so ermittelten Preise sind Mindestpreise, höhere Erlöse sind anzustreben. ...“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
In dem Schreiben werden die Forstämter angewiesen, die kommunalen und privaten Waldbesitzer entsprechend zu informieren und zu beraten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Forstdirektion F. vom 06.10.1993 (Anlage K 4, Bl. 22 - 24 d. A.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Auf diese Weise ist zwischen der Klägerin und der Beklagten in langjähriger Zusammenarbeit verfahren worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
2. In dem bis 1998 verwendeten Formularvertrag über Selbstwerbungsgeschäfte der Staatlichen Waldeigentümer - Vordruck HR 56 (10.93) - heißt es u. a.:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
„Der Waldbesitzer, im folgenden „Verkäufer“ genannt, ... verkauft an ... mit Ermächtigung der Forstdirektion die nachstehend näher bezeichnete, unaufgearbeitete Holzmenge zur Aufarbeitung in Selbstwerbung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und Preise:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
1. Aufarbeitungsort und geschätzte Holzmenge
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Abrechnungspreise
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Vorstehende Preise sind Nettopreise; die zum Zeitpunkt der Abrechnung geltende gesetzliche Umsatzsteuer wird zusätzlich in Rechnung gestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
4. Bestandteile des Vertrages sind die jeweils gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der LFV Baden-Württemberg für die Ausführung von Forstbetriebsarbeiten (AGB-F) sowie für die Betriebsarbeiten folgende als Anlagen beigefügte „N“ Anforderungen von Forstbetriebsarbeiten: Mechanisierte Holzaufbearbeitung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
In den rückseitig abgedruckten Bestimmungen des Selbstwerbungs-Kaufvertrags heißt es:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
„5. Abrechnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
5.1 Die aufgearbeiteten Erzeugnisse sind unverzüglich nach Beendigung der Aufarbeitung und vor dem Abtransport abfuhrbereit gelagert, dem Beauftragten des Verkäufers vorzuzeigen. ...
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
5.2 Nach dem Ergebnis der Kontrolle wird aufgrund der ermittelten Sorten und Mengen dem Selbstwerber eine Rechnung gestellt. Die Abrechnungspreise richten sich nach Ziffer 3 dieses Vertrages. Grundlage für die Rechnungsstellung ist die tatsächlich aufgearbeitete Menge.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Wegen der Einzelheiten des Vertragstextes, der der Abrechnung der zwischen den Parteien untereinander getätigten Selbstwerbungsumsätze zugrunde gelegt worden ist, wird auf das Formular HR 56 (10.93) (Anlage K 5, Bl. 25 f. d. A.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Auf der Grundlage der in Ziffer 3 vereinbarten Anerkennungsgebühr stellte die Beklagte Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gem. § 24 UStG zum reduzierten Steuersatz. Diese Rechnungen hat die Klägerin bezahlt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
3. Im Jahr 1998 hat die Klägerin insgesamt 4.136,06 fm Holz unterschiedlicher Sorte und Güte zum Nettokaufpreis von 277.438,22 DM bezogen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Auf dieser Grundlage hat die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 04.10.2002 die Umsatzsteuer für den Werkvertragsteil des Selbstwerbungsgeschäfts (Räumarbeiten im Wald der Beklagten) mit 14.871,17 EUR nachberechnet (Anlage K 6, Bl. 28 d. A.). Die Höhe der in der Rechnung nachgeforderten Umsatzsteuer, die den Gegenstand der Klage bildet, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte erkennt den Rechnungsbetrag als sachlich richtig, rechtlich aber nicht geschuldet an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
4. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
III. Die Klägerin trägt vor, die Parteien seien fälschlicherweise von einer Steuerfreiheit ausgegangen. Sie hätten die Umsatzsteuerproblematik erkennbar falsch eingeschätzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Die Klägerin ist der Ansicht, dass dann, wenn die Parteien ihre Vertragsbeziehung als tauschähnliche Leistung mit Umsatzsteuerpflicht auf den Dienstleistungsteil der Klägerin bedacht hätten, die Umsatzsteuer in den Vertrag miteinbezogen hätten, und zwar zu Lasten der Beklagten als Empfängerin der Leistung. Denn es entspreche dem System der Umsatzsteuer, dass sie vom Endverbraucher getragen werde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Die Klägerin ist der Meinung, der mit der Klage geltend gemachte Anspruch stehe ihr aus ergänzender Vertragsauslegung zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Sie ist der Auffassung, der Nachforderungsanspruch für das Jahr 1998 sei nicht verjährt. Die Bewirtschaftung des Kommunalwaldes durch die Beklagte sei eine klassische fiskalische Vermögensverwaltung, wie sie auch von Privatwaldbesitzern betrieben werden könne. Hierbei weist sie - von der Beklagten unbestritten - darauf hin, dass die Beklagte in ihrem Forsthaushalt für das Jahr 2003 mit Erlösen aus dem Holzverkauf von 1.074 TEUR kalkuliere. Aus Selbstwerbungsgeschäften erwarte die Beklagte einen Erlös von 120 TEUR.  Der Forsthaushalt der Beklagten sei auf Gewinnerzielung aus Holzverkauf zur Erwirtschaftung eines möglichst hohen Deckungsbeitrags zum Ausgleich ihres Forsthaushalts mit einem Gesamtvolumen von ca. 1.300 TEUR angewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.871,17 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 05.11.2002 zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Sie trägt vor, die Parteien hätten sich nicht geirrt, sondern die Frage, ob Umsatzsteuer auf die Aufarbeitungsleistung der Klägerin entfallen könnte, gar nicht bedacht. Der vereinbarte Preis sei das Ergebnis von Verhandlungen; für die Beklagte sei nicht die Kalkulation, sondern nur der letztlich gezahlte Preis von Interesse. Die Erlösschmälerung von ca. 5,1 % hätte sie auf keinen Fall hingenommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Die Beklagte trägt weiter vor, nach Bekanntwerden der streitgegenständlichen Eingebung der Finanzbehörden werde landesweit von allen Waldbesitzern und Forstunternehmen ein angepasstes Vertragsmuster verwendet, das dazu führe, dass im Verhältnis vom Forstunternehmer zum Waldbesitzer kein steuerbarer Umsatz entstehe und es insgesamt bei der bisherigen Nettobesteuerung verbleibe. Auf das neue Vertragsformular Bl. 56 - 58 d. A. wird Bezug genommen. Alternative sei nur eine Preiserhöhung auf Seiten der Waldbesitzer gewesen, die von den Forstunternehmern in Ermangelung einer Ausweichmöglichkeit - unter Weitergabe an die eigenen Kunden - hinzunehmen gewesen wäre.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Nachforderungsanspruch auf Zahlung der von der Finanzverwaltung nachträglich zusätzlich erhobenen Umsatzsteuer gegen die Beklagte zu. Eine ausdrückliche Regelung, wonach die Beklagte die (von der Finanzverwaltung nachträglich geforderte) Umsatzsteuer auf die Aufarbeitungsleistung der Klägerin zu zahlen hat, haben die Parteien nicht getroffen.
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Nachforderungsanspruch auf Zahlung der von der Finanzverwaltung nachträglich zusätzlich erhobenen Umsatzsteuer gegen die Beklagte zu. Eine ausdrückliche Regelung, wonach die Beklagte die (von der Finanzverwaltung nachträglich geforderte) Umsatzsteuer auf die Aufarbeitungsleistung der Klägerin zu zahlen hat, haben die Parteien nicht getroffen.
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
|
|
138,054
|
olgkarl-2003-07-24-21-w-1203
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
21 W 12/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:25
| 2019-02-12T12:39:58
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. August 2002 - 24 O 109/93- abgeändert:</p>
<p>aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichtes in Karlsruhe vom 6. Mai 1999 sind an Kosten zu erstatten:</p>
<p>2.319,87 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % für die Zeit vom 13. September 2000 bis 30. September 2001 und i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. Dezember 2001 und i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz für die Zeit ab 1. Januar 2002 von der Beklagten an den Kläger.</p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 6/10 und die Beklagte 4/10. Insoweit wird der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 728,57 EUR festgesetzt.</p>
<p>Der Kläger hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Insoweit wird der Gegenstandswert auf 439,82 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Gemäß rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Mai 1999 sind der Beklagten die Kosten erster und zweiter Instanz zu 95 %, die Kosten dritter Instanz zu 100 % auferlegt. Über die Kosten erster und zweiter Instanz erging Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2000, über die Kosten dritter Instanz erging Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. September 2000. Hierbei nicht einbezogen waren die vom Kläger mit Schriftsatz vom 12. September 2000 geltend gemachten Reisekosten und Auslagen. Hierüber ist der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. August 2002 ergangen, mit welchem die geltend gemachten Kosten nur teilweise zur Erstattung festgesetzt wurden. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2002 Rechtsmittel eingelegt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das sachdienlich als sofortige Beschwerde zu wertende Rechtsmittel vom 4. Oktober 2002 ist gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Zur Entscheidung ist gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter berufen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Reisekosten vom 16. März 1998 wurden zurecht nicht berücksichtigt. Die Wahrnehmung des an diesem Tag stattfindenden Besprechungstermin mit seinem Prozessbevollmächtigten durch den Kläger war nicht notwendig im Sinne des § 91 ZPO. Der dieser Besprechung nachfolgende Schriftsatz des Klägervertreters vom 24. April 1998 knüpft lediglich erweiternd und vertiefend an Tatsachenvortrag an, welcher bereits zuvor in erster Instanz geführt worden war (Schriftsätze vom 20. Februar und 23. März 1995). Somit waren die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers ausreichend informiert, weitere Einzelheiten hätten ohne Durchführung einer Besprechung fernmündlich/schriftlich geklärt werden können. Darauf, dass der nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch den Bundesgerichtshof vom Kläger vollzogene Anwaltswechsel eine persönliche Besprechung erforderlich gemacht hätte, kann sich der Kläger von vornherein nicht berufen. Denn es ist nicht dargetan, dass dieser Anwaltswechsel notwendig gewesen wäre (ebenso schon Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2000, S. 6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Reisekosten des Klägers für die Terminswahrnehmung am 23. Januar 1996, 4. Juni 1997, 19. Januar 1999 und 6. Mai 1999 wurden im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss bereits grundsätzlich berücksichtigt, allerdings ohne die geltend gemachten Hotelkosten. Insoweit hat die sofortige Beschwerde des Klägers teilweise Erfolg. Angemessene Kosten einer Hotelübernachtung anlässlich dieser Reisen sind dem Kläger zu erstatten. Als angemessen und ausreichend sind aber von den von Klägerseite geltend gemachten Beträgen jeweils nur höchstens 75 EUR/Nacht anzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Hotelübernachtungen waren für den Kläger notwendig, er war nicht gehalten, zur Wahrnehmung der Gerichtstermine jeweils noch am selben Morgen von seiner Wohnung in Münster nach Karlsruhe anzureisen. Einer Partei kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758 a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen. Eine Anreise, bei welcher der Kläger seine Wohnung vor 6.00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, musste der Kläger also nicht durchführen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn der Kläger zu Terminsbeginn jeweils um 10.00 Uhr im Gerichtsgebäude in Karlsruhe hätte anwesend sein wollen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Anzuerkennen sind allerdings nur Übernachtungskosten in notwendigem Umfang. Dieser beträgt höchstens 75 EUR je Nacht. Zu diesem Preis werden in Karlsruhe ebenso wie in den anderen im Oberlandesgerichtsbezirk liegenden Großstädten in ausreichendem Umfang dem heute üblichen Standard entsprechende Einzelzimmer angeboten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Da die Beklagte die Kosten zweiter Instanz zu 95 %, die Kosten dritter Instanz zu 100 % zu tragen hat, sind somit 3 Übernachtungen à 75 EUR zu 95 %, eine Übernachtung à 75 EUR zu 100 %, insgesamt 288,75 EUR, zusätzlich zur Erstattung festzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da Gerichtskosten nur insoweit anfallen, als die Beschwerde zurückgewiesen wurde, wurden dem Kläger die Gerichtskosten in vollem Umfang auferlegt. Der Beschwerdewert ergibt sich aus den vom Kläger für die in der Beschwerde weiter verfolgten Positionen angemeldeten Kosten unter Berücksichtigung der prozentualen Höhe seines Kostenerstattungsanspruchs. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,055
|
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|
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"id": 131,
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4 T 49/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:26
| 2019-01-17T11:58:16
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 14.02.2003 (13 UR II 15/02 WEG) wird als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen sowie die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen.</p>
<p>3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird festgesetzt auf EUR 15.000,00.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Beteiligten sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsgegnerin hat im Jahre 2001 das im wesentlichen im ersten Obergeschoss des Anwesens liegende Teileigentum an die psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme, Fachstelle für Suchtprävention und Gesundheitsförderung der Stadt Freiburg und des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald vermietet. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin, dies zukünftig zu unterlassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Antragsgegnerin hat als (damalige) Eigentümerin am 07.08.1998 vor Notar P. S. (UR 2000/98) das Eigentum an dem Grundstück gemäß § 8 WEG aufgeteilt, insgesamt in 37 Wohnungen, 5 gewerbliche Raumeinheiten sowie 32 Tiefgaragenstellplätzen (16 Doppelparker) und 7 Garagenstellplätze im Erdgeschoss. Die Antragstellerin ist Eigentümer der Einheit Nr. 35 (Wohnung mit Loggia im Haus B im zweiten Obergeschoss und Keller Nr. 35 im Untergeschoss), die Antragsgegnerin, soweit es um die streitgegenständlichen Räume geht, Eigentümerin der ursprünglich im Aufteilungsplan mit Nr. G 28 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im Haus B im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss sowie des mit Nr. G 28 bezeichneten Abstellraums im Haus B im Untergeschoss.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>In § 4 der Teilungserklärung ist eine Gebrauchsregelung nach § 15 WEG vorgesehen. Nach Absatz 1 der Bestimmung hat jeder Wohnungseigentümer das Recht der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder aus dieser Erklärung ergeben. Nach Absatz 3 sind Wohnungen immer in einer Weise zu nutzen, die gehobenen Wohnansprüchen nicht entgegensteht. Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in den Erdgeschosswohnungen oder die Änderung der bei einem einzelnen Sondereigentum angegebenen Nutzungsart im Erdgeschoss ist zulässig, falls eine entsprechende behördliche Genehmigung vorliegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>§ 4 Abs. 4 bestimmt, dass in diesen Fällen die Zustimmung des Verwalters einzuholen ist. Diese kann nur aus wichtigem Grunde verweigert werden. Sie kann auch mit Auflagen und Bedingungen verbunden sein.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Mit Urkunde vom 15.01.2001 hat die Antragsgegnerin einen Nachtrag zur Teilungserklärung erklärt, wobei sie zugleich als Bevollmächtigte für die Wohnungseigentümer, unter anderem auch die Antragstellerin aufgetreten ist. Hierin wurden verschiedene Änderungen hinsichtlich Aufteilung und Größe von Sondereigentum bzw. Teileigentum vorgenommen, die Antragstellerin und Antragsgegnerin betreffend lediglich bezüglich des mit G 28 bezeichneten Kellerraums im Untergeschoss (vgl. AS 437). Am 26.03.2002 hat die Antragsgegnerin einen zweiten Nachtrag zur Teilungserklärung erklärt und ihre im Teileigentumsgrundbuch von Freiburg Blatt 62726 eingetragene gewerbliche Raumeinheit Nr. G 28 auf dem Grundstück R. 17 / K. Straße 2a, Flst.-Nr. ..... in zwei neue Gewerbeeinheiten aufgeteilt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="6"/>a) 713/10.000stel Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. G 28 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im 1. Obergeschoss und dem Archivraum im Nr. G 28 im Erdgeschoss.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="7"/>b) 340/10.000stel Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. G 29 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im Erdgeschoss.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Antragstellerin beruft sich auf § 11 des am 03.11.1999 mit der Antragsgegnerin abgeschlossenen "Kauf"vertrages (Notariat L. 5 UR 2662/99), wonach der Verkäufer zusichert, dass in den Gewerberäumen keine Gastronomie, Disco bzw. Sex-Shop ansässig wird. Außerdem ist sie der Auffassung, die Vermietung der Einheit G 28 als psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme verstoße gegen die in § 4 Abs. 3 Satz 2 der Teilungserklärung geregelte „Ausübung eines Gewerbes oder Berufes“. Im Unterschied zu einem Gewerbe sei die Nutzung als Beratungsstelle für Suchtkranke ein nicht gedeckter Nutzungszweck. Die Unterschiede ergäben sich in erster Linie aus der Klientel. Das Patientenaufkommen sei nicht mit einem klassischen zu vergleichen. Es sei unstreitig, "dass sich Drogen- und Alkoholkranke zum größten Teil aus Straftätern, Obdachlosen, Arbeitslosen etc. rekrutierten".</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Die Benutzung durch die Mieterin der Antragsgegnerin sei intensiver als gewerbliche Nutzung durch beispielsweise Ärzte, Steuerberater, Massagepraxen oder einen Verlag. Seitens der psychosozialen Beratungsstelle seien nämlich Wochenendveranstaltungen, Samstagmorgens Selbsthilfegruppen sowie an den Wochenenden Fortbildung für Ärzte bzw. zwei- bis dreimal im Jahr Informationen für Schulklassen geplant.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Auch wenn es auf das konkrete Vorliegen von Störungen nicht ankomme, werde hilfsweise folgendes ausgeführt: Am 01.03.2002 habe gegen 10:00 Uhr ein Patient zwischen die Lifttür gegriffen, um im Lift mitzufahren. Der Patient habe ohne Grund die zu Tode erschrockene Antragstellerin angefasst, die auf Grund des Sachverhaltes einen Hörsturz erlitten habe. Am 28.01.2002 habe ein Patient aus einer kleinen Flasche eine Flüssigkeit zu sich genommen, der Mann sei zum Eingangsbereich und mit anderen Patienten in die Räume des ersten Obergeschosses gegangen. Am 18.03.2002 hätten 22 Patienten (17 Männer und 5 Frauen) ohne Zugangskontrolle sich in die Räume des ersten Obergeschosses begeben. Ein ca. 40 Jahre alter bärtiger Mann, gekleidet mit roter Jacke und einem roten Rucksack sei alkoholisiert gewesen. Um 19:30 Uhr seien von der Beratungsstelle 23 Personen gekommen, die zum Teil sofort Zigaretten angezündet, laut geredet und gelacht hätten. Am 19.03.2002 hätten 7 zur Beratungsstelle gehende Frauen die Haupttür offen gelassen. Auch hier sei sofortiges Rauchen erfolgt. Am 20.03.2002 sei eine blonde Frau mit einem Einkaufskarren gekommen, den sie im Erdgeschoss habe stehen lassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die Antragstellerin trägt vor, die Antragsgegnerin habe im Erdgeschoss einen Archivraum mitvermietet, der im gemeinschaftlichen Eigentum stehe. Bereits hieraus ergebe sich die Unstatthaftigkeit der Vermietung an die psychosoziale Beratungsstelle.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Antragsgegnerin bestreitet Störungen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Hinsichtlich des von ihr genutzten Abstellraumes im Erdgeschoss sei unklar, um was es hier gehe. Vom Erdgeschoss gehöre zu der streitgegenständlichen Sondereigentumseinheit lediglich ein Raum, bezeichnet als "G 28 Archiv". Im Gegensatz zum Vortrag der Antragstellerin handle es sich hierbei nicht um gemeinschaftliches Eigentum, sie habe diesen Raum also nicht widerrechtlich mitvermietet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht Haupt- und Hilfsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Hiergegen hat die Antragstellerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit welcher sie den erstinstanzlichen Vortrag vertieft und neu vorbringt, die Unzulässigkeit der Vermietung ergebe sich auch daraus, dass infolge der Aufteilung in 2 Sondereigentumseinheiten ein neuer Zugang zu dem streitgegenständlichen Sondereigentum geschaffen worden sei. Hierbei handele es sich um eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Die Antragstellerin stellt folgende Anträge:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="17"/>1. Der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 14.02.2002 (13 UR II 15/02 WEG) wird aufgehoben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="18"/>2. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Zwangsgeldes, ersatzweise im Falle der Uneinbringlichkeit einer Zwangshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, selbst oder durch Dritte in ihrer mit der laufenden Nummer 26 lt. Aufteilungsplan sowie Änderung vom 25.01.2001 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im 1. OG des Anwesens K. Straße 2a, 7..... F., vorgetragen im Grundbuch Freiburg Blätter ......., eine psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme zu betreiben oder betreiben zu lassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Hilfsweise stellt sie folgenden Antrag:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Zwangsgeldes, ersatzweise im Falle der Uneinbringlichkeit einer Zwangshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, selbst oder durch Dritte in seiner mit der lfd. Nr. 26 in der Teilungserklärung vom 07.08.1998 sowie Änderung vom 25.01.2001 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im 1. Obergeschoss des Anwesens bzw. im nicht eingetragenen Archivraum G 28 im Erdgeschoss des Anwesens K. Straße 2a, 7... F., vorgetragen im Grundbuch F. Blätter...., eine psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme zu betreiben oder betreiben zu lassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Außerdem stellt sie hilfsweise den bereits vor dem Amtsgericht als Hilfsantrag gestellten Antrag (AS 283). Insoweit wird auf die Darstellung im Tatbestand der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Die Kammer hat die Beteiligten durch den beauftragten Richter angehört. Ihnen wurde mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, vor der vollbesetzten Kammer mündlich zu verhandeln. Einwände hiergegen wurden nicht erhoben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch - auch mit den Hilfsanträgen - nicht begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>1. Im Folgenden ist zu unterscheiden zwischen den Rechten, die die Antragstellerin aus ihrer Stellung als Wohnungseigentümerin geltend machen kann (dazu II.) sowie den Rechten, die die Antragstellerin aus dem „Kauf“vertrag vom 03.11.1999 ableitet (dazu unter III.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>2. Dass die Antragsgegnerin die streitgegenständliche gewerbliche Einheit vermietet hat, ist unschädlich. Sie beruft sich auch gar nicht darauf, zur Abhilfe nicht in der Lage zu sein (vgl. im Übrigen BGHZ 144, 200).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>3. Nach § 15 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. Dabei stehen Regelungen in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung einer Vereinbarung gleich (§§ 5 Abs. 4, 8 Abs. 2 WEG). Ist in der Teilungserklärung das Teileigentum mit einer näheren Bezeichnung verbunden, so ist dies in der Regel als eine entsprechende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter aufzufassen (vgl. BayObLG WuM 1985, 238). Vorliegend ist das streitgegenständliche Sondereigentum als „gewerbliche Raumeinheit“ bezeichnet. Dies stellt eine derartige Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 1038; NJW 192, 919; KG FGPrax 1999, 93). Bei der Auslegung der Zweckbestimmung, hier gewerbliche Raumeinheit, ist auf Wortlaut und Sinn der Teilungserklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BayObLG NJW 1992, 919). Der Begriff der „gewerblichen Raumeinheit“ ist seinem sprachlichen Inhalt vergleichbar mit dem Begriff des „Geschäftsraumes“. Für Geschäftsräume ist anerkannt, dass er sich hierbei um einen weit gefassten Oberbegriff handelt (vgl. KG, Beschluss vom 16.09.1988 - 24 W 1240/88), unter den selbst Gaststätten zu fassen sind (vgl. BayObLG MDR 1982, 496; WuM 1985, 238; vgl. auch OLG Zweibrücken, Der Wohnungseigentümer 1987, 54 - mit Leitsätzen in Juris dokumentiert).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Entsprechend einer derartigen Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter darf das Teileigentum grundsätzlich zu keinem anderen Zweck genutzt werden. Zulässig ist jedoch eine mit dem Wortlaut der Zweckbestimmung nicht übereinstimmende Nutzung, sofern dadurch kein anderer Wohnungseigentümer mehr gestört oder beeinträchtigt wird als durch eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung (vgl. BayObLG NJW 1992, 919).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Die Nutzung der streitgegenständlichen Sondereigentumseinheit zum Betrieb einer psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme widerspricht der Teilungserklärung nicht, da sie erheblich weniger störend wirkt, als die dort zugelassenen Benutzungsarten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Dabei muss nicht geklärt werden, ob der bestrittene Vortrag der Antragstellerin zutrifft, wonach zusätzlich zu den im Jahresbericht 2000 angegebenen Öffnungs- und Sprechzeiten von täglich 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr (Sekretariat) und offenen Sprechzeiten von Montag 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr und Donnerstag 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr jeden Abend bis 22:00 Uhr Gruppensitzungen stattfinden (vgl. Schreiben der Beratungsstelle vom 20.12.2001 an die Hausbewohner, Anlage K 2 = AS 17) und auch an Wochenenden Fortbildungsveranstaltungen und andere Veranstaltungen stattfinden. Der damit verbundene Publikumsverkehr ist sowohl hinsichtlich der Anzahl der Personen, die den Verein aufsuchen wie auch hinsichtlich der vorgetragenen zeitlichen Ausdehnung bei weitem nicht vergleichbar selbst mit einer gutbürgerlichen Gaststätte, die lediglich begrenzt durch die allgemeinen Sperrzeiten bis tief in die Nacht von einem im vorhinein nicht näher definierbaren Personenkreis aufgesucht werden kann mit den entsprechenden Geräuschimmissionen. Auch verursacht die Beratungsstelle, abgesehen von dem Umstand, dass die Antragstellerin vorträgt, die Besucher würden rauchen, keine mit einer Gaststätte vergleichbaren Geruchsimmissionen. Der Kreis der Besucher einer Beratungsstelle ist eher kleiner und klarer umschrieben als derjenige der Besucher einer Gaststätte. Auch insoweit ist die beanstandete Nutzung also weniger beeinträchtigend und störend als eine der ausdrücklich zugelassenen Nutzungen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>4. Die Ausführungen der Antragstellerin zum Klientel der psychosozialen Beratungsstelle sind abstrakt und nicht geeignet, auch bei abstrakt typisierender Betrachtungsweise die tatsächliche Nutzung als im Vergleich zur gewerblichen Nutzung beispielsweise durch eine Gaststätte oder ein Café stärker belastend zu qualifizieren. Für die rechtliche Bedeutung im Rahmen der Beurteilung, ob die Benutzung des Sondereigentums zum Betreiben einer psychosozialen Beratungsstelle statthaft ist, ist ohne Bedeutung, ob Suchtkranke grundsätzlich heilbar sind oder nicht. Soweit die Antragstellerin sich in der Beschwerdebegründung im wesentlichen mit Drogenabhängigen befasst, obwohl die Beratungsstelle auch für alkoholkranke Personen zuständig ist, folgt die Kammer nicht der Wertung der Antragstellerin, dass solche Drogenabhängige auf Grund ihrer grundsätzlich lebenslangen Sucht „sich zum größten Teil aus Straftätern (Beschaffungskriminalität, Obdachlose sowie Arbeitslose)“ rekrutieren. Dass Drogenabhängige, sofern sie überhaupt strafbar werden, im Bereich der Beratungsstelle Straftaten verüben, ist nicht mehr oder weniger wahrscheinlich als an anderen ggf. geeigneten Orten. Der Antragsgegnerin kann dies nicht angelastet werden. Etwaige Straftaten haben auch nichts mit der Vermietung der Räumlichkeiten an die psychosoziale Beratungsstelle zu tun, sondern sind Folge eines allgemeinen Lebensrisikos, das sich überall in vergleichbarer Weise realisieren kann. Weder Obdachlosigkeit noch Arbeitslosigkeit ist strafbar. Die von der Antragstellerin angeführte Suizidgefahr ist ohne rechtliche Bedeutung für den hier zu entscheidenden Fall. Die Behauptung, Drogensüchtige wiesen im Unterschied zu den klassischen Besuchern eines Gewerbebetriebes erhöhte Gefahren auf „(Ausbruch von Aggressivität, Kurzschlusshandlung, mangelndes Konfliktverhalten etc.) bis hin zu Straftaten wie Körperverletzung, Raub, Brandstiftung etc.“ ist unsubstantiiert und in der unsubstantiierten Form einer Beweisnahme nicht zugänglich. Im Übrigen nimmt die Kammer insoweit billigend Bezug auf die Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>5. Die Antragstellerin beruft sich ohne Erfolg auf die vorgelegte Baugenehmigung (Anlage K 1 = AS 15), wonach es bei dem Bauvorhaben um ein Wohn- und Geschäftshaus mit 21 Stundenappartements, 16 Wohnungen, 5 Büroeinheiten und Tiefgarage geht. Maßgeblich für das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer ist nämlich nicht die Baugenehmigung, sondern die auch aus dem Grundbuch ersichtliche Teilungserklärung. Ohne Bedeutung ist auch, wie das Baugebiet, in welchem die Wohnungseigentumsanlage gelegen ist, bauplanungsrechtlich zu qualifizieren ist. Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer sind nämlich nicht die - ggf. auch variablen - bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten maßgeblich, sondern die aus dem Grundbuch ersichtlichen Vereinbarungen (§§ 10 Abs. 2, 15 WEG).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Die Antragstellerin beruft sich für ihre Rechtsauffassung zu Unrecht auf § 4 der Teilungserklärung. Soweit sich § 4 Abs. 3 Satz 2 mit der Ausübung eines Gewerbes oder Berufes befasst, geht es um die Erdgeschosswohnungen, nicht aber um sonstiges Teileigentum i. S. v. § 1 Abs. 3 WEG. Die hier streitgegenständliche gewerbliche Raumeinheit ist in § 4 Abs. 3 Satz 2 der Teilungserklärung nur insoweit angesprochen, als es um die Änderung der bei einem einzelnen Sondereigentum angegebenen Nutzungsart im Erdgeschoss geht. Vorliegend kann offen bleiben, ob sich diese Bestimmung überhaupt auf das von der Beratungsstelle angemietete Sondereigentum bezieht, welches nämlich auch nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Obergeschoss liegt. Auf jeden Fall ist die in jener Vorschrift angesprochene behördliche Genehmigung hinfällig, weil eine etwaige genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung nicht vorliegt (Schriftsatz der Antragstellerin vom 07.03.2003, Seite 5 = AS 303).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Ob die Zustimmung des Verwalters vorliegt, und ob diese erforderlich ist, was von der dargestellten Problematik abhängt, ob es sich um Sondereigentum im Erdgeschoss handelt oder nicht, kann offen bleiben, da die Antragsgegnerin ggf. einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hätte. Letzteres reicht aus.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>6. Die Antragstellerin meint, die behauptete rechtswidrige Vermietung von Gemeinschaftseigentum (ein Raum im Erdgeschoss) rechtfertige die gestellten Unterlassungsanträge. Ob dem gefolgt werden könnte, kann offen bleiben, weil das streitgegenständliche Sondereigentum vor der durch den zweiten Nachtrag zur Teilungserklärung vom 26.03.2002 erfolgten Teilung in zwei neue Gewerbeeinheiten, nämlich G 28 und G 29, als Nr. 28 im Alleineigentum der Antragsgegnerin stand und Erdgeschoss wie auch erstes Obergeschoss sowie einen nicht streitgegenständlichen Abstellraum im Untergeschoss mit umfasste. Aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Auszug des Aufteilungsplanes hinsichtlich des Erdgeschosses (AS 241) ergibt sich, dass der dort als G 28 Archiv bezeichnete Raum zu dieser Teileigentumseinheit gehörte. Ob die spätere Teilung wirksam ist, was die Antragstellerin wegen des von ihr zwischenzeitlich erklärten Widerrufs der von ihr erteilten Vollmacht meint, ist somit ohne Bedeutung. Anhaltspunkte dafür, dass nicht entsprechend den vorhandenen Plänen gebaut worden ist und hierdurch Gemeinschaftseigentum entstanden ist, welches die Antragsgegnerin zu Unrecht vermietet hätte, sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht konkret vorgetragen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>7. Soweit die Antragstellerin Vorgänge angesprochen hat, aus welchen sie Belästigungen abzuleiten vermeint, handelt es sich um vereinzelte Vorgänge, die, was hier jedoch nicht zu entscheiden ist, ggf. zu Unterlassungsansprüchen hinsichtlich des Vorgangs führen könnten, nicht jedoch zu einem Verbot der Vermietung an die psychosoziale Beratungsstelle.</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>1. Die Antragstellerin leitet ihre Rechte auch aus dem vor dem Notariat Lörrach am 03.11.1999 abgeschlossenen „Kauf“vertrag ab. Hierüber hat das Amtsgericht entschieden, auch wenn es sich in den Entscheidungsgründen mit diesem Anspruch nicht befasst hat. Die Antragstellerin stützt auch im Beschwerdeverfahren ihren Anspruch auf die genannte Anspruchsgrundlage. Ansprüche aus dem Kaufvertrag sind somit auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Dass es hierbei um Ansprüche handelt, die vor die ordentliche Gerichte gehören (§ 13 GVG) ist ohne Bedeutung (§ 17a Abs. 5 GVG). Die Antragsgegnerin hat nämlich erstinstanzlich keine Rüge erhoben, dass der beschrittene Rechtsweg unzulässig sei (vgl. insgesamt zur Problematik BGHZ 130 ,159; BGH WM 1996, 1198).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Die Antragsgegnerin hat in § 11 des Vertrages der Antragstellerin zugesichert, dass in den Gewerberäumen keine Gastronomie, Disco bzw. Sex-Shop ansässig werde. Dieser Bestimmung kann die Verpflichtung entnommen werden, auch zukünftig eine derartige Nutzung, insbesondere durch Vermietung in eigener Person an derartige Betriebe, zu unterbinden. Allerdings handelt es sich vorliegend nicht um ein Vorhaben, welches unter die Bestimmung des § 11 des Kaufvertrages fällt. Dass es sich vorliegend nicht um eine Disco bzw. einen Sex-Shop handelt, versteht sich von selbst. Der Betrieb einer psychosozialen Beratungsstelle ist, wie bereits dargelegt, auch nicht mit den mit Gastronomie verbundenen Einwirkungen auf die Mitbewohner vergleichbar.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>2. Der in erster Linie gestellte Hilfsantrag ist unbegründet, weil der in diesen Antrag neu aufgenommene Archivraum nicht Gemeinschaftseigentum ist, wie bereits dargelegt worden ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>3. Der in zweiter Linie gestellte Hilfsantrag ist nicht begründet, weil die Antragstellerin sich zwar nach § 11 des mit der Antragsgegnerin geschlossenen Vertrages gegen Gastronomie, Discos bzw. Sex-Shops wehren kann, nicht jedoch andere gewerbliche Nutzungen, die keineswegs an die dargestellten Zeiten werktäglicher Benutzung - mit Ausnahme der auch gar nicht streitgegenständlichen Samstage - gebunden sind. Beispielsweise werden Büros, sei es von Behörden - beispielsweise Feuerwehr, Polizei - sei es von privater Seite durchaus außerhalb der genannten Zeiten benutzt. Gleiches gilt von ärztlichen (Notfall)Praxen und anderen Diensten, die der hilfesuchenden Bevölkerung ständig zur Verfügung stehen. Auch Geschäfte dürfen heute wesentlich länger zum allgemeinen Publikumsverkehr geöffnet sein, als die Antragstellerin der Antragsgegnerin zubilligen will.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>4. Soweit die Antragstellerin Rechte daraus ableiten will, dass die Antragsgegnerin eine bauliche Veränderung ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer vorgenommen habe, kann dem nicht gefolgt werden, weil die Vermietung durch die Antragsgegnerin an die psychosoziale Beratungsstelle mit der etwaig unzulässigen baulichen Veränderung nichts zu tun hat. Es ist auch nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass bei dem von der Antragstellerin offensichtlich angestrebten Rückbau in den ursprünglichen Zustand die Vermietung nicht möglich wäre oder zu ordnungswidrigen Zuständen führen würde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>5. Die Entscheidung beruht im Übrigen auf § 47 WEG. Die Kammer hält es, nachdem das Amtsgericht in abgewogener und gut begründeter Weise die Ansprüche der Antragstellerin zurückgewiesen hat, für billig, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die der Antragsgegnerin entstandenen außergerichtlichen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Rechtsmittelbelehrung</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - statthaft. Sie ist einzulegen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses beim erstinstanzlichen Gericht, beim Landgericht Freiburg oder beim Oberlandesgericht Karlsruhe oder dessen Zivilsenaten in Freiburg. Sie kann zu Protokoll der Geschäftsstelle eines dieser Gerichte erklärt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Erfolgt die Einlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, so muss diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht.</td></tr></table>
</td></tr></table>
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138,056
|
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5 S 214/01
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:26
| 2019-01-17T11:58:16
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 21.09.2001 – 2 C 272/01 – unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:</p>
<p/>
<p>Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 04.05.2001, Az: 01-0113212-0-7 bleibt in Höhe von 2.402,05 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Beklagte.</p>
<p/>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F.)
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die zulässige Berufung ist mit Ausnahme eines geringen Teils der geltend gemachten Zinsen begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Das Amtsgericht hat zu Recht durch streitiges Endurteil und nicht durch Versäumnisurteil entschieden. Zwar hat die Klägerin nach Durchführung der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht den ursprünglich verlesenen Sachantrag nicht mehr wiederholt. Dies war jedoch auch nicht erforderlich. Denn ein Fall der Säumnis liegt nicht vor, wenn der Anwalt in dem zur mündlichen Verhandlung anberaumten Termin zu Beginn Sachanträge stellt und zur Hauptsache verhandelt und nach sofortiger Vernehmung eines geladenen Zeugen erklärt, er trete nicht mehr auf bzw. stelle keinen Antrag mehr (BGH NJW 1974, 2321).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Maklerlohn gemäß § 652 Abs. 1 BGB in Höhe von 2.402,05 EUR (= 4.698,00 DM).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
a) Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist ein Maklervertrag zustande gekommen. Der Beklagte ist nicht als (vollmachtloser) Vertreter für seinen Vater aufgetreten. Dass er ausdrücklich im Namen seines Vaters gehandelt hätte, hat der Beklagte weder in der ersten Instanz noch im Berufungsverfahren geltend gemacht. Auch ein konkludentes Handeln in fremdem Namen hat der Beklagte in erster Instanz nicht behauptet. Im Berufungsverfahren macht der Beklagte nunmehr lediglich geltend, dass die Klägerin aus den Gesprächen sowie dem Verhalten der Parteien eindeutig habe entnehmen können, dass er nicht im eigenen Namen, sondern ausschließlich für seinen Vater habe handeln wollen (Schriftsatz vom 11.03.2002, AS. II/55 [57]).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Tatsache, dass der Beklagte eine Wohnung nicht für sich selbst, sondern für seinen Vater suchte, ist kein Umstand im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB, aus welchem sich ergeben würde, dass seine Erklärungen gegenüber der Geschäftsführerin der Klägerin in fremdem Namen abgegeben worden seien. Gemäß § 164 Abs. 2 BGB kommt, wenn der Wille, in fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt, der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht. In Verbindung mit § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB bedeutet das, dass eine Erklärung als im eigenen Namen abgegeben gilt, wenn nicht wenigstens die Umstände ergeben, dass sie in fremdem Namen abgegeben werden soll. Dabei trägt der Verhandelnde die Beweislast dafür, dass er entgegen dem gesetzlichen Regelfall nicht im eigenen Namen gehandelt hat. Diese gesetzliche Regelung will demjenigen, der mit einer bestimmten Person verhandelt oder kontrahiert, das Aufklärungsrisiko abnehmen, wer Vertragspartner sein soll. Diese Abnahme des Aufklärungsrisikos ist dann besonders bedeutsam, wenn unklar ist, ob der Verhandelnde nur für sich oder ausschließlich für einen anderen aufgetreten ist, da der Geschäftspartner andernfalls Gefahr liefe, mit Klagen sowohl gegen den bevollmächtigten Vertreter als auch gegen den möglichen Vertretenen erfolglos zu bleiben (vgl. BGH NJW-RR 1996, 1459). Unklarheiten darüber, ob der Beklagte als Vertreter für seinen Vater oder (auch) im eigenen Namen aufgetreten ist, gehen deshalb zu seinen Lasten (BGH a.a.O.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte unstreitig erklärt, dass er eine Wohnung für seinen Vater suche. Aus dieser Erklärung lässt sich nicht ableiten, dass er deshalb nicht im eigenen, sondern im Namen seines Vaters gehandelt hat. Denn selbstverständlich kann im Maklervertrag vereinbart werden, dass der Auftraggeber die Provision ohne Rücksicht auf die Existenz eines eigenen wirtschaftlichen Interesses auch im Falle des Erwerbs einer bestimmten anderen Person schulden soll (vgl. Staudinger/Reuter, § 652 Rn. 70). Insbesondere setzt § 652 BGB schon seinem Wortlaut nach nicht voraus, dass der Maklerkunde selbst Partei des Hauptvertrages wird (vgl. OLG Dresden NJW-RR 1999, 1501). Streben die Maklervertragsparteien einen Hauptvertrag an, den nicht der Kunde, sondern ein von diesem benannter Dritter abschließen soll, so entsteht der Provisionsanspruch - eine Maklerleistung vorausgesetzt - mit Abschluß des Hauptvertrages durch diesen Dritten. Des Rückgriffs auf die Grundsätze zur persönlichen und/oder wirtschaftlichen Identität bedarf es in einer solchen Konstellation nicht (vgl. OLG Dresden a.a.O.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Es sind somit bereits keine Umstände vorgetragen, aus denen zweifelsfrei geschlossen werden könnte, dass der Beklagte entgegen des gesetzlichen Regelfalls nicht für sich, sondern für seinen Vater gehandelt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Die Klägerin hat eine Maklerleistung erbracht, nämlich dem Beklagten die Adresse der später von seinem Vater erworbenen Wohnung mitgeteilt. Sie hat zuvor - wie der Zeuge F. anlässlich seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht bestätigt hat - auch auf ihr Provisionsbegehren hingewiesen. Im Übrigen genügt es, wenn - wie vorliegend - sich der Kunde an einen Makler wendet, dessen Beruf ihm bekannt ist, mit der Bitte, ihm geeignete Objekte zu benennen und den Nachweis entgegennimmt (vgl. Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 652 Rn. 4 m.w.N.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
c) Unstreitig ist der in Aussicht genommene Hauptvertrag aufgrund der Maklerleistung der Klägerin zustandegekommen. Der Vater des Beklagten hat die von der Klägerin nachgewiesene Wohnung zum Preis von 135.000,00 DM erworben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
d)  Die Klägerin hat deshalb einen Provisionsanspruch in Höhe von 3 % des Verkaufspreises zuzüglich Mehrwertsteuer. Dies ergibt einen Betrag von 4.698,00 DM (= 2.402,05 EUR).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Zinsen waren der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit, dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids (§ 284 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.), zuzusprechen, da ein früherer Verzugsbeginn nicht sicher feststellbar ist. Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2001 zur Zahlung aufgefordert worden sei. Der Beklagte hat die geltend gemachten Verzugszinsen bestritten. Dem klägerischen Vortrag lässt sich nicht entnehmen, ob dem Beklagten eine Zahlungsfrist gesetzt war bzw. wann dem Beklagten das behauptete Schreiben zugegangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 (analog), 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
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138,057
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olgstut-2003-07-24-7-u-4703
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|
7 U 47/03
| 2003-07-24T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:26
| 2019-02-12T12:39:58
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landgerichts Stuttgart vom 13.02.2003 (22 O 543/02) wird</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>
<em>zurückgewiesen.</em>
</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Revision wird nicht zugelassen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<p>Streitwert der Berufung: 6.208,83 EUR</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="1"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="2"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das zulässige Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="3"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die geltend gemachten Schäden nicht aus einem Unfall i. S. d. streitgegenständlichen Klausel (LGU S. 3) herrühren, da es an einer Einwirkung von außen fehlt. Dass diese Voraussetzung bei einer Beschädigung, die allein aus einer Kollision zwischen Zugfahrzeug und Anhänger herrührt, nicht vorliegt, ist eindeutig im zweiten Satz der streitgegenständlichen Klausel geregelt. Der Sinn dieser Regelung erschließt sich ohne weiteres aus dem Gesamtzusammenhang.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
In Satz 1 der streitgegenständlichen Klausel wird klargestellt, dass ein durch Unfall verursachter Schaden nur vorliegt, wenn – unabhängig vom Auslöser (BGH VersR 1969, 940; OLG Nürnberg, VersR 1994, 1334; OLG Koblenz, r+s 1999, 405 und OLG Hamm, NJW-RR, 2002, 1545) – die Beschädigung durch mechanische Kräfte herbeigeführt wird, die von außen auf das Fahrzeug einwirken (Vgl. auch BGH, NJW-RR 1998, 315). Nicht vom Versicherungsschutz gedeckt ist daher etwa ein Getriebeschaden in Folge starken Abbremsens in einer kritischen Verkehrssituation (OLG Stuttgart, VersR 1995, 1044) oder der durch eine sich öffnende Motorhaube verursachte Schaden (OLG Karlsruhe, r+s 1997, 407).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Für den vorliegenden Fall stellt sich daher lediglich die Frage, ob ein Pkw mit dem Anhänger eine Einheit bildet oder ob die Kollision mit dem Anhänger ein für den Pkw von außen herrührendes Ereignis darstellt. Diese – zu einer Zeit als es den zweiten Satz der streitgegenständlichen Klausel noch nicht gab – in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittene Frage (Vgl. die Nachweise bei Stiefel/Hofmann, AKB, 17. Aufl., § 12 Rndr. 89 und OLG Hamm, VersR 1996, 447) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 06.03.1996 dahin entschieden, dass für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer der Pkw einerseits und der Anhänger andererseits verschiedene Gegenstände seien und daher eine Einwirkung des einen auf den anderen jeweils von außen komme (BGH, NJW-RR 1996, 857 in Abgrenzung zu BGH, VersR 1969, 490. Vgl. auch Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 AKB, Rn. 58). Dies gelte schon deshalb, weil dem Wortlaut der AKB nichts anderes entnommen werden könne. Durch die Aufnahme des zweiten Satzes in die streitgegenständliche Vertragsklausel hat sich die Rechtslage jedoch geändert. Das ziehende und das gezogene Fahrzeug wurden dadurch zu einer Einheit verknüpft mit der Folge, dass die bereits gemäß Satz 1 der Klausel erforderliche Einwirkung von außen nicht vorliegt bei bloßer Kollision der beiden Fahrzeuge.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="6"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Kläger unterscheidet demgegenüber bei seiner Argumentation in der Berufungsbegründung nicht zwischen der Ursache für das schädigende Ereignis (= Glatteis) und dem schädigenden Ereignis selbst (= Kollision zwischen Pkw und Anhänger). Nur letzteres muss "von außen" kommen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die weitere Auffassung des Klägers, die Einschränkung "ohne Einwirkung von außen" sei dahin zu verstehen, dass die Einstandspflicht der Versicherung nur bei einem Fahrfehler des Versicherungsnehmers entfalle, stellt auf einen Umstand ab, der allein bei der Frage des Vorliegens einer Obliegenheitsverletzung durch den Versicherungsnehmer eine Rolle spielt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="8"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Entgegen der Auffassung des Klägers hält die streitgegenständliche Klausel auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand. Daran kann schon angesichts der obergerichtlichen – und damals wohl herrschenden – Rechtsprechung, die bereits vor Ergänzung der streitgegenständlichen Klausel den Versicherungsschutz versagt hat, kein Zweifel bestehen. Im übrigen steht der Beschränkung der Rechte der Versicherungsnehmer das legitime Interesse der Versicherungswirtschaft gegenüber, die Einstandspflicht im Rahmen der allgemeinen Kraftfahrtversicherung für solche Schäden auszuschließen, die auf ein spezifisches erhöhtes Risiko, nämlich die Instabilität eines Zuggespanns, zurückzuführen sind.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="9"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) bestehen nicht.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,043
|
lg-stuttgart-2003-07-23-27-o-21003
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{
"id": 142,
"name": "Landgericht Stuttgart",
"slug": "lg-stuttgart",
"city": 90,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
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|
27 O 210/03
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:18
| 2019-01-17T11:58:15
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger EUR 28.470,45 nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 116,-- seit 6. 2. 2003, EUR 116,-- seit 6. 3. 2003, EUR 22.855,43 seit 21. 3. 2003, EUR 2.633,-- seit 4. 4. 2003 und EUR 2.633,-- seit 7. 5. 2003 sowie 4 % Zinsen aus EUR 26.689,43 vom 20. 12. 2002 bis 24. 4. 2002 und aus EUR 24.772,43 vom 25. 4. 2002 bis 23. 7. 2002 zu bezahlen.</p>
<p>2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiter verurteilt, an die Kläger EUR 2.633,-- nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 5. 6. 2003 zu bezahlen.</p>
<p>3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, u. zwar zu Z. 1 ohne Sicherheitsleistung, im übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>
<p>Streitwert: bis EUR 30.000,--</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger nehmen die Beklagten zum einen aus dem zwischen den Parteien am 20. 12. 2001 befristet bis 31. 1. 2007 abgeschlossenen gewerblichen Mietvertrag über Räumlichkeiten in der K -Str. in E. zum Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes (Rewe-Filiale) auf Zahlung rückständiger Miete, u.a. auch für Juni 2003 mit EUR 2.633,--, zum anderen aus Darlehen auf Rückzahlung des noch offenen Betrags in Anspruch.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Beklagten die Mieträume an eine türkische Landsmännin am 25. 9. 2002 untervermietet haben, und dass diese in einer Nacht- und Nebelaktion das Warenlager ausgeräumt hat und mit allen Waren verschwunden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Parteien streiten um die Frage, ob die von den Beklagten am 30. 5. 2003 erklärte fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, gestützt auf Existenzgefährdung bei Festhalten am Mietvertrag, zulässig ist, und die Miete für Juni 2003 deshalb nicht mehr zu bezahlen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Kläger beantragen (vgl. Bl. 2, 26 d.A. u. Prot. z. mündlichen Verhandlung vom 16. 7. 2003):
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger EUR 28.470,45 nebst 8 % Zinsen über dem jew. Basiszinssatz aus EUR 116,-- seit 6. 2. 2003, EUR 116,-- seit 6. 3. 2003, EUR 22.855,43 seit 21. 3. 2003, EUR 2.633,-- seit 4. 4. 2003, und EUR 2.633,-- seit 7. 5. 2003 sowie 4 % Zinsen aus EUR 26.689,43 vom 20. 12. 2002 bis 24. 4. 2002 und aus EUR 24.722,43 vom 25. 4. bis 23. 7. 2002 zu zahlen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger weitere EUR 2.633,-- nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 5. 6. 2007 zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beklagten beantragen - nach Anerkenntnis des Klageantrags Ziff. 1 - die Klage wegen des Klageantrags Ziff. 2 abzuweisen und hilfsweise - nur für den Fall des Obsiegens mit dem Klageabweisungsantrag - festzustellen, dass das zwischen den Parteien auf Grund des Mietvertrages bestehende Mietverhältnis über die Geschäftsräume in der K -Str. 148, E., seit 1. 6. 2003 beendet ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Untermieterin habe noch vor ihrem Verschwinden, bei Rewe Ware im Wert von EUR 21.052,25 geliefert erhalten. Dafür müssten die Beklagten mit ihrem Kautionskonto gegenüber Rewe gerade stehen. Ihnen sei durch das nicht vorhersehbare Verhalten der Untermieterin die Existenzgrundlage entzogen, ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet, wenn sie am Mietvertrag festgehalten würden. Das Lebensmittelgeschäft könnten sie nicht selbst weiterbetreiben, weil ihnen für den Wareneinkauf bei Rewe Geld bzw. Kredit fehle. Der Beklagte Z. 1 arbeite bei seiner Ehefrau in deren Lebensmittelgeschäft mit und erhalte monatliche brutto EUR 350,--, die Beklagte Z. 2 unterstütze als Hausfrau ihren Ehemann in dessen Restauration für monatlich brutto EUR 810,38. Der finanzielle Schaden der Beklagten belaufe sich jetzt schon auf EUR 46.522,70. Die Suche nach einem neuen Untermieter sei bisher erfolglos gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Unterlagen verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die zulässige Klage ist begründet. Über die nur für den Fall der Klageabweisung erhobene Widerklage ist deshalb eine Entscheidung nicht veranlasst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Soweit die Beklagten den Klageantrag anerkannt haben - Klageantrag Ziff. 1 -, war gem. § 307 Abs. 1 ZPO durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Auch hins. des Klageantrags Z. 2 hat die Klage Erfolg. Aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag hat die Klägerin auch nach der erklärten fristlosen Kündigung Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für Juni 2003 (§ 535 Abs. 2 BGB). Ein Recht zur fristlosen Kündigung oder ein Anspruch auf Aufhebung des Mietverhältnisses steht den Beklagten gegenüber den Klägern nicht zu, das Mietverhältnis endet daher gem. § 542 Abs. 2 in der gem. Art. 229 § 3 Nr. 1 EGBGB anzuwendenden neuen Fassung des BGB jedenfalls nicht schon zum 31. 5. 2003.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Voraussetzungen einer Kündigung gem. § 543 BGB sind von den Beklagten nicht dargetan. Es sind von den Beklagten keine Tatsachen vorgetragen, die es ihnen unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unzumutbar machten, das Vertragsverhältnis bis zur vereinbarten Beendigung fortzusetzen (vgl. dazu BGH NJW 99, 1177, 1178 unter II. 2. a). Von einer Zerrüttung der Vertragsgrundlagen kann im vorliegenden Fall, in dem es um die Zerrüttung der finanziellen Verhältnisse der Beklagten geht, keine Rede sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Richtig ist allerdings, dass nach schon bisheriger Rechtsprechung zur alten Rechtslage eine außerordentliche Kündigung dann möglich war, wenn dem Kündigenden ein Recht zur Aufhebung des Mietverhältnisses zustand, insbes. bei Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH ZMR 96, 309). Den Beklagten steht aber nach allgemeinen Vorschriften kein solches Recht zu. Ein solches Recht könnte sich ergeben wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (im engeren Sinne), wegen Äquivalenzstörung oder wegen Existenzgefährdung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann nicht ausgegangen werden, wenn nachträglich einer Partei die finanziellen Möglichkeiten zur Vertragserfüllung fehlen. Jedem (gegenseitigen) Vertrag ist eigen, dass jede Partei selbst das Risiko der Finanzierbarkeit der Vertragserfüllung auf sich nimmt. Es handelt sich deshalb, auch wenn beide Parteien bei einem gegenseitigen Vertrage stets nicht nur von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gegenpartei, sondern in aller Regel auch vom Vorliegen der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Leistungspflichtigkeit ausgehen, insoweit entgegen der Definition der Geschäftsgrundlage nicht "um dem eigentlichen Vertragsinhalt enthobene beiderseitige Vorstellungen der Parteien oder auch nur um eine einseitige von der Gegenseite gebilligte Vorstellung auch nur einer Partei vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen ihr Geschäftswille aufbaut". Denn insoweit steht die Haftung für die Übernahme des Beschaffungsrisikos den Rechtsfolgen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entgegen (§ 276 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz BGB n.F.; § 279 BGB a.F.). Dass den Beklagten jetzt das Geld fehlt, um den Mietzins zahlen zu können, stellt daher keinen wichtigen Grund für ihre Kündigung dar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Eine Äquivalenzstörung machen die Beklagten nicht geltend. Der Umstand, dass die Parteien trotz verstärkter Suche nach einem Mieter keine Interessenten gefunden haben, kann zwar dafür sprechen, dass der von den Parteien vereinbarte Mietzins nicht mehr angemessen ist. Ob aber die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung in einem solchen Maße gestört ist, dass damit das von einer Partei normalerweise zu tragende Risiko in unzumutbarer Weise überschritten ist (vgl. dazu BGH NJW 2002, 2384, 2385 unter 3. b), kann dem Vortrag der Beklagten nicht entnommen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Ob in extremen Fällen der Existenzgefährdung ein Recht zur fristlosen Kündigung angenommen werden kann, ist eine schwierige Frage (MK4 - Roth, § 242 Rn. 755). In der Rechtsprechung des Reichsgerichtes scheint die als gewiss anzusehende Existenzvernichtung oder die sehr erhebliche Beeinträchtigung der Existenzfähigkeit als Grund für eine Lösung vom Vertrag anerkannt worden zu sein (vgl. Nachweise bei Staudinger, § 242 Rn. 190, 191). Dem ist im Grundsatz auch im Hinblick auf die beachtenswerte Entwicklung der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Bürgenhaftung zu folgen. Denn wo die Anwendung des Rechts zur dauerhaften Zerstörung der Lebenschancen einer Partei führen muss, noch dazu ohne der anderen Partei den ihr an sich gebührenden Vorteil sichern zu können, drängt sich die Frage auf, ob ein berechtigtes Interesse an der Prozessführung besteht. Das Recht ist der Diener der wohlverstandenen wirtschaftlichen Interessen einer Partei, nicht Selbstzweck, und soll nicht weiter gehen, als diese Interessen es gebieten. Wo schon im Erkenntnisverfahren evident ist, dass eine Rechtsverfolgung wegen Existenzvernichtung zur dauerhaften Undurchsetzbarkeit im Vollstreckungsverfahren führen wird, erscheint der Rechtsverlust schon im Erkenntnisverfahren und nicht erst durch Ausfall im Vollstreckungsverfahren jedenfalls bei Dauerschuldverhältnissen zumutbar. Das wohlverstandene Interesse eines Vermieters geht dahin, die rechtliche Bindung mit einem Mieter, der mehrfach nicht zahlen kann, möglichst schnell zu lösen (§ 543 Nr. 3 BGB), und kann nicht dahin gehen, einen evident zahlungsunfähigen Mieter gegen seinen Willen zu halten. Das Gericht soll in solchen Fällen "dem Eigensinn des Gläubigers, durch den Gerichtsvollzieher die Vollstreckung doch zu versuchen, nicht Vorschub leisten" (RGZ 107, 15, 18). Evidenz der nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit muss allerdings gegeben sein. Das folgt schon aus der Aufteilung des gerichtlichen Verfahrens in Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Der Beweis des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von Vermögen ist mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung zu führen. Ähnlich wie im Falle einer Herausgabeklage, bei der eine Beweisaufnahme zur Frage, ob der Beklagte noch im Besitze der Sache sei, u. U. ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden durfte (Arg. aus § 283 BGB a.F.; Wittig NJW 93, 635, 636 unter II.), wird deshalb die Frage, ob ein Fall der dauerhaften Zahlungsunfähigkeit durch Existenzvernichtung vorliege, in der Regel im Vollstreckungsverfahren zu prüfen sein. Diese Konsequenz fällt um so leichter, als inzwischen durch die Insolvenzordnung der nachhaltigen Zerstörung der Lebenschancen eines Schuldners Einhalt geboten wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach: Ob die wirtschaftliche Existenz der Beklagten dauerhaft gestört ist, ist zwischen den Parteien strittig. Die Beklagten haben zwar zu ihren Einkommensverhältnissen vorgetragen, nicht jedoch zu ihren Vermögensverhältnissen. Ihre Zahlungsunfähigkeit ist nicht evident. Insbes. haben die Beklagten keine eidesstattliche Versicherung i.S. des § 807 ZPO vorlegen können. Zwar sind die Beklagten zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erst im Vollstreckungsverfahren verpflichtet. Wenn ein Schuldner aber mit der Begründung, seine wirtschaftliche Existenz sei bei Verurteilung zur Leistung ernsthaft gefährdet, gerade verhindern will, dass es zu einem Vollstreckungsverfahren kommt, dann ist ihm zuzumuten, die entsprechenden Angaben schon im Erkenntnisverfahren vorzutragen und beweiskräftig zu belegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Kostenentscheidung: § 91 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 1, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die zulässige Klage ist begründet. Über die nur für den Fall der Klageabweisung erhobene Widerklage ist deshalb eine Entscheidung nicht veranlasst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Soweit die Beklagten den Klageantrag anerkannt haben - Klageantrag Ziff. 1 -, war gem. § 307 Abs. 1 ZPO durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Auch hins. des Klageantrags Z. 2 hat die Klage Erfolg. Aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag hat die Klägerin auch nach der erklärten fristlosen Kündigung Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für Juni 2003 (§ 535 Abs. 2 BGB). Ein Recht zur fristlosen Kündigung oder ein Anspruch auf Aufhebung des Mietverhältnisses steht den Beklagten gegenüber den Klägern nicht zu, das Mietverhältnis endet daher gem. § 542 Abs. 2 in der gem. Art. 229 § 3 Nr. 1 EGBGB anzuwendenden neuen Fassung des BGB jedenfalls nicht schon zum 31. 5. 2003.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Voraussetzungen einer Kündigung gem. § 543 BGB sind von den Beklagten nicht dargetan. Es sind von den Beklagten keine Tatsachen vorgetragen, die es ihnen unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unzumutbar machten, das Vertragsverhältnis bis zur vereinbarten Beendigung fortzusetzen (vgl. dazu BGH NJW 99, 1177, 1178 unter II. 2. a). Von einer Zerrüttung der Vertragsgrundlagen kann im vorliegenden Fall, in dem es um die Zerrüttung der finanziellen Verhältnisse der Beklagten geht, keine Rede sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Richtig ist allerdings, dass nach schon bisheriger Rechtsprechung zur alten Rechtslage eine außerordentliche Kündigung dann möglich war, wenn dem Kündigenden ein Recht zur Aufhebung des Mietverhältnisses zustand, insbes. bei Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH ZMR 96, 309). Den Beklagten steht aber nach allgemeinen Vorschriften kein solches Recht zu. Ein solches Recht könnte sich ergeben wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (im engeren Sinne), wegen Äquivalenzstörung oder wegen Existenzgefährdung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann nicht ausgegangen werden, wenn nachträglich einer Partei die finanziellen Möglichkeiten zur Vertragserfüllung fehlen. Jedem (gegenseitigen) Vertrag ist eigen, dass jede Partei selbst das Risiko der Finanzierbarkeit der Vertragserfüllung auf sich nimmt. Es handelt sich deshalb, auch wenn beide Parteien bei einem gegenseitigen Vertrage stets nicht nur von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gegenpartei, sondern in aller Regel auch vom Vorliegen der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Leistungspflichtigkeit ausgehen, insoweit entgegen der Definition der Geschäftsgrundlage nicht "um dem eigentlichen Vertragsinhalt enthobene beiderseitige Vorstellungen der Parteien oder auch nur um eine einseitige von der Gegenseite gebilligte Vorstellung auch nur einer Partei vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen ihr Geschäftswille aufbaut". Denn insoweit steht die Haftung für die Übernahme des Beschaffungsrisikos den Rechtsfolgen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entgegen (§ 276 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz BGB n.F.; § 279 BGB a.F.). Dass den Beklagten jetzt das Geld fehlt, um den Mietzins zahlen zu können, stellt daher keinen wichtigen Grund für ihre Kündigung dar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Eine Äquivalenzstörung machen die Beklagten nicht geltend. Der Umstand, dass die Parteien trotz verstärkter Suche nach einem Mieter keine Interessenten gefunden haben, kann zwar dafür sprechen, dass der von den Parteien vereinbarte Mietzins nicht mehr angemessen ist. Ob aber die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung in einem solchen Maße gestört ist, dass damit das von einer Partei normalerweise zu tragende Risiko in unzumutbarer Weise überschritten ist (vgl. dazu BGH NJW 2002, 2384, 2385 unter 3. b), kann dem Vortrag der Beklagten nicht entnommen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Ob in extremen Fällen der Existenzgefährdung ein Recht zur fristlosen Kündigung angenommen werden kann, ist eine schwierige Frage (MK4 - Roth, § 242 Rn. 755). In der Rechtsprechung des Reichsgerichtes scheint die als gewiss anzusehende Existenzvernichtung oder die sehr erhebliche Beeinträchtigung der Existenzfähigkeit als Grund für eine Lösung vom Vertrag anerkannt worden zu sein (vgl. Nachweise bei Staudinger, § 242 Rn. 190, 191). Dem ist im Grundsatz auch im Hinblick auf die beachtenswerte Entwicklung der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Bürgenhaftung zu folgen. Denn wo die Anwendung des Rechts zur dauerhaften Zerstörung der Lebenschancen einer Partei führen muss, noch dazu ohne der anderen Partei den ihr an sich gebührenden Vorteil sichern zu können, drängt sich die Frage auf, ob ein berechtigtes Interesse an der Prozessführung besteht. Das Recht ist der Diener der wohlverstandenen wirtschaftlichen Interessen einer Partei, nicht Selbstzweck, und soll nicht weiter gehen, als diese Interessen es gebieten. Wo schon im Erkenntnisverfahren evident ist, dass eine Rechtsverfolgung wegen Existenzvernichtung zur dauerhaften Undurchsetzbarkeit im Vollstreckungsverfahren führen wird, erscheint der Rechtsverlust schon im Erkenntnisverfahren und nicht erst durch Ausfall im Vollstreckungsverfahren jedenfalls bei Dauerschuldverhältnissen zumutbar. Das wohlverstandene Interesse eines Vermieters geht dahin, die rechtliche Bindung mit einem Mieter, der mehrfach nicht zahlen kann, möglichst schnell zu lösen (§ 543 Nr. 3 BGB), und kann nicht dahin gehen, einen evident zahlungsunfähigen Mieter gegen seinen Willen zu halten. Das Gericht soll in solchen Fällen "dem Eigensinn des Gläubigers, durch den Gerichtsvollzieher die Vollstreckung doch zu versuchen, nicht Vorschub leisten" (RGZ 107, 15, 18). Evidenz der nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit muss allerdings gegeben sein. Das folgt schon aus der Aufteilung des gerichtlichen Verfahrens in Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Der Beweis des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von Vermögen ist mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung zu führen. Ähnlich wie im Falle einer Herausgabeklage, bei der eine Beweisaufnahme zur Frage, ob der Beklagte noch im Besitze der Sache sei, u. U. ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden durfte (Arg. aus § 283 BGB a.F.; Wittig NJW 93, 635, 636 unter II.), wird deshalb die Frage, ob ein Fall der dauerhaften Zahlungsunfähigkeit durch Existenzvernichtung vorliege, in der Regel im Vollstreckungsverfahren zu prüfen sein. Diese Konsequenz fällt um so leichter, als inzwischen durch die Insolvenzordnung der nachhaltigen Zerstörung der Lebenschancen eines Schuldners Einhalt geboten wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach: Ob die wirtschaftliche Existenz der Beklagten dauerhaft gestört ist, ist zwischen den Parteien strittig. Die Beklagten haben zwar zu ihren Einkommensverhältnissen vorgetragen, nicht jedoch zu ihren Vermögensverhältnissen. Ihre Zahlungsunfähigkeit ist nicht evident. Insbes. haben die Beklagten keine eidesstattliche Versicherung i.S. des § 807 ZPO vorlegen können. Zwar sind die Beklagten zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erst im Vollstreckungsverfahren verpflichtet. Wenn ein Schuldner aber mit der Begründung, seine wirtschaftliche Existenz sei bei Verurteilung zur Leistung ernsthaft gefährdet, gerade verhindern will, dass es zu einem Vollstreckungsverfahren kommt, dann ist ihm zuzumuten, die entsprechenden Angaben schon im Erkenntnisverfahren vorzutragen und beweiskräftig zu belegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Kostenentscheidung: § 91 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 1, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,044
|
olgstut-2003-07-23-4-ws-14003
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
4 Ws 140/03
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:20
| 2019-02-12T12:39:57
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Tübingen vom 16. Mai 2003 aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird an das Landgericht Karlsruhe - auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - abgegeben.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Beschwerdeführer wurde am 20. Februar 1997 vom Landgericht Stuttgart u.a. wegen tateinheitlich begangener neunfacher schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Geiselnahme, mit erpresserischem Menschenraub und mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladewaffe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bei der Tatbegehung stand er unter erheblichem Alkoholeinfluß. Im Urteil wurde die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass die Gesamtfreiheitsstrafe bis zum 2/3 - Termin vor der Unterbringung zu vollziehen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beschwerdeführer befand sich in der vorliegenden Sache seit 05. Juni 1996 zunächst in Untersuchungshaft, ab Rechtskraft des Urteils in der Justizvollzugsanstalt H. in Strafhaft. Am 21. September 2000 wurde er in das Zentrum für Psychiatrie Z. verlegt. Mit Beschluß vom 05. Dezember 2000 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen im Hinblick auf die verfestigte negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber dem Maßregelvollzug angeordnet, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen ist. Die Maßregel wurde für erledigt erklärt und gleichzeitig eine bedingte Entlassung im Hinblick auf eine fehlende erfolgreiche Therapie des Beschwerdeführers abgelehnt. In der vorgenannten Entscheidung wurde neben der Feststellung, dass mit Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung Führungsaufsicht eintritt, die Höchstdauer der Führungsaufsicht auf zwei Jahre festgesetzt und der Beschwerdeführer der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Der Beschwerdeführer ist daraufhin am 04. Januar 2001 vom Zentrum für Psychiatrie der Justizvollzugsanstalt H. rücküberstellt worden. Im Hinblick auf die Dauer der noch zu vollziehenden Restfreiheitsstrafe von 791 Tagen hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen am 12. November 2001 die am 05. Dezember 2000 angeordnete Bestellung des Bewährungshelfers aufgehoben. Am 27. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer nach vollständiger Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe aus der Justizvollzugsanstalt H. entlassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am 17. April 2003 beim Landgericht Tübingen unter Vorlage der Akten eine Entscheidung über die Führungsaufsicht beantragt. Nach Anhörung des Verurteilten hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen mit dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass in der vorliegenden Sache mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht eingetreten ist, die Dauer der Führungsaufsicht auf zwei Jahre festgesetzt sowie den Beschwerdeführer einem Bewährungshelfer unterstellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die gegen diesen Beschluß gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig (§ 463 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 454 Abs. 3 StPO)und hat - vorläufigen -Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Für die im Falle der vollständigen Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe zu treffende Entscheidung gemäß § 68 f Abs. 2 StGB ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen örtlich nicht zuständig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Da die Strafhaft des Beschwerdeführers am 27. Februar 2003 endete, hätten gemäß § 54 a Abs. 2 StVollStrO drei Monate vor dessen Entlassung die Akten von der Staatsanwaltschaft dem Gericht zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 68 f Abs. 2 StGB vorgelegt werden müssen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Jedoch wird ohne Rücksicht darauf, ob der Strafvollstreckungskammer die Akten tatsächlich vorgelegt werden und diese daraufhin tätig wird, diejenige Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk der Verurteilte die Strafe verbüßt, drei Monate vor dem tatsächlichen Vollzugsende im Sinne der §§ 462 a Abs. 1 Satz 1, 463 Abs. 6 StPO mit der Sache "befasst" (BGH NStZ 1984, 332; BGH bei Kusch NStZ 1993, 230 Nr. 14; dem folgend: OLG Hamm v. 6.1.1988 - 2 Ws 582/87).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mithin hatte im vorliegenden Fall gemäß § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO die für die Justizvollzugsanstalt H. örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe die Entscheidungen nach den §§ 68 a StGB bis 68 c StGB zu treffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Eine fortwirkende Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen, die am 05. Dezember 2000 mit der Entscheidung über die Führungsaufsicht nach der vorzeitigen Beendigung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt befaßt war und am 12. November 2001 die Bewährungshelferunterstellung aufgehoben hat, besteht nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammern untereinander gilt zwar nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGHSt 26,165,187,278) der Grundsatz der perpetuatio fori. Ein Zuständigkeitswechsel tritt nach diesem Grundsatz so lange nicht ein, wie jene noch nicht abschließend über eine Frage befunden hat, mit der sie befasst wurde. Mit der am 04. Januar 2001 erfolgten Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Vollzug der Unterbringung aufgrund der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen vom 05. Dezember 2000 ist zwar von Gesetzes wegen gemäß § 67 d Abs. 5 Satz 2 StGB auch Führungsaufsicht eingetreten. Die Führungsaufsicht und die damit zusammenhängende Unterstellung unter die Bewährungsaufsicht tritt unabhängig davon ein, dass der Beschwerdeführer noch Strafhaft zu verbüßen hat (vgl. KG NStZ-RR 2002, 138; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 1996, 380). Wenn auch die Führungsaufsicht und insbesondere die erteilten Weisungen wegen des Vorrangs des Strafvollzugs nur sehr begrenzt wirksam werden können, entspricht es gleichwohl dem Willen des Gesetzgebers, dass der Verurteilte bei Erledigung der Maßregel auch während des Strafvollzugs der in derselben Sache verhängten (Rest-)Freiheitsstrafe (bereits) unter Führungsaufsicht steht. Dies ergibt sich auch aus § 68 c Abs. 3 StGB, wonach die Führungsaufsicht mit der Rechtskraft von deren Anordnung beginnt, jedoch in ihre Dauer die Zeit nicht eingerechnet wird, in der sich der Verurteilte im Strafvollzug befindet. Eventuellen Veränderungen in der Person oder der Lebensumstände des Verurteilten während des Vollzugs kann insoweit auch im Rahmen der Führungsaufsicht hinreichend Rechnung getragen werden (OLG Frankfurt a.a.O.). Die insoweit gemäß § 67 d Abs. 5 Satz 2 StGB kraft Gesetzes mit der Entlassung aus dem Vollzug der Maßregel eintretende Führungsaufsicht unterscheidet sich jedoch ihrem Regelungsgehalt nach von § 68 f Abs. 1 StGB, der die Führungsaufsicht nach voller Verbüßung längerer Freiheitsstrafen betrifft und sie erst mit der Entlassung in die Freiheit eintreten lässt (OLG Düsseldorf NStZ 1996,567). Gemäß § 68 f Abs. 2 StGB wird der Strafvollstreckungskammer nämlich die Möglichkeit eingeräumt, bei positiver Sozialprognose - ausnahmsweise - anzuordnen, dass die Maßregel entfällt. Dies sieht § 67 d Abs. 5 StGB nicht vor; auf eine erst bei der Entlassung in die Freiheit mögliche Prognoseentscheidung kommt es hier nicht an. Mit der sich aus § 68 f Abs. 2 StGB ergebenden Frage ist aber die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen nicht befasst worden. Der nur für die konkret erforderlich gewordene Sachentscheidung geltende Grundsatz der perpetuatio fori führt daher nicht zu einer fortwirkenden Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Mithin ist der angefochtene Beschluss wegen örtlicher Unzuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen aufzuheben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Da keine die Sache abschließende Entscheidung getroffen wird, bleibt die Entscheidung über die Kosten und Auslagen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens der für die Sachentscheidung örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer vorbehalten.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,045
|
olgkarl-2003-07-23-5-uf-29302
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
5 UF 293/02
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:21
| 2019-02-12T12:39:57
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag der Klägerin, ihr gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 04.10.2002 (   ) wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf
<strong>7.266,00 EUR</strong>
festgesetzt.
</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Schlussurteil des Familiengerichts   vom 04.10.2002, mit dem ihre Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt teilweise abgewiesen wurde. Das auf die mündliche Verhandlung vom 24.09.2002 ergangene Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 09.10.2002 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11.11.2002, beim Oberlandesgericht per Telefax eingegangen noch am gleichen Tag, hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil eingelegt. Mit Verfügung vom 13.12.2002 hat der erkennende Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist bis 09.12.2002 eingereicht wurde. Mit Schriftsatz vom 23.12.2002, beim Oberlandesgericht eingegangen wiederum per Telefax noch am gleichen Tag, hat die Klägerin schließlich die Berufungsbegründungsschrift eingereicht und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Zur Versäumung der Berufungsbegründungsfrist trägt die Klägerin vor, die Überwachung von Fristen sei im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten so organisiert, dass die Eingangspost vor der Vorlage an die Rechtsanwältinnen von einer geschulten Mitarbeiterin kontrolliert werde. Diese trage Rechtsmittelfristen und sonstige Fristen in einen zentralen Termin- und Fristenkalender der Kanzlei ein und trage zusätzlich auch noch eine Woche vor Fristablauf eine Vorfrist ein, dies mit einem Hinweis, um welche Art Frist es sich handle. An jedem Arbeitstag werde morgens eine Kontrolle der ablaufenden Fristen im Kalender durchgeführt und es würden die jeweiligen Akten der Sachbearbeiterin mit einem entsprechenden Vermerk (z.B. „Berufungsfrist“ vorgelegt). Vor Büroschluss werde noch einmal im Kalender kontrolliert, ob alle anstehenden Fristen erledigt seien. Gestrichen würden die Fristen, sobald das entsprechende Schriftstück versandfertig gemacht bzw. ggfs. bereits per Telefax verschickt worden sei. Für die Fristenkontrolle sei bis zum 30.11.2002 im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin die dort seit Juli 1983 beschäftigte Frau   zuständig gewesen, die sich seit Anfang Dezember 2002 im Mutterschaftsurlaub befinde. Frau   sei ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin und seit über 15 Jahren im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten u.a. mit der Kontrolle der Eingangspost und der Überwachung der Fristen betraut. Es handle sich um eine erfahrene und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin. Im vorliegenden Fall habe diese beim Eingang des Amtsgerichtsurteils den Ablauf der Berufungsfrist korrekt für Montag, den 11.11.2002 im Terminkalender notiert. Wegen des Wochenendes (09./10.11.2002) sei die Berufungsfrist erst am Montag, den 11.11.2002 abgelaufen. Statt jedoch den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 520 Abs. 2 ZPO auf den 09.12.2002 einzutragen, habe die Mitarbeiterin versehentlich die Berufungsbegründungsfrist auf den 11.12.2002 eingetragen, also nicht zwei Monate nach Eingang des Urteils, sondern einen Monat nach Ablauf der Berufungsfrist. Als die Handakte ihrer Prozessbevollmächtigten dann am 04.12.2002 im Hinblick auf den Ablauf der Vorfrist für die Anfertigung der Berufungsbegründung vorgelegt worden sei, habe diese Anweisung gegeben, die Akte noch einmal in den Aktenschrank zu legen, weil ein für die Berufungsbegründung erforderliches Schriftstück noch nicht vorgelegen habe. Am 11.12.2002 sei die Akte erneut ihrer Prozessbevollmächtigten vorgelegt worden mit dem Hinweis auf die vermeintlich ablaufende Berufungsbegründungsfrist. Als sich ihre Prozessbevollmächtigte dann an diesem Tag an die Anfertigung der Berufungsbegründung gemacht habe, habe sie selbst noch einmal die Berechnung der Frist kontrolliert und festgestellt, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am Montag, den 09.12.2002 abgelaufen gewesen sei. 
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin entgegengetreten. Er ist der Meinung, die Fristversäumung sei nicht unverschuldet erfolgt, denn selbst wenn die Mitarbeiterin, die im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Fristenkontrolle zuständig gewesen sei, den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist falsch eingetragen haben sollte, könne dies die Prozessbevollmächtigte der Klägerin schon allein deshalb nicht entlasten, weil ihr - dem eigenen Vortrag zu Folge - die Akte bereits am 04.12.2002 vorgelegt worden sei. Hätte sie einen Blick auf die Berufungsschrift vom 11.11.2002 geworfen, so hätte sie erkennen können, dass die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist nach Zustellung des Urteils am 09.10.2002 am 09.12.2002 (Montag) ablaufen würde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
II. Die Berufung der Klägerin ist gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie zwar rechtzeitig eingelegt, aber nicht  innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO n. F. i. V. m. § 26 Nr. 5 EGZP0 begründet wurde. Nachdem das Urteil der Klägerin am 09.10.2002 zugestellt worden war, lief die Berufungsbegründungsfrist am 09.12.2002 ab. Die Berufungsbegründung ging jedoch erst am 23.12.2002 beim Oberlandesgericht ein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kann der Klägerin auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht gestellt (§§ 234, 236 ZPO), er ist jedoch nicht begründet, weil die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne Verschulden der Klägerin bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten versäumt wurde. Ein Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin aber gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin durfte sich nämlich nicht allein auf die Eintragung der Begründungsfrist durch ihre Rechtsanwaltsgehilfin im Fristenkalender verlassen, als ihr  die Akten entsprechend der eingetragenen Vorfrist am 04.12.2002 vorgelegt wurden. Zwar darf der Rechtsanwalt die Berechnung der einfachen in seinem Büro geläufigen Fristen einer geschulten und zuverlässigen Bürokraft übertragen, wobei eine Pflicht zur Gegenkontrolle - außer im Rahmen der eigenen Überwachungspflicht - grundsätzlich nicht besteht  (Zöller/Greger, ZPO, 23. A., § 233, Rn. 23, Stichwort „Fristenbehandlung“, dort mit Rechtsprechungsnachweisen). 
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
In manchen Situationen ist der Rechtsanwalt jedoch verpflichtet, den Fristenlauf eigenverantwortlich zu prüfen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung wie z.B. der Einreichung einer Rechtsmittel- bzw. Rechtsmittelbegründungsfrist vorgelegt werden (siehe zuletzt BGH NJW 2001, 1579 und 3195; NJW-RR 2002, 860; NJW 2002, 2252 und 3782; NJW 2003, 435 und 437). Wird ihm die Sache zur Vorfrist vorgelegt, hat er in eigener Verantwortung festzustellen, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten wurde (BGH VersR 2002, 1391; BGH-Report 2002, 434; NJW 2003, 437). Allerdings muss die - anhand der Akte vorzunehmende - Prüfung nicht sofort erfolgen; sie kann auch am nächsten Tag vorgenommen werden. Sie darf jedoch nicht zurückgestellt werden, bis der Anwalt die eigentliche Bearbeitung der Sache - ggfs. am letzten Tag der Frist - vornimmt (BGH VersR 2002, 1391). Die Akte kann auch zur Wiedervorlage am Tag des Fristablaufs zurückgegeben werden, wenn eine sorgfältige Prüfung durch den Rechtsanwalt selbst ergibt, dass eine rechtzeitige Rechtsmittelbegründung bzw. ein Antrag auf Fristverlängerung noch möglich ist (BGH NJW 1997, a. a. 0.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Hätte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin aber entsprechend diesen Anforderungen am 04.12.2002 oder auch am darauf folgenden Tag das Fristende selbst und eigenverantwortlich überprüft, hätte sie den Fehler noch rechtzeitig entdecken und entweder die Berufungsbegründung oder einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig beim Oberlandesgericht einreichen können. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin durfte hingegen nicht die Akte am 04.12.2002 unbearbeitet und ohne weitere Überprüfung der Berufungsbegründungsfrist zurückgeben. Hierdurch hat sie ihre bei Vorlage der Akten auf Vorfrist bestehende Verpflichtung zur verantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten ist, verletzt (BGH NJW 1999, 2680).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Entscheidung ist gem. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohne besonderen Ausspruch vollstreckbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts folgt aus § 14 Abs. 1 S. 2 GKG. Die Beschwer der Klägerin entspricht dem Umfang der Klagabweisung in erster Instanz.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,046
|
olgkarl-2003-07-23-6-u-20301
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{
"id": 146,
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6 U 203/01
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:21
| 2019-02-12T12:39:57
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Mosbach vom 28.11.2001 - 1 O 77/01 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der TK-Immobilien GmbH (Gemeinschuldnerin). Der Beklagte war und ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der durch Gesellschaftsvertrag vom 25.4.1996 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründeten Gemeinschuldnerin; sein jährliches Geschäftsführergehalt beträgt ausweislich des Anstellungsvertrages 70.000 DM brutto (AG Mosbach IN 70/00, As. 201, 203). Das Insolvenzverfahren wurde am 16.2.2001 eröffnet, der Kläger hat am 6.3.2001 Masseunzulänglichkeit angezeigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Im Jahre 1998 nahm der Beklagte aus dem Gesellschaftsvermögen die Summe von 141.977,38 DM, die er im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.1998 als „Forderungen gegen Gesellschafter” verbuchte und deren Rückzahlung er, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, schuldet. Der Fehlbetrag für das Wirtschaftsjahr 1998 wurde mit 34.585,22 DM ausgewiesen, der Personalaufwand mit 0 DM angegeben; zusammen mit dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr i.H.v. 12.556,25 DM wurde für das Wirtschaftsjahr 1999 ein Bilanzverlust von 47.141,47 DM vorgetragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Beklagte hat gegen die Rückzahlungsforderung des Klägers mit Ansprüchen auf restliche Zahlung des Geschäftsführergehaltes aus den Jahren 1999 und 2000 i.H.v. 140.603,65 DM zuzüglich Verzugszinsen für rückständige Vergütungen sowie mit Ansprüchen auf Fortzahlung der Geschäftsführervergütung ab Verfahrenseröffnung die Aufrechnung erklärt (Schriftsatz des Beklagten vom 23.7.2001, I 45/47 ff.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Das LG hat der Zahlungsklage stattgegeben und den Aufrechnungseinwand zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er habe seinerzeit entgegen der Annahme des LG den Betrag der Hauptforderung nicht rechtsgrundlos entnommen, vielmehr habe es sich um eine „Leihe des Geldes” gehandelt. Mit Rücksicht hierauf habe er sich in den Folgejahren nur einen Teil des Geschäftsführergehaltes ausbezahlt. Es sei unrichtig, dass der Grund hierfür eine Krise der GmbH gewesen sei. Für eine entsprechende Feststellung (LGU 6) fehle es an der Sachkunde des LG. Daher scheide auch die vom Kläger geltend gemachte Anfechtung der Aufrechnung aus. Ohnehin bestehe sein Anstellungsverhältnis zur Gemeinschuldnerin mangels Kündigung des Klägers fort, so dass ihm für die Zeit ab Verfahrenseröffnung Masseforderungen zustünden, die er seiner Aufrechnung - für den Kläger unanfechtbar - zugrunde legen könne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Kläger tritt der Berufung entgegen. Er stellt die Gegenansprüche des Beklagten in Abrede und bestreitet bereits, dass der Beklagte, wie er behauptet, in den Jahren 1999 und 2000 nur ein reduziertes Geschäftsführergehalt erhalten habe. Das könne er nicht nachvollziehen, da der Beklagte entgegen seiner Verpflichtung als Geschäftsführer keine Bücher geführt und sich damit auch strafbar gemacht habe. Ein Gehaltsanspruch stehe ihm daher nicht zu. Selbst wenn er sein Geschäftsführergehalt zum großen Teil habe stehen lassen, könne er nach den Grundsätzen des Kapitalersatzrechts mit den offenen Forderungen nicht aufrechnen. Denn die GmbH habe sich seinerzeit offenkundig in der Krise befunden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat den Beklagten mit Recht gemäß dem Zahlungsantrag des Klägers verurteilte. Der hiergegen vorgebrachte Berufungsangriff ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
1. Aufrechenbare Hauptforderung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Gegen die Rückzahlungsforderung des Klägers ist eine Aufrechnung mit (Gehaltsforderungen) bereits unzulässig, § 393 BGB. Denn dieser liegt eine pflichtwidrige Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen zugrunde, aufgrund deren der Beklagte als geschäftsführender Alleingesellschafter wegen Verletzung seiner Treuepflicht i.S.d. § 266 StGB der Gesellschaft deliktisch nach § 823 Abs. 2 BGB haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die 1996 gegründete Gesellschaft wurde von Anfang an mit Verlusten geführt, die das Reinvermögen der Gesellschaft rasch aufzehrten. Das ergibt sich aus dem Jahresabschluss 1998 (AG Mosbach IN 70/00, Anlage). Dieser weist für die Jahre 1997 und 1998 jeweils einen erheblichen Fehlbetrag von über DM 28.000,00 (1997) bzw. 34.000 DM (1998) aus. Der Beklagte selbst räumt ein (Schriftsatz vom 17.1.2002, II 21), dass durch die Entnahmen 1998 eine Unterbilanz entstanden sei. Das allein begründet schon in deren Höhe die Pflicht zur Rückerstattung der zur Wiederherstellung der Deckung des Stammkapitals erforderlichen Liquidität, §§ 30 f. GmbHG. Unabhängig von diesen Kapitalschutzregeln besteht jedoch die - nach § 266 StGB strafbewehrte - Pflicht auch eines Alleingesellschafters, selbst jenseits der Stammkapitalziffer nachteilige Einwirkungen auf das Gesellschaftsvermögen dann zu unterlassen, wenn die Existenz der Gesellschaft auf dem Spiel steht. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft existenznotwendige Liquidität durch verdeckte oder wie hier offene Ausschüttungen und gefährdet damit die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit nachhaltig, so haftet er der Gesellschaft aus dem Gesichtspunkt der schuldhaften Treupflichtverletzung. Das gilt auch für den alleinigen Gesellschafter einer GmbH (OLG Karlsruhe v. 25.7.1997 - 15 U 131/96, GmBHR 1998, 235 = OLGReport Karlsruhe 1997, 79 [82] m.N. zu der abweichenden Rspr. des II. Zivilsenats des BGH; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 37 Abs. 3 S. 7; § 9 Abs. 4 S. 4 c; M. Winter, Mitgliedschaftsrechtsrechtliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1988, S. 203; Ders. ZGR 1994, 570 [581]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
So liegt es im Streitfall. Der Beklagte hat sich eine Geschäftsführervergütung im Jahre 1998 nicht ausgezahlt, sondern Liquiditätsmittel der GmbH als Privatentnahmen umgebucht, weil er nach Überzeugung des Senats eine bilanzielle Überschuldung der GmbH vermeiden wollte. Durch den Buchungsvorgang (aufschlussreich ist insoweit die Bemerkung im Anhang zum Jahresabschluss 1998 unter 3.b, Blatt 10) konnte der Beklagte die tatsächliche Verschuldung der GmbH verschleiern. Ohne den Aktivposten „Forderung gegen Gesellschafter” hätte der tatsächliche Fehlbetrag über 175.000 DM betragen. Da stille Reserven nicht vorhanden waren (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters zu den Vermögensverhältnissen der Gemeinschuldnerin, AG Mosbach IN 70/00, As. 265-269), überstiegen seinerzeit die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bereits deren Aktivvermögen, so dass von einer rechnerischen Überschuldung gesprochen werden muss. In einer solchen Lage besteht die Pflicht eines ordnungsgemäß handelnden Gesellschafters, der zusätzliches Eigenkapital nicht mehr aufbringen und der Gesellschaft zuführen will, darin, auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzutragen. Keinesfalls darf er sich aus eigennützigen Motiven über das Eigen- bzw. Bestandsinteresse der GmbH hinwegsetzen und deren Vermögen auf sich übertragen. Der die Existenz der GmbH gefährdende Kapitalabzug des Beklagten i.H.v. über 140.000 DM in der kritischen Zeit stellt sich strafrechtlich als Untreuehandlung dar. Der Entzug von liquiden Mitteln ist aber zugleich als deliktische Treupflichtverletzung zu qualifizieren, die einen Haftungstatbestand gegenüber dem ungetreuen Geschäftsführer/Gesellschafter auslöst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Beklagte kann deswegen nicht gegen die aus einem solchen Verhalten resultierende Ersatzforderung aufrechnen, § 393 BGB. Diese Bestimmung greift auch ein, wenn mit dem deliktischen Anspruch andere Anspruchsgrundlagen, wie z.B. ein Darlehensvertrag, der hier in Rede steht, konkurrieren (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 393 Rz. 3 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
2. Gegenforderungen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Aufrechnung des Beklagten hat aber materiell-rechtlich auch schon aus den nachfolgend angeführten Gründen keinen Erfolg, die mit der Aufrechnungsforderung zusammen hängen, sei es dass entsprechende Zahlungsansprüche nicht bestehen bzw. der Bindung nach Eigenkapitalersatzregeln unterliegen (a), oder dass ihrer Geltendmachung eine peremptorische Einrede entgegensteht, die sie entkräftet, so dass sich der Aufrechnungseinwand jeweils als unbegründet erweist (b).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
a) Vergütungsansprüche vor Verfahrenseröffnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Soweit Vergütungsansprüche des Beklagten aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gegenstand der Aufrechnungsforderung sind, scheitert die Aufrechnung schon daran, dass solche Ansprüche nicht nachgewiesen sind. Der Kläger bestreitet den Vortrag des Beklagten, er habe in den Jahren 1999 und 2000 lediglich Teilleistungen auf seine Gehaltsforderungen erhalten. Das Bestreiten darf dabei mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) erfolgen, weil der Kläger - wie er geltend macht - wegen der unterbliebenen Buchführung des Beklagten über Gehaltszahlungen der Gemeinschuldnerin an den Beklagten keine Kenntnis hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Selbst wenn man, wie es das LG tut, die Behauptung des Beklagten als richtig unterstellt und annimmt, dem Beklagten stünden noch Vergütungsansprüche (einschließlich Zinsen) i.H.v. 143.824,47 DM aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung zu, führt die erklärte Aufrechnung nicht zum Ziel.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der Aufrechnung stünde nämlich die Anfechtung des Klägers gemäß § 135 Nr. 2 InsO entgegen. Danach ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, anfechtbar, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Der Beklagte hat die Aufrechnungserklärung nach Insolvenzeröffnung abgegeben. Zur Aufrechnung waren restliche Vergütungsansprüche gestellt, deren Befriedigung die Anfechtungserklärung entgegenwirken soll. Denn diese Zahlungsforderungen des Beklagten betreffen nach Kapitalersatzregeln gebundenes Gesellschaftsvermögen, § 32 a Abs. 1 und Abs. 3 GmbHG. Auch das für eine Dienstleistung vereinbarte Entgelt kann Eigenkapitalersatz sein (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 116 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Es besteht im Hinblick auf die vorliegenden Unterlagen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und den daraus folgenden Daten der GmbH kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Beklagte sich die Vergütung mangels Liquidität der Gesellschaft nicht ausgezahlt hat. Da der Beklagte über die Geschäftsvorgänge ab 1999 keine Bücher führte und im Übrigen auch nichts dafür spricht, dass sich die wirtschaftliche Lage der GmbH nach dem 31.12.1998 verbessert haben könnte, kann eine dem Beklagten günstigere Feststellung nicht zugrunde gelegt werden. Ordentliche Kaufleute hätten der Gesellschaft, wenn sie, wie geschehen, als werbendes Unternehmen fortgeführt werden sollte, das erforderliche Eigenkapital zugeführt. Aus diesem Grund sind die stehengelassenen Geschäftsführergehälter als Kapitalersatz im Vermögen der Gemeinschuldnerin gebunden. Der Beklagte kann in der Insolvenz nicht Rückgewähr, das heißt hier Erfüllung der Vergütungsforderung beanspruchen. Damit unterliegt auch eine Aufrechnung mit dieser Forderung nach § 135 Nr. 2 InsO der Anfechtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
b) Vergütungsansprüche ab Verfahrenseröffnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Soweit der Beklagte Vergütungsansprüche des Beklagten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung stellt, führt das ebenfalls nicht zum Erlöschen (eines Teiles) der Hauptforderung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Diese Gegenforderung hat das LG, wie dem Beklagten zu konzedieren ist, im angefochtenen Urteil nicht gesondert berücksichtigt. Sie teilt nicht das rechtliche Schicksal wie die als einfache Insolvenzforderung einzustufenden Gehaltsansprüche vor der Verfahrenseröffnung. Vergütungsansprüche nach der Insolvenzeröffnung sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und damit bis zur Beendigung des Vertrages zu erfüllen (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 InsO). Die Zahlungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter den Dienstverpflichteten beschäftigen kann oder will. Kann der Verwalter die Dienstleistungen nicht mehr annehmen, etwa weil - was der Kläger hier geltend macht - der Insolvenzschuldner den Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hatte, so bleibt der Verwalter gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zur Zahlung der Vergütung aus der Insolvenzmasse verpflichtet, § 615 BGB (LAG Baden-Württemberg v. 1.9.1981 - 1 Sa 16/81, DB 1982, 285; OLG Köln v. 18.2.1987 - 2 U 132/86, ZIP 1987, 928). Mangels Kündigung des Klägers besteht dieser Zahlungsanspruch des Beklagten bis heute fort.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Seiner Durchsetzung steht allerdings ein durchgreifender Einwand der Gesellschaft und damit auch des Klägers aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Beklagten entgegen. Diese Pflicht geht dahin, das lediglich aus einem Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung einer Privatentnahme bestehende Massevermögen der Gemeinschuldnerin, deren Betrieb bei Verfahrenseröffnung bereits eingestellt war und die schon geraume Zeit vorher keine Geschäftsführervergütung mehr gezahlt hatte, nicht durch die Forderung des Geschäftsführergehalts weiter zu schmälern, wenn eine Dienstleistung in der fraglichen Zeit weder erforderlich war noch von dem Geschäftsführer erbracht worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Selbst wenn man den Beklagten schließlich in der Durchsetzung seiner Gehaltsforderung durch die spezifische Treuepflicht als Alleingesellschafter nicht gehindert sähe, hätte seine Rechtsverteidigung im vorliegenden Erkenntnisverfahren letztlich keinen Erfolg. Zwar könnte er als Massegläubiger mit seinem Zahlungsanspruch gegen einen Geldanspruch der Insolvenzmasse grundsätzlich wirksam aufrechnen. Die Aufrechnungsbefugnis von Massegläubigern wird durch das Insolvenzverfahren im Hinblick auf § 53 InsO prinzipiell nicht beschränkt; die §§ 95 f. InsO finden nur auf Insolvenzgläubiger und nicht für und gegen Massegläubiger Anwendung (Frotscher in Gottwald [Hrsg.], Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 45 Rz. 102 m.w.N.). Die Aufrechnungsbefugnis greift jedoch nicht mehr ein, wenn wie hier Masseunzulänglichkeit durch den Verwalter angezeigt ist und die Masse zur Befriedigung der Massegläubiger nicht ausreicht. Der Gesetzgeber hat die Frage, ob die Aufrechnung mit Masseforderungen im Falle der Masseunzulänglichkeit Beschränkungen unterliegt, der Rspr. überlassen (BT-Drucks. 12/7302, 180). Für den Fall, dass eine Befriedigung der Massegläubiger nach Rangverhältnis oder nach Quoten gemäß § 209 InsO erforderlich werden könnte, wird aber mit Recht eine Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis der Altmassegläubiger mit Rücksicht auf das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gefordert (Smid in InsO, § 96 Rz. 9; App in Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 96 Rz. 20; Frotscher in Gottwald [Hrsg.], Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 45 Rz. 104; zu der Vorgängervorschrift § 55 KO ebenso im Ergebnis BGHZ 130, 38 [44 f., 47] [für Neumasseforderungen]; Kuhn/Uhlenbruck, KonkursO, 10. Aufl., § 55 Rz. 7 g). Bei einer Berichtigung gemäß § 53 InsO wäre der Beklagte nämlich mit letztem Rang zu bedienen (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO), weil es sich bei den Entgeltansprüchen des Beklagten lediglich um nachrangige Alt-Masseverbindlichkeiten handelt, denen die Neu-Masseverbindlichkeiten und insbesondere die Verfahrenskosten vorgehen. Das bedeutet, dass der Beklagte zunächst zur Masse leisten müsste, ehe er gegebenenfalls als Massegläubiger (Teil-)Befriedigung erhielte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
3. Nach alledem unterliegt die Berufung des Beklagten der Zurückweisung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Revisionszulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; das Urteil beruht nicht auf den angesprochenen rechtsgrundsätzlichen Fragen (vgl. unter 1. und 2.b a.E.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Dr. Lippok Dr. Kircher Dr. Schnauder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
VorsRiOLG RiLG RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat den Beklagten mit Recht gemäß dem Zahlungsantrag des Klägers verurteilte. Der hiergegen vorgebrachte Berufungsangriff ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
1. Aufrechenbare Hauptforderung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Gegen die Rückzahlungsforderung des Klägers ist eine Aufrechnung mit (Gehaltsforderungen) bereits unzulässig, § 393 BGB. Denn dieser liegt eine pflichtwidrige Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen zugrunde, aufgrund deren der Beklagte als geschäftsführender Alleingesellschafter wegen Verletzung seiner Treuepflicht i.S.d. § 266 StGB der Gesellschaft deliktisch nach § 823 Abs. 2 BGB haftet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die 1996 gegründete Gesellschaft wurde von Anfang an mit Verlusten geführt, die das Reinvermögen der Gesellschaft rasch aufzehrten. Das ergibt sich aus dem Jahresabschluss 1998 (AG Mosbach IN 70/00, Anlage). Dieser weist für die Jahre 1997 und 1998 jeweils einen erheblichen Fehlbetrag von über DM 28.000,00 (1997) bzw. 34.000 DM (1998) aus. Der Beklagte selbst räumt ein (Schriftsatz vom 17.1.2002, II 21), dass durch die Entnahmen 1998 eine Unterbilanz entstanden sei. Das allein begründet schon in deren Höhe die Pflicht zur Rückerstattung der zur Wiederherstellung der Deckung des Stammkapitals erforderlichen Liquidität, §§ 30 f. GmbHG. Unabhängig von diesen Kapitalschutzregeln besteht jedoch die - nach § 266 StGB strafbewehrte - Pflicht auch eines Alleingesellschafters, selbst jenseits der Stammkapitalziffer nachteilige Einwirkungen auf das Gesellschaftsvermögen dann zu unterlassen, wenn die Existenz der Gesellschaft auf dem Spiel steht. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft existenznotwendige Liquidität durch verdeckte oder wie hier offene Ausschüttungen und gefährdet damit die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit nachhaltig, so haftet er der Gesellschaft aus dem Gesichtspunkt der schuldhaften Treupflichtverletzung. Das gilt auch für den alleinigen Gesellschafter einer GmbH (OLG Karlsruhe v. 25.7.1997 - 15 U 131/96, GmBHR 1998, 235 = OLGReport Karlsruhe 1997, 79 [82] m.N. zu der abweichenden Rspr. des II. Zivilsenats des BGH; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 37 Abs. 3 S. 7; § 9 Abs. 4 S. 4 c; M. Winter, Mitgliedschaftsrechtsrechtliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1988, S. 203; Ders. ZGR 1994, 570 [581]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
So liegt es im Streitfall. Der Beklagte hat sich eine Geschäftsführervergütung im Jahre 1998 nicht ausgezahlt, sondern Liquiditätsmittel der GmbH als Privatentnahmen umgebucht, weil er nach Überzeugung des Senats eine bilanzielle Überschuldung der GmbH vermeiden wollte. Durch den Buchungsvorgang (aufschlussreich ist insoweit die Bemerkung im Anhang zum Jahresabschluss 1998 unter 3.b, Blatt 10) konnte der Beklagte die tatsächliche Verschuldung der GmbH verschleiern. Ohne den Aktivposten „Forderung gegen Gesellschafter” hätte der tatsächliche Fehlbetrag über 175.000 DM betragen. Da stille Reserven nicht vorhanden waren (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters zu den Vermögensverhältnissen der Gemeinschuldnerin, AG Mosbach IN 70/00, As. 265-269), überstiegen seinerzeit die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bereits deren Aktivvermögen, so dass von einer rechnerischen Überschuldung gesprochen werden muss. In einer solchen Lage besteht die Pflicht eines ordnungsgemäß handelnden Gesellschafters, der zusätzliches Eigenkapital nicht mehr aufbringen und der Gesellschaft zuführen will, darin, auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzutragen. Keinesfalls darf er sich aus eigennützigen Motiven über das Eigen- bzw. Bestandsinteresse der GmbH hinwegsetzen und deren Vermögen auf sich übertragen. Der die Existenz der GmbH gefährdende Kapitalabzug des Beklagten i.H.v. über 140.000 DM in der kritischen Zeit stellt sich strafrechtlich als Untreuehandlung dar. Der Entzug von liquiden Mitteln ist aber zugleich als deliktische Treupflichtverletzung zu qualifizieren, die einen Haftungstatbestand gegenüber dem ungetreuen Geschäftsführer/Gesellschafter auslöst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Beklagte kann deswegen nicht gegen die aus einem solchen Verhalten resultierende Ersatzforderung aufrechnen, § 393 BGB. Diese Bestimmung greift auch ein, wenn mit dem deliktischen Anspruch andere Anspruchsgrundlagen, wie z.B. ein Darlehensvertrag, der hier in Rede steht, konkurrieren (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 393 Rz. 3 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
2. Gegenforderungen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Aufrechnung des Beklagten hat aber materiell-rechtlich auch schon aus den nachfolgend angeführten Gründen keinen Erfolg, die mit der Aufrechnungsforderung zusammen hängen, sei es dass entsprechende Zahlungsansprüche nicht bestehen bzw. der Bindung nach Eigenkapitalersatzregeln unterliegen (a), oder dass ihrer Geltendmachung eine peremptorische Einrede entgegensteht, die sie entkräftet, so dass sich der Aufrechnungseinwand jeweils als unbegründet erweist (b).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
a) Vergütungsansprüche vor Verfahrenseröffnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Soweit Vergütungsansprüche des Beklagten aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gegenstand der Aufrechnungsforderung sind, scheitert die Aufrechnung schon daran, dass solche Ansprüche nicht nachgewiesen sind. Der Kläger bestreitet den Vortrag des Beklagten, er habe in den Jahren 1999 und 2000 lediglich Teilleistungen auf seine Gehaltsforderungen erhalten. Das Bestreiten darf dabei mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) erfolgen, weil der Kläger - wie er geltend macht - wegen der unterbliebenen Buchführung des Beklagten über Gehaltszahlungen der Gemeinschuldnerin an den Beklagten keine Kenntnis hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Selbst wenn man, wie es das LG tut, die Behauptung des Beklagten als richtig unterstellt und annimmt, dem Beklagten stünden noch Vergütungsansprüche (einschließlich Zinsen) i.H.v. 143.824,47 DM aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung zu, führt die erklärte Aufrechnung nicht zum Ziel.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der Aufrechnung stünde nämlich die Anfechtung des Klägers gemäß § 135 Nr. 2 InsO entgegen. Danach ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, anfechtbar, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Der Beklagte hat die Aufrechnungserklärung nach Insolvenzeröffnung abgegeben. Zur Aufrechnung waren restliche Vergütungsansprüche gestellt, deren Befriedigung die Anfechtungserklärung entgegenwirken soll. Denn diese Zahlungsforderungen des Beklagten betreffen nach Kapitalersatzregeln gebundenes Gesellschaftsvermögen, § 32 a Abs. 1 und Abs. 3 GmbHG. Auch das für eine Dienstleistung vereinbarte Entgelt kann Eigenkapitalersatz sein (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 116 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Es besteht im Hinblick auf die vorliegenden Unterlagen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und den daraus folgenden Daten der GmbH kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Beklagte sich die Vergütung mangels Liquidität der Gesellschaft nicht ausgezahlt hat. Da der Beklagte über die Geschäftsvorgänge ab 1999 keine Bücher führte und im Übrigen auch nichts dafür spricht, dass sich die wirtschaftliche Lage der GmbH nach dem 31.12.1998 verbessert haben könnte, kann eine dem Beklagten günstigere Feststellung nicht zugrunde gelegt werden. Ordentliche Kaufleute hätten der Gesellschaft, wenn sie, wie geschehen, als werbendes Unternehmen fortgeführt werden sollte, das erforderliche Eigenkapital zugeführt. Aus diesem Grund sind die stehengelassenen Geschäftsführergehälter als Kapitalersatz im Vermögen der Gemeinschuldnerin gebunden. Der Beklagte kann in der Insolvenz nicht Rückgewähr, das heißt hier Erfüllung der Vergütungsforderung beanspruchen. Damit unterliegt auch eine Aufrechnung mit dieser Forderung nach § 135 Nr. 2 InsO der Anfechtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
b) Vergütungsansprüche ab Verfahrenseröffnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Soweit der Beklagte Vergütungsansprüche des Beklagten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung stellt, führt das ebenfalls nicht zum Erlöschen (eines Teiles) der Hauptforderung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Diese Gegenforderung hat das LG, wie dem Beklagten zu konzedieren ist, im angefochtenen Urteil nicht gesondert berücksichtigt. Sie teilt nicht das rechtliche Schicksal wie die als einfache Insolvenzforderung einzustufenden Gehaltsansprüche vor der Verfahrenseröffnung. Vergütungsansprüche nach der Insolvenzeröffnung sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und damit bis zur Beendigung des Vertrages zu erfüllen (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 InsO). Die Zahlungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter den Dienstverpflichteten beschäftigen kann oder will. Kann der Verwalter die Dienstleistungen nicht mehr annehmen, etwa weil - was der Kläger hier geltend macht - der Insolvenzschuldner den Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hatte, so bleibt der Verwalter gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zur Zahlung der Vergütung aus der Insolvenzmasse verpflichtet, § 615 BGB (LAG Baden-Württemberg v. 1.9.1981 - 1 Sa 16/81, DB 1982, 285; OLG Köln v. 18.2.1987 - 2 U 132/86, ZIP 1987, 928). Mangels Kündigung des Klägers besteht dieser Zahlungsanspruch des Beklagten bis heute fort.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Seiner Durchsetzung steht allerdings ein durchgreifender Einwand der Gesellschaft und damit auch des Klägers aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Beklagten entgegen. Diese Pflicht geht dahin, das lediglich aus einem Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung einer Privatentnahme bestehende Massevermögen der Gemeinschuldnerin, deren Betrieb bei Verfahrenseröffnung bereits eingestellt war und die schon geraume Zeit vorher keine Geschäftsführervergütung mehr gezahlt hatte, nicht durch die Forderung des Geschäftsführergehalts weiter zu schmälern, wenn eine Dienstleistung in der fraglichen Zeit weder erforderlich war noch von dem Geschäftsführer erbracht worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Selbst wenn man den Beklagten schließlich in der Durchsetzung seiner Gehaltsforderung durch die spezifische Treuepflicht als Alleingesellschafter nicht gehindert sähe, hätte seine Rechtsverteidigung im vorliegenden Erkenntnisverfahren letztlich keinen Erfolg. Zwar könnte er als Massegläubiger mit seinem Zahlungsanspruch gegen einen Geldanspruch der Insolvenzmasse grundsätzlich wirksam aufrechnen. Die Aufrechnungsbefugnis von Massegläubigern wird durch das Insolvenzverfahren im Hinblick auf § 53 InsO prinzipiell nicht beschränkt; die §§ 95 f. InsO finden nur auf Insolvenzgläubiger und nicht für und gegen Massegläubiger Anwendung (Frotscher in Gottwald [Hrsg.], Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 45 Rz. 102 m.w.N.). Die Aufrechnungsbefugnis greift jedoch nicht mehr ein, wenn wie hier Masseunzulänglichkeit durch den Verwalter angezeigt ist und die Masse zur Befriedigung der Massegläubiger nicht ausreicht. Der Gesetzgeber hat die Frage, ob die Aufrechnung mit Masseforderungen im Falle der Masseunzulänglichkeit Beschränkungen unterliegt, der Rspr. überlassen (BT-Drucks. 12/7302, 180). Für den Fall, dass eine Befriedigung der Massegläubiger nach Rangverhältnis oder nach Quoten gemäß § 209 InsO erforderlich werden könnte, wird aber mit Recht eine Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis der Altmassegläubiger mit Rücksicht auf das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gefordert (Smid in InsO, § 96 Rz. 9; App in Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 96 Rz. 20; Frotscher in Gottwald [Hrsg.], Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 45 Rz. 104; zu der Vorgängervorschrift § 55 KO ebenso im Ergebnis BGHZ 130, 38 [44 f., 47] [für Neumasseforderungen]; Kuhn/Uhlenbruck, KonkursO, 10. Aufl., § 55 Rz. 7 g). Bei einer Berichtigung gemäß § 53 InsO wäre der Beklagte nämlich mit letztem Rang zu bedienen (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO), weil es sich bei den Entgeltansprüchen des Beklagten lediglich um nachrangige Alt-Masseverbindlichkeiten handelt, denen die Neu-Masseverbindlichkeiten und insbesondere die Verfahrenskosten vorgehen. Das bedeutet, dass der Beklagte zunächst zur Masse leisten müsste, ehe er gegebenenfalls als Massegläubiger (Teil-)Befriedigung erhielte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
3. Nach alledem unterliegt die Berufung des Beklagten der Zurückweisung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Revisionszulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; das Urteil beruht nicht auf den angesprochenen rechtsgrundsätzlichen Fragen (vgl. unter 1. und 2.b a.E.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Dr. Lippok Dr. Kircher Dr. Schnauder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
VorsRiOLG RiLG RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,047
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6 U 89/03
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:22
| 2019-02-12T12:39:57
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.3.2003 - 7 O 65/03 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist eine Internet-Werbung der Verfügungsbekl. (künftig: Beklagte) für den von ihr angebotenen DSL-Internetzugang, welche die Verfügungskl. (Klägerin) als wettbewerbswidrig beanstandet, weil die Beklagte den Verbraucher nicht auch über die Kosten für den erforderlichen T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom informiere und ihn somit über den Gesamtpreis des gekoppelten Angebotes im Unklaren lasse.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Das LG hat das Unterlassungsbegehren abgewiesen. Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liege nicht vor, im Übrigen sei eine Gefahr der Irreführung des Publikums durch den Internetauftritt der Beklagten nicht verbunden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte den DSL-Anschluss der Telekom über das Online-Bestellformular zusammen mit ihrer Dienstleistung (DSL-Internetzugang) als einheitliches Paket anbiete. Der Verbraucher werde jedoch beim Online-Bestellformular nicht über den Gesamtpreis des Koppelungsangebotes informiert, weil die Angaben über zusätzliche Kosten durch den T-DSL-Anschluss nicht bei der Preiswerbung für den DSL-Zugang dargestellt würden. Der bloße Sternchenhinweis, dass zusätzliche Kosten und Gebühren für den T-DSL-Anschluss anfielen, vermittle den Interessenten nicht die gesetzlich gebotene Preisorientierung. In jedem Falle verstoße die mit Anlage ASt. 5 vorgelegte Seite gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG (Hilfsantrag), weil dort die T-DSL Kosten ganz unterschlagen würden und die Blickfangwerbung den falschen Eindruck erwecke, als kämen zu den 19,99 Euro weitere Gebühren nicht hinzu.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Klägerin wiederholt ihre erstinstanzlichen Anträge (Haupt- und Hilfsantrag). Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Das LG hat die Klägerin mit zutreffenden Ausführungen zu Recht abgewiesen. Eine Rechtsverletzung i.S.d. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO ist nicht gegeben. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt daher ohne Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>1. Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt die Internet-Werbung der Beklagten nicht gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG i.V.m. § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die beanstandete Werbung umfasst neben den primär angebotenen Dienstleistungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von DSL-Internetzugängen (Volumen- und Flat-Tarife) zwar auch den hierfür benötigten T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom, der bei der Online-Bestellung über die Beklagte mitbestellt werden kann. Diese Bestellung ist jedoch nicht obligatorisch, vielmehr erkennt der Interessierte ohne weiteres, dass die Angebotsvariante lediglich fakultativ, gleichsam als besonderes Serviceleistung des Anbieters gedacht ist, die ihm einen zusätzlichen Bestellvorgang bei der Deutschen Telekom abnehmen soll.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Aus der Sicht des Letztverbrauchers handelt es sich daher um zwei Leistungen verschiedener Anbieter, also um zwei Leistungsgegenstände, die nur aufgrund des Abschlusses zweier Verträge mit den jeweiligen Anbietern zu erhalten sind. Eine Kombinationsangebot, bei dem der Verbraucher Klarheit über den Gesamtpreis und über die einzelnen Preisbestandteile beanspruchen kann, liegt hier nicht vor. Darin unterscheidet sich der Streitfall von anderen Konstellationen, in denen der Wettbewerber mit der besonderen Preiswürdigkeit des einen Angebotsteils wirbt, aber den Preis für das obligatorische Komplementärangebot in der Darstellung untergehen lässt, sodass ein unzutreffender Eindruck über die Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebotes entsteht (BGH WRP 1999, 90 [93] - Handy für 0 DM; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2003, 168 [169] - Zwei Knaller). Nach Sachlage reicht es im Streitfall vielmehr aus, dass die Beklagte die Verbraucher über die zusätzlich anfallenden Gebühren für das Zusatzangebot (T-DSL-Anschluss) mit dem Sternchenhinweis informiert und die hierfür geltende Tarifverordnung der Deutschen Telekom in der Preisübersicht (Anlage Ast. 6) und auch beim Bestellvorgang (Anlage ASt. 9, dort S. 17, 19) anzeigt. Damit ist eine dem § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung entsprechende eindeutige Zuordnung von Angebot und Preis gegeben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>2. Die Berufung ist auch unbegründet, soweit sich die Klägerin zur Begründung des Hilfsantrags auf die Gefahr der Irreführung durch die Preisangabe auf die konkret beanstandete Internetseite Anlage Ast. 5 stützt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Der dort angegebene „Festpreis” bezieht sich nach dem maßgeblichen Verständnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, auf den Flat-Tarif der Beklagten. Der durchschnittlich informierte und interessierte Verbraucher, auf den nach der neueren Rechtsprechung des BGH maßgeblich abzustellen ist, versteht den Aussagegehalt der beanstandeten Preiswerbung allein im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsangebot der Beklagten. Die Gefahr, dass er die Preisangaben pauschal versteht und auch auf die technische Voraussetzung für den Internetzugriff (T-DSL) bezieht, wird durch den Sternchenhinweis nahezu ausgeräumt. Der angegebene Fixpreis (Flatrate) hat vielmehr, für den Leser der Internetseite der Beklagten erkennbar, nur den Internetzugang als solchen ohne Begrenzung von Zeit oder Volumen (der empfangenen oder gesendeten Datenmenge) zum Gegenstand. Eine Irreführung relevanter Verkehrskreise durch die beanstandete Werbung liegt nach allgemeiner Lebenserfahrung somit nicht vor (im Unterschied zum anders gelagerten Fall OLG Köln GRUR-RR 2001, 17 - Internet zum Festpreis). Diese Feststellung kann der Senat aus eigener Sachkunde treffen (vgl. BGH WRP 2002, 527 - Elternbriefe; v. 26.9.2002 - I ZR 89/00, BGHReport 2003, 243 = WRP 2003, 275 - Thermalbad).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Dr. Lippok Dr. Kircher Dr. Schnauder</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>VorsRiOLG RiLG RiOLG</td></tr></table>
</td></tr></table>
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|
127,996
|
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"id": 939,
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|
5 W 155/03 - 39
| 2003-07-23T00:00:00
| 2019-01-07T09:27:47
| 2019-02-12T14:04:37
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12. Juni 2003 - 3 O 430/02 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.</p>
<p>Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird auf 748.631,34 Euro festgesetzt.</p>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>I.</p>
<p><rd nr="1"/>Die Klägerin nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von Werklohn für Bauarbeiten an der Fischereihafenschleuse B. in Anspruch. Die Klageforderung beläuft sich im Zahlungsanspruch auf rund 3,2 Millionen EUR.</p>
<p><rd nr="2"/>Am 8.10.1998 fanden zwischen den Parteien Verhandlungen über die Abrechnung von Massenmehrungen statt, an deren Ende sich die Parteien dahingehend einigten, dass mit einer pauschalen Auftragserhöhung von 680.000 DM netto und einer Zahlung von netto 700.000 DM alle gegenseitigen Forderungen abgegolten seien. Mit Schreiben vom 5.10.1999 erklärte die Klägerin die Anfechtung dieser Einigung.</p>
<p><rd nr="3"/>Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.1.2003 (Bl. 200-202) hat der Vorsitzende Richter am Landgericht X. als Einzelrichter die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 8.10.1998 mit den Parteien erörtert und den Vergleichsvorschlag unterbreitet, dass alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Rechtsstreit gegen eine Zahlung von 300.000 EUR abgegolten sein sollten. Das Gericht legte den Parteienvertretern nahe, den gerichtlichen Vergleichsvorschlag mit ihren Parteien zu besprechen. Schließlich wurde der Klägerin ein Schriftsatznachlass von sechs Wochen gewährt.</p>
<p><rd nr="4"/>Mit Schriftsatz vom 10.2.2003 hat die Klägerin den Vorsitzenden Richter am Landgericht X. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und beanstandet, der Richter habe sich unter Vorwegnahme einer gebotenen Beweisaufnahme den Vortrag der Beklagten zum Verlauf der Verhandlungen vom 8.10.1998 zu Eigen gemacht. Auch habe er sich bei seinem Vergleichsvorschlag von sachfremden Erwägungen leiten lassen.</p>
<p><rd nr="5"/>Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 11.2.2003 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg (Senat, Beschl. v. 28.3.2003 - 5 W 59/03-12-). Nachdem das Landgericht die Klage mit Urteil vom 10.4.2003 abgewiesen hat, hat die Klägerin Gegenvorstellung gegen die Zurückweisung des Befangenheitsantrags erhoben. Auch dieser Rechtsbehelf blieb ohne Erfolg (Senat, Beschl. v. 6.5.2003). Dies nahm die Klägerin zum Anlass, den Vorsitzenden Richter am Landgericht erneut wegen Befangenheit abzulehnen. Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, die Entscheidung belege, dass der Richter eine falsche dienstliche Äußerung abgegeben habe. Das Urteil belege außerdem, dass der Richter über jedes vernünftige Maß hinaus an seiner falschen Rechtsauffassung festhalte. So habe er insbesondere im Urteil keine Ausführungen zum Klageantrag zu 2) gemacht. Schließlich stelle die dienstliche Äußerung des Richters vom 3.6.2003 (Bl. 364 d.A.) einen eigenständigen Ablehnungsgrund dar.</p>
<p><rd nr="6"/>Mit Beschluss vom 12.6.2003 (Bl. 377 ff. d.A.), der Klägerin zugestellt am 17.6.2003, hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die am 1.7.2003 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Beschl. v. 7.7.2003; Bl. 401 d. A).</p>
<p>II.</p>
<p><rd nr="7"/>1. Die gemäß § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1, § 569 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet, da die Besorgnis der Befangenheit nicht besteht.</p>
<p><rd nr="8"/>a) Wegen Besorgnis der Befangenheit kann ein Richter gemäß § 42 Abs. 2 ZPO abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der die ablehnende Partei bei vernünftiger Betrachtung befürchten lassen muss, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber und werde deshalb nicht unparteiisch entscheiden. Hierbei stellen Verfahrensfehler oder materiellrechtlich fehlerhafte Entscheidungen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Denn das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Demgemäß ist eine Ablehnung wegen einer fehlerhaften Entscheidung erst dann gerechtfertigt, wenn ein festgestellter Rechtsfehler auf einer unsachlichen Einstellung des Richters beruht oder die Entscheidung so grob fehlerhaft ist, dass sie das Gepräge eines willkürlichen Handelns trägt (st. Rspr. OLG Köln, OLGR 2002, 85; Frankfurt, OLGR 2000, 36; Oldenburg, FamRZ 1992, 193; BayObLG, DRiZ 1977, 245; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 42, Rdn. 24; Münchkomm(ZPO)/Feiber, 2. Aufl. § 42, Rdn. 28 ff.). Diese Grenze wird im vorliegenden Fall nicht überschritten.</p>
<p><rd nr="9"/>b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin lässt sich weder aus Diktion noch Gedankenführung des Urteils belegen, dass das Gericht den Sachverhalt unter willkürlicher Benachteiligung der Klägerin einseitig ausgewertet und seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Beklagtenvortrags getroffen hat. Denn das Urteil setzt sich mit der Anfechtung vom 5.10.1999 eingehend auseinander. Das Gericht legte dar, aus welchen nachvollziehbaren Gründen, deren Stichhaltigkeit im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen ist, die Anfechtung der Klage nicht zum Erfolg verhelfe. Zu Recht stellt das Landgericht heraus, dass der Richter am Schluss der mündlichen Verhandlung der Klägerin einen - von der Klägerin ungenutzten - Schriftsatznachlass gewährt hat. Auch dies belegt die Bereitschaft des Richters, den Argumenten der Klägerin zugänglich zu sein. Demgegenüber lässt die Auffassung der Klägerin, das Urteil sei deshalb fehlerhaft, weil das Gericht den Vortrag der Klägerin nicht vollständig ausgewertet habe und keine Begründung zur Abweisung des Klageantrages zu 2) enthalte, die Verfahrensweise des Richters noch nicht als willkürlich erscheinen. Zwar mag es sein, dass die Rechtsauffassung des Richters zur Anfechtbarkeit der Einigung vom 8.10.1998 - unabhängig davon, ob sie zutrifft - die Abweisung der Klage insgesamt nicht ohne Weiteres trägt. Das zu klären ist indessen - wie beispielsweise auch § 321 ZPO zeigt - nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens. Übersieht ein Richter die Reichweite seiner rechtlichen Überlegungen in Bezug auf den Streitgegenstand insgesamt, so spricht allein dies grundsätzlich noch nicht für Willkür; das gilt jedenfalls so lange, wie die Rechtsauffassung selbst sich mit dem Vorbringen der Partei befasst und nicht geradezu völlig abwegig erscheint.</p>
<p><rd nr="10"/>c) Schließlich begründen die Angriffe der Klägerin gegen die dienstliche Äußerung des Richters keine Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit. Zwar ist der Richter gemäß § 44 Abs. 3 ZPO gehalten, dass er zu den für das Ablehnungsgesuch relevanten Tatsachen Stellung nimmt. Hierbei soll die dienstliche Äußerung der Sachverhaltsfeststellung dienen. Mithin richten sich Inhalt und Umfang der dienstlichen Äußerung nach dem jeweils geltend gemachten Ablehnungsgrund (MünchKomm(ZPO)/Feiber, aaO, § 44, Rdn. 9). Stützt sich das Ablehnungsgesuch - wie im vorliegenden Fall - im Schwerpunkt auf Rechtsverstöße bei der Urteilsfindung, so steht der für die Entscheidung über die Ablehnung erhebliche Sachverhalt fest. Hier kann sich der Richter auf eine kurze Stellungnahme beschränken, da es nicht Aufgabe der dienstlichen Äußerung sein kann, dass sich der Richter durch eine detaillierte Stellungnahme zu den gerügten Verfahrensfehlern für die von ihm getroffene Entscheidung rechtfertigt. Vielmehr ist die Rechtskontrolle des Urteils allein dem Rechtsmittelverfahren vorbehalten (BFH, BFH/NV 1998, 861, 863).</p>
<p><rd nr="11"/>3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats war der Gegenstandswert auf ein Fünftel des Werts der Hauptsache festzusetzen.</p>
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138,038
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16 WF 74/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:15
| 2019-02-12T12:39:56
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 17.04.2003 dahin geändert, dass Prozesskostenhilfe für den Abweisungsantrag gegen die Verpflichtung zur Zahlung weiterer 130 EUR (Antrag Ziffer 3 der Klageschrift) bewilligt wird.</p>
<p>Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Klägerin hat ... rückständigen Trennungsunterhalt ab August 2002 in Höhe von 504,59 EUR (Antrag Ziffer 1), Trennungsunterhalt ab April 2003 in Höhe von monatlich 723,28 EUR (Antrag Ziffer 2) und eine Zahlung von 130 EUR für eine Klassenfahrt der volljährigen Tochter S., geb. am ...1984, (Antrag Ziffer 3) begehrt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Der Beklagte wurde mit Verfügung vom 31.03.2003 (...) aufgefordert, zum Prozesskostenhilfeantrag Stellung zu nehmen. Er hat mit Schriftsatz vom 09.04.2003 (...) Prozesskostenhilfeantrag gestellt und einen Antrag auf Klageabweisung angekündigt. Er führt aus, er habe für die Monate Januar und Februar 2003 Unterhalt in Höhe von monatlich 911,21 EUR gezahlt und die Überzahlungen verrechnet (...). Er schulde monatlich 651,34 EUR. Kosten für die Klassenfahrt seien von der volljährigen Tochter selbständig geltend zu machen. Unterhaltsrückstände bestünden nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.04.2003 (...) dem Beklagten Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, die Bewilligung aber auf den 651,34 EUR ab April 2003 übersteigenden Betrag sowie auf die Rückstände beschränkt und die Ablehnung weiterer Prozesskostenhilfe mit mangelnder Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Hiergegen hat der Beklagte am 28.04.2003 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Klägerin habe ihn vorprozessual nicht aufgefordert, einen vollstreckungsfähigen Titel vorzulegen (...).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29.04.2003 (...) nicht abgeholfen.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Die sofortige Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO. Sie hat aber nur teilweise Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>1. Erfolgreich ist die sofortige Beschwerde, soweit sich der Beklagte gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für den Abweisungsantrag gegen die Verpflichtung zur Zahlung von 130 EUR (Antrag Ziffer 3) wendet. Insoweit besteht die erforderliche Erfolgsaussicht seines Verteidigungsvorbringens. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin für diesen Anspruch nicht aktiv legitimiert ist. Sie macht einen Anspruch der volljährigen Tochter auf Sonderbedarf geltend. Nach § 1629 Abs. 3 BGB kann ein Elternteil für den Fall, dass die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind, aber getrennt leben, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Teil - nur - im eigenen Namen geltend machen. Dies setzt aber voraus, dass es sich um Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder handelt (...). Die Tochter S., für die der Sonderbedarf geltend gemacht wird, ist aber volljährig und muss daher einen eventuellen Anspruch gegenüber dem Beklagten selbst einklagen. Da der Klägerin die Aktivlegitimation fehlt, hat der Abweisungsantrag des Beklagten Erfolg. Die Klägerin macht zwar möglicherweise einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend, der entstehen könnte, wenn sie wegen des Sonderbedarfs in Vorlage getreten wäre. Dies bestreitet der Beklagte mit der Behauptung, die Klassenfahrt sei von Eltern der Mitschüler anteilig finanziert worden. Diese Behauptung würde wieder dazu führen, dass die Tochter allein einen eigenen Anspruch hätte, der durch die Finanzierung durch Dritte, die nicht den Beklagten entlasten wollten, im Zweifel nicht erloschen wäre, den, wie ausgeführt, die Klägerin aber nicht geltend machen könnte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, soweit sich der Beklagte gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für den anerkannten Unterhaltsanspruch der Klägerin wendet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Der Senat lässt dahinstehen, ob der in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Naumburg, FamRZ 2001, 923; OLG Stuttgart, OLGR 2001, 45; OLG Hamm, FamRZ 1993, 1344; OLG Hamburg, FamRZ 1988, 1076) vertretenen Auffassung zu folgen ist, dass einem Beklagten auch dann Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei, wenn er die Klageforderung zwar anerkennt aber geltend macht, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben und damit auch nicht nach § 93 ZPO die Kosten zu tragen habe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Ein Beklagter, der einen geltend gemachten Klageanspruch anerkennt, verteidigt sich nicht und kann hierfür auch keine Prozesskostenhilfe erhalten (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rn. 25; LG Aachen, NJW-RR 1993, 829). Vielmehr bekundet er mit seiner Prozesserklärung, dass die gegnerische Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und er sich selbst nicht gegen den Klageanspruch wendet (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.11.1997 - 2 UF 99/97 für den Fall des keinen Berufungsantrag stellendem Berufungsbeklagten). Entgegen Zöller/Philippi, a.a.O. und LG Aachen, a.a.O. ist möglicherweise auch ohne Belang, dass der Beklagte zwar den materiell-rechtlichen Anspruch akzeptiert, jedoch einwendet, er habe zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben (§ 93 ZPO). In diesem Fall beschränkt sich die Rechtsverteidigung des Beklagten lediglich auf die Kostenfrage und ist damit keine Verteidigung gegen den materiell-rechtlichen Anspruch selbst. Der Wortlaut des § 114 ZPO legt aber möglicherweise nahe, dass Prozesskostenhilfe nur für eine Rechtsverteidigung bewilligt werden kann, die eine Gegenwehr gegen den materiell-rechtlichen Anspruch zum Inhalt hat. Der Beklagte müsste Einwendungen vorbringen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Klage, wenn sich der Sachvortrag des Beklagten als zutreffend erweisen sollte, von vornherein unzulässig oder unbegründet ist. Hierzu gehören Einwendungen zur Kostenfolge möglicherweise nicht. Diese ist nämlich unmittelbarer Ausfluss des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens, damit kein besonderer materiell-rechtlicher Streitgegenstand, sondern bloße Folge des endgültigen Ergebnisses der Rechtsverfolgung oder -verteidigung selbst. Hierfür könnte allenfalls gesonderte Prozesskostenhilfe bewilligt werden, die dann aber folgerichtig auf den Streitwert der Kosten zu beschränken wäre und nicht den vollen Streitwert der Klage nach § 17 Abs. 1, Abs. 4 GKG erfassen könnte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Für die Rechtsverteidigung eines zur Anerkennung bereiten Beklagten bedarf es einer Prozesskostenhilfe auch nicht. Sofern er tatsächlich das Klagebegehren "sofort" im Sinne des § 93 ZPO anerkannt und auch nicht Anlass zur Klage gegeben hat, steht ihm ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin zu. Falls die Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht vorliegen, er z.B. Anlass zur Klage gegeben hat, kommt Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohnehin nicht in Betracht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>3. Aber auch dann, wenn grundsätzlich einem ein (Teil)anerkenntnis ankündigenden Beklagten Prozesskostenhilfe zur sachlichen Rechtsverteidigung oder jedenfalls für einen Antrag auf Kostenbelastung der klagenden Partei bewilligt werden könnte, wäre dem Beklagten Prozesskostenhilfe zu versagen. Voraussetzung für die Prozesskostenhilfe wäre dann in jedem Fall, dass die Voraussetzungen des § 93 ZPO für den Beklagten vorlägen. Dies ist nicht der Fall. Der Beklagte, welcher § 93 ZPO für sich angewendet haben möchte, muss sofort anerkennen. Ein Anerkenntnis nach einem gerichtlichen Hinweis reicht nicht (vgl. OLG Brandenburg OLGR 1997, 12 für ein Anerkenntnis nach - zum Entstehen einer durch sofortiges Anerkenntnis vermeidbaren vollen Rechtsanwaltsgebühr führenden - Erörterung der Sach- und Rechtslage). Der Beklagte hat erst dann ein Teilanerkenntnis angekündigt, nachdem ihm Prozesskostenhilfe teilweise versagt und so bedeutet worden war, dass seine Rechtsverteidigung nicht zutreffend ist. Durch sein Verhalten hat der Beklagte auch unnötige Kosten verursacht. Er hat im Verfahren der Prozesskostenhilfe bereits den Antrag angekündigt, die Klage mangels Begründetheit und, soweit begründet, mangels Rechtsschutzinteresses abzuweisen. Der Unterhaltsgläubiger hat aber in aller Regel Anspruch auf einen Unterhaltstitel. Die Frage ist nur, ob er ihn auch einklagen darf. Tut er dies, ohne vorher zur Erstellung einer vollstreckbaren Urkunde aufgefordert zu haben, fehlt immer noch nicht das Rechtsschutzinteresse für eine Klage. Der Beklagte hat vielmehr sofort anzuerkennen und wird durch eine für ihn günstige Kostenentscheidung nach § 93 ZPO belohnt. Im Verfahren der Prozesskostenhilfe ist ein Anerkenntnis nicht möglich. Hier hat der Beklagte den Unterhaltstitel zu erstellen, ihn vorzulegen und kann erst dann beantragen, Prozesskostenhilfe zu versagen. Dies hat der Beklagte nicht getan. Er hat durch die Ankündigung eines auf mangelndes Rechtsschutzinteresse gestützten Klagabweisungsantrages zu erkennen gegeben, dass er auch den Anspruch auf einen Vollstreckungstitel bestreitet und so die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Klägerin, die Zustellung der Klage und damit das Entstehen sonst vermeidbarer Gebühren provoziert. Da § 93 ZPO - so zutr. OLG Brandenburg a.a.O. - voraussetzt, dass der Beklagte durch sein Verhalten keine durch ihn vermeidbaren Gebühren verursacht, kommt deshalb nicht in Frage, diese Bestimmung zu Gunsten des Beklagten anzuwenden. Damit kann ihm auch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>4. Eine Kostenentscheidung war wegen § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Da die sofortige Beschwerde teilweise erfolgreich war, ermäßigt sich die zu erhebende Gebühr auf 12,50 EUR (vgl. z.B. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 127 Rn. 51; GKG - KV-Nr. 1956).</td></tr></table>
</td></tr></table>
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138,039
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olgstut-2003-07-22-4-w-3203
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{
"id": 147,
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4 W 32/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:16
| 2019-02-12T12:39:56
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14.04.2003 in der Fassung des Beschlusses vom 12.06.2003, Az.: 17 O 162/03, wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Auf die Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14.04.2003 in der Fassung des Beschlusses vom 12.06.2003, Az.: 17 O 162/03</p>
<p>geändert:</p>
<p>Die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin Ziff. 1 trägt diese selbst.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers Ziff. 2 tragen die Verfügungsbeklagten Ziff. 1 u. Ziff. 2 jeweils 1/8, die restlichen Kosten trägt der Verfügungskläger Ziff. 2 selbst.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten Ziff. 1 trägt die Verfügungsklägerin Ziff. 1 1/2, der Verfügungskläger Ziff. 2 3/8, die übrigen Kosten trägt die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 selbst.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten Ziff. 2 trägt die Verfügungsklägerin Ziff. 1 1/2, der Verfügungskläger Ziff. 2 3/8, die übrigen Kosten trägt die Verfügungsbeklagte Ziff. 2 selbst.</p>
<p>Von den Gerichtskosten trägt die Verfügungsklägerin Ziff. 1 1/2, der Verfügungskläger Ziff. 2 3/8 und die beiden Verfügungsbeklagten Ziff. 1 u. Ziff. 2 jeweils 1/16.</p>
<p>3. Die weitergehende Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.</p>
<p>4. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Verfügungsklägerin Ziff. 1 1/2, der Verfügungskläger Ziff. 2 3/8 und die Verfügungsbeklagten Ziff. 1 u. Ziff. 2 jeweils 1/16.</p>
<p>Beschwerdewert: 30.000,00 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Im einstweiligen Verfügungsverfahren wollten die Verfügungskläger erreichen, dass die Verfügungsbeklagten die künftige Vorführung eines Videofilms unterlassen, der insbesondere den Verfügungskläger Ziff. 2 bei der Herstellung von Sex-Aufnahmen zeigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Verfügungskläger Ziff. 2 betreibt die Verfügungsklägerin Ziff. 1 sowie die R. KG, die das technische Anlagevermögen des insolventen Regionalsenders B.TV erworben hat. Der Verfügungskläger Ziff. 2 bemühte sich bei der Landesanstalt für Kommunikation um eine Sendelizenz. Die Verfügungsbeklagte Ziff. 1, eine Fraktion des Landtags in Baden-Württemberg, hatte vor diesem Hintergrund mit Antrag an den Landtag auf Ersuchen einer Auskunft der Landesregierung vom 28.02.2003 unter Ziff. 5 die Frage nach einer Verschärfung der medienrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen im Landtag aufgeworfen. Auf der Tagesordnung des Plenums des Landtags von Baden-Württemberg vom 27.03.2003 war u.a. dieser Antrag der Fraktion und die Stellungnahme des Staatsministeriums zur Begründung und Aussprache vorgesehen. Am 14.03.2003 führte die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 und deren medienpolitische Sprecherin, die Verfügungsbeklagte Ziff. 2, die dem Landtag von Baden-Württemberg als Abgeordnete angehört, einem Kreis ausgewählter Pressevertreter das Videoband vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2003 haben die Verfügungsbeklagten dem Landgericht das Videoband unter Verzicht auf die Rückgabe übergeben und eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abgegeben, woraufhin der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Mit Beschluss vom 14.04.2003 hat das Landgericht gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Verfahrens entschieden. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten vom 17.04.2003, der das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 12.06.2003 abgeholfen hat. Gegen den Beschluss vom 14.04.2003 legten die Verfügungskläger mit Anwaltsschriftsatz vom 06.06.2003 ebenfalls sofortige Beschwerde ein, die sie mit Schriftsatz vom 30.06.2003 wegen des Beschlusses vom 12.06.2003 wiederholten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Verfügungskläger sind der Auffassung, politische Parteien dürften sich nicht über die Rechte Dritter hinwegsetzen. Die Vorführung des Videobandes sei nicht erforderlich gewesen, sondern sei nur in Diffamierungsabsicht und aus Sensationslust erfolgt. Insbesondere legitimiere die Zielsetzung der Verfügungsbeklagten die Veröffentlichung des Videobandes nicht, weil diese entgegen der Rechtslage eine Verweigerung der Sendelizenz herbeiführen wollten. Weil sämtliche Szenen auf dem Videoband nicht für eine Veröffentlichung bestimmt gewesen seien und den Verfügungskläger Ziff. 2 in seiner Privatsphäre betreffen, sei das Vorgehen der Verfügungsbeklagten nicht gerechtfertigt. Es sei zu Unrecht in das Recht des Verfügungsklägers Ziff. 2 auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen worden. Auf einen übergesetzlichen Notstand könnten sich die Verfügungsbeklagten nicht berufen. Soweit sich das Landgericht auf das allgemeine Informationsinteresse beziehe, so gehe es dabei nur um Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen, wozu die Szenen auf dem Videoband nicht gehörten. Im Übrigen finde dieses Grundrecht seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen das Urheberrechtsgesetz und das KUG gehöre. Nachdem das Landgericht eine Rechtsverletzung durch Veröffentlichung eines Teils des Videobandes bejaht habe, hätte das ganze Videoband nicht verbreitet werden dürfen. Ansonsten sei ein entsprechendes Unterlassungsgebot nicht vollstreckbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Schriftsatz vom 21.05.2003 haben die Verfügungsbeklagten Anschlussbeschwerde erhoben und darauf hingewiesen, Zweck der Vorführung des Videobandes sei die Absicht des Verfügungsbeklagten Ziff. 1 gewesen, eine Verschärfung der Voraussetzungen des Landesmediengesetzes für die Erteilung einer Sendelizenz zu erreichen. Darüber hinaus sollte verdeutlicht werden, dass der Verfügungskläger Ziff. 2 mehrfach falsche Angaben gemacht habe. Im Übrigen wäre eine teilweise Vorführung des Videobandes problemlos möglich gewesen. Ein Verfügungsanspruch habe schon deshalb gefehlt, weil die Vorführung des Videobandes vor ausgewählten, zuverlässigen Journalisten keine öffentliche Vorführung i.S.d. § 15 Abs. 3 UrhG gewesen sei. Eine Wiederholungsgefahr und damit ein Verfügungsgrund habe deshalb nicht bestanden, weil die Verfügungsbeklagten außer dem Band, das dem Gericht übergeben worden sei, keinen weiteren Videofilm mit den angegriffenen Szenen im Besitz gehabt hätten und mit der einmaligen Vorführung des Videobandes dem Interesse der Verfügungsbeklagten Genüge getan sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der sofortigen Beschwerde der Verfügungskläger vom 06.05.2003 sowie der Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten vom 21.05.2003 hat das Landgericht nicht abgeholfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die zulässige sofortige Beschwerde der Verfügungskläger ist unbegründet. Die zulässige Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten ist nur teilweise begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger vom 30.06.2003 ist nicht als weitere Beschwerde anzusehen, sondern lediglich als Wiederholung der bereits mit Schriftsatz vom 6. Mai 2003 eingelegten sofortigen Beschwerde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Da über die ursprüngliche Beschwerde noch nicht entschieden ist und die ursprüngliche Beschwer durch die Teil-Abhilfeentscheidung vom 14.04.2003 nicht entfallen ist, sondern vertieft wurde, blieb die ursprüngliche Beschwerde wirksam und ist prozessual nicht überholt. Dementsprechend wird auch das Beschwerdebegehren, nämlich die Auferlegung der gesamten Kosten des Rechtsstreits den Verfügungsbeklagten, mit der sofortigen Beschwerde vom 30.06.2003 lediglich wiederholt. Eine sofortige Beschwerde, die sich lediglich auf die durch die Teil-Abhilfe-Entscheidung mit Beschluss vom 12.06.2003 verbundene zusätzliche Beschwer beschränken würde, ist von den Verfügungsklägern ersichtlich nicht gewollt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten Ziff. 1 scheitert nicht schon an einer fehlenden Parteifähigkeit gemäß § 50 ZPO. Nach zutreffender Auffassung handelt es sich bei einer Landtagsfraktion um einen bürgerlich-rechtlichen nicht rechtsfähigen Verein (OLG München VersR 1992, 312, 313; NJW 1989, 910, 911; OLG Schleswig NVwZ-RR 1996, 103, 104; a.A.: LG Bremen NJW-RR 1992, 447: Körperschaft des öffentlichen Rechts). Eine Landtagsfraktion ist eine auf Dauer berechnete Verbindung einer größeren Anzahl von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes, die nach ihrer Satzung körperschaftlich organisiert ist, einen Gesamtnamen führt und auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt ist. Sie wird durch ihren Vorstand vertreten. Gemäß § 50 Abs. 2 ZPO ist die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 parteifähig und kann alle Prozesshandlungen eines Beklagten vornehmen und damit auch eine Anschlussbeschwerde einlegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Gemäß § 91 a ZPO ist über die Kostenlast unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach ist insbesondere auf den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens abzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten steht nicht bereits entgegen, dass es sich bei der Verfügungsbeklagten Ziff. 1 um eine Fraktion des Landtags - nicht eine Partei, wie in der Beschwerde der Verfügungskläger ausgeführt - und bei der Verfügungsbeklagten Ziff. 2 um eine Landtagsabgeordnete handelt. § 36 StGB ist nicht anwendbar, weil diese Norm nach herrschender Meinung auf Straftaten beschränkt ist (Schönke/Schröder-Lenkner/Perron, StGB, 51. Aufl., § 37 Rn. 3; vgl. auch BGH DÖV 1981, 300 m.w.N.) und das streitgegenständliche Geschehen nicht im Landtag oder einer seiner Ausschüsse stattgefunden hat. Zu Unrecht berufen sich die Verfügungsbeklagten auf Art. 46 u. 47 GG, weil von deren Anwendungsbereich nur Abgeordnete des Bundestages erfasst werden. Die Äußerungen von Landtagsabgeordneten werden in Baden-Württemberg durch Art. 37 der Landesverfassung (LV) geschützt. Auf diesen Schutz kann sich aber die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 schon deshalb nicht berufen, weil es sich bei der Fraktion des Landtags um einen nicht rechtsfähigen bürgerlich-rechtlichen Verein handelt, auch wenn dieser ausschließlich aus Landtagsabgeordneten besteht. Durch Art. 37 LV werden lediglich die Abgeordneten persönlich geschützt. Dabei ist die strittige Frage unerheblich, ob sich Abgeordnete bezüglich Äußerungen innerhalb der Fraktion auf die Indemnität berufen können. Hier geht es nicht um solche Äußerungen der Abgeordneten, sondern um eine von Abgeordneten vorgetragene Presseerklärung der Fraktion, deren Teil die Vorführung des Videobandes war. Insoweit besteht der Schutz der Landesverfassung nur für die im Namen der Fraktion tätig gewordenen Abgeordneten, nicht aber für die Fraktion als Verein selbst (vgl. auch StGH Bremen, DVBl 1967, 622, 626).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Aber auch dem Verfahren gegen die Verfügungsbeklagte Ziff. 2 steht Art. 37 LV nicht entgegen. Art. 37 LV schützt die Abgeordneten des Landtags u.a. vor zivilrechtlichen Unterlassungsklagen und einstweiligen Verfügungen (Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 37 Rn. 7 u. 8; Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 37 Rn 13; Maunz-Dürig-Herzog, GG, Art. 46 Rn. 19) wegen einer Äußerung, die er im Landtag, in einem Ausschuss, in einer Fraktion oder sonst in Ausübung seines Mandats getan hat. Soweit der Schutz sich auf Äußerungen "sonst in Ausübung seines Mandats" erstreckt, geht er in seiner Formulierung über Art. 46 Abs. 1 GG hinaus. Art. 37 LV dient dem öffentlichen Interesse und Schutz der parlamentarischen Verhandlung und Willensbildung. Der Schutz ist deshalb trotz der weiten Formulierung des Art. 37 LV auf das Abstimmungsverhalten und Äußerungen aller Art im Landtag zu beschränken, also auf die öffentliche Debatte im Plenum, in den Ausschüssen und in den anderen Vorbereitungsgremien, nicht aber auf Äußerungen außerhalb des Landtags, etwa in Wahlversammlungen und anderen politischen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit oder in der Partei oder anderen nichtparlamentarischen Gremien (Braun, a.a.O., Rn. 13; StGH Bremen, a.a.O. S. 624; a.A. wohl Feuchte a.a.O. Rn. 7: Schutz z.B. auch der Sprechstunde des Abgeordneten im Wahlkreis). Auf Erklärungen, die ein Abgeordneter im Auftrag seiner Fraktion außerhalb des Landtags macht, findet Art. 37 LV deshalb keine Anwendung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die historische Entwicklung der Regelung der Indemnität von Abgeordneten ergibt, dass die Worte "sonst in Ausübung seines Mandats" in Art. 37 LV nicht die gesamte politische Betätigung der Abgeordneten erfasst, sondern sich auf Äußerungen im eigentlichen parlamentarischen Tätigkeitskreis beschränken (StGH Bremen, a.a.O., S. 625 mit ausführlicher und überzeugender Darstellung der historischen Entwicklung). Eine Ausdehnung der Indemnität auf die gesamte politische Tätigkeit der Abgeordneten wäre vom Zweck der Indemnität nicht getragen und würde der in der neueren Zeit hervorgetretenen Tendenz zur Restriktion widersprechen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Durch eine solche Auslegung könnte auch einem Missbrauch der Indemnität vorgebeugt werden, denn ansonsten wäre es durch umfassende Beauftragung von den Fraktionen oder durch die Berufung auf das Abgeordnetenmandat möglich, dass sich der Abgeordnete überall und zu allen politischen Angelegenheiten unter dem Schutze der Indemnität äußern könnte, ohne an die verfassungsmäßigen Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung gebunden zu sein (StGH Bremen, a.a.O., S. 626).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Allerdings erstreckt sich der Indemnitätsschutz auch auf den Beitrag eines Abgeordneten an der Wiedergabe seiner parlamentarischen Äußerungen in der Presse, soweit er diese mündlich in öffentlicher Sitzung gemacht hatte, weil die parlamentarische Auseinandersetzung grundsätzlich in der Öffentlichkeit und daher auch unter Anteilnahme der Presse stattfindet und der Abgeordnete von der Verantwortlichkeit gerade auch für solche Nachteile freigestellt werden soll, die sich für den Betroffenen aus der Verbreitung seiner Erklärungen in der Presse ergeben (BGH DÖV a.a.O.). Vorliegend fand jedoch die Pressekonferenz am 14.03.2003 und damit vor der Debatte im Plenum des Landtags von Baden-Württemberg am 27.03.2003 statt. Darüber hinaus hat die Verfügungsbeklagte Ziff. 2 weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass Inhalt dieser Debatte auch das streitgegenständliche Videoband gewesen wäre. Art. 37 LV schützt nur die Wiedergabe einer parlamentarischen Äußerung in der Presse, die inhaltlich im Wesentlichen der Äußerung in der öffentlichen Sitzung des Landtags entspricht und nicht über diese mündliche Äußerung wesentlich hinausgeht (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 184). Die Vorführung eines Videofilms mit pornographischem Inhalt geht jedoch weit über den Gegenstand des durch den Antrag der SPD-Fraktion bestimmten Inhalts der Auseinandersetzung im Plenum hinaus, wonach die Verschärfung der medienrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen nach § 13 LandesmedienG diskutiert werden sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Vorgeführte Szenen mit Ausnahme der sog. "Badezimmerszene"
</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Der ursprüngliche Hauptantrag auf Unterlassung der öffentlichen Wiedergabe von Film- und Videoaufnahmen, welche den Verfügungskläger Ziff. 2 bei der Mitwirkung an Sexaufnahmen zeigen bzw. auf denen der Verfügungskläger Ziff. 2 bei der Produktion von Film- oder Videoaufnahmen mit sexuellem Bezug zu sehen oder zu hören ist, ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Die Reichweite des begehrten Unterlassungsgebots ist ausreichend konkret beschrieben. Es können bei einem Unterlassungsantrag gewisse Verallgemeinerungen gestattet sein, sofern darin das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, weil eine in bestimmter Form begangene Verletzungshandlung auch eine Vermutung für die Begehung zwar leicht abgewandelter, aber in ihrem Kern gleicher Handlungen begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Ein Unterlassungsantrag wird jedoch (teilweise) unbegründet, wenn er durch eine zu weite Verallgemeinerung über den bestehenden Anspruch hinaus geht (BGH NJW 1999, 3638, 3639 m.w.N.). Es ist weder vorgetragen noch erkennbar und insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagten über die auf dem konkreten Videoband befindlichen Szenen hinaus andere Filmszenen zur Verfügung hätten und deshalb evtl. Rechtsverletzungen durch die Wiedergabe weiterer Szenen in Betracht kommen könnten. Obwohl die Verfügungskläger durch die Filmvorführung am 14.03.2003 erfahren hatten, welche Filmszenen die Verfügungsbeklagten besessen haben und ab diesem Zeitpunkt eine Beschränkung des Unterlassungsbegehrens auf die Szenen dieses Videobandes möglich gewesen wäre, stellten sie mit Schriftsatz vom 24.03.2003 einen Verfügungsantrag, der sich auf alle Film- und Videoaufnahmen bezog, auf denen der Verfügungskläger Ziff. 2 bei der Produktion von Film- oder Videoaufnahmen mit sexuellem Bezug zu sehen oder zu hören ist. Dieser Hauptantrag war deshalb, soweit er auf das im Besitz der Verfügungsbeklagten befindliche Videoband hinausgeht, unbegründet. Weil dies das Landgericht nicht ausreichend bei seiner Entscheidung berücksichtigt hatte, führte dies zur Abänderung der angegriffenen Entscheidung.
</td></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Den Verfügungsklägern steht kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 94, 95, 97 UrhG gegen die Verfügungsbeklagten zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Als (nicht rechtsfähiger) Verein haftet der Verfügungsbeklagte Ziff. 1 für die haftungsbegründende Tätigkeit seines Vorstands (§ 31 BGB). Die Verfügungsbeklagte Ziff. 2 ist nicht nur Mitglied des Verfügungsbeklagten Ziff. 1, sondern hat als medienpolitische Sprecherin aktiv an der Veranstaltung, die der Vorführung des Videobandes diente, mitgewirkt. Sie hat nicht lediglich Hilfsdienste geleistet, die eine urheberrechtliche Verantwortung ausschließen würden.
</td></tr></table>
<table><tr><td>aa)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Filmszenen mit Ausnahme der "Badezimmerszene" aus §§ 94, 95, 97 UrhG abgelehnt. Weil sämtlichen auf den Videoband befindlichen Szenen unter jeglichem Gesichtspunkt eine persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG fehlt, handelt es sich um Laufbilder, auf die über § 95 UrhG u.a. § 94 UrhG entsprechende Anwendung findet. Danach hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung zu benutzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist Herstellerin der Laufbilder in diesem Zusammenhang gemäß §§ 95, 94 UrhG allein die Verfügungsklägerin Ziff. 1. Hersteller ist derjenige, der die wirtschaftliche Verantwortung trägt und die organisatorische Tätigkeit übernimmt. Wesentliche Kriterien sind danach die Finanzierung, das Risiko, die organisatorische Leitung und insbesondere der Abschluss der Verträge im eigenen Namen und für eigene Rechnung (Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., vor §§ 88 ff Rn. 31, 32; Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 94 Rn. 6; Fromm/Nordemann, UrhR, 9. Aufl., § 94 Rn. 4). Die "künstlerische" Einflussnahme des Verfügungsklägers Ziff. 2 machte ihn bei den hier zu behandelnden Szenen nicht zum Hersteller der Laufbilder (Möhring/Nicolini, a.a.O., Rn. 7; Schricker, a.a.O.; BGHZ 120, 67, 70 f). Der Verfügungskläger Ziff. 2 hat nicht glaubhaft gemacht, dass er für private Zwecke diese Aufnahmen gemacht hätte. Der Inhalt der Szenen, das Filmen der Szenen durch einen Dritten und die im Vergleich zur sog. "Badezimmerszene" völlig anderen Rahmenbedingungen lassen vielmehr nur den Schluss zu, das es sich bei diesen Szenen um herausgeschnittene Teile von Produktionen der Verfügungsklägerin Ziff. 1 handelt. Ansprüche des Verfügungsklägers Ziff. 2 aus §§ 97, 95, 94 UrhG scheiden für diese Szenen aus.
</td></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Verfügungsbeklagten haben eine Kopie des Videobandes hergestellt, um sie einem Mediendienst zugänglich zu machen, und das Videoband vor ausgewählten Journalisten vorgeführt. Diese Vorführung ist als öffentliche Wiedergabe zu würdigen, weil die Journalisten weder durch gegenseitige Beziehungen noch durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden waren, § 15 Abs. 3 UrhG. Allein die Zuverlässigkeit der Journalisten führt noch nicht zu einer besonderen persönlichen Verbundenheit in diesem Sinn. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Verfügungsbeklagten (Fromm/Nordemann, a.a.O. § 15 Rdnr. 4) haben eine enge und persönliche Verbundenheit der Journalisten untereinander oder zu den Verfügungsbeklagten nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Allein die weitgehend gleichgerichteten sachbezogenen Interessen eines Personenkreises beruflicher Art reichen nicht aus, eine solche besondere persönliche Verbundenheit der Teilnehmer einer personell abgegrenzten Pressekonferenz untereinander oder zum Veranstalter herzustellen (vgl. auch Schricker, a.a.O., § 15 Rn. 65).
</td></tr></table>
<table><tr><td>cc)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Zu Recht hat das Landgericht im Rahmen der Frage der Rechtswidrigkeit dieser Verstöße gegen das Urheberrecht der Verfügungsklägerin Ziff. 1 eine Güter- und Pflichtenabwägung vorgenommen und danach einen Unterlassungsanspruch abgelehnt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die vermögenswerten Befugnisse des Urhebers an seinem Werk sind als "Eigentum" i.S.d. Art. 14 GG anzusehen und seinem Schutzbereich zu unterstellen. Bei der Festlegung der Befugnisse und Pflichten, die den Inhalt des Rechts ausmachen, muss aber nicht nur der grundlegende Gehalt der Eigentumsgarantie gewahrt werden, sondern die Eigentumsgarantie auch mit allen anderen Verfassungsnormen in Einklang gehalten werden (BVerfGE 31, 229, 240; BVerfGE 49, 382, 394). Dem gegenüber steht das Grundrecht der Verfügungsbeklagten auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. GG. Entgegen der Auffassung der Verfügungskläger geht es hier nicht um die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG, weil die Verfügungsbeklagten hier nicht Informationen empfangen, sondern weitergegeben haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln. Der Staat hat auch insoweit die Grundrechte des einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren. Den Gerichten obliegt es, diesen grundrechtlichen Schutz durch Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren (sog. Ausstrahlungs- oder mittelbare Drittwirkung der Grundrechte, BVerfGE 73, 261, 269f; 103, 89, 100). Die Abwägung der Grundrechte der Beteiligten hat vorliegend im Rahmen der Rechtswidrigkeit zu erfolgen (vgl. auch KG NJW 1995, 3392, 3394; zur Abwägung im Urheberrecht s. auch BVerfG NJW 1999, 2880 betreffend § 101 a UrhG). Eines Rückgriffs auf einen übergesetzlichen Notstand, dessen mit einer Gefahrenabwehr verbundener Begriff in diesem Zusammenhang nicht treffend erscheint, bedarf es nicht (a.A. KG NJW 1995, 3392, 3394). Auch die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 kann sich auf die Wirkung der Grundrechte stützen, weil die Grundrechte grundsätzlich auch inländischen juristische Personen zu Gute kommen (Art. 19 Abs. 3 GG) und - wie bereits ausgeführt - es sich bei der Verfügungsbeklagten Ziff. 1 um einen nicht rechtsfähigen Verein handelt (Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 29; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 19 Rn. 16).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG werden Tatsachenbehauptungen jedenfalls dann umfasst, wenn sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind (BVerfGE 94, 1, 7; 85, 1, 15 m.w.N.). Die Vorführung des Videobandes stellt eine wahre Tatsachenbehauptung im Rechtssinne dar, indem ein entsprechendes geschäftliches Handeln der Verfügungsklägerin Ziff. 1 dokumentiert und mitgeteilt wird. Diese Tatsachenbehauptung sollte Grundlage der Meinung der Verfügungsbeklagten sein, der Verfügungskläger Ziff. 2 habe allgemein und im Rahmen der Zulassung gemäß §§ 12 ff LandesmedienG unwahre Angaben gemacht. Darüber hinaus sollte dies die Meinung der Verfügungsbeklagten stützen, die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen eines privaten Veranstalters für ein Fernsehprogramm müssten durch den Gesetzgeber verändert und verschärft werden. Dies diente der parlamentarischen Diskussion über die Frage der Verschärfung der medienrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen gemäß dem Antrag des Verfügungsbeklagten Ziff. 1, Landtagsdrucksache 13/1850, der Stellungnahme des Staatsministeriums und der darauffolgenden Begründung und Aussprache in der Sitzung des Landtags vom 27.03.2003. Die damit beabsichtigten politischen Entscheidungen sollten nach der Intention der Verfügungsbeklagten durch eine öffentliche Diskussion vorbereitet werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Ob und inwieweit der Verfügungskläger Ziff. 2 die Öffentlichkeit in der Vergangenheit möglicherweise belogen hat, konnte für die Offenlegungspflichten des Antragstellers gemäß § 13 LandesmedienG und für die Glaubhaftmachung gemäß § 14 LandesmedienG von Bedeutung sein, weil ggf. die Zulassungsbehörde dann in besonderer Weise auf die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers achten musste. Demgegenüber war - jedenfalls nach der bisherigen Gesetzeslage - die Frage, ob ein Antragsteller, der die Zulassung der Veranstaltung eines privaten Fernsehprogramms begehrt, über eine eigenständige Firma Pornographie hergestellt oder verbreitet hat, ohne Belang.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der einfach rechtlichen Vorschriften hat regelmäßig eine konkrete, fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit und dem Rang des durch die Meinungsäußerung beeinträchtigten Rechtsguts, hier der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, die das einfache Recht schützen will, zu erfolgen (BVerfGE 94, 1 8). Dabei spricht gerade wenn es um Beiträge zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geht, die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede. Das ist eine Folge der fundamentalen Bedeutung, die die Meinungsfreiheit für die menschliche Person und die demokratische Ordnung hat (BVerfGE 85, 1, 16). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (BVerfG a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Hier haben die Verfügungsbeklagten von dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nicht zum Zweck einer privaten Auseinandersetzung Gebrauch gemacht, sondern die Verfügungsbeklagten wollten in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen. In einem solchen Fall sind die Auswirkungen der Äußerung auf den Rechtskreis Dritter zwar unvermeidliche Folge, nicht aber eigentliches Ziel der Äußerung. Der Schutz des betroffenen Rechtsguts kann und muss um so mehr zurücktreten, je weniger es sich um eine unmittelbar gegen dieses Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage durch einen dazu Legitimierten; hier spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede, weil sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung eines freien und offenen politischen Prozesses ist, in ihrem Kern betroffen wäre (BVerfGE 61, 1, 11). Danach ist den Meinungsäußerungen der Verfügungsbeklagten im Rahmen ihrer Pressekonferenz einschließlich dem öffentlichen Vorführen des Videobandes, das Teil ihrer Tatsachenbehauptungen war, die ihre Meinung stützen sollten, aufgrund des überragenden Interesses der Öffentlichkeit an der Frage, wer die Zulassung zum privaten Fernsehprogramm erhält und wie der Gesetzgeber auch künftig die Voraussetzungen für eine solche Zulassung gesetzlich definieren soll, im konkreten Fall gegenüber den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Urheberrechten der Verfügungsklägerin Ziff. 1 der Vorrang einzuräumen. Die öffentliche Wiedergabe des Videobandes war insoweit zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Gleiches gilt auch für das Herstellen einer Kopie und deren Übersendung an einen Mediendienst. Das Kopieren und Verbreiten eines Films allein ist zwar noch keine Meinungsäußerung i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Hier diente aber die Vervielfältigung des Videobandes und dessen Übersendung in gleicher Weise einer Meinungsäußerung wie das Vorführen während der Pressekonferenz. Insoweit kommt das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG allen Tätigkeiten zugute, die zur Informationsübermittlung und -verbreitung beitragen (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 5 Rn. 6). Mit dem Videoband "transportierten" die Verfügungsbeklagten in gleicher Weise wie in dem Pressetermin am 14.03.2003 die Meinung, der Verfügungskläger Ziff. 2 habe die Öffentlichkeit belogen und die Voraussetzungen für eine Zulassung gemäß §§ 12 ff LandesmedienG müssten durch den Gesetzgeber verschärft werden. Auch die sonstigen Grundrechte, soweit sie auf die Verfügungsklägerin Ziff. 1 als juristische Person anwendbar sind, insbesondere deren allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, treten hier in einer Abwägung zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit der Verfügungsbeklagten zurück.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Mangels Verfügungsanspruchs hätte der Antrag der Verfügungsklägerin Ziff. 1 keine Erfolgsaussicht gehabt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Dem Verfügungskläger Ziff. 2 steht kein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung des Videobandes ohne die "Badezimmerszene" aus den §§ 1004, 823 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG zu. Die Verfügungsbeklagten können sich auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, weil der Verfügungskläger Ziff. 2 eine sog. "relative" Person der Zeitgeschichte ist. Im Zusammenhang mit der Insolvenz des privaten Fernsehsenders B.TV wurde die Übernahme des Senders und die Erteilung einer Sendelizenz an den Verfügungskläger Ziff. 2 öffentlich auch in den Medien zumindest regional in Baden-Württemberg diskutiert. Auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG kann sich allerdings nur derjenige berufen, der mit der Veröffentlichung schutzwürdigen Informationsinteressen der Allgemeinheit nachkommt (BGH NJW 2002, 2317, 2318; 1997, 1152). Da auch Personen der Zeitgeschichte Anspruch darauf haben, dass die Allgemeinheit Rücksicht auf ihre Persönlichkeit nimmt, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG geschützte allgemeine Publikationsinteresse in einem Spannungsverhältnis zum Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten steht. Die Abbildungsfreiheit bezieht sich deshalb bei relativen Personen der Zeitgeschichte ausschließlich auf eine Abbildung der Person im Zusammenhang mit dem zeitgeschichtlichen Vorgang, solange das Interesse der Öffentlichkeit hieran andauert (Schricker, a.a.O., § 60/§ 23 KUG Rn. 12). Die Veröffentlichung durch die Verfügungsbeklagten erfolgte im zeitlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion der Frage der Zulassung des Verfügungsklägers Ziff. 2 gemäß §§ 12 ff LandesmedienG Baden-Württemberg und der öffentlichen Diskussion über die Frage der Verschärfung dieser gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen. Bei der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung der Interessen kommt vorliegend der Meinungsfreiheit der Verfügungsbeklagten gegenüber dem ebenfalls grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers Ziff. 2 der Vorrang zu. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
"Badezimmerszene"
</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Dem Verfügungskläger Ziff. 2 stand bezüglich der "Badezimmerszene" ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97, 94, 95 UrhG zu. Ausweislich der Rahmenbedingungen - der Verfügungskläger Ziff. 2 befand sich offenbar allein mit der gefilmten Frau in einem Badezimmer - als auch nach dem Inhalt des Filmes, der eine geschäftsmäßige Verbreitung dieses Videofilmes nicht erwarten ließ, handelt es sich hierbei um Privataufnahmen des Verfügungsklägers Ziff. 2. Aus dem Zusammenhang der Bilder des Videobandes ist erkennbar, dass der Verfügungskläger Ziff. 2 die filmende Person ist, die auch sexuelle Handlungen an der gefilmten Frau vornimmt. Diese Bilder fallen damit in den Intimbereich des Verfügungsklägers Ziff. 2, der absolut geschützt ist. Ein Eingriff in diesen Intimbereich durch die Veröffentlichung dieses Teils des Videobandes lässt sich nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen (vgl. BVerfG NJW 1999, 1322, 1324; 2000, 2413, 2414). Darüber hinaus ist nicht erkennbar, wie die Veröffentlichung dieses Teils des Videobandes aus dem Intimbereich des Verfügungsklägers Ziff. 2 dem oben ausgeführten besonders geschützten Anliegen der Verfügungsbeklagten dienen sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein Verfügungsanspruch war gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Auch ein Verfügungsgrund bestand, so dass im Fall einer Entscheidung im Hinblick auf die "Badezimmerszene" eine einstweilige Verfügung erlassen worden wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Grundsätzlich indiziert eine Rechtsverletzung die Wiederholungsgefahr. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Beseitigung der Wiederholungsgefahr strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt ein nicht strafbewehrtes Versprechen eines Beklagten, sich der beanstandeten Handlung in Zukunft zu enthalten, dann nicht, wenn der Abweisungsantrag mit der Begründung aufrechterhalten wird, die als verletzend beanstandete Handlung sei berechtigt (BGHZ 14, 163, 167; GRUR 1961, 138, 140). Auch hier haben die Verfügungsbeklagten ihre Vorgehensweise als berechtigt verteidigt und konnten damit die Wiederholungsgefahr nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausräumen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Darüber hinaus ist im Rahmen der Wiederholungsgefahr zu prüfen, ob nicht der frühere Zustand, der zu den Rechtsverletzungen geführt hat, wiederhergestellt werden kann (BGH GRUR 1957, 342, 347). Auch wenn die Verfügungsbeklagten das streitgegenständliche Videoband dem Gericht unter Verzicht auf Rückgabe übergeben haben und versichert haben, ein weiteres Videoband sei nicht in ihrem Besitz, steht dies der Annahme einer Wiederholungsgefahr und damit eines Verfügungsgrundes nicht entgegen. Der Verfügungskläger Ziff. 2 musste allein aufgrund dieser Äußerung nicht darauf vertrauen, die Verfügungsbeklagten hätten tatsächlich kein Videoband mehr mit dem streitgegenständlichen Inhalt in ihrem Besitz und könnten dieses deshalb nicht mehr vorführen. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, dass sich die Verfügungsbeklagten aus ihrer ursprünglichen Quelle dieses Videoband in Kopie nochmals beschafften, um es erneut vorzuführen (vgl. auch BGH UFITA 69 [1973], 272, 278, Kandinsky III fortbestehende Wiederholungsgefahr, auch wenn das angegriffene Buch vergriffen ist und erklärt wird, eine Neuauflage sei nicht beabsichtigt). Diese Gefahr wurde erst durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2003 ausgeräumt, die zu den beidseitigen Erledigungserklärungen geführt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers Ziff. 2 berufen sich die Verfügungsbeklagten zu Unrecht auf § 23 KUG. Diese können sich auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nur dann berufen, wenn mit der Veröffentlichung schutzwürdigen Informationsinteressen der Allgemeinheit entsprochen wird (BGH NJW 2002, 2317, 2318; 1997, 1152). Wie bereits ausgeführt, besteht die Abbildungsfreiheit nur im Zusammenhang mit dem zeitgeschichtlichen Vorgang (Schricker, § 60/§ 23 KUG Rn. 12). Welche Videofilme der Verfügungskläger Ziff. 2 außerhalb seines Gewerbebetriebs privat für sich im Bereich seiner Intimsphäre herstellt, ist im Zusammenhang mit den erwähnten öffentlichen Diskussionen über die Zulassung des Verfügungsklägers Ziff. 2 zur privaten Fernsehlizenz und die Frage der gesetzlichen Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen ohne Belang. Die Verbreitung dieser Szene des Videobandes geschah deshalb aus reiner Neugier und Sensationslust, die eine Berufung auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht gestattet (Schricker, a.a.O., Rn. 7). Darüber hinaus ist auch bei Personen der Zeitgeschichte deren Privat- und Intimsphäre absolut geschützt (vgl. BGH NJW 1985, 1617, 1619).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Danach war die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe der "Badezimmerszene" zu unterlassen, während im Übrigen die Verfügungsbeklagten das Videoband vorführen durften. Ein vollständiges Verbot der Verwendung des Videobandes hätte unzulässig in die geschützten Rechte der Verfügungsbeklagten eingegriffen. Sowohl in einem Verfügungsantrag als auch im Tenor einer Entscheidung hätte die Abgrenzung der Badezimmerszene zu den übrigen Szenen des Videobandes ausreichend bestimmt erfolgen können. Entgegen der Auffassung der Verfügungskläger musste deshalb wegen des Unterlassungsanspruchs bezüglich eines Teils des Videobandes weder aus rechtlichen noch aus technischen Gründen für das gesamte Videoband ein Unterlassungsgebot ausgesprochen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 574 Abs. 3 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,040
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6 BVGa 2/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:16
| 2019-01-17T11:58:15
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die durch Beschluß vom 30.06.2003 erlassene einstweilige Verfügung wird bestätigt.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über einen Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung der Durchführung der Abspaltung eines Betriebsteils der Antragsgegnerin.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) ist ein Einzelhandelsunternehmen. Sie betreibt bundesweit Filialen (Märkte). Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der für die Filiale in Karlsruhe gebildete Betriebsrat. In der Filiale in Karlsruhe sind insgesamt 387 Mitarbeiter/innen (nach Köpfen) beschäftigt. Dort gab es bisher ebenso wie in 18 anderen Filialen der Arbeitgeberin eine sogenannte Cafeteria. In der Cafeteria in Karlsruhe beschäftigte die Arbeitgeberin bisher 19 Arbeitnehmer und wandte auf die Arbeitsverhältnisse die Tarifverträge des Einzelhandels an. Die Cafeteria liegt ebenso wie die Küche im unteren Stockwerk. Im darüber gelegenen Stockwerk befinden sich die Räume der Personalkantine. Dort wird von Mitarbeitern der Küche und der Cafeteria das in der Küche gekochte Essen an die Mitarbeiter ausgegeben. Die Arbeitgeberin informierte ihre Arbeitnehmer mit Schreiben vom 28.05.2003 "Mitarbeiterinformation zum Betriebsübergang gem. § 613 a BGB" darüber, daß ab dem 01.07.2003 der Betriebsteil Cafeteria in der Filiale in Karlsruhe auf die S GmbH, ... (künftig: Firma S) übertragen werde. Ab dem 01.07.2003 werde die Leitung des Betriebsteils von dieser Firma ausgeübt, zukünftig finde ein Haustarifvertrag mit der Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten auf die betroffenen Arbeitsverhältnisse Anwendung (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 31 – 32). Die Arbeitgeberin teilte mit Schreiben vom 30.05.2003 den entsprechend betroffenen Wirtschaftsausschüssen mit, daß die Restaurants an insgesamt 19 Standorten, darunter auch die Cafeteria in Karlsruhe, zum 01.07.2003 an die Firma S übergeben würden und daß diese Betriebsübernehmerin sämtliche Arbeitnehmer übernehmen werde (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 33 bis 34). Mit Schreiben vom 03.06.2003 forderte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, der gleichzeitig der Vorsitzende des Betriebsrats der Filiale in Karlsruhe ist, die Arbeitgeberin auf, mit den Gesamtbetriebsräten Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 35 – 36). Mit Schreiben vom 10.06.2003 lehnte die Arbeitgeberin dies ab (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 37 – 38). Mit Schreiben vom 20.06.2003 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, mit ihm Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan wegen der Ausgliederung der Cafeteria aufzunehmen, da es sich um eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG handele (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 39 – 40). Die Arbeitgeberin lehnte dies mit Schreiben vom 25.06.2003 ab (Anlage zur Antragsschrift, Abl. 41).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit seiner Antragsschrift vom 30.06.2003 machte der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die geplante Maßnahme geltend. Auf die dort formulierten Anträge wird Bezug genommen (Abl. 23). Das Arbeitsgericht Karlsruhe erließ am 30.06.2003 ohne mündliche Verhandlung einen Beschluß mit dem nachstehenden Tenor:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="4"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, bis zum Abschluß von Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Betriebsrat, ggf. auch in der Einigungsstelle, im Betrieb W die Abspaltung des Betriebsteils "Cafeteria" durchzuführen durch Übertragung der betrieblichen Leitungsmacht bezüglich der Cafeteria auf die Firma S.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="5"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Nr. 1 dieses Beschlußtenors wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin, angedroht.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Hiergegen legte die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 08.07.2003 Widerspruch ein.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund seien gegeben. Eine geplante Betriebsänderung liege vor, denn es handele sich um eine "Spaltung von Betrieben" i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG. Auf die Größe des abgespaltenen Teils, insbesondere auf die Relevanzgrenzen des § 17 KSchG, komme es im Rahmen des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG nicht an. Im übrigen seien von der hier vorliegenden Spaltung alle Arbeitnehmer des Betriebs betroffen. Der Betriebsrat habe einen Anspruch auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsänderung, da anderenfalls der Betriebsrat vor vollendete Tatsachen gestellt würde und der Anspruch des Betriebsrats, vor der Betriebsänderung über einen Interessenausgleich zu verhandeln, leerliefe. Der erforderliche Verfügungsgrund folge daraus, daß nach der Durchführung der Betriebsänderung der Betriebsrat keine Möglichkeiten mehr habe, seine Gegenvorstellungen zur Durchführung des "ob und wie" der geplanten Betriebsänderung wirksam geltend zu machen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Betriebsrat beantragt,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
den Widerspruch gegen die durch Beschluß vom 30.06.2003 erlassene einstweilige Verfügung zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Arbeitgeberin beantragt,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den zugrundeliegenden Antrag zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Arbeitgeberin vertritt die Auffassung, es fehle sowohl der Verfügungsanspruch, als auch der Verfügungsgrund. Es liege keine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG vor. Die auf S. übergehenden Mitarbeiter seien hinreichend durch § 613 a BGB geschützt. Der übrigen Belegschaft erwachse kein wesentlicher Nachteil, da S weiterhin ein verbilligtes Sozialessen zum Preis von 2,55 EUR (entsprechend dem bisherigen Preis für ein verbilligtes Mitarbeitermenü) für die Arbeitnehmer anbieten wolle und zu diesem Zweck im bisherigen Kantinenraum eine separate Verkaufsstelle für die Mitarbeiter betrieben werden solle. Es handele sich nicht um eine "Spaltung von Betrieben" i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG. Denn sogenannte Bagatellausgründungen seien von § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG nicht erfaßt. Wende man die Grenze des § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG an, müßten bei einem 387 Arbeitnehmer umfassenden Betrieb mindestens 10 % der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mehr als 25 Arbeitnehmer in dem herauszulösenden Betriebsteil beschäftigt sein. Tatsächlich machten die 19 Kantinenmitarbeiter nur 4,9 % der Arbeitnehmer aus. Da somit die Grenze des § 17 KSchG bei weitem nicht erreicht sei, handele es sich um eine Bagatellausgründung. Ein Mitbestimmungsrecht könne dem Betriebsrat auch deshalb nicht zuerkannt werden, weil die Cafeteria sogar geschlossen werden könne, ohne daß der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht habe. Denn im Rahmen des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG komme es auf die Zahlenwerte des § 17 KSchG an, die hier nicht erfüllt seien. Ein derartiger Wertungswiderspruch könne nur vermieden werden, wenn man auch im Rahmen de § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zumindest annähernd das Erreichen der Zahlenwerte des § 17 KSchG verlange. Darüber hinaus habe der Betriebsrat, selbst wenn es sich um eine Betriebsänderung handele, nicht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Die Beteiligungsrechte könnten auch nach Durchführung der Betriebsänderung wahrgenommen werden. § 113 Abs. 3 BetrVG sehe eine ausreichende Sanktion in Gestalt individueller Ansprüche der Arbeitnehmer vor. Außerdem seien die Beteiligungsrechte des Betriebsrats gem. §§ 111, 112 BetrVG nicht als erzwingbare Mitbestimmungsrechte ausgestaltet. Selbst bei der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes habe der Gesetzgeber trotz des bekannten Meinungsstreits keinen Unterlassungsanspruch normiert. Ein Verfügungsgrund liege nicht vor, weil mangels eindeutiger Rechtslage im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht eindeutig geklärt werden könne, daß das Verhalten der Arbeitgeberin den Betriebsrat in dessen Rechten verletze.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen sowie auf das Protokoll über den Anhörungstermin vom 22.07.2003 Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Kammer hat die durch Beschluß vom 30.06.2003 erlassene einstweilige Verfügung gem. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i. V. m. §§ 925 Abs. 2, 936 ZPO nach dem Widerspruch der Arbeitgeberin bestätigt. Denn sowohl der erforderliche Verfügungsanspruch, als auch der erforderliche Verfügungsgrund sind hier gegeben.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="15"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein Verfügungsanspruch ist gegeben, weil die Arbeitgeberin eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 3 2. Alt. BetrVG plant, dem Betriebsrat deshalb ein Verhandlungsanspruch über einen Interessenausgleich gem. § 112 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG zusteht und weil aus diesem Verhandlungsanspruch ein Unterlassungsanspruch bezüglich der Durchführung der Betriebsänderung vor Durchführung des Interessenausgleichs folgt.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="16"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">In der geplanten Aufgabe der Leitungsmacht der Arbeitgeberin hinsichtlich der Cafeteria/Kantine durch Übertragung der Leitungsmacht auf die Firma S liegt eine Spaltung des Betriebs i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 3 2. Alt. BetrVG. Die Kantine/Cafeteria ist eine organisatorisch verselbständigte abgrenzbare Einheit. Eine Spaltung liegt vor, wenn der Unternehmer eine derartige Einheit ausgliedert, d. h. der bisherigen organisatorischen Leitung entzieht, z. B. um die Einheit auf ein anderes Unternehmen zu übertragen (vgl. dazu BAG 10.12.1996 – 1 ABR 32/96 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 110, zu B II 1 b der Gründe; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 111 Rn. 88). Der Annahme einer Spaltung steht nicht entgegen, daß es sich bei der Cafeteria/Kantine, in der 19 Arbeitnehmer beschäftigt sind, um eine verhältnismäßig kleine Abteilung der Filiale handelt, in der insgesamt 387 Arbeitnehmer beschäftigt sind. § 111 Satz 3 Nr. 3 2. Alt. BetrVG stellt nicht auf die Abspaltung eines erheblichen oder wesentlichen Teils eines Betriebs ab (BAG 10.12.1996 – 1 ABR 32/96 – a. a. O., zu B II 1 b der Gründe). Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher offengelassene Frage, ob "Bagatellausgründungen" dennoch ausgenommen sind, bedarf hier keiner Entscheidung (zur Streitfrage vgl. BAG 10.12.1996 – 1 ABR 32/96 – a. a. O., zu B II 1 b der Gründe m. w. N. sowie die Nachweise bei Moll RdA 2003, 129, 135 Rn. 65). Denn die Ausgliederung einer Cafeteria mit Kantinenfunktion ist bereits qualitativ keine Bagatelle. Durch ihre Versorgungsfunktion ist eine derartige Einrichtung von erheblicher Bedeutung für die gesamte Belegschaft des Betriebs. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht darauf an, daß der Betriebsübernehmer ebenfalls ein verbilligtes Mittagessen anbieten will. Daran kann sich zum einen jederzeit etwas ändern, zum anderen ändert es nichts an dem Umstand, daß es sich um eine Organisationsänderung von nicht nur völlig untergeordneter Bedeutung handelt. Auch wenn man mit Hanau/Kania verlangt, daß der abgespaltene Betriebsteil eine gewisse Bedeutung hat, die jedenfalls bei Unterschreiten der Zahlengrenze des § 1 BetrVG nicht mehr gegeben sei, liegt im vorliegenden Fall eine Betriebsänderung vor (vgl. ErfK-Hanau/Kania 3. Aufl. § 111 BetrVG Rn. 14). Denn einer Cafeteria mit Kantinenfunktion muß eine "gewisse Bedeutung" zugesprochen werden. Die Zahlengrenze des § 1 BetrVG (fünf Arbeitnehmer, davon drei wählbar) ist hier mit 19 Arbeitnehmern ersichtlich ebenfalls überschritten, da nicht anzunehmen ist, daß von diesen 19 Arbeitnehmern nicht wenigstens drei wählbar sind.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
Nicht gesondert ist zu prüfen, ob wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft aus der Betriebsänderung folgen können, da diese in § 111 Satz 1 BetrVG enthaltene Voraussetzung in den einzelnen Fällen des § 111 Satz 3 BetrVG nicht gesondert zu prüfen ist, sondern als gegeben unterstellt wird (Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt a. a. O. § 111 Rn. 42 und 43).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dem so gefundenen Ergebnis steht nicht der von der Arbeitgeberin angeführte Wertungswiderspruch zum Fall der Schließung der Cafeteria/Kantine entgegen. Zwar würde sich im Falle der Schließung der Cafeteria/Kantine die Frage, ob eine Betriebsänderung vorliegt, nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG richten mit der Folge, daß sie ein "wesentlicher Betriebsteil" sein müßte und quantitativ die Grenze des § 17 KSchG zu beachten wäre. Jedoch ist es nach dem klaren Wortlaut des § 111 BetrVG eine vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung, insoweit zwischen der Schließung und der Spaltung zu differenzieren. Diese gesetzgeberische Entscheidung haben die Gerichte für Arbeitssachen zu respektieren.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="19"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Nach der Unterrichtung des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung haben beide Seiten gem. § 112 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG darüber zu beraten, ob, wann und wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll. Ziel der Beratungen ist ein Interessenausgleich. Der Betriebsrat hat einen Anspruch auf entsprechende Interessenausgleichsverhandlungen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt a. a. O. §§ 112, 112 a Rn. 11; LAG Berlin 07.09.1995 – 10 TaBV 5/95 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 36, zu 2.2.1.2 der Gründe). Ob der Betriebsrat nicht nur diesen Verhandlungsanspruch, sondern auch einen Unterlassungsanspruch dahingehend hat, daß der Arbeitgeber die Durchführung der Betriebsänderung – vorläufig – insoweit unterlassen muß, als der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung (noch) nicht erfüllt ist, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten (zum Meinungsstand vgl. Fitting/Heither/Kaiser/Engels/Schmidt a. a. O. § 111 Rn. 131).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
Nach Auffassung der beschließenden Kammer gibt es einen derartigen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, da nur so mitbestimmungswidriges Verhalten des Arbeitgebers effektiv verhindert werden kann. Durch die Durchführung der Betriebsänderung – hier der Spaltung – würden unwiederbringlich Tatsachen geschaffen, die den Anspruch des Betriebsrats faktisch untergehen ließen, da sie bei realistischer Betrachtung nicht mehr rückgängig zu machen wären.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der hier vertretenen Meinung steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber einen derartigen Unterlassungsanspruch auch anläßlich der letzten Reform des Betriebsverfassungsgesetzes nicht ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen hat. Aus der Reformgesetzgebungsgeschichte sind der Kammer keine Anhaltspunkte dafür bekannt, daß ein solcher Anspruch in einem Entwurf enthalten gewesen wäre und dann in einem späteren Stadium gestrichen worden wäre. Nur der Umstand, daß der Gesetzgeber die Normierung eines derartigen Anspruchs unterlassen hat, spricht angesichts des anerkannt hohen Anteils von Richterrecht im Arbeitsrecht keine entscheidende Rolle.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
Nicht überzeugend sind des weiteren die vom LAG Baden-Württemberg mit Beschluß vom 28.08.1985 (– 2 TaBV 8/85 – DB 1986, 805 f) aufgeführten Gründe. Das LAG Baden-Württemberg hat in dieser Entscheidung ausgeführt, gegen eine Einschränkung des Unternehmers durch einen Unterlassungsanspruch spreche, daß der Gesetzgeber nicht bestimmt habe, daß eine ohne Beachtung der §§ 111, 112 BetrVG durchgeführte Betriebsänderung unwirksam sei, während dies in § 102 Abs. 1 BetrVG ausdrücklich geregelt sei. Der Gesetzgeber habe dem Betriebsrat hinsichtlich des Zustandekommens eines Interessenausgleichs über eine Betriebsänderung kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht eingeräumt. Schließlich sehe § 113 Abs. 3 BetrVG eine ausreichende individualrechtliche Sanktion gegen den Arbeitgeber vor.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
Alle drei Argumente überzeugen die beschließende Kammer nicht. Dem erstgenannten Gesichtspunkt steht entgegen, daß der Gesetzgeber dem Betriebsrat gerade als Korrelat zu der fehlenden Mitbestimmung über die Betriebsänderung selbst ein Beteiligungsverfahren zugesprochen hat, innerhalb dessen der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber Vorschläge unterbreiten und diese mit dem Arbeitgeber beraten können soll. Zu dieser Konzeption würde die vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vermißte Nichtigkeitsfolge nicht passen (LAG Berlin 07.09.1995 – 10 TaBV 5/95 – a. a. O., zu 2.2.1.2 der Gründe). Entsprechendes gilt für das Argument, der Betriebsrat könne den Interessenausgleich nicht erzwingen. Auch insoweit ist zu unterscheiden zwischen dem Ergebnis einerseits und dem Schutz des Betriebsrats durch die Vorgabe bestimmter Verfahrensschritte andererseits. Hätte der Gesetzgeber die Einhaltung dieses Verfahrens nicht zwingend vorgeben wollen, hätte er insoweit lediglich Sollvorschriften geschaffen. Schließlich verfängt auch die auf § 113 Abs. 3 BetrVG gestützte Argumentation nicht. Alleine die Existenz einer Schutznorm für den einzelnen Arbeitnehmer bedeutet nicht, daß die Beteiligungsrechte des Betriebsrats schutzlos bleiben sollen. Gerade weil die Betriebsänderung selbst ungeachtet einer fehlenden Beteiligung des Betriebsrats im Ergebnis wirksam ist, ist § 113 BetrVG als komplementäre Vorschrift sinnvoll. Diesen Sinn verliert die Vorschrift nicht, wenn man dem Betriebsrat eigenständige Ansprüche auf Durchsetzung der Beratungs- und Verhandlungsansprüche im Rahmen der §§ 111, 112 BetrVG einräumt (LAG Berlin 07.09.1995 – 10 TaBV 5/95 – a. a. O., zu 2.2.1.2 der Gründe). Abschließend ist die Kammer der Auffassung, daß es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann, diejenigen Unternehmen zu privilegieren, die sich über vom Gesetzgeber vorgesehene zwingende Verfahrensschritte hinwegsetzen gegenüber denjenigen Unternehmen, die die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ernst nehmen und die in § 2 Abs. 1 BetrVG vorgesehene vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat tatsächlich praktizieren.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="24"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Verfügungsanspruch des Betriebsrats ist im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 85 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 940 ZPO zu sichern (Däubler in Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 8. Aufl. §§ 112, 112 a Rn. 23 m. w. N.). Zu Lasten des Betriebsrats würden durch die Durchführung der Spaltung unwiederbringlich Tatsachen geschaffen, die den Anspruch des Betriebsrats faktisch untergehen ließen. Dies kann nur durch eine besonders schnelle Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren verhindert werden.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="25"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
Steer
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,041
|
olgkarl-2003-07-22-8-u-3303
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
8 U 33/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:16
| 2019-02-12T12:39:56
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 23. Januar 2003 - 3 O 403/00 - im Kostenpunkt aufgehoben und abgeändert:</p>
<p>Das Versäumnisurteil des Landgerichts Mannheim vom 31. Mai 2001 - 3 O 403/00 -, durch welches die Klage abgewiesen worden ist, bleibt aufrecht erhalten.</p>
<p>II. Die Klägerin trägt auch die weiteren Kosten der I. Instanz sowie die Kosten der Berufung.</p>
<p>III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>IV. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>V. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>1. Die Klägerin macht - in Erweiterung einer ursprünglich erhobenen Feststellungsklage - aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Rückabwicklungsansprüche aus einem am 30.11.1990 bei der Beklagten abgeschlossenen kombinierten Real- und Personalkreditvertrag zur Finanzierung eines Studentenappartements in K. geltend. Beide Eheleute hatten im Sommer 1990 nach Anwerbung durch die Zeugen B. und W. der zur sogenannten "G. -Gruppe" gehörenden G. -Gesellschaft für Immobilien-Investitionen mbH (i. F. nur: G.) in L. Auftrag zur Vermittlung eines Treuhandvertrages mit dem Ziel der Beteiligung an einem steuersparenden Anlagemodell erteilt, das in dem Prospekt gem. Anlage B 1 (I 63 ff) dargestellt ist. Am 17.07.1990 hatten sie der K. Treuhandgesellschaft mbH (i. F. nur: K. GmbH) in H. einen notariellen Treuhandauftrag nebst unwiderruflicher Vollmacht zum Abschluss aller notwendigen und im Anlageprospekt beschriebenen Verträge erteilt (Anlage K 2).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Beklagte, mit der die K. GmbH die Finanzierungsdarlehen für den Gesamtaufwand einschließlich Disagio (10 %) von 122.240,00 DM im Namen der Klägerin und ihres Ehemannes abgeschlossen hatte, gewährte das Gesamtdarlehen nach Ablösung der zur Bauherstellung gewährten Zwischenfinanzierung durch direkte Auszahlung auf das Treuhandkonto, von dem die jeweiligen Leistungserbringer von der Treuhänderin Zahlungen erhielten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die Klägerin hält den Darlehensvertrag aus verschiedenen Rechtsgründen für unwirksam und macht hilfsweise Schadensersatz wegen Aufklärungs- und Beratungsverschuldens geltend.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 23. Januar 2003 nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens verkündeten Urteils des Landgerichts Bezug genommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Den darin mitgeteilten Hilfszahlungsantrag hat die Klägerin nur anstelle des Hauptzahlungsantrags, nicht auch der weiteren Anträge Ziff. 2 und 3 gestellt, wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 22.10.2002 (I 448) ergibt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Das Landgericht hat der Klage nach umfangreichen Zeugenvernehmungen gem. Beweisbeschluss v. 14. März 2002 (I 307) nach den Hauptanträgen entsprochen, weil es den Darlehensvertrag mangels wirksamer Vertretung der Klägerin und ihres Ehemannes durch die Treuhänderin (Verstoß des Vertrages und der Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG) als unwirksam ansieht. Auf die Entscheidungsgründe wird hierzu ebenfalls verwiesen. Das gegen die Klägerin am 31. Mai 2001 erlassene Versäumnisurteil (I 198) hat das Landgericht aufgehoben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>2. Gegen das am 23. Januar 2003 verkündete Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Sie rügt zunächst Verfahrensfehler. Das Landgericht habe nicht über die im Schriftsatz der Klägerin vom 22.10.2002 enthaltenen neuen Anträge entscheiden dürfen, weil über diese in dem Termin vom 24. Oktober 2002 nicht verhandelt worden sei und die nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens eingereichten weiteren Schriftsätze keine weiteren Sachanträge enthalten hätten. Die vom Landgericht erörterte Frage der stillschweigenden Einwilligung der Beklagten in eine Klageänderung habe sich daher gar nicht gestellt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>In sachlicher Hinsicht rügt die Beklagte fehlerhafte Rechtsanwendung. Der Treuhandvertrag der Klägerin und des Zedenten mit der K. GmbH sowie die darin erteilte Vollmacht verstießen nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, weil die Treuhandtätigkeit im Rahmen der Abwicklung von Bauherrenmodellen wie hier im Schwerpunkt nur wirtschaftlich kaufmännische Tätigkeiten umfasse und rechtsbesorgende Geschäfte allenfalls untergeordnete Nebenleistungen im Sinne von Art. 1 § 5 RBerG beträfen. Außerdem erfasse die etwaige Unwirksamkeit des Treuhandvertrages nach der Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des BGH nicht automatisch die Vollmacht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Zumindest habe die Beklagte auf den Rechtsschein einer wirksam erteilten, in notarieller Ausfertigung vorliegenden Vollmacht vertrauen dürfen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Das Landgericht habe den Anspruch der Beklagten auf Rückgewähr der Darlehensvaluta aus ungerechtfertigter Bereicherung zuzüglich marktüblicher Zinsen übergangen, obwohl nach der anzuwendenden Saldotheorie die beiderseitigen Ansprüche zu saldieren seien. Ein überschießender Betrag ergebe sich für die Klägerin dabei nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Auch seien zu Unrecht die mit dem Darlehenskapital letztlich erwirtschafteten Mieteinnahmen der Darlehensnehmer unberücksichtigt geblieben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Überhaupt stelle das angefochtene Urteil die Darlehensnehmer besser als sie bei wirksamen Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz (i.F.: HWiG) und Geltendmachung von Schadensersatz aus culpa in contrahendo (cic) stünden, da ihnen Darlehensvaluta, Immobilie nebst Mieteinnahmen und alle Steuervorteile verblieben und zugleich die Zinsen und Kapitallebensversicherungen an sie zurückgegeben würden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die Beklagte beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>das am 23.01.2003 verkündete Urteil des LG Mannheim - 3 O 403/00 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Die Klägerin beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>die Berufung zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihrer früheren Rechtsausführungen. Sie weist darauf hin, der Beklagten sei schließlich bekannt gewesen, dass die in der Treuhand-Vollmacht genannte Vertretung vor Gerichten jedweder Art den Rechtsanwälten vorbehalten sei.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Die zulässige Berufung ist begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Klägerin kann aus keinem der geltend gemachten Rechtsgründe (ungerechtfertigte Bereicherung gem. §§ 812 ff BGB; Schadensersatz aus cic) Zinsrückzahlungen gem. ihrem Haupt- und Hilfsantrag sowie die begehrte Feststellung und Rückabtretung der Lebensversicherungen verlangen. Der Darlehensvertrag vom 30.11.1990 ist wirksam zustande gekommen und verpflichtet die Klägerin und den Zedenten nach wie vor.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist das BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB). Hierauf beziehen sich die nachfolgenden Gesetzeszitate.</td></tr></table>
<table><tr><td>A.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Landgericht habe über die im Schriftsatz der Klägerin per 22.10.2002 angekündigten geänderten Sachanträge nicht befinden dürfen, trifft allerdings nicht zu. Dass die Übergabe dieses Schriftsatzes im Termin vom 24.10.2002 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch zur Zustellung geschah, die Anträge damit rechtshängig geworden sind, zieht die Beklagte nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - in Zweifel. Sie trägt selbst vor, sie habe die Einlassung auf diesen Schriftsatz verweigert (II 17), was zeigt, auch aus ihrer Sicht ging es um die Frage der Verhandlung über die neuen Anträge, die sie lediglich am 24.10.2002 verweigerte. Damit wurde anstelle der mündlichen Verhandlung über diese Anträge die Verhandlung ins schriftliche Verfahren verschoben. Entscheidungsgrundlage im Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO ist der gesamte mündliche und schriftliche Vortrag im Verfahren einschließlich der Prozesshandlungen, also auch der rechtshängigen Anträge, die in vorbereitenden Schriftsätzen erst für die mündliche Verhandlung angekündigt wurden (Zöller-Greger, ZPO 23. Aufl., § 128 Rdn. 8), also über das Ankündigungsstadium noch nicht hinausgelangt sind. Damit waren auch die fraglichen Anträge, da sie vor dem auf 21.11.2002 festgesetzten Termin, der der letzten mündlichen Verhandlung entsprach, eingereicht waren, Verhandlungsgegenstand im schriftlichen Verfahren. Dass die Beklagte der Klageänderung nicht widersprochen hat und auch nicht widersprechen wollte, ist schon deshalb anzunehmen, weil auch ihre Berufungsbegründung nicht wenigstens einen fürsorglichen Hinweis auf einen Widerspruch erkennen lässt. Die Klageänderung ist ungeachtet dessen als sachdienlich zu behandeln.</td></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Der Darlehensvertrag der Parteien vom 30.11.1990 ist nicht wegen unwirksamer Vollmacht der K. GmbH und fehlender Genehmigung der Darlehensnehmer unwirksam, weil ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nach Rechtsschein-Grundsätzen geheilt war. Vollmacht und Darlehensvertrag sind auch weder nach Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG), der Preisangabeverordnung (PAngV) oder der Gewerbeordnung (GewO) noch infolge Widerrufs nach dem HWiG unwirksam. Auch ein Einwendungsdurchgriff aus dem Immobilienkauf scheidet aus.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Schließlich haftet die Beklagte nicht aus Aufklärungs- und Beratungsverschulden auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages. Dass das Landgericht die der Beklagten bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrags zustehenden Rückabwicklungsansprüche unberücksichtigt gelassen hat, spielt daher im Ergebnis keine Rolle.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>1. Der Darlehensvertrag wurde von der Treuhänderin K. GmbH wirksam als Vertreterin der Klägerin und ihres Ehemannes abgeschlossen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>a) Allerdings geht auch der Senat aufgrund der neueren Rechtsprechung des BGH davon aus, dass der Treuhandvertrag und die darin der K. GmbH erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG gem. § 134 BGB nichtig sind (vgl. zuletzt BGH v. 08.04.2003 - XI ZR 193/02 - ZIP 2003, 1082 m.w.N.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Selbst mit Blick auf das Gebot der verfassungskonformen Auslegung und Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes (vgl. zuletzt BVerfG ZIP 2002, 2048) kann der Ansicht der Beklagten nicht gefolgt werden, im Unterschied zu den Treuhandtätigkeiten im Rahmen der vom BGH jeweils beurteilten Bauträgermodelle stehe bei der hier maßgeblichen Abwicklung eines Bauherrenmodells die finanztechnische und damit wirtschaftliche und kaufmännische Betreuung im Vordergrund, nicht aber rechtsbesorgende Tätigkeit.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Um ein Bauherrenmodell handelte es sich beim vorliegenden Anlagemodell keineswegs, wie schon der Prospekt erkennen lässt, in dem das "G. INVEST - Bauträger - Konzept" beschrieben und beworben wird. Aus dem Kaufvertrag der Klägerin und ihres Ehemannes mit der Firma S. ergibt sich die Herstellungsverpflichtung der Verkäuferin und Grundstückseigentümerin als Bauträgerin, das heißt die Erwerber kauften eine noch zu errichtende Immobilie ohne eigenes Bauherrenrisiko. Abgesehen davon kommt es nicht auf die Art des Erwerbs, sondern auf die konkrete Ausgestaltung des Treuhandvertrages an (BGH vom 26.03.2003 - IV ZR 222/02 - WM 2003, 914, 915 = ZIP 2003, 943 f.; BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02, Urteilsumdruck Seite 8 = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die Treuhänderin wurde in § 1 des Treuhandvertrages umfassend mit der Wahrnehmung aller den Erwerbsvorgang betreffenden Interessen beauftragt. Ihr oblagen alle Rechtshandlungen wie der Abschluss des Erwerbsvertrages und alle Verträge mit Dienst- und Beratungsleistungserbringern und im Zusammenhang mit der Finanzierung. Daraus konnte sich, vor allem bei Schwierigkeiten in der Durchführung des Objekts, erheblicher Beratungsbedarf in rechtlicher Hinsicht ergeben. Ihre Befugnis ging sogar so weit, bei erkennbarer Nichtrealisierbarkeit des angestrebten Erwerbsvorganges die Rückabwicklung abgeschlossener Verträge vorzunehmen einschließlich der Rückauflassung und Löschung eingetragener Rechte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Dies alles geht über die bloße Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange und über einfache Hilfstätigkeiten hinaus, selbst wenn die von der K. GmbH abzuschließenden Verträge im Rahmen der Projektierung schon als Muster vorgelegen haben (BGH vom 11.10.2001 - III ZR 182/00, NJW 2002, 66, 67 = BGH-Report 2002, 7 f.; BGH vom 18.09.2001 - XI ZR 321/00, NJW 2001, 3774 = BGH-Report 2002, 27 f.; BGH vom 26.03.2003; IV ZR 222/02; WM 2003, 914 = ZIP 2003, 943: betreffend das vorliegende Anlagemodell).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>b) Die Nichtigkeit des Vertrages erfasst jedoch nicht den zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag. Dieser ist nicht auf die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes, nämlich eine nicht genehmigte geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, gerichtet (BGH NJW 2001, 3774). Der sachnotwendige enge Zusammenhang zwischen der unerlaubten Rechtsbesorgung und dem durch sie bewirkten Vertragsschluss mit einem Dritten genügt nicht, so lange dieser nicht als Beteiligter der unerlaubten Rechtsbesorgung angesehen werden muss (BGH NJW 1998, 1955; BGH NJW 2001, 3774; BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02 - Urteilsumdruck Seiten 11, 12 = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Von einer Beteiligung der Beklagten, insbesondere einer Mitwirkung am nichtigen Treuhandvertrag oder bei dessen Erfüllung kann hier indessen nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat allerdings in ihren Schriftsätzen vom 04.07.2001 (I 205 ff.) und 08.02.2002 (I 288 ff., 293 f.) die gegenteilige Auffassung vertreten und umfängliche Ausführungen zum Verhältnis der Beklagten zur Initiatorengruppe und besonders zur K. GmbH gemacht. Ihre einzige konkrete Tatsachenbehauptung, die Beklagte habe auf den Text des Treuhandvertrages und der Vollmacht Einfluss genommen, findet in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme aber keine Bestätigung. Der Zeuge K., Rechtsanwalt und Geschäftsführer der K. GmbH, bekundete, er selbst habe den Treuhandvertrag und die Vollmacht im Wesentlichen ausgearbeitet gehabt. Die Bank habe dabei keinen Einfluss gehabt (I 437). Der seinerzeitige Vorstandsvorsitzende der Beklagten, der Zeuge M., und der Kreditsachbearbeiter H. der Beklagten verneinten eine Einflussnahme der Bank auf die textliche Gestaltung. Auch eine enge Zusammenarbeit mit der K. GmbH hat es nach ihren Angaben außerhalb der Einreichung und Bearbeitung von Kreditanträgen nicht gegeben (I 431, 439). Der Zeuge G., maßgeblicher Mann im Initiatorenkreis, verneinte eine Mitwirkung der Beklagten bei der Ausarbeitung ebenso wie eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit der Beklagten mit der K. GmbH (I 435). Der Zeuge P., Geschäftsführer mehrerer beteiligter Gesellschaften, machte inhaltlich mit diesen Aussagen übereinstimmende Angaben (I 438 f).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Klägerin hat weiter ausgeführt: Die K. GmbH sei seitens der Beklagten und der Initiatorin dem jeweiligen Käufer "gestellt" worden. Der Notar K. habe den Text des Treuhandvertrages entworfen und ihn der Beklagten zugeleitet, die ihn dann über die Vertriebsorganisation den Beratern zugeleitet habe (I 206). Sie habe damit "eine nichtige Form der Vertragsabwicklung in den Verkehr gebracht". Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz schlage auf den Kreditvertrag durch (I 217). Die Beklagte habe an der verbotenen Rechtsbesorgung der K. GmbH teilgenommen (I 219). Die K. GmbH sei nämlich bei allen Objekten der G. -Gruppe Treuhänderin gewesen und habe demnach für die Beklagte viele hundert Kreditverträge abgeschlossen. Die Beklagte habe sich also deren Handeln zu Eigen gemacht. Wirtschaftlich handle es sich bei der Geschäftsbesorgerin um die Interessenvertreterin der Beklagten. Die Beklagte habe sich mit immer den gleichen juristischen Personen über mehr als ein Jahrzehnt an einem "Kredit- und Wohnungskäuferring" beteiligt (I 292) und den beteiligten Unternehmen, so auch der K. GmbH, Gebühren gesichert.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Die Klägerin stellt mit diesem Vortrag vornehmlich spekulative Erwägungen in den Raum.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Konkrete Tatsachen für eine Mitwirkung der Beklagten bei der Ausgestaltung und Erfüllung des Treuhandvertrages lassen sich aus dem spekulativen Vorbringen der Klägerin im Übrigen nicht entnehmen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Dass die Beklagte Interesse an den von der K. GmbH für Erwerbsinteressenten abgeschlossenen Kreditverträgen hatte, versteht sich von selbst und macht sie nicht zur Beteiligten unerlaubter Rechtsbesorgungen. Auch soweit die Klägerin weitergreifend die zielgerichtete Einbindung der Beklagten in den Vertrieb des Anlagemodells über deren Funktion als Kreditgeberin der Erwerber hinaus behauptet, bewegt sie sich im spekulativen Raum. Die Vielzahl und der Gesamtumfang der Finanzierungen der Beklagten rechtfertigen keineswegs den Schluss, sie sei mit initiativ und am Vertrieb als Organisation der Initiatorengruppe beteiligt gewesen. Eine Beteiligung am Abschluss oder der Erfüllung des Treuhandvertrages kann daher auch nicht über eine vermeintliche Einbindung der Beklagten in das Gefüge der Projektbetreiber herbeiargumentiert werden (BGH NJW 1998, 1955).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Zu Unrecht verweist die Klägerin auf die sogenannten "Unfallhilfefälle" (vgl. BGH NJW 1977, 38) zum Nachweis organisierten Zusammenwirkens von Banken und rechtsberatenden Geschäftsbesorgern. Bei Steuersparmodellen der vorliegenden Art geht es nicht um eine Entlastung des Kreditnehmers bei der Durchsetzung von Rechtsansprüchen, sondern um die Finanzierung zum Erwerb von Immobilien. Nur durch die Vollfinanzierung des Erwerbs können die angestrebten Steuervorteile erreicht werden. Kreditinstitute mussten daher jedenfalls bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265) keine Bedenken gegen den Abschluss von Finanzierungsverträgen mit umfassend bevollmächtigten Treuhändern hegen oder gar den Vorwurf unerlaubter Rechtsberatung befürchten (siehe dazu wie zum Gesamten die im Verfahren vorgelegte Entscheidung des OLG Zweibrücken, - 7 U 159/00 -, Seiten 9/10; Anlagenband LG II). Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft zwischen der Beteiligung an einem steuersparenden Immobilienmodell und dessen Finanzierung verneint (siehe dazu noch unten, sowie zuletzt BGH vom 18.03.2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 919, 922 = ZIP 2003, 984 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Der Senat tritt daher der wertenden Gesamtbeurteilung des OLG Zweibrücken in seinem von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 08.07.2002 (7 U 159/00) bei, wonach unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten, der grundsätzlichen Risikoverteilung zwischen Kreditgeber und -nehmer hinsichtlich der Verwendung des Kredits sowie unter Einbeziehung volkswirtschaftlicher Auswirkungen nicht von einer Nichtigkeit des Darlehensvertrages wegen Beteiligung der Bank an der unerlaubten Rechtsberatung der Treuhänderin ausgegangen werden kann. Diese Beurteilung hat im Ergebnis auch der BGH in seiner Revisionsentscheidung zum vorbezeichneten Urteils des OLG Zweibrücken vom 03.06.2003 (XI ZR 289/02, Urteilsumdruck Seiten 12 - 15 = ZIP 2003, 1644 f.) gebilligt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Die behauptete Teilnahme der Beklagten am Abschluss und bei der Erfüllung des Treuhandvertrages lässt sich danach nicht feststellen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>c) Zwar handelte die K. GmbH bei Abschluss des Darlehensvertrages ohne rechtsgeschäftlich wirksam erteilte Vertretungsmacht, weil die Nichtigkeit des Treuhandvertrages auch die Vollmacht erfasst (BGH vom 18.03.2003, XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 920 = ZIP 2003, 984 f.; vom 08.04.2003, XI ZR 193/02, ZIP 2003, 1082, 1083). Gleichwohl lag kein Fall fehlender Vertretungsmacht nach § 177 Abs. 1 BGB vor.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>aa) Zu Gunsten der Beklagten greift die Rechtsscheinhaftung aus §§ 171-173 BGB ein. Sie durfte auf die Gültigkeit der ihr vorgelegten notariellen Ausfertigung der Vollmacht vertrauen. Deren Unwirksamkeit war ihr weder bekannt noch musste sie sie kennen (vgl. dazu BGH vom 18.09.2001 - XI ZR 321/00, NJW 2001, 3774 = BGH-Report 2002, 27 f.; BGH vom 14.05.2002 - XI ZR 155/01, ZIP 2002, 1191, 1193 = BGH-Report 2002, 639; BGH vom 03.06.2003 - XI ZR 289/02; Urteilsumdruck S. 9 ff = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Eine Nachforschungs- oder Überprüfungsverpflichtung besteht insoweit nicht; der Vertrauensschutz aus §§ 172, 173 BGB gilt über den Wortlaut der Vorschriften hinaus auch bei einer von Anfang an nicht wirksam erteilten Vollmacht (BGH NJW 2001, 3774 f. = BGH-Report 2002, 27 f.; BGH NJW 2000, 2270, 2271).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Aufgrund der klaren Aussage des Zeugen H. vor dem Landgericht steht für den Senat fest, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrags durch den Zeugen K. in ihren Geschäftsräumen eine notarielle Ausfertigung der Treuhandvollmacht vorlag (I 433), die ihr mit Schreiben der F. GmbH vom 14.08.1990 (Beiheft LG II) übersandt worden war. Aus der Aussage des Zeugen K. ergibt sich, dass jedenfalls auf Veranlassung der K. GmbH die Ausfertigung der Vollmacht an die Beklagte weitergeleitet wurde. Damit lag ein den Rechtsschein erzeugender Verlautbarungstatbestand im Sinne des § 172 Abs. 1 BGB zu Gunsten der Beklagten vor (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 20, 23).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Entgegen den zuletzt im Senatstermin geäußerten Bedenken des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hindert der Verbotszweck des Art. 1 § 1 RBerG die Anwendung der Rechtsscheingrundsätze nicht (BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02, Urteilsumdruck S. 9 f = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Die von der Klägerin vorgelegte Entscheidung des IV. Zivilsenats des BGH vom 26.03.2003 (IV ZR 222/02, WM 2003, 914 = ZIP 2003, 943) steht der Anwendung der Schutzvorschriften der §§ 171 ff. BGB nicht entgegen. Sie betrifft die Frage fehlender Vollmacht bei einer Vollstreckungsunterwerfung, die prozessrechtlichen Regeln der §§ 78 ff. ZPO folgt und daher einer materiell-rechtlichen Rechtsscheinhaftung des Vollmachtgebers nicht zugänglich ist (Krit. hierzu: Paulus/Henkel, NJW 2003, 1692 ff).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Die Beklagte hatte im Jahre 1990 keinen Anlass, die Unwirksamkeit des Treuhandvertrages und der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in Betracht zu ziehen. Ein solcher Anlass entstand nicht vor der Veröffentlichung des BGH-Urteils vom 28.09.2000 (IX ZR 297/99, NJW 2001, 70 ff. = MDR 2001, 178; Ganter WM 2001, 195, 196 unter 3.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>In diesem Urteil hat der IX. Zivilsenat des BGH das Verschulden eines aus Amtspflichtverletzung in Anspruch genommenen Notars, der einen dem Treuhandvertrag des vorliegenden Falles vergleichbaren, gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Geschäftsbesorgungsvertrag im Jahre 1993 beurkundet hatte, mit der Begründung verneint, nach der bis dahin veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur habe ein durchschnittlich erfahrener und pflichtbewusster Notar keine Bedenken gegen die Beurkundung eines derartigen Vertrages haben müssen. Erstmals in den Jahren 1997 und 1999 sei ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz durch Entscheidungen der Landgerichte Karlsruhe und Landau/Pfalz bejaht worden (BGH a.a.O., Seite 73).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Für die Beklagte konnte danach Ende 1990 kein strengerer Maßstab gelten. Sie durfte sich auf die von einem Fachmann geprüfte Gültigkeit des Vertrages und der Vollmacht ohne weitere Prüfung verlassen (BGH vom 14.05.2002, XI ZR 155/01, ZIP 2002, 1191, 1193 unter II.3b = BGH-Report 2002, 639; BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02, Urteilsumdruck S. 10 f. = ZIP 2003, 1644 f.; OLG Karlsruhe, OLGR 2003,20,24). Insofern rechtfertigt der Schluss auf mangelndes Verschulden des beurkundenden Notars - de maiore ad minus - die weitere Folgerung, dass weder ein Vertragsbeteiligter noch ein Dritter wie hier die Beklagte den Verstoß des Treuhandvertrages und der Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz erkennen konnten (BGH a.a.O., Seite 1194; ebenso wohl BGH vom 18.09.2001, NJW 2001, 3774, 3775 unter II 5 = BGH-Report 2002, 27 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Dies gilt selbst dann, wenn - wie hier - der beklagten Bank neben der Vollmacht der gesamte Geschäftsbesorgungsvertrag vorgelegt worden ist und sich aus dem Vertrag objektiv der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz ergibt. Denn das Kreditinstitut musste nicht hellsichtiger sein als der beurkundende Notar (Ganter WM 2001, 196 unter 3a; OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 20, 24; OLG Zweibrücken vom 25.03.2002, - 7 U 145/00 - und vom 08.07.2002 - 7 U 159/00 -, in Kopie siehe Beiheft LG II). Ungeachtet dessen ließen Treuhandvertrag und Vollmacht gar nicht erkennen, ob die K. GmbH über eine Rechtsberatungserlaubnis verfügte. § 173 BGB stellt im Übrigen ohnehin auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels der Vertretungsmacht und nicht der diesen begründenden Umstände ab (BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02 - Urteilsumdruck S. 11 = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>bb) Die vom Landgericht unter Berufung auf das Urteil der 9. Zivilkammer dieses Gerichts vom 11.10.2002 (9 O 76/01; Kopie Beiheft LG I) vertretene Auffassung, eine Rechtsscheinhaftung entfalle wegen der aus der Vollmacht sich erschließenden Evidenz des Gesetzesverstoßes, teilt der Senat schon aus dem letztgenannten Grunde nicht. Von einem evidenten Rechtsverstoß kann außerdem schon im Hinblick auf die seit dem Urteil des BGH vom 28.09.2000 (NJW 2001, 70 ff. = MDR 2001, 178) ergangenen BGH-Entscheidungen und das von dieser Entscheidung ausgehende Echo nicht gesprochen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="52"/>Der Vertrauensschutz gemäß § 173 BGB ist mit den Tatbestandsmerkmalen "Kenntnis oder Kennenmüssen" vor die gleichen Anforderungen gestellt wie die Annahme des Verschuldens als Haftungsvoraussetzung in § 276 BGB. Während der Kenntnis von dem Rechtsverstoß das vorsatzbegründende Verschuldenselement entspricht, gleicht das Kennenmüssen der Voraussehbarkeit und Verhinderungsmöglichkeit im Rahmen des auf allgemeine Verkehrsbedürfnisse ausgerichteten objektiven Sorgfaltsmaßstabes bei Begründung des Fahrlässigkeitsvorwurfs (vgl. auch BGH NJW 1985, 730). Diese Entsprechung hat in § 122 Abs. 2 BGB auch ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden. Insofern trifft der Hinweis des Landgerichts, die zutreffende Bewertung der Rechtslage stelle sich nur bei der Klärung des Verschuldens als Voraussetzung einer Schadensersatzhaftung, nicht aber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kraft Rechtsscheins, nicht zu.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="53"/>Mit beachtlichen Argumenten greift das oben genannte Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.10.2002 die Bejahung des Vertrauensschutzes gem. §§ 171 ff. BGB an, wenn der Unwirksamkeitsgrund durch rechtlich zutreffende Subsumtion aus der Vollmachtsurkunde feststellbar ist und sich das Vertrauen nur auf ein in der Rechtspraxis mehr oder weniger akzeptiertes Gültigkeitsurteil stützt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>Auch das hierbei als Argumentationsgrundlage herangezogene Urteil des Reichsgerichts (RGZ 108, 125 ff.) bürdet allerdings demjenigen, der mit dem rechtsunwirksam Bevollmächtigten abschließt, das Risiko fehlerhafter rechtlicher Bewertung des Vertretungs- und/oder Vollmachtinhalts nur dann auf, wenn er die daraus hervorgehenden rechtlichen Mängel erkannt hat oder hätte erkennen müssen. Die These, dass (generell) für aus der Vollmacht sich ergebende rechtliche Mängel kein Vertrauensschutz bestehe (Urteil Seite 12 unten), trifft deshalb in dieser Allgemeinheit nicht zu.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>Nach Ansicht des Senats ist es aus Gründen des Verkehrsschutzes auch nicht zu beanstanden, die gleichsam in ein Gültigkeitszertifikat mündende notarielle Rechtsprüfung als ausreichende, wenngleich vom Landgericht als unzureichend bewertete Rechtsscheingrundlage heranzuziehen, statt die Schwelle beim Erfordernis "einer konkreten höchstrichterlichen Rechtsprechung" anzusetzen. Die Funktion der notariellen Beurkundung besteht u.a. auch gerade darin, dem Verkehr verlässliche Grundlagen für rechtlich relevantes Handeln auf besonders bedeutsamen und risikoreichen privatrechtlichen Gebieten an die Hand zu geben. Deshalb hat der BGH davor gewarnt, die Anforderungen an die Wirksamkeitsprüfung im Rahmen des § 173 BGB zu überspannen und zugleich gerade das Fehlen einer - den Vertrauensschutz beendenden (!) - höchstrichterlichen Rechtsprechung als Grund herangezogen, die im konkreten Fall zu beurteilende notariell beurkundete Vollmacht, die gemäß §§ 139, 313 Satz 1 BGB in der Fassung vom 30.05.1973 wegen fehlender Beurkundung des zugrundeliegenden Betreuungsvertrages nichtig war, als eine für die Bank hinreichende Vertrauensgrundlage zu bewerten (BGH NJW 1985, 730, 731).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="56"/>An dieser Beurteilung hat der BGH in seinen Entscheidungen vom 18.09.2001 (NJW 2001, 3774 ff. = MDR 2001, 178) und 14.05.2002 (ZIP 2002, 1191 ff. = BGH-Report 2002, 639) und jüngst mit seinem Verweis auf die Maßgeblichkeit des Wortlauts des § 173 BGB im Urteil vom 03.06.2003 (XI ZR 289/02, ZIP 2003, 1644 f.) offensichtlich festgehalten. Der Senat sieht keinen ausreichenden Grund, hiervon abzuweichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>2. Dass die zum Abschluss des Darlehensvertrages von der K. GmbH vorgelegte Vollmacht unabhängig von der zuvor erörterten Überwindung von Nichtigkeitsgründen aufgrund Rechtsscheins die Pflichtangaben gemäß der seinerzeit geltenden PAngV bzw. des später in Kraft getretenen VerbrKrG (§ 4 Abs. 1 Satz 4) nicht enthält, führte weder unmittelbar noch unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsschutzes (Einschaltung eines "institutionellen" gewerblichen Stellvertreters mit unwiderruflicher Vollmacht) zur Unwirksamkeit der Vollmacht oder des auf ihrer Grundlage abgeschlossenen Darlehensvertrages (so aber die Schriftsätze der Klägerin vom 14.11.2000, Seiten 14, 20, I 113, 119; und vom 12.12.2000, I 68 ff.; und vom 04.07.2001, S. 7 ff., I 211 ff.)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>Selbst unter der Geltung des im vorliegenden Fall noch nicht anwendbaren VerbrKrG war die Wirksamkeit der Vollmacht nicht von den Mindestangaben der Kreditbedingungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG abhängig (BGH vom 18.09.2001, XI ZR 321/00, NJW 2001, 3774 f. = BGH-Report 2002, 27 f.; BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02, Urteilsumdruck S. 5f. = ZIP 2003, 1644 f.). Erst recht können Nichtigkeitsfolgen nicht aus den Ordnungsvorschriften der PAngV hergeleitet werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/>3. Mangels Geltung des VerbrKrG kann auch der Darlehensvertrag selbst nicht aus den vorstehend erörterten Gesichtspunkten als unwirksam betrachtet werden. Das VerbrKrG ist auch nicht etwa aufgrund einer Zinsanpassungsvereinbarung nach Ablauf der Zinsbindungsfrist im Jahre 1994 anwendbar, weil hierdurch kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wurde (so genannte unechte Abschnittsfinanzierung; BGH WM 1997, 2353 ff.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>Etwaige Verstöße gegen die PAngV hätten im Übrigen keine Unwirksamkeit des Darlehensvertrages zur Folge (BGH a.a.O., Seite 2355).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>4. Entgegen den Ausführungen der Klägerin ist der Darlehensvertrag nicht infolge ihres Widerrufs vom 07.09.1999 (K 3) gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 HWiG unwirksam geworden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="62"/>a) Der Vertrag ist auf der Seite der Darlehensnehmer durch die K. GmbH als deren Vertreterin in den Geschäftsräumen der Beklagten geschlossen worden, was im Ergebnis nicht streitig und durch die Aussagen der Zeugen H. und K. im Übrigen nachgewiesen ist. Soweit es um die sogenannte Haustürsituation geht, ist nach dem Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB allein die Person des Vertreters maßgebend (BGH vom 02.05.2000, XI ZR 150/99, NJW 2000, 2268; BGH XI ZR 108/99, NJW 2000, 2270; BGH XI ZR 243/99, ZIP 2000, 1158). Der Zeuge K. schloss den Vertrag nicht in einer Überraschungssituation im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG ab.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>b) Der Darlehensvertrag ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Klägerin und ihr Ehemann zum Abschluss des Treuhandvertrages und der Erteilung der darin wurzelnden Vollmacht letztlich aufgrund einer Haustürsituation ohne Erteilung einer Widerrufsbelehrung gemäß § 2 HWiG bestimmt worden sind.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="64"/>aa) Ob die Treugeber einen Widerruf wirksam erklärt haben oder dies noch nachholen könnten, kann dahingestellt bleiben. Offen bleiben kann auch, ob eine Vollmacht nach dem HWiG überhaupt widerrufen werden kann. Es kommt schließlich nicht darauf an, ob die Beklagte aufgrund besonderer Kenntnisse vom Vertriebsgebaren der Projektbetreiber wusste oder wissen musste, dass die Klägerin und ihr Ehemann den Treuhandvertrag im Gefolge einer Verhandlungssituation im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG abgeschlossen hatten. Insoweit ist die Kenntnis der Beklagten allerdings schon deshalb zweifelhaft, weil zwischen Abschluss des Treuhandvertrages (17.07.1990) und dem Abschluss des Darlehensvertrages (30.11.1990) mehrere Monate lagen. Entscheidend ist vorliegend aber, dass der Beklagten, wie oben unter 1. schon dargelegt worden ist, vor Abschluss des Darlehensvertrages eine notarielle Vollmacht in Ausfertigung vorlag. Zu ihren Gunsten greift auch insoweit der Vertrauensschutz aus §§ 172 Abs. 1, 173 BGB ein. Die Beklagte durfte, ohne sich einem Fahrlässigkeitsvorwurf auszusetzen, darauf vertrauen, dass ein Widerrufsrecht nach der klaren Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG nicht gegeben war (BGH NJW 2000, 2268, 2269; 2270, 2271; ZIP 2000, 1158, 1159). Dies gilt selbst dann, wenn § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG mit der Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1995 kollidieren sollte (BGH jeweils a.a.O.). Diese Richtlinie setzt im Übrigen eine Haustürsituation voraus, an der es bei der notariellen Beurkundung einer Willenserklärung in den Kanzleiräumen des Notars fehlt (BGH vom 08.04.2003, XI ZR 193/02, ZIP 2003, 1083).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>bb) Nach der Vernehmung der Zeugen K. (Ehemann der Klägerin) und W. erscheint schon fraglich, ob die Zeugin nicht auf Bestellung der Eheleute K. Gespräche über die Anlagemöglichkeiten führte (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG). Denn der Zeuge K. gab an, die gemeinsame Bekannte, Frau L., habe ihn nach dem Interesse an einer Geldanlage befragt, worauf er einen Termin mit dem Zeugen B. und Frau L. vereinbart gehabt habe und einen weiteren mit der Zeugin W. (I 388 f).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="66"/>cc) Ungeachtet dessen gilt, dass die Anwerbung der Klägerin und ihres Ehemannes durch die von der Vertriebsorganisation eingesetzte Vermittlerin W. der Beklagten entgegen den Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 23.11.1999 (I 38 ff.) ohnehin nicht zugerechnet werden könnte. Dass die Beklagte sich das Handeln der Zeugin W. letztlich objektiv zu Nutze machte, genügt allein nicht. Die Zurechnung könnte vielmehr nur nach den zu § 123 BGB entwickelten Grundsätzen erfolgen (BGH vom 12.11.2002 - XI ZR 3/01, ZIP 2003, 22 ff. = BGH-Report 2003, 235; BGH vom 21.01.2003 - XI ZR 125/02, NJW 2003, 1390, 1391 = BGH-Report 2003, 388). Da die Zeugin W. nicht angestellte Mitarbeiterin oder Beauftragte der Beklagten war und die Beweisaufnahme auch keinerlei Hinweise darauf ergeben hat, dass die Zeugin enge Beziehungen zur Beklagten hegte und daher als deren Vertrauensperson erschien, müsste die Beklagte gewusst haben oder wissen müssen, dass die Zeugin W. oder sonstige Vermittlungspersonen, die als Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB anzusehen waren, ihre Kunden, also auch die Klägerin und ihren Ehemann im Rahmen von Haustürsituationen anwarben. Dazu hat die Vernehmung der Zeugen K., W. und B. aber nichts ergeben. Allerdings würde es genügen, wenn die Beklagte Anhaltspunkte dafür hatte, dass der Vertrieb der Projektbetreiber auf die beschriebene Weise ihre Kunden zu akquirieren pflegte. Denn dann bestand eine Erkundigungspflicht der Beklagten, deren Vernachlässigung sie dem Fahrlässigkeitsvorwurf aussetzen würde (BGH ZIP 2003, 22 ff.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>Dass der Vertrieb der Studentenappartements über gewerbliche Unternehmen unter Einschaltung eines Treuhänders und über Vermittler erfolgte, verpflichtete die Beklagte noch nicht zur Nachfrage, ob die Kunden in ihrer Privatwohnung oder am Arbeitsplatz ohne vorherige Bestellung aufgesucht worden waren (vgl. BGH a.a.O.)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="68"/>Soweit die Zeugin angab, zwischen der Bank (Beklagte) und dem Vertrieb habe es eine sehr enge Verbindung gegeben (I 408), lassen sich dafür keine konkreten Anhaltspunkte feststellen. Die Zeugin räumte selbst ein, nicht selbst in Kontakt mit der Beklagten gestanden zu haben. Ihre Aussage basiert ausschließlich auf Schlussfolgerungen. Die Vernehmung der Zeugen H. (I 431 ff.), G. (I 435 f.), K. (I 437 f.), P. (I 439), M. (I 440 f.) und K. (I 442 f.) hat letztlich keine greifbaren Tatsachengrundlagen für eine Einbindung der Beklagten in die Projektorganisation oder ihre Kenntnisse von der Art und Weise des Akquisitionsgeschehens erbracht. Vielmehr ist nach diesen Aussagen davon auszugehen, dass die Beklagte zwar grundsätzlich - unstreitig - ihre Bereitschaft zur Finanzierung geworbener Erwerbsinteressenten erklärt hatte und auch den Prospekt gemäß Anlage B 1 kannte (so der Zeuge M., I 441), im Übrigen aber die einzelnen Kreditverträge, so auch denjenigen mit der Klägerin und ihrem Ehemann, über die K. GmbH als Treuhänderin abgeschlossen wurden, ohne dass der Beklagten die Einzelheiten der konkreten Geschäftsanbahnung mit den Kunden bekannt waren. Dass dies stets im Rahmen sogenannter Haustürsituationen geschah oder geschehen musste, steht weder fest noch erscheint dies sonst zwingend.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="69"/>5. Die Ansicht der Klägerin, der Darlehensvertrag sei wegen unzulässigen Vertragsschlusses im Reisegewerbe gem. §§ 55, 56 GewO i. V. mit § 134 BGB nichtig, geht fehl. Der Vertrag wurde durch die Kuramandat GmbH in den Geschäftsräumen der Beklagten abgeschlossen. Seit Geltung des HWiG richtet sich der Schutz von Verbrauchern vor sogenannten Überrumpelungssituationen ohnehin nur nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen gewerberechtliche Vorschriften scheidet daher aus (vgl. dazu BGHZ 131, 385, 390).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="70"/>6. Die Klägerin kann der Beklagten Einwendungen aus dem Immobilienerwerbsgeschäft nicht im Wege des Rückforderungsdurchgriffs gem. § 242 BGB (§ 9 Abs. 3 VerbrKrG galt hier noch nicht) entgegenhalten. Dem steht schon der Gesichtspunkt der Akzessorietät entgegen, da die Klägerin und ihr Ehemann am Immobilienerwerbsgeschäft offensichtlich festhalten (vgl. hierzu BGH vom 27.06.2000, XI ZR 174/99, ZIP 2000, 1430 ff. und XI ZR 210/99, ZIP 2000, 1483 ff).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="71"/>Im Übrigen besteht nach der BGH-Rechtsprechung zwischen einem Realkreditvertrag (Kreditteil a) der Darlehensurkunde gem. Anlage K 1, 34.620,-- DM) und dem finanzierten Geschäft keine wirtschaftliche Einheit; denn beim Immobilienerwerb weiß auch der geschäftsunerfahrene und rechtsunkundige Laie, dass Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel personenverschieden sind (BGH v. 09.04.2002, XI ZR 91/99 NJW 2002, 1881, 1884 = BGH-Report 2002, 596). Ein Ausnahmefall kommt nur in Betracht, wenn der Kreditgeber über seine Finanzierungsrolle hinaus Funktionen des Verkäufers, etwa in Werbung und Vertrieb, übernimmt. Dass ein solcher Fall hier nicht vorlag, wird unter 7. noch näher ausgeführt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="72"/>Ob eine wirtschaftliche Einheit auch bei einem durch Personalkreditvertrag (Kreditteil b) der Darlehensurkunde gem. Anlage K 1, 87.620,00 DM) von vornherein ausscheidet, ist in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt worden (Nachweise bei OLG Stuttgart ZIP 2001, 692 ff. unter 4 a = OLGR 2001, 332; bejahend: OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 295 ff., wohl auch OLG Stuttgart WM 2000, 2146, 2150). Der BGH hat die Frage bisher offengelassen (ZIP 2000, 1430 ff.; 1483 ff.). Der Senat ist der Auffassung, dass gerade wegen der bei Steuersparmodellen erwünschten Trennung der unterschiedlichen Rechtsgeschäfte jedenfalls hier ein Durchgriff gem. § 242 BGB ebenfalls ausscheidet (OLG Stuttgart WM 2000, 2150).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="73"/>7. Die Beklagte ist der Klägerin nicht wegen fehlerhafter Beratung bei Abschluss der Finanzierung aus cic schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass sie aus der Darlehensverpflichtung freizustellen wäre und Rückzahlung von Zinsen und Kontoführungsgebühren verlangen könnte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="74"/>a) Der Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe ihr insbesondere die erheblichen Nachteile im Rahmen der Zinsbelastung, aufgrund der Vereinbarung eines Disagio, der Zwischenfinanzierung und der erheblichen Kreditverteuerung durch Tilgung über Lebensversicherungsverträge verschwiegen, geht fehl.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="75"/>Diese "Nachteile" gehörten zur Struktur des Steuersparmodells, wie sich aus dem Prospekt und auch aus den erläuternden Angaben aller Zeugen von Banken-, Vermittler-, und Projektbetreiberseite ergibt. Daher kann die Klägerin nicht ohne Betrachtung der mit der Anlage bezweckten Vorteile einzelne, für sich betrachtet gegenüber Finanzierungsalternativen ungünstigere Parameter der konkreten Vertragsgestaltung herausgreifen und unter dem Gesichtspunkt eines Aufklärungsverschuldens beurteilen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="76"/>Die Beklagte hatte mit der Klägerin und ihrem Ehemann keinen persönlichen Verhandlungskontakt. Der Vertrag kam vielmehr über deren treuhänderische Vertreterin, die K. GmbH zustande. Diese durfte die Beklagte als umfassend beratend tätige, fachkundige Interessenvertreterin der Darlehensnehmer betrachten. Sie hatte deshalb keinen Anlass zu deren Beratung und Aufklärung hinsichtlich etwaiger Finanzierungsalternativen. Die Aufklärung über Chancen und Risiken eines finanzierten Anlagemodells gehört ohnehin nicht zu den Pflichten einer Bank.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="77"/>Nach dem Vorbringen der Klägerin und dem schon in anderen Zusammenhängen in den Blick gerückten Beweisergebnis lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten und die Funktion eines Anlagepartners übernommen hatte. Genauso wenig ist anzunehmen, dass die Beklagte aufgrund von Kenntnissen besonderer Risiken des Anlageobjekts über einen offenbarungspflichtigen Wissensvorsprung verfügte, für die Anleger einen besonderen Gefährdungstatbestand schuf oder sich bei der Kreditvergabe in eine schwerwiegende Interessenkollision begeben hatte. Nur unter diesen genannten Voraussetzungen kann ausnahmsweise ein Schadensersatzanspruch aus cic begründet sein (BGH ZIP 2000, 1430 ff.; NJW 1992, 2146 ff.; NJW-RR 1992, 373 f.; Siol in Schimanski/Bunte/Lwowsky, Bankrechtshandbuch, 2. Auflage, Band I, § 44 Rdz. 20 ff.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="78"/>Eine Einbindung des Beklagten in den Vertrieb des Anlagemodells oder ein sonstiges, insbesondere etwa gesellschafterliches Zusammenwirken mit der sogenannten G. -Gruppe kann nach den angesprochenen Zeugenaussagen nicht zugrunde gelegt werden. Die Beklagte hat danach vielmehr im Einzelfall über Kreditbewilligungen befunden, wobei Kunden nicht an die Finanzierung gemäß Prospekt gebunden waren (so der Zeuge H., I 430 und der Zeuge K., I 442).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="79"/>Dass die Beklagte die Global- oder Aufbaufinanzierung des Anlageobjekts gegen Absicherung durch eine Globalgrundschuld durchführte und zugleich die Bereitschaft zur Finanzierung der einzelnen Erwerber erklärt hatte (sogenannte Doppelfinanzierung), begründete weder eine Interessenkollision noch verließ die Beklagte damit ihre typische Rolle als Kreditgeberin (BGH NJW 1988, 1583, 1584; NJW RR 1992, 879, 882; OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 20,25; OLG Stuttgart WM 2000, 292, 295).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="80"/>Dass nach Ablauf der Zinsbindungsfrist (30.11.1994) höhere Zinsen auf die Darlehensnehmer zukommen konnten und daher die Anlage - wie die Klägerin meint - sich von vornherein als Verlustgeschäft darstellte, begründet jedenfalls kein Aufklärungsverschulden aufgrund eines Wissensvorsprungs der Beklagten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="81"/>Der Wirkungszusammenhang von Disagio und geringerer Verzinsung im 1. Finanzierungsabschnitt und die Notwendigkeit anschließender Neuvereinbarung der Zinshöhe erschloss sich aus dem Vertragstext des Darlehensvertrages und im Übrigen aus den Erläuterungen und Beispielen im Prospekt. Die Klägerin und ihr Ehemann waren insoweit durch die Treuhänderin und die von dieser in ihrem Namen beauftragte Finanzierungsvermittlerin (siehe Seiten 30, 31, 40 Ziff. 8 des Prospekts Anlage B 1) beraten. Ein haftungsbegründender Wissensvorsprung der Beklagten ergibt sich daraus nicht. Die Vernehmung der Zeugen H., G., M. und K. hat auch keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass der Beklagten bei Finanzierungsübernahme bekannt war, die Klägerin und ihr Ehemann würden sich in ein Verlustgeschäft stürzen. Insoweit gilt ohnehin das oben schon Gesagte, dass nämlich die Nachteile der Finanzierung nicht ohne Beachtung der Vorteile steuerlicher Art betrachtet werden dürfen. Ob die Anlage letztlich günstiger finanziert werden konnte als geschehen, kann ungeklärt bleiben. Diese Beurteilung bleibt dem Anleger überlassen und hängt von seinen individuellen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen ab. Es ist nicht Aufgabe der Bank, die Rentabilitätsfrage für den einzelnen Darlehensnehmer zu klären (BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02 - Urteilsumdruck S. 17 f = ZIP 2003, 1644 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="82"/>Dass die Beklagte von einer sittenwidrigen Überteuerung des Anlageobjekts hätte ausgehen und die Klägerin und ihren Ehemann darüber aufklären müssen, kann nicht festgestellt werden. Die Bank darf grundsätzlich davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer sich über Zustand und Wert der finanzierten Immobilie selbst kundig macht. Nicht jedes auffällige Missverhältnis von Anlageobjekt und Kaufpreis führt zur Sittenwidrigkeit. Erforderlich ist vielmehr eine etwa doppelte Überhöhung der Leistung im Vergleich zur Gegenleistung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der finanzierten Gesamtsumme alle Nebenkosten und Funktionsträgergebühren enthalten waren. Dem Kaufpreis der Immobilie von etwas mehr als 70.000,-- DM stand eine Darlehenssumme von 122.240,00 DM gegenüber. Unter diesen Umständen kann von einer der Beklagten bekannten sittenwidrigen Überteuerung und einer Aufklärungsverpflichtung kraft Wissensvorsprungs in keiner Hinsicht ausgegangen werden (vgl. insgesamt zu Vorstehendem BGH vom 18.04.2000, XI ZR 133/99, NJW 2000, 2352 ff und BGH vom 18.03.2003, XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921 = ZIP 2003, 984).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="83"/>b) Soweit die Klägerin, insbesondere mit Schriftsätzen vom 14.11.2000 (S. 10 ff., I 109 ff.) und 04.07.2001 (S. 28, I 232) geltend gemacht hat, ihr Ehemann und sie selbst seien mit unzutreffenden Auskünften über die Tilgung durch Lebensversicherungen, die Sonderbelastungen durch das 10%-ige Disagio und mit der falschen Zusage, die monatliche Belastung werde 300,00 DM nicht überschreiten, durch die Zeugin W. zum Abschluss des Darlehensvertrages veranlasst worden, den sie bei zutreffender Beratung nicht abgeschlossen hätten, ist auszuführen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="84"/>aa) Die Verhandlungen der Zeugen B. und W. können der Beklagten nicht gem. § 278 BGB zugerechnet werden. Überlässt ein Kreditinstitut einem selbstständigen Vermittlungsunternehmen, beispielsweise einem Makler, die Anwerbung von Kreditkunden zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs sowie die persönlichen Verhandlungen bis zur Unterschriftsreife und beschränkt es sich selbst auf die Entgegennahme des vom geworbenen Kreditkunden unterzeichneten Kreditantrages mit Angaben zu seinen Einkommen- und Vermögensverhältnissen und über den Verwendungszweck, kann es nicht einwenden, was der Vermittler oder sein beauftragter Untervertreter mit den Kunden vorher besprochen habe, gehe es nichts an. Der für den Kunden bestehende erhebliche Aufklärungs- und Beratungsbedarf gehört dann zum Aufgaben- und Pflichtenkreis des Kreditinstituts. Überlässt es diese Aufgaben Dritten und muss es auch davon ausgehen, dass ein Vermittler nicht nur eigene Mitarbeiter einsetzt, sondern auch selbstständige Untervermittler tätig werden lässt, ist deren Verhalten bei den Darlehensvertragsverhandlungen dem Kreditinstitut gem. § 278 BGB zuzurechnen (BGH vom 24.09.1996, XI ZR 318/95, NJW-RR 1997, 116, 117).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="85"/>Entgegen der sich hierauf stützenden Auffassung der Klägerin geht es hier um eine andere Fallkonstellation, soweit es die Verhandlungen der Zeugen B. und W. mit der Klägerin und ihrem Ehemann betrifft.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="86"/>Diese Zeugen waren nicht mit Kreditverhandlungen befasst, sondern im Rahmen der Anwerbung von Kunden für ein Anlagemodell Dritter, der Firma G. tätig. Die Beklagte gehörte - wie schon erörtert - nicht zu den Projektbeteiligten. Deshalb gilt bei steuersparenden Immobilienanlagemodellen der oben schon angesprochene Grundsatz, dass die Beratung und Aufklärung über die finanzielle Tragbarkeit und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer solchen Anlageentscheidung nicht Sache der finanzierenden Bank ist. Diese kann vielmehr davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer sich fachkundiger Hilfe hierfür bedient und sich die notwendigen Informationen beschafft hat (BGH WM 1990, 920 ff.; NJW 1992, 2146 f.). Die Klägerin und ihr Ehemann haben den Abschluss eines Finanzierungsvermittlungs- und Kreditvertrages in die Hände der K. GmbH gelegt. Die Finanzierung wurde nicht von der Zeugin W. vermittelt. Sie war jedenfalls nicht mit Wissen und Willen der Beklagten in einem dieser obliegenden Aufklärungs- und Beratungsfeld der Klägerin und ihrem Ehemann gegenüber tätig und daher nicht Hilfsperson im Sinne von § 278 BGB (vgl. auch OLG Stuttgart WM 2000, 2146, 2149).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="87"/>Die Beklagte war schon gar nicht verpflichtet, die Darlehensnehmer über die Rückführbarkeit des Kredits aus Mieteinnahmen und durch Nutzbarmachung von Steuervorteilen zu beraten. Diese Fragen betreffen die Rentabilität des Anlagemodells und gehören jedenfalls im Bereich eines solchen nicht zu den Beratungspflichten einer außenstehenden Kreditgeberin (BGH WM 2003, 918, 921; BGH vom 03.06.2003, XI ZR 289/02 - Urteilsumdruck S. 17 = ZIP 2003, 1644 f.; OLG Stuttgart, WM 2000, 292, 296).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="88"/>Einen durch falsche Aufklärung und Beratung verursachten Schaden hat die Klägerin schließlich nicht dargetan. Ohne den geschlossenen Darlehensvertrag wäre der Erwerb der Immobilie nicht erfolgt. Nur wenn die Klägerin und ihr Ehemann wegen der behaupteten unzureichenden Aufklärung sich von den zeitlich längst vor Abschluss des Darlehensvertrages (30.11.1990) abgeschlossenen Verträgen, nämlich zumindest dem Vermittlungsauftrag mit der G. vom 24.07.1990, dem Treuhandvertrag nebst unwiderruflicher Vollmacht vom 17.07.1990 und dem Grundstückskauf vom 27.09.1990 hätten lösen können, hätte sich die mit der Klage angegriffene Bindung an den Darlehensvertrag als Schaden dargestellt. Die Klägerin hätte daher darlegen müssen, dass sie und ihr Ehemann sich hierum mit Erfolg bemüht hätten (BGH WM 1990, 920 ff.). Einen dahingehenden Vorstoß haben sie aber offenkundig nicht unternommen, vielmehr bis jetzt am Erwerb des Appartements festgehalten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="89"/>bb) Da auch der Hilfsantrag der Klägerin von einer fehlenden Bindung an die vereinbarten Vertragsbedingungen ausgeht, im Übrigen im Unterschied zum Hauptantrag (Rückzahlung aller Darlehenszinsen) in der Schadensberechnung aber gezahlte Zinsen, Kontogebühren, Grundsteuer und erzielte Mieteinnahmen saldiert (I 447), ist dieser ebenfalls unbegründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="90"/>cc) Dass die Zeugin W. als offensichtlich selbstständig vermittelnd für die G. I-/G. -Gruppe tätige Vermittlerin die Klägerin und ihren Ehemann durch Falschangaben zum Anlageentschluss und letztlich auch zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmte, hat die erstinstanzliche Beweisaufnahme im Übrigen zur Überzeugung des Senats nicht ergeben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="91"/>Der Zeuge K. hat zwar bekundet (I 389), er habe einen monatlichen Finanzierungsbetrag von 300,00 DM genannt. Die auf ihn und die Klägerin zukommende Belastung lasse sich entsprechend auch aus dem im Computerausdruck (persönliches Berechnungsbeispiel) gemäß Anlage K 5 (Beiheft LG I) aufgeführten Betrag von 313,07 DM ersehen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="92"/>Die Zeugin W. hat diesen Betrag bestätigt (I 409), allerdings mit der Einschränkung, man habe entsprechend dem Berechnungsbeispiel (nur) versucht, der Vorgabe zu entsprechen. Schon daraus lässt sich eine feste Zusage nicht ableiten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="93"/>Dem Zeugen K. wurden nach seinen weiteren Angaben die Dauer dieser Belastung im Hinblick auf die nur 5 Jahre währende Zinsbindungsfrist, der Zusammenhang dieser mit dem Disagio und die Dauer der Mietgarantie (5 Jahre) nicht dargelegt. Auch habe die Zeugin W. nicht darauf hingewiesen gehabt, dass der zu erbringende monatliche Aufwand zunächst wesentlich höher ausfalle als die genannten 300,00 DM, nämlich bei einer Zinsbelastung von monatlich ca. 700,00 DM. Diese sei zwar um die Mieteinnahmen von rd. 300,00 DM verringert gewesen. Jedoch seien die Beiträge zur Lebensversicherung, aus der das Darlehen getilgt werden sollte, hinzugekommen. Allerdings sei ihm damals bewusst gewesen, dass der Lohnsteuerjahresausgleich noch nachträglich erfolge, nicht aber, dass eine sofortige Steuerminderung durch Eintragung eines Betrages auf der Lohnsteuerkarte hätte erreicht werden können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="94"/>Aus diesen Angaben folgt schon, dass ein monatlicher Fixbetrag von 300,00 DM oder etwas mehr nicht zugesagt wurde, sondern dass sich die monatliche Belastung aus mehreren, zum Teil variablen Faktoren insbesondere steuerlicher Art zusammensetzte. Die Zeugin W. bestätigte, dass der Betrag von 313,07 DM als Berechnungsbeispiel aufgrund der persönlichen Verhältnisse der Eheleute K. das Ergebnis nach Steuern betraf und deren Belastung darstellte, soweit sich allerdings die Zinsen nach Ende der Zinsbindungsfrist nicht erheblich änderten oder andere gravierende Änderungen eintreten würden (I 405). Die Zeugin wusste zwar nicht mehr konkret, ob sie die mögliche Änderung der Zinsen nach 5 Jahren angesprochen hatte, hielt es aber für möglich, dass sie eine Steigerung auf 8 % in Aussicht gestellt haben könnte, und bekräftigte, dass sie ihre Kunden im Regelfall auf die Festschreibung über 5 Jahre hingewiesen habe. Auch habe sie die Dauer der Mietgarantie unter Bezugnahme auf den Prospekt angesprochen. Den Abschluss einer Lebensversicherung zur Darlehenstilgung habe sie im Hinblick auf deren steuerliche Vorteile im Regelfall empfohlen. Die Höhe der Versicherungssumme von nur 61.000,00 DM sei gewählt worden, weil bei der vollen Laufzeit noch Überschussanteile in fast gleicher Höhe anzusetzen seien, so dass der gesamte Aufwand von 122.240,00 DM bei Darlehensfälligkeit getilgt werden könnte. Die Richtigkeit dieser letzteren Gegebenheit hat die Klägerin im Übrigen im Termin vor dem Landgericht vom 06.06.2002 unstreitig gestellt (I 409, 410).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="95"/>Die Zeugin bekundete weiter: Über das Disagio sei ebenfalls gesprochen worden, weil es zum Konzept der Objektfinanzierung gehört habe. Aus der dadurch bedingten Steuerersparnis sei nämlich die Eigenkapitalfinanzierung (10 %) beabsichtigt gewesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="96"/>Aus den Angaben der Zeugin W. ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Klägerin und deren Ehemann jedenfalls keine feste monatliche Belastung im Sinne einer Garantiesumme versprochen erhielten, sondern dass die Wirkungszusammenhänge variabler Faktoren wie Zinshöhe, Festschreibungsdauer, Mieteingang nach Ablauf der Garantiefrist und Steuersatz hinreichend deutlich gemacht wurden. Danach hält der Senat eine fehlerhafte Aufklärung der Darlehensnehmer durch diese Vermittlerin nicht für erwiesen. Vielmehr musste ihnen klar sein, dass die Finanzierung auch von Unwägbarkeiten abhing und dass sie einerseits Aufwendungen wie ein relativ hohes Disagio und Lebensversicherungsbeiträge auf sich nahmen, andererseits diese aber den Zweck der Erzielung von Steuerersparnissen verfolgen sollten. Das war auch nach dem Prospekt (s. Seite 3) erklärtes Ziel des Anlagemodells.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="97"/>Entgegen dem Vortrag der Klägerin (I 111) beinhalteten die Zinsaufwendungen gem. Darstellung der Zeugin W. im Berechnungsbogen gem. Anlage K 5 den Bruttokredit von 122.240,00 DM unter Einschluss des Disagio (Damnum), so dass insoweit keine monatliche Zusatzbelastung von 254,67 DM entstehen konnte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="98"/>Eine Schadensersatzhaftung der Beklagten scheidet nach alledem aus.</td></tr></table>
<table><tr><td>C.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="99"/>Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="100"/>Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich machen (§ 543 Abs. 2 ZPO).</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
138,042
|
olgstut-2003-07-22-8-w-22003
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
8 W 220/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T13:57:17
| 2019-02-12T12:39:56
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 7.3.2003 - 2 T 47/03 - wird</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Sie haben dem Antragsgegner dessen außergerichtliche Auslagen im Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstatten.</p>
<p>Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.000,00 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die beiden Antragsteller sind Mitglieder des 1967 erstmals ins Vereinsregister eingetragenen Antragsgegners, eines religiösen Vereins mit knapp 500 Mitgliedern. Sie haben am 30.7.2002 die Eintragung eines am 20.7.2002 bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählten Vorstands beantragt. Ihr Antrag ist jedoch vom Amtsgericht Leonberg als zuständigem Registergericht mit Beschluss vom 15.11.2002 abgelehnt worden. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hat das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 7.3.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die dem Senat vorliegende Rechtsbeschwerde der Antragsteller.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
1. Hintergrund des Verfahrens ist ein heftiger Richtungsstreit, dem der Antragsgegner seit rund zwei Jahren ausgesetzt ist. Das hat schon im Jahr 2001 dazu geführt, dass bei konkurrierenden außerordentlichen Mitgliederversammlungen (Nürnberg 24.11.01, Hannover 1.12.01) neue Vorstände gewählt wurden, die personell unterschiedlich zusammengesetzt waren. Während es danach zur Eintragung des in Hannover gewählten Vorstand ins Vereinsregister gekommen ist, hat das Registergericht die Eintragung der in Nürnberg beschlossenen Vorstandsänderung wegen formaler Mängel der Einberufung zur Versammlung abgelehnt. Beide Antragsteller sind durch diese Entscheidung betroffen, da sie dem nicht eingetragenen Vorstand angehört hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In der Folgezeit haben die Antragsteller zusammen mit weiteren 129 Vereinsmitgliedern unter dem Namen "Arbeitskreis zum Erhalt der X-gemeinschaft in Deutschland" (im folgenden: "Arbeitskreis") den eingetragenen Vorstand zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gem. § 10 Ziff. 2 der Satzung aufgefordert; wesentliche Aufgabe der außerordentlichen Mitgliederversammlung sollte die Wahl eines neuen Vorstands sein. Nachdem der eingetragene Vorstand dem Begehren nicht entsprach, haben die Mitglieder des Arbeitskreises im April 2002 beim Registergericht beantragt, sie gem. § 37 BGB zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zu ermächtigen. Mit Beschluss vom 6.6.2002 hat das Registergericht eine solche Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Feststellung der Vereinssituation
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Aussprache
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
3. Abberufung bzw. Neuwahl des Vorstands
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
4. Verschiedenes
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
ausgesprochen. Nach Erhalt dieses Beschlusses hat der zur Einberufung einer Mitgliederversammlung ermächtigte Arbeitskreis mit Schreiben vom 15.6.2002 zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auf den 20.7.2002 nach Frankfurt eingeladen. Der eingetragene Vorstand des Antragsgegners hat indes mit Schreiben vom 17.6.2002 eine Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 27.7.2002 in Hannover versandt. Beide Versammlungen wurden durchgeführt. In beiden Versammlungen fanden Vorstandswahlen statt, die, wie schon im November/Dezember des Vorjahres, zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Der vom Registergericht abgelehnte Antrag der Antragsteller auf Eintragung des am 20.7.2002 in Frankfurt gewählten Vorstandes ist - wie eingangs schon dargelegt - Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte wird auf Abschnitt I des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts vom 7.3.2003 verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
2. Das Landgericht hat die Zurückweisung der Beschwerde gegen den den Eintragungsantrag ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts im wesentlichen wie folgt begründet : Die Vorstandswahl in Frankfurt sei (wie auch die Vorstandswahl in Hannover eine Woche später) ungültig, weil die Einladungen zu diesen Versammlungen wegen Verwirrung der Mitglieder unwirksam seien. Zwar seien die im Arbeitskreis verbundenen 131 Vereinsmitglieder durch die gerichtliche Ermächtigung des Registergerichts vom 6.6.2002 und der eingetragene Vorstand der Antragsgegnerin durch die Satzung des Vereins gleichermaßen zur Einberufung einer Mitgliederversammlung legitimiert gewesen. Jedoch hätten beide Seiten ihre Einladungen zur gleichen Zeit versandt und diese seien den Mitgliedern jedenfalls im wesentlichen zur gleichen Zeit zugegangen. Außerdem seien sie hinsichtlich der Tagesordnungspunkte im wesentlichen identisch; die Einladung nach Hannover enthalte über die Tagesordnungspunkte der Einladung nach Frankfurt hinaus nur noch einen einzigen zusätzlichen Tagesordnungspunkt "Satzungsänderung". Solchermaßen nach Zeit und Inhalt deckungsgleiche Einladungen führten aber zur Verwirrung der Mitglieder und seien deshalb unwirksam. Sie hätten die Unwirksamkeit der Beschlüsse, die bei einer solchen Mitgliederversammlung getroffen würden, zur Folge. Eine Eintragung ins Vereinsregister sei daher nicht möglich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
3. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller weiterhin das Ziel der Eintragung des in Frankfurt gewählten Vorstands. Sie begründen ihre Rechtsbeschwerde im wesentlichen damit, dass das Landgericht § 37 BGB und § 121 Abs. 1 BGB rechtsfehlerhaft angewandt habe. Außerdem habe das Landgericht den Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG verletzt. Sie führen hierzu Folgendes näher aus:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Durch die gerichtliche Ermächtigung des Arbeitskreises vom 6.6.02 zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung sei das entsprechende Recht des Vorstands auf den Arbeitskreis unter Federführung von dessen Sprecher Y. übergegangen. Dem Vorstand habe daher kein Recht zur Einberufung einer konkurrierenden Mitgliederversammlung zugestanden. Das satzungsgemäße Einberufungsrecht des Vorstands sei wegen Verspätung seiner Ausübung verwirkt. Auf Grund der gerichtlichen Ermächtigung hätte nunmehr bezüglich des Einberufungsrechts der Arbeitskreis die Stellung eines Vereinsorgans; insoweit sei in die satzungsgemäße Kompetenzordnung durch gerichtliche Ermächtigung eingegriffen worden. Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, sei die Entscheidung des Landgerichts deshalb falsch, weil dieses verkannt habe, dass die durch gerichtliche Ermächtigung legitimierte Einladung des Arbeitskreises Schutz vor einer verspätet und nachträglich ausgesprochenen konkurrierenden Einladung des Vorstands genieße. Andernfalls würde der Schutzzweck des § 37 Absatz 2 BGB verfehlt. Der Vorstand sei in einer solchen Situation auch zur Abstimmung mit der zur Einberufung einer Mitgliederversammlung ermächtigten Gruppe verpflichtet, bevor er eine konkurrierende Einladung versende; auch dies sei nicht geschehen. Schließlich sei die Einladung des Vorstands wegen ihrer Rechtsmissbräuchlichkeit unwirksam. Denn sie sei heimlich im Bewusstsein der bereits erfolgten Einladung des Arbeitskreises erfolgt. Die Einladung des Arbeitskreises habe deshalb Vorrang vor der rechtsmissbräuchlichen nachfolgenden Einladung des Vorstands. Nicht richtig sei obendrein, dass die konkurrierenden Einladungen hinsichtlich der zu behandelnden Themen übereinstimmen würden; die Einladung des Vorstands sei um den Punkt "Satzungsänderung" erweitert. Die Voraussetzungen der Annahme einer Verwirrung der Mitglieder durch die konkurrierenden Einladungen mit der Folge einer Unwirksamkeit derselben, sei nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Antragsgegner ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten. Er hält die angefochtene Entscheidung des Landgerichts für zutreffend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Hinsichtlich des umfangreichen Vortrags beider Seiten wird insbes. auf die Schriftsätze der Antragsteller vom 28.4.03, 8.5.03, 26.6.03 und 18.7.03 und des Antragsgegners vom 20.5.03, 25.6.03 und 4.7.03 verwiesen. Die in der Vorinstanz als Beschwerdeführer beteiligten Y. und Z. haben mit Schreiben vom 7.4.03 bzw. 12.4.03 klargestellt, dass ihre eingereichten kritischen Äußerungen zur Beschwerdeentscheidung nicht als eigene weitere Beschwerde gewollt sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die weitere Beschwerde der Antragsteller ist gem. §§ 29, 27 FGG als Rechtsbeschwerde zulässig. Die Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG ist gewahrt. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts keine Rechtsfehler aufweist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Juni 2002 sowohl der Arbeitskreis mit den in ihm organisierten Mitgliedern des Antragsgegners als auch der eingetragene Vorstand des Antragsgegners selbst zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung befugt waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
a) Die Befugnis des Arbeitskreises beruht auf der Ermächtigung des Amtsgerichts - Registergericht - gem. § 37 Abs. 2 BGB mit Beschluss vom 6.6.2002. Die Befugnis des Vorstands ergibt sich aus § 10 Ziff. 2 der Satzung des Antragsgegners. Der Vorstand des Antragsgegners handelte durch seinen Vorsitzenden und den Stellvertreter, womit der Vertretungsregelung des § 12 Nr. 5 der Satzung genüge getan war. Letzteres ist auch nicht im Streit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
b) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Befugnis des Vorstands des Antragsgegners zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung nicht durch den Ermächtigungsbeschluss des Registergerichts vom 6.6.2003 auf die Mitglieder des Arbeitskreises übergeleitet worden. Vielmehr ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die gerichtliche Ermächtigung der Mitglieder des Arbeitskreises zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mit konkret benannten Themen das satzungsmäßige Einberufungsrecht des Vorstands unberührt lässt und nur ein zusätzliches Einberufungsrecht (der Mitglieder des Arbeitskreises) schafft. Dies ist allgemeine Meinung sowohl im Vereinsrecht als auch im Bereich des strukturell eng verwandten Aktien- und Genossenschaftsrechts und auch im GmbH-Recht. Die Einberufungsberechtigten können unabhängig voneinander von ihrer Befugnis Gebrauch machen (zum Vereinsrecht: Reichert, Handbuch des Vereins - und Verbandsrechts, 9. Aufl., Rdnr. 777, 818; Sauter/Speyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rdnr. 169; Soegel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 37 Rdnr. 17; zu § 122 Nr. 3 Aktiengesetz: Werner in Großkomm. zum AktG, 4. Aufl. § 122 Rdnr. 67; zu § 45 Abs. 3 GenG: Beuthien, GenG, 13.Aufl., § 45 Rdnr. 4; Gräser in Hettrich/Pöhlmann, GenG, 2. Aufl., § 45 Rdnr. 7; OLG Naumburg JW 1938, 182; zum GmbH-Recht: Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., §§ 49 Rdnr. 13, § 51 Rdnr. 25; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 50 Rdnr. 10 und 11; BGH WM 1985, 567, 568). Ob die nach § 37 Abs. 2 BGB Ermächtigten von der ihnen erteilten Ermächtigung Gebrauch machen, bleibt ihnen überlassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
c) Das satzungsgemäße Einberufungsrecht des Vorstands der Antragsgegnerin war zum Zeitpunkt seiner Ausübung im Juni 2002 nicht verwirkt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Das Rechtsinstitut der Verwirkung kann (nur) im Verhältnis eines Berechtigten zum Verpflichteten Auswirkungen haben. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte einerseits es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete andererseits sich hierauf eingerichtet hat und sich darauf einrichten durfte, dass dieses Recht auch in der Zukunft nicht geltend gemacht werde (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 242 Rdnr. 87).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Dieses Rechtsinstitut kann vorliegend nicht zur Anwendung kommen. Denn das Einberufungsrecht eines Vorstands ist nicht nur Recht, sondern gleichzeitig Pflicht im Verhältnis zum Verein (§ 36 BGB, § 10 Ziff. 4 der Satzung). Recht und Pflicht sind nicht voneinander zu trennen. Die Verpflichtung zur Einberufung einer Mitgliederversammlung wird aber durch Verzögerung des Vorstands nicht geringer, sondern im Gegenteil dringlicher. Hier hat die satzungswidrige Verzögerung der Einberufung einer Mitgliederversammlung bereits zur Ermächtigung zur Einberufung einer Mitgliederversammlung durch das Registergericht geführt. Von dieser Ermächtigung kann, muss aber nicht Gebrauch gemacht werden; der Vorstand aber bleibt verpflichtet, die längst überfällige Einberufung vorzunehmen. Einer selbst illoyal verspäteten Ausübung einer Verpflichtung kann aber deren Verwirkung nicht entgegengehalten werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
2. Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die durch gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung berechtigten Mitglieder des Arbeitskreises einen Vorrang ihrer Einberufung gegenüber der des Vorstands des Antragsgegners nicht daraus herleiten können, dass ihre Einberufung früher erfolgt sei. Denn das Landgericht hat festgestellt, dass die Einladungen des Arbeitskreises einerseits und des Vorstands des Antragsgegners andererseits zeitgleich erfolgt sind. Diese Feststellung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (vgl. Bassenge/Herbst/Roth, FGG, 9. Aufl. § 27 Rdnr. 23 m.w.N.). Die Bindung entfiele nur, wenn diese Feststellung verfahrensfehlerhaft getroffen worden wäre. Diesbezügliche Verfahrensfehler sind jedoch weder konkret behauptet noch ersichtlich:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Antragsteller behaupten zwar, die Einladung des Arbeitskreises zu der von ihnen einberufenen Mitgliederversammlung habe die Mitglieder vor der Einladung des Vorstands erreicht. Hierfür gibt es jedoch keinen ernstzunehmenden Anhalt: Das Schreiben des Mitglieds M. vom 22.6.02, auf das sie sich zum Beweis dafür berufen, ihre Einladung habe die Mitglieder bereits am 16.6.2002 erreicht, belegt die aufgestellte Behauptung nicht. Dieses Schreiben bestätigt nur, dass das Mitglied die Einladung des Arbeitskreises erhalten hat, nicht aber, wann er sie erhalten hat. Die Behauptung der Antragsteller lässt sich auch nicht damit vereinbaren, dass, wie das Mitglied N. dem Registergericht mitgeteilt hat, es persönlich am 17.6.02 die Einladungen des Arbeitskreises im Auftrag des Sprechers des Arbeitskreises, Y., zur Post gegeben hat. Die Einladungen des Arbeitskreises können daher bei den Mitgliedern nicht vor dem 18.6.02 angekommen sein. Am 18.6.02 aber sind auch die Einladungen des Vorstands bei den Mitgliedern eingetroffen. Dies belegt überzeugend das Schreiben des Sprechers des Arbeitskreises Y. an das Registergericht vom 18.6.02, in dem er mitteilt, dass ihm die "Gegen-Einladung" des Vorstands der Antragsgegnerin zugegangen sei. Außerdem hat das Mitglied S. dem Sprecher des Arbeitskreises Y. unter dem 18.6.02 geschrieben, er habe beide konkurrierenden Einladungen an diesem Tag erhalten; dass dieses Schreiben nachträglich zu Täuschungszwecken gefertigt worden wäre, ist durch nichts belegt. Vielmehr deckt es sich im Ergebnis mit der Angabe des Vereinsmitglied N., wobei die Einladungen erst am 17.6. zur Post gegangen sind, und der Mitteilung des Herrn Y. an das Registergericht vom 18.6.02. Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht von einem gleichzeitigen Zugang der konkurrierenden Einladungen ausgegangen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
3. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den hier vorliegenden Konflikt gleichzeitiger Einladungen zu örtlich und zeitlich versetzten Mitgliederversammlungen mit gleichem Themenkreis unter Heranziehung des rechtlichen Grundsatzes gelöst hat, dass solche Einladungen wegen Verwirrung der Mitglieder unwirksam sind und deshalb auf den Versammlungen keine wirksamen Beschlüsse gefasst werden konnten:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
a) Im Schrifttum werden Doppeleinladungen mit gleichen Tagesordnungspunkten, die die Mitglieder zur gleichen Zeit erreichen, als unwirksam angesehen, weil sie die eingeladenen Mitglieder verwirren (Reichert aaO, Rdnr. 778; Zöllner, Kölner Komm. z. AktG, § 121 Rdnr. 42; Werner in Großkomm. z. AktG, § 121 Rdnr.72). Rechtsprechung zu dieser Frage ist bisher nicht veröffentlicht. Das Landgericht ist dieser Auffassung gefolgt. Der Senat hält dies ebenfalls für richtig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Wenn den Mitgliedern eines Vereins von gleichermaßen zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Legitimierten zur gleichen Zeit Einladungen zugehen, die gleiche Tagesordnungspunkte enthalten, so entsteht hieraus unvermeidlich Verwirrung darüber, in welchen Verhältnis solche Einladungen zueinander stehen, insbes. ob etwa die zur zeitlich früheren Versammlung ausgesprochene Ladung Vorrang hat oder ob beide Einladungen gleichrangig sind, aber mit Beschlüssen der zweiten Versammlung die auf der ersten Versammlung getroffene Beschlüsse wirksam abgeändert werden können. Daraus entsteht Unsicherheit unter den Mitgliedern darüber, welche der konkurrierenden Einladungen wahrgenommen werden soll. Folge wären Zufallsbeschlüsse des obersten Organs des Vereins, die durch Mehrheiten herbeigeführt würden, die sich daraus ergäben, dass Mitglieder wegen der geschilderten Einladungskonkurrenz nur zu einer oder zur anderen, weitere in ihrer Unsicherheit zu keiner der konkurrierenden Veranstaltungen kommen würden. Einladungen, die solche Verwirrung auslösen, sind solchermaßen objektiv mangelbehaftet, dass ihnen zum Schutz der Mitglieder und des Vereins jede Wirksamkeit abgesprochen werden muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
b) Soweit die Antragsteller dagegenhalten, dass der Grundsatz der Verwirrung hier deshalb nicht herangezogen werden könne, weil die konkurrierenden Einladungen nicht die gleiche Tagesordnung zum Gegenstand der Mitgliederversammlung machen würden, ist schon das Landgericht ihnen mit zutreffender Begründung nicht gefolgt. Denn die Tagesordnungen sind hinsichtlich aller vom Arbeitskreis verlangten Punkte identisch; dass der Vorstand einen weiteren Punkt angehängt hat, ist unbeachtlich. Die Verwirrung wird durch die übereinstimmenden Teile der Tagesordnung ausgelöst.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
c) Eine Verpflichtung des Vorstands des Antragsgegners, seine Einladung zur Mitgliederversammlung mit dem zur Einladung einer Mitgliederversammlung gerichtlich ermächtigten Arbeitskreis abzustimmen, bestand im Verhältnis zum Arbeitskreis nicht. Die Einberufungsbefugnis des Arbeitskreises (im Rahmen der gerichtlichen Ermächtigung) und die des Vorstands bestehen, wie schon oben dargelegt, unabhängig voreinander. Das Einberufungsrecht des Vorstands ruht nicht deshalb, weil eine Mitgliedergruppe vom Gericht zur Einberufung einer Mitgliederversammlung ermächtigt worden ist. Ziel der gerichtlichen Ermächtigung nach § 37 Ab. 2 BGB ist nicht die Durchführung einer Mitgliederversammlung durch den gerichtlich Ermächtigten, sondern die Durchführung der verlangten Mitgliederversammlung. Lädt ein Vorstand unter dem Druck der erfolgten Ermächtigung von Mitgliedern nach § 37 Abs. 2 BGB zu der geforderten Versammlung ein, ist das von § 37 Abs. 1 und 2 BGB geschützte Ziel erreicht und die gerichtliche Ermächtigung sachlich erledigt; Gleiches gilt, wenn die ermächtigte Gruppe von ihrem Einberufungsrecht Gebrauch gemacht hat. (vgl. BayObLG Rpfleger 1978, 377 zu § 45 GenG; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7. Aufl., Rdnr. 437; Soergel/Hadding, aaO, § 37 Rdnr. 17; BGH WM 1985, 567,568 für das GmbH-Recht).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Ob der Vorstand dagegen seiner Verpflichtung, Schaden von dem Verein abzuwenden, ausreichend nachkommt, wenn er bei drohender Einberufung einer Mitgliederversammlung durch eine gerichtlich ermächtigte Gruppe selbst einlädt, ohne dies mit der ermächtigten Gruppe abzustimmen, ist hier nicht zu beurteilen. Denn dies berührt die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der ausgesprochenen Einberufung nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Dahinstehen kann auch, ob, wie die Antragsteller behaupten, der Antragsgegner aber bestreitet, der Vorstand zur konkurrierenden Mitgliederversammlung erst einlud, als er Kenntnis davon hatte, dass der Arbeitskreis konkret dabei war, eine Einberufung zur Mitgliederversammlung durchzuführen. Selbst wenn man hiervon ausgehen würde, würde dies allein die Einberufung des Vorstands nicht unwirksam machen. Zwar vertritt Karsten Schmidt (in Scholz aaO, § 49 GmbHG, Rdnr. 13) die Auffassung, "eine missbräuchlich überholende Einberufung" könne fehlerhaft sein. Diese - schwer objektivierbare - Meinung ist jedoch weder mit der Entscheidung des BGH vom 28.1.85 (WM 1985,567) in Übereinstimmung zu bringen, noch damit, dass dem Vorstand keine Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die speziellen Interessen des Arbeitskreises an einem diesem genehmen Tagungsort oder Zeitpunkt obliegt. Der Vorstand ist nur dem Wohl des Vereins als Ganzem verantwortlich. Ob er von seinem satzungsgemäßen Einberufungsrecht in einer Weise Gebrauch macht, die zu Schäden für den Verein führen kann (z.B. verlorene Kosten der eigenen Einberufung; Kostenersatz für die Einberufungskosten des Arbeitskreises), berührt allein seine Verantwortlichkeit gegenüber dem Verein. Einen Verlust des satzungsmäßigen Einberufungsrechts lässt sich hieraus nicht ableiten. Dieses Recht besteht als solches nach der Satzung im Verhältnis zum Verein und ist unabhängig von Störungen im Verhältnis zu einzelnen Mitgliedern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Deshalb ergibt sich die rechtliche Bewertung aus dem zeitlichen Vorrang: wessen Einberufung zuerst die Mitglieder erreicht, hat Vorrang, weil damit das Ziel des § 37 BGB, die Veranstaltung der von einer legitimierten Mitgliedergruppe verlangten Versammlung, erreicht ist. Bei Gleichzeitigkeit des Zugangs der Einladungen dagegen sind beide konkurrierenden Einladungen wegen der dadurch ausgelösten Verwirrung der Mitglieder unwirksam. Das Datum, mit dem die Einladungen versehen sind, hat dagegen keine selbständige rechtliche Bedeutung. Nur der Zeitpunkt des Zugangs ist ein - gegebenenfalls durch Beweisaufnahme - feststellbares objektives Ereignis. Es bezeichnet den Zeitpunkt, in dem die Verwirrung der Mitglieder als maßgebliches Beurteilungskriterium einsetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
d) Soweit schließlich geltend gemacht wird, die Einberufung des Vorstands sei deshalb unwirksam, weil als Tagungsort Hannover gewählt worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Es kann dahinstehen, wie die Mitglieder des Antragsgegners regional auf die Bundesrepublik verteilt sind. Selbst wenn im süddeutschen Raum ein Wohnort-Schwerpunkt der Vereinsmitglieder bestünde, würde dies kein Grund zur Beanstandung sein. Denn Frankfurt, der von den Antragstellern als Tagungsort für geeignet gehaltene Ort, und Hannover sind gleichermaßen gut mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln zu erreichen. Auch ist Hannover vom süddeutschen Raum aus nicht so viel weiter entfernt als Frankfurt, dass den süddeutschen Mitgliedern diese Stadt als Tagungsort nicht mehr zugemutet werden könnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Sind somit beide Einladungen wegen der von ihnen ausgehenden objektiven Verwirrung unwirksam, erfasst die Unwirksamkeit die bei den konkurrierenden Veranstaltungen in Frankfurt und Hannover getroffene Beschlüsse (vgl. hierzu Stöber, aaO, Rdnr. 581,584). 4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO und § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. Der Wert der weiteren Beschwerde entspricht dem der Vorinstanz.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,688
|
olgstut-2003-07-22-15-wf-4303
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
15 WF 43/03
| 2003-07-22T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:37
| 2019-02-12T12:38:55
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Ludwigsburg vom 27. Januar 2003 (1 F 1016/02)</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>abgeändert.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<p>Dem Kläger wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt und Rechtsanwalt H, L, beigeordnet.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthaft und erfüllt auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beschwerde ist auch begründet, weil die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Kläger begründet seine Abänderungsklage im Wesentlichen unter Hinweis auf die Einkommensminderung infolge der Insolvenz seiner Ehefrau, der Betreiberin eines Fuhrunternehmens und Arbeitgeberin des Klägers. Der Insolvenzantrag wurde im April 2002 gestellt, das Amtsgericht B hat mit Beschluss vom 25. Juli 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach kurzer Arbeitslosigkeit hat der Kläger eine Stelle bei der Firma W in W angenommen, bei der er ein wesentlich geringeres Einkommen erzielt, als es im Vergleich vom 23. Juni 1999 (15 UF 41/99) zugrunde gelegt war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Einkommensminderung ist zu beachten und führt nach den Grundsätzen über die Veränderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu einer Unterhaltsabänderung. Dabei ist es gleichgültig, ob die Ehefrau des Klägers oder weiterhin – entsprechend der Vergleichsgrundlage – der Kläger als Betreiber des Fuhrunternehmens anzusehen ist. In beiden Fällen hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu Folge, dass die Schuldnerin/der Schuldner die Befugnis, über das Betriebsvermögen zu verfügen, verliert (§ 80 Abs. 1 InsO). Somit konnte der Kläger von seiner Ehefrau nicht mehr weiterbeschäftigt werden bzw. auch nicht mit dem als eigen unterstellten Betrieb weiterarbeiten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Einkommensminderung aufgrund der Beschäftigung bei der Firma W wäre nur dann nicht zu beachten, wenn sie durch ein in Bezug auf die Unterhaltspflicht verantwortungsloses oder zu mindestens leichtfertiges Verhalten des Klägers herbeigeführt worden wäre (vgl. BGH FamRZ 85, 158, 160; 94, 240). Nachdem das Amtsgericht B das Insolvenzverfahren eröffnet hat, kann das Vorliegen "nachvollziehbarer Insolvenzgründe" nicht in Frage gestellt werden. Es ist zwar denkbar, dass eine Insolvenz – auch unterhaltsbezogen – mutwillig oder leichtfertig herbeigeführt werden kann. Dafür, dass es sich im vorliegenden Fall so verhalten hat, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Aus dem Umstand, dass die Erträge des Unternehmens in den Jahren 1998 bis 2001 den Insolvenzantrag nicht "rechtfertigen" (s. angefochtenen Beschluss Seite 3 unten), kann kein konkretes Fehlverhalten des Klägers bei der Entstehung der Insolvenz abgeleitet werden. Allein schon die fehlende Möglichkeit, Kredit für die Anschaffung eines neuen LKW zu erhalten, kann innerhalb kurzer Zeit zur Insolvenz führen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Da der Kläger kein genügendes Zahlenmaterial zur Beurteilung des Unternehmens für den Zeitpunkt des Insolvenzantrages gebracht hat, sind die Gründe für die Insolvenz letztlich ungeklärt. Es gibt jedoch keine gesetzliche Vermutung dafür, dass Mutwillen oder Leichtfertigkeit des Klägers zu dieser Insolvenz geführt haben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Klage soll daher die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Dem gemäß ist dem Kläger unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses in vollem Umfang Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu bewilligen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,686
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|
8 W 308/03
| 2003-07-21T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:36
| 2019-02-12T12:38:54
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Hechingen vom 24.06.2003 wird</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>zurückgewiesen.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.</td>
</tr>
</table>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">
<strong>Beschwerdewert:</strong>
</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">
<strong>2.667,60 EUR</strong>
</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die gem. §§ 11 I RPflG, 104 III ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Rechtspfleger des Landgerichts hat es nach Zurückweisung der Berufung der Klägerin durch Beschluss gem. § 522 II ZPO im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zutreffend abgelehnt, zugunsten der Beklagten auch eine 13/10-Verhandlungsgebühr für das Berufungsverfahren festzusetzen. Eine solche Gebühr ist im Berufungsverfahren, in dem nicht mündlich verhandelt wurde, auch nicht gem. § 35 BRAGO entstanden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Zutreffend weist der Rechtspfleger darauf hin, dass § 35 BRAGO die Entstehung einer Verhandlungsgebühr ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung grundsätzlich davon abhängig macht, dass eine solche Verhandlung vorgeschrieben ist und dass die Parteien auf ihre Durchführung verzichtet haben. Beides ist hier nicht der Fall.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
§ 522 II ZPO macht die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nur von den dort näher geregelten Voraussetzungen, nicht aber von einer Zustimmung der Parteien abhängig (vgl. auch Zöller/Gummer, 23. Aufl., RN 33 zu § 522 ZPO). Insoweit ist die Sachlage gleich wie bei einer übereinstimmenden Erklärung der Erledigung der Hauptsache oder einer reinen Kostenentscheidung gem. § 128 III ZPO. In diesen Fällen einer nur freigestellten mündlichen Verhandlung ist § 35 BRAGO von vornherein nicht einschlägig (Gerold/Schmitt/von Eicken, 15. Aufl., RN 2 zu § 35 BRAGO). Die Bezugnahme in § 35 BRAGO auf § 495 a ZPO betrifft einen Fall, in dem das Gericht bei Vorliegen der geregelten Voraussetzungen gleichwohl mündlich verhandeln muss, wenn eine der Parteien einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung widerspricht. Auch diese gesetzliche Voraussetzung ist bei der hier vorliegenden Fallgestaltung nicht gegeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Danach sind auch keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Auffassung der Beklagten ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung von § 522 II ZPO den Berufungsführer gegenüber einem anwaltlich vertretenen Berufungsbeklagten für den Fall einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht kostenmäßig privilegieren wollte. Ebenso ergibt sich aus der Kommentierung bei Gerold/Schmitt, 15. Aufl., auch nach Geltung von § 522 II ZPO keine gegenteilige Auffassung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die sofortige Beschwerde der Beklagten war danach mit der Kostenfolge gem. § 97 I ZPO zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,681
|
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|
11 T 430/02
| 2003-07-18T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:35
| 2019-01-17T11:56:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 03.09.2002 – 1 XVII 219/92 – dahingehend abgeändert, dass dem Beteiligten zu 5 für seine Betreuungstätigkeit über den ihm zugebilligten Aufwendungsersatz in Höhe von EUR 1.163,76 inklusive Mehrwertsteuer hinaus eine Vergütung in Höhe von</p>
<p/>
<p>EUR 116,87 inklusive Mehrwertsteuer</p>
<p/>
<p>in den Nachlass festgesetzt wird.</p>
<p/>
<p>2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>3. Beschwerdewert: EUR 571,51.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 69 e Satz 1, 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG, 11 Abs. 1 RPflG) ist ganz überwiegend unbegründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Vormundschaftsgericht hat dem mit Beschluss vom 08.02.2000 zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis Erbauseinandersetzung auf Ableben der am 16.11.1999 verstorbenen ... Entgegennahme und Überprüfung der Schlussrechnung in der Betreuungssache für ... sowie Betreuervergütung für den Zeitraum vom 22.02. bis 16.11.1999 des am 16.12.2000 verstorbenen Betroffenen bestellten Beteiligten zu 5 mit zutreffenden Erwägungen von den nach anwaltlichem Gebührenrecht am 07.06.2001 geltend gemachten Honoraransprüchen die für den Abschluss eines Grabpflegevertrages in Höhe von DM 1.117,78 angesetzten Gebühren und Auslagen versagt (1). Entsprechend seinem hilfsweise gestellten Antrag auf Vergütung der davon betroffenen Tätigkeit nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB gebührt dem Beteiligten zu 5 jedoch ein Anspruch in Höhe von EUR 116,87 (2).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Das Vormundschaftsgericht hat recht, wenn es den Abschluss des Grabpflegevertrages und die in diesem Zusammenhang geführten Verhandlungen nicht als anwaltsspezifische Tätigkeit ansieht, die der betreuende Rechtsanwalt gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3, Abs. 1, 669, 670 BGB nach der Gebührenordnung für Rechtsanwälte gegen den Betreuten abrechnen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
a) Mit Rücksicht auf das Wesen der Betreuung als Rechtsfürsorge, des Umstands, dass die Vergütungsregelung für Berufsbetreuer an deren Qualifikation anknüpft sowie des Charakters des § 1835 Abs. 3 BGB als Ausnahme zur üblichen Vergütung einer Betreuung kann der Rechtsanwalt für eine von ihm im Rahmen der Betreuung ausgeführte Tätigkeit nur dann ein Honorar nach den Grundsätzen der BRAGO verlangen, wenn die Bewältigung der mit der abzurechnenden Tätigkeit verbundenen Aufgabe besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und deshalb eine originär anwaltliche Dienstleistung dargestellt hat. Es muss sich um eine Aufgabe handeln, für die ein anderer Betreuer in vergleichbarer Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt herangezogen hätte, weil sie eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Dies ist der Fall bei Leistungen, die dem Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit zuzuordnen sind. Als eine solchermaßen anwaltsspezifische Tätigkeit stellt sich die Besorgung einer Angelegenheit vor allem dann dar, wenn wegen der Bedeutung und/oder Schwierigkeit notwendiger – oder zumindest üblicherweise professioneller Rechtsrat eingeholt worden wäre, wobei es grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob es sich um eine gerichtliche oder eine außergerichtliche Tätigkeit handelt (zum Ganzen BVerfG FamRZ 2000, 345, 348; BGHZ 139, 309, 312 f; BayObLG NJW 2002, 1660, 1661; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Auflage, § 1835 Rn. 13; Jürgens, Betreuungsrecht, 2. Auflage, § 1835 BGB Rn. 15).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
b) Bei dem danach anzulegenden strengen Maßstab (BGH a.a.O.) ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, inwieweit der Abschluss eines Grabpflegevertrags eine vertiefte Befassung mit Rechtsfragen voraussetzt und die Anforderungen an eine solche Tätigkeit damit über die von einem Betreuer der höchsten Vergütungsstufe zu erwartenden Rechtskenntnisse hinausgehen. Der Abschluss eines Grabpflegevertrags ist kein ungewöhnliches, mit besonderen rechtlichen Schwierigkeiten verbundenes Rechtsgeschäft, sondern im Gegenteil ein Vertrag, wie er praktisch ausnahmslos von den Hinterbliebenen in eigener Regie geschlossen wird. Der Beteiligte zu 5 hat auch keine Besonderheiten des vorliegenden Falles aufgezeigt, die eine andere Beurteilung nahe legen könnten. Dass in einem solchen Vertrag umfangreiche, rechtlich verwickelte Regelungen enthalten sein könnten, ist bei lebensnaher Betrachtung auszuschließen und wird in substantiierter Weise vom Beteiligten zu 5 selbst nicht geltend gemacht. Der von ihm offensichtlich für notwendig erachteten Absicherung für den Fall der Insolvenz oder der Aufgabe des Unternehmens des Vertragspartners, der Firma ... vermag auch ein qualifizierter Betreuer vorzusorgen. Das vom Beteiligten zu 5 in diesem Zusammenhang angesprochene und offensichtlich mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 und 3 erörterte Rechtsinstitut der Bürgschaft ist nach seinen Voraussetzungen und Wirkungen auch einem qualifizierten Betreuer, der Anspruch auf die höchste Vergütungsstufe hat, bekannt. Im Übrigen hat das Vormundschaftsgericht im angegriffenen Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Frage der Vorleistungspflichten und der Sicherung ohnehin nicht stelle, wenn ein Vertragspartner gewählt werde, der der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner angehöre. Diese verwalte treuhänderisch die als Vorausleistung gezahlten Gelder, zahle diese jährlich aus und stelle auch sicher, dass die vereinbarten Leistungen erbracht werden. Diesen Ausführungen hat der Beteiligte zu 5 nichts entgegengesetzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Der Beteiligte zu 5 kann allerdings für die im Zusammenhang mit dem Abschluss des Grabpflegevertrages entfaltete Betreuungstätigkeit eine Vergütung gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BGB verlangen, die sich jedoch mangels näherer Darlegungen des Zeitaufwands lediglich auf EUR 116,87 beläuft.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
a) Der Beteiligte zu 5 hat nach einigem Hin und Her zuletzt am 15.07.2002 beantragt, die mit Antrag vom 07.06.2001 nach der Maßgabe der BRAGO gestellten Honorarnoten zu vergüten, hilfsweise hat er den "Vergütungsantrag nach § 1836 BGB" erneuert, den er am 28.02.2001 eingereicht hatte. Diese Antragstellung ist verfahrensrechtlich zulässig, denn der Beteiligte zu 4 macht sie nicht von einem außerverfahrensrechtlichen Ereignis abhängig, sondern allein davon, wie das Vormundschaftsgericht die Berechtigung des primär verfolgten Aufwendungsersatzanspruchs nach § 1835 BGB beurteilt. Lediglich dann, wenn – wie geschehen – das Amtsgericht die dafür erforderlichen Voraussetzungen verneint, soll ersatzweise die Zeitvergütung nach § 1836 BGB, über deren Berechtigung dem Grunde nach auch keine Uneinigkeit bestand, geltend gemacht werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
b) Das Amtsgericht beanstandet nicht zu Unrecht zum wiederholten Mal, dass der insoweit angefallene Zeitaufwand nicht konkret bezeichnet, zugeordnet und zusammenfassend dargestellt ist. Dass eine detaillierte Aufschlüsselung der Tätigkeit, für welche eine Vergütung nach § 1836 BGB oder nach § 1835 BGB angemessen sei, schon aus Gründen des Zeitablaufs nicht mehr erfolgen könne, wie der Beschwerdeführer am 21.01.2002 schreibt, ist nicht ganz verständlich. Jedenfalls anhand der dem Antrag vom 28.02.2001 beigefügten Zeiterfassung erscheint eine Zuordnung der verschiedenen Tätigkeiten daraus möglich. Nachdem das Amtsgericht das Versäumnis des Beteiligten zu 5 gerügt hatte und dieser den Mangel auch in der Beschwerde nicht behob, war ein nochmaliger Hinweis nicht veranlasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Anhand der Zeiterfassung können danach zur Berechnung der dem Beteiligten zu 5 zustehenden Mindestvergütung nur die Zeiten erfasst werden, die mit der Bemerkung "Vereinbarung Grabpflege oder ... versehen sind. Die davon betroffenen Eintragungen vom 04.08., 10.08., 23.08., 29.09. und 30.10.2002 ergeben einen Zeitaufwand von 195 Minuten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
c) Dem Beteiligten zu 5, der einen Stundensatz von DM 200,00 veranschlagt hat, steht insoweit eine Vergütung in Höhe von EUR 31,00 je Stunde zu.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Höhe des Stundensatzes für die Betreuung vermögender Betroffener besteht nicht. Allerdings werden in § 1 BVormVG bestimmte Stundensätze für die Vergütungsansprüche, die sich bei mittellosen Betreuten gegen die Staatskasse richten, festgelegt. Nach einhelliger Ansicht in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung stellen diese Sätze im Rahmen der gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der geführten Geschäfte nach billigem Ermessen zu bestimmenden Vergütung eine wesentliche Orientierungshilfe und Richtlinie dar, die nicht unterschritten werden darf, im Regelfall aber auch angemessen ist und daher auch nur in Ausnahmefällen überschritten werden darf (BGH NJW 2000, 3709; OLG Karlsruhe, NJW 2001, 1220; OLG Frankfurt, Rpfleger 2001, 130).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Besonderheiten, die eine Erhöhung über den gemäß § 1 Nr. 2 BVormVG maßgeblichen Stundensatz von EUR bedingen, sind weder dargetan noch ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der dem Beteiligten zu 5 ergänzend zuzubilligende Vergütungsanspruch beläuft sich damit auf EUR 100,75 (195 : 60 x 31), zuzüglich EUR 16,12 Mehrwertsteuer, gesamt EUR 116,87.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
3. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, nachdem im Beschwerdeverfahren kein Beteiligter in Gegnerstellung herangezogen wurde.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 KostO nach Maßgabe des begehrten Vergütungsmehrbetrages festgesetzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Eine Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß §§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 69 e Satz 2 FGG ist nicht veranlasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,682
|
lg-heilbronn-2003-07-18-1b-t-23603-ba
|
{
"id": 134,
"name": "Landgericht Heilbronn",
"slug": "lg-heilbronn",
"city": 40,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
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|
1b T 236/03 Ba
| 2003-07-18T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:35
| 2019-01-17T11:56:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 13.06.2003 wird festgestellt, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 04.04.2003 - Aktenzeichen PGR 47-02 - rechtswidrig war.</p>
<p>2. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem Land Baden-Württemberg auferlegt.</p>
<p>Geschäftswert: EUR 3.000.-</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die beteiligte Ausländerbehörde beantragte am 02.04.2003 beim Amtsgericht Heilbronn den Erlass einer Wohnungsdurchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung gegen den Betroffenen. Den Antrag stützte sie auf § 31 Abs. 2 bzw. § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW. Sie bezog sich ferner auf die in § 15 Abs. 1 und 2 Nr. 4 und 4 AsylVfG normierte Mitwirkungspflicht des Betroffenen zur Vorlage von allen Urkunden, die Rückschlüsse auf die Nationalität und Identität des Betroffenen zuließen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Amtsgericht erließ den beantragten Beschluss unter Übernahme der Begründung des Antrags. Der Beschluss wurde dem Betroffenen erst zusammen mit der Vornahme der Durchsuchung am 12.06.2003 bekannt gegeben. Um die Durchführung der Durchsuchung hatte das Regierungspräsidium die Polizeidirektion Heilbronn ersucht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Soweit sich die Beschwerde des Betroffenen ursprünglich auch gegen eine erfolgte Beschlagnahme gerichtet hatte, wurde diese zurückgenommen. Die beschlagnahmten Gegenstände sind auch nach der Behauptung des Regierungspräsidiums inzwischen zurückgegeben worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Betroffene beantragt mit seiner Beschwerde, die Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung festzustellen, weil dafür nicht das Amtsgericht, sondern das Verwaltungsgericht zuständig gewesen sei. Künftigen Durchsuchungsanordnungen des Amtsgerichts müsste durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit vorgebeugt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Regierungspräsidium ist der Ansicht, die Beschwerde sei unzulässig, weil die Durchsuchung abgeschlossen sei. Zuständig für den Erlass der Durchsuchungsanordnung sei das Amtsgericht, weil der Antrag zu Recht auf das PolG BW gestützt werden könne. Durchsuchung und Beschlagnahme seien auch erforderlich gewesen, weil der Betroffene seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und offenbar bewusst unwahre Angaben über seine Herkunft gemacht habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Beschwerde ist zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Eine etwaige Beschwerdefrist ist eingehalten, da die Beschwerde bereits 4 Tage nach der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses einging.
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
|
|
136,683
|
lg-freiburg-2003-07-18-4-t-11603
|
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"id": 131,
"name": "Landgericht Freiburg",
"slug": "lg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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|
4 T 116/03
| 2003-07-18T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:35
| 2019-01-17T11:56:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Staufen vom 10.02.2003 (UR II 24 bis 27, 29 und 30/02) wird hinsichtlich des Ansatzes der Kosten aus der Beurkundung des vor dem Notariat II Staufen abgeschlossenen Vertrages II UR 1197/1997 als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p>2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.</p>
<p>3. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Am 30.07.1997 wurde vor dem Notariat II Staufen ein Verschmelzungsvertrag zwischen der J & K GmbH & Co. KG und der I.-Verwaltungs-GmbH beurkundet. Die I. Verwaltungs-GmbH war eine der Komplementärinnen der J & K GmbH & Co. KG. In dem Vertrag übertrug die GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme. In § 2 des Vertrages ist festgehalten, dass die Gesellschafter der GmbH bereits Kommanditisten der KG sind. Ihre Stellung werde durch die Verschmelzung nicht verändert. Eine Erhöhung der Hafteinlagen erfolge nicht. Die Anteile an der GmbH gingen infolge der Verschmelzung unter.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit dem angefochtenen Kostenansatz wurden aus einem Geschäftswert in Höhe von DM 104.027,00 zwei volle Gebühren nach § 36 Abs. 2 KostO angesetzt. Die Beteiligte Ziffer 1 hat diese Gebühren sowie die angesetzten Schreibauslagen am 08.10.1997 bezahlt. Mit Schreiben vom 27.11.2000 hat die Kostenschuldnerin Erinnerung gegen die Kostenrechnung eingelegt, weil die angesetzte Gebühr eine unzulässige indirekte Steuer im Sinne der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 darstelle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht den Kostenansatz aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Notariat II Staufen - Kostenbeamten - zurückgegeben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 14.04.2003 sowie die Stellungnahme der Beteiligten Ziffer 2 vom 22.11.2002 Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nach Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 (im folgenden nur Richtlinie) unterliegen der Gesellschaftssteuer die nachstehend enumerativ aufgezählten Vorgänge, unter anderem (Buchstabe c) die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art. Nach Absatz 2 der genannten Vorschrift in der Fassung der Richtlinie des Rates vom 10.06.1985 (85/303/EWG) - im folgenden: Richtlinie neuer Fassung - können, soweit sie am 01.07.1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, die folgenden Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftssteuer unterworfen werden: (Buchstabe b) die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Nach Artikel 10 der Richtlinie erheben die Mitgliedsstaaten abgesehen von der Gesellschaftssteuer von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf (Buchstabe a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge, (Buchstabe b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge, (Buchstabe c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann. Abweichend hiervon sind u.a. lediglich Abgaben mit Gebührencharakter statthaft (Artikel 12 der Richtlinie).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die nach § 36 Abs. 2 KostO angesetzte Gebühr für die nach § 6 UmwG notwendige Beurkundung des Verschmelzungsvertrages stellt eine i.S. v. Artikel 10 der Richtlinie unstatthafte Steuer oder Abgabe auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende "sonstige Formalität" (Art. 10 Buchstabe c der Richtlinie) dar, welcher die Beteiligte Ziffer 1 wegen des abschließenden Charakters der Besteuerung nach Artikel 4 der Richtlinie nicht unterworfen werden darf. Es handelt sich nicht etwa nur um eine "Abgabe mit Gebührencharakter" i.S. v. § 12 Abs. 1 e der Richtlinie, sondern eine Steuer oder Abgabe, weil die Obergrenze nicht so festgelegt ist, dass sie den Kosten der Dienstleistung angemessen ist, für die die Abgabe die Gegenleistungen darstellt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.12.2002 - 14 Wx 130/01).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der streitgegenständliche Vorgang fällt zwar nicht unter Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie, weil das "Kapital" der Gesellschaft nicht erhöht worden ist. Es geht vielmehr um eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens durch Leistungen eines Gesellschafters, hier der aufgenommen Gesellschaft, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringt und geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen (Artikel 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Für die Frage, ob es sich um einen von Artikel 10 der Richtlinie erfassten und damit die Erhebung von Abgaben oder anderen Steuern ausschließenden Vorgang handelt, kommt es nicht darauf an, ob die in Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie beschriebenen Vorgänge am 01.07.1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen. Ebensowenig ist von Bedeutung, ob der nationale Gesetzgeber (vgl. Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie vor der Änderung durch die bereits zitierte Richtlinie vom 10.06.1985 bzw. Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie neuer Fassung), die in Artikel 4 Abs. 2 genannten Vorgänge der Gesellschaftssteuer unterwirft. Ausreichend ist, dass es sich grundsätzlich um in den beiden Absätzen von Artikel 4 der Richtlinie beschriebene Vorgänge handelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Würde man Artikel 10 der Richtlinie in Bezug auf deren Artikel 4 Abs. 2 anders verstehen, verlöre Artikel 10 weitgehend die Funktion, "die Steuern auf die Ansammlung von Kapital zu harmonisieren und andere indirekte Steuern mit denselben Merkmalen wie die Gesellschaftssteuer aufzuheben" (vgl. die Begründungserwägungen der Richtlinie 69/355/EWG). Der nationale Gesetzgeber könnte dann nämlich "andere Steuern" (Artikel 10 der Richtlinie) dadurch einführen, dass er von der Möglichkeit, eine Gesellschaftssteuer nach Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie zu erheben, absieht. Damit stünde Artikel 10 der Richtlinie zur freien Disposition des nationalen Gesetzgebers, was gerade nicht der Sinn des Artikel 4 Abs. 2 ist. Dort soll lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, auf die in der Vorschrift genannten Vorgänge (fakultativ) eine der Höhe nach von der Richtlinie im einzelnen geregelte (vgl. Artikel 7 der Richtlinie in der Ursprungsfassung) Gesellschaftssteuer zu erheben, nicht aber andere Steuern einzuführen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Dasselbe gilt hinsichtlich des mit der Richtlinie vom 10.06.1985 in Artikel 4 Abs. 2 eingefügten, bereits dargestellten Zusatzes. Die dargestellte Neufassung von Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie durch die Richtlinie des Rates vom 10.06.1985 (85/303/EWG) ist vielmehr im Zusammenhang zu sehen mit der hierin angeordneten weitergehenden Harmonisierung (Art. 7 der Richtlinie neuer Fassung). Folglich sollte mit der Neufassung des Eingangssatzes von Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie durch die Richtlinie vom 10.06.1985 nicht etwa der umfassende Vorrang der Richtlinie vom 17.07.1969 eingeschränkt und den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnet werden, neben der Gesellschaftssteuer weitere Steuern oder Abgaben zu erheben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Ohne Bedeutung ist, dass ausweislich der Vorbemerkung des Verschmelzungsantrages die Anteile an der verschmolzenen GmbH steuerlich als notwendiges Betriebsvermögen der KG galten. Der Begriff der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens ist nämlich nicht im Sinne nationaler, steuerrechtlicher Sonderbestimmungen über die Zuordnung von Vermögen zu verstehen (vgl. BFH E 165, 552).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Beteiligte Ziffer 1 kann sich auf die Schutzbestimmungen der Richtlinie nach deren Artikel 3 Abs. 2 berufen, worin sie den Kapitalgesellschaften als "andere Gesellschaft, die einen Erwerbszweck verfolgt", gleichgestellt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Fürsorglich weist die Kammer darauf hin, dass es unbedenklich erscheint, beim erneuten Ansatz der Kosten entsprechend dem Erlass des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 22.05.2002 - Aktenzeichen 5656/0227 - vorzugehen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.05.2003 - 11 Wx 120/00).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, da hierfür die Voraussetzungen nicht gegeben sind.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,678
|
olgkarl-2003-07-17-12-u-22802
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
12 U 228/02
| 2003-07-17T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:33
| 2019-02-12T12:38:53
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 - 11 O 9/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsschutz aus einem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin war bei der Beklagten für den Zeitraum vom 01.01.1981 (12:00 Uhr) bis 01.01.1998 (12:00 Uhr) haftpflichtversichert. Es bestand eine Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung. Dem Vertrag lagen die AHB und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) zur Industrie-, Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung zugrunde (Anl. K 1).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
In Teil C. der BBR haben die Parteien für das Produkt-Haftpflichtrisiko folgendes vereinbart:
</td></tr></table>
<table><tr><td>"1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
1.1 Der Versicherungsschutz für Schäden, die durch
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
a) vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
b) Arbeiten oder sonstige Leistungen
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen, richtet sich nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AHB) und den folgenden Vereinbarungen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
4. Eingeschlossen sind - wobei Vermögensschäden wie Sachschäden behandelt werden - in teilweiser Abänderung von § 1, § 4 I Ziff. 1 und Ziff. 6 Abs. 3 AHB gesetzliche Schadensersatzansprüche, die aus der Herstellung oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse oder Leistungen einschließlich der Falschlieferung von Erzeugnissen resultieren, soweit es sich handelt um
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
4.1 Schäden, die an Sachen Dritter eintreten und die daraus entstehenden weiteren Schäden; oder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
4.2 Schäden Dritter infolge Mangelhaftigkeit von Sachen, die erst durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der gelieferten Erzeugnisse mit anderen Produkten entstehen, und zwar
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
4.2.3. wegen Aufwendungen, die zusätzlich wegen einer rechtlichen und wirtschaftlich notwendigen Nachbesserung des Endprodukts oder einer anderen Schadensbeseitigung entstehen. Der Versicherer ersetzt die entstehenden Aufwendungen im Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für das gelieferte Erzeugnis zum Verkaufspreis des Endproduktes steht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
4.4. Aufwendungen Dritter für Beseitigung, Ausbau, Abnahme oder Freilegung mangelhafter Erzeugnisse und für Einbau, Anbringung, Verlegen mangelfreier Erzeugnisse des Versicherungsnehmers.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Ausgenommen hiervon bleiben die Kosten für die Nachlieferung der Erzeugnisse einschließlich der Transportkosten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
7.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Folgen aller während der Versicherungsdauer vorkommender Schadensereignisse, die - unbeschadet sonstiger Anzeigepflichten - dem Versicherer nicht später als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
8.1 Mehrere während der Wirksamkeit des Vertrages eintretende Schadensereignisse
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
aus der gleichen Ursache, z.B. aus dem gleichen Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehler, es sei denn, es besteht zwischen den mehreren gleichen Ursachen kein innerer Zusammenhang,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
oder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
aus Lieferungen solcher Erzeugnisse, die mit den gleichen Mängeln behaftet sind,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem das erste dieser Schadensereignisse eingetreten ist."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klägerin ist Herstellerin von Pumpen und Aggregaten, insbesondere von Pumpen für Heizsysteme im Bereich der Gebäudeautomation und unterhält mit der Firma V, einer Herstellerin von Heizungsanlagen, seit langem Geschäftsbeziehungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Im Rahmen eines Entwicklungsvertrages mit der Firma V verpflichtete sich die Klägerin Anfang 1990 eine sogenannte M-Busfähige Pumpe herzustellen. Ab 1993 wurde die Pumpe serienmäßig in das Heizwandgerät E und ab April 1999 serienmäßig in das Gaswandheizgerät V- 300 mit der Regelung VR 20 eingebaut.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
In der Folgezeit kam es zu Unregelmäßigkeiten beim Laufen der Pumpe. Nach Überprüfung durch die Klägerin stellte sich heraus, dass die Pumpensoftware einen zu geringen Abstand zwischen zwei Bytes innerhalb eines Telegramms aufwies mit der Folge, dass die W-Pumpe aufgrund der zu geringen Impulse nicht ordnungsgemäß antwortete. Am 28.12.2000 wurde dieser Schadensfall vorsorglich der Beklagten gemeldet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Am 21.06.2001 hat die Firma V beim Landgericht D Klage gegen die Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von vorerst DM 1.000.000,00 wegen der Pumpenlieferung eingereicht und ferner Feststellung verlangt, dass die Klägerin verpflichtet ist, neben dem Ersatz der Pumpen die weiteren durch die Lieferung der Pumpen entstandenen Schäden zu ersetzen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 20.07.2001 die Deckung für den Schadensfall ab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.11.2002, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages zu keinen Schadensereignissen im Sinne der zwischen den Parteien vereinbarten besonderen Vertragsbedingungen gekommen sei. Nach Auslegung von 1.4.4 BBR komme es auf den Zeitpunkt an, an dem die Firma V eine Mangelhaftigkeit der von der Klägerin gelieferten Pumpen festgestellt und geltend gemacht habe. Dieser Zeitpunkt falle nicht mehr in das Versicherungsverhältnis.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren weiter, hat aber ihre Feststellungsklage teilweise in eine Zahlungsklage umgestellt, nachdem sich die Klägerin vor dem Landgericht D am 31.01.2003 mit der Firma V verglichen hat. Außerdem trägt die Klägerin - hilfsweise - nunmehr vor, dass auch die vor April 1999 gelieferten Pumpen mehrere Softwarefehler aufgewiesen hätten, welche sich unter anderem durch Ausfälle der Pumpen ausgewirkt hätten (II 79 ff). Aufgrund der Darlegung des Sachverständigen im Termin zur Beweisaufnahme vom 31.01.2003 vor dem Landgericht D wäre deshalb Gegenstand der Diskussion zwischen der Firma V und der Klägerin auch eine etwaige Ersatzpflicht bezogen auf die Gesamtproduktion seit 1993 gewesen. Diese Ausweitung des Gegenstands von Ersatzforderungen habe deshalb letztlich zu der Vergleichsregelung geführt, dass sämtliche Ansprüche aus der Lieferung der Pumpen abgegolten wurden (Ziff. 7 des Vertrags). In den Jahren von 1993 bis 1997 seien ca. 42.000 Pumpen in Gaswandgeräte des Typs E eingebaut worden. Bis zur Ablösung der 70 BUS-Pumpe im Jahre 2000 seien weitere ca. 90.000 Pumpen in Geräte der Marke E und V- eingebaut worden. Auf den Zeitraum, für den bei der Beklagten Versicherungsschutz bestehe, (nämlich den 01.01.1998) entfielen deshalb ca. 32 % aller Pumpen, was unter Berücksichtigung des Einbehalts von 20 % einem Betrag von EUR 603.324,25 entspreche (Hilfsbegründung zu Klagantrag II 1 a).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Klägerin beantragt zuletzt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 aufzuheben und
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
a) EUR 1.994.038,31 nebst 5 % Zinsen seit dem 15.02.2003 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
b) EUR 511.292,50 mit Fälligkeit 01.01.2003 zu zahlen nebst 5 % Zinsen ab Fälligkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin pro einzelnen Schadensfall, für den diese nach Ziff. 5 des Vergleichs vom 31.01.2003 (18 O 98/01 Landgericht D) Leistungen zu erbringen hat, je EUR 50,00 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 15.283,20 nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die auf diese entfallenden Kosten des Rechtsstreits 18 O 98/02 Landgericht D. zu erstatten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Hilfsweise:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Falls bezüglich Klagantrag 1 b noch kein Zahlungsanspruch besteht,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
es wird festgestellt, dass Beklagte weitere EUR 511.292,50 an die Klägerin zu zahlen hat gegen den Nachweis, dass die Klägerin entsprechend Ziff. 3 des Vergleichs vom 31.01.2003 (Landgericht D 18 O 98/01) Warenlieferungen im entsprechenden Wert an die Firma V erbracht hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
</td></tr></table>
<table><tr><td>A.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Klagantrag II 1 a: Zahlung von EUR 1.994.038,31 (II 59):
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die Zahlungsklage ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
1. Der Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage in zweiter Instanz stellt eine Klageänderung dar und kann auch noch im Berufungsverfahren vorgenommen werden (Zöller, 23. Auflage, ZPO, § 256 Rn. 15 c). Im Fall von § 264 Nr. 2 ZPO - wie hier - liegt eine Klagänderung im Sinne von § 533 ZPO vor, die aber nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung des Gegners gebunden ist, wenn - wie hier - aufgrund eines nachträglich eingetretenen Ereignisses (Vergleich auf Zahlung von Schadensersatz an den Dritten im Haftungsprozess) nur bezüglich des Klagantrags bei gleichem Sachverhalt (Lieferung von 36.000/36.548 70 BUS-Pumpen für Heizwandgeräte V- ab Ende 1998/Anfang 1999 bis März 2000) von der Feststellungs- auf die Leistungsklage übergegangen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Auch im übrigen ergeben sich für den Deckungsprozess durch die Umstellung auf die Leistungsklage keine prozessrechtlichen Bedenken. Zwar kann der Versicherungsnehmer den Haftpflichtversicherer grundsätzlich nur auf Feststellung in Anspruch nehmen, dass der Versicherer wegen einer im einzelnen, genau bezeichneten Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe. Eine Klage gegen einen Haftpflichtversicherer auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit - also auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers - kommt regelmäßig aber dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist (§ 156 Abs. 2 VVG) oder der Versicherungsnehmer die Haftpflichtforderung berechtigterweise anerkennt oder sich - wie hier - mit dem Geschädigten über eine bestimmte Schadensersatzleistung im Wege eines Vergleichs geeinigt hat. Die Klägerin hat sich in dem Haftpflichtprozess mit der Firma V dergestalt verglichen, dass sie zur Abgeltung der entstandenen Kosten für den Pumpenaustausch EUR 2.540.167,00 zahlt und verlangt deshalb unter Berücksichtigung eines Einbehalts von 20 % hier noch EUR 1.994.038,31. Die Klägerin kann auf Zahlung an sich klagen, ausgehend davon, dass die hier geltend gemachte Zahlung bereits von der Klägerin an die Firma V geleistet worden ist (§ 257 Abs. 1 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung in Höhe von EUR 1.994.038,31 zu, weil die mit Klagantrag II 1 a geltend gemachten Aufwendungen für den Ausbau der ab Ende 1998/Anfang 1999 gelieferten und in die Heizwandgeräte V- eingebauten 70 BUS-Pumpen nicht unter den Deckungsumfang des Haftpflichtvertrags vom 01.01.1981 fallen. Dieser Versicherungsfall fällt nicht in den zeitlichen Geltungsbereich des zwischen den Parteien unstreitig nur bis zum 01.01.1998 (12:00 Uhr) bestehenden Versicherungsvertrages.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Nach § 1 Ziff. 1 AHB, der in das Vertragswerk der Parteien einbezogen ist, gewährt die Beklagte Deckungsschutz für die Folgen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das bestimmte Schäden zur Folge hatte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Wortlaut des § 1 Ziff. 1 AHB, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses statt "Schadensereignis" noch den Begriff "Ereignis" aufführte, mit Wirkung auch für das streitgegenständliche Versicherungsverhältnis geändert worden. Das BAV hat mit Verordnung vom 15.01.1982 (BAnz Nr. 19 v. 19.01.1982) bestehende Versicherungsverträge (Altverträge) dahin geändert, dass in § 1 und § 3 AHB das Wort "Ereignis" durch "Schadensereignis" ersetzt worden ist. Das BAV war hierzu durch die Verordnung vom 21.11.1940 (RGBl I 1543) ermächtigt. Die hiergegen vorgebrachten Bedenken (vgl. Johannsen, Haftpflichtversicherungsschutz gegen Umweltschäden durch Verunreinigung des Erdbodens und der Gewässer, 1987, S. 11o ff) vermag der Senat nicht zu teilen. Insbesondere lässt sich den die Verordnung tragenden Vorschriften (Gesetz v. 7.11.1939 RGBl I 1939, 2223 und Verordnung v. 19.12.1939 RGBl I 2443) eine Beschränkung auf bestimmte Versicherungszweige nicht entnehmen. Auch die Besonderheiten der Entstehungsgeschichte der Verordnung lassen eine vom Wortlaut nicht umfasste Einschränkung der Ermächtigung nicht annehmen. Darüber hinaus ist auch bedeutungslos, dass die Änderung in gewissem Sinn die im VAG geregelten Befugnisse des BAV berührt. Die materiellen Vorschriften zum Versicherungsvertrag und seinem Inhalt finden sich nämlich in dem durch das Gesetz vom 7.11.1939 geänderten VVG. Somit erstreckte sich die - zwischenzeitlich in Wegfall geratene - Befugnis des BAV auf alle Versicherungszweige (Goldberg/Müller, VAG, § 81a Rdn. 23 ff), insbesondere aber auf die in Artikel III des Gesetzes vom 7.11.1939 ausdrücklich angesprochene Haftpflichtversicherung (so auch: OLG München, Urteil vom 08.03.2003 - 25 U 4991/02 -; Prölss/Martin/Voit, VVG, 26. Aufl., § 1 AHB Rdn. 1; Späte, AHB, § 1 Rdn. 22).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Ob mit der Änderung von § 1 Ziff. 1 AHB durch Verordnung des BAV vom 15.01.1982 auch das damit verfolgte Ziel verwirklicht wurde, den Begriff "Schadensereignis" für alle der AHB unterfallenden Versicherungsverhältnisse im Sinne des Folgeereignisses fest zu schreiben, kann allerdings bezweifelt werden. Auf die Entstehungsgeschichte einer Klausel, die der Versicherungsnehmer regelmäßig nicht kennt, kann jedenfalls zu seinem Nachteil nicht verwiesen werden (BGH ZfSch 1996, 261; NJW 2003, 139). Ob der durchschnittliche Versicherungsnehmer unter "Schadensereignis" regelmäßig nicht das Ursachenereignis, sondern das Folgeereignis verstehen muss, oder ob hier nicht vielmehr eine Mehrdeutigkeit im Sinne der Unklarheitenregel des § 5 AGBG (jetzt § 305 c Abs. 2 BGB) vorliegen mag (Prölss/Martin/Voit, aaO, VVG § 149 Rdn. 15; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. § 149 Rdn. 34; Späte, a.a.O., Rn. 23; Martin, Sachversicherungsrecht 3. Auflage B I 2 Rn. 6) mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer sich auf die ihm jeweils günstige Auslegung berufen kann, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es zwar darauf an, ob Versicherungsschutz wegen eines "Schadensereignisses" begehrt wird, das vor dem 01.01.1998 stattgefunden hat (Teil C. Ziff. 7.1. BBR, § 1 Ziff. 1 AHB). Was unter "Schadensereignis" zu verstehen ist, kann allerdings im Weg der Auslegung nicht aus einer isolierten Vorschrift abgelesen werden, sondern erfordert eine Gesamtschau aller Vereinbarungen der Vertragsparteien. Aus dem Zusammenhang der Einzelregelungen und deren Wortlaut ist - wie auszuführen sein wird - im streitgegenständlichen Versicherungsverhältnis "Schadensereignis" nicht bereits die Herstellung (Konstruktion) oder Lieferung des fehlerhaften Erzeugnisses (hier 70 BUS-Pumpen) also nicht das Kausalereignis zu verstehen, sondern erst der äußere Vorgang, der die Schädigung des Dritten unmittelbar herbeiführt, also das Folgeereignis (OLG Oldenburg, VersR 1997, 732).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Die Parteien haben dem Versicherungsvertrag die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Industrie-, Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung zugrunde gelegt (BBR). Versichert ist danach das Risiko für die von der Klägerin hergestellten Produkte, vorliegend Heizpumpen (Produkthaftpflichtrisiko). Nach Teil C. 1.1 BBR richtet sich der Gegenstand der Versicherung für Schäden, die durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse nach Ausführung der Leistung entstehen, nach AHB und den folgenden Vereinbarungen in Teil C der BBR. Nach § 1 Ziff. 1 AHB (so auch § 3 II 1 Abs. 2 Satz 1 AHB) gewährt der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen "Schadensereignisses" für einen Personenschaden oder einen Sachschaden aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmung privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Der Ausdruck "Schadensereignis" findet nicht nur in der geänderten Fassung des § 1 Ziff. 1 AHB, sondern auch in Teil C. Ziff. 7.1 und 8.1 der BBR Verwendung. Welche Bedeutung dem Begriff "Schadensereignis" beizumessen ist, ist durch Auslegung der dem Versicherungsvertrag jeweils zugrundegelegten Allgemeinen oder Besonderen Versicherungsbedingung zu ermitteln. Dabei ist zu beachten, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und in Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Es kommt auf die Verständigungsmöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Dabei sind neben dem Wortlaut auch der Sinnzusammenhang der AVB, in den die auszulegende Bestimmung hineingestellt ist, sowie der mit der Klausel erkennbar verfolgte Zweck für die Auslegung maßgebend (BGH VersR 1991, 417; VersR 1993, 957; VersR 2002, 1503).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
b) Die Auslegung der Versicherungsbedingungen führt hier dazu, dass unter dem Schadensereignis der äußere Vorgang zu verstehen ist, der die Schädigung des Dritten unmittelbar herbeiführt (sogenanntes Folgeereignis).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Teil C. Ziff. 7.1 BBR regelt unter zeitlicher Begrenzung, dass der Versicherungsschutz die Folgen aller während der Versicherungsdauer vorkommenden Schadensereignisse umfasst, die nicht länger als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses gemeldet werden. Aus Teil C. Ziff. 8.1 BBR geht deutlich hervor, dass das Schadensereignis nicht mit dem Kausalereignis gleichgesetzt werden kann. Dort ist von mehreren, während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages eintretenden Schadensereignissen "aus der gleichen Ursache" oder aus "Lieferungen solcher Erzeugnisse, die mit den gleichen Mängeln behaftet sind", die Rede. Daraus muss ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer herauslesen, dass maßgeblich nicht bereits die Lieferung mangelhafter Sachen als Schadensereignis anzusehen ist, sondern erst die daraus entstehenden schädigenden Folgen (so auch OLG Oldenburg VersR 1997, 732). Im vorliegenden Fall ist das Schadensereignis der Einbau der gelieferten Pumpen, wodurch die Erzeugnisse der Firma V mangelhaft wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
3. Danach steht der Klägerin kein Deckungsanspruch in Höhe des mit Klagantrag II 1 a geltend gemachten Betrages zu. Die Klägerin stützt ihren Anspruch - so auch schon in erster Instanz in Form der Feststellungsklage (Klagantrag 2) - insoweit ausschließlich darauf, dass Schäden an dem Heizsystem V- 300 der Firma V durch die von der Klägerin Ende 1998/Anfang 1999 gelieferten ca. 36.000 Heizpumpen erst nach April 1999 aufgetreten sind. Der maßgebliche Fehler der Pumpe, der zum Notfallbetrieb der Heizpumpe mit erhöhtem Stromverbrauch (100 %) und zu Gesundheitsschäden wegen unerträglicher Geräuschbildung führte, lag darin, dass ab diesem Zeitpunkt - April 1999 - mehrere Befehle von dem Heizgerät an die Pumpen ausgesandt worden sind (Mangel der Software: mangelhafte Signalverarbeitung beim Einsatz mehrerer Slaves). Die mit der Klage geltend gemachten Aufwendungen durch den Ausbau der Pumpen bzw. des Steuerungsmoduls gemäß C. Ziff. 4.2 und 4.4 BBR (Aufwendungen Dritter infolge Mangelhaftigkeit von Sachen, die erst durch Verbindung entstehen sowie Aufwendungen Dritter für Beseitigung, Ausbau und Freilegung mangelhafter Erzeugnisse und Einbau) sind nicht erstattungsfähig, da die Verbindung durch Einbau erst nach Ende des Versicherungsverhältnisses, nämlich nach dem 01.01.1998 (hier April 1999) erfolgte. Auf einen von Anfang an bestehenden Konstruktionsfehler der 70 BUS-Heizpumpen gemäß Pflichtenheft der Firma V von 1992 kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil für den Eintritt des Schadensereignisses maßgeblich der reale Verletzungserfolg - wie oben ausgeführt - ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Eine zeitliche Zurückverlegung des Versicherungsfalls ist auch nicht über die Serienschadensklausel nach C. Ziff. 8.1. BBR möglich. Danach gelten zwar bei Schadensereignissen aus der gleichen Ursache alle als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem das erste eingetreten ist. Selbst wenn, was die Klägerin nun behauptet, der gleiche Konstruktionsfehler bereits vor Ablauf der Versicherung zu Schadensereignissen geführt hätte, könnte für die mit Einbau in die Heizsysteme V- 300 eingetretenen Schadensereignisse eine fiktive Rückdatierung nicht erfolgen, da diese nicht während der Wirksamkeit der Versicherung, sondern erst danach eingetreten sind. Die Serienschadensklausel nach C. Ziff. 8.1. BBR enthält für den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung eine Zäsur, die eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes mit der fiktiven Rückdatierung nicht zulässt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
4. Selbst wenn im vorliegenden Fall nicht das Folgeereignis, sondern das Kausalereignis für den zeitlichen Geltungsbereich des Versicherungsvertrages maßgebend wäre, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Versicherungsfall wäre in diesem Fall nicht der Eintritt des realen Verletzungserfolges, sondern vielmehr der vom Versicherungsnehmer gesetzte oder von ihm zu vertretende Haftungsgrund zu verstehen, der die Schädigung des Dritten zufolge gehabt hat (BGHZ 79, 76).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Haftungsrechtlich relevant in Bezug auf das versicherte Risiko ist erst die Auslieferung der fehlerhaft konstruierten Pumpe, denn erst dann wird im Verhältnis zum Geschädigten die maßgebende Ursache gesetzt. Entsprechend hat die Rechtsprechung bislang auch beim Kausalereignis auf das Inverkehrbringen abgestellt (BGHZ 79, 76:; BGH NJW 2003, 511; BGH VersR 2002, 1503; OLG Oldenburg, VersR 1997, 732; OLG Celle VersR 1997, 609; OLG Nürnberg VersR 2000, 1490; vgl. auch Späte, a.A. O., AHB § 1 Rn. 29). So wurde beispielweise auf das Versprühen, nicht schon das Bereitstellen eines Unkrautvernichtungsmittels abgestellt; auf das Einreichen einer unrichtigen Steuererklärung, nicht deren fehlerhafte Erstellung oder beim Unterlassen nicht auf die vorangegangene Säumnis, sondern auf die Untätigkeit in dem Zeitpunkt, zu dem spätestens hätte gehandelt werden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Das Kausalereignis ist nämlich immer das erste Verhalten, welches in Bezug auf den Geschädigten in unmittelbarer Kausalkette den Schaden herbeiführt. Es handelt sich - wie auch beim Schadensereignis - um den tatsächlichen Vorgang. Der Versicherungsnehmer haftet nicht auf Schadensersatz, weil er einen Fehler begangen hat, sondern weil er in Bezug auf einen Dritten die Ursache für einen Schaden gesetzt hat. Unter dem Ursachenereignis ist diejenige Handlung (Verstoß) zu verstehen, die adäquat kausal den Schaden zur Folge hatte (Späte, a.A. O. § 1 AHB Rn. 29). Danach ergibt sich auch nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, dass unter "Ereignis" bei der zeitlichen Abgrenzung des Versicherungsschutzes in § 1 AHB nicht schon der Umstand zu verstehen ist, der den Eintritt des versicherten Schadens vorbereiten kann, mag er auch eine dafür notwendige Bedingung darstellen und selbst schon als pflichtwidrig zu beurteilen sein. Auch der Versicherungsnehmer wird nur solche Ursachen für ein Ereignis im Sinne der Klausel (§ 1 AHB, Teil C. 1.1, 7.1, 8.2 BBR) halten, die den Eintritt jedenfalls irgend eines Schadens nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen (BGH VersR 2002, 1503). Ausgehend hiervon ist erst durch die Auslieferung an die Firma V - und nicht bereits durch die Herstellung der 70-BUS-Pumpen im Werk der Klägerin oder deren unzureichende Konstruktion oder durch die noch frühere Einstellung eines nicht hinreichend geeigneten Konstrukteurs - die Ursache für die Schäden an den Heizwandgeräten der Marke V- 300 gesetzt worden, weil erst hierdurch die vom Versicherungsschutz umfassten Belange des Abnehmers real gefährdet werden konnten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Danach ist unter Zugrundelegung der Kausalereignistheorie ebenfalls kein Versicherungsschutz gegeben, weil die Klägerin mit Klagantrag II 1 a ausweislich ihres Schriftsatzes vom 15.07.2003 nur Aufwendungen Dritter für die Beseitigung von Schäden beansprucht, die durch die Lieferung der 36.000 70 BUS-Pumpen in der Zeit Ende 1998/1999 an den Heizwandgeräten V- entstanden sind. Versicherungsschutz besteht mithin nicht, weil die Auslieferung der für das Heizwandgerät V- maßgeblichen Pumpen erst nach Ende des Versicherungsverhältnisses (hier 01.01.1998) erfolgt ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
5. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihr kein Nachhaftungsangebot unterbreitet hat. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an, wonach ein solcher Hinweis ausschließlich dann erforderlich ist, wenn eine Betriebs- und/oder Produktstätte - wie nicht - geschlossen wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf Ziff. 2 der Urteilsgründe (S. 16) verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Klagantrag II 1 b und II 2:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Insoweit besteht weder ein Anspruch auf Zahlung (Klagantrag II 1 b) noch ist die hilfsweise insoweit erhobene Feststellungsklage (II 213) begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Die Klägerin begehrt insoweit Zahlung für Aus- und Einbaukosten für noch auszutauschende Pumpen in Heizwandgeräten V- 300 gemäß Vergleich vom 31.01.2003 (Landgericht D 18 O 98/01). Ein Anspruch auf Ersatz dieser Kosten besteht aus den oben unter A. ausgeführten Erwägungen nicht. Denn Gegenstand des Klagantrags II 1 b wie auch der Hilfs-Feststellungsklage im Schriftsatz vom 01.07.2003 (II 213) sind die erst nach Ende des Versicherungsverhältnisses an die Firma V für das Heizwandgerät V- 300 ausgelieferten 70-BUS-Heizpumpen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>C.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für Mitarbeiter (Rettungskosten) besteht ebenfalls nicht (Klagantrag Ziff. II 3, II 61).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
Diese Kosten sind dadurch entstanden, dass ab April 1999 Schäden an den Heizwandgeräten V- 300 durch die von der Klägerin ab Ende 1998/Anfang 1999 ausgelieferten Heizpumpen aufgetreten sind. Ein Anspruch auf Kostenersatz bestünde allenfalls dann, wenn es sich - wie nicht - um ein während des Versicherungsverhältnisses aufgetretenes Schadensereignis handeln würde.
</td></tr></table>
<table><tr><td>D.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Dies gilt auch für die mit Ziff. II 4 der Klage geltend gemachten Kosten des Rechtsstreits vor dem LG D. Ein Kostenerstattungsanspruch für den dort geführten Rechtsstreit bestünde nur im Fall eines Deckungsanspruches. Dieser ist vorliegend wie ausgeführt - (oben A.)nicht gegeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td>E.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
Die Beklagte kann auch nicht aufgrund der im Schriftsatz vom 17.06.2003 (II 75 ff) enthaltenen Hilfsbegründung zur Zahlung von EUR 603.324,25 verurteilt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu der Leistungsklage (oben Klagantrag II 1 a und b) um eine Klageänderung (§§ 263, 533 ZPO), in die die Beklagte nicht eingewilligt hat. Sie ist auch nicht sachdienlich, weil der ansonsten entscheidungsreife Prozess durch die Zulassung der Klagänderung - wie auszuführen sein wird - verzögert würde. Die Klageänderung ist deshalb unzulässig, weil mit ihr in zweiter Instanz ein neuer Streitgegenstand (neuer Lebenssachverhalt) vorgetragen wird (§§ 533 Nr. 2, 529 ZPO). Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 533 Nr. 1 und 2 ZPO liegen mithin nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Die hilfsweise Geltendmachung der Schäden durch Pumpenlieferungen vor dem 01.01.1998 stellt trotz des Klageantrags in erster Instanz (dort Klagantrag Ziff. 2 b), wonach die Klägerin die Feststellung begehrt hatte, ihr Versicherungsschutz im Hinblick auf die an die Firma V seit 1993 gelieferten Heizpumpen zu gewähren, eine Klageänderung dar. In erster Instanz hat die Klägerin - wie auch die ausdrückliche Nichtverlesung des zweiten Hilfsantrags im Schriftsatz vom 02.09.2002 (I 164) zeigt - ihre Klage ausschließlich mit ihrer alleinigen Inanspruchnahme seitens ihres Abnehmers (Firma V) für die 36.000 ab Ende 1998/Anfang 1999 gelieferten Heizpumpen für das Heizwandgerät V- 300 begründet und hierfür Deckungsschutz begehrt. Im Berufungsrechtszug begründet die Klägerin ihr Hilfsbegehren nunmehr damit, dass der Sachverständige Prof. Dr. He. weitere Mängel der Software betreffend die Lieferung der Heizpumpen vor 01.01.1998 festgestellt habe, die sich auch schon in der ursprünglichen Produktion ausgewirkt hätten. Darüber hinaus bestünde für die gesamte Produktion der Heizpumpen ab 1993 die konkrete Gefahr von Folge-Sachschäden durch Feuer. Für einen entsprechenden Rückruf sei die Klägerin deshalb ersatzpflichtig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
Für den hilfsweisen Einbezug einer Schadensersatzforderung für Schäden durch Pumpenlieferungen vor dem 01.01.1998 wäre zunächst zu klären, ob die Beklagte, die sich hierauf beruft, wegen der Nichteinhaltung der 3-Jahres-Frist gemäß C. Ziff. 7.1 BBR leistungsfrei ist. Der Senat geht davon aus, dass es sich bei der genannten Bestimmung um eine Obliegenheit handelt (Prölss/Martin/Voit, aaO, Nr. 7 Produkthaftpflicht Rdn. 3). Ob in Anbetracht des Schadensfalles vom 08.01.1998 (II 197) sich die Klägerin, die insoweit - nach Auffassung des Senats bei sachgerechter Auslegung der damaligen Schreiben erfolglos - die Schadensmeldung der Versicherungsmakler M & M vom 28.12.2000 als ausreichend anführen will, vom Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit entlasten könnte, ist ungewiss und bedürfte weiterer Aufklärung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Weiter wäre aufzuklären, ob und inwieweit die Klägerin ihrer Erprobungspflicht gemäß C. Ziff. 6.6 BBR genügt hat oder ob hier von einer (weiteren) Obliegenheitsverletzung auszugehen wäre. Danach sind Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach den anerkannten Regeln der Technik oder Wissenschaft oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt waren, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Die Durchführung von geeigneten Belastungstests ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
Durch die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits der Klägerin mit ihrer Abnehmerin, der Firma V, müsste nunmehr im Deckungsprozess der Haftpflichtanspruch für die Schäden aus den Pumpenlieferungen vor 01.01.1998 geprüft werden. Denn es fehlt mangels rechtskräftiger Entscheidung des Haftpflichtprozesses an einer bindenden Wirkung der im Haftpflichtprozess ergangenen Entscheidung dahin, dass im Deckungsprozess davon auszugehen ist, dass gegen den Versicherungsnehmer ein Haftpflichtanspruch aus den im Haftpflichtprozess festgestellten Gründen besteht (Späte, a.A. O., § 3 Rn. 45 und 46).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Ein Haftungsanspruch für die früher (vor 01.01.1998) gelieferten Heizpumpen ist bislang nicht hinreichend dargetan. Es fehlt an Ausführungen dazu, dass ein unverjährter vertraglicher Anspruch der Firma V für Schäden durch Pumpenlieferungen vor dem 01.01.1998 bestanden hat. Ein etwaiger Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB zwischen der Firma V und der Klägerin setzt die Fälligkeit der Gesamtschuld voraus. Hierzu ist nichts dargetan. Soweit die Klägerin ihre Leistungen als nach §§ 62, 63 VVG auszugleichende Rettungskosten ansehen will, wäre zu klären, ob die Firma V eine Rückruf- und Austauschverpflichtung übernommen hat. Ohne eine solche Verpflichtung drohten der Klägerin bei Schadensfällen weiterhin Schadensersatzansprüche der Endabnehmer. Dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. He die Gefahr von Feuerschäden durch vor dem 01.01.1998 ausgelieferte Heizpumpen bestehen soll, genügt jedenfalls für eine Leistungsverpflichtung der Beklagten nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="74"/>
Die Klageänderung ist nach alledem auf einen neuen Lebenssachverhalt gestützt und aus den angeführten Gründen deshalb auch nicht sachdienlich. Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO nicht zulässig.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,679
|
olgkarl-2003-07-17-12-u-5300
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
12 U 53/00
| 2003-07-17T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:34
| 2019-02-12T12:38:54
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten Hans K. wird das Urteil des Landgerichts M vom 30.12.1999 - 3 O 173/93 - in Ziff. 1 geändert und neu gefasst:</p>
<p>I. Der Beklagte Hans K. wird verurteilt, an die Klägerin EUR 144.565,34 nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.</p>
<p>II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Hans K. (als Gesamtschuldner neben der Stadt M im Rahmen deren erstinstanzlicher Verurteilung) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Standsicherheit des Hinterhauses Am M-Platz 7 in M beeinträchtigt ist, weil es durch die Abbrucharbeiten auf den Grundstücken Am M-Platz 6 und L-Strasse 6 verstärkt Horizontallasten ausgesetzt ist;</p>
<p>ausgenommen ist der Schaden, der der Klägerin durch einen von der Stadt M am 01.03.1989 gezahlten Betrag in Höhe von DM 1.400,00 und durch einen von der Kn & Co. GmbH, M, am 25.06.1987 gezahlten Betrag in Höhe von DM 500,00 ersetzt wurde, sowie der Schaden, zu dessen Ersatz die Kn & Co. GmbH durch Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25.11.1992 - 1 U 43/92 - rechtskräftig verurteilt wurde.</p>
<p>2. Die weitergehende Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer weitergehenden Klage gegen den Beklagten Hans K. und dessen Berufung werden zurückgewiesen.</p>
<p>3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Hans K. im Berufungsverfahren hat zu 1/10 die Klägerin, im übrigen er selbst zu tragen.</p>
<p>Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>5. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td><table><tr><td>I.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Berufungen des Beklagten Hans K. und die der Klägerin im Verfahren gegen diesen sind zulässig. Erfolg hat aber nur die Berufung der Klägerin, soweit sie ihren Schaden teilweise beziffert hat. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung des Beklagten K. angenommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
1. Die Klagänderung der Klägerin in der Berufung durch Bezifferung eines Teils ihres Schadens ist gemäß § 264 ZPO zulässig.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 Satz 3 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Nach § 922 Satz 3 BGB darf eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB nicht beseitigt und geändert werden, solange ein Nachbar an deren (unverändertem) Fortbestand ein Interesse hat und der Beseitigung oder Änderung nicht zustimmt. Nach dem Schutzzweck des § 922 Satz 3 BGB kann jeder Nachbar verlangen, dass sein Recht auf ungehinderte Benutzung der Grenzeinrichtung unangetastet bleibt. Diesem Zweck widerspricht es, wenn der Abriss eines Hauses die Bestands- und Funktionsfähigkeit der mit einem Nachbarhaus gemeinsamen Giebelmauer derart beeinträchtigt, dass der Nachbar gezwungen wird, sich durch bauliche Maßnahmen erst wieder die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen, die ihm die Mauer bisher bot. § 922 Satz 3 BGB ist eine Verbotsnorm. Insofern steht sie anderen Verbotsnormen im Nachbarverhältnis gleich. Entsprechend richtet sich auch hier das Verbot nicht nur gegen den Eigentümer des Grundstücks, von dem aus die Grenzeinrichtung angegangen wird, sondern gegen jeden, der an der Maßnahme mitwirkt wie z.B. der Bauunternehmer, der bauleitende Ingenieur oder auch der Statiker, dessen Aufgabe die Ermittlung der Sicherungsmaßnahmen ist (vgl. BGHZ 85, 375; BGHZ 101, 290; OLG Köln BauR 1987, 472). Jeden Beteiligten trifft eine eigenverantwortliche Prüfungspflicht. Wenn sein Beitrag zu der schadensbringenden Maßnahme pflichtwidrig und schuldhaft ist, haftet er nach §§ 823 Abs. 2, 922 BGB auf Ersatz des Schadens.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Richtig ist allerdings, dass § 922 Satz 3 BGB im Ergebnis das Recht des Eigentümers des Nachbargrundstücks, sein Haus abzureißen, nicht soweit einschränkt, dass der Nachbar allein durch Versagung seiner Zustimmung jegliche Maßnahme unterbinden könnte (BGH NJW 1989, 2541). Der Eigentümer des abgerissenen Hauses muss nur auf seine Kosten diejenigen Maßnahmen treffen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen des Hausabrisses auf das Nutzungsinteresse des Nachbarn an der halbscheidigen Giebelwand geboten sind. Unter die nach § 922 Satz 3 BGB zustimmungsbedürftigen Eingriffe fallen nicht nur Eingriffe in die Substanz einer Grenzeinrichtung, sondern auch Handlungen, die den Bestimmungszweck der Einrichtung und ihre bisherige Brauchbarkeit für diesen Zweck zum Nachteil des Miteigentümers aufheben oder mindern. Die ohne Zustimmung des Nachbarn durchgeführte Änderung oder Beseitigung einer Grenzeinrichtung verstößt somit solange gegen das Verbot des § 922 Satz 3 BGB, als nicht von vornherein diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die zur Verhinderung oder schnellst möglichen Beseitigung von Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind (BGHZ 78, 397). Ist dies nicht der Fall, besteht auch keine Duldungspflicht, die einem Rückgriff auf Hilfspersonen entgegen stehen könnte (BGHZ 101, 290).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die südliche wie auch die westliche Giebelwand stehen auf der Grundstücksgrenze. Sie sind halbscheidige Giebelwände. Ihre Nutzung unterliegt daher den Einschränkungen des § 922 BGB. Durch den Abriss der Hinterhäuser auf den Grundstücken M-Platz 6 und L-Straße 6 wurde den Giebelmauern die bisherige Abschirmung gegen erheblichen Winddruck genommen. Sie sind deshalb in dem freistehenden Zustand für die Klägerin nicht mehr als Hausabschlusswand uneingeschränkt brauchbar. Davon ist aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen G der Senat überzeugt. Der Sachverständige hat schon in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass die Giebelwände des Hintergebäudes der Klägerin nach dem Abbruch der Gebäude auf den Nachbargrundstücken über vier Geschosse freistehen. Aufgrund der Konstruktion des Gebäudes aus Mauerwerkswänden und Holzbalkendecken besitze es seit dem Abbruch keine ausreichende Aussteifung mehr. Es sei nicht mehr gewährleistet, dass anfallende Horizontallasten (Wind) aufgefangen werden könnten. Die vom Beklagten veranlasste Anbringung von Eckbandagen reiche nicht aus, die erforderliche Sicherheit zu geben. Die Decken müssten zur Wiedererlangung der erforderlichen Standsicherheit konstruktiv als sogenannte Scheiben ausgebildet werden. In der Berufung hat der Sachverständige festgestellt, dass die Giebelwand zwar mehrfach mit der Firstfette bzw. Pfosten verankert worden sei. Im Dachgeschoss seien aussteifende Maßnahmen getroffen worden, die dem Stand früherer Zeit entsprächen. Nach heutigen Maßstäben seien die aussteifenden Elemente jedoch bei weitem nicht ausreichend. Vor dem Abbruch hätte auf dem Grundstück M-Platz 6 ein etwa gleich hohes Gebäude gestanden, wodurch die Gebäude sich gegenseitig hätten abschatten und abstützen können. Durch den Abbruch hätten sich die Verhältnisse jedoch verschlechtert. Die im Dachgeschoss vorhandenen Aussteifungselemente könnten nunmehr nicht als ausreichend betrachtet werden. Erforderlich sei, dass in Höhe der Decke über dem Erdgeschoss, dem ersten, dem zweiten und dem dritten Obergeschoss in Abständen von etwa zwei bis drei Metern sogenannte Schlaudern bzw. Zuganker eingebaut würden, die die Außenwände mit den Decken verbinden könnten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Standsicherheit des Hauses ist nur durch den Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 beeinträchtigt. Nur zu diesen Grundstücken bestand eine halbscheidige Grenzwand, die Horizontallasten abhalten konnte, nicht zum Grundstück L-Straße 4. Dies hat auch das Landgericht so gesehen. Der Urteilstenor hinsichtlich der Haftungsfeststellung ist dieser Sachlage entsprechend zu korrigieren.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Für die Überzeugungsbildung und die Entscheidung des Gerichts, dass das Haus der Klägerin aufgrund des Abrisses der Nachbarhäuser nicht mehr standsicher ist, ist nicht erforderlich, dass der Sachverständige im Haus der Klägerin sämtliche Geschossdeckenbalken - auch im Bad des zweiten Obergeschosses und in den anderen Geschossen - freilegt und die Verankerung in der Außenwand untersucht. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in jedem Geschoss u.a. die Deckenbalken durch Zuganker mit der Außenwand verbunden werden müssen, um die Standsicherheit zu erreichen, die das Hintergebäude der Klägerin vor dem Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück M-Platz 6 hatte. Diese Feststellung reicht aus, um über die Klaganträge entscheiden zu können. Schon aufgrund der freigelegten und untersuchten Balken steht fest, dass das Gebäude der Klägerin nicht mehr standsicher ist. Welche Maßnahmen im einzelnen erforderlich sind, um die durch den Abriss des Nachbargebäudes verlorene Standsicherheit wiederherzustellen, braucht nicht entschieden zu werden. Nur für die Beantwortung einer solchen Frage wäre die Öffnung sämtlicher Geschossdecken erforderlich. Weder im Rahmen des Feststellungsbegehrens, es betrifft nur die Haftung grundsätzlich, noch für den Zahlungsantrag, der nur Folgeschäden umfasst, braucht die Frage beantwortet zu werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Ebenso ist deswegen nicht erforderlich, dass der Sachverständige dazu Stellung nimmt, wie die Bodenbeläge auf den Deckenbalken des Hinterhauses der Klägerin befestigt sind. Die vorhandene Befestigung und die vorhandenen Zuganker reichen, wie der Sachverständige ausgeführt hat, jedenfalls nicht aus, um die vor dem Abriss vorhandene erforderliche Standsicherheit zu gewährleisten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Schließlich kann auch die Behauptung des Beklagten dahingestellt bleiben, dass die Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger zu einer wesentlichen Schwächung der Standfestigkeit geführt hat. Die Zwischenwand wurde schon vor dem Abriss der Nachbargebäude entfernt und durch den T-Träger ersetzt. Für eine Schwächung der Gebäudestandsicherheit durch Maßnahmen der Klägerin oder eines ihrer Rechtsvorgänger haftet der Beklagte nicht. Dafür, dass die Standfestigkeit des Gebäudes der Klägerin verloren ging, hat er nur insoweit einzustehen, wie der Verlust auf dem Abriss des Nachbargebäudes beruht. Mehr begehrt die Klägerin auch nicht und wird nicht ausgesprochen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Aus dem gleichen Grund ist für diese Entscheidung der Einwand des Beklagten unerheblich, dass der obere Teil der westlichen Hauswand schon vor dem Abriss des Hauses L-Straße 6 freistand.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
In welcher zeitlichen Reihenfolge die Gebäude erbaut wurden, spielt für die Anwendung des § 922 BGB keine Rolle. Die halbscheidige Giebelmauer ist eine einverständlich geschaffene Grenzeinrichtung. Soweit die Nachbarn die Mauer nicht gemeinsam errichten, entstehen mit dem Anbau an die von einem errichtete, vorhandene Wand Miteigentum und Mitbesitz beider Nachbarn. Die Nachbarn haben das Recht, die Grenzmauer gemeinschaftlich zu nutzen. Aus dem Recht erwächst jedem Nachbarn der Anspruch, dass die Funktion der Einrichtung nicht ohne seine Zustimmung zu seinen Lasten beeinträchtigt wird. Wer die Mauer errichtete und wer an die vorhandene Mauer anbaute, spielt für die Abwehr von Beeinträchtigungen somit keine Rolle.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
b. Der Beklagte war damit beauftragt, die Statik des abzureißenden Hauses und der angrenzenden Bauteile zu untersuchen. Angrenzender Bauteil ist zumindest auch die halbscheidige Grenzwand, die nach dem Abriss von einer Innen- zu einer Außenmauer des Hintergebäudes der Klägerin umfunktioniert ist. Der Auftrag bezog sich nicht nur auf das Haus M-Platz 6, sondern auch auf das Gebäude L-Straße 6. Alle drei Grundstücke, deren Hintergebäude abgerissen wurden, sind im schriftlichen Auftrag der Stadt M vom 28.02.1986 (I 202) und im Angebot vom 24.02.1986 (I 203) genannt. Auch wenn die Stadt M konkrete Arbeiten nur hinsichtlich des Gebäudes M-Platz 6 abgerufen haben sollte, wurde dadurch der Beklagte K. nicht davon entbunden, seinen Hinweispflichten im Rahmen seines Vertrags umfassend nachzukommen. Ob der Beklagte mit Bauüberwachungstätigkeiten beauftragt war oder nur beratende Funktion hatte, kann offen bleiben. Gerade als beratender Sonderfachmann hatte er statische Probleme, die beim Abriss entstehen konnten, anzusprechen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
c. Der Beklagte K. handelte schuldhaft. Er hat fahrlässig eine länger andauernde und noch bestehende Beeinträchtigung der Standsicherheit und damit der Benutzbarkeit des Hinterhauses der Klägerin verursacht. Er konnte voraussehen, dass die nach dem Abriss des Nachbargebäudes freistehende halbscheidige Grenzwand aufgrund fehlender Aussteifung nicht mehr standsicher sein würde. Er selbst trägt vor, dass er vor dem Abriss davon ausgehen konnte, dass vorhandene Standsicherheitsmaßnahmen dem Standard zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entsprachen, also vor etwa 100 Jahren. Das bedeutet, dass die Geschossdecken aus Balken hergestellt und die Wände, auch die halbscheidige Grenzwand vollständig gemauert waren. Er konnte auch, soweit dies nicht schon vorher möglich war, bei dem Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 die Konstruktion des Nachbarhauses der Klägerin erkennen. Er ordnete den Austausch verrosteter Anker und insbesondere als Sicherungsmaßnahme Eckbandagen an, die der gerichtliche Sachverständige allerdings für unzureichend hält. Er wusste weiterhin, dass das Haus der Klägerin nicht frei stand, sondern an zwei Nachbargebäude angebaut war. Er wusste somit, dass dem verbleibenden Gebäude durch den Abriss wesentliche Stützung entzogen und dieses wesentlich höheren Horizontallasten ausgesetzt sein würde. Er musste daher damit rechnen, dass die Verankerung der Geschossdeckenbalken in den Wänden nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr die gleiche Standsicherheit garantieren würde wie der Schutz der Nachbarhäuser zuvor. Die sichtbaren vorhandenen Schlaudern und Anker im Giebelbereich durften ihn nicht darauf vertrauen lassen, dass ausreichende Aussteifungselemente in das Gebäude eingebaut waren, die für die gleiche Standsicherheiten sorgten wie die anlehnenden Gebäude. Die Schlaudern und Anker waren nur im freistehenden Bereich der Grenzwände erkennbar.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Einwand, dass eine genauere Untersuchung der Statik des Hauses der Klägerin nur unter erheblichem Mehraufwand und Mehrkosten - das Haus war genutzt - möglich gewesen wäre, kann den Beklagten nicht entlasten. Er hätte in diesem Fall darauf hinweisen müssen, dass er die Standsicherheit des Gebäudes der Klägerin nach dem Abriss des Nachbarhauses nicht beurteilen könne. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M dann die erforderlichen Untersuchungen ermöglicht und den Abriss gestoppt hätte, bis das Ergebnis der Nachforschungen festgestanden hätte. Immerhin hatte die Stadt von Anfang an zumindest den fachmännischen Rat des Beklagten K. eingeholt, um statische Probleme der vom Abriss betroffenen "angrenzenden Bauteile" zu vermeiden bzw. ihnen entgegenzuwirken.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Der unterlassenen Hinweis auf die nach dem Abriss der Nachbarbebauung nicht mehr vorhandene Standsicherheit des Hauses der Klägerin hatte und hat vermeidbare Folgen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M, die den Abriss verantwortlich veranlasst hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Stützung der halbscheidigen Giebelwände in Auftrag gegeben hätte, wenn der Beklagte K. auf die Folgen des Abrisses für die Standsicherheit des Hauses der Klägerin hingewiesen hätte. Nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen G und dem darauf beruhenden Urteil des Landgerichts hat die Stadt M nämlich nicht den Rechtsstreit mit der Klägerin weitergeführt, sondern die ersten Maßnahmen ergriffen, um ihrer Verpflichtung zur Beseitigung der Beeinträchtigungen der Grenzmauer der Klägerin nachzukommen. Hätte der Beklagte K. rechtzeitig auf die statischen Probleme des Hauses der Klägerin hingewiesen, hätte die Stadt M mit Sicherheit noch während des Abbruches oder direkt anschließend die Geschossdecken als Scheiben zur Stabilisierung des Hauses ausbilden lassen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
d. Die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten K. sind nicht gemäß § 852 BGB a.F. verjährt. Die in § 852 Abs. 1 BGB a.F. vorausgesetzte positive Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Verletzte nur dann, wenn ihm dessen Name und Anschrift bekannt sind (BGH NJW 2001, 1721; VersR 1998, 378). Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. kann ausnahmsweise auch dann zu laufen beginnen, wenn der Geschädigte den gebotenen Kenntnisstand nicht positiv besitzt, es ihm jedoch möglich ist, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe und ohne besondere Kosten zu beschaffen. Allerdings steht selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis nicht gleich; vielmehr betrifft diese Ausnahme vom Gebot der positiven Kenntnis nur Fälle, in denen es der Geschädigte versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnismöglichkeit wahrzunehmen und letztlich das Sichberufen auf die Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis hätte (BGH NJW 2001, 1721; ZIP 2001, 379). Der Beklagte hat eine Kenntnis der Klägerin oder ihres Ehemanns als ihr Vertreter zu einem Zeitpunkt vor 1992 nicht dargetan. Der Beklagte hat auch keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sich der Klägerin zu einem Zeitpunkt vor 1992 Erkenntnisse über seine Beauftragung mit der Sicherung des Abrisses hätten aufdrängen müssen. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch Klagerhebung im April 1993 wirksam unterbrochen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
3. Die Klägerin kann den Beklagten K. nicht wegen der streitgegenständlichen Risse in Anspruch nehmen. Insoweit hat das Landgericht zu Recht die Klage abgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Der Beklagte haftet nicht gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 BGB für die an den Giebelwänden aufgetretenen Risse.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Bei einer Grundstücksvertiefung haftet ein Statiker, dessen Berechnungen die Grundlage für den Bodenaushub und die dabei zu beachtenden Sicherungsmaßnahmen bilden (BGH VersR 1997, 119). Ebenso haftet ein Statiker nach Ansicht des Senats bei einem Abriss eines Gebäudes, das eine halbscheidige Giebelwand hat, nur insoweit, als er auftragsgemäß Erkundungen vorzunehmen und Maßnahmen vorzuschlagen bzw. anzuordnen hat. Die Aufgabe des Beklagten K. bestand nur in der Überprüfung der Standsicherheit des abzureißenden Gebäudes und der angrenzenden Bauteile. Er war nicht damit beauftragt, die weiteren Beeinträchtigungen der halbscheidigen Giebelwand nach Abriss der Gebäude Am M-Platz 6 und L-Straße 6 zu untersuchen. Er brauchte deshalb nicht darauf zu achten und ggf. darauf hinzuweisen, dass die Wärmedämmung und der Feuchtigkeitsschutz der Giebelwand nach dem Abriss des einen angrenzenden Gebäudes nicht mehr gewährleistet war.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Wandrisse auf einer Beeinträchtigung der Standsicherheit durch den Abriss des Nachbargebäudes beruhen. Der Sachverständige G hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Vertikalrisse in der Außenwand des Gebäudes der Klägerin nicht auf eine nicht mehr vorhandene Standsicherheit zurückzuführen sind, sondern auf an der Wand auftretende Temperaturunterschiede, die Schwächen im Wandgefüge verstärken.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Riss der südlichen Giebelwand an der Ecke zum Treppenturm auf dem Grundstück M-Platz 6 könne durch Mauerwerkseinbindung, Eckeneinbindung oder Eckbandagen ebenso erklärt werden wie durch Temperaturdifferenzen oder eine Drehung des Treppenhausturmes auf dem Grundstück M-Platz 6. Andere Ursachen seien nicht denkbar. Der vertikale Riss in der Mitte der Südwand sei an der Stelle einer schon vorhandenen Fuge aufgetreten. Die Vergrößerung sei sehr wahrscheinlich durch die Temperaturdifferenzen, die nach dem Abriss des angebauten Gebäudes auf die Außenwand wirken würden, entstanden. Die Schrägrisse im Inneren seien nicht durch den Abriss des Nachbargebäudes zu erklären, sondern durch die unterschiedlichen Verformungsprozesse von Wänden und Holzbalken innerhalb des Gebäudes. Auch der Riss auf der Westseite lasse sich nicht mit Abbrucharbeiten erklären. Eine Rissbildung aufgrund Abbrucharbeiten hätte mit Beendigung der Arbeiten beendet sein müssen. Der Riss hätte nicht nach dem späteren Verputzen wiederauftreten dürfen, was er aber tat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
b. Eine vertragliche Haftung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin könnte eine vertragliche Haftung allenfalls darauf stützen, dass der Beklagte seine Statiker-Leistungen, die er aufgrund des mit der Stadt M geschlossenen Vertrages schuldete, auch zu ihren Gunsten erbringen sollte. Die geschuldeten Leistungen umfassten aber nicht andere als statische Beeinträchtigungen durch den Abriss des Nachbarhauses zu untersuchen. Vertragliche Ansprüche könnten daher nicht über den unter a. angeführten Umfang hinausgehen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
4. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. keine weitergehenden Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 909 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Gemäß § 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Die Klägerin hat ihre Behauptung, dass Schäden an ihrem Gebäude aufgrund einer Grundstücksvertiefung durch die Abrissarbeiten oder aufgrund unsorgfältiger Abrissarbeiten aufgetreten sind, nicht nachgewiesen. Der Sachverständige G hat ausgeführt, dass die Risse, die an dem Gebäude der Klägerin vorhanden sind, nicht auf Grundstücksvertiefungen oder Erschütterungen beruhen. Vielmehr hätten schon vorhandene Fugen aufgrund der veränderten Verhältnisse nach dem Abriss sich gezeigt und/oder sich vergrößert, wie oben unter 3 a ausgeführt ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
5. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Verkehrssicherungspflichten trafen den Beklagten K. nur, soweit er solche gegenüber der Stadt M als Veranlasserin der Abrissmaßnahmen übernahm. Die Verkehrssicherungspflichten konnten im vorliegenden Fall nicht weitergehen als die schon angesprochenen gesetzlich speziell geregelten Verhaltenspflichten. Das im Eigentum der Klägerin stehende Haus ist allein mittelbar dadurch betroffen, dass es nicht mehr von den Nachbarhäusern gegen Horizontaldruck abgeschattet und deshalb nicht mehr standsicher und damit uneingeschränkt nutzbar ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
6. Gemäß § 249 BGB hat der Beklagte die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch seinen gebotenen, aber fehlenden Hinweis auf erforderliche Sicherungsmaßnahmen und eine stabile Verbindung der Giebelwand mit den Decken entstanden sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
a. Zum Schaden zählen die der Klägerin entstandenen Verluste, die auf der mangelnden Nutzbarkeit des Gebäudes beruhen. Die fehlende Nutzbarkeit hat ihren Grund darin, dass das Gebäude nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr ausreichend standsicher ist. Die Standsicherheit und damit die Vermietbarkeit des Objekts wäre nicht verloren gegangen, wenn der Beklagte rechtzeitig auf die statischen Probleme, die nach dem Abriss der Nachbargebäude auftraten, hingewiesen hätte. In diesem Fall hätten alle notwendigen Erhebungen vor Beginn der Arbeit durchgeführt werden können und wären zur Überzeugung des Senats auch durchgeführt worden. Im Nachgang wären sodann die notwendigen Sicherungsmaßnahmen - einschließlich eventuell von der Klägerin selbst zu tragender Aufwendungen für Maßnahmen zum Ausgleich der Auswirkungen der Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger - unmittelbar im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten erfolgt. Die nunmehr zu verzeichnende Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen geht im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten K. allein zu dessen Lasten. Er hat deshalb den Verzögerungsschaden zu ersetzen. Die Klägerin hätte ohne den Verstoß des Beklagten K. - unstreitig - die Räume in dem Hinterhaus zu den von ihr angegebenen Preisen vermieten können. Hätte sie die Räume vermietet, hätte sie Einnahmen gehabt und mit den Einnahmen Kredite getilgt. Einnahmen und Zinssätze hat sie im einzelnen dargelegt. Der Gesamtverlust beträgt 144.565,34 EUR.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Kausalkette ist nicht dadurch unterbrochen, dass das Hintergebäude möglicherweise nicht aktuellen Brandschutzbestimmungen entspricht. Ein Schaden könnte aus diesem Grund nur entfallen oder sich reduzieren, wenn die (potentiellen) Mieter deshalb von einer Anmietung Abstand genommen oder die Miete gemindert oder wenn die Baubehörde die Nutzung der Räume untersagt hätte. Unabhängig davon, dass problematisch erscheint, ob die Baubehörde eine Nutzung nach § 47 LBO untersagen könnte, hat der Beklagte Umstände, die darauf hindeuten könnten, dass die betroffenen Räumlichkeiten wegen fehlenden Brandschutzes nicht genutzt werden, nicht vorgetragen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
b. Der Beklagte K. haftet der Klägerin auch für die Aufwendungen, die dieser dafür entstehen können, dass sie die baulichen Maßnahmen durchführt, die zur Wiederherstellung der Standsicherheit ihres Gebäudes führt, die vor dem Abriss der Nachbargebäude bestand. Dadurch dass der Beklagte nicht auf das Erfordernis von Maßnahmen hinwies, die die Standsicherheit des Hauses der Klägerin gewährleistet hätten, ließ die Stadt M solche Maßnahmen nicht durchführen. Die Stadt M hatte dem Beklagten gerade deshalb beauftragt, um statische Probleme zu erkennen, die durch die Abrissarbeiten entstehen könnten. Die Pflichtverletzung ist daher auch für diesen Schaden ursächlich.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
c. Auf den Schaden sind nicht sog. Sowieso-Kosten anzurechnen. Die Klägerin brauchte keine Aufwendungen zu tätigen, um die gemeinsame Grenzwand zu erhalten oder zu verbessern. Die geltendgemachten Ansprüche sind dadurch entstanden, dass die Funktion der halbscheidigen Grenzwand aufgrund des Abrisses des Nachbargebäudes beeinträchtigt ist. Für die Wiederherstellung der Funktion hat allein der Störer zu sorgen, nicht der beeinträchtigte Nachbar (BGH NJW 1981, 866). Dass Sicherungsmaßnahmen auch bei pflichtgemäßen Handeln des Beklagten K. notwendig geworden wären, kann deshalb allenfalls in dessen Verhältnis zur Gesamtschuldnerin Stadt M eine Rolle spielen, da diese für Sicherungsmaßnahmen ohnehin hätte aufkommen müssen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
d. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB gemindert. Die Verzögerung der Wiederherstellung der Standsicherheit gereicht ihr nicht zu Verschulden. Gleich nachdem sie die Erkenntnis gewonnen hatte, dass durch die Abrissarbeiten die Standsicherheit ihres Hauses beeinträchtigt sein könnte, ist sie auf die Stadt M und, nachdem sie von der Beteiligung des Beklagten erfahren hatte, auf diesen zugegangen. Nach Klärung der Beeinträchtigung und der Ursache durch das Urteil des Landgerichts hat die Stadt M begonnen, die von ihr geschuldeten Maßnahmen zu eruieren und zu ergreifen. Anlass für eigene Initiativen der Klägerin bestand daher nicht. Sie hat darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt M das Gebotene veranlasst.
</td></tr></table><table><tr><td>II.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Eine vollständige Kostenentscheidung ist noch nicht möglich, da das Verfahren gegen die Fünftbeklagte, die Kn & Co. GmbH, durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen unterbrochen ist und der Rechtsstreit nicht insgesamt abgeschlossen werden kann. Ausscheidbar sind nur die Kosten des Zweitbeklagten. Diese sind gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO anteilsmäßig zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table><table><tr><td>I.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Berufungen des Beklagten Hans K. und die der Klägerin im Verfahren gegen diesen sind zulässig. Erfolg hat aber nur die Berufung der Klägerin, soweit sie ihren Schaden teilweise beziffert hat. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung des Beklagten K. angenommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
1. Die Klagänderung der Klägerin in der Berufung durch Bezifferung eines Teils ihres Schadens ist gemäß § 264 ZPO zulässig.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 Satz 3 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Nach § 922 Satz 3 BGB darf eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB nicht beseitigt und geändert werden, solange ein Nachbar an deren (unverändertem) Fortbestand ein Interesse hat und der Beseitigung oder Änderung nicht zustimmt. Nach dem Schutzzweck des § 922 Satz 3 BGB kann jeder Nachbar verlangen, dass sein Recht auf ungehinderte Benutzung der Grenzeinrichtung unangetastet bleibt. Diesem Zweck widerspricht es, wenn der Abriss eines Hauses die Bestands- und Funktionsfähigkeit der mit einem Nachbarhaus gemeinsamen Giebelmauer derart beeinträchtigt, dass der Nachbar gezwungen wird, sich durch bauliche Maßnahmen erst wieder die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen, die ihm die Mauer bisher bot. § 922 Satz 3 BGB ist eine Verbotsnorm. Insofern steht sie anderen Verbotsnormen im Nachbarverhältnis gleich. Entsprechend richtet sich auch hier das Verbot nicht nur gegen den Eigentümer des Grundstücks, von dem aus die Grenzeinrichtung angegangen wird, sondern gegen jeden, der an der Maßnahme mitwirkt wie z.B. der Bauunternehmer, der bauleitende Ingenieur oder auch der Statiker, dessen Aufgabe die Ermittlung der Sicherungsmaßnahmen ist (vgl. BGHZ 85, 375; BGHZ 101, 290; OLG Köln BauR 1987, 472). Jeden Beteiligten trifft eine eigenverantwortliche Prüfungspflicht. Wenn sein Beitrag zu der schadensbringenden Maßnahme pflichtwidrig und schuldhaft ist, haftet er nach §§ 823 Abs. 2, 922 BGB auf Ersatz des Schadens.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Richtig ist allerdings, dass § 922 Satz 3 BGB im Ergebnis das Recht des Eigentümers des Nachbargrundstücks, sein Haus abzureißen, nicht soweit einschränkt, dass der Nachbar allein durch Versagung seiner Zustimmung jegliche Maßnahme unterbinden könnte (BGH NJW 1989, 2541). Der Eigentümer des abgerissenen Hauses muss nur auf seine Kosten diejenigen Maßnahmen treffen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen des Hausabrisses auf das Nutzungsinteresse des Nachbarn an der halbscheidigen Giebelwand geboten sind. Unter die nach § 922 Satz 3 BGB zustimmungsbedürftigen Eingriffe fallen nicht nur Eingriffe in die Substanz einer Grenzeinrichtung, sondern auch Handlungen, die den Bestimmungszweck der Einrichtung und ihre bisherige Brauchbarkeit für diesen Zweck zum Nachteil des Miteigentümers aufheben oder mindern. Die ohne Zustimmung des Nachbarn durchgeführte Änderung oder Beseitigung einer Grenzeinrichtung verstößt somit solange gegen das Verbot des § 922 Satz 3 BGB, als nicht von vornherein diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die zur Verhinderung oder schnellst möglichen Beseitigung von Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind (BGHZ 78, 397). Ist dies nicht der Fall, besteht auch keine Duldungspflicht, die einem Rückgriff auf Hilfspersonen entgegen stehen könnte (BGHZ 101, 290).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Die südliche wie auch die westliche Giebelwand stehen auf der Grundstücksgrenze. Sie sind halbscheidige Giebelwände. Ihre Nutzung unterliegt daher den Einschränkungen des § 922 BGB. Durch den Abriss der Hinterhäuser auf den Grundstücken M-Platz 6 und L-Straße 6 wurde den Giebelmauern die bisherige Abschirmung gegen erheblichen Winddruck genommen. Sie sind deshalb in dem freistehenden Zustand für die Klägerin nicht mehr als Hausabschlusswand uneingeschränkt brauchbar. Davon ist aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen G der Senat überzeugt. Der Sachverständige hat schon in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass die Giebelwände des Hintergebäudes der Klägerin nach dem Abbruch der Gebäude auf den Nachbargrundstücken über vier Geschosse freistehen. Aufgrund der Konstruktion des Gebäudes aus Mauerwerkswänden und Holzbalkendecken besitze es seit dem Abbruch keine ausreichende Aussteifung mehr. Es sei nicht mehr gewährleistet, dass anfallende Horizontallasten (Wind) aufgefangen werden könnten. Die vom Beklagten veranlasste Anbringung von Eckbandagen reiche nicht aus, die erforderliche Sicherheit zu geben. Die Decken müssten zur Wiedererlangung der erforderlichen Standsicherheit konstruktiv als sogenannte Scheiben ausgebildet werden. In der Berufung hat der Sachverständige festgestellt, dass die Giebelwand zwar mehrfach mit der Firstfette bzw. Pfosten verankert worden sei. Im Dachgeschoss seien aussteifende Maßnahmen getroffen worden, die dem Stand früherer Zeit entsprächen. Nach heutigen Maßstäben seien die aussteifenden Elemente jedoch bei weitem nicht ausreichend. Vor dem Abbruch hätte auf dem Grundstück M-Platz 6 ein etwa gleich hohes Gebäude gestanden, wodurch die Gebäude sich gegenseitig hätten abschatten und abstützen können. Durch den Abbruch hätten sich die Verhältnisse jedoch verschlechtert. Die im Dachgeschoss vorhandenen Aussteifungselemente könnten nunmehr nicht als ausreichend betrachtet werden. Erforderlich sei, dass in Höhe der Decke über dem Erdgeschoss, dem ersten, dem zweiten und dem dritten Obergeschoss in Abständen von etwa zwei bis drei Metern sogenannte Schlaudern bzw. Zuganker eingebaut würden, die die Außenwände mit den Decken verbinden könnten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Standsicherheit des Hauses ist nur durch den Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 beeinträchtigt. Nur zu diesen Grundstücken bestand eine halbscheidige Grenzwand, die Horizontallasten abhalten konnte, nicht zum Grundstück L-Straße 4. Dies hat auch das Landgericht so gesehen. Der Urteilstenor hinsichtlich der Haftungsfeststellung ist dieser Sachlage entsprechend zu korrigieren.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Für die Überzeugungsbildung und die Entscheidung des Gerichts, dass das Haus der Klägerin aufgrund des Abrisses der Nachbarhäuser nicht mehr standsicher ist, ist nicht erforderlich, dass der Sachverständige im Haus der Klägerin sämtliche Geschossdeckenbalken - auch im Bad des zweiten Obergeschosses und in den anderen Geschossen - freilegt und die Verankerung in der Außenwand untersucht. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in jedem Geschoss u.a. die Deckenbalken durch Zuganker mit der Außenwand verbunden werden müssen, um die Standsicherheit zu erreichen, die das Hintergebäude der Klägerin vor dem Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück M-Platz 6 hatte. Diese Feststellung reicht aus, um über die Klaganträge entscheiden zu können. Schon aufgrund der freigelegten und untersuchten Balken steht fest, dass das Gebäude der Klägerin nicht mehr standsicher ist. Welche Maßnahmen im einzelnen erforderlich sind, um die durch den Abriss des Nachbargebäudes verlorene Standsicherheit wiederherzustellen, braucht nicht entschieden zu werden. Nur für die Beantwortung einer solchen Frage wäre die Öffnung sämtlicher Geschossdecken erforderlich. Weder im Rahmen des Feststellungsbegehrens, es betrifft nur die Haftung grundsätzlich, noch für den Zahlungsantrag, der nur Folgeschäden umfasst, braucht die Frage beantwortet zu werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Ebenso ist deswegen nicht erforderlich, dass der Sachverständige dazu Stellung nimmt, wie die Bodenbeläge auf den Deckenbalken des Hinterhauses der Klägerin befestigt sind. Die vorhandene Befestigung und die vorhandenen Zuganker reichen, wie der Sachverständige ausgeführt hat, jedenfalls nicht aus, um die vor dem Abriss vorhandene erforderliche Standsicherheit zu gewährleisten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Schließlich kann auch die Behauptung des Beklagten dahingestellt bleiben, dass die Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger zu einer wesentlichen Schwächung der Standfestigkeit geführt hat. Die Zwischenwand wurde schon vor dem Abriss der Nachbargebäude entfernt und durch den T-Träger ersetzt. Für eine Schwächung der Gebäudestandsicherheit durch Maßnahmen der Klägerin oder eines ihrer Rechtsvorgänger haftet der Beklagte nicht. Dafür, dass die Standfestigkeit des Gebäudes der Klägerin verloren ging, hat er nur insoweit einzustehen, wie der Verlust auf dem Abriss des Nachbargebäudes beruht. Mehr begehrt die Klägerin auch nicht und wird nicht ausgesprochen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Aus dem gleichen Grund ist für diese Entscheidung der Einwand des Beklagten unerheblich, dass der obere Teil der westlichen Hauswand schon vor dem Abriss des Hauses L-Straße 6 freistand.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
In welcher zeitlichen Reihenfolge die Gebäude erbaut wurden, spielt für die Anwendung des § 922 BGB keine Rolle. Die halbscheidige Giebelmauer ist eine einverständlich geschaffene Grenzeinrichtung. Soweit die Nachbarn die Mauer nicht gemeinsam errichten, entstehen mit dem Anbau an die von einem errichtete, vorhandene Wand Miteigentum und Mitbesitz beider Nachbarn. Die Nachbarn haben das Recht, die Grenzmauer gemeinschaftlich zu nutzen. Aus dem Recht erwächst jedem Nachbarn der Anspruch, dass die Funktion der Einrichtung nicht ohne seine Zustimmung zu seinen Lasten beeinträchtigt wird. Wer die Mauer errichtete und wer an die vorhandene Mauer anbaute, spielt für die Abwehr von Beeinträchtigungen somit keine Rolle.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
b. Der Beklagte war damit beauftragt, die Statik des abzureißenden Hauses und der angrenzenden Bauteile zu untersuchen. Angrenzender Bauteil ist zumindest auch die halbscheidige Grenzwand, die nach dem Abriss von einer Innen- zu einer Außenmauer des Hintergebäudes der Klägerin umfunktioniert ist. Der Auftrag bezog sich nicht nur auf das Haus M-Platz 6, sondern auch auf das Gebäude L-Straße 6. Alle drei Grundstücke, deren Hintergebäude abgerissen wurden, sind im schriftlichen Auftrag der Stadt M vom 28.02.1986 (I 202) und im Angebot vom 24.02.1986 (I 203) genannt. Auch wenn die Stadt M konkrete Arbeiten nur hinsichtlich des Gebäudes M-Platz 6 abgerufen haben sollte, wurde dadurch der Beklagte K. nicht davon entbunden, seinen Hinweispflichten im Rahmen seines Vertrags umfassend nachzukommen. Ob der Beklagte mit Bauüberwachungstätigkeiten beauftragt war oder nur beratende Funktion hatte, kann offen bleiben. Gerade als beratender Sonderfachmann hatte er statische Probleme, die beim Abriss entstehen konnten, anzusprechen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
c. Der Beklagte K. handelte schuldhaft. Er hat fahrlässig eine länger andauernde und noch bestehende Beeinträchtigung der Standsicherheit und damit der Benutzbarkeit des Hinterhauses der Klägerin verursacht. Er konnte voraussehen, dass die nach dem Abriss des Nachbargebäudes freistehende halbscheidige Grenzwand aufgrund fehlender Aussteifung nicht mehr standsicher sein würde. Er selbst trägt vor, dass er vor dem Abriss davon ausgehen konnte, dass vorhandene Standsicherheitsmaßnahmen dem Standard zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entsprachen, also vor etwa 100 Jahren. Das bedeutet, dass die Geschossdecken aus Balken hergestellt und die Wände, auch die halbscheidige Grenzwand vollständig gemauert waren. Er konnte auch, soweit dies nicht schon vorher möglich war, bei dem Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 die Konstruktion des Nachbarhauses der Klägerin erkennen. Er ordnete den Austausch verrosteter Anker und insbesondere als Sicherungsmaßnahme Eckbandagen an, die der gerichtliche Sachverständige allerdings für unzureichend hält. Er wusste weiterhin, dass das Haus der Klägerin nicht frei stand, sondern an zwei Nachbargebäude angebaut war. Er wusste somit, dass dem verbleibenden Gebäude durch den Abriss wesentliche Stützung entzogen und dieses wesentlich höheren Horizontallasten ausgesetzt sein würde. Er musste daher damit rechnen, dass die Verankerung der Geschossdeckenbalken in den Wänden nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr die gleiche Standsicherheit garantieren würde wie der Schutz der Nachbarhäuser zuvor. Die sichtbaren vorhandenen Schlaudern und Anker im Giebelbereich durften ihn nicht darauf vertrauen lassen, dass ausreichende Aussteifungselemente in das Gebäude eingebaut waren, die für die gleiche Standsicherheiten sorgten wie die anlehnenden Gebäude. Die Schlaudern und Anker waren nur im freistehenden Bereich der Grenzwände erkennbar.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Der Einwand, dass eine genauere Untersuchung der Statik des Hauses der Klägerin nur unter erheblichem Mehraufwand und Mehrkosten - das Haus war genutzt - möglich gewesen wäre, kann den Beklagten nicht entlasten. Er hätte in diesem Fall darauf hinweisen müssen, dass er die Standsicherheit des Gebäudes der Klägerin nach dem Abriss des Nachbarhauses nicht beurteilen könne. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M dann die erforderlichen Untersuchungen ermöglicht und den Abriss gestoppt hätte, bis das Ergebnis der Nachforschungen festgestanden hätte. Immerhin hatte die Stadt von Anfang an zumindest den fachmännischen Rat des Beklagten K. eingeholt, um statische Probleme der vom Abriss betroffenen "angrenzenden Bauteile" zu vermeiden bzw. ihnen entgegenzuwirken.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Der unterlassenen Hinweis auf die nach dem Abriss der Nachbarbebauung nicht mehr vorhandene Standsicherheit des Hauses der Klägerin hatte und hat vermeidbare Folgen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M, die den Abriss verantwortlich veranlasst hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Stützung der halbscheidigen Giebelwände in Auftrag gegeben hätte, wenn der Beklagte K. auf die Folgen des Abrisses für die Standsicherheit des Hauses der Klägerin hingewiesen hätte. Nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen G und dem darauf beruhenden Urteil des Landgerichts hat die Stadt M nämlich nicht den Rechtsstreit mit der Klägerin weitergeführt, sondern die ersten Maßnahmen ergriffen, um ihrer Verpflichtung zur Beseitigung der Beeinträchtigungen der Grenzmauer der Klägerin nachzukommen. Hätte der Beklagte K. rechtzeitig auf die statischen Probleme des Hauses der Klägerin hingewiesen, hätte die Stadt M mit Sicherheit noch während des Abbruches oder direkt anschließend die Geschossdecken als Scheiben zur Stabilisierung des Hauses ausbilden lassen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
d. Die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten K. sind nicht gemäß § 852 BGB a.F. verjährt. Die in § 852 Abs. 1 BGB a.F. vorausgesetzte positive Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Verletzte nur dann, wenn ihm dessen Name und Anschrift bekannt sind (BGH NJW 2001, 1721; VersR 1998, 378). Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. kann ausnahmsweise auch dann zu laufen beginnen, wenn der Geschädigte den gebotenen Kenntnisstand nicht positiv besitzt, es ihm jedoch möglich ist, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe und ohne besondere Kosten zu beschaffen. Allerdings steht selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis nicht gleich; vielmehr betrifft diese Ausnahme vom Gebot der positiven Kenntnis nur Fälle, in denen es der Geschädigte versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnismöglichkeit wahrzunehmen und letztlich das Sichberufen auf die Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis hätte (BGH NJW 2001, 1721; ZIP 2001, 379). Der Beklagte hat eine Kenntnis der Klägerin oder ihres Ehemanns als ihr Vertreter zu einem Zeitpunkt vor 1992 nicht dargetan. Der Beklagte hat auch keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sich der Klägerin zu einem Zeitpunkt vor 1992 Erkenntnisse über seine Beauftragung mit der Sicherung des Abrisses hätten aufdrängen müssen. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch Klagerhebung im April 1993 wirksam unterbrochen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
3. Die Klägerin kann den Beklagten K. nicht wegen der streitgegenständlichen Risse in Anspruch nehmen. Insoweit hat das Landgericht zu Recht die Klage abgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Der Beklagte haftet nicht gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 BGB für die an den Giebelwänden aufgetretenen Risse.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Bei einer Grundstücksvertiefung haftet ein Statiker, dessen Berechnungen die Grundlage für den Bodenaushub und die dabei zu beachtenden Sicherungsmaßnahmen bilden (BGH VersR 1997, 119). Ebenso haftet ein Statiker nach Ansicht des Senats bei einem Abriss eines Gebäudes, das eine halbscheidige Giebelwand hat, nur insoweit, als er auftragsgemäß Erkundungen vorzunehmen und Maßnahmen vorzuschlagen bzw. anzuordnen hat. Die Aufgabe des Beklagten K. bestand nur in der Überprüfung der Standsicherheit des abzureißenden Gebäudes und der angrenzenden Bauteile. Er war nicht damit beauftragt, die weiteren Beeinträchtigungen der halbscheidigen Giebelwand nach Abriss der Gebäude Am M-Platz 6 und L-Straße 6 zu untersuchen. Er brauchte deshalb nicht darauf zu achten und ggf. darauf hinzuweisen, dass die Wärmedämmung und der Feuchtigkeitsschutz der Giebelwand nach dem Abriss des einen angrenzenden Gebäudes nicht mehr gewährleistet war.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Wandrisse auf einer Beeinträchtigung der Standsicherheit durch den Abriss des Nachbargebäudes beruhen. Der Sachverständige G hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Vertikalrisse in der Außenwand des Gebäudes der Klägerin nicht auf eine nicht mehr vorhandene Standsicherheit zurückzuführen sind, sondern auf an der Wand auftretende Temperaturunterschiede, die Schwächen im Wandgefüge verstärken.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Der Riss der südlichen Giebelwand an der Ecke zum Treppenturm auf dem Grundstück M-Platz 6 könne durch Mauerwerkseinbindung, Eckeneinbindung oder Eckbandagen ebenso erklärt werden wie durch Temperaturdifferenzen oder eine Drehung des Treppenhausturmes auf dem Grundstück M-Platz 6. Andere Ursachen seien nicht denkbar. Der vertikale Riss in der Mitte der Südwand sei an der Stelle einer schon vorhandenen Fuge aufgetreten. Die Vergrößerung sei sehr wahrscheinlich durch die Temperaturdifferenzen, die nach dem Abriss des angebauten Gebäudes auf die Außenwand wirken würden, entstanden. Die Schrägrisse im Inneren seien nicht durch den Abriss des Nachbargebäudes zu erklären, sondern durch die unterschiedlichen Verformungsprozesse von Wänden und Holzbalken innerhalb des Gebäudes. Auch der Riss auf der Westseite lasse sich nicht mit Abbrucharbeiten erklären. Eine Rissbildung aufgrund Abbrucharbeiten hätte mit Beendigung der Arbeiten beendet sein müssen. Der Riss hätte nicht nach dem späteren Verputzen wiederauftreten dürfen, was er aber tat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
b. Eine vertragliche Haftung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin könnte eine vertragliche Haftung allenfalls darauf stützen, dass der Beklagte seine Statiker-Leistungen, die er aufgrund des mit der Stadt M geschlossenen Vertrages schuldete, auch zu ihren Gunsten erbringen sollte. Die geschuldeten Leistungen umfassten aber nicht andere als statische Beeinträchtigungen durch den Abriss des Nachbarhauses zu untersuchen. Vertragliche Ansprüche könnten daher nicht über den unter a. angeführten Umfang hinausgehen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
4. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. keine weitergehenden Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 909 BGB.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Gemäß § 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Die Klägerin hat ihre Behauptung, dass Schäden an ihrem Gebäude aufgrund einer Grundstücksvertiefung durch die Abrissarbeiten oder aufgrund unsorgfältiger Abrissarbeiten aufgetreten sind, nicht nachgewiesen. Der Sachverständige G hat ausgeführt, dass die Risse, die an dem Gebäude der Klägerin vorhanden sind, nicht auf Grundstücksvertiefungen oder Erschütterungen beruhen. Vielmehr hätten schon vorhandene Fugen aufgrund der veränderten Verhältnisse nach dem Abriss sich gezeigt und/oder sich vergrößert, wie oben unter 3 a ausgeführt ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
5. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Verkehrssicherungspflichten trafen den Beklagten K. nur, soweit er solche gegenüber der Stadt M als Veranlasserin der Abrissmaßnahmen übernahm. Die Verkehrssicherungspflichten konnten im vorliegenden Fall nicht weitergehen als die schon angesprochenen gesetzlich speziell geregelten Verhaltenspflichten. Das im Eigentum der Klägerin stehende Haus ist allein mittelbar dadurch betroffen, dass es nicht mehr von den Nachbarhäusern gegen Horizontaldruck abgeschattet und deshalb nicht mehr standsicher und damit uneingeschränkt nutzbar ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
6. Gemäß § 249 BGB hat der Beklagte die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch seinen gebotenen, aber fehlenden Hinweis auf erforderliche Sicherungsmaßnahmen und eine stabile Verbindung der Giebelwand mit den Decken entstanden sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
a. Zum Schaden zählen die der Klägerin entstandenen Verluste, die auf der mangelnden Nutzbarkeit des Gebäudes beruhen. Die fehlende Nutzbarkeit hat ihren Grund darin, dass das Gebäude nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr ausreichend standsicher ist. Die Standsicherheit und damit die Vermietbarkeit des Objekts wäre nicht verloren gegangen, wenn der Beklagte rechtzeitig auf die statischen Probleme, die nach dem Abriss der Nachbargebäude auftraten, hingewiesen hätte. In diesem Fall hätten alle notwendigen Erhebungen vor Beginn der Arbeit durchgeführt werden können und wären zur Überzeugung des Senats auch durchgeführt worden. Im Nachgang wären sodann die notwendigen Sicherungsmaßnahmen - einschließlich eventuell von der Klägerin selbst zu tragender Aufwendungen für Maßnahmen zum Ausgleich der Auswirkungen der Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger - unmittelbar im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten erfolgt. Die nunmehr zu verzeichnende Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen geht im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten K. allein zu dessen Lasten. Er hat deshalb den Verzögerungsschaden zu ersetzen. Die Klägerin hätte ohne den Verstoß des Beklagten K. - unstreitig - die Räume in dem Hinterhaus zu den von ihr angegebenen Preisen vermieten können. Hätte sie die Räume vermietet, hätte sie Einnahmen gehabt und mit den Einnahmen Kredite getilgt. Einnahmen und Zinssätze hat sie im einzelnen dargelegt. Der Gesamtverlust beträgt 144.565,34 EUR.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Die Kausalkette ist nicht dadurch unterbrochen, dass das Hintergebäude möglicherweise nicht aktuellen Brandschutzbestimmungen entspricht. Ein Schaden könnte aus diesem Grund nur entfallen oder sich reduzieren, wenn die (potentiellen) Mieter deshalb von einer Anmietung Abstand genommen oder die Miete gemindert oder wenn die Baubehörde die Nutzung der Räume untersagt hätte. Unabhängig davon, dass problematisch erscheint, ob die Baubehörde eine Nutzung nach § 47 LBO untersagen könnte, hat der Beklagte Umstände, die darauf hindeuten könnten, dass die betroffenen Räumlichkeiten wegen fehlenden Brandschutzes nicht genutzt werden, nicht vorgetragen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
b. Der Beklagte K. haftet der Klägerin auch für die Aufwendungen, die dieser dafür entstehen können, dass sie die baulichen Maßnahmen durchführt, die zur Wiederherstellung der Standsicherheit ihres Gebäudes führt, die vor dem Abriss der Nachbargebäude bestand. Dadurch dass der Beklagte nicht auf das Erfordernis von Maßnahmen hinwies, die die Standsicherheit des Hauses der Klägerin gewährleistet hätten, ließ die Stadt M solche Maßnahmen nicht durchführen. Die Stadt M hatte dem Beklagten gerade deshalb beauftragt, um statische Probleme zu erkennen, die durch die Abrissarbeiten entstehen könnten. Die Pflichtverletzung ist daher auch für diesen Schaden ursächlich.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
c. Auf den Schaden sind nicht sog. Sowieso-Kosten anzurechnen. Die Klägerin brauchte keine Aufwendungen zu tätigen, um die gemeinsame Grenzwand zu erhalten oder zu verbessern. Die geltendgemachten Ansprüche sind dadurch entstanden, dass die Funktion der halbscheidigen Grenzwand aufgrund des Abrisses des Nachbargebäudes beeinträchtigt ist. Für die Wiederherstellung der Funktion hat allein der Störer zu sorgen, nicht der beeinträchtigte Nachbar (BGH NJW 1981, 866). Dass Sicherungsmaßnahmen auch bei pflichtgemäßen Handeln des Beklagten K. notwendig geworden wären, kann deshalb allenfalls in dessen Verhältnis zur Gesamtschuldnerin Stadt M eine Rolle spielen, da diese für Sicherungsmaßnahmen ohnehin hätte aufkommen müssen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
d. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB gemindert. Die Verzögerung der Wiederherstellung der Standsicherheit gereicht ihr nicht zu Verschulden. Gleich nachdem sie die Erkenntnis gewonnen hatte, dass durch die Abrissarbeiten die Standsicherheit ihres Hauses beeinträchtigt sein könnte, ist sie auf die Stadt M und, nachdem sie von der Beteiligung des Beklagten erfahren hatte, auf diesen zugegangen. Nach Klärung der Beeinträchtigung und der Ursache durch das Urteil des Landgerichts hat die Stadt M begonnen, die von ihr geschuldeten Maßnahmen zu eruieren und zu ergreifen. Anlass für eigene Initiativen der Klägerin bestand daher nicht. Sie hat darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt M das Gebotene veranlasst.
</td></tr></table><table><tr><td>II.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
Eine vollständige Kostenentscheidung ist noch nicht möglich, da das Verfahren gegen die Fünftbeklagte, die Kn & Co. GmbH, durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen unterbrochen ist und der Rechtsstreit nicht insgesamt abgeschlossen werden kann. Ausscheidbar sind nur die Kosten des Zweitbeklagten. Diese sind gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO anteilsmäßig zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table></td></tr></table>
|
|
136,676
|
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11 Wx 3/03
| 2003-07-15T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:31
| 2019-02-12T12:38:53
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 27. November 2002 - 3 T 35/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die ihm im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.</p>
<p>3. Der Geschäftswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf EUR 3.000 festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind getrennt lebende Eheleute. Zwischen ihnen ist das Scheidungsverfahren beim Amtsgericht - Familiengericht - anhängig. Der Antragsgegner begehrt in diesem Verfahren Zugewinnausgleich in Höhe von DM 61.327,00.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beteiligten lebten vor der Trennung in einer Eigentumswohnung, in der nun noch der Antragsgegner mit dem gemeinsamen Sohn lebt. Die Antragstellerin und die gemeinsame Tochter sind ausgezogen. Das Hausgrundstück, in welchem sich die Eigentumswohnung befindet, stand bis zum Mai 1990 im Eigentum des Vaters des Antragsgegners. Dieser begründete durch Teilungserklärung vom 16. Mai 1990 Wohnungs- und Teileigentum und übertrug eine Eigentumswohnung in Vorwegnahme späterer Erbfolge durch Übergabevertrag vom gleichen Tag dem Antragsgegner. Dieser wiederum räumte in der gleichen Urkunde der Antragstellerin hälftiges Miteigentum ein. In § 2 Abs. 2 des Übergabevertrags verpflichteten sich die Beteiligten, das ihnen übertragene Wohnungs- und Teileigentum zu Lebzeiten der Eltern des Antragsgegners nur mit deren Zustimmung zu veräußern oder zu vermieten. Ferner übernahmen sie die Verpflichtung, den beiden Schwestern des Antragsgegners ein Gleichstellungsgeld in Höhe von jeweils DM 25.000,- zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Antragstellerin hat die Teilungsversteigerung der Eigentumswohnung beantragt. Der Antragsgegnerin hat daraufhin Drittwiderspruchsklage erhoben und geltend gemacht, die Antragstellerin bedürfe hierfür in entsprechender Anwendung von § 1365 BGB seiner Zustimmung. Das Amtsgericht hat das Verfahren über die Drittwiderspruchsklage ausgesetzt, und die Antragstellerin darauf hingewiesen, sie möge das Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners nach § 1365 Abs. 2 BGB durchführen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Antragstellerin ist der Auffassung, es bedürfe keiner vormundschaftsgerichtlichen Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners nach § 1365 Abs. 2 BGB. § 1365 Abs. 1 BGB sei auf den Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG nicht anzuwenden. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB nicht vor, weil sie neben dem hälftigen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung über weiteres Vermögen verfüge. Jedenfalls verweigere der Antragsgegner die Zustimmung ohne ausreichenden Grund, weswegen die Zustimmung durch das Vormundschaftsgericht zu ersetzen sei. Aufgrund ihrer schlechten finanziellen Situation, die u.a. durch zu geringe Unterhaltsleistungen des Antragsgegners bedingt sei, sei sie auf den aus der Teilungsversteigerung zu erwartenden Erlös angewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter. Der Antragsgegner tritt dem Rechtsmittel entgegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
1. (...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Der Senat ist mit der obergerichtlichen Rechtsprechung der Auffassung, dass für den Antrag eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten auf Teilungsversteigerung gemäß § 180 ZVG in entsprechender Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich ist, wenn der Anteil des antragstellenden Ehegatten im wesentlichen sein ganzes Vermögen ausmacht. Zwar liegt in dem Antrag auf Teilungsversteigerung weder eine Verpflichtung zur Vermögensübertragung noch eine Verfügung. Das Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Diese ist hauptsächlich eine Schutzbestimmung im Interesse der Familiengemeinschaft und zur Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie, bezweckt aber auch, den anderen Ehegatten vor einer Gefährdung seiner Anwartschaft auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes zu schützen (BGH, Beschl. v. 8.3.1978 - IV ZB 32/76, NJW 1978, 1380, 1381). Dieser Zweck wäre in Frage gestellt, wenn es einem Ehegatten, dem der andere die Zustimmung zu einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung zu Recht versagt, gestattet wäre, den vom Gesetz missbilligten Erfolg auf dem Weg über eine Teilungsversteigerung zu erreichen (OLG Koblenz, Beschl. v. 13.12.1966 - 7 W 317/66, NJW 1967, 1139; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.2.1970 - 3 W 105/69, FamRZ 1970, 194; OLG Köln, Beschl. v. 4.8.1971 - 16 Wx 77/71, NJW 1971, 2312; OLG Celle, Urt. v. 11.3.1983 - 4 U 25/82, FamRZ 1983, 591; BayObLG, Beschl. v. 23.5.1985 - BReg 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040; Beschl. v. 14.2.1996 - 3Z BR 309/95, FamRZ 1996, 1013, 1014; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1998 - 14 W 76/98, FamRZ 1999, 524, 525; die abweichende Entscheidung des Kammergerichts vom 18. Januar 1971 - 9 U 2655/69; NJW 1971, 711 - gibt keinen Anlass zu einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG, weil sie nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangen ist). Die hieran in der Literatur vereinzelt vorgetragene Kritik (z.B. Koch in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1365 Rdn. 59) teilt der Senat nicht. Die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Ehegatten, die Miteigentumsgemeinschaft einseitig aufzuheben, ist durch die dem § 1365 Abs. 1 BGB zugrundeliegenden Schutzzwecke gerechtfertigt. Auch aus § 180 Abs. 3 ZVG kann kein Argument gegen die herrschende Meinung abgeleitet werden. Diese Regelung enthält Einschränkungen der Befugnis, die Aufhebung der Gemeinschaft zu erzwingen, aus Gründen des Kindeswohls und damit unabhängig vom Güterstand der Ehegatten. Die entsprechende Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB trägt dagegen gerade den Besonderheiten der Zugewinngemeinschaft Rechnung. Der Senat sieht daher auch keinen Grund, der Anregung der Antragstellerin, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, Folge zu geben. Eine Stellungnahme zu der in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Frage, ob die Zustimmungsbedürftigkeit entfällt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden wird (vgl. dazu BayObLG, Beschl. v. 20.8.1980 - BReg 1 Z 43/80, FamRZ 1981, 46; OLG Celle, FamRZ 1983, 591; LG Lüneburg, Beschl. v. 14.12.1995 - 4 T 171/95, FamRZ 1996, 1489), ist nicht erforderlich, weil das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
3. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Miteigentumsanteil der Antragstellerin an der Eigentumswohnung mache nahezu das gesamte Vermögen der Antragstellerin aus. Das Landgericht hat insoweit den eigenen Vortrag der Antragstellerin zu ihren Vermögensverhältnissen als ihr günstig zugrunde gelegt. Das ist nicht zu beanstanden. Dieser Vorgehensweise des Landgerichts steht insbesondere nicht entgegen, dass die Antragstellerin in ihrem Vorbringen teilweise Zweifel daran erkennen lässt, ob der Miteigentumsanteil nahezu ihr gesamtes Vermögen ausmache. Die Antragstellerin hätte die Möglichkeit gehabt, die der Aussetzung des Verfahrens über die Drittwiderspruchsklage zugrundeliegende Auffassung des Amtsgerichts, § 1365 BGB finde entsprechende Anwendung, durch Einlegung einer sofortigen Beschwerde zu bekämpfen (§ 252 ZPO). Da sie jedoch nicht diesen Weg wählte, sondern der Anregung des Amtsgerichts folgte und im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zum Antrag auf Teilungsversteigerung verfolgt, ist ihr Vorbringen dahin auszulegen, dass sie einen Erfolg ihres Antrags erstrebt. Die Auffassung des Landgerichts, die Geschäftsschulden der Antragstellerin seien bei der danach anzustellenden Berechnung nicht zu berücksichtigen, erweist sich als rechtlich zutreffend, weil diese Geschäftsschulden nach ihrem eigenen Vorbringen nicht grundpfandrechtlich abgesichert sind und damit den Wert der Eigentumswohnung nicht mindern (vgl. BGH, Urt. v. 25.6.1980, IV b ZR 516/80, BGHZ 77, 293). Damit macht der Miteigentumsanteil der Antragstellerin an der Eigentumswohnung mehr als 90 % des maßgeblichen Vermögens aus. Selbst wenn der abweichende rechtliche Ausgangspunkt der Antragstellerin zutreffend wäre, betrüge der Wert ihres sonstigen Vermögens nur 12 % und läge damit unter dem vom Bundesgerichtshof für kleinere Vermögen angegeben Richtwert von 15 % (vgl. BGHZ 77, 293).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
4. Zutreffend ist ferner die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner habe die erforderliche Zustimmung zum Antrag auf Teilungsversteigerung nicht ohne ausreichenden Grund i.S. von § 1365 Abs. 2 BGB verweigert. Die Beurteilung dieser Voraussetzung ist in erster Linie Sache des Tatrichters, der dabei eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen hat. Seine Würdigung kann vom Senat als Gericht der Rechtsbeschwerde nicht durch eine eigene ersetzt, sondern nur auf Rechtsfehler überprüft werden, also darauf, ob das Beschwerdegericht den Inhalt des genannten unbestimmten Rechtsbegriffs verkannt hat, den Sachverhalt unvollständig und verfahrensfehlerfrei ermittelt, der Bewertung maßgeblicher Umstände unrichtige Maßstäbe zugrundegelegt oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Derartige Fehler sind nicht ersichtlich. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Zustimmung vor, wenn das Zugewinnausgleichsverfahren - wie hier - noch nicht abgeschlossen ist und bei Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme eine Gefährdung eines etwa bestehenden Ausgleichsanspruchs nicht ausgeschlossen werden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
a) Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zum Antrag auf Teilungsversteigerung muss schon dann erfolglos bleiben, wenn ein Zugewinnausgleichsanspruch des Antragsgegners ernsthaft in Betracht kommt. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass das Gericht im Verfahren nach § 1365 Abs. 2 BGB die genaue Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs ermittelt (vgl. BGH, NJW 1978, 1380, 1381; BayObLG, FamRZ 1981, 46). Im Rahmen des Ersetzungsverfahrens reicht es aus, wenn sich aus den gesamten Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Ausgleichsanspruch besteht, der bei Durchführung der Teilungsversteigerung gefährdet würde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zusteht. Die Beteiligten streiten sich lediglich über die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit und der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände und deren Auswirkungen auf die Höhe des auszugleichenden Zugewinns. Das Landgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zusteht, der nur der Höhe nach streitig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
b) Würde das Teilungsversteigerungsverfahren eingeleitet werden, wäre auch die Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs konkret gefährdet. Der Antragsgegner kann insoweit nicht darauf verwiesen werden, er könne seinen Anspruch gegebenenfalls in einem späteren Stadium des Versteigerungsverfahrens, etwa durch Zugriff auf den anteiligen Versteigerungserlös im Wege des Arrestes, sichern, zumal nicht sicher ist, ob bis zur Verteilung des Erlöses eine gerichtliche Entscheidung über den Anspruch auf Zugewinnausgleich vorliegt. Die Einleitung des auf die Veräußerung der Eigentumswohnung gerichteten Versteigerungsverfahrens würde daher für den Antragsgegner den Verlust einer Sicherheit für seinen Ausgleichsanspruch bedeuten. (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16.8.1996 - 16 Wx 193/95, FamRZ 1997, 677; Beschl. v. 5.4.2000 - 16 Wx 51/00, OLG-Report Köln 2000, 422; Beschl. v. 22.5.2000 - 26 WF 69/00, FamRZ 2001, 176).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
c) Ins Einzelne gehende Feststellungen zu der Frage der Höhe der laufenden Einkünfte der Antragstellerin und ihres Unterhaltsanspruchs gegen den Antragsgegner sind hier nicht erforderlich. Beengte finanzielle Verhältnisse der Antragstellerin können eine Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zum Antrag auf Teilungsversteigerung im Hinblick auf den Anspruch des Antragsgegners auf Zugewinnausgleich nicht rechtfertigen. Soweit in der Rechtsprechung ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Zustimmung verneint und die Zustimmung ersetzt wurde, lag der Fall so, dass ein Zugewinnausgleichsanspruch nicht in Rede stand (vgl. etwa OLG Köln, NJW 1971, 2312, 2314).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
d) Nach alledem kommt es auf die Frage, ob § 2 des Übertragungsvertrags einer Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners entgegensteht, nicht mehr an. Zumindest spricht der Umstand, dass die Immobilie, deren Versteigerung die Antragstellerin anstrebt, aus der Familie des Antragsgegners stammt, im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zugunsten des Antragsgegners (vgl. OLG Köln, OLG-Report 2000, 422, 423).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Nachdem sich das Rechtsmittel der Antragstellerin als unbegründet erwiesen hat, hat sie gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 97 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
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14 U 140/01
| 2003-07-15T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:32
| 2019-02-12T12:38:53
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 10.07.2001 - 4 O 53/00 - wird als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
 Die sich mit der Entwicklung von Computerprogrammen - u.a. für den Internet-Auftritt von Möbelhändlern - befassende Klägerin verlangt von der Beklagten, einem Handelshaus, Schadensersatz für die Lieferung eines nicht vertragsgemäßen Computerprogramms.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
 Mit Schreiben vom 21.10.1999 bestellte die Klägerin bei der Beklagten unter Bezugnahme auf deren Angebot vom 19.10.1999 ein Software-Paket zur Vergrößerung von auf Internetseiten des Nutzers bereitgestellten Bildern zum Preis von 5.817,42 DM zzgl. MwSt.. Im Angebot der Beklagten war aufgeführt, dass von dem Vergrößerungsprogramm nur die mit einer unbegrenzten Lizenz verbundene Version „L. Server Standard Edition 1 CPU unlimited“ verfügbar sei, diese aber nach Absprache mit dem Hersteller L. bzw. der Fa. M. - die den Hersteller inzwischen übernommen hatte - wegen der bevorstehenden Präsentation einer neuen Version zu dem sich eigentlich auf eine einjährige Lizenz beziehenden Preis angeboten werden könne.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
 Noch im Oktober 1999 hat die Beklagte das Programm geliefert, jedoch mit einem Lizenzschlüssel, der das Programm nur für 30 Tage und nicht für unbegrenzte Zeit aktiviert. Ebenfalls im Oktober 1999 hat die Klägerin den Kaufpreis bezahlt. Erstmals mit Schreiben vom 24.03.2000 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten das Fehlen eines vertragsgemäßen Lizenzschlüssels gerügt. Nachdem die Klägerin ihr den Artikel Anfang Juli 2000 zur Überprüfung übersandt hatte, hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2000 unter Zurückweisung weitergehender Ansprüche bereiterklärt, den Kaufpreis kulanzweise zurückzuerstatten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
 Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die gelieferte Ware kurz nach deren Eintreffen überprüft. Dabei habe der Mangel aufgrund seiner Art aber nicht festgestellt werden können. Mit Schriftsatz vom 09.04.2001 hat sie ausgeführt, der Fehler sei „irgendwann im Februar 2000“ festgestellt worden. Erst nach der (einzigen) mündlichen Verhandlung vom 08.05.2001 - nämlich mit Schriftsatz vom 11.05.2001 - hat die Klägerin behauptet, es sei „sicherlich im März 2000“ (I 119) gewesen, als sie bemerkt habe, dass der von der Beklagten gelieferte Lizenzschlüssel das Programm nicht auf Dauer aktiviere.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch zur Vornahme eines Deckungskaufes zu. Für den Kauf eines dem streitgegenständlichen entsprechenden Computerprogramms müsse sie 140.000,-- DM aufwenden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
 Die Klägerin hat beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 140.000,-- DM nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 16.08.2000 zu bezahlen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
 Die Beklagte hat beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
 die Klage abzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
 Sie hat den geltendgemachten Anspruch bestritten und vorgetragen, sie würde der Klägerin bei zeitnaher Überprüfung und Mitteilung des Mangels einen passenden Lizenzschlüssel geliefert haben. Indessen habe die Klägerin ihre kaufmännische Rügepflicht verletzt; Gewährleistungsansprüche seien verjährt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
 Mit Urteil vom 10.07.2001 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die Mängelrüge zu spät erhoben, so dass die Ware als genehmigt gelte. Dass sich die Klägerin innerhalb von 30 Tagen anmelden müsse und sich das Programm anderenfalls löschen werde, sei - wie sich bei der Demonstration im Gerichtstermin vom 08.05.2001 gezeigt habe - aufgrund des Demonstrationshinweises ohne weiteres erkennbar gewesen. Selbst wenn aber der Mangel im Oktober 1999 nicht feststellbar gewesen und erst im Februar 2000 entdeckt worden sei, sei die mit Schreiben vom 24.03.2000 erfolgte Rüge nicht rechtzeitig gewesen. Ob die mit dem bisherigen Vortrag in Widerspruch stehende erst nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 11.05.2001 aufgestellte Behauptung, wonach der Mangel erst im März 2000 entdeckt worden sei, zutreffe, könne dahingestellt bleiben, weil der neue Vortrag sowohl gemäß § 296 a ZPO als auch gemäß § 296 Abs. 1 u. 2 ZPO verspätet sei.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
 Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Anspruch weiter. Dabei wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, meint aber, es handele sich nicht um einen Fall der Schlechtlieferung, sondern um eine aliud-Lieferung. Ergänzend führt sie aus, aufgrund des Installationshinweises sei nicht zu erkennen gewesen, dass sie sich binnen 30 Tagen habe registrieren lassen müssen und sich das Programm anderenfalls löschen werde. Die Aufforderung zur Registrierung diene nur dazu, dem Hersteller des Programms Adressenmaterial für seine Werbung zu verschaffen. - Das Programm sei erst Mitte Februar 2000 unter Eingabe des mitgelieferten Schlüsselcodes auf einen Rechner aufgespielt worden. Als das Programm Mitte März 2000 - also nach 30 Tagen - ohne erkennbaren Grund ausgefallen sei, habe sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte gewandt und mitgeteilt, dass mit dem Programm etwas nicht stimme. Am 16.03.2000 haben sich die Klägerin - auf Veranlassung der Beklagten - per E-Mail an die Hotline des Herstellers gewandt und dort erfahren, dass der von der Beklagten mitgelieferte Schlüsselcode das Programm nur für 30 Tage aktiviere. - Die Klägerin meint, das Landgericht habe ihren im Schriftsatz vom 11.05.2001 enthaltenen Vortrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, weil es im Protokoll (I 109) heiße, sie könne „weiter vortragen bis 25.05.2001“.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
 Die Klägerin beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
 das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 140.000,-- DM (71.580,86 EUR) nebst 8 % Zinsen hieraus seit 16.08.2000 zu bezahlen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
 Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
 Zurückweisung der Berufung.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
 Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend ausführt: Das gelieferte Programm sei mangelhaft gewesen, es habe sich nicht um ein aliud gehandelt; gemäß Installationshinweis habe sich die Klägerin registrieren lassen müssen; die Registrierung sei technisch notwendige Voraussetzung der Überprüfung des benutzten Codes; sie bestreitet, dass die Mitte März 2000 erfolgte Kontaktaufnahme der Klägerin mit der Hotline - nicht des Herstellers, sondern des Distributors - auf Rat der Beklagten erfolgt sei; das Landgericht habe den im Schriftsatz vom 11.05.2001 enthaltenen Vortrag der Klägerin mit Recht zurückgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
 Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
 I. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht besteht, weil die von der Beklagten gelieferte Ware infolge verspäteter Erhebung der Mängelrüge als genehmigt gilt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
 1. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung hatte die Beklagte der Klägerin gegen Zahlung eines einmaligen Entgelts eine vorgefertigte Standardsoftware für die Nutzung auf Dauer zu liefern. Dass derartige Verträge Kaufverträge sind, ist heute in Literatur und Rechtsprechung weitgehend anerkannt (vgl. Brandi-Dohrn, Gewährleistung bei Hard- und Softwaremängeln, 2. Aufl. 1994, S. 1 m.w.N.; Redeker, Der EDV-Prozess, 2. Aufl. 2000, Rn. 334 mit umfassenden Nachweisen in Fn. 27; Marly, Softwareüberlassungsverträge, 3. Aufl. 2000, Rn. 63 und - eingehend - Rn. 165 ff.).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
 2. Unstreitig ist, dass die Beklagte das Computerprogramm mit einem Codeschlüssel geliefert hat, der nicht eine unbegrenzte Nutzung, sondern eine Nutzung für nur 30 Tage ermöglichte. Damit war die Kaufsache zwar nicht vertragsgemäß. Indessen gilt sie - unabhängig davon, ob man (mit der Beklagten und dem Landgericht) eine Schlechtlieferung oder aber (gemäß dem zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin) eine Falschlieferung annimmt - gemäß § 377 bzw. § 378 HGB als genehmigt, weil die Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, die sich kurz nach Eintreffen der Ware bei der Klägerin gezeigt hatte, nicht unverzüglich gerügt worden ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
 a) In der im Oktober 1999 erfolgten Auslieferung der Software liegt zugleich deren „Ablieferung“ im Sinne der §§ 377, 378 HGB. Daran ändert nichts der von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz vorgetragene Umstand, dass keine Benutzerdokumentation bzw. kein Handbuch mitgeliefert worden ist. Es entspricht zwar höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass beim Kauf einer Software die Lieferung des Handbuchs / der Benutzerdokumentation zu den Hauptleistungspflichten des Verkäufers gehört; bei Nichtlieferung liegt nur Teilleistung vor mit der Folge, dass noch keine Ablieferung im Sinne von §§ 377, 378 HGB erfolgt ist (vgl. BGH, NJW 1993, S. 461 ff.; Redeker, a.a.O., Rn. 208; Marly, a.a.O., Rn. 814). Im vorliegenden Fall hatte das Fehlen eines Handbuchs auf die Rügepflicht aber deshalb keinen Einfluss, weil sich die Klägerin professionell mit der Entwicklung von Computerprogrammen beschäftigt und zur Nutzung des gekauften Programms auf ein Handbuch oder ähnliches offensichtlich nicht angewiesen war. Demgemäß hat sie das Fehlen des Handbuchs auch erst in der Berufungsinstanz vorgetragen. Sinn und Zweck der Lieferung eines Handbuchs ist es, dem Erwerber die Nutzung des Programms überhaupt erst zu ermöglichen. Dem entspricht es, dass die an den Inhalt eines Handbuchs oder einer Programmdokumentation zu stellenden Anforderungen sich nach dem angesprochenen Adressatenkreis zu richten haben (vgl. Marly, a.a.O., Rn. 815 f.). Daher kann bei der Lieferung einer Software an berufsmäßige Softwareentwickler auf ein Handbuch verzichtet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Hilfehinweise - wie hier - während des Programmaufrufs erscheinen (so wohl für einfach zu bedienende Programme: Redeker, a.a.O., Rn. 209, mit freilich nicht ganz passendem Hinweis auf Landgericht Heilbronn, BB 1994, Beilage 7, S. 7 f. = CR 1998, S. 519 ff.). Zumindest ist in einem solchen Fall die Berufung auf das Fehlen eines Handbuchs treuwidrig.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
 b) Dass die Ware nicht vertragsgemäß war, hat sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ende Oktober 1999 erfolgten Lieferung der Software gezeigt. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die Ware „bei Erhalt ... sofort ...“ dergestalt untersucht hat, „dass die Software auf einen Rechner aufgespielt, der mitgelieferte Keycode, der das Programm aktiviert, eingegeben und die wesentlichen Funktionen durchgespielt wurden“ (II, 23). Hat die Klägerin die Überprüfung in der von ihr vorgetragenen Weise durchgeführt, so war die Mangelhaftigkeit für sie ohne weiteres zu erkennen, weil - wie das Landgericht ausgeführt hat und was sich bei der Demonstration im Senatstermin vom 06.06.2003 bestätigt hat - beim Hochfahren des Computers der nicht zu übersehende und unmißverständliche Hinweis erscheint, dass sich der Nutzer innerhalb von 30 Tagen registrieren lassen muss. Unabhängig davon, ob der mit dieser Aufforderung verbundene Hinweis, dass sich das Programm anderenfalls selbst löschen werde, von der Klägerin nicht hätte wahrgenommen werden müssen, war infolge der unübersehbaren und klaren Registrierungsanordnung objektiv erkennbar (zu diesem Erfordernis Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl. 2002, Rn. 8 zu § 377 m.w.N.), dass das Programm noch der Lizenzierung bedürfe. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, die Registrierungsaufforderung habe allein dazu gedient, dem Hersteller des Programms Adressenmaterial für seine Werbung zu verschaffen, erscheint abwegig. Auch wenn die Beklagte das Programm, wie von ihr vorgetragen, bis dahin nicht genutzt hat, hätte sich bei der spätestens bis Ende November 1999 vorzunehmenden Registrierung ergeben, daß es entgegen der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nicht unbegrenzt lizenziert war.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
 In beiden Fällen - Erkennbarkeit des Mangels Ende Oktober oder aber Ende November 1999 - war die erst mit Schreiben vom 24.03.2000 erfolgte Rüge nicht mehr unverzüglich. Auf das vom Landgericht als verspätet angesehene Vorbringen der Klägerin mir Schriftsatz vom 11.05.2001 kommt es daher nicht an.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
 II. Demgemäß hat das Landgericht richtig entschieden. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO). Weder hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
</td></tr></table></td></tr></table>
|
|
136,672
|
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|
27 O 336/02
| 2003-07-10T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:28
| 2019-01-17T11:56:50
|
Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 9.094,82 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 27.8.2001 zu bezahlen.</p>
<p>2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin macht auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Ein Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge B, war am 29. März 2001 mit seinem Isuzu-Kleinbus (amtliches Kennzeichen ES-IB 3071) in Neuhausen an einem Zebrastreifen zum Halten gekommen, als der Beklagte zu 1, dessen PKW Smart (amtliches Kennzeichen ES-EY 4279) bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert ist, hinten links auf das Fahrzeug des Zeugen B auffuhr. Die volle Haftung des Beklagten zu 1 steht zwischen den Parteien außer Streit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Zeuge B wurde nach dem Unfall in das Krankenhaus Esslingen gebracht und dort bis zum 30. März 2001 stationär behandelt. In der Zeit vom 29. März bis 6. Mai 2001 war er arbeitsunfähig krankgeschrieben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin hat in dieser Zeit Gehaltsfortzahlung in Höhe der Hauptforderung des Klageantrages geleistet. Mit Schreiben vom 25. Juli 2001 hat die Klägerin die Beklagte zu 2 aufgefordert, 9.094,82 EUR, bis zum 20. August 2001 zu bezahlen. Der Betrag setzt sich aus dem Bruttogehalt sowie anteiligen vermögenswirksamen Leistungen, anteiliger Urlaubsvergütung und anteiligem Weihnachtsgeld (Bruttolohnmethode) zusammen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Eine Zahlung durch die Beklagte zu 2 erfolgte nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Beklagte zu 2 erklärte durch Schreiben vom 28. Februar 2001, weder die Wirbelsäulenbeschwerden, noch die Arbeitsunfähigkeit von Herrn B würden in Abrede gestellt, allerdings werde bestritten, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 29. März 2001 und den Beschwerden in dem Zeitraum vom 29.3.2001 bis 6.5.2001 bestehe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Klägerin behauptet , der Zeuge B sei sowohl vor dem Unfall, als auch nach dem 7. Mai 2001 gesund und voll arbeitsfähig gewesen. Zwar habe dieser bereits am 8. Juni 1988 einen schweren Motorradunfall erlitten, mehrere Gutachten seien aber zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Folgen dieses Unfalls auf neurologischem und chirurgischem Gebiet mehr vorlägen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Eine Computertomografie vom 6.4.2001 habe Frakturen des 11. und 12. Brustwirbelkörpers ergeben. Es sei zwar richtig, dass der Zeuge bereits am 8.6.1988 einmal als Motorradfahrer einen schweren Unfall erlitten habe, ein im Auftrag der damals beteiligten Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erstattetes unfallchirurgisches Gutachten vom 15.12.2000 des Herrn Prof. Dr. W, ärztlicher Direktor der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen und ein neurologisches Gutachten des Prof. Dr. M vom 28.3.2001 seien eindeutig zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Folgen des Unfalls vom 8.6.1988 auf chirurgischem und neurologischem Fachgebiet mehr vorlägen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Im übrigen schließe eine zum Schaden neigende Konstitution des Unfallopfers den Zurechnungszusammenhang und somit auch die Haftung des Schädigers nicht aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Klägerin beantragt daher,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 9.094, 82 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 27.8.2001 zu verurteilen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Beklagten beantragen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beklagten behaupten , die vorgetragenen Verletzungen des Arbeitnehmers der Klägerin könnten nicht kausal durch den Unfall vom 29. März 2001 hervorgerufen sein, vielmehr stellten sie sich als schicksalhafte Leiden dar. Ausdrücklich bestritten werde, dass der Zeuge B sich bei diesem Unfall Brustwirbelfrakturen zugezogen habe. Der Beklagte zu 1 sei mit seinem smart nur ganz leicht hinten auf das Fahrzeug des Zeugen B aufgefahren. Durch den Anstoß sei eine Geschwindigkeitsänderung von maximal 7-9 km/h erzeugt worden. Bei dieser geringen Anstoßgeschwindigkeit sei der Eintritt der behaupteten Verletzungen des Zeugen B unmöglich. Zur Untermauerung dieser Behauptung berufen sich die Beklagten auf ein in ihrem Auftrag erstattetes Gutachten des medizinischen Gutachteninstituts Hamburg. Dort wird die Auffassung vertreten, dass die bisherigen Veröffentlichungen aus der technischen Unfallforschung für eine Geschwindigkeitsänderung von 7 bis 9 km/h eine Verletzungsgefahr nicht erkennen lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Arztberichte enthielten keine objektiven Befunde, sie dokumentierten nur subjektive Angaben des Patienten. Objektive Verletzungsanzeichen seien nirgendwo festgehalten. Das CT vom 6.4.2001 sei ohne jeden Beweiswert, da die Infraktionen nicht von dem Unfall herrührten, sondern entweder bereits vor dem Unfall bestanden oder erst durch ein Ereignis nach dem Unfall vom 29.3.2001 verursacht worden seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Auch sei der von dem Zeugen B geklagte Tinnitus ausweislich des Arztberichtes von Herrn Dr. P am 31. März 2001 bereits wieder komplett verschwunden gewesen. Insgesamt seien die vorgelegten Atteste von geringer Aussagekraft. Die dokumentierten, angeblich schmerzhaften Verspannungen im Nacken/Schulterbereich stünde nicht in einem kausalen Zusammenhang mit dem Unfall vom 29.3.2001.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Beklagten mutmaßen, dass die Arbeitsunfähigkeit des Zeugen B vielmehr in direktem Zusammenhang mit den von ihm fristgerecht zu erbringenden Eigenleistungen in seinem zu vermietenden 3-Familienhaus stand.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Es wurde Beweis erhoben durch ein schriftliches Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. med. W von der Universitätsklinik Tübingen und durch Vernehmung des Zeugen Markus B - insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2003 verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der zulässigen Klage war stattzugeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Das Landgericht Stuttgart ist gem. §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO, da sich der Verkehrsunfall im Landgerichtsbezirk Stuttgart ereignete.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II .</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht in Höhe von 9.094,82 EUR aus § 6 EFZG i.V.m. §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 I, 11 StVG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Zeuge B als Arbeitnehmer der Klägerin für den Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit vom 29.3.2001 bis 6.5.2001 Leistungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz in beantragter Höhe erhalten hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
In derselben Höhe stand dem Zeugen zunächst ein Schadensersatzanspruch gem. den §§ 7 Abs. 1,11 StVG auf Ersatz seines Verdienstausfalls gegen die Beklagten zu, der im Wege der cessio legis nach § 6 I EFZG auf die Klägerin übergegangen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Auf Grund der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass der Zeuge B in der Zeit vom 29. März bis 6. Mai 2001 i.S.d. § 3 I S.1 EFZG an der Erbringung seiner Arbeitsleistung durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne sein Verschulden gehindert war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Dabei bedeutet Krankheit, dass der Arbeitnehmer außerstande sein muss, die vertragsgemäße Arbeit zu verrichten oder er die Arbeit nur fortsetzen kann in der Gefahr, seinen Gesundheits- oder Krankheitszustand zu verschlechtern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Hinsichtlich des Verhinderungsgrundes trifft den Zeugen B kein Verschulden, nachdem die Haftung des Beklagten zu 1 zwischen den Parteien dem Grunde nach außer Streit steht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die von der Klägerin behaupteten Verletzungen des Zeugen beruhen auf dem Unfall vom 29.3.2001.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Irrelevant für die Zurechnung des Schadens ist zunächst die Tatsache, dass Herr B bereits im Jahre 1988 einen schweren Motorradunfall erlitten hatte. Denn selbst wenn der Zeuge B durch diesen Unfall vorgeschädigt gewesen wäre, könnte der Schädiger, also der Beklagte zu 1, nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe er einen gesunden Menschen verletzt (vgl. BGH in: NJW 1993, 2234).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Von untergeordneter Bedeutung ist auch der Umstand, dass die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung durch den Anstoß ausweislich des DEKRA-Gutachtens lediglich zwischen 7-9 km/h betrug. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die von den Beklagten herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei (" Harmlosigkeitsgrenze“), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei, wird aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen und insbesondere von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht anerkannt. Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze“ spricht auch, dass die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der Kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u. a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeugeinsassen Bedeutung beizumessen sein kann (BGH,VI ZR 139/02, Urt. vom 28. Januar 2003) .
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Auf Grund der Aussage des Zeugen B, den vorgelegten Arztberichten und nicht zuletzt auf Grund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung steht für die Kammer fest, dass die Verletzungen bzw. Beschwerden des Zeugen B durch den Unfall vom 29. März 2001 verursacht worden sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ist gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz in der Regel durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu führen. Der Arbeitgeber darf sich auf diese Bescheinigung verlassen, wenn nicht tatsächliche Umstände Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Inhalts der ärztlichen Zeugnisse geben. Der Arbeitnehmer darf in einer solchen Situation berechtigterweise auf die ihm bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vertrauen und braucht deshalb nicht zu arbeiten. Ihm entsteht daher in Höhe des entgangenen Gehalts ein Schaden, der durch die Gehaltsfortzahlung nicht entfällt, sondern durch cessio legis auf den Arbeitgeber übergeht (BGHZ 149,63).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Im vorliegenden Falle sind keine tatsächlichen Umstände bekannt geworden, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln gegeben hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Zeuge B hat überzeugend im Detail seine Wahrnehmungen und die bei ihm aufgetretenen Symptome und Schmerzen unmittelbar nach dem Unfall geschildert. Sachlich hat er die im Krankenhaus Esslingen und später von diversen Ärzten vorgenommenen Untersuchungen und Behandlungen erläutert:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
„Ich bin dann noch mal ins Auto und weitergefahren. (...) Da verspürte ich schon Schwindel und eine Taubheit im rechten Arm. Das wurde immer schlimmer. Meine Eltern haben mich dann ins Krankenhaus gefahren. Dort wurden mehrere Röntgenaufnahmen gemacht. Es wurde der Verdacht geäußert, dass da eine Fraktur sein könnte an der Wirbelsäule. Ich wurde stationär aufgenommen. Es hieß Ruhe und man wollte das beobachten. (...) Ich sollte liegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
In der Nacht ist dann in beiden Ohren ein Pfeifton aufgetreten, das wurde mit einer Salzlösung durch Infusionen behandelt. (...) Ich hatte Kopfschmerzen, leichte Schmerzen in der Brustwirbelsäule und stärkere in der Halswirbelsäule.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Widerspruchsfrei und glaubhaft hat der Zeuge zudem erklärt, dass er sich von dem ersten Unfall im Jahre 1988 bereits wieder voll erholt hatte:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
„Vor dem zweiten Unfall fühlte ich mich eigentlich recht gut. Ich hatte Gymnastik und Sport gemacht und mir auch ab und zu eine Massage gegönnt, ich habe deshalb recht schmerzfrei gelebt.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Diese Aussage steht im Einklang mit den Gutachtern der Sachverständigen Prof. Dr. W und Prof. Dr. M, die übereinstimmend am 15.12.2000 bzw. 28.3.2001 zu dem Ergebnis kamen, dass keine Folgen des Unfalls vom 8.6.1988 mehr vorlägen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Auch insoweit hat der Zeuge B zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass sämtliche Beschwerden, die nach dem 29. März auftraten und auf dem Unfall basierten, zu seiner Arbeitsunfähigkeit vom 30. März bis 7. Mai 2001 führten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Der Zeuge erklärte:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
„Nach dem zweiten Unfall hatte ich dann massive Schmerzen, in der Halswirbelsäule und auch diese Kopfschmerzen. Ich verspürte den Schwindel, d.h. so ein Taubheitsgefühl in der Hand (...). In den ersten 3 Tagen im Krankenhaus war es extrem. In den folgenden Wochen mal mehr mal weniger, im Liegen fühlte ich mich allerdings recht gut.(...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Beim Sitzen, beim Bewegen, hatte ich mehr Beschwerden. Ich hatte vor allem Kopfschmerzen und dann war da diese Müdigkeit.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keinerlei Zweifel. Ein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besteht bei dem Zeugen nicht. Er wirkte sehr sachlich, wich keiner Fragestellung aus, gab bereitwillig Auskunft ohne jegliches Zögern. Er räumte auch Gedächtnislücken ein, z. B. auf die Frage, ob er sich bei dem Unfall den Kopf angeschlagen habe, sagte er:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
"Nun, ich denke schon. Ich wollte gerade den ersten Gang einlegen. Ich war auf das Auffahren nicht vorbereitet. Ich kann das heute nicht sicher sagen.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Aggravationstendenzen waren ebenfalls nicht zu beobachten. Ob er eine Schädelprellung erlitten habe, beantwortete der Zeuge wie folgt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
"Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe die Symptome genannt, die ich verspürt habe, ob das eine Schädelprellung ist, weiß ich nicht.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Andererseits beschränkte sich der Zeuge auch nicht darauf, zu sagen, die von den Ärzten attestierten Verletzungen seien so richtig. Auf Vorhalt des Arztberichtes von Dr. med. P vom 24.8.2001 (B7), sein Tinnitus sei bei der Entlassung aus dem Krankenhaus verschwunden gewesen, trat der Zeuge dem Vorhalt des Beklagtenvertreters deutlich entgegen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
„Das ist falsch. Ich bin noch nach der Entlassung vom Hausarzt mit weiteren Infusionen behandelt worden. Ich höre den Tinnitus heute noch.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Wenig aussagekräftig ist hingegen das durch Herrn Prof. Dr. med. W angefertigte Gutachten vom 24. April 2003, da es in einem Abstand von mehr als zwei Jahren nach dem Unfall entstanden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
„Die berichteten Zervikalgien lassen sich am heutigen Tag bei uneingeschränkter Halswirbelsäulenbeweglichkeit ohne jegliche Schmerzprovokation und fehlendem sensomotorischen Defizit nicht objektivieren.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Umgekehrt lässt sich dem Gutachten jedoch nicht entnehmen, dass der Zeuge die Verletzungen tatsächlich nicht erlitten hat, weil sie nach zwei Jahren nicht mehr festgestellt werden können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Nachdem sämtliche Arztberichte, der Entlassungsbericht des Krankenhauses Esslingen, der Bericht des Hausarztes Dr. med. G und auch die Bescheinigung der Orthopädin Dr. F, zu dem Ergebnis gelangten, dass der Zeuge tatsächlich mindestens eine HWS-Distorsion erlitten hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Zeugen ursächlich ist, ist eine Frage der Haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhanges zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden sind nicht die strengen Anforderungen des §§ 286 ZPO maßgebend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Auf Grund der glaubhaften Angaben des Zeugen ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beschwerden tatsächlich auf den Unfall zurückzuführen waren. Seinen Ausführungen war zu entnehmen, dass er bis unmittelbar vor dem Unfall praktisch beschwerdefrei war. Dies deckt sich mit den oben erwähnten Gutachten. Dass der Zeuge nach eigenen Angaben - auch vor dem Unfall - unter Muskelverspannungen nach zehnstündigem Sitzen litt, steht dem nicht entgegen. Dies dürfte als typische Ermüdungserscheinung einzustufen sein, die jedoch keinen Krankheitswert besitzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Die sich unmittelbar an den Unfallzeitpunkt anschließende dreiwöchige Arbeitsunfähigkeitszeiten legt den Schluss nahe, dass der Unfall als einzige realistische Ursache für die Beschwerden des Zeugen in Betracht kommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Sehr weit hergeholt ist die Behauptung der Beklagten, die Beschwerden des Zeugen beruhten auf Renovierungsarbeiten in seinem Dreifamilienhaus. In diesem Zusammenhang haben die Beklagten eine Handwerkerrechnung über das Verlegen von Fliesenarbeiten vom 26.6.2001 vorgelegt. Dieses Vorbringen ist jedoch ohne Belang, dazwischen der Beauftragung von Handwerkern und der eigenen Arbeitsunfähigkeit kein logischer Zusammenhang besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Ferner hat die Klägerin Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen gem. §§ 286 Abs. 3 , 288 Abs. 1 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Streitwert: 9.094,82 EUR
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der zulässigen Klage war stattzugeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Das Landgericht Stuttgart ist gem. §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO, da sich der Verkehrsunfall im Landgerichtsbezirk Stuttgart ereignete.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II .</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht in Höhe von 9.094,82 EUR aus § 6 EFZG i.V.m. §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 I, 11 StVG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Zeuge B als Arbeitnehmer der Klägerin für den Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit vom 29.3.2001 bis 6.5.2001 Leistungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz in beantragter Höhe erhalten hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
In derselben Höhe stand dem Zeugen zunächst ein Schadensersatzanspruch gem. den §§ 7 Abs. 1,11 StVG auf Ersatz seines Verdienstausfalls gegen die Beklagten zu, der im Wege der cessio legis nach § 6 I EFZG auf die Klägerin übergegangen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Auf Grund der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass der Zeuge B in der Zeit vom 29. März bis 6. Mai 2001 i.S.d. § 3 I S.1 EFZG an der Erbringung seiner Arbeitsleistung durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne sein Verschulden gehindert war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Dabei bedeutet Krankheit, dass der Arbeitnehmer außerstande sein muss, die vertragsgemäße Arbeit zu verrichten oder er die Arbeit nur fortsetzen kann in der Gefahr, seinen Gesundheits- oder Krankheitszustand zu verschlechtern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Hinsichtlich des Verhinderungsgrundes trifft den Zeugen B kein Verschulden, nachdem die Haftung des Beklagten zu 1 zwischen den Parteien dem Grunde nach außer Streit steht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die von der Klägerin behaupteten Verletzungen des Zeugen beruhen auf dem Unfall vom 29.3.2001.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Irrelevant für die Zurechnung des Schadens ist zunächst die Tatsache, dass Herr B bereits im Jahre 1988 einen schweren Motorradunfall erlitten hatte. Denn selbst wenn der Zeuge B durch diesen Unfall vorgeschädigt gewesen wäre, könnte der Schädiger, also der Beklagte zu 1, nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe er einen gesunden Menschen verletzt (vgl. BGH in: NJW 1993, 2234).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Von untergeordneter Bedeutung ist auch der Umstand, dass die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung durch den Anstoß ausweislich des DEKRA-Gutachtens lediglich zwischen 7-9 km/h betrug. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die von den Beklagten herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei (" Harmlosigkeitsgrenze“), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei, wird aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen und insbesondere von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht anerkannt. Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze“ spricht auch, dass die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der Kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u. a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeugeinsassen Bedeutung beizumessen sein kann (BGH,VI ZR 139/02, Urt. vom 28. Januar 2003) .
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Auf Grund der Aussage des Zeugen B, den vorgelegten Arztberichten und nicht zuletzt auf Grund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung steht für die Kammer fest, dass die Verletzungen bzw. Beschwerden des Zeugen B durch den Unfall vom 29. März 2001 verursacht worden sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ist gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz in der Regel durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu führen. Der Arbeitgeber darf sich auf diese Bescheinigung verlassen, wenn nicht tatsächliche Umstände Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Inhalts der ärztlichen Zeugnisse geben. Der Arbeitnehmer darf in einer solchen Situation berechtigterweise auf die ihm bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vertrauen und braucht deshalb nicht zu arbeiten. Ihm entsteht daher in Höhe des entgangenen Gehalts ein Schaden, der durch die Gehaltsfortzahlung nicht entfällt, sondern durch cessio legis auf den Arbeitgeber übergeht (BGHZ 149,63).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Im vorliegenden Falle sind keine tatsächlichen Umstände bekannt geworden, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln gegeben hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Der Zeuge B hat überzeugend im Detail seine Wahrnehmungen und die bei ihm aufgetretenen Symptome und Schmerzen unmittelbar nach dem Unfall geschildert. Sachlich hat er die im Krankenhaus Esslingen und später von diversen Ärzten vorgenommenen Untersuchungen und Behandlungen erläutert:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
„Ich bin dann noch mal ins Auto und weitergefahren. (...) Da verspürte ich schon Schwindel und eine Taubheit im rechten Arm. Das wurde immer schlimmer. Meine Eltern haben mich dann ins Krankenhaus gefahren. Dort wurden mehrere Röntgenaufnahmen gemacht. Es wurde der Verdacht geäußert, dass da eine Fraktur sein könnte an der Wirbelsäule. Ich wurde stationär aufgenommen. Es hieß Ruhe und man wollte das beobachten. (...) Ich sollte liegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
In der Nacht ist dann in beiden Ohren ein Pfeifton aufgetreten, das wurde mit einer Salzlösung durch Infusionen behandelt. (...) Ich hatte Kopfschmerzen, leichte Schmerzen in der Brustwirbelsäule und stärkere in der Halswirbelsäule.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Widerspruchsfrei und glaubhaft hat der Zeuge zudem erklärt, dass er sich von dem ersten Unfall im Jahre 1988 bereits wieder voll erholt hatte:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
„Vor dem zweiten Unfall fühlte ich mich eigentlich recht gut. Ich hatte Gymnastik und Sport gemacht und mir auch ab und zu eine Massage gegönnt, ich habe deshalb recht schmerzfrei gelebt.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Diese Aussage steht im Einklang mit den Gutachtern der Sachverständigen Prof. Dr. W und Prof. Dr. M, die übereinstimmend am 15.12.2000 bzw. 28.3.2001 zu dem Ergebnis kamen, dass keine Folgen des Unfalls vom 8.6.1988 mehr vorlägen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Auch insoweit hat der Zeuge B zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass sämtliche Beschwerden, die nach dem 29. März auftraten und auf dem Unfall basierten, zu seiner Arbeitsunfähigkeit vom 30. März bis 7. Mai 2001 führten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Der Zeuge erklärte:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
„Nach dem zweiten Unfall hatte ich dann massive Schmerzen, in der Halswirbelsäule und auch diese Kopfschmerzen. Ich verspürte den Schwindel, d.h. so ein Taubheitsgefühl in der Hand (...). In den ersten 3 Tagen im Krankenhaus war es extrem. In den folgenden Wochen mal mehr mal weniger, im Liegen fühlte ich mich allerdings recht gut.(...)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Beim Sitzen, beim Bewegen, hatte ich mehr Beschwerden. Ich hatte vor allem Kopfschmerzen und dann war da diese Müdigkeit.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keinerlei Zweifel. Ein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besteht bei dem Zeugen nicht. Er wirkte sehr sachlich, wich keiner Fragestellung aus, gab bereitwillig Auskunft ohne jegliches Zögern. Er räumte auch Gedächtnislücken ein, z. B. auf die Frage, ob er sich bei dem Unfall den Kopf angeschlagen habe, sagte er:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
"Nun, ich denke schon. Ich wollte gerade den ersten Gang einlegen. Ich war auf das Auffahren nicht vorbereitet. Ich kann das heute nicht sicher sagen.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Aggravationstendenzen waren ebenfalls nicht zu beobachten. Ob er eine Schädelprellung erlitten habe, beantwortete der Zeuge wie folgt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
"Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe die Symptome genannt, die ich verspürt habe, ob das eine Schädelprellung ist, weiß ich nicht.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Andererseits beschränkte sich der Zeuge auch nicht darauf, zu sagen, die von den Ärzten attestierten Verletzungen seien so richtig. Auf Vorhalt des Arztberichtes von Dr. med. P vom 24.8.2001 (B7), sein Tinnitus sei bei der Entlassung aus dem Krankenhaus verschwunden gewesen, trat der Zeuge dem Vorhalt des Beklagtenvertreters deutlich entgegen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
„Das ist falsch. Ich bin noch nach der Entlassung vom Hausarzt mit weiteren Infusionen behandelt worden. Ich höre den Tinnitus heute noch.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Wenig aussagekräftig ist hingegen das durch Herrn Prof. Dr. med. W angefertigte Gutachten vom 24. April 2003, da es in einem Abstand von mehr als zwei Jahren nach dem Unfall entstanden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
„Die berichteten Zervikalgien lassen sich am heutigen Tag bei uneingeschränkter Halswirbelsäulenbeweglichkeit ohne jegliche Schmerzprovokation und fehlendem sensomotorischen Defizit nicht objektivieren.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Umgekehrt lässt sich dem Gutachten jedoch nicht entnehmen, dass der Zeuge die Verletzungen tatsächlich nicht erlitten hat, weil sie nach zwei Jahren nicht mehr festgestellt werden können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Nachdem sämtliche Arztberichte, der Entlassungsbericht des Krankenhauses Esslingen, der Bericht des Hausarztes Dr. med. G und auch die Bescheinigung der Orthopädin Dr. F, zu dem Ergebnis gelangten, dass der Zeuge tatsächlich mindestens eine HWS-Distorsion erlitten hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Zeugen ursächlich ist, ist eine Frage der Haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhanges zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden sind nicht die strengen Anforderungen des §§ 286 ZPO maßgebend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Auf Grund der glaubhaften Angaben des Zeugen ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beschwerden tatsächlich auf den Unfall zurückzuführen waren. Seinen Ausführungen war zu entnehmen, dass er bis unmittelbar vor dem Unfall praktisch beschwerdefrei war. Dies deckt sich mit den oben erwähnten Gutachten. Dass der Zeuge nach eigenen Angaben - auch vor dem Unfall - unter Muskelverspannungen nach zehnstündigem Sitzen litt, steht dem nicht entgegen. Dies dürfte als typische Ermüdungserscheinung einzustufen sein, die jedoch keinen Krankheitswert besitzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Die sich unmittelbar an den Unfallzeitpunkt anschließende dreiwöchige Arbeitsunfähigkeitszeiten legt den Schluss nahe, dass der Unfall als einzige realistische Ursache für die Beschwerden des Zeugen in Betracht kommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Sehr weit hergeholt ist die Behauptung der Beklagten, die Beschwerden des Zeugen beruhten auf Renovierungsarbeiten in seinem Dreifamilienhaus. In diesem Zusammenhang haben die Beklagten eine Handwerkerrechnung über das Verlegen von Fliesenarbeiten vom 26.6.2001 vorgelegt. Dieses Vorbringen ist jedoch ohne Belang, dazwischen der Beauftragung von Handwerkern und der eigenen Arbeitsunfähigkeit kein logischer Zusammenhang besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Ferner hat die Klägerin Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen gem. §§ 286 Abs. 3 , 288 Abs. 1 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Streitwert: 9.094,82 EUR
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,673
|
ag-stuttgart-2003-07-10-f-6-xvi-2004
|
{
"id": 98,
"name": "Amtsgericht Stuttgart",
"slug": "ag-stuttgart",
"city": 90,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
}
|
F 6 XVI 2004
| 2003-07-10T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:29
| 2019-01-17T11:56:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>wird die Übernahme des Verfahrens abgelehnt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Das Amtsgericht Heilbronn ist für das eingeleitete Adoptionsverfahren sachlich und örtlich zuständig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Stuttgart gemäß § 43 b Abs. 2, Satz 2 FGG iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 des Adoptionswirkungsgesetzes ist nicht gegeben.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Heilbronn ergibt sich aus Artikel 22 EGBGB.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Der Annehmende und Antragsteller, der Beteiligte Ziffer 1, ist deutscher Staatsangehöriger. Die Mutter des anzunehmenden Kindes und das anzunehmende Kind selbst sind thailändische Staatsangehörige.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Gemäß § 22 EGBGB gilt für die Annahme des Kindes das Recht des Staates, dem der Annehmende bei der Annahme angehört. Dies ist hier der Stiefvater, ... , der deutscher Staatsangehöriger ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der Antragsteller wohnt mit seiner Ehefrau, der Kindsmutter, und dem anzunehmenden Kind in Heilbronn, so dass das Amtsgericht Heilbronn örtlich zuständig ist.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Soweit daneben auch Artikel 23 EGBGB zur Anwendung kommt, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Regelung des Artikels 22 EGBGB. Das Heimatrecht ist für die Zustimmung des Kindes zur Adoption zu prüfen, Artikel 23 EGBGB. Die Durchführung der Adoption selbst richtet sich jedoch nach deutschem Recht, Artikel 22 iVm Artikel 14 I EGBGB.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Adoption eines ausländischen Kindes in Deutschland durch einen deutschen Staatsangehörigen richtet sich nach deutschem Recht. Die Zustimmung des Kindes, für die nach Artikel 23 EGBGB unter Umständen thailändisches Recht gilt, ist nur ein Teilaspekt dieser Adoption.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>In der Drucksache 14/6011 des Deutschen Bundestages heißt es zu § 43 b FGG, dass diese Vorschrift "Fälle betrifft, in denen das Vormundschaftsgericht bei seiner Entscheidung ausländisches Adoptionsrecht anzuwenden hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Hierzu hat Steiger, der an der Erarbeitung des Gesetzesentwurfes als Referent des BMJ maßgeblich beteiligt war, bereits mehrfach Stellung genommen. So hat er hierzu in der Deutschen Notarzeitung (DNotz.) 2002, Seite 184 (206) ausgeführt, dass die in dem neuen</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>§ 43 b Abs. 2 Satz 2 FGG iVm § 5 Abs. 1 und 2 Adoptionswirkungsgesetz vorgesehene Zuständigkeitskonzentration nur die Fallgestaltungen erfassen soll, in denen Artikel 22 Abs. 1 iVm Artikel 4 Abs. 1 und 3, Artikel 3 Abs. 1 und 2 und Artikel 14 Abs. 1 EGBGB uf ausländisches Recht verweist, die Anwendung ausländischer Sachvorschriften auf Erforderlichkeit und Erteilung familienrechtlicher Zustimmung nach Artikel 23 Satz 1 EGBGB reicht dagegen nicht aus.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Anwendung ausländischen Rechts darf sich also nicht nur auf Teil- oder Vorfragen beziehen bzw. die Annahme insgesamt müsste sich nach ausländischen Sachnormen richten. Das ist vorliegend nicht der Fall.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Für diese Auslegung spricht die Entstehungsgeschichte und die ratio der Vorschrift, die die Konstellation des § 2 Abs. 3 Adoptionswirkungsgesetz, also die Fälle im Auge hat, in denen die statusrechtlichen Wirkungen der Adoption und damit die Annahme insgesamt ausländischem Recht unterliegen (Steiger DNotz. 2002 Seite 206, Fußnote 42).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die Beantwortung dieser Teilfrage der Adoption wird in der Praxis auch nicht vom Konzentrationsgericht bzw. dem mit der Adoption befassten Gericht beantwortet, vielmehr werden in diesen Fällen die Fragen von der zuständigen Stelle beim Generalbundesanwalt bzw. in dem vorliegenden Fall vom Landeswohlfahrtsverband beantwortet.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>In dem vorgelegten Beschluss des Landgerichts Koblenz - 2 AR 26/02 - ist das Landgericht Koblenz auf die Vorschrift des 22 EGBGB nicht eingegangen. Ein bloßer Auslandsbezug wie hier hinsichtlich der Erteilung der Zustimmung und damit die Anwendbarkeit des Artikel 23 EGBGB genügt nicht, um die örtliche Zuständigkeit des Konzentrationsgerichts des Amtsgerichts Stuttgart herbeizuführen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Eine Übernahme wird daher abgelehnt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,669
|
olgkarl-2003-07-09-12-u-4003
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
12 U 40/03
| 2003-07-09T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:24
| 2019-02-12T12:38:52
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 18.03.2003 - 2 O 347/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sein Krankheitskostenversicherungsvertrag mit der Beklagten ohne die nach deren Rücktritt vereinbarten Einschränkungen des Versicherungsschutzes unverändert fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Beklagte stützt ihren Rücktritt auf eine unzutreffende bzw. unvollständige Beantwortung der Gesundheitsfragen Nr. 6, 7 und 16 des im Versicherungsantrag vom 21.07.2001 enthaltenen Fragebogens. Der Kläger habe seine Fertilitätsprobleme in Form eines OAT nicht angegeben und auch die entsprechenden Untersuchungen und Behandlungen nicht angeführt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gesundheitsfrage Nr. 6 lautet:"Bestanden in den letzten 3 Jahren Gesundheitsstörungen oder Beschwerden bzw. haben ambulante Behandlungen, Operationen oder Kontrollen durch Ärzte oder sonstige Behandler stattgefunden" mit "Ja". Gesundheitsfrage Nr. 7 betrifft Untersuchungen in den letzten 3 Jahren. Bei Nr. 16 sollen dazu Einzelheiten angegeben werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Kläger hält den Rücktritt für unberechtigt, weil er vor der Rücktrittserklärung seinen unerfüllten Kinderwunsch nicht mit eigenen Fertilitätsproblemen in Verbindung gebracht habe und bei ihm im nachgefragten Zeitraum weder Untersuchungen noch Behandlungen vorgenommen worden seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Kläger hat beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag (Tarifkompakt und KT 06/200,00 = Krankentagegeld) mit dem Versicherungsplan Nr. unverändert fortbesteht unter Einschluss auch der durch die Vereinbarung vom 21.03.2002 ausgenommenen Leistungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen klagabweisenden Urteils wird Bezug genommen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagziel weiter. Im Berufungsrechtszug macht er zusätzlich geltend, nunmehr habe sich herausgestellt, dass bei ihm - entgegen der Annahme der Frauenärztin Dr. T - keine Fertilitätsstörung vorliege. Man müsse den unerfüllten Kinderwunsch am ehesten auf eine "gemischte Störung" zurückführen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen F. und Dr. T.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Beklagte ist berechtigt vom Versicherungsvertrag zurückgetreten; der Versicherungsschutz des Klägers beschränkt sich daher auf den mit der Vereinbarung vom 21.03.2002 begründeten Vertrag und schließt im Zusammenhang mit Fertilitätsstörungen und der künstlichen Befruchtung der Ehefrau stehende Maßnahmen nicht mit ein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Nach § 16 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn ein nach § 16 Abs. 1 VVG gefahrerheblicher Umstand nicht angezeigt wurde. Nach § 16 Abs. 3 Satz 3 VVG gilt ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel als erheblich. Ein wirksamer Rücktritt setzt vorab voraus, dass der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrags ihm bekannte aufklärungsbedürftige Tatsachen nicht oder nicht vollständig angegeben hat. Dabei trägt zunächst der Versicherer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer die aufklärungsbedürftigen Tatsachen kennt. Die Gesundheitsfragen können sich naturgemäß nur auf die dem Versicherungsnehmer bekannten Umstände beziehen. Ein Versicherungsnehmer kann immer nur zur Offenbarung der ihm bekannten Tatsachen verpflichtet sein. Dementsprechend verlangt § 16 Abs. 1 VVG auch nur die Angabe der dem Versicherungsnehmer bekannten Gefahrumstände. Behauptet nach alledem der Versicherungsnehmer substantiiert, er habe die aufklärungsbedürftigen Tatsachen nicht gekannt, so muss zunächst der Versicherer die Kenntnis des Versicherungsnehmer von diesen Tatsachen beweisen (OLG Hamm VersR 1994, 1333).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beweisaufnahme hat keine dahingehende Klärung gebracht, ob der Kläger von Untersuchungen seines Spermas im nachgefragten Zeitraum Kenntnis hatte. Daher kann von einer Falschbeantwortung der Frage Nr. 7 nicht ausgegangen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Kläger hat jedoch die Frage nach "Gesundheitsstörungen oder Beschwerden" unvollständig beantwortet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Senat nicht davon ausgehen, dass der Kläger die Diagnose Oligoasthenoteratozoospermie-Syndrom bzw. eine Umschreibung davon kannte. Nach der Lebenserfahrung wäre allerdings zu erwarten, dass die Eheleute während der Behandlung bei Frau Dr. T zumindest einmal über deren medizinische Beurteilung eine Unterredung geführt und dabei deren Diagnose, die auch im Vertrag vom 26.3.1998 niedergelegt ist, erfahren haben. Auch die Angaben der Zeugin Dr. T lassen vermuten, dass entsprechend deren üblicher Handhabung eine solche Unterrichtung stattgefunden hat. Letztlich sollte auch angenommen werden, dass bei der gegebenen Problemlage der Kläger den Vertrag vom 26.3.1998 einer genaueren Lektüre unterzogen hat. Mit hinreichender Sicherheit kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass angesichts einer Verkettung ungewöhnlicher Umstände es hierzu gleichwohl nicht gekommen ist. Damit ist aber eine Anzeigepflichtverletzung noch nicht ausgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Antragsfrage ist erkennbar auch auf die Angabe solcher körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen gerichtet, die nicht die Schwere oder Intensität einer Krankheit aufweisen, jedoch als deren Vorbote angesehen werden müssen oder - was hier einschlägig ist - Anlass für ärztliche Bemühungen geben. Die Frage erfasst demnach jede für den medizinischen Bereich nicht offenkundig belanglose oder alsbald vergehende (BGH VersR 1994, 1457) Beeinträchtigung. Zu den "Gesundheitsstörungen oder Beschwerden" rechnet daher auch die ungewollte Kinderlosigkeit, sofern deren Ursache ungeklärt und nicht allein beim Partner festzumachen ist. Von diesem Umstand hatte der Kläger auch zweifelsfrei Kenntnis. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei ihm jetzt oder auch im nachgefragten Zeitraum eine ausgeprägte Einschränkung der Spermienbildung (Oligoasthenoteratozoospermie-Syndrom = OAT-Syndrom) vorlag oder ob es sich, wie er nunmehr behauptet, um eine gemischte Störung handelt. Unerheblich ist ferner, ob dem Kläger die Diagnose OAT-Syndrom - wie in dem von ihm unterzeichneten Vertrag vom 26.03.1998 aufgeführt - bekannt war. Hinsichtlich der Anzeigepflicht kommt es auf die Kenntnisse des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss an; etwaigen ärztlichen Fehleinschätzungen über die Ursache kommt keine Bedeutung zu (BGH VersR 1994, 711), sofern sie nicht zu dem Schluss verleiten, die eigene körperliche Konstitution sei gar nicht betroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass dem Kläger bei Antragstellung zumindest bewusst war, dass seine Kinderlosigkeit ihre Ursache nicht allein in der körperlichen Verfassung seiner Ehefrau hatte. Die Zeugin F. hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass beide Eheleute davon ausgingen, dass sie in dieser Beziehung "nicht zu einander passten". Sie hat dabei auf die unter dem Mikroskop beobachtete Reaktion der Spermien auf den Kontakt mit ihrem Gebärmutterschleim verwiesen. Die Beweisaufnahme hat ferner nachhaltig belegt, dass die Untersuchungen der Ehefrau bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Befunde geliefert hatten, die allein die Kinderlosigkeit hätten erklären können. Demgemäss können solche Befunde dem Kläger auch nicht bekannt gewesen sein. Dem Kläger war ferner bekannt, dass die Kinderlosigkeit auch Gegenstand auf ihn gerichteter ärztlicher Bemühungen war. Das gilt schon hinsichtlich der Spermiogramme von Dr. W im Jahr 1996. Dabei spielt es keine Rolle, dass diese Untersuchungen vor dem nachgefragten Dreijahreszeitraum lagen. Entscheidend ist vielmehr, dass der die Untersuchung veranlassende Zustand der ungewollten Kinderlosigkeit auch nach dem 21.7.1997 - wie der Kläger wusste - andauerte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Gesundheitsfrage Nr. 6 ist auch insofern objektiv falsch beantwortet, als bei den Erläuterungen unter Nr. 16 die in den nachgefragten Zeitraum fallenden Versuche einer intrazytoplasmatischen Spermainjektion nicht angegeben wurden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, es habe sich dabei um Behandlungen seiner Ehefrau gehandelt, steht dies dem Nachweis seiner Kenntnis von dem nachgefragten Umstand nicht entgegen. Der Kläger ging - wie oben dargelegt - zumindest davon aus, dass die Kinderlosigkeit auf einer Unverträglichkeit der körperlichen oder seelischen Gegebenheiten zwischen beiden Ehepartnern beruhte. Ärztliche Maßnahmen, die darauf abzielten, die Wirkungen dieser Unverträglichkeit zu unterlaufen, sind ersichtlich auch beide Ehepartner betreffende Behandlungen. Dies war auch dem Kläger bewusst, der den Vertrag vom 26.5.1998 unterzeichnete und darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung anlässlich seiner Anhörung angegeben hat, bei seinen Besuchen in der Praxis Dr. T. habe nicht nur seine Ehefrau, sondern auch er seine Krankenversicherungskarte verwenden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der Kläger, der insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist (Senat VersR 1990, 1264; BGH VersR 1994, 1457), hat auch keine überzeugenden Umstände dargelegt und bewiesen, die den Rücktritt der Beklagten vom Versicherungsvertrag gem. § 16 Abs. 3 VVG wegen fehlenden Verschuldens ausschließen könnten. Vorsatz ist nicht erforderlich, es genügt auch leichte Fahrlässigkeit (Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. §§ 16, 17 Rdn. 34). Die Kinderlosigkeit spielte und spielt verständlicherweise eine gewichtige Rolle im Leben des Klägers und seiner Ehefrau. Auch die Bemühungen von Ärzten in diesem Zusammenhang waren nachhaltig. Die Versuche einer intrazytoplasmatischen Spermainjektion waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch noch nicht beendet. Die Erheblichkeit für die Frage des Krankenversicherungsschutzes lag wohl sogar auf der Hand. Selbst wenn der Kläger bei Antragstellung Zweifel gehegt hätte, ob es sich hier um mitzuteilende Umstände handelte, so hätte er diesbezüglich nachfragen müssen. Als unverschuldet kann sein Verschweigen deshalb nicht gewertet werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,670
|
olgstut-2003-07-09-4-ws-9503
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"id": 147,
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|
4 Ws 95/03
| 2003-07-09T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:26
| 2019-02-12T12:38:53
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 10. Februar 2003 wird als unbegründet verworfen.</p>
<p>Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerdeführerin wurde durch Urteil der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts H. wegen (heimtückischen und gemeinschaftlich begangenen) Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Revision hat der Bundesgerichtshof gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Anwaltsschriftsatz stellte die Beschwerdeführerin beim Landgericht He. einen Wiederaufnahmeantrag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Landgericht He. verwarf diesen Wiederaufnahmeantrag als unzulässig. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Verurteilten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die der Verurteilung zugrunde liegende Tat - die Tötung ihres damaligen Ehemanns - hatte nicht die Beschwerdeführerin selbst, sondern der Mitverurteilte H. ausgeführt, gegen den gleichfalls eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt wurde. Mit ihrem Wiederaufnahmeantrag stellt die Verurteilte nicht die Ausführung der Tat, also die heimtückische Begehungsweise, in Abrede; auch trägt sie keine Tatsachen und Beweismittel vor, aus denen sich ergibt, dass sie von der Art der Tatausführung nichts gewusst habe und ihr aus diesem Grunde das Handeln des Mittäters nicht zugerechnet werden könne (§ 25 Abs. 2 StGB). Vielmehr macht sie geltend, ihre Ehe sei für sie ein "Martyrium" gewesen. Deshalb hätte sie nur zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt werden dürfen. Sei es, dass lediglich ein Totschlag (§ 212 StGB) vorliege, sei es, dass außergewöhnliche schuldmindernde Umstände angenommen werden müssten, die es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten würden, von der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe abzusehen ...
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das nach §§ 372 S. 1, 311 Abs. 1 und 2 StPO zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Landgericht He. hat den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht als unzulässig verworfen (§ 368 Abs. 1 StPO). ...
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Auch unter der Annahme, dass die im Wiederaufnahmeantrag aufgeführten Aussagen der Zeugen erwiesen und diese als "außergewöhnliche Umstände" im Sinne der vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs entwickelten Rechtsprechung zur Heimtücke (BGHSt 30, 105 ff) bewertet würden, wäre das Oberlandesgericht aus Rechtsgründen gehindert, dem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
1. Zwar sind die zitierten Zeugen "neue Beweismittel" im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO. Insbesondere sind auch die Kinder bislang im Einvernehmen sämtlicher Verfahrensbeteiligter nicht als Zeuginnen gehört worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a) Dass die beiden Mädchen schon während der Hauptverhandlung als Beweismittel bekannt waren und zur Verfügung standen, vermag ihre rechtliche Qualität als "neue Beweismittel" nicht zu schmälern (vgl. dazu BGH NStZ 2000, 218; OLG Frankfurt MDR 1984, 74 = JR 1984, 40; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., 2003, § 359 Rn. 33).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Auch der Umstand, dass auf den Beweisantrag der Verurteilten die Kinderbetreuerin F. in der Hauptverhandlung als Zeugin über die ihr mitgeteilten Wahrnehmungen der zwei Mädchen gehört wurde, ändert hieran nichts.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
2. Nachträglich geltend gemachte "außergewöhnliche Umstände" im Sinne der genannten Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen sind jedoch kein "milderes Strafgesetz" gemäß § 359 Nr. 5, 2. Alt. StPO, sondern "dasselbe Strafgesetz" im Sinne des § 363 Abs. 1 StPO. Die Spezialvorschrift des § 359 Nr. 5, 2. Alt. StPO geht insoweit dem inhaltsgleichen § 363 Abs. 1 StPO als allgemeinem Unzulässigkeitsgrund für ein Wiederaufnahmeverfahren vor (LR-Gössel, StPO, 25. Aufl., 1998, § 359 Rn. 54 und 124; Meyer-Goßner a.a.O. § 363 Rn. 1). Der Gesetzgeber hat ausdrücklich eine Wiederaufnahme zum Zwecke einer Strafmaßänderung aufgrund desselben Strafgesetzes für unzulässig erklärt. ...
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Das Vorliegen des vom Landgericht H. festgestellten und vom Bundesgerichtshof als Revisionsgericht bestätigten Mordmerkmals der Heimtücke bei der Beschwerdeführerin wird weder durch den Wiederaufnahmeantrag noch durch das Beschwerdevorbringen entkräftet. Auch bei Annahme "außergewöhnlicher Umstände" bliebe es bei der Anwendung des Straftatbestandes des Mordes gemäß § 211 StGB. Für die Annahme eines Totschlags (§ 212 StGB) ist entgegen dem Vorbringen der Verurteilten kein Raum.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Große Senat für Strafsachen hat sich in der genannten Entscheidung nach der ihm durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 45, 187) eröffneten Wahlmöglichkeiten bewusst gegen die sogenannte Tatbestandslösung - einengende Korrektur des Tatbestandsmerkmals "heimtückisch" - ausgesprochen und stattdessen zur Verwirklichung des Verfassungsgebots der Verhältnismäßigkeit mit Hilfe der sogenannten Rechtsfolgenlösung die Rechtsfolgenseite des § 211 StGB ergänzt. § 213 StGB ist damit nicht anwendbar, da diese Bestimmung dem Tatbestand des Totschlags (§ 212 StGB) zugeordnet ist. Stattdessen ist die lebenslange Freiheitsstrafe unter Anwendung von § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB in eine zeitige Freiheitsstrafe umzuwandeln (BGH a.a.O. S.120).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Zwar steht § 363 Abs. 1 StPO einer Wiederaufnahme dann nicht entgegen, wenn ein benannter Strafmilderungsgrund geltend gemacht wird. Beispielsfälle hierfür sind §§ 23 Abs. 2, 27 Abs. 2 Satz 2, 21, 239 a Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB oder gesetzliche Bestimmungen wie §§ 23 Abs. 3, 113 Abs. 4, 157, 158 Abs. 1 StGB, die es dem Richter gestatten, die Strafe beim Vorliegen bestimmter tatsächlicher Umstände nach seinem Ermessen zu mildern, insbesondere den Strafrahmen des § 49 Abs. 2 StGB anzuwenden. Ein benannter Strafmilderungsgrund ist insofern als "milderes Strafgesetz" i.S.d. § 359 Nr. 5, 2. Alt. StPO und als ein anderes Strafgesetz i.S.d. § 363 Abs. 1 StPO anzuerkennen (BGH NJW 1952, 1150; BGH NJW 1968, 2206; LR-Gössel a.a.O. § 363 Rn. 10, Meyer-Goßner a.a.O. § 363 Rn. 4).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Ein unbenannter minder schwerer Fall stellt hingegen kein "anderes Strafgesetz" im Sinne der §§ 359 Nr. 5, 2. Alt., 363 Abs. 1 StPO dar. Die Wiederaufnahme mit dem Ziel, eine mildere Bestrafung durch Annahme eines minder schweren Falls zu erwirken, ist unzulässig (LR-Gössel a.a.O. § 359 Rn 147; Meyer-Goßner a.a.O. § 359 Rn. 41); gleichgültig ist, ob der Strafrahmen für den minder schweren Fall in demselben oder in einem anderen Paragraphen bestimmt ist (LR-Gössel a.a.O. § 363 Rn. 8).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Obgleich der Bundesgerichtshof § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Anwendung bringt, können die von ihm beispielhaft umschriebenen "außergewöhnlichen Umstände" einem benannten Strafmilderungsgrund nicht gleichgestellt werden. Dieser zeichnet sich durch im Gesetz tatbestandsähnlich umschriebene Merkmale aus, wie die oben aufgeführten Bestimmungen belegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Vielmehr bedürfen die von der Rechtsprechung geschaffenen "außergewöhnlichen Umstände" näherer Konkretisierung. Sie können erst aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung des Tatgeschehens und der zur Tat hinführenden Umstände angenommen werden (BGHR StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 2, 3 = NStZ 1995, 231). Dies ist typisch für unbenannte Strafmilderungsgründe, denen sie deshalb vergleichbar sind (ebenso OLG Bamberg NJW 1982, 1714). Eine abschließende Definition oder Aufzählung der in Fällen heimtückischer Tötung zur Verdrängung der absoluten Strafdrohung des § 211 Abs. 1 StGB führenden außergewöhnlichen Umstände ist nicht möglich, wie der Große Senat für Strafsachen in seinem Grundsatzbeschluss ausdrücklich betont hat (BGH a.a.O. S. 119). Lediglich exemplarisch führt der Bundesgerichtshof Konstellationen an, die "außergewöhnliche Umstände" begründen können:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
"Durch eine notstandsnahe, ausweglos erscheinende Situation motivierte, in großer Verzweiflung begangene, aus tiefem Mitleid oder aus 'gerechtem Zorn' (vgl. BGH MDR 1961, 1027) aufgrund einer schweren Provokation verübte Taten" oder solche, "die in einem vom Opfer verursachten und ständig neu angefachten, zermürbendem Konflikt oder in schweren Kränkungen des Täters durch das Opfer, die das Gemüt immer wieder heftig bewegen, ihren Grund haben".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die "außergewöhnlichen Umstände" wurden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dieser Entscheidung folgend nicht als abschließend eingestuft, sondern lediglich als beispielhafte Hinweise auf in Betracht kommende Fallgestaltungen (BGH NStZ 1982, 69; BGH NJW 1983, 54, 55). Insbesondere wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass der Tatrichter das Tatgeschehen und die zur Tat hinführenden Umstände umfassend zu würdigen und insbesondere auch zu prüfen hat, ob sich der Täter in einer nahezu ausweglosen Situation befand oder diese mitverschuldet hat (BGH NJW 1983, 54; BGH NStZ 1984, 20).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Im Hinblick auf diese im Rahmen der Strafzumessung durchzuführende Gesamtwürdigung handelt es sich bei den "außergewöhnlichen Umständen" lediglich um einen unbenannten Strafmilderungsgrund, der allenfalls einem minder schweren Fall - wie etwa § 211 Abs. 3 StGB a.F. - entspricht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., 2003, § 211 Rn. 22).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Selbst wenn man - entgegen der Rechtsprechung des Großen Senats für Strafsachen (BGH a.a.O. S. 120) und mit Teilen der Literatur (vgl. dazu SS-Eser, 26. Aufl. 2001, § 213 Rn. 3) - § 213 StGB nicht nur bei § 212 StGB, sondern auch bei § 211 StGB für anwendbar hielte, wäre eine Wiederaufnahme unzulässig, weil vorliegend kein benannter "provozierter" Totschlag (§ 213, 1. Alt. StGB) geltend gemacht wird, sondern lediglich ein unbenannter "sonst minder schwerer Fall" gemäß § 213, 2. Alt. StGB (LR-Gössel a.a.O., § 363 Rn. 11).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Allein aus dem Umstand, dass benannte Strafmilderungsgründe zur Herabsetzung des Strafrahmens nach § 49 Abs. 1 StGB führen und auch der Bundesgerichtshof bei Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" diese Bestimmung für anwendbar erklärt hat, folgt nicht, dass deshalb die Rechtsfolgen denen eines benannten minder schweren Falles entsprechen. Die Rechtsprechung musste an § 49 Abs. 1 StGB anknüpfen, weil mangels einer gesetzlichen Regelung des minder schweren Falls nur durch den Verweis auf diese rechtstechnische Vorschrift eine Herabsetzung des Strafrahmens ermöglicht werden konnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Das Oberlandesgericht Bamberg (NJW 1982, 1714) gelangt für den Fall nachträglich geltend gemachter "außergewöhnlicher Umstände" zum selben Resultat der Unzulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrags, wenn auch als Hilfserwägung § 363 Abs. 2 StPO analog herangezogen wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Frage, ob dem Wiederaufnahmeantrag, dessen Ziel darin besteht, unter Berufung auf die vom Großen Senat aufgestellten Grundsätze die verhängte lebenslange Freiheitsstrafe durch eine zeitige Freiheitsstrafe zu ersetzen, § 363 Abs. 2 StPO in entsprechender Anwendung entgegensteht (so insbesondere OLG Bamberg a.a.O.; ihm folgend Meyer-Goßner a.a.O. § 363 Rn. 6; KK-Schmidt, 4. Aufl., 1999, § 363 Rn. 12), kann deshalb offen bleiben. Nach dieser Bestimmung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu dem Zweck ausgeschlossen, eine Milderung der Strafe wegen verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 des Strafgesetzbuches) herbeizuführen. Für eine entsprechende Anwendung könnte die bereits in der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen angesprochene Nähe der "außergewöhnlichen Umstände" zu § 21 StGB sprechen, dagegen der Grundsatz eng auszulegender Ausnahmevorschriften.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Im Übrigen wäre ein Wiederaufnahmegesuch mit dem Ziel einer milderen Bestrafung - selbst für den Fall einer mit dem Wiederaufnahmebegehren nicht geltend gemachten erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Verurteilten - gemäß §§ 21, 49 StGB auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe nach § 363 Abs. 2 StPO unzulässig (OLG Düsseldorf JMBl. NW 1990, 46).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,671
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olgkarl-2003-07-09-6-u-6502
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"id": 146,
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6 U 65/02
| 2003-07-09T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:27
| 2019-02-12T12:38:53
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 19. April 2002 - 7 0 184/01 -  wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung eines Betrages von 500.000 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.</p>
<p/>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Künstlervertrages und den Umfang der ihnen aus diesem Vertrag wechselseitig erwachsenden Rechte und Pflichten. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Erteilung von Auskunft über die Verbreitung zahlreicher Musiktitel und auf die Annahme von Angeboten zum Abschluss von Verlagsverträgen hinsichtlich weiterer Musiktitel in Anspruch. Der Beklagte begehrt widerklagend von der Klägerin die Erstattung von Beträgen, die diese bei der Durchführung des Künstlervertrages zu Unrecht einbehalten habe. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen beider Parteien veranlasst eine Änderung oder Ergänzung dieser Feststellungen nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Abweisung der Widerklage weiter und begehrt ferner die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des von zum Ausgleich der im angefochtenen Urteil ausgeurteilten Widerklagesumme an den Beklagten geleisteten Betrages von 463.737, 38 EUR.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung, noch sind Tatsachen zugrunde zu legen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen. Mit eingehenden und überzeugenden Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der von den Parteien abgeschlossene Künstlervertrag vom 01.04.1998 gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist. Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsrechtszug, mit denen sie im wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, veranlassen keine vom Ergebnis des Landgerichts abweichende Beurteilung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Hierbei ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt. Dem steht es gleich, wenn sich jemand bewusst oder grob fahrlässig der Kenntnis erheblicher Tatsachen verschließt. Dadurch können gegenseitige Verträge, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliche Rechtsgeschäfte nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der objektiven und subjektiven Mittel als sittenwidrig erscheinen lässt. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, so kann dies den Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstands rechtfertigen. Diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Sittenwidrigkeit gegenseitiger Verträge aufgestellter Grundsätze hat das Landgericht ohne Rechtsfehler auf den in Rede stehenden Künstlervertrag der Parteien angewandt. Den Vorwurf der Klägerin, das Landgericht habe sein Urteil über die Sittenwidrigkeit dieses Vertrages nicht fällen dürfen, ohne zuvor ein Sachverständigengutachten über Sitten und Gebräuche in der Tonträgerindustrie und über die in dieser Industrie üblichen Verträge einzuholen, vermag der Senat nicht zu teilen. Auch wenn Verträge mit ähnlichem Inhalt wie der Künstlervertrag der Parteien zwischen unbekannten Newcomern und Produzenten in der Branche nicht ungewöhnlich sein sollten, ist in jedem Einzelfall das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nach objektiven Maßstäben zu prüfen und auf seine Vereinbarkeit mit den guten Sitten zu untersuchen. Dadurch, dass der Abschluss sittenwidriger Verträge in einer Branche üblich geworden sein mag, ändern sich die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Bewertungskriterien zur Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB nicht. Dem Landgericht kann auch nicht eine Missachtung des Prinzips der Privatautonomie vorgeworfen werden. Die Privatautonomie endet vielmehr dort, wo bei einem gegenseitigen Vertrag Leistung und Gegenleistung in einem derartigen Missverhältnis stehen, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gerechtfertigt erscheint.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Künstlervertrag die künstlerische Freiheit des Beklagten als ausübender Künstler weitestgehend zu Gunsten der Entscheidungsbefugnis der Klägerin beschränkt oder beschränken kann. Dem Beklagten ist weitestgehend die Entscheidungsbefugnis über Art, Dauer und Inhalt seiner künstlerischen Tätigkeit genommen. Die Vertragsbestimmungen, aus denen sich die Einschränkung der Betätigungsfreiheit des Beklagten ergibt, sind vom Landgericht zutreffend angeführt worden. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist auch der Senat der Überzeugung, dass - ungeachtet der Notwendigkeit einer Weisungsbefugnis des Produzenten in bestimmten Bereichen - der im Künstlervertrag der Parteien vorgesehene fast völlige Ausschluss jeglicher Mitspracherechte des Beklagten nicht geboten erscheint. Dahinstehen kann, ob diese Regelung für sich allein bereits die Sittenwidrigkeit des Künstlervertrages der Parteien begründet. In jedem Falle ist sie als wesentlicher Faktor in die gebotene Gesamtabwägung aller Umstände einzubeziehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Auch die vom Landgericht dargelegten Bedenken gegen die Vergütungs- und Abrechnungsregelung des Künstlervertrages teilt der Senat. Die eingehenden und überzeugenden Ausführungen des Landgerichts hierzu macht sich der Senat zu eigen und nimmt auf sie Bezug. Dass das Landgericht die entsprechenden vertraglichen Regelungen sachlich zutreffend wiedergegeben hat, stellt die Klägerin nicht in Frage. Die vertraglich vereinbarte Abrechnung und Vergütung ist für den Beklagten in hohem Maße ungünstig. Dahinstehen kann auch hier, ob aus dieser Regelung für sich allein die Sittenwidrigkeit des Künstlervertrages hergeleitet werden könnte. In jedem Falle ist der Vergütungsanspruch des Beklagten in die gebotene Würdigung der gesamten Umstände einzubeziehen und kann nicht als "noch so entfernt liegender Punkt" außer Betracht gelassen werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die vertraglich vereinbarte Laufzeitregelung der Klägerin eine nicht mehr hinnehmbare zeitliche Ausdehnung der Vertragslaufzeit ermöglicht. Auch insoweit macht sich der Senat die eingehenden und überzeugenden Ausführungen des Landgerichts zu eigen und nimmt auf sie Bezug. Der Klägerin stand die Möglichkeit offen, die Laufzeit des Vertrages nach Belieben bei Erfolg des Beklagten weit über 5 Jahre hinaus auszudehnen und den Beklagten so an sich zu binden, während sie sich andererseits bei Nichtausübung der Optionsmöglichkeit kurzfristig vom Vertrag lösen konnte, falls sich dieser als wirtschaftlich uninteressant erweisen sollte. Zu Recht hat das Landgericht in dem Zusammenwirken dieser Laufzeitregelung mit den weiteren den Beklagten stark einseitig belastenden Vertragsregelungen ein auffälliges, den Ausbeutungscharakter des gesamten Vertrages begründendes Missverhältnis zwischen Bindung und Erfolgsbeteiligung der beiden Parteien erblickt. Es hat zutreffend ausgeführt, dass die umfassenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse der Klägerin gegenüber dem Beklagten sowie die allenfalls an der untersten Grenze des Hinnehmbaren liegende Vergütungsregelung jeweils für sich genommen bei einem Neuling in der Musikbranche noch wirksam vereinbart werden können. Durch die Laufzeitregelung und die damit der Klägerin ermöglichte zeitliche Ausdehnung der für den Beklagten in hohem Maße ungünstigen Vertragsgestaltung wird die Grenze des für den Beklagten Zumutbarem  überschritten. Dieser Bewertung kann, wie das Landgericht im einzelnen dargelegt hat, nicht entgegengehalten werden, sie stelle unzulässig auf die Verhältnisse nach Vertragsschluss ab. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die einseitige Belastung des Beklagten durch Investitionen der Klägerin bzw. ihres Lizenznehmers in seine Karriere gerechtfertigt gewesen sei. Der Senat teilt die hierzu vom Landgericht angestellten Überlegungen. Gleiches gilt für die Ausführungen des Landgerichts zu dem für eine Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen subjektiven Moment. Nach alldem ist das Landgericht zu Recht von der Unwirksamkeit des von den Parteien abgeschlossenen Künstlervertrages vom 01.04.1998 ausgegangen und hat die Klage der Klägerin abgewiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Auch die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 409.999,43 EUR auf die Widerklage des Beklagten ist frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat zutreffend die Voraussetzungen eines Zahlungsanspruchs gem. §§ 681 Satz 2, 667 BGB geprüft und bejaht. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im angefochtenen Urteil Bezug. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung von Ziff. 3.2.1 des Künstlervertrages ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass die von der Klägerin behauptete mündliche Vereinbarung vom Herbst 1968 zwischen dem Beklagten und dem Geschäftsführer der Klägerin gem. § 34 GWB a.F. unwirksam gewesen wäre. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass es für die Anwendung des § 34 GWB a.F. nicht darauf ankommt, ob die Eingriffsvoraussetzungen des § 18 GWB vorliegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Nach alledem hat das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen eines Anspruchs des Beklagten gegen die Klägerin aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag bejaht. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Geschäftsführer, der aufgrund eines nichtigen Vertrages tätig wird, auch bei irrtümlicher Annahme der Wirksamkeit des Vertrages als Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln ist und damit nach § 681, 667 BGB zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verpflichtet ist. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitfall aus der Geschäftsführung die Gagen von den Veranstaltern erlangt hat. Auch die Berechnung der Höhe der von der Klägerin an den Beklagten zu erbringenden Zahlung ist frei von Rechtsfehlern. Die Klägerin war auch entgegen der von ihr vorgetragenen Rechtsauffassung nicht berechtigt, die Honorare an die Dr. K. GmbH und Herrn H. als Kosten vor Ausschüttung des Gewinns von den Einnahmen abzuziehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Nach alldem hat das Landgericht der Widerklage zu Recht im geschehenen Umfang entsprochen. Die Berufung der Klägerin hiergegen war zurückzuweisen. Ebenfalls zurückzuweisen war aus den dargelegten Gründen der Antrag der Klägerin auf Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des ihm vom Landgericht zugesprochenen und von der Klägerin zwischenzeitlich an ihn geleisteten Widerklagebetrages.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,662
|
olgstut-2003-07-08-1-u-10402
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
1 U 104/02
| 2003-07-08T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:21
| 2019-02-12T12:38:51
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Ravensburg vom 30. August 2002 ( 3 O 652/01 ) wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p>
<p>3. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p>Streitwert des Berufungsverfahrens: 230.084,35 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>A)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus behaupteten ärztlichen Behandlungsfehlern anlässlich ihrer Geburt am 19.11.1996 im Städtischen Krankenhaus W. geltend.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die am 9.3.1967 geborene Mutter der Klägerin gebar im Jahr 1988 ihr erstes Kind in der 38. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 2.920 gr. Die Geburt erfolgte wegen einer fetalen Bradykardie mittels Vakuumextraktion aus Beckenmitte. Die Mutter nahm bis zur Geburt von 65 auf 79,3 kg an Gewicht zu.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Am 2.4.1996 wurde die Schwangerschaft mit der Klägerin vom Gynäkologen Dr. Sa. festgestellt. Errechneter Geburtstermin sollte der 22.11.1996 sein. Im Mutterpass findet sich ab der 36. Schwangerschaftswoche die Eintragung „Ödeme ++“.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Eine letzte sonographische Geburtsgewichtsschätzung vom 23.10.1996 kam zu einem zu erwartenden Geburtsgewicht von rund 2.900 gr.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Am 19.11.1996 um 01.00 Uhr stellte sich die Mutter der Klägerin, die während der Schwangerschaft mit der Klägerin von 63,5 auf 84,6 kg bei einer Körpergröße von 167 cm zugenommen hatte, erstmals in der gynäkologischen belegärztlichen Abteilung des Städtischen Krankenhauses W. vor. Diese Abteilung wird von den Dres. W., H. und L. betrieben. Die Beklagte war von den Belegärzten zur Verrichtung des Stationsdienstes angestellt worden. Im Herbst 1996 war die Beklagte etwa ein Jahr lang im Bereich der Geburtshilfe tätig gewesen, davon ein halbes Jahr als Ärztin im Praktikum und ein weiteres halbes Jahr als Assistenzärztin. Die Leitung einer Geburt war ihr noch nicht übertragen worden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>In der Nacht wurde von 02.58 - 03.24 Uhr ein CTG geschrieben. Wehen traten alle 5-6 Minuten auf; der Muttermund war nach einem handschriftlichen Eintrag auf dem CTG 1-2 cm geöffnet, der Kopf der Klägerin noch leicht abschiebbar im Beckeneingang und die Fruchtblase noch erhalten. Die Mutter der Klägerin wurde noch einmal nach Hause geschickt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>An demselben Tag kurz vor 14.00 Uhr stellte sich die Mutter der Klägerin wieder vor und wurde von der zuständigen Hebamme, der früheren Beklagten Ziffer 2, die damals schon über 16 Jahre Berufserfahrung hatte, aufgenommen. Es wurden regelmäßige Wehen alle 5 Minuten und eine Muttermundsweite von 5 cm festgestellt. Das zunächst bis 14.35 Uhr geschriebene CTG ergab eine relative fetale Tachykardie ( 160-170/Min ) mit teilweise eingeschränkter Oszillation bei starken Kindsbewegungen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Um 15.10 Uhr benachrichtigte die Hebamme Herrn Dr. H. in dessen Praxis von der bevorstehenden Geburt. Ein weiteres, von 15.03 - 15.30 Uhr geschriebenes CTG ergab einen normofrequenten Befund mit guter Oszillation. Um 15.15 Uhr war der Muttermund auf 6-7 cm geweitet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Das ab 15.30 Uhr durchlaufende CTG ließ bis 16.13/16.14 Uhr eine fetale Herzschlagfrequenz von 130 Schlägen/Min. mit eingeschränkter, zum Teil silenter Oszillation bei guten bis starken Kindsbewegungen erkennen. Gegen 15.43/15.44 Uhr eröffnete die Hebamme die Fruchtblase; dabei ging reichlich klares Fruchtwasser ab. Zwischen 15.55 Uhr und 16.00 Uhr wurde durch die Beklagte, nach deren Darstellung auf Anweisung des Dr. H., ein Wehenunterstützungstropf mit 500 ml Glucose und 3 IE Orasthin angelegt. Im Partogramm ist hierzu als Grund „Wehenschwäche, sekundär“ vermerkt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Der CTG-Eintragung ist zu entnehmen, dass Dr. H. um 16.08 Uhr informiert wurde; das handschriftliche Protokoll der Hebamme nennt 16.10 Uhr als Zeitpunkt, zu dem Dr. H. gerufen wurde. Die Presswehen setzten gegen 16.10 Uhr ein. Unterstützt durch Kristellern der Beklagten Ziffer 1 wurde gemäß Geburtsbericht der Hebamme der Kopf der Klägerin um 16.14 Uhr geboren, nachdem die Hebamme zuvor einen Dammschnitt gelegt hatte. Die Herztöne waren bradykard. Bei der nächsten Presswehe erschien der Hebamme der kindliche Kopf „auf der Vulva aufgepresst“. Die Hebamme stellte die Diagnose einer „hohen Schulterdystokie“. Es wurde ein sogenanntes „McRoberts-Manöver“ durchgeführt, bei welchem die Beine der Gebärenden maximal gestreckt und gebeugt werden. Bereits die einmalige Durchführung dieses Manövers führte zur Entwicklung des kindlichen Körpers aus - so die Dokumentation der Hebamme - der II. Hinterhauptslage um 16.20 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt erschien auch Dr. H.. Die Klägerin wog 3.270 gr; sie wies Apgarwerte von 9/10/10 und einen Nabelschnur-pH-Wert von 7,26 auf.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die Klägerin erlitt bei der Geburt eine Plexusparese auf der rechten Seite, die sich trotz einer operativen Intervention im Jahre 1999 und ständiger krankengymnastischer Beübung nicht vollständig zurückgebildet hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Klägerin hat der Beklagten ( und der im ersten Rechtszug noch mit verklagten Hebamme ) vorgeworfen, das geburtshilfliche Procedere sei nicht im Sinne eines prospektiven Geburtsmanagements an die besondere Risikosituation angepasst worden. Für das Auftreten einer Schulterdystokie habe ein besonderes Risiko bestanden, weil bei der Entbindung des Bruders eine Vakuumextraktion erforderlich gewesen sei, weil die Mutter während der Schwangerschaft exzessiv zugenommen habe, die fetale Herzfrequenz durchweg eingeschränkt gewesen sei, und weil die Geburt wegen der Verabreichung eines wehenunterstützenden Medikaments und wegen der Kristellerhilfe überbeschleunigt worden sei. Über die damit vorliegende relative Indikation für einen Kaiserschnitt sei die Mutter nicht aufgeklärt worden. Die Hebamme habe nach Auftreten der Schulterdystokie ihre Kompetenz überschritten, indem sie die Geburtsleitung weiter beibehalten hat. Die Beklagte habe trotz der aufgetretenen Schulterdystokie weiter kristellert. Schließlich hat die Klägerin Dokumentationsmängel der Beklagten gesehen. Die Verletzungen der Klägerin seien auf die behaupteten Fehler zurückzuführen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schmerzensgeld (100.000,- DM), Ersatz des behinderungsbedingten Mehraufwands (149.000,- DM bis Ende April 2001 und monatliche Rente ab Mai 2001 in Höhe von 2.600,- DM) und Feststellung der Ersatzpflicht für materiellen und immateriellen Schaden gerichtete Klage nach Einholung eines von Dr. P. vorgelegten schriftlichen und mündlich erläuterten Sachverständigengutachtens abgewiesen, weil es Fehler jedenfalls der Beklagten bei der geburtshilflichen Betreuung der Mutter nicht als nachgewiesen erachtete.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die Klägerin vertieft mit ihrer Berufung die schon im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Vorwürfe und hält der Beklagten vor, sie habe die Geburtsleitung übernommen, obgleich sie dies wegen Überforderung angesichts ihrer geringen Berufserfahrung hätte ablehnen müssen. Den zuständigen Facharzt habe die Beklagte früher hinzuziehen müssen, weshalb der Klägerin die Grundsätze über eine Beweiserleichterung bei einer „Anfängeroperation“ zugute kommen müssten. Dies gelte auch deshalb, weil die Beklagte den Geburtsverlauf nicht selbst dokumentiert habe. Weil die Klägerin schließlich eine Schlüsselbeinfraktur davongetragen habe, sei dem ersten Anschein nach davon auszugehen, dass entweder unzulässig lang kristellert worden sei oder die Beklagte zugelassen habe, dass die Hebamme übereilt oder in unzulässigem Maß am Kopf der Klägerin gezogen habe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Die Klägerin beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="16"/>unter Abänderung des angefochtenen Urteils</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="17"/>1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird, mindestens jedoch 51.129,19 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 1.4.1999 zu zahlen;</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="18"/>2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren, derzeit nicht absehbaren immateriellen Folgeschaden zu ersetzen, der ihr durch die fehlerhafte Geburtsbetreuung vom 19.11.1996 entstanden ist und noch entstehen wird;</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="19"/>3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den im Zeitraum von 11/96 bis 04/01 entstandenen personellen und materiellen behinderungsbedingten Mehraufwand in Höhe von 76.182,49 EUR nebst 4 % Zinsen aus 42.948,52 EUR seit dem 1.4.1999 sowie 4 % Zinsen aus 33.233,97 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen;</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="20"/>4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine gemäß § 843 Abs. 2, Satz 1 BGB, 760 BGB drei Monate im Voraus zu zahlende monatliche Mehrbedarfsrente ab dem 1.5.2001 in Höhe von 1.329,36 EUR zu zahlen;</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="21"/>5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen über die Klaganträge zu 3) und 4) hinausgehenden kongruenten materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin noch entstehen wird, soweit diese Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder Sozialhilfeträger übergegangen sind bzw. übergehen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Beklagte beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="23"/>die Berufung zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Der Senat hat ein ergänzendes schriftliches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. F. am 24.2.2003 ( Blatt 317 ff ) vorlegte und im Senatstermin vom 8.7.2003 mündlich erläuterte ( vgl. Blatt 404 f. ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Wegen des übrigen Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungen, wegen der übrigen Feststellungen des Landgerichts auf das angefochtene Urteil ( Blatt 249 ff ) Bezug genommen.</td></tr></table>
<table><tr><td>B)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Das Landgericht hat die zulässige Klage gegen die im Berufungsrechtszug noch allein weiter in Anspruch genommene Beklagte zu Recht abgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Die Feststellungen des Senats beruhen auf den widerspruchsfreien, erkennbar von Sachkunde getragenen und daher überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. P. und Prof. Dr. F..</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>I. Die Berufung nimmt nicht zur Kenntnis, dass vom Landgericht schon festgestellt worden ist, dass die Beklagte nur die Hebamme (frühere Beklagte Ziffer 2) unterstützte, letztere aber von Anfang an die Geburtsleitung übernommen und immer behalten hat (vgl. die Äußerungen der damals noch beiden Beklagten im Termin vor dem Landgericht am 26.7.2001, Blatt 111 ff). Die Klägerin hat diese Erklärungen der Beklagten in der ersten Instanz und auch in der Berufungsbegründung nicht bestritten. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Die Rollenverteilung zwischen der erfahrenen Hebamme und der unerfahrenen Beklagten, die zuvor noch keine Geburt eigenständig geleitet hatte, entsprechend dieser eindeutigen Kompetenzverteilung war sachgerecht, zutreffend und angemessen. Die Beklagte sollte nicht Dr. H. vertreten, der mit Beginn der Presswehen herbeigerufen wurde, sondern bis zu dessen Erscheinen der Hebamme zur Hand gehen. Schon in der Entscheidung vom 15.7.1993 ( VersR 1994, 1114 ) ist der Senat davon ausgegangen, dass die Geburtsleitung von der Hebamme auch im Beisein eines Arztes übernommen werden kann, ihre Kompetenz allerdings da endet, wo sich wegen einer Schulterdystokie eine schwerwiegende Geburtskomplikation einstellt (vgl. dazu auch § 2 Satz 1-3 HebBO vom 25.11.1992, GBl. 1992, 774 ). Prof. F. hat in seinem GA vom 24.2.2003 die Aufgabenverteilung ebenfalls gebilligt ( GA S. 6, Blatt 322 und Seite 10, Blatt 326 ). Dass Dr. H. bei Eintritt der Komplikation noch nicht anwesend war, hat an der Aufgabenstellung für die Beklagte nichts geändert.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Erstmals mit Schriftsatz vom 3.6.2003 ( Blatt 382 ff ) trägt die Klägerin vor, dass die Beklagte von der Aufnahme der Mutter an im Kreißsaal zugegen gewesen sei und sich als die zuständige Ärztin vorgestellt habe. Erstmals wird in diesem Zusammenhang auch bestritten, dass einzelne Maßnahmen (z.B. Gabe von Wehenmitteln) mit Dr. H. abgesprochen gewesen seien.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Dass sich die Beklagte als „zuständige Ärztin“ vorstellte, kann unterstellt werden, weil sie tatsächlich von den Belegärzten als Stationsärztin angestellt worden war.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Das Bestreiten der Absprache einzelner Maßnahmen wie der Gabe wehenfördernder Mittel mit Dr. H. stellt ein neues Angriffsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO dar, das wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Ziffer 1 - 3 ZPO nicht zuzulassen ist. Im Übrigen rechtfertigt das Anlegen des Wehentropfes nicht die Annahme eines Fehlers der Beklagten (s.u. II. 2.). Den auf die Einvernahme der Zeugen Z. und Z. gerichteten Beweisanträgen ( Blatt 382 f ) ist daher nicht nachzugehen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Ansatzpunkte für (berechtigte) Fehlervorwürfe gegenüber der Beklagten ergeben sich demnach nur dann, wenn nachgewiesen wäre, dass für die Beklagte etwaige Fehler der Hebamme erkennbar wurden und sie daraufhin hätte handeln müssen ( vgl. unten II. ), oder wenn die Beklagte bei dem, was sie an unterstützenden Hilfemaßnahmen leistete, Fehler beging ( vgl. unten III. )</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>II. Eine Handlungspflicht der Beklagten, sei es in Form eines eigenen Eingreifens in den von der Hebamme betreuten Geburtsverlauf, sei es in Form einer frühzeitigeren Hinzuziehung des Facharztes Dr. H. wegen erkennbarer Risikofaktoren, hätte voraus gesetzt, dass der Hebamme nachweisbar Fehler unterlaufen wären, die für die Beklagte in deren Funktion als Helferin und „Auszubildende“ erkennbar waren.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Solche Fehler sind nach den gutachterlichen Äußerungen der Sachverständigen Dr. P. und von Prof. Dr. F. nicht festzustellen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass Fehler der Hebamme bei der eigenen Verrichtung oder dem erforderlichen Hinzuziehen des Facharztes der Gynäkologie wegen sich abzeichnender Risiken nicht nachgewiesen sind, so dass sich die Frage nach der Erkennbarkeit für die Beklagte nicht stellt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>1. Es lag keine Risikokonstellation vor, die ein frühzeitigeres Hinzuziehen des Facharztes erfordert hätte (vgl. GA Prof. F., Seite 6-10, Blatt 322 - 326, Seite 11, Blatt 327).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>a) Die Geburt des Bruders im Jahre 1988 mittels Vakuumextraktion „aus Beckenmitte“ stellte keinen Umstand dar, der bei der Geburt der Klägerin das Risiko einer Schulterdystokie nahe legte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Im ersten Gutachten vom 7.11.2001 hat Dr. P. zwar die „vaginal-operative Entbindung aus Beckenmitte“ als Risikofaktor benannt ( GA S.7 ). Auf die Darlegung des von der Klägerin beauftragten Privatsachverständigen Prof. Dr. J. in dessen Gutachten vom 17.12.2001 ( GA S. 19 ), wonach „in vielen neuen Veröffentlichungen gerade als besonderes Risiko auf die Entstehung einer Schulterdystokie bei Vakuumextraktion aus Beckenmitte hingewiesen werde“, hat Dr. P. im Ergänzungsgutachten vom 11.4.2002 ( S. 2 -5 ) aber erklärt, dass es sich bei einer „Vakuumextraktion aus Beckenmitte“ genau so wie bei einer verlängerten Austreibungsphase um subpartuale Risiken handelt. Bei der Klägerin war eine solche Situation aber unstreitig nicht gegeben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Soweit die Klägerin einen „Geburtsstillstand“ bei der Geburt ihres Bruders als Ursache für die Bradykardie vermutet, die dann die Vakuumextraktion erforderlich gemacht habe, haben weder Dr. P. noch Prof. F. ( GA S. 8, Blatt 324 ) hierfür einen Anhalt gesehen. Eine Gleichsetzung der Bradykardie bei der Geburt des Bruders der Klägerin mit einem Geburtsstillstand ist nach den Sachverständigen unzulässig (Prof. Dr. F., Protokoll vom 8.7.2003, Seite 3).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Selbst wenn aber von einem solchen Geburtsstillstand bei der Geburt im Jahre 1988 auszugehen wäre, fehlt es nach den überzeugenden Angaben des Dr. P. an einem Zusammenhang zwischen der damaligen Bradykardie des Bruders und den geburtsmechanischen Schwierigkeiten bei der Geburt der Klägerin ( vgl. Protokoll vom 31.7.2002, Seite 4, Blatt 241 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>b) Die massive Gewichtszunahme der Mutter der Klägerin hat auch der Privatsachverständige Prof. Dr. J. nicht als maßgebliches Problem für den Eintritt der Schulterdystokie gesehen. Im Gutachten vom 17.12.2001 hat Prof. Dr. J. hierauf keinen besonderen Wert gelegt und dazu ausgeführt, dass man „diesen Punkt zunächst lassen sollte“, „die Ursache ( für die Schulterdystokie) liege in einem anderen Bereich“ ( GA S. 15/16 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Die starke Gewichtszunahme hatte aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Ursache in einer Ödembildung vor allem in den Beinen der Mutter in den letzten Wochen der Schwangerschaft ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 8/9; GA vom 11.4.2002, Seite 8-11 ); die Gewichtszunahme hätte allenfalls bei einer Makrosomie der Klägerin ein besonderes Risiko dargestellt ( Protokoll vom 31.7.2002, Seite 5 ). Dem entsprechen auch die Ausführungen von Prof. F. ( GA S. 9-10, Blatt 325-326; Protokoll vom 8.7.2003, S. 3 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>c) Bildgebende Verfahren zur Feststellung der Lage der Klägerin waren nicht geboten, zumal das Problem der Schulterdystokie aus einer gestörten Rotationsbewegung des Kindes resultiert und die Klägerin nicht makrosom war ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 4/5 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Eine intrapartale Ultraschalluntersuchung war nicht indiziert ( GA Prof. F., Seite 6, Blatt 322 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>d) Es handelte sich entgegen der Vorstellung der Klägerin auch nicht um eine - weil die Mutter bereits in der Nacht vor der Geburt im Krankenhaus erschienen, aber wieder nach Hause geschickt worden ist - „protrahierte Geburt“ ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 17, Blatt 199 ). Die eigentliche Austreibungsperiode begann erst am Nachmittag des 19.11.1996. Auch Prof. F. hat keine protrahierte Geburt festgestellt, sondern einen schnellen Geburtsverlauf ( GA Seite 12, Blatt 328 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Nur bei einer protrahierten Austreibungsperiode und einem erschwerten Durchtreten des Kopfes (Geburtsstillstand in der Beckenmitte) könnte die angewandte „Kristellerhilfe“ als Risikofaktor für die Schulterdystokie zu werten sein ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 17, Blatt 199 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>2. Die Klägerin hat auch nicht den Beweis geführt, dass ein falsches Geburtsmanagement der Hebamme ( das die Beklagte hätte verhindern müssen ) zu dem Gesundheitsschaden der Klägerin geführt hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>a) Es kann nicht festgestellt werden, dass das „Kristellern“ falsch war (GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 15-20; GA vom 7.11.2001, Seite 10; GA Prof. Dr. F., Seite 13, Blatt 329), noch dass die Amniotomie und das Anlegen des Wehentropfes (der zwar nicht zwingend notwendig war, aber keinen Fehlervorwurf rechtfertigt, vgl. GA vom 7.11.2001, Seite 9/10) im vorliegenden Fall kontraindiziert waren (Protokoll vom 31.7.2002, Seite 7). Die Orasthinkonzentration war nicht zu hoch; der Mutter der Klägerin wurden lediglich 3 IE Orasthin in 500 ml Glucoselösung gegeben (GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 13 - 14).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>Das Anlegen des wehenfördernden Tropfes war vertretbar ( GA Prof. Dr. F., Seite 12, Blatt 328 ). Zudem besteht keine Verbindung zwischen der kurzzeitigen Gabe des Wehenmittels und dem Auftreten einer Schulterdystokie ( Prof. F. aaO ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="52"/>Weder die Gabe des wehenfördernden Mittels noch das Kristellern haben das Risiko für eine Schulterdystokie nachweislich erhöht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="53"/>b) Die Hebamme durfte die Aufnahmeuntersuchung selbständig durchführen (s.o.). Als die Beklagte hiervon erstmalig (wann auch immer) erfuhr, musste sie nicht allein deshalb zur Sicherstellung des Facharztstandards die sofortige Hinzuziehung von Dr. H. veranlassen. Dieser war als der zuständige Belegarzt zudem ab 15.10 Uhr insoweit in das Geschehen eingeschaltet, als er zu diesem Zeitpunkt schon von der Aufnahme der Mutter im Krankenhaus durch die Hebamme informiert worden war.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>c) Mangels nachweisbarer Fehler der Hebamme fehlt es somit an jedem Ansatz für eine Pflicht der Beklagten zum selbständigen Eingreifen, sei es auch nur durch frühzeitigere Hinzuziehung des Facharztes (GA Dr. P., Seite 24).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>III. Fehler der Beklagten bei den von ihr übernommenen Aufgaben und Verrichtungen während der Geburt können ebenfalls nicht festgestellt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="56"/>1. Das CTG, das zu überwachen die Beklagte mit übernommen hatte (vgl. Blatt 62), zeigte bis 16.10 Uhr keine gravierenden Veränderungen, die die Zuziehung eines Facharztes erforderlich gemacht hätten (GA vom 7.11.2001, Seite 9). Es handelte sich um ein normales CTG mit der Einschränkung, dass die Oszillationsamplitude eingeschränkt war, was mit der vorherigen Gabe von Schmerzmitteln zu erklären war (Protokoll vom 31.7.2002, Seite 4; GA Prof. Dr. F., Seite 12, Blatt 328, und Protokoll vom 8.7.2003, Seite 3).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>2. Dass die Beklagte zu lang kristellert hätte, kann der Dokumentation der Hebamme nicht entnommen werden ( GA Prof. F., Seite 13, Blatt 329 ). Danach hat diese erst um 16.19 Uhr die Schulterdystokie festgestellt. Dass danach noch die „Kristellerhilfe“ angewandt worden wäre, kann die Klägerin nicht beweisen, auch nicht mit dem Zeugnis ihres Vaters.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>Insoweit hat das Landgericht unter zutreffender Auswertung der Angaben der Mutter der Klägerin und deren Vater (vgl. Blatt 115 - 117) festgestellt (UG Seite 11, 2. Absatz), dass die Beklagte nach der Geburt des Kopfes der Klägerin von der Seite der Mutter gewichen und mit dem Drücken aufgehört hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/>3. Die eigenen Maßnahmen der Beklagten bei der Durchführung des McRoberts-Manövers waren ebenfalls nicht nachweisbar fehlerhaft. Dies gilt insbesondere für das behauptete Strecken und Beugen nur eines Beines der Mutter (vgl. GA Prof. F. Seite 13/14, Blatt 329/330). In der Verhandlung am 26.7.2001 hat die Hebamme angegeben (Blatt 112), sie habe das Manöver „nicht allein“ durchgeführt, weil sie die Hände ja am Köpfchen der Klägerin gehabt habe. Dem entspricht die Angabe der Beklagten, nur ein Bein bewegt zu haben (Blatt 113).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>Die Mutter der Klägerin hat dazu ausgeführt, dass ihr „die Füße angewinkelt worden seien“ (Blatt 115). Ein Fehler der Beklagten kann demnach nicht festgestellt werden; im Übrigen hat die Maßnahme unstreitig zum Lösen der Schulter geführt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>Dass die Mutter fälschlicherweise als Zeugin gehört worden ist (vgl. § 455 Abs. 1 ZPO; Thomas-Putzo, ZPO, 25. A., RN 6 vor § 373 ZPO), ist insoweit unschädlich, da ihre Angaben jedenfalls als Parteivortrag zu verwerten sind.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="62"/>3. Da die Geburtsleitung allein bei der Hebamme lag, hatte auch nur diese zu dokumentieren (vgl. § 5 HebBO und GA Prof. F., Seite 11, Blatt 327).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>4. Die Klägerin erhebt auch zu Unrecht den Vorwurf, jedenfalls nach Auftreten der Schulterdystokie habe die Beklagte als Ärztin die Pflicht gehabt einzugreifen. Sie hatte vielmehr, weil auch jetzt der Facharzt fehlte, der erfahreneren Hebamme den Vortritt und die notwendigen Maßnahmen am Köpfchen des Kindes zu überlassen ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 13; GA vom 11.4.2002, Seite 23; GA Prof. F., Seite 10, Blatt 326; vgl. auch die Schrift von u.a. Prof. Dr. Feige, Blatt 368 ).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="64"/>5. Die von jeder Hebamme und von jedem Arzt zu ergreifenden und zu beherrschenden allgemeinen Maßnahmen zur Überwindung einer Schulterdystokie, nämlich</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>Diagnosesicherung durch vorsichtigen Zug am Köpfchen,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="66"/>Alarmierung des Facharztes und des Anästhesisten,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>Abstellen vorheriger Kristellerhilfe und des Wehentropfes,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="68"/>gegebenenfalls Gabe eines wehenhemmenden Mittels,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="69"/>gegebenenfalls Erweiterung der Episiotomie und</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="70"/>Anwendung des McRoberts-Manövers</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="71"/>(vgl. GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 11/12 ), wurden - soweit erforderlich - ergriffen. Die Diagnose wurde mit der nächsten Wehe gestellt. Der Facharzt Dr. H. war bereits informiert.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="72"/>Das Abstellen des Wehentropfes und die Beendigung der Kristellerhilfe ergeben sich aus der Aussage des Vaters ( Blatt 114 und 117 ). Ein wehenhemmendes Mittel war nicht zwingend erforderlich ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 12 ). Die innere Manipulation, gegebenenfalls anästhesistisch unterstützt, um die Kooperation der Mutter zu verbessern, hätte zu den Maßnahmen gehört, die dem Facharzt vorbehalten sind ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 11/12 ). Sie wurde aber gar nicht notwendig, weil schon das erste McRoberts-Manöver der Hebamme mit der Hilfe der Beklagten zum Erfolg geführt hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="73"/>IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="74"/>Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO ).</td></tr></table>
</td></tr></table>
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15 O 496/02
| 2003-07-08T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:22
| 2019-01-17T11:56:50
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Das klagende Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>
<p>Streitwert: bis 17.000,-- Euro.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Das klagende Land macht gegen die Beklagte im Wege einer Leistungs- und Feststellungsklage Schadensersatzansprüche wegen nicht zuverlässig nachprüfbarer BSE-Schnelltests geltend.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Nach § 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE sind alle Rinder im Alter über 24 Monate im Rahmen der Fleischuntersuchung auf BSE zu untersuchen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Mit der Durchführung der Tests wurde u.a. die Beklagte beauftragt. Am 21. Dezember 2001 erhielt die Beklagte eine unbefristete Erlaubnis zur Durchführung von BSE-Schnelltests. Seit 11. Januar 2001 hatte sie befristete Genehmigungen erhalten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Beklagte verwendet dabei das sog. Prionentest-Verfahren.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Am 11. und 12. Februar 2002 wurden Kontrollen bei der Beklagten durchgeführt. Dabei nahmen Mitarbeiter des Regierungspräsidiums ... und des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes ..., Außenstelle ..., Einsicht in die dokumentierten Testergebnisse.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Am EDV-System der Beklagten wurde der "Autoscale" jeweils nicht aktiviert, so dass die gespeicherten Bilder (Rohdaten der Testergebnisse) außergewöhnlich hell waren.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Daraufhin wurde von den zuständigen Behörden u.a. bei der Großschlachterei ... GmbH das bei der Beklagten getestete Fleisch sichergestellt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Das klagende Land behauptet, aufgrund der Helligkeit der Bilder seien die Testergebnisse der Beklagten nicht auswertbar gewesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Es ist der Meinung, die Rückgriffslimitierung des Art. 34 Satz 2 GG greife nicht ein, da keine Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit nach außen vorliege und gegenüber der Beklagten keine Fürsorgepflicht bestehe wie bei Beamten und Angestellten des Staates. Deshalb könne bei dieser im Falle einer Inanspruchnahme durch Dritte Regress genommen werden. Im Übrigen habe die Beklagte grob fahrlässig gehandelt, als sie es unterließ, den "Autoscale" zu aktivieren.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Durch Beschluss vom 8. Juli 2003 wurde nach Prozesstrennung gemäß § 145 Abs. 1 ZPO die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 17 a Abs. 2 GVG insoweit festgestellt, als das klagende Land die Haftung der Beklagten für solche Schäden geltend macht, die dem Kläger oder den Landkreisen ... und ...-Kreis durch die behauptete fehlende Möglichkeit der Überprüfung der Testergebnisse beim Kläger unmittelbar selbst entstanden sind oder noch entstehen werden (Eigenschäden). Dieser abgetrennte Teil des Rechtsstreits wurde an das zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Unter Berücksichtigung dieses Beschlusses vom 8. Juli 2003 sind nunmehr noch folgende Klaganträge maßgebend:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>1. Die Beklagte wird verurteilt, das klagende Land von Schadensersatzforderungen der Firmen</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>a) ... GmbH & Co. KG in Höhe von 7.998,17 Euro</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>und</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>b) ... GmbH in Höhe von 1.217,33 Euro freizustellen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle Schäden zu ersetzen, die dem klagenden Land oder den Landkreisen ... oder ...-Kreis über den im Klagantrag Ziff. 1 genannten Betrag hinaus infolge der vorübergehenden Nichtauswertbarkeit der Testergebnisse der von der Beklagten im Zeitraum vom 24. Dezember 2001 bis zum 8. Februar 2002 durchgeführten in Anlagen K 1 a) und b) im Einzelnen aufgelisteten "BSE-Schnelltests" entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese Schäden auf die Inanspruchnahme durch Dritte zurückzuführen sind.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Die Beklagte beantragt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Klagabweisung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Beklagte behauptet, die Testergebnisse seien trotz der Helligkeit auswertbar gewesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Sie ist der Ansicht, die Rückgriffslimitierung des Art. 34 Satz 2 GG greife auch bei einem Verwaltungshelfer ein. Und Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit seien ihr nicht vorwerfbar.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 18. Februar 2003 (Bl. 77/79 d.A.) und vom 24. Juni 2003 verwiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Protokolls vom 24. Juni 2003.</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Gegenstand der Entscheidung sind nur noch die Schäden, die dem klagenden Land oder den im Klagantrag genannten Kreisen durch die Inanspruchnahme Dritter im Wege der Amtshaftung gegen das Land entstehen bzw. schon entstanden sind.</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Die Klage ist zulässig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Insbesondere ist der beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach Art. 34 Satz 3 GG eröffnet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 839 BGB ist anwendbar auf alle Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. Entscheidend ist dabei die öffentlich-rechtliche Funktionsausübung, die bei der Beklagten vorlag.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 121, 161 ff.) und der überwiegenden Ansicht in der Literatur (u.a. Ermann/Küchenhoff/Hecker, 19. Aufl., § 839 Rdn. 39) ist entscheidend für die Zuordnung des Handelns des Schädigers in den öffentlich-rechtlichen Funktionsbereich der hoheitliche Charakter der jeweils übernommenen Aufgabe, die Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe sowie der Grad der Einbindung des privaten Unternehmens in den behördlichen Pflichtenkreis. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der hoheitlichen Aufgabe, die die Behörde zu erfüllen hat, und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers sind, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die Beklagte hatte einen begrenzten Entscheidungsspielraum, da sie nur den vorgegebenen "BSE-Schnelltest" durchführen sollte und dabei auch besonders die Verpflichtungen aus dem Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21. Dezember 2001 zu beachten hatte. Weitere Entscheidungen, z.B. die Bewertung, ob das Fleisch beschlagnahmt wird, oblagen dagegen weiterhin der zuständigen Landesbehörde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Es lag eine Tätigkeit im Bereich der Eingriffsverwaltung vor, da im Falle der Feststellung einer BSE-Erkrankung eines Tieres das Fleisch beschlagnahmt wurde und damit ein Eingriff in die Eigentums- und Berufsfreiheit vorlag.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Mit diesem hoheitlichen Charakter der Aufgabe war die übertragene Tätigkeit eng verbunden, weil die Behörde aufgrund der Auswertung der vom Labor durchgeführten Tests entschied, ob die dargestellte Eingriffsmaßnahme durchgeführt wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Damit hat die Beklagte bei der Durchführung der BSE-Schnelltests zweifellos als "Beamter im haftungsrechtlichen Sinne" gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt, so dass gemäß Art. 34 Satz 3 GG der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist. Denn die Spezialzuweisung gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 34 Satz 3 GG nicht nur für den eigentlichen amtshaftungsrechtlichen Schadensersatzanspruch, sondern auch für den Rückgriff des Staates gegen den jeweiligen "Amtsträger" (Eyermann/Rennert, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl., § 40 Rdnr. 117; von Mangoldt/Danwitz, 4. Aufl., Art. 34 GG, Rdnr. 127).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich aus §§ 12, 17 ZPO, 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Es besteht auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des Feststellungsantrags. Derzeit ist eine genaue Bezifferung der Schadenshöhe nicht möglich, da es noch nicht absehbar ist, ob und in welchem Umfang das klagende Land durch Dritte im Wege der Amtshaftung in Anspruch genommen werden wird.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Klage ist jedoch unbegründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Es fehlt an dem nach Art. 34 Satz 2 GG für den Rückgriff erforderlichen groben Verschulden auf Seiten der Beklagten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Art. 34 Satz 2 GG ist bei Verträgen mit Verwaltungshelfern anwendbar und bewirkt dort unmittelbar eine Rückgriffsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (Ermann/Küchenhoff/Hecker, a.a.O., § 839 BGB Rdnr. 95).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Der Rechtsauffassung des klagenden Landes kann nicht gefolgt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Sinn und Zweck dieser Rückgriffsbeschränkung durch Art. 34 Satz 2 GG bestehen darin, die Entschlusskraft der handelnden Amtsperson zu sichern und damit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten (von Mangoldt/Danwitz, a.a.O., Art. 34 GG Rdnr. 125).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Dieses Ziel wird auch bei der Anwendung auf Verwaltungshelfer angestrebt, vor allem wenn - wie hier - eine Tätigkeit in einem grundrechtsrelevanten Bereich vorliegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Da Art. 34 GG allein an die wahrgenommene Funktion anknüpft, ist es die logische Folge, dass die Haftung nicht eintritt, wenn kein öffentliches Amt ausgeübt wird. Dabei handelt es sich nicht um willkürliche oder widersprüchliche Ergebnisse, sondern um vom Verfassungsgeber gewollte. Die Haftungsbeschränkung soll nur gelten, wenn öffentliche Gewalt ausgeübt wird, um den oben genannten Zweck zu erreichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Es kann auch keine Rolle spielen, dass die hoheitliche Tätigkeit nicht unmittelbar nach außen ausgeübt wird. Eine solche rein formale Betrachtung lässt unberücksichtigt, dass die Tätigkeit eine mittelbare Außenwirkung entfaltet. Denn die Testergebnisse sind die wesentliche Grundlage für die Entscheidungen der Behörde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Die Verneinung einer Fürsorgepflicht scheint ebenfalls nicht geboten, nachdem das klagende Land wegen der Kapazitätserschöpfung in den staatlichen Labors auf die privaten Institute angewiesen war und es deshalb nicht einzusehen ist, wieso diese im Gegensatz zu den staatlichen Labors mit einem hohen Haftungsrisiko belastet werden sollen (vgl. auch Urteil des LG Ravensburg vom 24. April 2003, AZ 5 O 165/2002).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Infolge des Eingreifens der Rückgriffsbeschränkung des Art. 34 Satz 2 GG zu Gunsten der Beklagten erfordert ihre Regresshaftung den Schuldvorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit, wobei entsprechend dem Vorbringen des klagenden Landes allenfalls grobe Fahrlässigkeit in Betracht kommen kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, der nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder der die einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen nicht anstellt. Es muss gerade dem Handelnden ein besonders schwerer Vorwurf gemacht werden können. Bei der groben Fahrlässigkeit ist damit auch eine subjektive Komponente zu beachten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten kann nicht bejaht werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Der Pflichtverstoß der Beklagten ist darin zu sehen, dass die Mitarbeiter des Labors während der Prüfung nicht daran dachten, den "Autoscale" einzuschalten. Dies muss einer Person aus dem betroffenen Verkehrskreis jedoch nicht auf jeden Fall einleuchten und ist auch keine naheliegende Überlegung, die "schlechterdings" nicht versäumt werden darf, so dass bereits der diesbezügliche Vortrag des klagenden Landes nicht als schlüssig angesehen werden kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Aber auch die überzeugende und in sich widerspruchsfreie Aussage des Zeugen ..., an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln aufgrund des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks für das Gericht keinerlei Anlass besteht, hat ergeben, dass er unter dem Zeitdruck und in der besonderen Stresssituation während der Überprüfungen "schlicht und einfach" vergessen habe, den "Autoscale" einzuschalten. Dies sei ihm auch deshalb nicht aufgefallen, weil die Bilddateien durchaus auswertbar gewesen seien, lediglich blasser. Der "Autoscale" sei einer von vielen Button, die jedes Mal aktiviert werden müssten, um die Testdarstellung zu optimieren. Im Übrigen seien nicht alle Bilddateien beanstandet worden und es habe auch beim Einschalten des "Autoscale" immer wieder Schwankungen hinsichtlich der Helligkeit der Bilder gegeben, so dass ihm sein Versehen nicht aufgefallen sei.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Bei der Bewertung des Grades des der Beklagten anzulastenden Schuldvorwurfs ist auch zu beachten, dass selbst die Mitarbeiter des klagenden Landes nicht an die Aktivierung des "Autoscale" dachten, obwohl sie nach eigenen Angaben vom Testhersteller in dem Prüfverfahren ausgebildet gewesen waren und einer von ihnen sogar Vorträge über dieses Testverfahren gehalten hatte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Damit kann von einer groben Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten nicht ausgegangen werden, so dass dem klagenden Land die Rückgriffsmöglichkeit gemäß Art. 34 Satz 2 GG verwehrt ist, ohne dass es aus den vorgenannten Rechtsgründen auf weitere Beweiserhebungen ankommt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 709 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Gegenstand der Entscheidung sind nur noch die Schäden, die dem klagenden Land oder den im Klagantrag genannten Kreisen durch die Inanspruchnahme Dritter im Wege der Amtshaftung gegen das Land entstehen bzw. schon entstanden sind.</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Die Klage ist zulässig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Insbesondere ist der beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach Art. 34 Satz 3 GG eröffnet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 839 BGB ist anwendbar auf alle Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. Entscheidend ist dabei die öffentlich-rechtliche Funktionsausübung, die bei der Beklagten vorlag.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 121, 161 ff.) und der überwiegenden Ansicht in der Literatur (u.a. Ermann/Küchenhoff/Hecker, 19. Aufl., § 839 Rdn. 39) ist entscheidend für die Zuordnung des Handelns des Schädigers in den öffentlich-rechtlichen Funktionsbereich der hoheitliche Charakter der jeweils übernommenen Aufgabe, die Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe sowie der Grad der Einbindung des privaten Unternehmens in den behördlichen Pflichtenkreis. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der hoheitlichen Aufgabe, die die Behörde zu erfüllen hat, und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers sind, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die Beklagte hatte einen begrenzten Entscheidungsspielraum, da sie nur den vorgegebenen "BSE-Schnelltest" durchführen sollte und dabei auch besonders die Verpflichtungen aus dem Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21. Dezember 2001 zu beachten hatte. Weitere Entscheidungen, z.B. die Bewertung, ob das Fleisch beschlagnahmt wird, oblagen dagegen weiterhin der zuständigen Landesbehörde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Es lag eine Tätigkeit im Bereich der Eingriffsverwaltung vor, da im Falle der Feststellung einer BSE-Erkrankung eines Tieres das Fleisch beschlagnahmt wurde und damit ein Eingriff in die Eigentums- und Berufsfreiheit vorlag.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Mit diesem hoheitlichen Charakter der Aufgabe war die übertragene Tätigkeit eng verbunden, weil die Behörde aufgrund der Auswertung der vom Labor durchgeführten Tests entschied, ob die dargestellte Eingriffsmaßnahme durchgeführt wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Damit hat die Beklagte bei der Durchführung der BSE-Schnelltests zweifellos als "Beamter im haftungsrechtlichen Sinne" gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt, so dass gemäß Art. 34 Satz 3 GG der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist. Denn die Spezialzuweisung gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 34 Satz 3 GG nicht nur für den eigentlichen amtshaftungsrechtlichen Schadensersatzanspruch, sondern auch für den Rückgriff des Staates gegen den jeweiligen "Amtsträger" (Eyermann/Rennert, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl., § 40 Rdnr. 117; von Mangoldt/Danwitz, 4. Aufl., Art. 34 GG, Rdnr. 127).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich aus §§ 12, 17 ZPO, 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Es besteht auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des Feststellungsantrags. Derzeit ist eine genaue Bezifferung der Schadenshöhe nicht möglich, da es noch nicht absehbar ist, ob und in welchem Umfang das klagende Land durch Dritte im Wege der Amtshaftung in Anspruch genommen werden wird.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Klage ist jedoch unbegründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Es fehlt an dem nach Art. 34 Satz 2 GG für den Rückgriff erforderlichen groben Verschulden auf Seiten der Beklagten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Art. 34 Satz 2 GG ist bei Verträgen mit Verwaltungshelfern anwendbar und bewirkt dort unmittelbar eine Rückgriffsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (Ermann/Küchenhoff/Hecker, a.a.O., § 839 BGB Rdnr. 95).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Der Rechtsauffassung des klagenden Landes kann nicht gefolgt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Sinn und Zweck dieser Rückgriffsbeschränkung durch Art. 34 Satz 2 GG bestehen darin, die Entschlusskraft der handelnden Amtsperson zu sichern und damit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten (von Mangoldt/Danwitz, a.a.O., Art. 34 GG Rdnr. 125).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Dieses Ziel wird auch bei der Anwendung auf Verwaltungshelfer angestrebt, vor allem wenn - wie hier - eine Tätigkeit in einem grundrechtsrelevanten Bereich vorliegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Da Art. 34 GG allein an die wahrgenommene Funktion anknüpft, ist es die logische Folge, dass die Haftung nicht eintritt, wenn kein öffentliches Amt ausgeübt wird. Dabei handelt es sich nicht um willkürliche oder widersprüchliche Ergebnisse, sondern um vom Verfassungsgeber gewollte. Die Haftungsbeschränkung soll nur gelten, wenn öffentliche Gewalt ausgeübt wird, um den oben genannten Zweck zu erreichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Es kann auch keine Rolle spielen, dass die hoheitliche Tätigkeit nicht unmittelbar nach außen ausgeübt wird. Eine solche rein formale Betrachtung lässt unberücksichtigt, dass die Tätigkeit eine mittelbare Außenwirkung entfaltet. Denn die Testergebnisse sind die wesentliche Grundlage für die Entscheidungen der Behörde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Die Verneinung einer Fürsorgepflicht scheint ebenfalls nicht geboten, nachdem das klagende Land wegen der Kapazitätserschöpfung in den staatlichen Labors auf die privaten Institute angewiesen war und es deshalb nicht einzusehen ist, wieso diese im Gegensatz zu den staatlichen Labors mit einem hohen Haftungsrisiko belastet werden sollen (vgl. auch Urteil des LG Ravensburg vom 24. April 2003, AZ 5 O 165/2002).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Infolge des Eingreifens der Rückgriffsbeschränkung des Art. 34 Satz 2 GG zu Gunsten der Beklagten erfordert ihre Regresshaftung den Schuldvorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit, wobei entsprechend dem Vorbringen des klagenden Landes allenfalls grobe Fahrlässigkeit in Betracht kommen kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, der nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder der die einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen nicht anstellt. Es muss gerade dem Handelnden ein besonders schwerer Vorwurf gemacht werden können. Bei der groben Fahrlässigkeit ist damit auch eine subjektive Komponente zu beachten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten kann nicht bejaht werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Der Pflichtverstoß der Beklagten ist darin zu sehen, dass die Mitarbeiter des Labors während der Prüfung nicht daran dachten, den "Autoscale" einzuschalten. Dies muss einer Person aus dem betroffenen Verkehrskreis jedoch nicht auf jeden Fall einleuchten und ist auch keine naheliegende Überlegung, die "schlechterdings" nicht versäumt werden darf, so dass bereits der diesbezügliche Vortrag des klagenden Landes nicht als schlüssig angesehen werden kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Aber auch die überzeugende und in sich widerspruchsfreie Aussage des Zeugen ..., an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln aufgrund des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks für das Gericht keinerlei Anlass besteht, hat ergeben, dass er unter dem Zeitdruck und in der besonderen Stresssituation während der Überprüfungen "schlicht und einfach" vergessen habe, den "Autoscale" einzuschalten. Dies sei ihm auch deshalb nicht aufgefallen, weil die Bilddateien durchaus auswertbar gewesen seien, lediglich blasser. Der "Autoscale" sei einer von vielen Button, die jedes Mal aktiviert werden müssten, um die Testdarstellung zu optimieren. Im Übrigen seien nicht alle Bilddateien beanstandet worden und es habe auch beim Einschalten des "Autoscale" immer wieder Schwankungen hinsichtlich der Helligkeit der Bilder gegeben, so dass ihm sein Versehen nicht aufgefallen sei.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Bei der Bewertung des Grades des der Beklagten anzulastenden Schuldvorwurfs ist auch zu beachten, dass selbst die Mitarbeiter des klagenden Landes nicht an die Aktivierung des "Autoscale" dachten, obwohl sie nach eigenen Angaben vom Testhersteller in dem Prüfverfahren ausgebildet gewesen waren und einer von ihnen sogar Vorträge über dieses Testverfahren gehalten hatte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Damit kann von einer groben Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten nicht ausgegangen werden, so dass dem klagenden Land die Rückgriffsmöglichkeit gemäß Art. 34 Satz 2 GG verwehrt ist, ohne dass es aus den vorgenannten Rechtsgründen auf weitere Beweiserhebungen ankommt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 709 ZPO.</td></tr></table>
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Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt, soweit das klagende Land die Feststellung der Haftung der Beklagten für die Schäden begehrt, die dem Kläger oder den Landkreisen .... und ....-Kreis infolge der vorübergehenden Nichtauswertbarkeit der Testergebnisse der von der Beklagten im Zeitraum vom 24. Dezember 2001 bis zum 8. Februar 2002 durchgeführten in Anlage K 1 a) und b) im Einzelnen aufgelisteten „BSE-Schnelltests“ unmittelbar selbst entstanden sind oder noch entstehen werden (Eigenschäden).</p>
<p>2. Insoweit wird das Verfahren gemäß § 145 Abs. 1 ZPO abgetrennt und an das  Verwaltungsgericht Stuttgart als örtlich und sachlich zuständiges Gericht des Verwaltungsrechtsweges nach § 17 a Abs. 2 GVG verwiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das klagende Land macht im Wege einer Leistungs- und Feststellungsklage Schadensersatzansprüche wegen nicht zuverlässig nachprüfbarer BSE-Schnelltests gegen die Beklagte geltend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. Aufgrund § 1 der Verordnung zur fleischhygienischen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE vom 1. Dezember 2000 sind alle Rinder über 24 Monaten auf BSE zu untersuchen. Nach § 1 Abs. 1 des Fleischhygienegesetzes handelt es sich dabei um eine amtliche Untersuchung, für deren Durchführung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes die untere Staatliche Verwaltungsbehörde zuständig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Ende des Jahres 2000 wurden infolge von Kapazitätserschöpfung bei den staatlichen Labors auch private Institute mit der Vornahme von BSE-Schnelltests beauftragt. Diese erhielten dafür eine Erlaubnis vom Land und hatten dabei bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, die in dem Bescheid an die Beklagte vom 21. Dezember 2001 des Regierungspräsidiums .... (Anl. K 2) näher konkretisiert sind. So ist u.a. in Nr. 3.3 des Bescheides festgelegt, dass zur Durchführung des Tests ein von der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen zugelassenes Testverfahren verlangt wird und dass die Verpflichtung besteht, die Tests nur nach den in Nr. 1 des Bescheids genannten Verfahrensanweisungen durchzuführen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Grundlage für die Verpflichtung der Beklagten zur entsprechenden Vornahme der Tests war ein zwischen den Parteien abgeschlossener Vertrag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Am 11. und 12. Februar 2002 wurden bei der Beklagten Kontrollen durchgeführt, bei denen die Validität der Testergebnisse überprüft werden sollte. Hierzu wurden die Bilddateien gesichtet und es stellte sich heraus, dass diese „blass“ waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Daraufhin beschlagnahmte das Land das Fleisch, das durch die Beklagte getestet worden war. Später stellte sich heraus, dass es ordnungsgemäß untersucht worden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Das Land begehrt nun zum einen die Freistellung von Schadensersatzansprüchen Dritter aus Amtspflichtverletzung, die von den betroffenen Schlachtbetrieben bereits angekündigt worden sind und zum anderen als Ersatz des ihm unmittelbar selbst entstandenen Eigenschadens die Kosten, die ihm durch die Rückverfolgung des bereits an die Schlachthöfe ausgelieferten Fleisches entstanden sind.
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table>
|
|
136,667
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{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
16 UF 170/03
| 2003-07-08T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:23
| 2019-02-12T12:38:52
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg - Familiengericht - vom 30.05.2003 dahingehend</p>
<p>
<strong>
<em>abgeändert,</em>
</strong>
</p>
<p>dass der Antragstellerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder K. und C. uneingeschränkt übertragen wird und Ziffer 2 des Beschlusses aufgehoben wird.</p>
<p>2. Für die Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses. Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.</p>
<p>3. Beschwerdewert: 1.500,00 EUR.</p>
<p>4. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R. in Ravensburg zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige (§ 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO) Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat hält eine Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Antragstellerin, das das Familiengericht zu Recht und unangefochten auf diese übertragen hat, zum Wohle der Kinder nicht für erforderlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Kinder haben sowohl gegenüber dem Sachbearbeiter des Kreisjugendamts als auch gegenüber dem Familienrichter, mit dem allerdings nur C. sprechen wollte, klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auch vorstellen können in Paris, wohin die Antragstellerin mit den Kindern umzuziehen beabsichtigt, zu leben. Größere Schwierigkeiten für die Kinder, mit denen ein Umzug nach Paris verbunden sein könnte, sind nicht zu erwarten, nachdem beide fließend französisch sprechen - die Antragstellerin unterhält sich mit den Kindern überwiegend auf französisch - und ihnen die Umgebung durch regelmäßige, teilweise auch längere Ferienaufenthalte bei der Familie der Mutter der Antragstellerin vertraut ist. Ein Umzug nach Paris dürfte für die Kinder daher mit weniger Eingewöhnungsschwierigkeiten verbunden sein als ein Wohnungswechsel von Ravensburg an einen anderen Ort im Großraum Oberschwaben/Boden-see/Württembergisches Allgäu, den das Familiengericht für hinnehmbar angesehen hat, wo die Kinder allerdings in eine völlig fremde Umgebung kommen würden. Der Senat verkennt nicht, dass der beabsichtigte Wohnungswechsel einen häufigen Umgang der Kinder mit dem Vater ausschließt. Andererseits kann der erforderliche Kontakt mit dem Vater durch regelmäßige Telefonate und längere Ferienaufenthalte aufrechterhalten werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 FGG, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO, wobei berücksichtigt wurde, dass die erstinstanzliche Entscheidung nur teilweise angefochten war. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
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|
136,668
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2 WF 110/03
| 2003-07-08T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:24
| 2019-02-12T12:38:52
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beschwerde des Beteiligten Prof. Dr. K. S. gegen die Verfügung des Amtsgerichts Schwetzingen - Familiengericht (2 F ...) vom 11.06.2003 wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>2. Der Beschwerdeführer trägt die im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.</p>
<p>3. Der Beschwerdewert wird auf 750,00 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Beschwerdeführer ist der Vater des am 16.09.1996 geborenen Kindes S. N., das bei der geschiedenen Ehefrau des Beschwerdeführers lebt. Auf deren Antrag wurde beim Amtsgericht - Familiengericht - Schwetzingen ein Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge für das Kind S. N. eingeleitet. Mit Verfügung vom 11.06.2003 wurde Termin zur Anhörung des Kindes bestimmt. Gegen diese Terminsverfügung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 19.06.2003. Der Beschwerdeführer trägt vor, seine sechsjährige Tochter könne aufgrund ihres Alters keine entscheidenden Angaben zur Sache machen. Darüber hinaus sei sie durch ihre Mutter beeinflusst. Im Übrigen befürchte er durch eine Anhörung des Kindes negative Auswirkungen auf dessen Entwicklung.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beschwerde ist unzulässig. Bei der angefochtenen Verfügung des Familiengerichts handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zwischenverfügungen sind grundsätzlich nicht gem. § 19 FGG anfechtbar (Keidel/Kuntze/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15.Aufl., § 19 Rdnr. 2, 9 m.w.N.). Ausnahmsweise kann eine Zwischenverfügung mit der Beschwerde angefochten werden, wenn sie bereits in die Rechte der Beteiligten eingreift (Keidel/Kuntze/Kahl a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Verpflichtung des Familiengerichtes zur Anhörung gemäß § 50b FGG betrifft nur das Kind. Der Beschwerdeführer hat weder das Recht, noch die Pflicht bei der Anhörung anwesend zu sein. Ihm ist lediglich das Ergebnis der Anhörung bekannt zu geben. Die Anordnung der persönlichen Anhörung des Kindes greift deshalb nicht unmittelbar in die Rechte des Beschwerdeführers ein (Keidel/Kuntze/Engelhardt, § 50b Rdnr. 28)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 13a FGG, 131 Abs. 2, 30 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 KostO. Da nur eine Zwischenverfügung angefochten wurde, war nur ein Bruchteil (1/4) des entsprechenden Hauptsachewertes als Beschwerdewert festzusetzen. Dem Beschwerdeführer waren gem. § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG die durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten aufzuerlegen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,661
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"id": 35,
"name": "Amtsgericht Emmendingen",
"slug": "ag-emmendingen",
"city": 27,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
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|
7 C 247/02
| 2003-07-07T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:20
| 2019-01-17T11:56:49
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Die Erinnerung der Kläger vom 13.05.2003 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Emmendingen vom 24.04.2003 wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die von den Klägern eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 11 RpflG umzudeuten in eine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.04.2003.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet. Angefochten ist der Kostenfestsetzungsbeschluß insoweit, als die geltend gemachten Kopierkosten nebst MwSt (10,44 EUR) abgesetzt wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die geltend gemachten Kopierkosten sind nicht erstattungsfähig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Durch Beschluß vom 26.03.2003 wurden die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt. Die Kläger als obsiegende Partei können von den Gegnern die Erstattung der ihr erwachsenen Kosten verlangen. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist aber, daß die obsiegende Partei einen entsprechenden Erstattungsanspruch ihres Prozeßbevollmächtigten ausgesetzt ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hinsichtlich der im Erinnerungsverfahren noch in Rede stehenden Auslagen für Fotokopien. Denn die Prozeßbevollmächtigte der Kläger hat keinen Anspruch gegen ihre Auftraggeber auf Erstattung der Kosten für die Anfertigung von Fotokopien.Ob ein Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten einen Anspruch auf Ersatz der Auslagen für Fotokopien hat, bestimmt sich nach § 27 Abs. 1 BRAGO. Danach hat der Rechtsanwalt Anspruch auf Ersatz der Schreibauslagen für Abschriften und Ablichtungen nur unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen. Ist keiner der dort aufgeführten Tatbestände erfüllt, fallen die Kosten für die Herstellung von Fotokopien nach § 25 Abs. 1, 3 BRAGO unter die allgemeinen Geschäftskosten, die mit den Gebühren, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit erhält, abgegolten sind (vgl. BGH, Beschluß vom 05.12.2002, Rpfleger 2003, 215).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Vorliegend ist keiner der Tatbestände des § 27 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BRAGO erfüllt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Insbesondere liegt kein Fall des § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO vor. Unter Berücksichtigung des Wortlauts dieser Bestimmung, wonach "im Übrigen nur" die Auslagen für solche Abschriften und Ablichtungen ersatzpflichtig sein sollen, die "zusätzlich" angefertigt worden sind, sowie im Hinblick auf die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO getroffene Regelung können Abschriften und Ablichtungen für die Unterrichtung von weniger Verfahrensbeteiligten als in § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erwähnt, nicht als gesondert vergütungsfähig angesehen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Nicht zusätzlich angefertigt und damit nicht gesondert zu honorieren sind in diesem Rahmen solche Abschriften und Ablichtungen, die zu üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts gehören.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Bei allen beim Gericht einzureichenden Abschriften von Schriftsätzen und deren Anlagen handelt es sich danach um allgemeines und übliches Schreibwerk, das - vorbehaltlich der in § 27 Abs. 1 Nr. 2 geregelten Ausnahme grds. durch die Prozeßgebühr abgegolten ist (vgl. zuletzt BGH, Beschluß vom 05.12.2002, Rechtspfleger 2003, Seite 215 f. mit weiteren Nachweisen). Nach diesen Grundsätzen schulden die Kläger ihrer Prozeßbevollmächtigten keinen Ersatz der Kosten für die Fotokopien, die diese als Anlagen zu ihren eigenen Schriftsätzen gefertigt und bei Gericht eingereicht hat. Sie zählen zu den gemäß § 25 Abs. 1 BRAGO abgegoltenen allgemeinen Geschäftskosten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Auch die von der Prozeßbevollmächtigten der Kläger zu ihrer eigenen Handakte gefertigten Fotokopien sind mit den allgemeinen Geschäftskosten abgegolten und daher nicht gesondert zu vergüten. Die für die Handakten gefertigten Ablichtungen von eigenen Schriftsätzen gehören zur üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1996, 382).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die von der Prozeßbevollmächtigten der Kläger zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 04.03.2002 erging zeitlich vor dem Beschluß des BGH vom 05.12.2002. Die von den Klägern vorgelegte Entscheidung des Amtsgerichts Freiburg vom 25.04.2003 setzt sich mit der Rechtsprechung des BGH nicht auseinander. Ob das Landgericht Freiburg die Entscheidung des BGH beachtet, ist nicht dargelegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Erinnerung war daher als unbegründet zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Gemäß § 11 Abs. 4 Rechtspflegergesetz ist das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,658
|
olgkarl-2003-07-04-2-wf-8803
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|
2 WF 88/03
| 2003-07-04T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:17
| 2019-02-12T12:38:51
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die Untätigkeitsbeschwerde des Antragstellers gegen Direktor des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach K. wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Im vorliegenden, durch einen Antrag des Antragstellers vom 25.07.2001 eingeleiteten, inzwischen (Verfügung des Amtsgerichts vom 15.11.2002) vom Scheidungsverfahren abgetrennten Verfahren wegen Aufenthaltsbestimmungs- bzw. Sorgerechts für die am 15.04.1997 geborene Tochter L. erhebt der Antragsteller mit einem am 23.05.2003 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schreiben den außerordentlichen Rechtsbehelf der Untätigkeitsbeschwerde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Er stellt den Antrag, gegenüber dem zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach "wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung anzuordnen ... bis zum 05.06.2003 eine rechtsmittelfähige Sachentscheidung zu treffen."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Verfahrensgestaltung des erstinstanzlichen Richter verstoße gegen seine Grundrechte aus Artikel 2 Abs. 1, Artikel 6 Abs. 1, Artikel 20 Abs. 1, Abs. 3 Grundgesetz, insbesondere gegen den Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung und effektiver Rechtschutzgewährung. Der erstinstanzliche Richter betreibe das Hauptsacheverfahren in einer Weise, die seine vorläufige Entscheidung vom 20.08.2001 (Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für L auf die Mutter) faktisch zu einer endgültigen werden lasse. Dies geschehe in der Form, dass der Richter in Kenntnis des Fakten schaffenden Zeitfaktors das Hauptsachverfahren immer nur auf massiven Druck fördere. Hierdurch sei immer mehr der Eindruck entstanden, dass der Familienrichter auf diesem Weg seine im vorläufigen Verfahren getroffene Entscheidung bestätigen und die "im Hauptsacheverfahren seit langem innerlich getroffene Entscheidung durch "den Eintritt faktischer Zwangspunkte im Falle einer förmlichen Hauptsachenentscheidung für das Rechtsmittelgericht ungreifbar werden lassen solle."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der bisherige Verfahrensverlauf enthält - zusammengefasst - folgende Chronologie:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nachdem am 26.07.2001 sowohl der Antrag des Beschwerdeführers, ihm im Hauptverfahren das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter L zu übertragen wie der, eine entsprechende einstweilige Anordnung zu erlassen, bei dem Familiengericht eingegangen war, hörte dies am 14.08.2001 die Antragsgegnerin (und L) und am 15.08.2001 den Antragsteller (und L) an. Mit Beschluss vom 20.08.2001 wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege der einstweiligen Anordnung bis auf weiteres der Mutter (Antragsgegnerin) übertragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Nachdem der Antragsteller gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt hatte, fand am 15.11.2001 vor dem Senat eine mündliche Verhandlung statt. In dieser vereinbarten die Parteien, dass L bis zur Entscheidung in der Hauptsache ihren Aufenthalt bei der Mutter haben solle und regelten weiter einvernehmlich das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit Verfügung vom 30.11.2001 bestellte das Familiengericht für L. eine Verfahrenspflegerin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Mit weiterer Verfügung vom 24.01.2002 bestimmte das Familiengericht (in der Hauptsache) Termin zur mündlichen Verhandlung und zur Anhörung der Eltern auf den 28.02.2002. Dieser wurde wegen Verhinderung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auf den 07.03.2002 und erneut (wegen Verhinderung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin) auf den 14.03.2002 verlegt. In dieser Verhandlung wurden die Eltern und der Sachbearbeiter des zuständigen Jugendamts angehört und die Erzieherin des von Laura besuchten Kindergartens als Zeugin vernommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Zwischenzeitlich - mit am 07.03.2002 beim Familiengericht eingegangenem Antrag begehrte der Antragsteller - in Abänderung der einstweiligen Anordnung des Familiengerichts vom 20.08.2001 - ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für L. zu übertragen. Danach - am 09.03.2002 stellt die Verfahrenspflegerin beim Familiengericht den Antrag - eine vorläufige Regelung über das Aufenthalts-bestimmungsrecht für L. zu treffen. Beide Anträge lehnte das Familiengericht mit seiner Entscheidung vom 06.05.2002 ab. Die vom Antragsteller gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde wurde durch Senatsbeschluss vom 04.07.2002 als unzulässig verworfen (2 WF 63/02).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
In der Hauptsache verfügte der Familienrichter am 06.05.2002, dass L erneut richterlich anzuhören sei und bestimmte Anhörungstermin auf den 06.06.2002. An diesem Tag hörte der Familienrichter Laura in der Wohnung der Mutter an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Mit Verfügung vom 24.06.2002 ordnete das Familiengericht zur Klärung der Frage, welche Regelung zur elterlichen Sorge für das Kind L am besten dessen Wohl entspreche, die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens und weiter an, dass der Sachverständige nach Rückkunft der Akten vom Senat (die sich wegen des erwähnten und eines weiteren Beschwerdeverfahrens wegen Prozesskostenvorschusses dort befanden) von Amts wegen zu bestimmen sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 29.06.2002 den Familienrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, erging nach Abgabe einer dienstlichen Stellungnahme vom 15.07.2002 ein Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 29.07.2002 (durch Richter am Amtsgericht X), mit dem der Ablehnungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen wurde. Mit Verfügung vom 19.08.2002 beauftragte der zuständige Familienrichter den Sachverständigen Prof. Dr. B mit der Erstattung des gemäß Verfügung vom 24.06.2002 angeordneten Sachverständigengutachtens. Dieser bestätigte mit Schreiben vom 24.08.2002 an das Familiengericht den Eingang des Gutachtenauftrags und teilte mit, er werde sich sobald wie möglich mit den Parteien zwecks Terminsvereinbarung in Verbindung setzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Mit Verfügung des Familienrichters vom 25.10.2002 wurde der Sachverständige gebeten, dem Gericht die Verfahrensakten kurzfristig zurückzugeben, da über weitere Anträge zu entscheiden sei (unter anderem wurde vom Antragsteller am 16.09.2002 daran erinnert, dass er beantragt habe, das vorliegende, bisher noch im Verbund mit dem Ehescheidungsverfahren geführte Verfahren von diesem abzutrennen und als isoliertes Verfahren fortzuführen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Nachdem die Verfahrensakten am 12.11.2002 beim Amtsgericht eingegangen waren, verfügte der Familienrichter am 15.11.2002 die Abtrennung und isolierte Fortführung des Sorgerechtsverfahrens.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Mit Verfügung vom 21.11.2002 gab das Familiengericht die Verfahrensakte (Hauptsachverfahren) dem Sachverständigen zurück und bat ihn um Vorlage eines schriftlichen Gutachtens bis Ende Februar 2003.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Im nach wie vor anhängigen Verfahren wegen einstweiliger Anordnung stellte der Antragsteller mit Schreiben vom 09.03.2003 erneut den Antrag, die einstweilige Anordnung vom 20.08.2001 abzuändern und ihm selbst das Aufenthaltsbestimmungsrecht für L. zu übertragen. Gleichzeitig lehnte er den zuständigen Richter (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Mit Beschluss des Familiengerichts vom 02.05.2003 wurde der Abänderungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Entsprechend einem vom Beschwerdeführer am 08.05.2003 gestellten Antrag fand im Verfahren der einstweiligen Anordnung am 28.05.2003 eine mündliche Verhandlung statt, nach der das Familiengericht mit Beschluss vom selben Tag seine Entscheidung vom 02.05.2003 aufrechterhielt. Gegen die Entscheidung vom 28.05.2003 legte der Antragsteller am 06.06.2003 beim Senat Rechtsmittel ein (2 WF 101/03). Sein Ablehnungsgesuch vom 09.03.2003 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 24.04.2003 zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
In der Hauptsache ging beim Amtsgericht am 16.04.2003 das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B ein. Mit Verfügung vom 02.05.2003 gab das Familiengericht den Beteiligten Gelegenheit, sich spätestens bis zum 19.05.2003 zum Gutachten zu äußern. Mit am 06.05.2003 beim Amtsgericht eingegangenem Schreiben vom 03.05.2003 begehrt der Antragsteller "nach wie vor" unverzüglich eine gerichtliche Entscheidung, insbesondere im Verfahren der einstweiligen Anordnung des Inhalts, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für L auf sich zu übertragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Im Hauptsacheverfahren stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.05.2003 den Antrag den Sachverständigen (mündlich) anzuhören.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Am 23.05.2003 verfügte der Familienrichter, der Antragsteller wolle mitteilen, welche Fragen an den Sachverständigen zu Erläuterung des Gutachtens gestellt werden sollen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Am 05.06.2003 verfügte das Familiengericht, dass der Sachverständige auf Antrag des Beschwerdeführers sein Gutachten mündlichen zu erläutern habe und bestimmte hierzu Termin auf den 14.07.2003, 14.00 Uhr.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass wegen einer vom Beschwerdeführer inzwischen gegen den zuständigen Familienrichter erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde die Akten des vorliegenden (Hauptsache-) Verfahrens (mit Ausnahme der Akte 2 F 377/02 EA I) auf dessen Aufforderung hin dem Präsidenten des Landgerichts übersandt wurden.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die so bezeichnete Untätigkeitsbeschwerde des Antragstellers ist in entsprechender Anwendung von § 567 ZPO zulässig, denn er rügt eine greifbare Gesetzesverletzung. Insoweit hat sich der Senat (Beschluss vom 04.09.2001 2 WF 176/01) der Auffassung angeschlossen, dass in Fällen unzumutbarer Verzögerung der Entscheidung durch das angegangene Gericht die Beschwerde gegeben ist, sofern der Rechtszug gegen die ergangene Entscheidung, deren Erlass unzumutbar hinausgezögert wird, eröffnet wäre (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rn. 21 b; Baumbach/Albers, ZPO, 61. Aufl., § 567 Rn. 5).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die danach statthafte Beschwerde des Antragstellers ist jedoch unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
1. Grundsätzlich sind strittige Rechtsverhältnisse aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Artikel 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 Grundgesetz, Artikel 6 Abs. 1 EMRKH) frei von Willkür in angemessener Zeit zu klären, damit effektiver Rechtsschutz gewährleistet ist. Wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung letztlich verhindernden Verfahrensdauer auszugehen ist, hängt von einer Abwägung im Einzelfall ab. Dabei kommt es in erster Linie auf das Gewicht bzw. die Sensibilität des Verfahrens bzw. der erstrebten Regelung an. So kann eine überlange Verfahrensdauer in Streitigkeiten um das Sorge- und Umgangsrecht sehr viel eher die Schlussfolgerung einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips rechtfertigen, da sich dieser Bereich der familienrechtlichen Auseinandersetzungen naturgemäß am aktuellen, stetig im Fluss befindlichen Sachverhalt orientiert, während sonst gerichtliche Entscheidungen zumeist für die Vergangenheit wirken bzw. an bereits abgeschlossene Sachverhalte anknüpfen (vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht FamRZ 2001, 753; NJW 1997, 2811; Senat a.A. O. m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Abgesehen davon, dass eine solche Beschwerde voraussetzt, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, den Parteien unzumutbare Verzögerung dargetan wird, darf die Eröffnung der Untätigkeitsbeschwerde nicht zu einer kleinlichen Aufsicht des Beschwerdegerichts über die Verfahrensgestaltung der Vorinstanzen werden (Zöller/Gummer, a.A. O.). Insbesondere ist zu beachten, dass es letztlich der Entscheidung des zuständigen Richters obliegt, welche konkrete Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt er tatsächlich ergreift (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.05.1997, FamRZ 1997, 871, 873).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
2. Gemessen an diesen Grundsätzen kann in dem Vorgehen des Familiengerichts, insbesondere in seinen angeordneten Maßnahmen zur Sachaufklärung in dem vorliegenden komplexen Fall weder angenommen werden, dass die Verfahrensdauer des Hauptsacheverfahrens nicht mehr angemessen ist, noch dass die Ermittlungen des für die Sachentscheidung wesentlichen Sachverhalts, die im pflichtgemäßen Ermessen des Familienrichters stehen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.05.1997 a.A. O.), nicht mehr der Gewährung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes des Beschwerdeführers gleichkommt. Ihm ist zwar zuzugeben, dass der Umstand allein, dass das Amtsgericht nicht untätig geblieben ist, wovon nach der dargestellten Chronologie des bisherigen Verfahrensablaufs wahrlich nicht die Rede sein kann, noch nicht die Feststellung rechtfertigt, der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes sei nicht verletzt. Andererseits findet seine, aus seiner subjektiven Sicht gewonnene Ausnahme, die Verfahrensweise des Familiengerichts nehme ihm durch das Unterlassen einer formellen und begründeten Entscheidung die Möglichkeit, diese mit der Beschwerde nach § 621 e ZPO anzufechten und damit ihre Überprüfung in der nächsten Instanz zu ermöglichen, in dem Verfahrensablauf des Familiengerichts keine objektiv fundierte Stütze. Wie ausgeführt, stehen Art und Umfang der Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Richters, so dass es dem Beschwerdegericht schon deshalb verwehrt ist, die einzelnen Maßnahmen auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, etwa im Nachhinein festzustellen, eine frühere Beauftragung des Sachverständigen wäre im Sinne eines schnellen Verfahrensabschlusses sinnvoller gewesen. In diesem Zusammenhang darf das Hauptsachverfahren auch nicht - wie es der Beschwerdeführer offen-sichtlich möchte - isoliert vom gleichzeitig anhängigen einstweiligen Verfahren betrachtet werden, in welchem vor allem durch wiederholte Antragstellung des Beschwerdeführers und die Ausschöpfung der diesbezüglichen Rechtsmittelmöglichkeiten (deren Berechtigung damit in keiner Weise in Frage gestellt werden soll) sich auch der Ablauf des Hauptsacheverfahrens verlängert hat. Gerade weil die Frage, ob eine Verfahrensdauer unangemessen lang ist, nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, hilft der Einwand des Beschwerdeführers, das vorliegende Verfahren wäre in Niedersachsen bereits in mehr als einem Jahr in beiden Instanzen erledigt gewesen ebenso wenig weiter wie sein Hinweis, die durchschnittliche Verfahrensdauer familiengerichtlicher Sachen betrage im Bereiche des Oberlandesgerichtes Karlsruhe 9,6 Monate. Dass das vorliegende Verfahren, dessen "Aufblähung" (und zwar bereits vor Erhebung der Untätigkeitsbeschwerde) der Beschwerdeführer selbst beklagt, den Umfang eines durchschnittlichen Verfahrens überheblich übersteigt, bedarf schon anhand der Seitenzahl der Akten keiner weiteren Ausführungen. Das Beschwerdegericht verkennt nicht, dass in Verfahren der vorliegenden Art die Gefahr einer faktischen Präjudizierung besonders groß ist. Dass dieser durch eine andere Verfahrensgestaltung des Familiengerichts hätte besser begegnet werden können, insbesondere das Verfahren ohne sachlichen Grund verzögert worden wäre, kann mit Blick auf die dargelegte, im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Richters stehende Ermittlungstätigkeit nicht angenommen werden, zumal in der Regel, so auch hier, erst im Nachhinein festgestellt werden kann, ob durch andere Maßnahmen die tatsächliche Entscheidungsreife zügiger hätte erreicht werden können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Soweit der Beschwerdeführer eine "unfaire" Verfahrensgestaltung, darüber hinaus ein "prozessuales Taktieren gegenüber förmlichen rechtsmittelfähigen Entscheidungen" dies zum Nachteil des Beschwerdeführers zu erkennen glaubt, wirft er dem zuständigen Richter letztlich vor, dieser sei parteiisch und stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Solchen, gegen die Prozessleitung des zuständigen Richters erhobenen Bedenken, kann jedoch nicht im vorliegenden Verfahren der Untätigkeitsbeschwerde nachgegangen werden. Vielmehr können diese nur Gegenstand eines (in der Beschwerdeinstanz nicht anhängigen) Ablehnungsverfahrens sein. Lediglich dort könnte geprüft werden, ob eine etwaige Fehlerhaftigkeit im Rahmen der Prozessleitung des zuständigen Richters auf dessen unsachlicher Einstellung gegenüber der ablehnenden Partei bzw. erkennbar auf Willkür beruhte (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, a.A. O., § 42 Rn. 24, 28).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Im vorliegenden Verfahren der außerordentlichen Beschwerde wegen Untätigkeit kann nach den oben angestellten Erwägungen, der Würdigung des dargestellten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass am 14.07.2003 beim Familiengericht die Anhörung des Sachverständigen stattfindet, die Untätigkeitsbeschwerde, deren Ziel letztlich die Anweisung des Beschwerdegerichts an die Vorinstanz ist, dem Verfahren (in angemessener - möglicherweise zu bestimmender Frist) Fortgang zu geben (Zöller/Gummer a.A. O.), keinen Erfolg haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Von einer Kostenentscheidung wurde abgesehen, da es sich vorliegend um ein einseitiges Beschwerdeverfahren ohne eigentlichen Gegner handelt und der Antragsteller für eventuell angefallene Gerichtskosten ohnehin gem. § 49 Abs. 1 GKG einzustehen hat.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,659
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{
"id": 146,
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"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
21 W 33/03
| 2003-07-04T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:17
| 2019-02-12T12:38:51
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.11.2001 sind an Kosten zu erstatten:</p>
<p>2.212,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 18.12.2001 bis 31.12.2001 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.01.2002</p>
<p>von der Beklagten an die Klägerin.</p>
<p>Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin 9/20 und die Beklagte 11/20.</p>
<p>Der Beschwerdewert beträgt (bis zu) 2.000,00 EUR.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
In der Hauptsache haben die Parteien über die Leistungspflicht der beklagten Versicherung aus einem Hausratversicherungsvertrag gestritten. Vorprozessual berief sich die Beklagte unter Berufung auf ein eingeholtes Gutachten auf erhebliche Unterversicherung der Klägerin und lehnte deshalb volle Entschädigung ab (Schreiben vom 30.12.1999, AS. 73). Die Klägerin beauftragte daraufhin die vereidigte Sachverständige für Edelsteine und Hausrat Dr. W. mit der Feststellung des Versicherungswertes des Hausrates. Hierfür zahlte die Klägerin gemäß Rechnung vom 16.03.2000 DM 2.792,12.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Den Streit über die Unterversicherung haben die Parteien nach Klageerhebung durch Zwischenvergleich vom 07.03.2001 (AS. 82) beigelegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens durch Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.11.2001 hat die Klägerin Kostenfestsetzung beantragt und hierbei als Kosten der Klägerin auch die Gutachtenskosten Dr. W. geltend gemacht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 16.07.2002 wurden die Gutachtenskosten nicht als erstattungsfähig im Sinne des § 91 ZPO berücksichtigt, da die Klägerin ihre Ansprüche auch ohne dieses Gutachten habe gerichtlich geltend machen können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gegen den ihr am 31.07.2002 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Klägerin unter dem 12.08.2002, eingegangen beim Landgericht am 13.08.2002, Rechtsmittel eingelegt. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 96,28 EUR - betreffend die Kostenquote II. Instanz - wurde dem Rechtsmittel durch Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 05.06.2003 abgeholfen. Hinsichtlich der Einbeziehung der Gutachtenskosten hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Mannheim der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Klägerin meint, die Kosten für das Gutachten der Sachverständigen Dr. W. seien als außergerichtliche Kosten der Klägerin zu berücksichtigen. Die Berechnung der Versicherungsleistung und damit der Klagesumme sei vom Umfang der Unterversicherung der Klägerin abhängig gewesen. Die hierfür erforderliche Bewertung des Hausrates habe nur ein Sachverständiger vornehmen können. Es seien deshalb in den Kostenausgleich erster Instanz zu Gunsten der Klägerin weitere außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.792,12 EUR einzubeziehen, woraus sich ein Erstattungsbetrag von weiteren (2.500,08 EUR abzüglich bereits berücksichtigter 638,67 EUR =) 1.861,41 EUR ergebe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das sachdienlich als sofortige Beschwerde zu wertende Rechtsmittel der Klägerin ist gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässig. Zur Entscheidung ist gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter berufen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die sofortige Beschwerde ist, soweit ihr nicht ohnehin durch Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Mannheim vom 05.06.2003 abgeholfen wurde, auch überwiegend begründet. Die Kosten des von der Klägerin eingeholten vorprozessualen Parteigutachtens über die Bewertung ihres Hausrates sind erstattungsfähige Kosten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, da die Einholung des Gutachtens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Auszugehen ist allerdings von dem Grundsatz, dass die Kosten eines von der Partei vorprozessual eingeholten Privatgutachtens nur ausnahmsweise erstattungsfähig sind. Anderes gilt nur, wenn die Einschaltung des Sachverständigen zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unabweislich notwendig war (OLG Karlsruhe, BB 1996, 2648; OLG Karlsruhe, Justiz 1993, 192; MünchKomm ZPO-Belz, 2. Auflage, § 91 Rdnr. 53 f.; Zöller/Herget, ZPO, 23. Auflage, § 91 Rdnr. 13 "Privatgutachten"). Die ausnahmsweise Erstattungsfähigkeit vorprozessualer Privatgutachten ist insbesondere zu bejahen in Fällen, in denen es für die Partei mangels eigener Sachkunde unabweislich notwendig ist, zur Beschaffung der zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlichen Grundlagen einen Sachverständigen einzuschalten (OLG Karlsruhe, BB 1996, 2648; MünchKomm ZPO-Belz, § 91 Rdnr. 54). Bei der Beurteilung der Notwendigkeit ist auch zu berücksichtigen, ob konkret eine fachunkundige Partei einem sachverständigen Gegner gegenüber steht (Grundsatz der Waffengleichheit; vgl. Stein/Jonas/Bork, 21. Auflage, § 91 Rdnr. 60). In jedem Fall muss das vorprozessual eingeholte Gutachten prozessbezogen sein (MünchKomm ZPO-Belz, § 91 Rdnr. 54). Unerheblich ist dagegen, ob das Privatgutachten in vollem Umfang erfolgreich war (Zöller/Herget, 23. Auflage, § 91 Rdnr. 13 "Privatgutachten").
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass die Kosten des von der Klägerin vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachten Dr. W. zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren und somit grundsätzlich erstattungsfähig gem. § 91 ZPO sind. Die Klägerin, welcher grundsätzlich ein Anspruch auf Leistung aus der Hausratversicherung zustand, sah sich vorprozessual dem Unterversicherungseinwand der sachkundigen bzw. durch eigene Sachverständige beratenen Beklagten ausgesetzt. Ohne entsprechende Sachkunde war es ihr als Privatperson nicht möglich, dem eine eigene Wertberechnung ihres Hausrates entgegenzusetzen. Denn für eine derartige Wertberechnung sind, dies ist offenkundig, spezifische Fachkenntnisse notwendig. Ohne die sachverständige Hilfe hätte die Klägerin lediglich einen gegriffenen Hausratswert ins Blaue hinein behaupten und unter Sachverständigenbeweis stellen können. Ein solches Vorgehen wäre aber nicht sachgerecht und der Klägerin nicht zumutbar gewesen. Hinzu kommt, dass der Klägerin im vorliegenden Fall zugebilligt werden muss, dass sie sich mit dem von der Beklagten vorprozessual vorgelegten Gutachten, aus welchem diese den Unterversicherungseinwand herleitete, unter Heranziehung sachverständiger Hilfe auseinander setzte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Prozessbezogenheit der Gutachtenserstellung steht nicht entgegen, dass zwischen Erstattung des Gutachtens und Erhebung der Klage ein Zeitraum von über einem halben Jahr lag. Nachdem die Beklagte vor Beauftragung des Gutachtens ihre weitergehende Leistung abgelehnt hatte, diente das von der Klägerin beauftragte Gutachten ersichtlich der Rechtsverfolgung. Prozessbezogenheit kann auch vorliegen, wenn die Partei nach Erstellung des Gutachtens noch einen gewissen Zeitraum zuwartet, etwa um die Prozessaussichten abschließend zu prüfen oder noch einen letzten gütlichen Einigungsversuch zu unternehmen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2000 (AS. 20) die Beklagte nochmals außergerichtlich zur Leistung aufgefordert, bevor im Dezember 2002 Klage erhoben wurde; dieser Ablauf stellt die Prozessbezogenheit des Gutachtens nicht in Frage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Das von der Klägerin für das Gutachten zu bezahlende Honorar betrug unstreitig 2.792,12 DM. Einwendungen gegen die Höhe dieses Betrages sind nicht erhoben. Da von den erstinstanzlichen Kosten die Beklagte 2/3 zu tragen hat, erhöht sich der von ihr zu erstattende Betrag um 2/3 von 2.792,12 DM somit um 1.861,41 DM. Dies entspricht 951,73 EUR.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Dass die Klägerin hierüber hinausgehend mit ihrem Rechtsmittel die Erhöhung des Erstattungsbetrages um 1.861,41 EUR anstrebt beruht darauf, dass sie versehentlich von außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Gutachten in Höhe von 2.792,12 EUR (statt DM) ausgeht. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert entspricht dem von der Klägerin in der Rechtsmittelschrift vom 12.08.2002 geltend gemachten zusätzlichen Erstattungsbetrag. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,660
|
olgstut-2003-07-04-4-vas-1503
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"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
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"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
4 VAs 15/03
| 2003-07-04T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:19
| 2019-02-12T12:38:51
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Justizvollzugsanstalt vom 10. Juni 2003 wird als unbegründet verworfen.</p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p>Der Geschäftswert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Antragsteller befindet sich nach seinem Vortrag zurzeit in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt. Er arbeitet dort in einem Unternehmerbetrieb und erhält ein Arbeitsentgelt von 0,81 EUR pro Stunde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist (noch) zulässig, weil ihm jedenfalls in groben Zügen ein Sachverhalt entnommen werden kann, der - seine Richtigkeit unterstellt - eine Rechtsverletzung des Antragstellers möglich erscheinen lässt. Er ist jedoch unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Justizvollzugsanstalt legt zu Recht der Bemessung des Arbeitsentgelts des Antragstellers fünf vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zugrunde. Diese Bemessungsgrundlage für das Arbeitsentgelt von Untersuchungsgefangenen entspricht § 177 StVollzG in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2000 (BGBl. I S. 2043). Während nach § 177 StVollzG a.F. der Untersuchungsgefangene, der eine ihm zugewiesene Tätigkeit freiwillig ausübte, unabhängig von seinem Alter wie der Strafgefangene ein nach §§ 43, 200 StVollzG zu bemessendes Entgelt erhielt, differenziert die Regelung der § 177 i.V.m. §§ 43 und 200 StVollzG nunmehr ausdrücklich zwischen Strafgefangenen, erwachsenen Untersuchungsgefangenen sowie minderjährigen und heranwachsenden Untersuchungsgefangenen. Durch § 177 Satz 2 StVollzG ist die Bemessungsgrundlage des Entgelts für erwachsene Untersuchungsgefangene abweichend von der für Strafgefangene festgesetzt worden, während junge und heranwachsende Untersuchungsgefangene über die Verweisung in §§ 177 Satz 4, 176 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wie Strafgefangene ein nach §§ 43 Abs. 2, 200 StVollzG zu bemessendes höheres Entgelt erhalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Neuregelung ist nicht verfassungswidrig (vgl. OLG Celle ZfStrVo 2001, 362):
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung getroffen, weil nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169 ff) die bisherige Entlohnung für Strafgefangene mit einer Eckvergütung von fünf vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch wegen ungenügender Berücksichtigung der Verpflichtung zur Resozialisierung Strafgefangener gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verstieß und damit verfassungswidrig war. Nach dem Konzept des Strafvollzugsgesetzes ist die Zuweisung von Arbeit ein wichtiges Mittel auf dem Weg zur Resozialisierung. Arbeit im Strafvollzug, die dem Gefangenen als Pflichtarbeit zugewiesen wird, ist aber nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit eine angemessene Anerkennung findet. Wird die Pflichtarbeit hauptsächlich finanziell abgegolten, muss dem Gefangenen durch die Höhe des ihm zukommenden Entgelts in einem Mindestmaß bewusst gemacht werden, dass Erwerbsarbeit zur Herstellung der Lebensgrundlage sinnvoll ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Bei der Neuregelung hat der Gesetzgeber aus Kostengründen erwachsene Untersuchungsgefangene ausdrücklich von der Anhebung des Arbeitsentgelts ausgenommen. Ihre Einbeziehung war aus verfassungsmäßigen Gründen auch nicht notwendig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Aus dem Gleichheitsgrundsatz erwächst eine solche Verpflichtung nicht. Auf Untersuchungsgefangene trifft die Begründung des Bundesverfassungsgerichts für die Notwendigkeit einer höheren Entlohnung nämlich nicht zu. Der Untersuchungsgefangene ist nicht zur Arbeit verpflichtet. Die Untersuchungshaft dient ausschließlich der vollständigen Aufklärung der Tat und der raschen Bestrafung des Täters und darf dem Untersuchungsgefangenen nur diejenigen Beschränkungen auferlegen, die dieser Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung der Vollzugsanstalt erfordern (§ 119 Abs. 3 StPO). Im Rahmen des Möglichen hat er deshalb zwar ein Recht auf Arbeit, diese dient nach derzeitiger Rechtslage jedoch nicht wie bei einem Strafgefangenen seiner Resozialisierung. Bei einem Untersuchungsgefangenen, der aus eigenem Antrieb eine Arbeit aufnimmt, bedarf es zusätzlicher finanzieller Anreize zum Zwecke der Resozialisierung nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Demgegenüber ist die Arbeitssituation junger und heranwachsender Untersuchungsgefangener derjenigen der Strafgefangenen in einem wesentlichen Merkmal vergleichbar. Aus § 93 Abs. 2 JGG ergibt sich, dass junge Untersuchungsgefangene zur Arbeit verpflichtet sind (vgl. Nr. 80 Abs. 2 UVollzO; Brunner/Dölling, JGG, 10. Aufl. § 93 Rdn. 5); die Arbeit im Vollzug dient - vergleichbar mit der Resozialisierung Strafgefangener - ausdrücklich ihrer Erziehung. Der Gesetzgeber hat deshalb junge und heranwachsende Untersuchungsgefangene den Strafgefangenen gleichgestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Darüber hinaus spiegelt die Vergütung der im Strafvollzug erbrachten Arbeitsleistungen nicht deren wirtschaftlichen Wert wider, sondern richtet sich wesentlich nach anderen Faktoren. Es ist also auch von daher nicht erforderlich, für gleichwertige Arbeit von Strafgefangenen und Untersuchungsgefangenen den gleichen Lohn zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Auch die Unschuldsvermutung und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 und 2 GG, schließlich gebieten es nicht, den Untersuchungsgefangenen wie einen Strafgefangenen oder gar voll zu entlohnen. Im Falle des Freispruchs, der Einstellung des Verfahrens oder der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens hat der Untersuchungshäftling unabhängig davon, ob er in der Untersuchungshaft gearbeitet hat, einen Anspruch auf Entschädigung (§ 2 Abs. 1 StrEG) für den durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachten Vermögensschaden (§ 7 Abs. 1 StrEG), zu dem auch entgangener Gewinn, vor allem der Verdienstausfall infolge der Inhaftierung gehört (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. StrEG § 7 Rn. 3).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Geschäftswertes beruhen auf den §§ 30 EGGVG, 130 KostO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,651
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"id": 146,
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"slug": "olgkarl",
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|
12 U 24/03
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:13
| 2019-02-12T12:38:50
|
Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16.03.2001 - 2 O 328/00 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen einer angeblichen Amtspflichtverletzung des Notars W anlässlich der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Der Kläger erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 27.08.1993 von Dr. St. das seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Im F 6 in S. zu einem Kaufpreis von DM 500.000,00. Beurkundet wurde der Vertrag durch den Notar W vom Notariat Baden-Baden. In § 5 des Kaufvertrages wurde u.a. vereinbart, dass die Übergabe von Besitz und Nutzungen sofort erfolgt und der Kläger ab 01.10.1993 die öffentlichen Lasten und Abgaben trägt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses waren die vorgesehenen Erschließungsmaßnahmen nur teilweise durchgeführt worden. Die am Grundstück vorbeiführende Straße war mit einer Teerschicht versehen und es bestand eine Straßenbeleuchtung. Weitere Erschließungsmaßnahmen wie die Anlage von Gehwegen und die Verlegung der Kanalisation erfolgten im Jahr 1996. Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Erschließungsanlagen waren durch die Gemeinde S. noch nicht gegenüber den Grundstückseigentümern abgerechnet worden, was der Verkäuferin Dr. St. bekannt war. Ebenso wusste sie, dass noch weitere Erschließungsmaßnahmen von der Gemeinde S. beabsichtigt waren. Hierüber wurde der Kläger von der Verkäuferin Dr. St. nicht aufgeklärt.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Am 10./11.08.1996 (Geburtstagsfeier) erfuhr der Kläger von einem Nachbarn, dass in nächster Zeit mit der Zustellung von Erschließungs- und Beitragsbescheiden zu rechnen sei. Der Kläger erhielt am 17.09.1997 von der Gemeinde S. einen Vorauszahlungsbescheid auf die Erschließungskosten in Höhe von DM 42.828,75. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Von der gerichtlichen Überprüfung des Bescheids nahm der Kläger abstand, da er keine Erfolgsaussichten in einem solchen Vorgehen sah. Durch Beitragsbescheide wurde der Kläger zwischenzeitlich zu Erschließungskosten - seinem Vortrag in zweiter Instanz zufolge - von insgesamt DM 74.983,50 herangezogen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Der Kläger hat vorgetragen,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Notar W habe bei der Beurkundung des Kaufvertrages die Frage noch nicht bezahlter Erschließungsbeiträge nicht angesprochen. Der Vertrag sei ohne weitere Erläuterungen heruntergelesen worden. Dem Notar sei ein Schreiben der Gemeinde S. vom 19.11.1964 bekannt gewesen, wonach die Eigentümer nach Ausbau der Straße zu Anliegerkosten herangezogen würden. Aufgrund dieses Kenntnisstandes wäre der Notar verpflichtet gewesen, abzuklären, ob die Erschließungsmaßnahmen zwischenzeitlich abgeschlossen und bezahlt worden seien. Er sei davon ausgegangen, dass das Grundstück erschlossen und die Maßnahmen abgerechnet seien. Wäre der Notar seiner Hinweispflicht nachgekommen, wäre der Beurkundungstermin von seiner Seite geplatzt. Die bezahlten Erschließungskosten von DM 104.500,00 stellten seinen Schaden dar, da das Grundstück durch die Anlagen keinen Wertzuwachs erfahren habe.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der Kläger hat beantragt,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger DM 104.500,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 14.08.1999 zu zahlen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Das beklagte Land hat beantragt,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>die Klage abzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Der Notar habe gewöhnlich bei dem Satz in § 5 des notariellen Kaufvertrages über die Tragung der öffentlichen Lasten und Abgaben umfassend auch die Problematik der Erschließungskosten und Anliegerbeiträge angesprochen. Hinzu komme, dass im vorliegenden Falle unstreitig der überwiegende Teil der Erschließungsmaßnahmen ohnehin erst nach Vertragsabschluss durchgeführt worden und schon von daher diese Kosten vom Kläger zu tragen seien. Der Kläger könne sich zudem an die Verkäuferin Dr. St. bzw. deren Erben halten. Außerdem habe er es schuldhaft unterlassen, gegen die Bescheide der Gemeinde S. Rechtsmittel einzulegen. Erst nachdem 1994 ein neuer Bebauungsplan in Kraft getreten sei, seien Erschließungsmaßnahmen ausgeführt und abgerechnet worden. Schließlich erhebt das beklagte Land die Einrede der Verjährung.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Das Landgericht hat mit Urteil vom 16.03.2001 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit - vorliegend gegenüber der Verkäuferin bzw. deren Erben - bestehe.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und wurde zunächst auf Antrag beider Parteien wegen des zwischenzeitlich anhängigen Rechtsstreits gegen die Erben der Verkäuferseite vor dem Landgericht/Oberlandesgericht Düsseldorf das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28.10.2002 (9 U 56/02) hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil der Einzelrichterin beim Landgericht Düsseldorf im Verfahren des Klägers gegen die Erbin Monika St. zurückgewiesen. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 18.02.2003 das hiesige Verfahren wieder anberufen. Der Senat hat mit Zwischenurteil vom 29.04.2003 erkannt, dass die Berufung des Klägers zulässig ist.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, ihm sei von der Gemeinde S. angekündigt worden, dass in jedem Fall noch mit der Zahlung von mindestens ca. DM 30.000,00 für weitere Erschließungsbeiträge gerechnet werden müssen. Da der Bescheid bislang seitens der Gemeinde S. nicht vorliege, könne neben der im zweiten Rechtszug entsprechend reduzierten Zahlungsklage auch Freistellung von sämtlichen weiteren Erschließungsbeitrittskosten verlangt werden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Der Kläger beantragt,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>1. das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 38.338,45 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 14.08.1999 zu zahlen,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>2. das beklagte Land wird weiter verurteilt, den Kläger von sämtlichen weiteren Erschließungsbeitragskosten freizustellen, welche gegenüber dem Kläger von der Gemeinde S. im Zusammenhang mit den Erschließungsmaßnahmen in Winden, Baugebiet "Im F" und "E" in Rechnung gestellt und per Bescheid festgesetzt werden.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Das beklagte Land beantragt,</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>die Berufung des Klägers zurückzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Das beklagte Land verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, dass die Ansprüche des Klägers verjährt seien. Außerdem fehle es seitens des Notars W an einer schuldhaften Amtspflichtverletzung, nachdem mit der Klage nur Kosten für Erschließungsmaßnahmen verlangt wurden, die bei Kaufabschluss noch nicht durchgeführt worden seien.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.
</td></tr></table><table><tr><td>I.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG. Soweit der Kläger Erstattung der Kosten für Erschließungsmaßnahmen beansprucht, die erst weit nach Abschluss des Kaufvertrages ab dem Jahre 1996 durchgeführt worden sind, fehlt es an einem pflichtwidrigen Verhalten des Notars in Form einer Amtspflichtverletzung im Rahmen seiner Beurkundungspflichten bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 27.08.1993. Soweit der Kläger meint, in den geltend gemachten Kosten für Erschließungsmaßnahmen seien auch solche enthalten, die bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages angefallen und durchgeführt worden seien, besteht nach Auffassung des Senats insoweit eine anderweitige Erstattungsmöglichkeit gegenüber den Erben der verstorbenen Verkäuferin Dr. St. Darüber hinaus wurden - wie unten auszuführen sein wird - solche Kosten schon nicht substantiiert und damit überprüfbar dargelegt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
1. Die Ansprüche des Klägers sind allerdings entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht verjährt. Denn die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 852 BGB a.F., die der Anspruch bis 31.12.2001 unterlag, setzt als Verjährungsbeginn die Kenntnis des Klägers von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen voraus sowie das Wissen, dass keine den Schaden vollständig deckende anderweitige Ersatzmöglichkeit vorhanden ist (BGHZ 102, 246). Die Kenntnis des Klägers kann erst mit Erhalt des Erschließungskostenbescheids vom 17.09.1997 angenommen werden. Der Mahnbescheid wurde vor Ablauf der Verjährungsfrist am 30.07.1999 beantragt und dem beklagten Land am 16.08.1999 zugestellt. Die Verjährung des Anspruchs wurde damit in unverjährter Zeit (Verjährungsablauf: 17.09.2000) unterbrochen (§ 209 Abs. 2 Ziff. 1 BGB a.F.). Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts hat die Unterbrechung der Verjährung zum 31.12.2001 geendet und trat nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB Hemmung von sechs Monaten ein, die mangels Betreibens des Verfahrens - mit Beschluss des Senats vom 24.07.2001 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet - am 30.06.2002 (§ 204 Abs. 2 BGB in der Fassung ab 01.01.2002) endete. Ab 01.07.2002 begann die zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens gegen das beklagte Land noch nicht verstrichene Verjährungszeit wieder zu laufen. Das bedeutet, dass am 02.08.2003 die Verjährungsfrist (nicht verbrauchte Zeit der Unterbrechung ab Zustellung des Mahnbescheids am 16.08.1999 bis Ablauf der Drei-Jahres-Frist am 17.09.2000) abgelaufen gewesen wäre. Das Verfahren wurde rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bereits am 18.02.2003 vor dem Senat wieder angerufen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
2. Ein Anspruch auf Ersatz von Erschließungskosten, die bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 27.08.1993 durchgeführt, aber von der Gemeinde S. noch nicht gegenüber der Verkäuferin Dr. St. abgerechnet waren, besteht aus zwei Gründen nicht. Zum einen scheitert ein Anspruch des Klägers daran, dass dem Kläger insoweit ein Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung (c. i. c.) gegenüber der ehemaligen Verkäuferin zusteht und der Kläger es schuldhaft versäumt hat, eine früher vorhandene, anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1. Satz 2 BGB) auszuschöpfen. Die Unmöglichkeit, anderweit Ersatz zu verlangen, bildet einen Teil des Tatbestandes, aus dem der Amtshaftungsanspruch hergeleitet wird. Dementsprechend hat der Verletzte das Vorliegen dieser zur Klagebegründung gehörenden Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches darzulegen und im Streitfall zu beweisen (BGH NJW 2002, 1266; Staudinger, Kommentar zum BGB, 2002, § 839 Rn. 301). Die bestehende Möglichkeit, auf andere Weise Ersatz zu erlangen, verhindert - anders ausgedrückt - materiellrechtlich die Entstehung eines Amtshaftungsanspruchs. Solange noch eine realisierbare anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, ist der Beamte überhaupt nicht ersatzpflichtig mit der Folge, dass nicht nur eine Leistungs-, sondern auch eine Feststellungsklage unbegründet ist, solange der - unverschuldete (s. unten) - Ausfall nicht feststeht (Staudinger, a.A. O.). So liegt der Fall hier. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Veräußerin Dr. St. verpflichtet gewesen wäre, über bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages im Jahre 1993 bereits durchgeführte, aber noch nicht abgerechnete Erschließungsmaßnahmen aufzuklären. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts in den Gründen der angegriffenen Entscheidung verwiesen. Der Kläger hat in dem vor dem OLG Düsseldorf gegen die Erben der Veräußerin geführten Rechtsstreit (9 U 56/02) bereits bei Kaufvertragsabschluss durchgeführte, aber noch nicht abgerechnete Erschließungskosten nicht substantiiert und überprüfbar dargelegt, weshalb seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts Düsseldorf durch Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.10.2000 mittlerweile rechtskräftig abgewiesen worden ist.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Kläger hat damit eine vorhandene, anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht ausgeschöpft, indem er in dem gegen die Erben der Veräußerin geführten Rechtsstreit die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches für bereits durchgeführte Erschließungsmaßnahmen nicht substantiiert und überprüfbar dargestellt hat. Der Geschädigte kann sich nämlich der Verweisung (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht dadurch entziehen, dass er schuldhaft die anderweitige Ersatzmöglichkeit versäumt. Vielmehr greift die Subsidiaritätsklausel auch dann ein, wenn der Geschädigte eine früher vorhandene, anderweitige Ersatzmöglichkeit schuldhaft versäumt hat. Eine Abwägung des beiderseitigen Verschuldens findet nicht statt. Dies führt dazu, dass - im Extremfall schon die leicht fahrlässige - Versäumung zum Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs selbst bei grob fahrlässigen Amtspflichtverletzungen führt (Staudinger, a.A. O., § 839 Rn. 299).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Zum anderen scheitert ein Anspruch auf Erstattung solcher Kosten aber auch daran, dass der Kläger auch im hiesigen Verfahren wie schon in dem bis zum Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Erbin der Verkäuferin geführten Rechtsstreit (OLG Düsseldorf 9 U 56/02, Urteil vom 28.10.2002) die Kosten für Erschließungsmaßnahmen, die vor Kaufvertragsabschluss bereits durchgeführt, aber noch nicht abgerechnet waren, nicht nachvollziehbar und damit nicht überprüfbar dargestellt hat. Aus diesem Grund hat das Oberlandesgericht Düsseldorf letztlich die Frage, ob die Verkäuferin über solche Kosten für Erschließungsmaßnahmen überhaupt aufzuklären hatte, offen gelassen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Der Beitragsbescheid der Gemeinde S. über Erschließungsmaßnahmen (Vorauszahlung im engeren Sinne) über DM 42.828,75 vom 17.09.1997 (Anl. K 6) hebt ausdrücklich hervor, dass es sich um Maßnahmen handelt, die 1996 begonnen wurden. Bezüglich dieses Betrags standen bei Abschluss des Kaufvertrages im Jahre 1993 mithin noch keine Erschließungskosten an. Für den beurkundenden Notar bestand deshalb - wie auch für die ehemalige Grundstückseigentümerin und Verkäuferin - keine irgendwie geartete Belehrungs- oder Mitteilungspflicht im Rahmen von § 17 Abs. 1 BeurkG.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Dass in diesem Bescheid dennoch der Aufwand früherer Maßnahmen (z.B. Straßenbau und Beleuchtung vor 1993) mit einbezogen sein müsste, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht nachvollziehbar dargestellt. Seine Ausführungen hierzu stellen eine reine, durch nichts belegte Vermutung dar (II 43).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Auch die übrigen Kosten für den Anschluss an den Schmutz- und Abwasserkanal in Höhe von DM 16.179,75 gemäß Bescheid vom 17.09.1997 sowie die als weiteren Aufwand bezeichneten DM 15.000,00 (Anl. K 9) und DM 975,00 für die Verlegung der Stromversorgung stehen - worauf ebenfalls schon das OLG Düsseldorf im Urteil vom 28.10.2000 hingewiesen hat - in keinem Zusammenhang mit Erschließungsmaßnahmen, die vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages bereits durchgeführt waren. Das Grundstück entsorgte bis 1996 seine Abwässer in eine Sickergrube. Die Stromversorgung erfolgte über Überlandleitungen. Dies ist dem Kläger seit Abschluss des Kaufvertrages und Inbesitznahme des Grundstückes in 1993 auch bekannt gewesen. Der Kanal und die Stromleitungen wurden erst 1996/1997 verlegt, so dass über diese zukünftigen Erschließungsmaßnahmen als bereits erfolgt, aber noch nicht abgerechnet seitens des Notars auch nicht belehrt werden konnte.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
3. Der Notar war - wie die Grundstückseigentümerin - auch nicht verpflichtet, auf aus den Bebauungsplänen der Gemeinde S. sich (noch) ergebende, aber bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages noch nicht umgesetzte Erschließungsmaßnahmen hinzuweisen. Hierzu muss der Erwerber eines Grundstücks, der das Grundstück kauft "wie es steht und liegt" und der wie hier die tatsächlich nur vorhandene Sickergrube und die Stromversorgung mit Überlandleitungen kannte, grundsätzlich selbst die notwendigen Erkundigungen einholen und sich bei den zuständigen Stellen der Gemeine informieren.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG. Zwar muss der Notar gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG bei der Beurkundung eines Rechtsgeschäftes den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde errichtet, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das beabsichtigte Rechtsgeschäft richtigen Form wiedergibt. Daraus folgt, dass der Notar die Beteiligten insoweit befragen und belehren muss, als es notwendig ist, eine ihrem wahren Willen entsprechende rechtswirksame Urkunde zu errichten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Notar sich nicht darauf beschränken darf, in der Urkunde nur die Hauptleistungspflichten der Beteiligten zu regeln. Er schuldet vielmehr eine umfassende, ausgewogene und interessengerechte Vertragsgestaltung. Eine regelungsbedürftige Frage, die der Notar nach den aufgezeigten Grundsätzen bei der Beurteilung eines Grundstücksvertrages von sich aus ansprechen muss, ist danach auch die Problematik der Erschließungskosten. Wenn der Vertrag keine Regelung dieser Frage vorsieht, hat gemäß §§ 446, 103 BGB der Käufer die nach Übergabe des Grundstücks fällig werdenden Erschließungsbeiträge zu tragen. Das entspricht in aller Regel nicht dem wahren Willen der Beteiligten, wenn die zugrundeliegenden Erschließungsmaßnahmen bereits vor Vertragsschluss ausgeführt waren. Durchschnittliche, im Grundstücksgeschäft nicht besonders erfahrene Vertragsparteien gehen in der Regel davon aus, dass der vereinbarte Kaufpreis das abschließende Entgelt für das Grundstück, wie es steht und liegt, darstellt. Sie sind mithin der Meinung, dass bei Kaufabschluss vorhandene Erschließungsmaßnahmen mit dem Kaufpreis abgegolten sind und nicht mehr nach Jahr und Tag dem Käufer hierfür noch oft nicht unbeträchtliche Kosten auferlegt werden können (BGH NJW 1992, 1287, NJW 1994, 2283, Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Auflage, Rn. 557, 558).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Notar ist danach im Umkehrschluss aber nicht verpflichtet, über erst nach dem Kaufvertrag und damit erst in der Zukunft in Betracht kommende und damit erst noch vorzunehmende Erschließungsmaßnahmen aufzuklären. Denn die Amtspflicht des Notars beschränkt sich aus den oben dargestellten Grundsätzen auf bereits vor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführte, aber noch nicht abgerechnete Erschließungskosten, wobei der Notar keine Erkundigungen über die Höhe eventuell noch nicht abgerechneter Erschließungsbeiträge anstellen muss, sondern den Kläger nur allgemein auf die Problematik noch ausstehender Erschließungskosten hinweisen muss (BGH NJW 1994, 2283). Dies gilt im vorliegenden Fall auch insbesondere deshalb, weil die Abwässer des Grundstückes unstreitig und dem Kläger auch bekannt in einer Sickergrube entsorgt wurden und die Stromversorgung über Überlandleitungen erfolgte. Der Kanal und die Stromleitungen, für die ein Anschlusszwang bestand, wurden aber erst 1996/1997 verlegt. Über diese zukünftigen Maßnahmen konnte der Notar 1993 nicht als bereits durchgeführte, aber noch nicht abgerechnete Erschließungsmaßnahmen belehren.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
4. Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichenden Ausführungen des Klägers, dass eine etwaige Pflichtverletzung des Notars für den geltend gemachten Schaden kausal gewesen ist. Der Kläger führt hierzu nur aus, dass er das Grundstück nicht erworben hätte. Insoweit fehlt es an Ausführungen dazu, wie der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages in Erfahrung gebracht hätte, dass er noch ca. EUR 38.000,00 Erschließungskosten würde zahlen müssen. Der Notar war bei pflichtgemäßem Verhalten zu einer derartigen Mitteilung nicht verpflichtet. Er brauchte - wie bereits oben ausgeführt - keine Erkundigungen über die Höhe eventuell noch nicht abgerechneter Erschließungsbeiträge anzustellen. Der Notar ist nur verpflichtet gewesen, allgemein auf die Problematik noch ausstehender Erschließungskosten hinzuweisen. Es ist dann Sache des Klägers, welche Folgerungen er aus einem solchen Hinweis zog. Hierfür ist er ebenfalls darlegungs- und beweispflichtig (BGH NJW 1994, 2283; NJW-RR 1996, 781).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
5. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben vom 19.11.1964 - unterstellt, dass dieses dem Notar vor Abschluss des Kaufvertrages von der ehemaligen Eigentümerin für die Vorbereitung des Kaufvertrages überlassen worden ist. Dort wird lediglich die damalige Rechtslage wiedergegeben, dass nämlich nach dem Ausbau der Straße die Kosten auf die Anlieger quotenmäßig umgelegt werden. Hieraus lässt sich keine weitere Aufklärungs- und Belehrungspflicht für das Jahr 1993 über noch ausstehende Erschließungsmaßnahmen ableiten.
</td></tr></table><table><tr><td>II.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Klage auf Freistellung von weiteren, zukünftigen Erschließungsbeitragskosten ist zulässig (§§ 523, 264 Nr. 2 ZPO a.F.). Sie ist ebenfalls unbegründet.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen noch nicht bezifferbarer Erschließungskosten für Maßnahmen vor Abschluss des Kaufvertrags besteht aus den oben dargelegten Gründen ebenfalls nicht. Das OLG Düsseldorf hat die diesbezügliche Feststellungsklage des Klägers gegen die Erben rechtskräftig mangels konkreten Vortrags abgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Über die Lasten erst danach begonnener Erschließungsmaßnahmen musste - wie oben ausgeführt - der Notar nicht belehren. Ihn trifft deshalb auch keine Verpflichtung, für die bei der endgültigen Herstellung und Abrechnung noch entstehenden Beiträge zu haften.
</td></tr></table><table><tr><td>III.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 97, 269 ZPO (teilweise Rücknahme beim bezifferten Klageantrag). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 542 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table></td></tr></table>
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|
136,652
|
olgkarl-2003-07-03-12-u-3203
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{
"id": 146,
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12 U 32/03
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:14
| 2019-02-12T12:38:50
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung des Klägers wird unter deren Zurückweisung im übrigen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 19.02.2003 - 9 O 41/01 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.616,56 nebst Jahreszinsen von 5 % über dem Basiszinssatz aus EUR 538,86 seit dem 06.02.2001 und aus weiteren EUR 1.077,77 ab 22.04.2003.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>2. Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 90 % und die Beklagte 10 %, von den Kosten der zweiten Instanz tragen der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Krankenversicherungsgesellschaft, auf Erstattung verauslagter Kosten für das Medikament Viagra in Anspruch und begehrt darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte auch künftig verpflichtet ist, die Kosten dieses Medikaments aufgrund des Krankenversicherungsvertrages zu erstatten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Der Kläger macht geltend, die erektile Dysfunktion sei durch seine organischen Vorerkrankungen, die aller Wahrscheinlichkeit zu einer arteriellen Gefäßveränderung im Bereich der Beckenorgane geführt habe, zurückzuführen. Darüber hinaus wirke sich die Einnahme des Betablockers negativ auf die Potenz aus. Es handle sich deshalb bei der erektilen Dysfunktion um eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen, so dass die Heilbehandlung mit dem Medikament Viagra auch medizinisch indiziert sei.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Das Landgericht hat die auf Zahlung und Feststellung gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Gabe des Medikaments Viagra für den Kläger nicht mehr vertretbar Gesundheitsrisiken mit sich bringe und daher nach Maßgabe der von der Rechtsprechung geforderten Grundsätze keine medizinisch notwendige Heilbehandlung mehr darstelle.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt unter Erweiterung des bezifferten Klageantrags (Klageantrag Ziff. 1) nunmehr:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mannheim vom 19.02.2003</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 1.616,56 nebst Jahreszinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus EUR 538, seit dem 06.02.2001 und aus EUR 1.077,77 ab Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Rahmen des bestehenden Krankenversicherungsvertragsverhältnisses verpflichtet ist, dem Kläger auch künftig die Kosten der medizinisch notwendigen Heilbehandlung mit dem Präparat Viagra zu erstatten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>A. Klagantrag Ziff. 1: EUR 1.616,56:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die Beklagte hat dem Kläger gem. § 1 Abs. 2 MB-KK 94 die Aufwendungen - hier Kosten des Medikaments Viagra - für die medizinische Heilbehandlung zu erstatten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>1. Beim Kläger liegt - unstreitig - eine erektile Dysfunktion vor. Hierbei handelt es sich nach Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) - zumindest auch - um eine Folgeerscheinung der beim Kläger unter anderem vorliegenden koronaren Herzkrankheit und damit ebenfalls um eine Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 2 MB-KK 94.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. zufolge führen die beim Kläger vorhandene arterielle Hypertonie, die durch eine frühe Manifestation der Arteriosklerose hämodynamische Relevanz erhält, zu einer Minderdurchblutung des Gliedes. Das Vorliegen der schweren koronaren Herzerkrankung mit Zustand nach Herzinfarkt sowie der ehemalige chronische Nikotinabusus und - so die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. - die Fettstoffwechselstörungen sind deutliche Zeichen für die beim Kläger vorliegende Arteriosklerose, die Risikofaktoren und Ursachen für das Entstehen einer erektilen Dysfunktion sind. Ebenso kann die regelmäßige Einnahme von Betablockern - so die Ausführungen beider Sachverständigen - beim Kläger eine erektile Dysfunktion nicht nur begünstigen, sondern mit hervorrufen. Betablocker bewirken - so der Sachverständige Prof. Dr. St.- eine Blutdrucksenkung in den meist ebenfalls arteriosklerotisch veränderten Gefäßregionen des kleinen Beckens und des Penis, wobei eine hämodynamische relevante Durchblutungsminderung erfolgt, die sich hemmend auf eine Erektionsinduktion auswirkt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Die erektile Dysfunktion ist damit - zumindest auch - eine Folgeerscheinung der koronaren und arteriellen Grunderkrankungen des Klägers und kann auch durch die Behandlung der koronaren Grunderkrankung durch Einnahme von Betablockern begünstigt, wenn nicht gar hervorgerufen worden sein. Sie ist - auch schon in Anbetracht des Alters des Klägers - damit nicht auf einen Alterungsprozess zurückzuführen. Dass bei Vorliegen dieser gewichtigen Risikofaktoren allein ein Genussmittelabusus Ursache der erektilen Dysfunktion ist, ist dermaßen fern liegend, dass hieran ein Anspruch des Klägers nicht scheitert. Im Rahmen der Überzeugungsbildung hindert diese Denkmöglichkeit den Senat nicht, sich hinreichende Gewissheit davon zu verschaffen, dass die erektile Dysfunktion beim Kläger in unmittelbarem Zusammenhang steht mit seinen körperlichen Gebrechen. Die erektile Dysfunktion des Klägers stellt eine Gesundheitsstörung (anormaler körperlicher Zustand) und damit eine Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 2 MB-KK 94 dar. Ob dies auch bei einer allein auf Genussmittelmissbrauch beruhenden erektilen Dysfunktion anzunehmen und dort eventuell - zumindest bei reversiblen Befunden - die Leistungspflicht des Versicherers über § 5 Abs. 1 b MB-KK 94 ausgeschlossen wäre, muss daher nicht entschieden werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Durchführung des Geschlechtsaktes eine rein individuelle Entscheidung des Einzelnen ist. Denn im vorliegenden Falle ist dem Kläger der Geschlechtsverkehr aufgrund der Folgen seiner Grunderkrankung nicht ohne Behandlung - Einnahme von Medikamenten - möglich. Hierin liegt die körperliche Beeinträchtigung und die Abweichung von einem normalen, gesunden körperlichen Befinden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>2. Das verordnete Medikament Viagra ist für die Heilbehandlung des Klägers medizinisch notwendig. Die Aufwendungen stellen erstattungspflichtige Kosten für ein Arzneimittel im Rahmen einer notwendigen Heilbehandlung gem. § 1 Abs. 1 MB-KK 94 dar.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Ob eine Behandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 MB-KK 94 notwendig ist, ist - wie das Landgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH zutreffend dargestellt hat - nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Mit dem Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung wird danach nicht an den Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem behandelnden Arzt und die nach diesem Vertrag geschuldete medizinische Heilbehandlung angeknüpft, es wird vielmehr zur Bestimmung des Versicherungsfall ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Beurteilungsmaßstab sind vielmehr die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Notwendig ist die Behandlung, wenn es aufgrund dieser Befunde vertretbar war, die Vornahme der ärztlichen Behandlung als notwendig anzusehen (BGH VersR 1996, 1224; 1991, 987, 1979, 221). Danach hat ein Versicherer grundsätzlich für die Kosten einzustehen, die dadurch entstehen, dass die zur Verfügung stehende und angewandte Behandlungsmethode nach medizinischen Erkenntnissen geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegen zu wirken (BGH VersR 1987, 278).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Dass die erektile Dysfunktion durch die Einnahme von Viagra mit Erfolg behandelt werden kann, steht nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. fest. Die beim Kläger angewandte Substanz Sildenafil (Viagra) ist eine oral applizierbare Substanz, die in der glatten cavernösen Muskulatur wirkt. Als Phosphodiesteraseinhibitor verstärkt sie die physiologisch induzierte Erektion auf intrazellulärer Ebene. Die Gabe eines PDE-5 Inhibitors führt zu einer Erfolgsrate von 30 bis 70 % bei Patienten mit erektiler Dysfunktion unterschiedlicher Genese. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. St. aufgezeigten, weiteren Behandlungsmethoden sind zwar ebenfalls solche, die für eine Behandlung einer erektilen Dysfunktion in Betracht kommen und die wie die Vergabe von Viagra ebenfalls geeignete Heilbehandlungsmethoden darstellen können. Es handelt sich bei den weiteren aufgezeigten Behandlungsmethoden aber um schon im Ansatz andere, mit der Einnahme von Viagra nicht vergleichbare Behandlungsalternativen der erektilen Dysfunktion, auf die der Kläger nicht verwiesen werden kann. Der Kläger müsste sich teilweise operativen Verfahren unterziehen, was ihm in Anbetracht anderer Alternativen, ebenso geeigneter Behandlungsmethoden nicht zugemutet werden kann. Die Vergabe von Viagra stellt eine neben den anderen Methoden in der Praxis angewandte Behandlungsmethode der erektilen Dysfunktion, die auf Heilung und Besserung der Erkrankung abzielt, dar.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Das Landgericht will gleichwohl eine medizinische Notwendigkeit mit der Begründung verneinen, dass die Einnahme von Viagra bei dem Kläger aufgrund seines Gesundheitszustandes nach Herzinfarkt und den von ihm deshalb einzunehmenden Medikamenten zu nicht mehr vertretbaren Gesundheitsrisiken führe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist allerdings, dass bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme grundsätzlich auch das damit verbundene Risiko in die Abwägung einfließen muss. Darüber hinaus wird bestimmten Maßnahmen schon dann die Notwendigkeit - vielleicht schon der Charakter als ärztliche Heilbehandlung - abzusprechen sein, wenn sie mit einem übergroßen Risiko eines letalen Ausgangs oder schwerwiegender gesundheitlicher Folgen verbunden sind. Die Schwelle ist dabei aber hoch anzusetzen. Darunter findet sich ein Bereich gesteigerter Risiken, die sich einer objektiven Aufrechnung mit den zu erwartenden Vorteilen entziehen. So gibt es einen Bereich auch existentieller Entscheidungen, wo die Risikoabwägung nicht dem Arzt vorbehalten, sondern nach hinreichender Aufklärung allein Sache des Patienten ist. Letzterer hat beispielsweise allein zu entscheiden, ob er eine mit hohem Risiko behaftete Operation mit Aussicht auf Heilung einer gewissen, aber begrenzten Lebensspanne bei konservativer Behandlung einer fortschreitenden Krankheit vorzieht. Aber auch dem von einer letalen Erkrankung betroffenen Patienten, der eine mit geringem Risiko und guten Heilungschancen verbundene Operation ablehnt und die verbleibende Lebensspanne allein mit nicht invasiver, weitgehend nur lindernder Behandlung überstehen möchte, muss sich nicht entgegen halten lassen, diese Behandlung sei medizinisch nicht notwendig, weil die Lebensverlängerung Vorrang habe. Nicht nur der Arzt hat dabei die Entscheidung des Patienten zu achten, auch der Versicherer darf im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit nicht eigene Risikoerwägungen an die Stelle der Beurteilung des Versicherten rücken.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Der Sachverständige Prof. Dr. K. hat ausgeführt, es bestehe angesichts der koronaren Herzerkrankung mit Koronarstenosen an zwei Gefäßen das mit größer als 50 einzuschätzende Risiko einer symptomatischen Myokardischämie (Angina-pectoris Anfall), welches durch sexuelle Betätigung noch erhöht werde. Bei einem derartigen Anfall benötige der Kläger ein rasch applizierbares Nitroglycerinpräparat (Nitrat). Bei Einnahme von Nitraten sei aber die Gabe von Viagra kontraindiziert, und zwar nicht nur bei Patienten, die unter einer regelmäßigen Nitratmedikation stünden, sondern auch bei solchen, denen Nitrate nur im Notfall verabreicht würden. Deshalb rate der Hersteller des Medikaments Viagra Patienten, die Nitrate benötigen, auch von der Einnahme von Viagra ab. Ferner - so weiter der Sachverständige Prof. Dr. K. - drohe dem Kläger wegen seiner Mehrgefäßerkrankung bei Zustand nach Herzinfarkt ein erhöhtes Risiko eines erneuten Herzinfarktes mit einer Akutmortalität von mehr als 50 %. Der Sachverständige Prof. Dr. K. hat aber bei der aktuellen Medikation unter gleichzeitiger Einnahme von Viagra keine absolute Kontraindikation, sondern nur eine eingeschränkte Indikation bejaht. Dabei hat er berücksichtigt, dass es bei der Kombination blutdrucksenkender Medikamente, die der Kläger benötigt, zu einem lebensbedrohlichen Kreislaufkollaps kommen kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Diesen Risiken steht die Unfähigkeit des Klägers, geschlechtlichen Verkehr zu haben, gegenüber. Nicht ganz zutreffend spricht das Landgericht von einem Widerstreit zwischen Lebensverlängerung und Lebensqualität, tatsächlich geht es um Lebensqualität und das gesteigerte Risiko eines vorzeitigen Ablebens. Damit ist aber nach Überzeugung des Senats ebenfalls ein existenzieller Konflikt angesprochen, der im Verhältnis zwischen Arzt und Patient, damit aber auch zwischen Versicherer und Versichertem nur von letzterem entschieden werden kann. Der Kläger hat zu entscheiden, ob er sich den Nebenwirkungen und Gefahren der Einnahme Viagra bei seiner Grunderkrankung mit der ebenfalls notwendigen Einnahme von Betablockern aussetzt oder nicht. Eine notwendige medizinische Heilbehandlung ist nur dann zu verneinen, wenn Viagra - wie nicht - keine Behandlungsmethode für eine erektile Dysfunktion darstellte, weil es nicht geeignet ist, der Krankheit entgegen zu wirken, oder die Einnahme von Viagra - wie ebenfalls nicht - angesichts der körperlichen Befindlichkeit des Klägers und den von ihm zudem eingenommenen Medikamenten von vorneherein mit höchstem Risiko lebensgefährlich und damit absolut kontraindiziert wäre. Der Kläger hat sich für die Linderung seines Leidens durch die Einnahme von Viagra entschieden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>3. Das Präparat Viagra ist den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. zufolge ein spezifisches Medikament zur Behandlung dieser Erkrankung und stellt entgegen der Behauptung der Beklagten kein (bloßes) Stärkungsmittel im Sinne von Ziff. 1, 1.1 des TarifG 1 dar (vgl. auch OLG München VersR 2001, 577). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Medikament wohl auch von nicht krankheitsbedingt beeinträchtigten Männern im Sinne eines Stärkungsmittels eingesetzt werden kann. Ob bei Medikamenten, die für eine nicht unbeträchtliche Personengruppe auch außerhalb einer Erkrankung wegen sonstiger Wirkungen attraktiv sind, eine genereller Ausschluss aus der Erstattungsfähigkeit im Sinne der Beitragszahler wünschenswert wäre - wofür einiges spricht - bzw. bedingungsgemäß vereinbart werden könnte, kann offen bleiben. Bei den hier zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen hält sich das Begehren des Klägers im Rahmen des Leistungsversprechens der Beklagten, von dem sie weder mit dem Verweis auf eine Belastung der Versichertengemeinschaft noch mit dem Hinweis, der Kläger könne die Kosten des Präparats problemlos selbst finanzieren, entbunden werden kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>4. Der Kläger hat die mit der Klage geltend gemachten Behandlungskosten im einzelnen durch die hierzu vorgelegten und ausgestellten Rezepte des behandelnden Arztes belegt. Der Senat hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die verordnete Anzahl dem Bedarf entspricht, der zur Linderung der Krankheit in Form eines Ausgleichs fehlender körperlicher Möglichkeiten erforderlich war. Der Kläger kann danach insgesamt EUR 1.616,56 beanspruchen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>5. Zinsen in der zuerkannten Höhe kann der Kläger aus Verzugsgesichtspunkten entsprechend Tenor 1. beanspruchen (§ 284 ff. BGB).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>B. Feststellungsklage:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Die Feststellungsklage ist unzulässig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Es fehlt hier an einem Feststellungsinteresse. Ein schutzwürdigen Interesses an der Feststellung der Erstattungsfähigkeit einer bestimmten Heilmaßnahme im Rahmen der privaten Krankenversicherung kann nur in besonderen Ausnahmesituationen angenommen werden. Dies ergibt sich aus der Natur der in Frage stehenden Ansprüche, insbesondere daraus, dass einerseits der menschliche Körper dauernd in Veränderung begriffen ist und andererseits die medizinische Entwicklung ständig fortschreitet, so dass regelmäßig sich die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung einer Festschreibung entzieht. Ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung ergibt sich daher nicht allein daraus, dass der Versicherer von vorn herein Leistungen unter medizinischem Blickwinkel ablehnt, sondern ist an das Vorliegen weiterer Voraussetzungen geknüpft, etwa den Umstand, dass das finanzielle Risiko der vom Arzt vorgeschlagenen Heilbehandlung für den Versicherten untragbar ist (OLG Stuttgart OLGR 1998, 23; vgl. auch BSGE 83, 254).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt nicht vor. Es ist dem Kläger durchaus zumutbar, die angefallenen Kosten für die Medikation zunächst vorzuschießen und dann gegebenenfalls gegenüber der Beklagten auch gerichtlich geltend zu machen.</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen.</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,653
|
olgkarl-2003-07-03-12-u-5303
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
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"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
12 U 53/03
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:14
| 2019-02-12T12:38:50
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. April 2003 - 3 O 43/03 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>IV. Die Revision wird zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten genommenen Privat- und Berufs-Rechtsschutzversicherung für Nichtselbstständige. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1994 (ARB 94) zugrunde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger und seine Ehefrau erwarben aufgrund notariell beurkundeter Erklärung vom 28.11.1996 als Ersterwerber eine Neubaueigentumswohnung in A für 123.725,- DM. § 2 des notariellen Vertrages bestimmt u.a.:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
"Der Vertragsgegenstand befindet sich in einem Neubau, der - bis auf die Außenanlagen - im Monat November 1996 fertiggestellt wird."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Weiter war in § 5 vereinbart:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
"Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche in Bezug auf Mängel am Bauwerk beträgt somit fünf Jahre ab Besitzübergang ... Zusätzlich tritt die Verkäuferin ... eventuelle Gewährleistungsansprüche gegen Unternehmer, Handwerker und sonstige am Bauwerk Beteiligte an den Käufer ab ..."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Für den Erwerb der Eigentumswohnung gewährte die B Bausparkasse ein Vorausdarlehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Kläger möchte gegen die B Bausparkasse Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungsverpflichtungen bei der Darlehensvergabe gerichtlich geltend machen und begehrt dafür Deckungsschutz von der Beklagten. Diese beruft sich auf den Risikoausschluss § 3 Abs. 1 d dd ARB 94, der lautet:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit
</td></tr></table>
<table><tr><td>d) .........</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
dd) der Finanzierung eines der unter aa) bis cc) genannten Vorhaben."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
§ 3 Abs. 1 d cc ARB 94 betrifft "Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, da es die Voraussetzungen des Risikoausschlusses für gegeben angesehen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Mit der Berufung gegen dieses Urteil verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter mit den Anträgen, die Beklagte zu verurteilen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
dem Kläger für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus der Finanzierung einer Eigentumswohnung in A, P. Straße, im November/Dezember 1996 gegenüber der B AG, Karlsruhe, wegen Verschulden bei Vertragsschluss Rechtsschutz im Rahmen der ARB 94 und des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages zu erteilen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
den Kläger von der Verbindlichkeit gegenüber den Rechtsanwälten Be. aus der Vorschussrechnung vom 11.12.2002 über 1.470,88 EUR freizustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Nach Ansicht des Klägers ist die Beklagte eintrittspflichtig. Der Risikoausschluss käme nur zum Tragen, wenn die Rechtsstreitigkeit einen sachlichen Zusammenhang bzw. einen direkten Bezug zur konkreten Bauleistung hätte. Die Verletzung von Aufklärungspflichten und fehlerhafter Kalkulation fielen in den Bereich des Bankenrechts und nicht unter Bauleistungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass der über Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss geführte Rechtsstreit des Klägers mit der den Erwerb der Eigentumswohnung finanzierenden Bausparkasse dem Risikoausschluss des § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 unterfällt und dem Kläger daher kein Anspruch auf Deckungsschutz zusteht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>A.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Hinsichtlich der Baurisikoklausel in den ARB 75, die einen "unmittelbaren Zusammenhang" der rechtlichen Interessenwahrnehmung mit "der Planung, Errichtung oder ... Veränderung ... eines Gebäudes" voraussetzt, hat der Senat - trotz grundsätzlicher Bedenken wegen des Begriffs der Unmittelbarkeit - im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH als maßgebend angesehen, ob das im Rechtsschutzfall wahrzunehmende Interesse in einem qualifizierten Zusammenhang steht mit dem speziellen Baurisiko. Dieser Zusammenhang war dann anzunehmen, wenn er rechtlich untrennbar mit den Bauleistungen verbunden ist (Senat r+s 2002, 418; NJW-RR 2003, 247). Auch der BGH (VersR 2003, 454) hat zwischenzeitlich nochmals hervorgehoben, dass der in § 4 (1) k ARB 75 geforderte Zusammenhang einen inneren sachlichen Bezug zur Planung und Errichtung eines Gebäudes voraussetzt. Von dieser Fassung des Risikoausschlusses unterscheidet sich § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 bezüglich der Baufinanzierung in wesentlichen Punkten (Senat NJW-RR 2003, 247; Prölss/Martin, VVG, 26 Aufl. § 3 ARB 94 Rdn 8; Armbrüster EWiR 2002, 551; Maier r+s 2002, 419; siehe auch Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 6. Aufl., § 3 ARB 94 Rdn 6). Zum einen wird lediglich ein ursächlicher Zusammenhang gefordert, zum anderen wird die Finanzierung ausdrücklich als Risikobereich erwähnt. Der Senat gelangt daher bei der Auslegung der Klausel zu dem Ergebnis, dass der Risikoausschluss bei einer Baufinanzierung auch dann eingreift, wenn sich lediglich das Finanzierungsrisiko, nicht aber ein besonderes Baurisiko verwirklicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Dabei wird beachtet, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und in Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Es kommt auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGH VersR 1993, 957; VersR 2002, 1503). Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm dies hinreichend verdeutlicht wird (BGH VersR 2001, 489; VersR 2003, 454). Auf die Entstehungsgeschichte einer Klausel, die der Versicherungsnehmer regelmäßig nicht kennt, kann zu seinem Nachteil nicht verwiesen werden (BGH ZfSch 1996, 261; NJW 2003, 139). Ohne Bedeutung für die Auslegung bleiben ferner Gesichtspunkte, die etwa aus der Gesetzessystematik abgeleitet werden können, weil sie sich dem Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei Durchsicht und Würdigung der Versicherungsbedingungen nicht erschließen (BGH VersR 2001, 489). Wenn allerdings die Rechtssprache mit einem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet, ist anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kommt in diesen Fällen lediglich dann in Betracht, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH Urt. v. 21.05.2003 - IV 327/02 -).
</td></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
1) Der Rechtsstreit mit der Bausparkasse steht in ursächlichem Zusammenhang mit einer Finanzierung. Eine solcher Zusammenhang liegt bei Auseinandersetzungen wegen Verletzung vor- oder nebenvertraglicher Pflichten einer Kreditgebers im Rahmen eines Finanzierungsgeschäfts auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auf der Hand. Zu den Risiken einer Fremdfinanzierung gehört auch eine unzutreffende Einschätzung der Amortisation der Kreditaufnahme aufgrund Unkenntnis der speziellen Risiken der finanzierten Maßnahme, damit aber auch der Grund, der dem Kläger, der der Bausparkasse die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten über eben diese Risiken vorwirft, Anlass zu seinem Rechtsstreit gibt. Damit liegt auch ein innerer sachlicher Zusammenhang mit dem ausgeschlossenen Finanzierungsrisiko vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
2) Die Finanzierung betrifft auch ein Vorhaben gemäß § 3 Abs. 1 d. bb ARB 94. Finanziert wird die "Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils, das der Kläger im Zeitpunkt der Finanzierung zu erwerben beabsichtigte". Allerdings wird das finanzierte Geschäft von den Vertragsschließenden als Kaufvertrag bezeichnet. Dies steht jedoch der Anwendung von § 3 Abs. 1 d. dd ARB 94 nicht entgegen. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen von einer Verpflichtung des Veräußerers gegenüber dem Kläger auf Erstellung eines Bauwerks auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BGH richten sich Sachmängelansprüche des Erwerbers eines Grundstücks mit einem vom Veräußerer darauf zu errichtenden oder im Bau befindlichen Bauwerk in aller Regel nach Werkvertragsrecht, und zwar auch dann, wenn bei Vertragsschluss an dem Bau nur noch unbedeutende Kleinigkeiten fehlten oder er sogar schon ganz fertiggestellt war. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der zum Vertragsinhalt gemachten Verpflichtung des Grundstücksveräußerers zur Erstellung des Bauwerkes. Eine derartige Verpflichtung muss nicht ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen sein. Sie kann sich auch aus dem Zusammenhang der einzelnen Vertragsbestimmungen sowie aus den Umständen ergeben, die zum Vertragsschluss geführt haben. Auf die Bezeichnung des Vertrages (etwa als "Kaufvertrag") kommt es nicht an (BGHZ 74, 204; 74, 258; BGH NJW 1981, 273). Eine Erstellungsverpflichtung ergibt sich hier schon aus der Überlegung, dass der Kläger bei teilweise fehlenden Arbeiten nicht kaufvertragsmäßig auf Wandelung und Minderung hätte beschränkt werden können, sondern bei interessengerechter Auslegung (§§ 133, 157 BGB) seiner Vereinbarung mit dem Veräußerer von diesem vollständige Herstellung verlangen können muss. Dementsprechend enthält der Erwerbsvertrag auch die Abtretung der in die selbe Richtung weisenden Gewährleistungsansprüche gegen Unternehmer und Handwerker. Dass der Veräußerer das Bauwerk nicht selbst errichtet, sondern die Errichtung durch Verträge mit Dritten sichert, entlässt ihn gegenüber dem Erwerber nicht aus seiner Herstellungsverpflichtung. Ob nach neuem Recht anderes zu gelten hat, muss hier nicht entschieden werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Solche Verträge mit Herstellungsverpflichtung gehören auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu dem Bereich der "Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen". Hiervon ist die Rechtsprechung zu der insoweit wortgleichen Bestimmung des § 4 1 k ARB 75 durchweg ausgegangen (BGH VersR 1994, 44; OLG Karlsruhe ZfSch 1984, 15; OLG Stuttgart OLGR 2001, 27; OLG Köln r+s 1994, 423). Gleiches gilt für § 3 Abs. 1 d ARB 94 (OLG Frankfurt VersR 2003, 366).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Ein innerer Zusammenhang mit einem klassischen Baurisiko muss bei § 3 Abs. 1 d. dd ARB 94 nicht bestehen, da für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar der Versicherungsschutz für die aus vielfältigen Gründen (z.B.: hohe Summen, vermeintliche Sicherheiten, Gefahr der Überforderung bei nicht unbedeutender Anzahl der Betroffenen) als riskant angesehene Baufinanzierung insgesamt versagt werden soll. Eine Beschränkung auf die Verwirklichung des klassischen Baurisikos kann allenfalls derjenige erwägen, der die - bei der Auslegung nicht maßgebliche - Entstehungsgeschichte der Vorschrift kennt. Aus dem Wortlaut der Klausel ergibt sich eine solche Beschränkung ebenso wenig wie aus deren Sinnzusammenhang. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird Rechtsstreite über die Finanzierung von Bauten ohnehin nur für Ausnahmefälle mit dem klassischen Baurisiko in Verbindung bringen. Dass andere - vielleicht ähnlich risikobehaftete - Finanzierungen nicht vom Versicherungsschutz ausgenommen sind, spielt dabei keine Rolle. Weitere Beschränkungen des fraglichen Risikoausschlusses erwartet der durchschnittliche Versicherungsnehmer deshalb nicht. Auch der Kläger wird in seinen berechtigten Leistungserwartungen nicht enttäuscht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Das Urteil ist gem. §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Die zu entscheidende Rechtsfrage hat - was schon die Zahl der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen zur Baurisikoklausel der ARB 75 belegt - grundsätzliche Bedeutung.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
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136,655
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olgkarl-2003-07-03-3-ws-7203
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{
"id": 146,
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3 Ws 72/03
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:15
| 2019-02-12T12:38:51
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts - - M. vom 05. März 2003 aufgehoben.</p>
<p>Das Hauptverfahren wird eröffnet. Die Anklage der Staatsanwaltschaft M vom 05. Juli 2002 (611 Js 215/96) wird zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht - - M zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>I. 1. Mit ihrer ursprünglichen unter dem 10.08.1999 zum Landgericht - - M erhobenen (Teil-) Anklage hatte die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten zur Last gelegt, in ihrer Funktion als Vorstandvorsitzender - der Angeschuldigte R -, als stellvertretender Vorstandsvorsitzender - der Angeschuldigte S - , als Ressortleiter Firmenkredite - der Angeschuldigte Hö - sowie als Hauptabteilungsleiter des Bereichs Firmenkredite, als Verhinderungsvertreter des Vorstands und ab August 1994 zusätzlich als stellvertretendes Vorstandsmitglied - der Angeschuldigte Ho - der Stadtsparkasse M in den Jahren 1993 bis 1995 aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses durch eine Vielzahl von Einzelkreditentscheidungen in bewusstem und gewollten Zusammenwirken pflichtwidrig bewirkt zu haben, dass an die ... Firmengruppe des ... (...) Kredite in Höhe von insgesamt DM 53,6 Millionen ohne zureichende Prüfung der Bonität der Kreditnehmer und der Sicherheiten vergeben worden seien. In rechtlicher Hinsicht hatte die Staatsanwaltschaft das Geschehen als einheitliches Vergehen der Untreue i.S. einer natürlichen Handlungseinheit bewertet. Mit Beschluss vom 20.12.1999 lehnte die mit der Sache damals befasste Strafkammer ... des Landgerichts M die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen ab, da insoweit Pflichtverletzungen, jedenfalls von bedingtem Schädigungsvorsatz getragene, die den Vorwurf der Untreue rechtfertigen könnten, nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen seien. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hob der Senat mit Beschluss vom 12.03.2002 (3 Ws 3/00) den Beschluss der Strafkammer vom 20.12.1999 insoweit auf und stellte das Verfahren aus formellen Gründen - mangels wirksamer Anklage - ein.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Mit Schrift vom 05.07.2002 erhob die Staatsanwaltschaft im Komplex ... gegen die Angeschuldigten - nach Beschränkung des Verfahrensstoffes gem. §§ 154 Abs. 1, 154 a Abs. 1 StPO - erneut Anklage, nun wegen Verdachts der Untreue durch Kreditvergaben in vier tatmehrheitlichen Fällen (Tatzeiten: 31.08.1993 [5,81 Mio. DM]; 01.02.1994 [7,3 Mio. DM]; 15.02.1994 [25,5 Mio. DM]; 26.10.1994 [18 Mio. DM]). Mit Beschluss der mit der Sache nun befassten ... des Landgerichts M vom 05.03.2003 ist die Eröffnung des Hauptverfahrens wiederum - jetzt aus Rechtsgründen - abgelehnt worden. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft erneut mit der - von der Generalstaatsanwaltschaft ... vertretenen - sofortigen Beschwerde mit dem Ziel der Eröffnung des Hauptverfahrens. Die Angeschuldigten und ihre Verteidiger hatten Gelegenheit zur Stellungnahme; der Angeschuldigte R beantragt mit Verteidigerschriftsatz vom 28.04.2003, der Angeschuldigte Ho mit Verteidigerschriftsatz vom 20.05.2003, das Rechtsmittel zu verwerfen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>2. Zum Verfahrensgang und -stand im Übrigen ist festzuhalten:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Den Angeschuldigten wurden bzw. werden über die (Teil-) Anklageschrift vom 10.08.1999 bzw. die nun maßgebliche vom 05.07.2002 hinaus weitere Vergehen der Untreue in den Komplexen ... und ... vorgeworfen (Anklageschriften vom 27.5.1999, 01.07.1999 und 25.08.1999). Insoweit hatte die Strafkammer des Landgerichts M mit dem eingangs genannten Beschluss vom 20.12.1999 das Hauptverfahren eröffnet. Urteil erging am 24.07.2000. Dieses hob der Bundesgerichtshof auf die Revision der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - (nur teilweise abgedruckt in BGHSt 47, 148) mit den Feststellungen im Komplex ...- insoweit waren die Angeschuldigten vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden - unter Verwerfung der Revision im Übrigen teilweise auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht M zurück; insoweit wird die erneute Hauptverhandlung seit dem 26.06.2003 vor der Strafkammer durchgeführt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Im Komplex ... nahm der Bundesgerichtshof die Freisprüche der Angeschuldigten hin, da das Landgericht seine Zweifel am Vorsatz der Angeschuldigten zum Merkmal der Pflichtwidrigkeit und am Schädigungsvorsatz „gerade noch tragfähig begründet“ habe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Im Falle des Angeschuldigten Hö , der wegen Untreue in fünf Fällen im Komplex Satellitenfinanzierung zu der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war, hob der Bundesgerichtshof mit selbigem Urteil vom 15.11.2001 das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft - unter Zurückverweisung der Sache - im Strafausspruch auf; in der erneuten Hauptverhandlung erkannte das Landgericht - Strafkammer - M gegen diesen mit - rechtskräftigem - Urteil vom 26.03.2002 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>II. Die nach § 210 Abs. 2 StPO zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft führt - unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 05.03.2003 - zur Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht - - M. und zur Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor dieser Kammer.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist zu beschließen, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint (§ 203 StPO). Hinreichender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn die nach Maßgabe des Akteninhalts vorzunehmende vorläufige Tatbewertung ergibt, dass die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich ist (BGHSt 23, 304, 306; Senat wistra 1985, 163). In der Zulassung der Anklage liegt nur eine vorläufige Tatbewertung, die sich auf Grund der Hauptverhandlung als unzulänglich oder falsch erweisen kann. Das im Rahmen der Eröffnungsentscheidung zu treffende Wahrscheinlichkeitsurteil belässt einen gewissen Beurteilungsspielraum (BGH NJW 1970, 1543, 1544). Für die Anwendung des Zweifelssatzes ist aber noch kein Raum (KG NJW 1997, 69). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Verurteilung kann nicht gefordert werden. Die gleich hohe Wahrscheinlichkeit wie beim dringenden Tatverdacht i.S. der §§ 112 Abs. 1 Satz 1, 126 a Abs. 1 StPO wird nicht vorausgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit muss aber so groß sein, dass es einer Entscheidung durch das erkennende Gericht bedarf, um festzustellen, ob noch bestehende Zweifel gerechtfertigt sind (KK-Tolksdorf StPO 4. Aufl. § 203 Rdnr. 5). Zweifelhafte Tatfragen stehen der Eröffnung nicht entgegen, wenn in der Hauptverhandlung durch die Bewertung widersprechender Zeugenaussagen, einzuholender Gutachten und die Einlassung des Angeschuldigten eine Klärung zu erwarten ist, die wahrscheinlich zu einer die Verurteilung tragenden Grundlage führen wird. Das Gericht ist dabei gehalten, seine Beurteilung einerseits aufgrund des gesamten Ermittlungsergebnisses vorzunehmen, andererseits aber auch die besseren Aufklärungsmöglichkeiten der Hauptverhandlung in Rechnung zu stellen (KG a.a.O.). Unter Anlegung dieses Maßstabes hat das Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Erstgerichts und dessen rechtliche Beurteilung in vollem Umfang nachzuprüfen (Tolksdorf a.a.O. § 210 Rdnr. 8).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Diese Prüfung ergibt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>1. In formeller Hinsicht ist die Verfahrensvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anklageerhebung - entgegen der Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer - nunmehr erfüllt. Die Anklageschrift vom 05.07.2002 genügt der geforderten Umgrenzungs- und Informationsfunktion (vgl. etwa Senat Die Justiz 1994, 449). Sie bezeichnet die den Angeschuldigten zur Last gelegten Taten sowie Ort und Zeit ihrer Begehung so genau, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat jeweils gemeint ist; es bleibt nicht unklar, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (BGHSt 40, 390; Senat B. v. 12.03.2002 - 3 Ws 3/00 -). Welche einzelnen Tathandlungen die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten in objektiver und in subjektiver Hinsicht zur Last legt, mithin als strafbares Unrecht ansieht, lässt sich dem Anklagesatz hinreichend entnehmen. Dabei ist die zeitliche Umgrenzung unzweifelhaft. Auch lässt sich beurteilen, welcher der Angeschuldigten bei den in Betracht kommenden Tathandlungen, insbesondere den einzelnen Beschlussfassungen beteiligt gewesen sei. Dies gilt auch für die Mitwirkung des Angeschuldigten R im Falle II. Die Anklageschrift, insbesondere der Anklagesatz teilt die den Angeschuldigten vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten mit. Einer näheren Darstellung der darin genannten gesetzlichen, satzungsrechtlichen und sich aus den jeweiligen Dienstverträgen ergebenden Pflichten sowie der sparkassenrechtlich vorgeschriebenen Bewertungsrichtlinien bezüglich gewährter Sicherheiten bedurfte es nicht; die Pflichten von Bankleitern bei der Kreditvergabe haben nicht zuletzt durch die bekannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGHSt 46, 30; 47, 148) ihre Umschreibung bzw. Konkretisierung erfahren. Auf die einzelne Kreditbewilligung, Ausweitung oder Verlängerung wird näher eingegangen, ebenso darauf, warum sie den Interessen der Bank zuwidergelaufen und auch nicht ausnahmsweise gerechtfertigt gewesen sei, sowie darauf, dass - aus Sicht der Anklagebehörde - die Kreditvergabe eine erfolgreiche Sanierung des Kreditengagements nicht versprochen habe, und auch darauf, dass eine ausreichende Sicherheit im Einzelfall nicht gestellt worden sei. Die Betroffenheit des Vermögens der Sparkasse durch die angeführten Beschlussfassungen ergibt sich daraus zwanglos. Schließlich kann die weiter konkretisierende Beschreibung der Vorwürfe im „Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen“, das in der Anklageschrift auf 175 Seiten dokumentiert ist, nicht übersehen werden. Damit bereits den Anklagesatz zu befrachten, ist tunlichst zu vermeiden (vgl. zur Unzulässigkeit eines zu langen, weil Beweiswürdigung betreibenden Anklagesatzes: BGH NJW 1987, 1209). Die Darstellung des jeweiligen Tatvorwurfs im Anklagesatz ist vielmehr, wie geschehen, zu straffen, da sie nur das Thema der Hauptverhandlung in tatsächlicher Hinsicht angeben soll; Einzelheiten des Tatgeschehens, die hierfür entbehrlich sind, werden in den Anklagesatz nicht aufgenommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>2. Eine rechtsstaatswidrige - gar ein Verfahrenshindernis begründende - Verfahrensverzögerung während des seit Einleitung (Mitte 1996) des sich ursprünglich auf den Tatzeitraum von 1990 bis 1996 erstreckenden Ermittlungsverfahrens, wie die Verteidigung des Angeschuldigten R geltend macht, vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen, zumal das Gesamtverfahren komplexe, tatsächlich und rechtlich schwierige Sachverhalte aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität zum Gegenstand hat, deren Beurteilung umfangreiche, aufwändige, über dem Durchschnitt wirtschaftsstrafrechtlicher Verfahren liegende Ermittlungen erforderlich machte, die sich nicht zuletzt im Umfang der angefallenen Akten widerspiegeln (vgl. etwa BGH NJW 2001, 1146, 1149 m.w.N.). Auch der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 15.11.2001 eine solche Verzögerung nicht bemängelt. Wegen der Einhaltung des Beschleunigungsgebotes nimmt der Senat außerdem auf seine Entscheidungen vom 16.10.1998 - 3 HEs 195/98 -, vom 11.02.1999, 21.05.1999 und 06.09.1999 - jew. 3 HEs 24/99 - Bezug. Mit seiner Entscheidung vom 30.09.1999 - 2 BvR 1775/99 - hat das Bundesverfassungsgericht nicht die Dauer des Gesamtverfahrens als solche, sondern die der Untersuchungshaft der beiden Angeschuldigten Hö und Ho mit Blick auf deren Freiheitsgrundrecht als unverhältnismäßig beanstandet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Dass in der Folgezeit das hier vorangegangene Beschwerdeverfahren im Komplex ... beim Senat bis zu dessen Entscheidung am 12.03.2002 (3 Ws 3/00) etwa zweieinviertel Jahre anhängig war, gründet darin, dass es nach Abtrennung dieses Teilverfahrens bzw. Nichteröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss der Strafkammer vom 20.12.1999 galt, - sachdienlicher Weise - zunächst die, wie noch darzustellen ist, Ergebnisse des bereits laufenden Hauptverfahrens, insbesondere die - nun aus dessen Urteil vom 15.11.2001 (1 StR 185/01) ersichtliche, die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung fortentwickelnde - Haltung des Bundesgerichtshofes zur Verantwortlichkeit bzw. Untreue von Bankleitern bei Kreditvergaben hier einzubringen. Die gebotene Gesamtwürdigung der Sachverhalte (vgl. hierzu schon Senat B. v. 21.05.1999 - 3 HEs 24/99 - BAS 4) hatte bereits der ursprünglich erkennenden Strafkammer Anlass gegeben, obwohl es sich seit dem 17.03.1998 bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.09.1999 - 2 BvR 1775/99 - bzw. denen des Senats vom 01.10.1999 - 3 Ws 205 und 206/99 - im Falle der Angeschuldigten Hö und Ho um eine Haftsache gehandelt hatte, nicht vor Erhebung der letzten Teilanklage vom 25.08.1999 über die Eröffnung bzw. Nichteröffnung des Hauptverfahrens, wie schließlich am 20.12.1999 beschlossen, zu befinden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Die - ohnedies nur mit Einschränkungen mögliche - rückblickende hypothetische Abschätzung des Verfahrensablaufs und des Standes des vorliegenden (Teil-) Verfahrens für den Fall, dass der Senat über die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss vom 20.12.1999 (Nichteröffnung des Hauptverfahrens im Komplex ...) nicht - wie geschehen - erst am 12.03.2002 d.h. nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2001, sondern zeitnäher entschieden hätte, ergibt, dass das Verfahren wohl auch derzeit noch nicht zu einem rechtskräftigen Abschluss gebracht wäre. Selbst bei erneuter Anklageerhebung bis Mitte des Jahres 2000 und Hinzuverbindung zu dem damals noch vor der Strafkammer ... laufenden Verfahren wäre, da jene Kammer - wie sich nun aufgrund der fortentwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs herausgestellt hat - von teilweise zu hohen Anforderungen an die Bejahung der Pflichtwidrigkeit, jedenfalls in subjektiver Hinsicht, und des Schädigungsvorsatzes ausging (vgl. BGH a.a.O. UAS 24, 25), erneut mit der Nichteröffnung des Hauptverfahrens zu rechnen gewesen, jedenfalls - die Eröffnung des Hauptverfahrens einmal unterstellt - mit einem Freispruch der Angeschuldigten - wie in den Parallelkomplexen ... und ... mit Urteil der Kammer vom 24.07.2000 erfolgt -, der Durchführung des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof auch insoweit und, soweit dies beurteilt werden kann, mit der Zurückverweisung auch dieser Sache an die nun damit befasste Strafkammer.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Wegen der Einzelheiten der weiteren Erschwernisse für das (Gesamt-) Verfahren und dessen daher angedachter Abwicklung nach der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht M. zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Falle ... sei auf den allseits bekannten Vermerk des ehemaligen Vorsitzenden der Strafkammer vom 09.08.2002 verwiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Allerdings wird die Strafkammer im Falle eines Schuldspruches im Rahmen der Strafzumessung den langen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil, die Belastung der Angeschuldigten durch die lange Verfahrensdauer, die der Senat nicht verkennt, und eine etwaige partielle Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Art. 6 Abs. 1 EMRK zu bedenken haben (vgl. etwa BGH NJW 1999, 1198; NStZ-RR 2001, 294; StraFo 2001, 409 m.w.N.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Schließlich könnte wegen des lange zurückliegenden Tatzeitraumes, der fehlenden Eigennützigkeit etwaiger Untreuehandlungen und des Alters sowie Gesundheitszustandes bestimmter Angeschuldigter eine Sachbehandlung, wie sie im Vermerk vom 09.08.2002 (dort Bl. 2) erwogen wurde, nach wie vor angemessen erscheinen. Dies unterliegt freilich der pflichtgemäßen Entscheidung des erkennenden Gerichts und der sonstigen Verfahrensbeteiligten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>3. In der Sache selbst - in materieller Hinsicht - besteht hinreichender Tatverdacht im Sinne der Anklagevorwürfe aufgrund der in der Anklageschrift im Einzelnen bezeichneten Beweismittel und deren vorläufiger Würdigung im „Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen“, der der Senat in ihren tragenden Erwägungen nach Aktenlage bei Anlegung der vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - (BGHSt 47, 148; vgl. auch BGHSt 46, 30) sowohl zu den Merkmalen der Pflichtwidrigkeit, der Vermögensgefährdung und des Vermögensschadens i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB als auch zum diesbezüglich zumindest erforderlichen bedingten Vorsatz entwickelten Maßstäbe beitritt. Die Einwendungen der Verteidigung vermögen demgegenüber den Tatverdacht im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens nicht unter die Schwelle des hinreichenden zu mindern. Die Feststellung des Schuldumfanges im Einzelnen, der tatsächlichen Tatbeteiligung des jeweiligen Angeschuldigten und deren rechtliche Einordnung (vgl. zur unterschiedlichen Verantwortlichkeit der Beteiligten bei mehrköpfigen Entscheidungsgremien und zu den Voraussetzungen der eigenen Prüfungspflicht eines jeden Beteiligten: BGH a.a.O. UAS 25) muss freilich - wie stets - den Beweisergebnissen der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Die Sache bedarf, bei Anlegung des eingangs aufgezeigten Maßstabes, aus Gründen der Wahrheitsfindung der Klärung in einer Hauptverhandlung. Für diese Einschätzung kommt der Tatsache, dass der Senat bereits in seinen ehemaligen Haftfortdauer- und Beschwerdeentscheidungen im Falle der Angeschuldigten Hö und Ho (Senat a.a.O.; vgl. auch Senat B. v. 29.07.1999 -3 Ws 145/99-), auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen sei, - auch was den Komplex ... anbetrifft - jeweils sogar dringenden Tatverdacht i.S. § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO bejaht hat, nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu; denn die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts erfolgt stets auf der Grundlage des abgeschlossenen Ermittlungsergebnisses, die des dringenden Verdachts dagegen auf Grund des gegenwärtigen Standes der Ermittlungen, der sich ändern kann. Vielmehr ist die ... auf der Basis der gerade durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2001 - 1 StR185/01 - erhärteten Verdachtslage i.S.d. § 203 StPO mit den weit besseren Erkenntnismöglichkeiten der Hauptverhandlung auf Grund ihrer Sachnähe und besonderen Kompetenz berufen, in dieser bedeutsamen, komplexen ... in Erfüllung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht alle Möglichkeiten zur Erforschung der Wahrheit bzgl. der den Angeschuldigten zur Last liegenden Taten, insbesondere bzgl. der tatsächlichen Handhabung der Verteilung der Geschäfte innerhalb der damaligen Sparkasse M, der Gepflogenheiten bei der Kreditvergabe und etwaiger Manipulationen an Kreditbeschlussvorlagen auszuschöpfen (vgl. ähnlich KG a.a.O.). In der Hauptverhandlung wird sich die Kammer einen zeitgleichen Eindruck nicht nur von der Persönlichkeit der Angeschuldigten, sondern auch von ihrem jeweils die Verantwortung auf andere (Kreditvorstand / „Nichtkreditvorstand“ / Sachbearbeitungsebene) lenkenden Einlassungsverhalten und von den sie be- bzw. entlastenden Zeugen verschaffen können. Auch wird sie die in der derzeit mit den Angeschuldigten im persönlich, sachlich und partiell zeitlich zusammenhängenden Parallelkomplex ... durchgeführten Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse hier einbringen können und müssen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Hinzu kommt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>In seinem Urteil vom 15.11.2001 stellt der Bundesgerichtshof fest, dass bereits in den Parallelkomplexen ... und ... sämtliche der im Urteil des Landgerichts M vom 24.07.2000 abgehandelten Kreditentscheidungen, soweit die Angeschuldigten daran beteiligt waren, - wohl auch schon der Erstkredit im Fall ... vom August 1993 und der Erstkredit im Fall ... vom April 1994 - mit gravierenden Verstößen gegen die Pflichten bei der Kreditvergabe behaftet waren, obwohl die Angeschuldigten in beiden Komplexen gar „Kreditbetrügern aufgesessen“ waren (BGH a.a.O. UAS 19). Die Kreditvergaben waren wegen Vernachlässigung der den Angeschuldigten obliegenden Informations- und Prüfungspflichten objektiv pflichtwidrig. Wenn auch diese Feststellungen unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der erneuten derzeit laufenden Hauptverhandlung stehen, liegt in Anbetracht der starken strukturellen Ähnlichkeit der Sachverhalte, die auch die Verteidigung sieht, ebenso im hier zu beurteilenden Komplex ... die Annahme der Pflichtwidrigkeit der vorgeworfenen Kreditentscheidungen nicht fern. Dafür ist nicht erforderlich, dass der Kreditgeber bei seinen Kreditentscheidungen nach „Art eines Spielers“ handelt, wie dies aber die ... in ihrer Nichteröffnungsentscheidung vom 20.12.1999 voraussetzte. Entscheidend ist vorliegend vielmehr, dass sich die ...-Firmengruppe, mit der die ... schon seit 1984 in Geschäftsbeziehung stand, bereits zum Zeitpunkt der ersten hier streitbefangenen Kreditentscheidung vom 31.08.1993 in massiven finanziellen Schwierigkeiten befand; hierüber waren die Gremien der ...- Gesamtvorstand und Kreditausschuss -, die die Entwicklung des Engagements schon seit 1984 verfolgen und analysieren konnten, informiert, wie sich aus der Kreditbeschlussvorlage ergibt. Die fehlende Bonität der Kreditnehmer war, wie selbst im angefochtene Beschluss der Strafkammer ... vom 05.03.2003 feststellt ist, deutlich zu Tage getreten; die unzureichende Kapitalausstattung war bekannt. Vor allem seit 1993 waren die Angeschuldigten ständig mit dem Kreditengagement befasst, wobei sie um die erkennbare Gefahr der Illiquidität, die existentielle Gefährdung der Firmengruppe und deren massive operative Verluste wussten. Unter diesen Umständen traf nicht nur den „Kreditvorstand“, sondern auch den „Nichtkreditvorstand“, die Angeschuldigten R und S, eine besondere Informations- und Prüfungspflicht. Diese erstreckt sich auch auf die Frage der Zuverlässigkeit der weiteren Entscheidungsträger und Kreditsachbearbeiter sowie die Verlässlichkeit der von diesen vorgelegten Informationen und Beurteilungen. Ergeben sich Zweifel oder Unstimmigkeiten, sind eigene Nachprüfungen geboten (BGH a.a.O. UAS 25; BGHSt 46, 30). Eine eigene Nachprüfung ist auch dann erforderlich, wenn die Kreditvergabe - wie aufgrund der in den Kreditvorlagen jeweils klar formulierten Risikotatbeständen ersichtlich - ein besonders hohes Risiko beinhaltet. Erst recht gilt dies bei einem Risiko für die Existenz der Bank. Der Ort, dies im Einzelnen festzustellen, ist die Hauptverhandlung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Zwar könnte eine Pflichtwidrigkeit i.S.d. § 266 StGB bei der Vergabe von - auch hochriskanten - Folgekrediten entfallen, wenn diese Erfolg versprechen. Die von dem Kreditgeber zu treffende Prognose setzt aber einen wirtschaftlich vernünftigen, realistischen Gesamtplan des Kreditgebers - auf dessen gestaltendes nachhaltiges Konzept kommt es entscheidend an - , der auf einen einheitlichen Erfolg angelegt ist und bei dem nach einem Durchgangsstadium ein Sanierungserfolg tatsächlich erzielt wird, voraus (vgl. BGH a.a.O. UAS 21). Ein solcher wurde indes vorliegend, auch als sich die hohen Risiken für die ... aus dem ...-Engagement abgezeichnet hatten und manifest waren, nicht entwickelt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Im Rahmen des Untreuetatbestandes ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist (BGH NJW-RR 1986, 371, 372). Nur dann, wenn die Existenz der ... nicht bedroht ist und die Kreditwürdigkeit sorgfältig geprüft wird, können bei der Erfolgsbewertung auch weitere Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die - von den Angeschuldigten geltend gemachte - ökonomisch sinnvolle Erhaltung eines Unternehmens und seiner Arbeitsplätze (BGH a.a.O. UAS 21). Anhaltspunkte dafür, dass im Komplex ... die oben genannten Grundvoraussetzungen erfüllt waren, sind jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr indizieren schon die Entwicklung vor dem Tatzeitraum und insbesondere die Zahl und Höhe der im Tatzeitraum erforderlichen Einzelwertberichtigungen (von DM 10,7 Mio zum Ende des Jahres 1993 auf DM 30 Mio zum Ende des Jahrs 1995), das Scheitern der Beteiligung externer Dritter an der Firmengruppe, die Fraglichkeit der angedachten Fondslösung und der reibungslosen Verwertbarkeit der Außenstände der Firmengruppe sowie der dinglichen Sicherheiten auf ausländischem Grundbesitz des ... - selbst bei einer ex-ante Betrachtung -, dass die Prüfung der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit nicht mit der gebotenen, Risiken und Chancen abwägenden Sorgfalt vorgenommen wurde. So stellt schon die ... in ihrer Entscheidung vom 20.12.1999 fest, dass die Angeschuldigten mit ihren fortwährenden Bestrebungen scheiterten, den Schadenseintritt zum Nachteil der ... abzuwenden, „weil sie sich nicht rechtzeitig dazu durchgerungen haben, schulmäßig die Prüfung der Sanierungsfähigkeit und die Erstellung eines tragfähigen Fortführungskonzeptes zu veranlassen, d.h. ob mit den vorhandenen Mitteln (ggf. Sanierungskredit) innerhalb vorgegebener Zeit das Kreditengagement aus der erkannten gegenwärtigen Krise in eine tragfähige sowie beherrschbare Position überführt werden kann“. Auch jene ... bemängelte die handwerklichen Fehler und Fehleinschätzungen sowie die unzulängliche Handhabung der Kreditvergabe, wenn sie auch wegen des von ihr angelegten, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu engen Maßstabs (Kriterium der offenkundigen Unvertretbarkeit der Kreditvergabe) und folglich unzutreffend den hinreichenden Verdacht von Pflichtwidrigkeiten i.S.d. § 266 StGB bei den Kreditentscheidungen verneinte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Auf die Zielsetzung der Standort- und Arbeitsplatzsicherung sowie den Erhalt der Anziehungskraft des Regionalflughafens in M-... als Aufgabe der ... als kommunalem Kreditinstitut werden sich die Angeschuldigten bei dieser Sachlage - entgegen der von den ... in ihren Nichteröffnungsbeschlüssen vertretenen Meinung - auch bei Beachtung des Gebots des § 6 Abs. 5 ... - nicht mit Erfolg berufen können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>In die Prüfung der Frage, ob durch die Kreditentscheidungen im Komplex ... etwa die Existenz der ..., wie vorliegend geschehen, bedroht werden konnte, sind freilich auch die sonstigen Kreditengagements der ..., insbesondere die gewichtigen, ebenfalls besonders risikobehafteten Engagements in den Parallelkomplexen ... und ... einzustellen; eine isolierte Betrachtung verbietet sich. Hier gewinnt die Tatsache der objektiv pflichtwidrigen Kreditentscheidungen in jenen Fällen ebenfalls Bedeutung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Zwar kann es an einer Vermögensgefährdung und damit zugleich an der Pflichtwidrigkeit i.S.d. § 266 StGB auch dann fehlen, wenn der Kreditgeber über Sicherheiten verfügt, die den Kreditbetrag voll decken. Hinzu kommen muss jedoch, dass der Kreditgeber diese Sicherheiten ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand und - vor allem auch - ohne Mitwirkung des Kreditnehmers und ohne Gefährdung durch ihn alsbald realisieren kann (BGH a.a.O. UAS 23). Dass dies im Komplex ... nicht der Fall war, legt objektiv nicht zuletzt die weitere Entwicklung des schon vor dem Tatzeitraum in die „Schieflage“ geratenen Engagements nahe; dies kann bei der hier vom Senat zu treffenden Entscheidung nicht „ausgeblendet“ werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Eine etwaige Zustimmung des Kreditausschusses oder gar des Verwaltungsrates (vgl. hierzu BGH a.a.O. UAS 15; Senat B. v. 16.10.1998 - 3 HEs 195/98 - BAS 7 m.w.N.) ändert bei diesen Gegebenheiten an der Pflichtwidrigkeit nichts, ebenso wenig der Umstand, dass sich die öffentliche Hand - aufgrund arbeitsmarkt- und regionalpolitischer, wirtschaftsstruktureller Erwägungen - noch zu einer Stützung der ...-Gruppe bereit fand. Der Untreuetatbestand des § 266 StGB i.V.m. § 18 KWG schützt hier nicht nur das Vermögen der ... als solches, sondern letztlich auch die Vermögenseinlage der Kunden der ... (BGH a.a.O. UAS 16) .</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Wegen der an den erforderlichen zumindest bedingten Schädigungsvorsatz (Wissens- und Willenselement) bei problematischen Kreditvergaben zu stellenden Anforderungen, die der Senat bei der hier nur vorläufig möglichen Würdigung als hinreichend erfüllt ansieht, sei auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (a.a.O. UAS 25, 26, 27) verwiesen. Hervorgehoben sei, dass das Wissenselement nicht deshalb entfällt, weil der Bankleiter beabsichtigt, hofft oder glaubt, den endgültigen Schaden abwenden zu können. Ist eine derart über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank - wie hier - gegeben, so liegt es nahe, dass der Bankleiter die Schädigung der Bank im Sinne einer Vermögensgefährdung auch billigend in Kauf genommen hat. Generell gilt, dass eine Billigung nahezu stets anzunehmen ist, sobald der Bankleiter erkennt, dass die Kreditvergaben die Existenz der Bank aufs Spiel setzen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft konnte nach alledem ein Erfolg nicht versagt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Eine Kostenentscheidung ist vorliegend nicht veranlasst.</td></tr></table>
</td></tr></table>
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136,656
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lg-karlsruhe-2003-07-03-5-s-2503
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"id": 135,
"name": "Landgericht Karlsruhe",
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"city": 42,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
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5 S 25/03
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:16
| 2019-01-17T11:56:49
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 11.12.2002 – 8 C 147/02 – abgeändert.</p>
<p/>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist wegen des Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p/>
<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin, die ihren Sitz in München hat, verlangt von dem in Pforzheim wohnenden Beklagten eine restliche Maklervergütung für die Vermittlung des Abschlusses eines Lebensversicherungsvertrages. Nach den von ihr vorgelegten Unterlagen hat der Beklagte mit der A. S. A., einer Lebensversicherungsgesellschaft mit Sitz in Luxemburg, einen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 25 Jahren, beginnend ab 1.7.1996, und einer Beitragssumme von 27.012 DM – monatliche Versicherungsprämien: in den ersten 36 Monaten 39 DM, ab dem 37. Monat 97 DM – geschlossen, ferner mit der Vorgängergesellschaft der Klägerin (im Folgenden ebenfalls: Klägerin) eine "Vermittlungsgebühren-Vereinbarung", wonach für die Vermittlung der Versicherung als "Gebühren" zu zahlen waren: während der ersten 36 Monate je 60,50 DM, ab dem 37. Monat monatlich 2,50 DM. Hinsichtlich der Gebühren für die ersten drei Jahre war in Ziff. 3 der Vermittlungsgebühren-Vereinbarung bestimmt, dass sie mit der Annahme des Versicherungsantrags durch die Versicherung entstehen und dass sie von einer Änderung oder vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrages unberührt bleiben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beklagte hat die monatlichen Beträge über je 99,50 DM (36 DM Versicherungsprämie + 60,50 DM Vermittlungsgebühr) für den Zeitraum Juli 1996 bis September 1997 bezahlt. Danach hat er keine Zahlungen mehr geleistet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit der Klage verlangt die Klägerin die noch ausstehenden Vermittlungsgebühren für die Monate Oktober 1997 bis Juni 1999: 21 x 60,50 DM = 1.270,50 DM = 649,60 EUR. Sie hat beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
den Beklagten zu verurteilen, an sie 649,60 EUR nebst 12 % Zinsen seit 10.11.2000 sowie 5,11 EUR vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Beklagte hat beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Er macht u. a. die Unwirksamkeit des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, Verschulden bei Vertragsschluss, sittenwidrig überhöhter Maklervergütung und aus weiteren Gründen geltend.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Amtsgericht hat der Klage, unter Abweisung der weitergehenden Zinsforderung, in Höhe von 649,60 EUR nebst 4 % Zinsen seit 10.11.2000 sowie 5,11 EUR vorgerichtlichen Mahnauslagen stattgegeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Mit der Berufung, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Akten des vorliegenden Verfahrens und auf die informationshalber beigezogenen Akten des Verfahrens Amtsgericht Bretten C 566/00 Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Berufung führt zur Abweisung der Klage. Die Einwendung des Beklagten hinsichtlich der Prozessvollmacht der klägerischen Prozessbevollmächtigten ist durch die nunmehr vorgelegte Vollmacht vom 24.4.2003 (Anlage BB 14) erledigt. In der Sache kann die erstinstanzliche Verurteilung des Beklagten keinen Bestand haben, da die zwischen den Parteien getroffene Vermittlungsgebühren-Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der §§ 165 Abs. 1, 174 Abs. 1, 178 VVG nichtig ist (§ 134 BGB) und ein Zahlungsanspruch der Klägerin damit nicht besteht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
1. §§ 165 Abs. 1, 174 Abs. 1 VVG bestimmen, dass eine Lebensversicherung mit laufender Prämienzahlung vom Versicherungsnehmer jederzeit zum Schluss der jeweiligen Versicherungsperiode gekündigt werden oder (was wirtschaftlich eine Teilkündigung bedeutet) in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt werden kann. Diese Vorschriften sind zu Gunsten des Versicherungsnehmers zwingend (§ 178 VVG).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
2. Die Einräumung der unabdingbaren Kündigungsmöglichkeit zu Gunsten des Versicherungsnehmers bedeutet, dass nicht nur ein unmittelbarer vertraglicher Ausschluss der Kündigung unwirksam ist, sondern die Unwirksamkeitsfolge auch bei einer lediglich mittelbaren Ausschließung oder Erschwerung der Kündigung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder eines sonstigen den Versicherungsnehmers treffenden Nachteils, die mit der Kündigung verbunden sind, eingreift (vgl. für kündigungserschwerende Vereinbarungen bei Handelsvertretern und Arbeitnehmern: LG Karlsruhe, VersR 1990, 1008, 1009 m. w. Nachw.). Einen solchen, die jederzeitige Kündigung der Lebensversicherung wesentlich erschwerenden Nachteil für den Versicherungsnehmer beinhaltet die zwischen den Parteien getroffene Vermittlungsgebühren-Vereinbarung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
a) Die von der Klägerin bei der Vermittlung von Versicherungen der A. S. A. verwendeten Vergütungs-Vereinbarungen weichen von der normalen Handhabung bei Lebensversicherungsvermittlungen ab, indem nicht die
<em>Versicherung</em>
den Vermittler beauftragt und bezahlt, sondern die Vermittlungs- und Provisionsvereinbarung mit dem
<em>Versicherungsnehmer</em>
getroffen wird. Hinsichtlich der Provisionsfälligkeit enthalten die Vereinbarungen die Regelung, dass die Provisionen nicht zeitproportional entsprechend den während der Versicherungszeit jeweils zu zahlenden Versicherungsprämien anfallen, sondern der ganz überwiegende Teil der Provisionsvergütung schon während der ersten drei Versicherungsjahre zu zahlen ist (vorliegend bei einer Gesamtprovision für den Fall der nicht vorzeitigen Kündigung von 2.838 DM: 60,50 DM x 36 Monate = 2.178 DM). Dazu kommt die Klausel, dass die in den ersten drei Jahren fälligen Provisionen auf jeden Fall zu zahlen sind, auch wenn aufgrund einer vorzeitigen Kündigung oder Umwandlung der Versicherung weitere Versicherungsprämien nicht mehr bezahlt werden. Diese Vorfälligkeit und Unverfallbarkeit der während der ersten Vertragszeit zu zahlenden Provisionen bedeutet eine unzulässige Beeinträchtigung der Möglichkeit, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag jederzeit kündigen kann, dies insbesondere während der ersten Vertragszeit.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
b) Üblicherweise beträgt die Vermittlervergütung einen Bruchteil des Werts des vermittelten Hauptgeschäfts; vorliegend etwa beläuft sie sich, wenn man die Summe der Provisionen (2.838 DM) und die Beitragssumme bei voller Laufzeit der Versicherung (27.012 DM) gegenüberstellt, auf 10,5 %. Eine Relation Provision/Wert des Hauptgeschäfts, die davon wesentlich abweicht – etwa eine Provision, die genauso hoch oder sogar höher ist als der Hauptgeschäfts-Wert –, wäre nicht nur wirtschaftlich unsinnig, sie wäre auch rechtlich unzulässig; denn ein eklatantes Überschreiten des üblichen Leistungs-Gegenleistungs-Wertverhältnisses führt grundsätzlich gemäß § 138 BGB zur Nichtigkeit des Geschäfts (Palandt, BGB, 61. Aufl., § 138 Rn. 34 ff.). Dass in den Vermittlungsgebühren-Vereinbarungen der Klägerin für die ersten drei Versicherungsjahre gleichwohl eine solche Relation "Provision kein Bruchteil des Werts des Hauptgeschäfts, sondern sogar höher als dieser Wert" festgelegt ist, ist nur verständlich und prima vista akzeptabel im Hinblick auf die Erwartung, dass der Versicherungsvertrag bis zum Ende oder jedenfalls während eines langen Zeitraums der Versicherungslaufzeit nicht gekündigt wird; denn dann lassen sich die zunächst überproportionalen Provisionen nachträglich derart auf die insgesamt gezahlten Versicherungsprämien und vom Versicherungsnehmer erworbenen Versicherungsanwartschaften aufteilen, dass ein übliches, wirtschaftlich sinnvolles Wertverhältnis Provisionshöhe/Wert des Hauptgeschäfts erreicht wird. Erfüllt sich aber diese Erwartung nicht und macht der Versicherungsnehmer von seiner Freiheit, den Versicherungsvertrag vorzeitig zu kündigen, Gebrauch, so steht dem übermäßigen Volumen der in den ersten Jahren fälligen Provisionen nur zu einem ganz geringen Anteil ein normaler Wert des Hauptgeschäfts Lebensversicherung gegenüber. Zum ganz überwiegenden Teil erweisen sich die in dieser Zeit vom Versicherungsnehmer geschuldeten oder schon gezahlten Provisionen als Zahlungen ohne Gegenleistungen, und dieser wirtschaftliche Nachteil ist das Ergebnis der vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung, was für den Versicherungsnehmer praktisch dasselbe bedeutet, als wäre für diesen Kündigungsfall eine Vertragsstrafe vereinbart worden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
c) Der sich wegen dieses Zusammenhangs von wirtschaftlichem Nachteil und vorzeitiger Kündigung des Lebensversicherungsvertrags ergebenden Unwirksamkeit der klägerischen Vermittlungsgebühren-Vereinbarungen lässt sich nicht entgegenhalten, dass sich das in § 178 i. Verb. m. §§ 165 Abs. 1, 174 Abs. 1 VVG enthaltene Verbot der Einschränkung der Kündigungsfreiheit des Versicherungsnehmers nach der Formulierung der Vorschrift nur an den
<em>Versicherer</em>
wendet ("Auf eine Vereinbarung, durch welche von den Vorschriften der ... §§ 165 und 174 ... zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen wird, kann sich der
<em>Versicherer</em>
nicht berufen".), während die Vermittlungsgebühren-Vereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und
<em>Vermittler</em>
geschlossen werden. Dieser Einwand betrifft nur den Gesetzeswortlaut. Sachlich, d. h. bei der gebotenen interessengerechten und dem Gesetzeszweck entsprechenden Auslegung, gilt das Verbot der Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Versicherungsnehmers generell und nach allen Seiten. Es richtet sich nicht nur an den Versicherer, sondern ebenso an Dritte, insbesondere an Versicherungsvermittler, die (auch ohne einen entsprechenden Handelsvertreter- oder Maklervertrag) mit dem Versicherer laufend zusammenarbeiten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
d) Ebenfalls nicht durchgreifen könnte der weitere eventuelle Einwand, dass auch in den Fällen, in denen die
<em>Lebensversicherung</em>
die Vermittlervergütung zahlt, in aller Regel kein zeitproportionaler Anfall der Provisionen entsprechend dem sukzessiven Ablauf der Versicherungsprämien-Fälligkeiten und -Zahlungen vereinbart ist, vielmehr dem Versicherungsvertreter oder -makler bei vorzeitiger Kündigung oder sonstiger Stornierung der Versicherung eine Provision endgültig zusteht, die weit höher ist als die Vergütung, die ohne Vorfälligkeit dem realisierten Teil des Versicherungsvertrages entsprechen würde (vgl. dazu § 92 Abs. 4 HGB, ferner Münchener Kommentar HGB, § 92 Rn. 22 f. sowie zur aufsichtsbehördlichen Regelung der Abschlussprovisionen: Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., Anm. G 400 ff.). § 178 VVG ist nur zwingend, soweit es um die Kündigungsfreiheit des
<em>Versicherungsnehmers</em>
geht. Der kündigende Versicherungsnehmer hat in den genannten Fällen der von der Versicherung zu leistenden Vermittlervergütung ab der Kündigung nichts mehr zu zahlen; die Versicherungsprämien fallen weg, und zur Zahlung einer Vermittlervergütung war er ohnehin nie verpflichtet. Bedenken könnten allenfalls bestehen, soweit durch überproportionale Provisionszahlungen des Versicherers an den Vermittler zu Beginn des Versicherungsverhältnisses der vorzeitig kündigende Versicherungsnehmer bei der Berechnung des
<em>Rückkaufswerts</em>
seiner Versicherung benachteiligt wird, was möglicherweise die durch die §§ 165 Abs. 1, 174 Abs. 1, 178 VVG gewährleistete Kündigungsfreiheit in unzulässiger Weise beeinträchtigt; dies bedarf jedoch im Rahmen der vorliegenden Überlegungen keiner abschließenden Prüfung und Entscheidung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
e) Die hier in Frage stehenden Vorschriften der §§ 165 Abs. 1, 174 Abs. 1, 178 VVG sind Vorschriften des
<em>deutschen</em>
Versicherungsrechts. Sie finden im Streitfall Anwendung, auch wenn der streitgegenständliche Versicherungsvertrag mit einer luxemburgischen Versicherungsgesellschaft geschlossen wurde. Maßgebend ist, dass der Beklagte als Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und damit das mit dem Abschluss der Lebensversicherung versicherte Risiko in Deutschland belegen ist (Art. 7 Nr. 4 Buchst. a und Art. 9 Abs. 1 EGVVG).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Die Entscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 91 Abs. 1 und den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und es außerdem um die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geht, war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,657
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"id": 147,
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"slug": "olgstut",
"city": null,
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}
|
8 W 425/02
| 2003-07-03T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:16
| 2019-02-12T12:38:51
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ravensburg vom 27.8.2002 wird</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat der Rechtsbeschwerdegegnerin deren außergerichtliche Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstatten.</p>
<p>Beschwerdewert: 50.000,00 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die antragstellende Bezirkssparkasse R. erstrebt - nunmehr in dritter Instanz - die Löschung der Firma der Antragsgegnerin - "Sparkasse Bodensee" - im Handelsregister von Amts wegen gemäß § 142 FGG, weil diese Unternehmensbezeichnung gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 HGB verstoße.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>1. a) Am 2.4.2001 ist im Handelsregister des Amtsgerichts Tettnang unter HRA 1121 die "Sparkasse Bodensee" eingetragen worden, die aus einem - vom Regierungspräsidium Tübingen als zuständiger Aufsichtsbehörde zuvor genehmigten - Zusammenschluss der "Kreissparkasse Friedrichshafen" und der "Sparkasse Überlingen (Bodensee)" hervorgegangen ist. Sie hat am 1.4.2001 ihre Tätigkeit aufgenommen. Rechtsgrundlage dieser "Vereinigung durch Neubildung" ist § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Sparkassengesetzes für Baden-Württemberg (SpG), dessen aktuelle Fassung - nach dem letzten Änderungsgesetz vom 6.12.1999 - zum 1. April 2003 neu bekannt gemacht wurde (GBl BW 2003, 215). Sitz dieser neu gebildeten Sparkasse ist Friedrichshafen. Sie ist - abgesehen von der Sparkasse Salem-Heiligenberg - die einzige Sparkasse im Sinne des Sparkassengesetzes im durch das Verwaltungsreformgesetz vom 26.7.1971 neu geschaffenen "Bodenseekreis".</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>b) Mit Wirkung zum 1.1.2002 ist - nach Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde vom 14.9.2001 - der "Sparkasse Bodensee" die bisherige "Sparkasse Konstanz" in der Form beigetreten, dass ihr Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmende Sparkasse übertragen wurde ("Vereinigung durch Aufnahme" gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 SpG). Die diesbezügliche Eintragung im Handelsregister Tettnang ist am 4.2.2002 erfolgt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Noch nicht im Handelsregister vollzogen ist die Eintragung eines weiteren Sitzes der Antragsgegnerin in Konstanz. Die Klärung der strittigen Frage einer Zulässigkeit von Doppelsitzen bei (baden-württembergischen) Sparkassen ist zurückgestellt und nicht Gegenstand dieses Verfahrens.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>2. a) Mit Schreiben vom 29.6./3.7.2001 hatte sich die Antragstellerin im Hinblick auf die beabsichtigte Fusion der "Sparkasse Konstanz" mit der "Sparkasse Bodensee" erstmals gegen die Firmierung der Antragsgegnerin gewandt (HBd I, 18) und geltend gemacht, diese sei irreführend, weil am Bodensee auch andere bedeutende Sparkassen tätig seien, nämlich - allein in Deutschland - außer ihr selbst die Sparkasse Stockach, die Sparkasse Singen-Radolfzell, die Sparkasse Salem-Heiligenberg sowie die Sparkasse Lindau - Memmingen - Mindelheim. Die Antragsgegnerin ist diesen Einwendungen entgegengetreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Mit Anwaltsschriftsatz vom 7.1.2002 hat die Antragstellerin beim Registergericht förmlich angeregt, wegen Verstoßes der eingetragenen Firma gegen § 18 Abs. 2 HGB das Amtslöschungsverfahren gegen die Antragsgegnerin einzuleiten (HBd I, 70 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Durch Beschluss vom 25.2.2002 hat der Richter des Amtsgerichts diesen Antrag - ohne erneute Anhörung der Antragsgegnerin - mit näherer Begründung als unbegründet zurückgewiesen (HBd I, 101/104).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>b) Dagegen hat sich die Antragstellerin mit der Beschwerde vom 18./19.4.2002 (HBd II,135) gewandt, die sie mit Schriftsatz vom 20.6.2002 (HBd II,154/156) begründet hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Mit Beschluss vom 27.8.2002 hat das Landgericht Ravensburg die Beschwerde der Antragstellerin "kostenpflichtig" zurückgewiesen (HBd II,159 f.); eine Irreführungsgefahr nach § 18 Abs. 2 HGB sei nicht gegeben und ein eventuell in Betracht kommender Verstoß gegen § 3 UWG sei im registergerichtlichen Verfahren nicht zu prüfen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>c) Gegen die am 5.9.2002 zugestellte Beschwerdeentscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der "weiteren sofortigen Beschwerde" vom 11./16.9.2002, die sie - nach Akteneinsicht beider Beteiligten - mit Schriftsatz vom 28.11.2002 unter Beifügung eines Gutachtens des Instituts für Demoskopie Allensbach vom 23.9.2002 begründet hat. Sie begehrt, unter Aufhebung der beiden Entscheidungen der Vorinstanzen das Registergericht zur Einleitung des Amtslöschungsverfahrens anzuweisen, hilfsweise die Sache an das Beschwerdegericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Die Antragsgegnerin ist dem Rechtsmittel insbesondere mit Schriftsatz vom 31.1.2003 entgegengetreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>d) Am 21.2.2003 hat das Registergericht für die Antragsgegnerin eine weitere Satzungsänderung (betr. Aufgaben und Vertretungsbefugnis; SdBd Bl.65) und am 20.5.2003 eine Änderung in der Zusammensetzung des Vorstands (SdBd Bl.71) im Handelsregister eingetragen.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>1. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist als (unbefristete) weitere Beschwerde im Sinne einer Rechtsbeschwerde (§ 27 Abs. 1 FGG) statthaft und zulässig, insbesondere formgerecht eingelegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Soweit die Rechtsbeschwerdeführerin - im Anschluss an diesbezügliche (insoweit rechts-fehlerhafte) Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss - der Annahme ist, durch die in § 142 Abs. 3 FGG enthaltene Verweisung auf § 141 Abs. 3 FGG sei das gegebene Rechtsmittel die sofortige Beschwerde, ist dies rechtsirrig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die "sofortige Beschwerde" ist nur dann gesetzlich vorgesehen, wenn das Registergericht einen Widerspruch (der Antragsgegnerin) gegen die von ihm beabsichtigte Löschung zurückweist, wenn also hier Amtsgericht bzw. Landgericht die Firmierung der Antragsgegnerin für firmenrechtlich unzulässig erachtet und die Löschung angekündigt hätten. Weist dagegen das Registergericht (und/oder das Beschwerdegericht) - wie hier - einen Löschungsantrag zurück, ist dagegen "nur" die einfache (= unbefristete) Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde eröffnet (vgl. zB BayObLGZ 1978,353,355; OLG Zweibrücken FGPrax 2002,132; Keidel/Winkler, FG 15. Aufl., Rn 4, Rn 21 f; Bumiller/Winkler, FGG, 7.Aufl., Rn 23; Bassenge/Herbst/Roth, FGG... 9.Aufl., Rn 15, je zu § 142 FGG).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Deshalb hat das Amtsgericht zu Recht von einer förmlichen Zustellung seiner Entscheidung abgesehen, weshalb das Landgericht eine Verfristung des eingelegten Rechtsmittels nicht feststellen konnte und - richtigerweise - in der Sache entschieden hat. Die von der Antragsgegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemachten Zulässigkeitsbedenken gegen die "sofortige weitere Beschwerde" beruhen ebenfalls auf einer Verkennung der Rechtslage und greifen deshalb nicht durch.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>2. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg, da sich die Entscheidung des Landgerichts in der Sache als rechtsfehlerfrei erweist. Die von der Antragstellerin gerügten Rechtsfehler liegen nicht vor. Die eingetragene Firma "Sparkasse Bodensee" ist nicht ersichtlich geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über wesentliche geschäftliche Verhältnisse irrezuführen, und verstößt somit nicht gegen § 18 Abs. 2 HGB (nF).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>a) Ein als Rechtsfehler zu bewertender Begründungsmangel der Beschwerdeentscheidung liegt nicht vor; sowohl der beschiedene Sachverhalt als auch die maßgebenden Erwägungen des Gerichts sind in ausreichendem Maße dargestellt, weshalb auch der Hilfsantrag der Antragstellerin auf Zurückverweisung an das Beschwerdegericht ohne Erfolg bleibt. Ebenso wenig greift die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen unzureichender Auseinandersetzung mit den Argumenten der Beschwerdeführerin durch. Es ist vielmehr anerkannt, dass das Gericht sich darauf beschränken kann, den wesentlichen Kern des Vorbringens zu bescheiden, und nicht verpflichtet ist, sich mit sämtlichen, gegebenenfalls auch fern liegenden Einwendungen eingehend auseinander zu setzen (vgl. allgemein Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl., Rn 6b vor § 128 m.Nw. der Rspr. des BVerfG; Keidel/Meyer-Holz, aaO Rn 18 vor § 8, Rn 28 ff zu § 25). Der 4-seitige Beschluss des Landgerichts genügt den Anforderungen, zumal sinngemäß auf die (ebenfalls 4-seitige) Begründung der amtsrichterlichen Entscheidung Bezug genommen ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Auch ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Beschwerdekammer nicht mit dem "Schreiben" der IHK Hochrhein-Bodensee vom 19.7.2001 näher auseinandergesetzt hat, denn dabei handelt es sich - wie die Rechtsbeschwerdeführerin den Akten entnehmen konnte - nur um einen (vom früheren Rechtszustand geprägten) internen Entwurf, dem durch das Schreiben dieser IHK vom 3.8.2001 (HBd I,23 f) jede Relevanz genommen worden ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>b) Eine entscheidungsrelevante Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Landgericht die unter dem 23.8.2002 angekündigte Vorlage eines Umfragegutachtens nicht abgewartet hat. Denn nach der näher begründeten Rechtsansicht des Landgerichts konnte eine solche Repräsentativumfrage allenfalls für ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsverfahren nach §§ 3 UWG, 37 Abs. 2 HGB, nicht aber für eine registerrechtliche Entscheidung nach §§ 17 ff HGB erheblich sein, so das eine Kausalität dieser angeblichen Gehörsverletzung für die Entscheidung nicht gegeben ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Diese Beurteilung des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn Maßstab für die Beurteilung der Irreführungseignung ist - wie die Antragsgegnerin zutreffend hervorgehoben hat - nicht mehr eine kleine, nicht informierte Minderheit, die früher als "nicht unerheblicher Teil der Verkehrskreise" die deutschen Maßstäbe der Irreführungsgefahr geprägt hat, sondern nach europäischen Vorgaben der "durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher" (EuGH EuZW 1998,526 m.Anm. Leible). Es kommt also objektiviert auf die Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung an; der Richter darf, jedenfalls soweit er sich auch als Angehöriger der angesprochenen Verkehrskreise verstehen kann, selbst die ersichtliche Irreführungseignung beurteilen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. 2000, Rn 12/13; Ammon in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 2. Aufl. 2001, Rn 27/28; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, HGB (2001), Rn 35-43; Bokelmann in Münch-Komm HGB (ErgänzgBd 1999) Rn 36 ff, je zu § 18 HGB).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Es war erklärtes Ziel der Reform des Firmenrechts im Rahmen des im wesentlichen am 1.7.1998 in Kraft getretenen Handelsrechtsreformgesetzes (HRG), der "Versteinerung" des deutschen Firmenrechts im Hinblick auf die Rechtsentwicklung in Europa ein Ende zu machen und das überzogene Irreführungsgebot zu "entschärfen"; durch die Einführung der sog. "Wesentlichkeitsschwelle" und der "Ersichtlichkeitsschwelle" sollte der register-rechtliche Prüfungsmaßstab nachhaltig gesenkt und auf ein "Grobraster" beschränkt werden (vgl. Schaefer, Handelsrechtsreformgesetz ... anhand der Materialien, 1999, S. 39-41, 44, 178 ff; Baumbach/Hopt, aaO, Rn 20; Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl. 2002, Rn 10, je zu § 18 HGB). Die "Feinsteuerung" der Zulässigkeitsprüfung unter wettbewerbs-rechtlichen Gesichtspunkten soll dagegen im Rahmen der Unterlassungsklage (§ 37 Abs. 2 HGB bzw §§ 3, 13a UWG erfolgen, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Deshalb sind Publikumsbefragungen nach Ansicht des Senats für das registerrechtliche Eintragungs- oder Löschungsverfahren in der Regel nicht (mehr) erforderlich (so Ammon, aaO, § 18 Rn 27 aE; ähnlich: Koller/Roth/Morck, aaO Rn 9: "oftmals überflüssig"; vgl. auch Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer § 18 Rn 42 aE) und folglich auch nicht entscheidungsrelevant.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Entscheidung des Landgerichts beruht deshalb nicht auf der gerügten Gehörsverletzung, weshalb auch dem Hilfsantrag auf Zurückverweisung an das Landgericht nicht stattzugeben war. Die Frage, ob die von der Antragstellerin vorgelegte Repräsentativbefragung - die als neues tatsächliches Vorbringen in der Rechtsbeschwerde grundsätzlich unbeachtlich ist - nach ihrem Ergebnis überhaupt geeignet ist, eine (firmenrechtliche) Irreführungsgefahr zu belegen, bedarf deshalb keiner Vertiefung, obwohl die sachlichen Einwendungen der Antragsgegnerin gegen diese Umfrage und die daraus hergeleiteten Folgerungen nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>c) Ein Rechtsfehler kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Registergericht vor Eintragung keine gutachterliche Stellungnahme der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben eingeholt (§ 126 HGB) und das Beschwerdegericht dies nicht beanstandet hat. Die Rechtsbeschwerde übersieht, dass das HRG auch § 23 HRV dahin geändert hat, dass eine solche Stellungnahme der Kammer(n) nur dann einzuholen ist, wenn das Registergericht Zweifel an der Eintragungsfähigkeit der neuen Firma hat; hat es - wie hier - keine Zweifel, bedarf es einer Beteiligung der Organe des Handelstandes nicht mehr. Der Verzicht auf die schematische "Regelanfrage" bei den Kammern soll nach der erklärten Absicht des Reformgesetzgebers (vgl. Schaefer, aaO, S. 255 f) zur Befreiung des Firmenrechts von den bisherigen Zwängen und zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>d) Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen eine ersichtliche Eignung zur Irreführung über wesentliche geschäftliche Verhältnisse der eingetragenen Firma "Sparkasse Bodensee" verneint. Dabei sind die beiden Firmenbestandteile jeweils für sich und in ihrem Zusammenhang zu prüfen, zum einen unter allgemeinen firmenrechtlichen Gesichtspunkten, zum anderen aus dem besonderen Blickwinkel des Rechts der Kreditinstitute und speziell der öffentlich-rechtlichen Sparkassen - deren Eintragungspflicht sich nunmehr aus § 33 HGB ergibt, nachdem das Handelsrechtsreformgesetz 1998 die Befreiung der Sparkassen von der Registerpflicht (§ 36 HGB aF; RGZ 166, 334) beseitigt hat (vgl. Bay-ObLG NJW-RR 2001,26,27).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Die Ersichtlichkeit der Irreführungseignung setzt voraus, dass sich diese dem objektiven Betrachter und damit dem Registerrichter ohne weiteres, insbesondere ohne Erhebung von Beweisen aufdrängen muss (vgl. BayObLGZ 1999, 114 = FGPrax 1999, 157 = RPfl 1999, 448 = NJW-RR 2000,111 m. Bespr. Karsten Schmidt JuS 2000,497; Ebenroth/Zimmer aaO Rn 69 ff; Ammon aaO Rn 29), wobei auf die gleichartige Regelung in § 37 MarkenG zu verweisen ist (vgl. Fezer ZHR 161 (1997) 52, 59 ff).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>aa) Für den speziellen Geschäftszweig der Kreditinstitute enthalten die Bestimmungen der §§ 39 - 43 KWG vorab zu prüfende Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Firma. Hat auch über die Einhaltung dieser Bestimmungen in erster Linie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin - früher: Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen - § 42 KWG) zu wachen, können sie im registergerichtlichen Verfahren nicht ausgeblendet werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Da die Antragsgegnerin - wie die Antragstellerin - unbestritten eine "Sparkasse" iSd (baden-württembergischen) Sparkassengesetzes ist, lassen sich aus § 40 KWG keine firmenrechtlichen Bedenken herleiten. Solche sind auch weder von der Antragstellerin noch von der Bundesanstalt noch vom Regierungspräsidium - als spezieller Aufsichtsbehörde für die Sparkassen (§ 49 SpG) - geltend gemacht worden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die bei der Neubildung der Antragsgegnerin denkbare Benennung "Kreis-Sparkasse" hätte - ähnlich wie die Bezeichnung "Sparkasse Bodenseekreis" - im Hinblick darauf, dass im (1971 neu gebildeten) "Bodenseekreis" neben der Antragsgegnerin auch die Sparkasse Salem-Heiligenberg tätig ist, hinsichtlich der Irreführungseignung eher Bedenken hervorgerufen als die eingetragene Firma. Mit dem Beitritt der Sparkasse Konstanz und dem damit verbundenen Überschreiten der Grenze des Bodenseekreises wäre die Eignung zu einer Irreführung tendenziell noch gestiegen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>bb) Der von der Antragstellerin in erster Linie beanstandete Firmenbestandteil "Bodensee" ist ebenfalls nicht ersichtlich zur Irreführung iSd § 18 Abs. 2 HGB geeignet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>(1) Die - früher in der firmenrechtlichen Rechtsprechung verbreitete und auch vom Senat geteilte (zB RPfl 1982, 108) - Auffassung, die Aufnahme einer geografischen Bezeichnung in die Firma enthalte auch eine Aussage über die (derzeitige tatsächliche) Größe oder die Marktstellung des (kaufmännischen) Unternehmens, ist weithin überholt. Schon vor dem Handelsrechtsreformgesetz hatte ein Bedeutungswandel eingesetzt, der durch das neue Firmenrecht stark beschleunigt worden ist. Inzwischen werden solche geografischen Bezeichnungen regelmäßig nur als Hinweis auf den Sitz (Ort oder Region) oder das Haupttätigkeitsgebiet verstanden, wie der Senat für das neue Firmenrecht bereits ausgesprochen hat (Besch. v. 17.11.2000, Die Justiz 2001,81 = OLGRep 2001,90 = RPfl 2001,186 = NJW-RR 2001,755 = DB 2001,697). Dies liegt im übrigen in einer Linie mit der sonstigen neueren Senatsrechtsprechung in Umsetzung der gesetzgeberischen Zielvorstellung von der "Entsteinerung" des deutschen Firmenrechts (vgl. Beschl. v. 31.5.1999, Die Justiz 2000,126 - "Dachtechnik" -; unveröff. Beschl. v. 21.3.2000 - 8 W 83/98 - "Bürotechnik").</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Diese gewandelte Auffassung des Senats steht im Einklang mit der überwiegenden neueren Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte (zB BayObLGZ 1999,114; OLG Hamm RPfl 1999, 545 = NJW-RR 1999,1710 = FGPrax 1999,232; OLG Oldenburg BB 2001,1373; ebenso zB LG Heilbronn RPfl 2002,158; vgl. auch Bokelmann in Münch-Komm HGB (ErgänzgBd 1999) Rn 30 ff, 43 f; Ammon in Röhricht/Graf von Westphalen Rn 65 ff; Ebenroth/Zimmer, aaO, Rn 53 ff, je zu § 18; Ensthaler/Nickel/Kunst, Gem-Komm z. HGB, 6. Aufl. 1999, Rn 4,25/27,33; Koller/Roth/Morck, Rn 14, je zu § 18 HGB). Die abweichende Äußerung des OLG Frankfurt (MDR 2001,1177 = RPfl 2001,428 = NJW/RR 2002,459) gibt keinen Anlass zu einer Vorlage an den BGH (§ 28 Abs. 2 FGG), da die Entscheidung nicht auf der ergänzenden Erwägung über den regionalen Zusatz beruht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Wie die IHK Hochrhein-Bodensee in ihrer dem Registergericht Konstanz erstatteten Stellungnahme vom 3.8.2002 ausgeführt und beide Vorinstanzen bestätigt haben, gibt es (seit geraumer Zeit) zahllose Unternehmen unterschiedlichster Art rund um den - schweizerischen, österreichischen, bayerischen und baden-württembergischen - Bodensee, die diese geografische Bezeichnung in der Firma führen, ohne dass ernsthafte Klagen über eine Irreführung der jeweiligen Verkehrskreise laut geworden sind. Das Gleiche gilt für ähnliche Landschaftsbezeichnungen wie etwa Hochschwarzwald, Rhein-Neckar, Hohenlohe oder Allgäu. Der informierte Durchschnittsverbraucher verbindet damit nicht die - mit dem Erscheinungsbild der modernen Wettbewerbswirtschaft im Widerspruch stehende - Vorstellung, das so firmierende Unternehmen sei das einzige oder einzige bedeutende Unternehmen dieser Art in der Region.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>(2) Hinzukommt, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber im Zuge der Verwaltungsreform 1971 den aus dem (alt-württembergischen) Kreis Tettnang und dem größeren Teil des (alt-badischen) Kreises Überlingen neugebildeten Kreis mit Sitz des Landratsamts in Friedrichshafen "Bodenseekreis" genannt hat (§ 3 Nr. 3 des KreisreformG v. 26.7.1971, GBl. 314), obwohl dieser Kreis angesichts des weiteren neugebildeten Kreises Konstanz nicht einmal das gesamte Bodensee-Ufer des Landes Baden-Württemberg umfasst. Die Antragstellerin hätte also den Einwand der Irreführung in erster Linie schon dem vor über 30 Jahren tätig gewesenen Landesgesetzgeber entgegenhalten müssen. Deshalb ist der Ansatz der Antragstellerin, die Firma der Antragsgegnerin hätte schon bei der Ersteintragung im April 2001 wegen Irreführungseignung nicht erfolgen dürfen, nicht tragfähig. Vielmehr war der größte Gewährträger der Antragsgegnerin namensstiftend.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Durch den Beitritt der "Sparkasse Konstanz" zur "Sparkasse Bodensee" - der erstmals bei der Antragstellerin firmenrechtliche Bedenken ausgelöst hat - ist die zu Recht eingetragene Firma der Antragsgegnerin ebenfalls nicht irreführend geworden. Im Gegenteil hat die von der Antragstellerin geltend gemachte Gefahr, die angesprochenen Verkehrskreise könnten die Antragsgegnerin zu Unrecht für eine "führende Sparkasse" am (deutschen) Bodenseeufer halten, abgenommen. Denn Gewicht und Verbreitung der Antragsgegnerin haben dadurch deutlich zugenommen haben und damit ist eine denkbare Diskrepanz zwischen (behaupteter) Erwartung der Verkehrskreise und der Wirklichkeit tatsächlich geringer geworden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Die - ersichtlich (vgl. Parteigutachten HBd I,75 ff.) wettbewerbsrechtlich geprägte - Argumentation der Antragstellerin ist also unter firmenrechtlichen Gesichtspunkten hochgradig widersprüchlich.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>cc) Auch im Zusammenhang beider Bestandteile geht von der Firma "Sparkasse Bodensee" keine ersichtliche Irreführungsgefahr über "wesentliche" (und deshalb firmenrechtlich relevante) geschäftliche Verhältnisse aus, auch nicht im Hinblick auf die besonderen rechtlichen Verhältnisse der Sparkassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Das von der Antragstellerin ins Feld geführte sparkassenrechtliche Regionalprinzip, nach dem das Tätigkeitsgebiet einer Sparkasse aus haftungsrechtlichen Gründen grundsätzlich auf das Gebiet der als Gewährsträger fungierenden Gebietskörperschaft beschränkt ist (vgl. § 2 SpG), mag zwar bei Gemeinde-Namen die Behauptung einer gewissen Alleinstellung enthalten. Dagegen ist die Annahme, die Antragsgegnerin sei die einzige Sparkasse am Bodensee oder auch nur am deutschen Bodensee, fernliegend, weil "Bodensee" als Bezeichnung eines internationalen Gewässers bzw einer auf mehrere Staaten verteilten Region in den vielfältigsten Bezeichnungen von Unternehmen und sonstigen Organisationen geläufig ist, ohne dass eine Alleinstellung behauptet oder von den angesprochenen Verkehrskreisen angenommen wird.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Für die beteiligten Verkehrskreise ist nach Einschätzung des Senats ohnehin der erste Firmenbestandteil "Sparkasse" von weit größerer Bedeutung als die nachgestellte geografische Bezeichnung, weil die Zugehörigkeit zur - durch ein gemeinsames Erscheinungsbild geprägten - (deutschen) Sparkassenorganisation und die damit verbundene "Freizügigkeit" von Sparbüchern und Geldautomatenkarten viel wichtiger ist als der nachfolgende Name einer Gemeinde, eines Gemeindeverbands oder einer Region. Welche Ortsangabe das nächstgelegene Geschäftslokal einer Sparkasse trägt und ob diese - mehr oder weniger - selbständig ist, ist für den durchschnittlichen Verbraucher ziemlich gleichgültig. Gerade das Regionalprinzip der öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die damit verbundene Gewährträgerschaft von Gebietskörperschaften hat zur Folge, dass die dem Firmenteil "Sparkasse" beigefügte geografische Angabe eher geringes Gewicht hat; angesichts der vielfältigen Zusammenfassungen von Gebietskörperschaften im Zuge von Verwaltungsreformen einerseits und der fortgesetzten Zusammenschlüsse von Kreditinstituten aller Arten andererseits (etwa auch innerhalb der früher ebenfalls stark örtlich geprägten Genossenschaftsbanken) vermag der durchschnittliche Kunde von Kreditinstituten die Relativität der nachfolgenden geografischen Bezeichnung zutreffend zu bewerten. Das von der Antragstellerin vorgelegte und von den Beteiligten kontrovers erörterte Umfragegutachten - das im Rechtsbeschwerdeverfahren allerdings nicht verwertbar ist - könnte für diese Einschätzung übrigens als Bestätigung herangezogen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Schließlich kommt für die Prüfung der (ersichtlichen) Täuschungseignung hier noch hinzu, dass das Tätigkeitsgebiet der Antragsgegnerin - jedenfalls nach dem Beitritt der Sparkasse Konstanz - tatsächlich den größeren Teil des deutschen Bodenseeraums abdeckt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>e) Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass sich die Vorinstanzen zutreffend auf den Rechtsstandpunkt gestellt haben, dass die eingetragene Firma "Sparkasse Bodensee" nicht ersichtlich irreführend iSd § 18 Abs. 2 HGB ist, weshalb das Rechtsmittel der Antragstellerin zurückzuweisen war.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>3. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. Für die Gerichtskosten gilt § 131 Abs. 1 KostO, ohne dass dies eines förmlichen Ausspruchs bedarf.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Die Festsetzung des Gegenstandswerts der weiteren Beschwerde - eine Festsetzung für die Erstbeschwerde ist noch nicht erfolgt - beruht auf § 131 Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 unter Berücksichtigung von § 26 Abs. 3 Nr. 3 KostO.</td></tr></table>
</td></tr></table>
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136,650
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1 U 233/01
| 2003-07-02T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:12
| 2019-02-12T12:38:50
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts H. vom 18.11.2001 - 7 O 70/98 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen geändert.</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 40.208,25 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 29.04.2002 zu bezahlen.</p>
<p>Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Berufungsrechtszuges haben der Kläger 6 % und der Beklagte 94 % zu tragen.</p>
<p>Von den Kosten der ersten Instanz fallen dem Kläger 20 % und dem Beklagten 80 % zur Last.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger fordert von dem beklagten Rechtsanwalt, der Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater ist, Schadensersatz wegen einer behaupteten Falschberatung.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger betrieb bis zum Jahre 1993 in H. eine Einzelpraxis für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. Im Jahre 1993 entschloss er sich, den Zeugen Dr. H. in die Praxis aufzunehmen und künftig eine Gemeinschaftspraxis zu führen. Aufgrund entsprechender Beratung durch den Beklagten, sowohl im rechtlichen als insbesondere auch im steuerlichen Bereich, gründete der Kläger zusammen mit Dr. H. eine Gemeinschaftspraxis mit Wirksamkeit zum 01.04.1994. Der Vertrag trägt das Datum vom 30.12.1993, wurde aber erst nach dem 6.5.1994 unterzeichnet (I 251), obgleich Dr. H. seine Tätigkeit in der Praxis des Klägers bereits am 3.1.1994 begonnen hatte.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Zwischen den Parteien hatten vor Abschluss des Praxisgründungsvertrages über längere Zeit Vorgespräche und Beratungsgespräche stattgefunden. Der Kläger schickte dem Beklagten mehrfach Schreiben, in denen vorangegangene Beratungsleistungen oder Besprechungen ebenso wie Anforderungen des Klägers an die vertragliche Ausgestaltung schriftlich fixiert wurden. Insofern wird auf die diversen Schreiben des Klägers, die als Anlage beigefügt wurden, Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Am 12.09.1993 schrieb der Kläger u.a. an den Beklagten :
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
„Wie besprochen planen wir ab Januar 1994 eine Gemeinschaftspraxis im Außenverhältnis (aus niederlassungstechnischen Gründen). Im vertraglich gesicherten Innenverhältnis werde ich jedoch wie bisher tätig sein, mein potentieller Gemeinschaftspartner für ein Jahr als freier Angestellter arbeiten. Es werden also 1994 noch keine Verkaufserlöse eingenommen. Wie ich hörte, berührt dies das Finanzamt nicht, allein die Aufnahme eines Gemeinschaftspartners bewirkt eine zusätzliche Steuerpflicht. Dies wäre dann nicht problematisch, wenn es, wie vorgesehen, 1995 dann auch im Innenverhältnis, also de facto, zu einer Gemeinschaftspraxis käme und dann ein Verkaufserlös vorhanden ist, aus dem die Steuer befriedigt werden könnte.... Welches wäre der günstigste Weg, um die Steuer möglichst gering zu halten?“
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Vertragsgestaltung erfolgte auf Anraten des Beklagten so, dass der Kläger und Dr. H. eine BGB-Gesellschaft gründeten, in die der Kläger seine Einzelpraxis einbrachte und an der Dr. H.  50 % der Anteile mit entsprechender Gewinnberechtigung erhielt. Für die Gegenleistung von Dr. H. in Höhe von 432.672,00 DM wurde vereinbart, dass dieser am 01.01.1995 DM 143.672,00 und am 01.01.1996 weitere DM 140.000,00 zahlen sollte. Hinzu sollten für die Jahre 1995 und 1996 jeweils DM 70.000,00 jährlich als „Geschäftsführergehalt“kommen, die der Kläger zusätzlich zu seinem Gewinnanteil beanspruchen konnte. Das Jahr 1994 sollte für Dr. H. eine „Probezeit“ sein, in der ihm nur eine erheblich geringere Gewinnbeteiligung zustehen sollte. Die so vereinbarten Beträge hat der Kläger in der Folgezeit erhalten, wobei auch 1997 und 1998 zusätzlich 70.000 DM an den Kläger ausgekehrt wurden (also - um den eigenen Anteil des Klägers bereinigt -  4 x 35.000 DM, insgesamt 140.000 DM).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Aufgrund des tatsächlich gewählten Modells zur Bildung einer Gemeinschaftspraxis und unter Berücksichtigung der weiteren steuerlichen Belastungen ergab sich für den Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 eine tatsächliche Steuerbelastung von insgesamt DM 950.640,05; dieser Betrag setzt sich zusammen aus den rechtskräftigen Steuerbescheiden vom 08.12.1994 (Steuerjahr 1993), vom 04.10.1996 (Steuerjahr 1994), vom 26.01.1996 (Steuerjahr 1995), vom 01.02.1999 (Steuerjahr 1996), vom 27.11.1998 (Steuerjahr 1997) sowie vom 27.01.2000 (Steuerjahr 1998).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Mit Wirkung zum 30.12.1993 erfolgte eine Änderung der Steuergesetze, insbesondere der §§ 16 EStG und 24 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Durch diese Gesetzesänderung wurden die Voraussetzungen  für  eine  Einbringung/Umwandlung eines Betriebes zum nach § 34 EStG privilegierten (hälftigen) Steuersatz erschwert. Diese Gesetzesänderung wurde vom Beklagten bei seiner Beratung nicht berücksichtigt. Ein Hinweis auf die Gesetzesänderung und mögliche Erschwernisse der Erlangung des privilegierten Steuersatzes erfolgte nicht. Der Beklagte klärte den Kläger auch nicht dahingehend auf, dass es weitere Möglichkeiten gegeben hätte, die Gründung einer Gemeinschaftspraxis durchzuführen. In der Folgezeit wurden die Einnahmen des Klägers aus der Praxisveräußerung vom Finanzamt als nichtprivilegiert im Sinne des § 34 EStG a.F. angesehen. Hiergegen wandte sich der Kläger nicht.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe ihn bei der Frage, welches Modell man bei der Bildung der Gemeinschaftspraxis wählen solle, falsch beraten. Ohne Rücksicht auf die Gesetzesänderung sei aufgrund der Beratung durch den Beklagten das falsche, steuerlich ungünstigste Modell gewählt worden. Steuerlich günstiger für den Kläger wären sowohl das sogenannte „Stufenmodell“ als auch insbesondere das „Einbringungsmodell“ gewesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Beim
<span style="text-decoration:underline">Stufenmodell</span>
wäre Dr. H. in zwei Schritten in die Praxis des Klägers aufgenommen worden. Als erster Schritt hätte Dr. H. in den Jahren 1993 bzw. 1994 (üblicherweise) 5 % der klägerischen Einzelpraxis erworben und hätte auch 5 % des Kaufpreises bezahlt. Hierfür hätte es keinen ermäßigten Steuersatz gegeben, da in diesem Fall Dr. H. eine nicht privilegierte Beteiligung an der klägerischen Einzelpraxis erworben hätte. Als zweiter Schritt wäre später (z.B. 1995 und in den Folgejahren) die Übertragung der restlichen 45 % unter Auflösung der Einzelpraxis an Dr. H. erfolgt, der bereits durch den ersten Schritt mit 5 % an der klägerischen Einzelpraxis beteiligt gewesen wäre. Dies hätte dann als Teilübertragung durch den Kläger gegolten, so dass das Entgelt für die restlichen 45 %, die Dr. H. erworben hätte, nach § 34 EStG begünstigt gewesen wäre. Die Steuerlast des Klägers hätte sich in diesem Fall erheblich vermindert.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Auch das
<span style="text-decoration:underline">Einbringungsmodell</span>
, über das der Beklagte den Kläger ebenfalls nicht beraten habe, wäre für den Kläger steuerlich günstiger gewesen. In diesem Fall wäre Dr. H. bereits im Jahre 1993 voll in die klägerische Praxis eingetreten, wobei die Zahlung des gesamten Kaufpreises im Jahre 1994 hätte erfolgen sollen. Dr. H. hätte den gesamten Kaufpreis bereits im Jahre 1993/1994 zahlen können und hätte auch den gleichen Kaufpreis gezahlt; der Kläger hätte Herrn Dr. H. auch ohne ein Probejahr in die Praxis aufgenommen. In jedem Falle wäre auch eine Stundung des Kaufpreises möglich gewesen. Hätte man dieses sogenannte Einbringungsmodell gewählt, wäre es zu einer Auflösung und Besteuerung aller stillen Reserven bereits im Jahre 1993 gekommen, so dass noch das alte Recht für die Firmenverschmelzung gegolten hätte und der gesamte Veräußerungsgewinn nach § 34 EStG a. F. dem ermäßigten Steuersatz unterlegen wäre.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Durch die vom Beklagten gewählte Vertragsgestaltung sei ihm durch Steuermehrbelastungen ein hoher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Nach mehreren verschiedenen Berechnungen hat der Kläger zuletzt behauptet, dass er tatsächlich in den Jahren 1994 bis 1997 eine steuerliche Belastung in Höhe von DM 137.525,77 gehabt habe; die weitere steuerliche Belastung für 1998 betrage geschätzt DM 15.000,00 . Hätte man bereits im Jahre 1993 die stillen Reserven voll aufgedeckt, so wäre dem Kläger in den Jahren 1993 bis 1997 eine steuerliche Belastung in Höhe von lediglich DM 32.823,60 entstanden. Weitere Schäden in Form von steuerlicher Schlechterstellung würden dem Kläger bis zum Jahre 2003 entstehen. Die Differenz in Höhe von DM 104.702,17 (siehe I 65 bis 69) sowie den künftigen Schaden bis zum Jahre 2003 müsse der Beklagte dem Kläger ersetzen. Für die Jahre 1999 bis 2003 sei mangels Steuerbescheiden bisher keine konkrete Berechnung möglich. Ferner müsse der Kläger den im Urteil ausgesprochenen Schadensersatzbetrag künftig versteuern. Deshalb stehe dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung auch einer künftigen Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Kläger hat beantragt:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 104.702,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die sich aus der fehlerhaften steuerlichen Gestaltungsberatung, betreffend die Begründung der Gemeinschaftspraxis der Doktoren Z./H. zukünftig ergeben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgebracht, dass ihm die Gesetzesänderung, insbesondere diejenige des § 24 UmwStG, vor Ende 1994 nicht bekannt gewesen sei und auch nicht hätte bekannt sein können, so dass eine entsprechende Beratung nicht möglich gewesen sei. Überdies hätten weder das Stufenmodell noch insbesondere das Einbringungsmodell den Vorstellungen des Klägers zur Gemeinschaftspraxisgründung entsprochen. Der Kläger habe den Zeugen H. nicht zum 31.12.1993 „ganz“ in seine Praxis aufnehmen wollen; dem habe die Vorstellung des Klägers, den Zeugen H. für ein Probejahr einzustellen, widersprochen. Dem Kläger sei durch die konkrete Wahl der Einbringung der Gemeinschaftspraxis kein finanzieller Schaden entstanden. Ein solcher Schaden sei auch nicht schlüssig dargelegt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Im übrigen habe der Beklagte auch wegen der unsicheren Rechtslage nicht auf die Alternativmodelle (Einbringungsmodell und Stufenmodell) hinweisen müssen. Zum damaligen Zeitpunkt sei eine Anerkennung des Stufenmodells bzw. des Einbringungsmodells nach vermindertem Steuersatz ebenfalls nicht sicher gewesen. Hätte der Beklagte dem Kläger das Stufenmodell empfohlen, hätte im Jahre 1993 ebenfalls das Risiko bestanden, dass es von der Finanzverwaltung nicht anerkannt worden wäre und es damit sogar zu einer Steuermehrbelastung des Klägers gekommen wäre.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Der Beklagte hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen Dr. A. H.; auf die Protokollniederschrift vom 26.11.1998 (I 187) wird Bezug genommen. Das Landgericht hat ferner ein schriftliches Sachverständigengutachten vom 30.03.2000 und ein Ergänzungsgutachten vom 09.04.2001 der Sachverständigen Prof. Dr. E. H. eingeholt, auf die ebenfalls verwiesen wird. Das Landgericht hat der Klage i.H.v. 80.767,04 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf seine Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Hiergegen richten sich die Berufung des Beklagten, soweit zu seinem Nachteil entschieden ist, und die Anschlussberufung des Klägers.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der Beklagte stimmt dem angefochtenen Urteil zu, soweit das Landgericht eine Beratungspflicht hinsichtlich des Einbringungsmodells verneint hat. Er meint jedoch, eine Beratung über das Stufenmodell sei gleichfalls nicht angebracht gewesen. Denn dem Stufenmodell habe damals die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegengestanden. Außerdem habe das Stufenmodell den Wünschen, die der Kläger in seinem Schreiben vom 12.09.1993 geäußert habe, nicht entsprochen. Schließlich habe er es auch zu verantworten, dass gegen die Steuerbescheide kein Anspruch eingelegt worden sei.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Beklagte beantragt:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 18. Oktober 2001, Az: 7 O 70/98 wird im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Klage wird abgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Kläger beantragt:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Berufung wird zurückgewiesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Ferner im Wege der Anschlussberufung:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Unter Abänderung des am 18.10.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts H., Az: 7 O 70/98, wird der Beklagte zur Bezahlung weiterer EUR 45.462,55 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit verurteilt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Der Kläger bringt vor, die tatsächliche Vertragsgestaltung habe zu keinem Steuervorteil führen können. Deshalb hätte ihm der Beklagte alternative Gestaltungsmöglichkeiten vorschlagen müssen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte der Beklagte aber zum Einbringungsmodell raten müssen. Die Vorgaben des Klägers hätten dem Einbringungsmodell nicht entgegengestanden; insbesondere hätte eine „Probezeit“ auch bei diesem Modell vereinbart werden können. Dr. H. sei auch, wie er bekundet habe, in der Lage gewesen, schon 1993 den Kaufpreis zu bezahlen. Der Schaden des Klägers sei daher unter Zugrundelegung des Einbringungsmodells zu berechnen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Kläger beziffert, insoweit dem Gutachten folgend, seine Steuermehrbelastung für die Jahre 1993 - 1997 mit 118.616,39 DM. Seinen Schaden für die Jahre 1998 - 2000 berechnet er unter Berücksichtung der inzwischen ergangenen Steuerbescheide nunmehr mit 52.837,25 DM. Für die Jahre 2001 - 2003 folgt der Kläger den Schätzungen der Sachverständigen und nimmt einen Steuernachteil von DM 1.769,59 an, den er von den zuvor berechneten Schadenspositionen in Abzug bringt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Zur Anschlussberufung entgegnet der Beklagte, aus den vom Landgericht genannten Gründen sei eine Beratung über das Einbringungsmodell nicht erforderlich gewesen. Das Sachverständigengutachten berücksichtige, was die Schadensberechnung nach dem Einbringungsmodell angehe, nicht eventuelle Mehr - oder Minderzuflüsse aufgrund eines eventuell geänderten Gewinnverteilungsschlüssels; es enthalte keine Berechnung der Liquiditätsvorteile des Klägers. Zudem habe die Sachverständige dabei unterstellt, dass die Gewinnverteilung für das Jahr 1994 unverändert geblieben sei.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussberufung des Klägers zum überwiegenden Teil Erfolg hat.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Aufgaben eines Steuerberaters - ebenso wie die eines Rechtsanwalts - ergeben sich aus Inhalt und Umfang des ihm erteilten Mandats; in den hierdurch gezogenen Grenzen hat er den Auftraggeber
<span style="text-decoration:underline">umfassend</span>
zu beraten (vgl. BGH WM 2003, 1138, 1139 m.w.N.). Mit Recht hat das Landgericht deshalb einen Beratungsfehler des Beklagten bejaht.
<br/>
Wie sich aus den dem Vertragsschluss vorangegangenen Schreiben des Klägers, aber auch aus dessen Schreiben vom 12.11.1996 ergibt - auf das sich der Beklagte selbst ausdrücklich im Schriftsatz vom 16.06.2003 bezogen hat (II 141) - und wie auch der Zeuge Dr. H. bestätigt hat, war es dem Kläger besonders darum gegangen, den Verkaufserlös nur mit einem ermäßigten Steuersatz versteuern zu müssen. Dieses Ziel konnte aber mit der vom Beklagten gewählten Vertragsgestaltung (Einbringung der Praxis in die BGB-Gesellschaft zu
<span style="text-decoration:underline">Buch</span>
werten) nicht erreicht werden. Das lag jedoch nicht, wie der Beklagte im ersten Rechtszug behauptet hat, an den Änderungen, die § 16 Abs. 2 EStG und § 24 Abs. 3 UmwStG zum 30.12.1993 erfahren hatten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Nach der damals maßgebenden Rechtsprechung des BFH (BStBl II 1981, 568; BStBl II 1984, 518; vgl. auch BFHE 189, 465) war die Einbringung einer freiberuflichen Praxis durch ihren bisherigen Alleininhaber in eine Sozietät gegen eine Ausgleichszahlung der neu aufgenommenen Mitgesellschafter in das Privatvermögen des Einbringenden nicht als eine nach den §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 EStG steuerbegünstigte Veräußerung anzusehen. Das wurde damit begründet, dass zu den nach § 18 Abs. 3 EStG begünstigten Veräußerungsgewinnen nur die Gewinne zählen, die bei der Veräußerung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Eine solche Veräußerung habe der Praxisinhaber aber nicht vorgenommen, da er erst aufgrund des Sozietätsvertrages Gesellschafter und Mitunternehmer geworden sei.
<br/>
<br/>
Für diese Rechtsprechung und ihre Begründung waren die Einschränkungen, die die §§ 16 Abs. 2 EStG und 24 Abs. 3 UmwStG zum 30.12.1993 erfahren hatten, ohne Belang. Diese Rechtsprechung hatte der Beklagte deshalb seinen Überlegungen zugrunde zu legen. Danach konnte sich für sein „Modell“ ein Steuervorteil nicht ergeben. Dass das für den Kläger zuständige Finanzamt eine von der Rechtsprechung des BFH abweichende Praxis entwickelt hatte und die Steuerermäßigung in derartigen Fällen gleichwohl zu gewähren pflegte, hat der Beklagte nicht behauptet.
<br/>
Unzutreffend ist deshalb auch die Ansicht des Beklagten, der Schaden hätte vermieden werden können, wenn der Kläger gegen den Steuerbescheid für 1994 und gegen nachfolgende Steuerbescheide Einspruch eingelegt hätte. Dass solche Einsprüche erfolglos geblieben wären, ergibt sich ohne weiteres aus der Entscheidung des BFH - Grosser Senat -  in BFHE 189, 465.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein vom Beklagten zu ersetzender Schaden ist dem Kläger jedoch nur entstanden, wenn es eine Gestaltungsmöglichkeit gab, die gleichwohl zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes für den Veräußerungserlös führen konnte. Das war der Fall.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Das Landgericht hat angenommen, das sogenannte Stufenmodell sei der empfehlenswerte Weg gewesen. Nach diesem Modell wird das neue Praxismitglied bei der Gründung der Gesellschaft zunächst nur mit einem kleinen Anteil (z. B. 5 %) beteiligt; das Entgelt hierfür unterliegt beim Veräußerer dessen vollem Steuersatz. Später wird die Beteiligung in einem oder mehreren Schritten auf den gewünschten Anteil (hier z. B. 50 %) aufgestockt. Steuerrechtlich handelt es sich dann bei dem abgebenden Gesellschafter um die Veräußerung eines bereits
<span style="text-decoration:underline">bestehenden</span>
Gesellschaftsanteils; der Erlös aus einer derartigen Veräußerung ist nach § 34 Abs. 2 EStG steuerrechtlich privilegiert.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Diese Lösung hatte jedoch zunächst den Nachteil, dass sie als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO 1977) zur Umgehung der oben unter 1) dargestellten Gesetzeslage angesehen werden konnte (vgl. BFHE 189, 465 unter C V 2 d).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Ihr stand zum Beratungszeitpunkt (Ende 1993) jedoch vor allem die Rechtsprechung des BFH (BStBl II 1986, 335) entgegen, wonach die tarifbegünstigte Veräußerung eines Praxisanteils (§§ 18 Abs. 3, 34 Abs. 2 EStG) die Übertragung aller wesentlichen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit voraussetzte; dazu sollte auch gehören, dass der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellte.
<br/>
Eine auch nur zeitweilige Einstellung seiner ärztlichen Tätigkeit entsprach jedoch in keiner Weise den Intentionen des Klägers, weshalb der Beklagte das Stufenmodell nicht in Betracht zu ziehen brauchte. Zwar hatte das Finanzgericht Düsseldorf im September 1993 gegenteilig entschieden (EFG 1994, 295), und insoweit war ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig. Selbst wenn aber der Beklagte davon wusste oder wissen musste, konnte er den Kläger Ende 1993 und Anfang 1994 nur auf die (noch) entgegenstehende Rechtsprechung des BFH verweisen. Es müsste deshalb feststehen, dass der Kläger mit der Wahl des Stufenmodells bereit gewesen wäre, das Risiko einzugehen, dass der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten würde, sowie das weitere Risiko einer Beurteilung als rechtlicher Gestaltungsmissbrauch. Für eine solche Bereitschaft des Klägers sind indessen keine Anhaltspunkte ersichtlich.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Als weitere Alternative stand aber das auf § 24 Abs. 3 UmwStG beruhende Einbringungsmodell zur Verfügung. Bei diesem Modell bringt der bisherige Praxisinhaber diese in die neu zu gründende Gesellschaft ein. Nach § 24 Abs. 2 UmwStG a.F. hat die Gesellschaft dann die Möglichkeit, das aus der Einzelpraxis übertragene Vermögen zu sogenannten Teilwerten anzusetzen; diese Teilwerte sind mit dem tatsächlichen Wert gleichzusetzen. Diese Bewertung führt zwar zu einer Aufdeckung der in den bisherigen (niedrigeren) Buchwerten des Praxisvermögens enthaltenen stillen Reserven. Versteuern muss der Einbringende in diesem Fall nicht das tatsächlich erhaltene Veräußerungsentgelt, sondern einen fiktiven Veräußerungserlös, der sich aus der Differenz zwischen den Teilwerten und den bisherigen Buchwerten ergibt. In der Regel (von dem hier nicht gegebenen Fall von Zuzahlungen des neu Aufgenommenen abgesehen) führt das beim Einbringenden zu einer höheren Beteuerungsgrundlage, für die aber der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG gewährt wird. Hinzu kommt der weitere Vorteil, dass in den Folgejahren das Praxisvermögen auf der Grundlage der (höheren) Teilwerte abgeschrieben werden kann, was den steuerpflichtigen Gewinn mindert und dem Einbringenden zugute kommt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Mit Wirkung zum 30.12.1993 wurde allerdings § 24 Abs. 3 UmwStG dahin geändert, dass die Vergünstigungsvorschriften nicht anzuwenden seien,
<span style="text-decoration:underline">soweit</span>
der Einbringende selbst an der Personengesellschaft beteiligt sei. Das hätte für den vorliegenden Fall bedeutet, dass nur die Hälfte des - nach dem Einbringungsmodell zu versteuernden fiktiven - Veräußerungserlöses privilegiert gewesen wäre, während der Kläger die andere Hälfte als laufenden Gewinn voll hätte versteuern müssen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Der Beklagte hätte dem Kläger deshalb vorschlagen müssen, noch vor dem 30.12.1993 einen dem Einbringungsmodell entsprechenden Vertrag zu schließen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
aa) Als mit der Prüfung der rechtlichen und steuerrechtlichen Möglichkeiten bei der Gründung einer Gemeinschaftspraxis seit spätestens September 1993 beauftragter Berater musste der Beklagte sich über geplante Gesetzesänderungen in diesem Bereich, insbesondere hinsichtlich der steuerrechtlichen Seite, auf dem laufenden halten. Der Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs im Steuerrecht und zur Bereinigung des Steuerrechts“ lag seit Juli 1993 vor. Am 11.11.1993 war der Entwurf vom Bundestag in 2. und 3. Lesung beraten worden. In Heft 34 der Zeitschrift „Betriebsberater“, erschienen am 10.12.1993, waren in einem Aufsatz („Einschränkung von Steuervergünstigungen im Fall der Einbringung in einer Personengesellschaft durch das Missbrauchs- Bekämpfungsgesetz“, S. 2420) die Auswirkungen der Änderung des § 24 Abs. 3 UmwStG dargestellt. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass ihm diese Quelle nicht zugänglich gewesen sei; er meint lediglich, der Aufsatz habe „nicht den hier einschlägigen Fall betroffen“. Daran ist nur richtig, dass in den dort genannten Beispielen eine OHG betrachtet wurde, in die Einzelunternehmen bzw. bereits bestehende Beteiligungen zum „Teilwert“ eingebracht werden. Die Folgen der Änderung des § 24 Abs. 3 UmwStG waren aber klar dargestellt; der neue Gesetzestext wurde wiedergegeben. Die Annahme, dessen Regelungsbereich betreffe zwar eine OHG, nicht aber eine BGB-Gesellschaft war durch nichts gerechtfertigt und müsste zumindest als fahrlässig angesehen werden, zumal die Überschrift ausdrücklich von einer „Personengesellschaft“ sprach. Im übrigen gab es im Jahr 1993 noch weitere Veröffentlichungen, die sich mit dem Entwurf des Steuermissbrauchs- und Steuerbereinigungsgesetzes befassten (nach der Datenbank „JURIS“ u.a.: DStZ 1993, Heft 18, VI; Information STW, Heft 9/1993, VII; StE 1993, 403 und 691; VW 1993, 1332; DB 1993, 2200).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
bb) Obwohl der Zeuge Dr. H. bekundet hat, er wäre auch schon im Jahre 1993 in die Praxis „eingetreten“, weil er seine Facharztprüfung bereits im November 1993 bestanden und weil insbesondere eine Zulassungsbeschränkung für die Niederlassung gedroht habe, hat das Landgericht angenommen, ein vorgezogener Vertragsschluss nach dem Einbringungsmodell wäre daran gescheitert, dass der Kläger nicht auf das gewünschte „Probejahr“ verzichtet hätte. Die Regelung über die Probezeit, wie sie der später abgeschlossene Vertrag enthält, hätte aber genauso getroffen werden können, wenn der Vertrag noch mit Wirkung vor dem 30.12.1993 geschlossen worden wäre. Auf die angestrebte Steuerermäßigung nach § 24 Abs. 3 UmwStG hätte das keinen Einfluss gehabt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
cc) Ähnliches gilt für die vom Landgericht angestellten Erwägungen über die Höhe des von Dr. H. aufzubringenden Entgeltes. Auch zu diesem Punkt hätte die später getroffene Vereinbarung unverändert übernommen werden können, da es, wie dargelegt, bei § 24 Abs. 3 UmwStG für die Besteuerung nur auf den fiktiven Veräußerungserlös ankommt und das vom Eintretenden gezahlte Entgelt nicht zu versteuern ist, so dass weder dessen Höhe noch der Zeitraum, in dem es bezahlt wird, eine Rolle spielt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
dd) Der Liquiditätsnachteil des Einbringungsmodells - nach dem Sachverständigengutachten hätte der Kläger für das Jahr der Einbringung (1993) zusätzlich rund 147.000,00 DM an Steuern aufbringen müssen - stand einem Vertragsabschluss noch vor dem 30.12.1993 ebenfalls nicht entgegen. Diesen Betrag konnte der Kläger schon dadurch aufbringen, dass er zum 01.01.1995 eine Zahlung in fast gleicher Höhe als erste Kaufpreisrate erhalten würde. Aus den Daten der vom Kläger vorgelegten Steuerbescheide ergibt sich nämlich, dass diese nicht zeitnah zu ergehen pflegten, sondern im Regelfall erst eineinhalb Jahre nach Abschluss des Steuerjahres, teilweise noch später, erlassen wurden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
ee) Soweit im übrigen die brieflich geäußerten Vorstellungen des Klägers von den (später) getroffenen vertraglichen Regelungen abwichen, spricht auch das nicht gegen einen vorzeitigen Vertragsschluss. Unabhängig von dem zunächst noch vertragslosen Zustand hat Dr. H. seine Tätigkeit in der Praxis des Klägers Anfang Januar 1994 aufgenommen. Der Kläger und Dr. H. waren mithin zu einer Zusammenarbeit fest entschlossen. Vom Beklagten sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass der Kläger die Modifikationen gegenüber seinen ursprünglichen Vorstellungen, die der abgeschlossene Vertrag aufweist - mögen sie nun auf eigene Überlegungen, auf Wünsche von Dr. H. oder auf Anregungen des Beklagten zurückzuführen sein -, nicht auch schon vor dem 30.12.1993 akzeptiert hätte.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Zur Schadenshöhe schließt sich der Senat dem Sachverständigengutachten aufgrund eigener Überprüfung an.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Für die Jahre 1993 - 1997 hat die Sachverständige den Steuerschaden des Klägers bei einem Vergleich mit dem Einbringungsmodell auf 118.616,39 DM beziffert.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Der Beklagte wendet hiergegen zunächst ein, bei der Berechnung für 1994 habe die Sachverständige nicht von der tatsächlich durchgeführten Gewinnverteilung ausgehen dürfen (vgl. die Fußnote zu Anlage 6 des ersten Gutachtens mit einem Hinweis auf die der Sachverständigen von den Parteien gegebenen schriftlichen Erklärungen), sondern auch hier eine hälftige Gewinnverteilung unterstellen müssen. Die Sachverständige hat vom Gewinn des Jahres 1994 dem Kläger 441.659,00 DM und Dr. H. „nur“ 124.552,00 DM zugerechnet. Da der höhere Gewinnanteil des Klägers für 1994 aber zu einer höheren Steuerbelastung führt, ist das im Rahmen der hier zur Schadensermittlung durchzuführenden Vergleichsbetrachtung eine für den Beklagten günstige Annahme, die den Steuervorteil des Klägers aus den hypothetischen Durchführung des Einbringungsmodells verringert. Nachdem der Kläger sich die Betrachtungsweise der Sachverständigen jedenfalls im Berufungsrechtszug ausdrücklich zu eigen gemacht hat, kann diese Berechnungsart ohne weiteres zugrunde gelegt werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Soweit der Beklagte von einem Liquiditätsvorteil der tatsächlich durchgeführten Vertragsgestaltung spricht, ist ein solcher (mit Ausnahme des nachfolgenden unter d) dargestellten Punktes) nicht ersichtlich. Im übrigen unterscheiden sich der vom Kläger vereinnahmte Praxisgewinn und das von Dr. H. gezahlte Entgelt bei beiden Lösungen nicht. Soweit der Kläger nicht zweimal, sondern viermal ein jährliches Geschäftsführergehalt von 70.000,00 DM erhalten hat, ist das kein Vorteil der vom Beklagten gewählten Vertragsgestaltung, sondern eine konsequente Abänderung des insoweit unzureichend formulierten Vertrages entsprechend dem tatsächlich von beiden Vertragsparteien hinsichtlich der Gegenleistung Gewollten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Seine allgemeine Behauptung, die Schadensberechnung der Sachverständigen beruhe auf unzutreffenden Annahmen, hat der Beklagte im übrigen nicht näher konkretisiert. Deshalb war von dieser Schadensberechnung auszugehen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Entsprechend den ihr bei der Gutachtenerstellung zur Verfügung stehenden Daten hat die Sachverständige die Auswirkungen des Einbringungsmodells für die Jahre ab 1998 lediglich geschätzt. Für die Jahre 1998 - 2000 berechnet der Kläger seinen Schaden nunmehr aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Steuerbescheide mit 52.837,25 DM. Der Beklagte hat gegen diese Berechnung keine substantiierten Einwände erhoben. Da die Sachverständige für diesen Zeitraum zu einem geschätzten Schaden von über 71.000,00 DM gelangt war, kann von dem vom Kläger nunmehr angegebenen Betrag von 52.837,25 DM ausgegangen werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Für die Jahre 2001 - 2003 beruft sich der Kläger des weiteren auf die Schätzung im Sachverständigengutachten; für diesen Zeitraum ergibt sich aber kein Vorteil des Einbringungsmodells, sondern ein Nachteil von 1.769,59 DM. Diesen Betrag hat der Kläger zutreffend von der Summe der sich aus a) und b) ergebenden Schadensbeträge in Abzug gebracht, so dass sich zunächst ein Schaden von 169.684,05 DM errechnet.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Allerdings liegt ein Nachteil des Einbringungsmodells darin, dass der Kläger mit dem Steuerbescheid für 1993 zunächst 147.621,90 DM mehr und mit dem Steuerbescheid für 1994 noch 25.653,20 DM (147.621,90 DM ./. 121.968,70 DM) mehr an Steuern hätte zahlen müssen als tatsächlich festgesetzt wurden. Mit dem Steuerbescheid von 1995 wäre dieser Nachteil aber bereits ausgeglichen gewesen. Legt man für diese vom Kläger jeweils für ein Jahr zu finanzierenden Beträge einen Zinssatz von 6 % zugrunde (§ 287 Abs. 1 ZPO), ergibt sich damit ein „Finanzierungsmehrbetrag“ beim Einbringungsmodell i.H.v. 8.857,31 DM für das erste und von 1.419,19 DM für das zweite Jahr. Insgesamt ist in oben vorgenommener Schadensberechnung daher um 10.276,50 DM zu vermindern, so dass sich ein Schaden des Klägers von 159.407,55 DM errechnet. Das entspricht 81.503,79 EUR.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Zusätzlich zu dem vom Landgericht bereits zuerkannten Betrag kann der Kläger deshalb noch 40.208,25 EUR beanspruchen. Gegen die Zinsentscheidung des Landgerichts hat der Beklagte mit seiner Berufung nichts erinnert. Für den zusätzlich zugesprochenen Betrag stehen dem Kläger jedenfalls Prozesszinsen i.H.v. 4 % nach § 291 BGB zu.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Die Klageforderung ist, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, nicht verjährt. Das gilt entgegen der Ansicht des Beklagten  auch für die mit der Anschlussberufung geltend gemachte Forderung.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBG begann mit dem Zugang des Steuerbescheides für 1994; dieser datiert vom 04.10.1996. Diese Frist war jedenfalls noch nicht abgelaufen, als der Kläger im Termin vom 16.07.1998 seine Feststellungsklage erhob. Auch wenn diese Feststellungsklage, wie das Landgericht angenommen hat, unzulässig war, hat sie die Verjährung unterbrochen (vgl. BGHZ 78, 5; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 209 Rn. 5). Da die Abweisung der Feststellungsklage durch das Landgericht infolge der Berufung des Beklagten nicht rechtskräftig wurde, dauerte die Unterbrechung fort (§ 211 Abs. 1 BGB a.F.), als der Kläger im Rahmen seiner Anschlussberufung von der Feststellungs- zur Leistungsklage überging. Aus Art. 229 § 6 Abs. 1 u. Abs. 2 EGBGB ergibt sich nichts anderes.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Die Kostenentscheidung für den Berufungsrechtszug folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Die Kostenentscheidung für die erste Instanz ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und S. 2 i.V.m. 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) lagen nicht vor.
</td></tr></table></td></tr></table>
|
|
136,649
|
olgkarl-2003-07-01-14-wx-5603
|
{
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
14 Wx 56/03
| 2003-07-01T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:11
| 2019-02-12T12:38:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde des Wohnungseigentümers  T. B., der Wohnungseigentümerin M. K. und des weiteren Beteiligten K. K. gegen den Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 02.05.2003 - 12 T 294/02 E - wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>2. Der Wohnungseigentümer Thomas B., die Wohnungseigentümerin M. K. und der weitere Beteiligte K. K. haben die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.</p>
<p>3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.090,34 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
An einem beim Amtsgericht X. anhängigen Wohnungseigentumsverfahren sind Herr T. B.und Frau M.K. als Wohnungseigentümer sowie Herr Klaus K. als gewählter - inzwischen durch in einem anderen Verfahren ergangene einstweilige Anordnung des Amtsgerichts X. abberufener - Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligt. Die Genannten (künftig: Beschwerdeführer) haben den damals zuständigen Richter R. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Befangenheitsanträge wurden mit Beschluss des Amtsgerichts X. vom 16.9.2002 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführer vom 6.10.2002  bzw. vom 7.10.2002  hat das Landgericht - nachdem es mit Verfügung des Berichterstatters vom 15.4.2003 bereits auf entsprechende Bedenken hingewiesen hatte - durch Beschluss vom 2.5.2003 mit der Begründung als unzulässig verworfen, das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens sei entfallen, weil der abgelehnte Richter seit März 2003 nicht mehr beim Amtsgericht X. tätig sei. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde vom 19.5.2003.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
II. Das Rechtsmittel ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes (ZPO-RG) vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1887) am 1.1.2002 ist gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch welche die sofortige Beschwerde gegen den ein Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen wird, die sofortige weitere Beschwerde nur dann statthaft, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
a)Nach ständiger Rechtsprechung und nahezu einhelliger Literaturmeinung finden im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bei der auch hier zulässigen (BVerfGE 21, 139 ff.) Ablehnung von Richtern wegen Befangenheit die §§  42 ff. ZPO in ihren spezifischen Teilen entsprechende Anwendung (vgl. etwa BayObLGZ 2002, 89 ff.; OLG Karlsruhe ZMR 2002, 778 f. (=WM 2002, 285 KL); Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl. 2003, Rn. 39 zu §  6; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. 2000, Rn. 52 zu § 44 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies gilt insbesondere auch für die sich aus den allgemeinen Vorschriften der ZPO ergebenden Einschränkungen der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren, wohingegen sich das zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufene Gericht, die Form und die Frist des Rechtsmittels sowie die Beschwerdeberechtigung nach den FGG-Vorschriften richten (BayObLG a.a.O.; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 bzw. Rn. 68 zu §  6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
b) Da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nach dem 1.1.2002 ergangen ist, sind hier - im genannten Rahmen - die Vorschriften der ZPO in der Fassung des das Beschwerdeverfahren grundlegend umgestaltenden ZPO-RG anzuwenden (§ 26 Nr.10 EGZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Während bei Ablehnung eines Richters beim Amtsgericht bisher das Landgericht die Erstentscheidung zu treffen hatte (§  45 Abs.2 S.1 ZPO a.F.), gegen die gegebenenfalls die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht stattfand (§§  46 Abs. 2 Hs. 2, 567 Abs.1 ZPO a.F.), ist nach neuem Recht zur Erstentscheidung ein anderer Richter des Amtsgerichts berufen (§  45 Abs. 2 S. 1 ZPO), gegen dessen das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss die sofortige Beschwerde zum Landgericht gegeben ist (§ 46 Abs.2 Hs. 2 i.V.m. § 567 Abs.1 Nr.1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts findet dann nicht - wie das nach dem bisherigen Rechtsmittelsystem der ZPO der Fall gewesen wäre - die zulassungsfreie sofortige weitere Beschwerde, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde statt. Dies ergibt sich daraus, dass das ZPO-RG die weitere Beschwerde für die ZPO abgeschafft und durch eine Rechtsbeschwerde mit besonderen Statthaftigkeitsvoraussetzungen ersetzt hat (vgl. BayObLG a.a.O.; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn. 2 vor §  574; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 zu §  6). Da ihre Statthaftigkeit in den das Ablehnungsverfahren betreffenden Vorschriften der ZPO nicht ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs.1 Nr.1 ZPO), findet die Rechtsbeschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch die die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsrichters zurückgewiesen wurde, nur dann statt, wenn das Landgericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
c) Aus der entsprechenden Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften über die Richterablehnung in ihrem spezifischen - insbesondere auch die Statthaftigkeit der Rechtsmittel betreffenden - Bereich ergibt sich, dass es sich beim Rechtsmittel gegen eine die Ablehnung eines Amtsrichters in FGG-Verfahren betreffende ablehnende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts um eine sofortige weitere Beschwerde (§§  27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG) zum Oberlandesgericht (§ 28 Abs. 1 FGG) handelt, die indessen nur dann statthaft ist, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist (BayObLG a.a.O.; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 zu §  6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
2. Demgemäß ist im vorliegenden Fall das Rechtsmittel der Beschwerdeführer mangels Zulassung durch das Landgericht als unzulässig zu verwerfen: Eine ausdrückliche Zulassung ist nicht erfolgt, und im Schweigen des angefochtenen Beschlusses liegt die Nichtzulassung (BayObLG a.a.O.). Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ergibt sich nicht etwa daraus, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist. Der Grundsatz, wonach eine weitere Beschwerde dann statthaft ist, wenn die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wurde (vgl. etwa Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., Rn. 2 zu §  27; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Rn. 3, 71 und 78 zu §  45), gilt nur dann, wenn die weitere Beschwerde im Instanzenzug vorgesehen ist. Dies ist im Ablehnungsverfahren bei fehlender Zulassung durch das Landgericht indessen nicht der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der greifbaren Gesetzwidrigkeit hat nicht zu erfolgen. Denn in Hinblick auf den mit dem ZPO-RG neu geschaffenen §  321 a ZPO hat der Gesetzgeber eine Abhilfemöglichkeit für Verfahren vorgesehen, in denen eine Überprüfung bislang nicht möglich war. Daraus ist der allgemeine Rechtsgedanke abzuleiten, dass bei Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder in sonstigen Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eine Selbstkorrektur durch das entscheidende Gericht möglich ist, die eine Anfechtung mit der außerordentlichen Beschwerde ausschließt (BGHZ 150, 133 ff.). Diese Grundsätze kommen auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwendung (BayObLGZ 2002, 369 ff. (=WM 2003, 236)).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Im übrigen ergäbe eine gleichwohl vorgenommene Überprüfung, dass ein Fall der greifbaren Gesetzwidrigkeit nicht vorliegt. Die angegriffene Entscheidung ist weder ihrem Inhalt nach dem Gesetz fremd, noch ist sie mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar. Sie ist vielmehr frei von Rechtsfehlern. Insbesondere trifft die Auffassung des Landgerichts zu, dass das Rechtsschutzbedürfnis für das Ablehnungsgesuch entfallen ist, nachdem der abgelehnte Richter nicht mehr beim Amtsgericht X. tätig ist. Hätten die Beschwerdeführer die Hauptsache für erledigt erklärt, wäre daher nur noch über die Verfahrenskosten zu entscheiden gewesen (vgl. Senatsbeschluss vom 7.1.2002, ZMR 2002, S. 778 f. = OLGR Karlsruhe 2002, 280 f. = ZWE 2002, 327 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
III. Nach alledem war das Rechtsmittel der Beschwerdeführer als unzulässig zu verwerfen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
II. Das Rechtsmittel ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes (ZPO-RG) vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1887) am 1.1.2002 ist gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch welche die sofortige Beschwerde gegen den ein Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen wird, die sofortige weitere Beschwerde nur dann statthaft, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
a)Nach ständiger Rechtsprechung und nahezu einhelliger Literaturmeinung finden im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bei der auch hier zulässigen (BVerfGE 21, 139 ff.) Ablehnung von Richtern wegen Befangenheit die §§  42 ff. ZPO in ihren spezifischen Teilen entsprechende Anwendung (vgl. etwa BayObLGZ 2002, 89 ff.; OLG Karlsruhe ZMR 2002, 778 f. (=WM 2002, 285 KL); Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl. 2003, Rn. 39 zu §  6; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. 2000, Rn. 52 zu § 44 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies gilt insbesondere auch für die sich aus den allgemeinen Vorschriften der ZPO ergebenden Einschränkungen der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren, wohingegen sich das zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufene Gericht, die Form und die Frist des Rechtsmittels sowie die Beschwerdeberechtigung nach den FGG-Vorschriften richten (BayObLG a.a.O.; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 bzw. Rn. 68 zu §  6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
b) Da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nach dem 1.1.2002 ergangen ist, sind hier - im genannten Rahmen - die Vorschriften der ZPO in der Fassung des das Beschwerdeverfahren grundlegend umgestaltenden ZPO-RG anzuwenden (§ 26 Nr.10 EGZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Während bei Ablehnung eines Richters beim Amtsgericht bisher das Landgericht die Erstentscheidung zu treffen hatte (§  45 Abs.2 S.1 ZPO a.F.), gegen die gegebenenfalls die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht stattfand (§§  46 Abs. 2 Hs. 2, 567 Abs.1 ZPO a.F.), ist nach neuem Recht zur Erstentscheidung ein anderer Richter des Amtsgerichts berufen (§  45 Abs. 2 S. 1 ZPO), gegen dessen das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss die sofortige Beschwerde zum Landgericht gegeben ist (§ 46 Abs.2 Hs. 2 i.V.m. § 567 Abs.1 Nr.1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts findet dann nicht - wie das nach dem bisherigen Rechtsmittelsystem der ZPO der Fall gewesen wäre - die zulassungsfreie sofortige weitere Beschwerde, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde statt. Dies ergibt sich daraus, dass das ZPO-RG die weitere Beschwerde für die ZPO abgeschafft und durch eine Rechtsbeschwerde mit besonderen Statthaftigkeitsvoraussetzungen ersetzt hat (vgl. BayObLG a.a.O.; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn. 2 vor §  574; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 zu §  6). Da ihre Statthaftigkeit in den das Ablehnungsverfahren betreffenden Vorschriften der ZPO nicht ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs.1 Nr.1 ZPO), findet die Rechtsbeschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch die die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsrichters zurückgewiesen wurde, nur dann statt, wenn das Landgericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
c) Aus der entsprechenden Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften über die Richterablehnung in ihrem spezifischen - insbesondere auch die Statthaftigkeit der Rechtsmittel betreffenden - Bereich ergibt sich, dass es sich beim Rechtsmittel gegen eine die Ablehnung eines Amtsrichters in FGG-Verfahren betreffende ablehnende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts um eine sofortige weitere Beschwerde (§§  27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG) zum Oberlandesgericht (§ 28 Abs. 1 FGG) handelt, die indessen nur dann statthaft ist, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist (BayObLG a.a.O.; Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rn. 69 zu §  6).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
2. Demgemäß ist im vorliegenden Fall das Rechtsmittel der Beschwerdeführer mangels Zulassung durch das Landgericht als unzulässig zu verwerfen: Eine ausdrückliche Zulassung ist nicht erfolgt, und im Schweigen des angefochtenen Beschlusses liegt die Nichtzulassung (BayObLG a.a.O.). Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ergibt sich nicht etwa daraus, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist. Der Grundsatz, wonach eine weitere Beschwerde dann statthaft ist, wenn die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wurde (vgl. etwa Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., Rn. 2 zu §  27; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Rn. 3, 71 und 78 zu §  45), gilt nur dann, wenn die weitere Beschwerde im Instanzenzug vorgesehen ist. Dies ist im Ablehnungsverfahren bei fehlender Zulassung durch das Landgericht indessen nicht der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der greifbaren Gesetzwidrigkeit hat nicht zu erfolgen. Denn in Hinblick auf den mit dem ZPO-RG neu geschaffenen §  321 a ZPO hat der Gesetzgeber eine Abhilfemöglichkeit für Verfahren vorgesehen, in denen eine Überprüfung bislang nicht möglich war. Daraus ist der allgemeine Rechtsgedanke abzuleiten, dass bei Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder in sonstigen Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eine Selbstkorrektur durch das entscheidende Gericht möglich ist, die eine Anfechtung mit der außerordentlichen Beschwerde ausschließt (BGHZ 150, 133 ff.). Diese Grundsätze kommen auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwendung (BayObLGZ 2002, 369 ff. (=WM 2003, 236)).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Im übrigen ergäbe eine gleichwohl vorgenommene Überprüfung, dass ein Fall der greifbaren Gesetzwidrigkeit nicht vorliegt. Die angegriffene Entscheidung ist weder ihrem Inhalt nach dem Gesetz fremd, noch ist sie mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar. Sie ist vielmehr frei von Rechtsfehlern. Insbesondere trifft die Auffassung des Landgerichts zu, dass das Rechtsschutzbedürfnis für das Ablehnungsgesuch entfallen ist, nachdem der abgelehnte Richter nicht mehr beim Amtsgericht X. tätig ist. Hätten die Beschwerdeführer die Hauptsache für erledigt erklärt, wäre daher nur noch über die Verfahrenskosten zu entscheiden gewesen (vgl. Senatsbeschluss vom 7.1.2002, ZMR 2002, S. 778 f. = OLGR Karlsruhe 2002, 280 f. = ZWE 2002, 327 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
III. Nach alledem war das Rechtsmittel der Beschwerdeführer als unzulässig zu verwerfen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,645
|
olgstut-2003-06-30-1-w-1903
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
1 W 19/03
| 2003-06-30T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:09
| 2019-02-12T12:38:50
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde des Antragstellers (Bl. 28) gegen den Beschluss der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23.Mai 2003 (Bl.26) – 15 O 126/03 – wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die fristgerecht eingelegte, nach § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers (Bl. 28) gegen den die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 23.Mai 2003 (B. 26) hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage bereits dem Grunde nach verneint.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Nach § 114 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Ob dies der Fall ist, ist anhand des vorgetragenen Sachverhalts und der angebotenen Beweise im Wege einer "summarischen" Prüfung zu beurteilen, die sich sowohl auf die rechtliche Seite (Schlüssigkeit der Klage im rechtlichen Sinn) als auch auf die tatsächliche Seite (Beweisbarkeit) erstreckt. Dabei ist – was die tatsächliche Ebene anbetrifft – eine sogenannte "Beweisantizipation" nicht generell unzulässig, so dass Prozesskostenhilfe verweigert werden kann, wenn rechtlich erheblicher Vortrag erkennbar nicht zu beweisen ist (BGH NJW 1988, 266; Zöller-Philippi, Kommentar zur ZPO, 23. Auflage, Rn.26 zu § 114 ZPO; Musielak-Fischer, Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Rn. 21 zu § 114 ZPO). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (BVerfG NJW 1997, 2745).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Diese Grundsätze gelten auch im Arzthaftungsprozess, wenngleich dort an die Substantiierung, insbesondere in medizinischer Hinsicht, keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH NJW 1985, 676 = VersR 1985, 60). Es ist aber jedenfalls auch in medizinischer Hinsicht ein Mindestmaß an Schlüssigkeit erforderlich (Geiß-Greiner, 4. Auflage, S. 243).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Bei dieser rechtlichen Ausgangslage kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil es aufgrund der in den Behandlungsunterlagen dokumentierten Befunde ausgeschlossen erscheint, dass dem Antragsteller der ihm obliegende Nachweis eines für seine Gesundheitsstörungen – schwere Entwicklungsstörung bei Microcephalie und Minderwuchs – ursächlichen Behandlungsfehlers durch einen Arzt oder eine Hebamme der Beklagten gelingen kann. Nach den Behandlungsunterlagen gibt es keinerlei greifbaren Anhaltspunkte für ein ärztliches Fehlverhalten bei der Geburt des mit guten Apgar- und pH-Werten geborenen Antragstellers, ebenso wenig dafür, dass die gesundheitlichen Defizite des Antragstellers überhaupt in der Zeit zwischen dem rechnerischen Geburtstermin und dem 13.10.1989 ihre Ursache haben. Solche Anhaltspunkte zeigt auch der Antragsteller nicht auf, sondern sein Vortrag beschränkt sich auf die Vermutung von intrauterinen Notzuständen nach dem errechneten Geburtstermin und bei der Geburt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
1. Der Antragsteller, dessen Geburtstermin auf den 2.10.1989 errechnet worden war, wurde am 13.10.89, 7.11 Uhr mit einem Gewicht von 3590 g, Apgar-Werten von 8,8,9,9 (nach 1, 2, 5 und 10 Minuten) und einem Nabelschnur-pH-Wert (arteriell) von 7,26 in der 42. SSW geboren. Hauptanknüpfungspunkt der beabsichtigten Klage ist die Behauptung, beim Antragsteller sei es im Hinblick auf den errechneten Geburtstermin am 2.10.1989 zu einer Übertragung gekommen mit der Folge, dass bereits in der Zeit zwischen dem 9.10. und dem 12.10.1989 intrauterine Notzustände aufgetreten seien, die eine Geburtseinleitung oder sofortige Schnittentbindung erfordert hätten. Infolge nachlassender Plazentafunktion sei es zu Schädigungen des Antragstellers im Mutterleib gekommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Für das Auftreten von intrauterinen Notzuständen gibt es keine Anhaltspunkte. Die aufgezeichneten Verläufe der CTG aus der Beobachtungszeit vor dem 13.10.1989 (vgl. die beigezogenen Krankenunterlagen) sind unauffällig und deuten in keiner Weise auf eine bedrohliche Situation des Antragstellers im Mutterleib hin. Anderes behauptet auch der Antragsteller nicht. Ebenso wenig gibt es sonstige Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem 13.10.1989 die Plazenta in ihrer Funktion nachgelassen hat oder die Sauerstoffversorgung des Antragstellers im Mutterleib aus anderen Gründen beeinträchtigt gewesen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
b) Aus der Tatsache allein, dass der – statistische – Geburtstermin überschritten war, ergab sich deshalb keine Notwendigkeit, eine "Intensivüberwachung" oder sonstige weiterführende Untersuchungen durchzuführen. Eine Übertragung im medizinischen Sinn lag nicht vor. Diese beginnt erst ab einer Schwangerschaftsdauer von mehr als 42 SSW, wie der Antragsteller in dem vorgelegten Gutachten des Instituts für Medizinschadensbegutachtung selbst vorträgt (vgl. Pfleiderer et.al., Gynäkologie und Geburtshilfe, 3. Auflage, S. 423), so dass generell aus der Überschreitung des rechnerischen Geburtstermins Gefährdungen des Kindes nicht abgeleitet werden können. Besondere Symptome einer Gefährdung lagen nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Auch die Maßnahmen anlässlich der Spontangeburt des lebensfrischen Knaben am 13.10.1989 rechtfertigen nicht einmal die Vermutung eines Behandlungsfehlers geschweige denn die Möglichkeit eines Fehlernachweises. Sie sind erkennbar nicht zu beanstanden. Aus den Behandlungsunterlagen, die auch einem medizinischen Sachverständigen als einzig verwertbare Erkenntnisquelle zur Verfügung stünden, sind keine Ansatzpunkte zu entnehmen, die den Nachweis eines Behandlungsfehlers denkbar erscheinen ließen:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
a) Gegen einen Fehler spricht schon, dass der Antragsteller nicht etwa in einem deprimierten Zustand, sondern mit Normalgewicht lebensfrisch ohne nachhaltige Adaptionsschwierigkeiten bei guter arterieller Sauerstoffversorgung und guter Apgarbewertung geboren wurde. Anzeichen für eine Unterversorgung oder ein Sauerstoffdefizit liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
b) In der Zeit nach der stationären Aufnahme der Mutter des Antragstellers um 1.00 Uhr des 13.10.1989 kam es nach 5.00 Uhr zu einer tieferen Dezeleration der Herztöne mit schneller Erholung und danach nochmals um 6.20 Uhr zu einer aus der CTG-Aufzeichnung ersichtlichen Dezeleration, wobei die Herztöne des Antragstellers kurzfristig bis auf Werte um 60 bis 80 Schläge/min absanken. Aus den Unterlagen und dem Geburtsprotokoll ist aber ebenso ersichtlich, dass hierauf sofort durch die Gabe von 2 ml Partusisten (Tokolyse zur Wehenhemmung) reagiert wurde mit der Folge, dass sich die Herztöne innerhalb kurzer Zeit wieder erholten. Dies ergibt sich aus den vorliegenden CTG-Befunden, die für die Folgezeit wieder im Normbereich liegende Werte zeigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
c) Nachdem es nach Gabe der für diesen Notfall verordneten Tokolyse nachweislich zur Erholung der Herztöne gekommen ist und auch vom Antragsteller nicht behauptet wird, dass in der Folgezeit (nach 6.20 Uhr) bis zur Austreibungsphase eine "Krise" eingetreten sei, gibt es keine Indizien für eine zwingende Indikation eines Kaiserschnitts. Die Gabe von Partusisten war wirksam, ausreichend und medizinisch korrekt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
d) Dies weisen auch die weiteren Parameter nach der Geburt aus, die sich aus den Behandlungsunterlagen ergeben:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
So deuten die erhobenen Apgar-Werte von 8/8/9/9 in keiner Weise auf eine Sauerstoffunterversorgung im Mutterleib vor oder während der Geburt hin. Der ermittelte pH-Wert des Bluts der Nabelschnur war mit 7,26 unauffällig, so dass eine Azidose als Zeichen einer Hypoxie ausgeschlossen erscheint. Das abgegangene Fruchtwasser war "klar und reichlich". Mekonium wurde nicht festgestellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Schließlich wurden auch bei den durchgeführten pädiatrischen Untersuchungen (U 1 bis U 7) keine Auffälligkeiten beschrieben, die auf einen Geburtsschaden hindeuten. Die vorliegende Microzephalie ist – wie die übrigen Entwicklungsdefizite des Antragstellers – keineswegs eine typische Folge einer intrauterinen oder geburtlichen Sauerstoffminderversorgung, sondern könnte eher – worauf die Antragsgegnerin hinweist – auf eine Schädigung in der Frühschwangerschaft oder auf einen genetischen Defekt hinweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
3. In Anbetracht dieser durchweg regelgerechten Befunde ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller den Nachweis ursächlichen ärztlichen Fehlverhaltens führen könnte, nicht zu bejahen. Den Ausführungen im Privatgutachten fehlt die Grundlage im dokumentierten Sachverhalt. Wenn der Gutachter Dr. Giese aus dem "Eindruck der Großmutter", dass es sich um ein "altes Kind" handle, ohne sonstige Indizien das Vorliegen der sog. Runge-Zeichen als Ausdruck einer Übertragung annimmt, ist dies erkennbar medizinisch nicht fundiert, zumal die einzelne Symptome (Verfärbung der Haut, Waschfrauenhände, fehlende vernix caseosa, Dystrophie) nicht einmal konkret behauptet werden. Die Geburtsunterlagen weisen eine entsprechende Feststellung nicht aus.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Da die beabsichtigte Klage somit ohne Erfolgsaussicht ist, kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Die sofortige Beschwerde ist zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,646
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lg-rottweil-2003-06-30-3-o-2403
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{
"id": 141,
"name": "Landgericht Rottweil",
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"city": 76,
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|
3 O 24/03
| 2003-06-30T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:10
| 2019-01-17T11:56:49
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 8.000,-- EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Januar 2002 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der beizutreibenden Beträge vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>- Streitwert: 8.000,-- EUR</p>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger fordern Rückzahlung einer Anzahlung auf einen Küchenkaufvertrag.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beklagte betreibt in. Im Dezember 2001 kam es zu Vertragsverhandlungen zwischen den Klägern und dem Beklagten wegen der Anschaffung einer Kücheneinrichtung. Am 11. Januar 2002 unterbreitete der Beklagte den Klägern ein schriftliches Angebot über verschiedene Küchenteile. Ein errechneter Endpreis von 21.890,79 DM wurde auf einen "Hauspreis" von 18.000,-- EUR ermäßigt. Nach dem Angebot des Beklagten sollte eine Kühl- und Gefrierkombination geliefert werden. Montage und Lieferung waren nicht im vereinbarten Preis enthalten. Farb- und Ausführungsänderungen, welche keinen Einfluss auf den Preis haben sollten, waren ausdrücklich vereinbart (Einzelheiten Angebot Bl. 9-14 d.A.). Mit schriftlichem Vertrag vom 12. Januar 2002 bestellten die Kläger die Küche gemäß vorausgehendem Angebot. Am 18. Januar 2002 leisteten sie eine Anzahlung von 8.000,-- EUR.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im Folgenden baten die Kläger den Beklagten um Aufschlüsselung der Preise, weil sie die Möglichkeit prüften, Änderungen vorzunehmen. Am 18.02.2002 teilte der Beklagte den Klägern mit, diese wollten die Kühl-/Gefrierkombination nicht mehr geliefert haben. Die Kläger beantworteten das Schreiben am selben Tag. Am 27. Juni 2002 teilte der Beklagte den Klägern mit, die Küche könne wie bestellt geliefert werden. Die Kläger forderten am 20. August 2002 den Beklagten zur Lieferung unter Fristsetzung bis 1. Oktober 2002 auf. Mit Schreiben vom 19.09.2002 erklärte der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Kühl-/Gefrierkombination nicht mehr lieferbar ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Kläger tragen vor,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
bei einer Besprechung am 11. Januar 2002 habe der Beklagte erklärt, nur er könne die 2 Meter hohe Kühl-/Gefrierkombination noch liefern. Die Firma stelle diese Geräte gar nicht mehr her (Beweis: Parteivernehmung Klägerin Ziff. 2). Dies sei wesentlicher Grund gewesen, weshalb die Kläger beim Beklagten eine Küche bestellt hätten. Es sei nicht richtig, dass dem Beklagten mitgeteilt worden sei, man wolle das -Gerät nicht mehr. Diesem Schreiben des Beklagten sei vielmehr sofort widersprochen worden. Die Kläger hätten auch erwartet, dass der Beklagte die Küche ausmesse und danach Pläne vorlege.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Kläger stellen den Antrag:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 8.000,-- EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.01.2002 zu zahlen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Beklagte stellt den Antrag:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Klage wird abgewiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Der Beklagte trägt vor,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bestellte Kühl-/Gefrierkombination nicht mehr hergestellt werde. Dies sei schon bei einem Telefongespräch im Dezember 2001 der Fall gewesen. Die Kläger seien schon bei diesem Gespräch darauf aufmerksam gemacht worden, dass er die Lieferung des Geräts nicht versprechen könne, jedoch guter Hoffnung sei, ein solches noch beschaffen zu können. Die Kläger hätten in Kenntnis dieser Umstände den Vertrag unterschrieben. Es sei klar gewesen, dass ein Ersatzgerät zu liefern sei, wenn die bestellte Kühl-/Gefrierkombination nicht lieferbar sei. Die bestellte Kühl-/Gefrierkombination sei ein Einzelstück und auf die restlichen Küchenteile nicht abgestimmt. Vergleichbare Geräte anderer Hersteller seien noch heute zu beschaffen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Unmittelbar nach Vertragsschluss hätten die Kläger Änderungswünsche geäußert und sich im Weiteren nicht entschließen können. Obwohl sie am 17.01.2002 auf mögliche Verzögerungen hingewiesen worden seien, hätten sie am 03.05.2002 weitere Änderungswünsche geäußert.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 26. Mai 2003 (Bl. 55 - 57 d.A.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die zulässige Klage ist begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Beklagte schuldet den Klägern gemäß § 346 Abs. 1 BGB Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Auf das zwischen den Parteien am 11.01.2002 geschlossene Geschäft ist das BGB in der nunmehr geltenden Fassung anzuwenden, § 5 zu Art. 229 der Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die von den Klägern ausgesprochene Anfechtung des Geschäfts führt nicht zur Vertragsauflösung, § 123 BGB. Die Kläger haben Arglist des Beklagten zwar behauptet, nicht aber näher substantiiert und unter Beweis gestellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Kläger sind wirksam vom Gesamtgeschäft zurückgetreten. Der Beklagte schuldet deshalb gemäß § 346 Abs. 1 BGB Rückzahlung der von den Klägern erbrachten Anzahlung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
a) Die Kläger sind vom Kaufgeschäft wirksam zurückgetreten. Es kann offen bleiben, ob der Vertrag über die gemäß Angebot des Beklagten verkauften "Küchenteile" eine teilbare Leistung enthält oder ob entsprechend der Vorstellung der Kläger eine "Küche" verkauft ist. Da der Beklagte zur Lieferung der bestellten Kühl/Gefrierkombination nicht in der Lage ist und die Kläger eine Teilleistung nicht entgegengenommen haben, sind sie angesichts der bestehenden Teilunmöglichkeit berechtigt, die Leistung des Beklagten insgesamt abzulehnen §§ 323 Abs. 5, 266 BGB. Die Frage einer Teilbarkeit einer Leistung tritt nämlich nur auf, wenn der Gläubiger die Teilleistung angenommen hat. Hat er sie gemäß § 266 BGB zurückgewiesen, liegt ein Fall vollständiger Nichtleistung vor. Das Rücktrittsrecht erstreckt sich in diesem Fall auf den gesamten Vertrag (Heinrichs, in Palandt BGB-Kommentar, § 323 Rdn. 24). Angesichts des bestehenden Teilunvermögens des Beklagten bedurfte es einer Fristsetzung nicht. Eine dem Beklagten gesetzte Frist zur Erfüllung ist zudem ungenutzt verstrichen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
b) Die Kläger sind nicht ausnahmsweise zur Entgegennahme einer Teilleistung verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Eine solche Verpflichtung ist insbesondere nicht aus der Vereinbarung der Parteien herzuleiten. Allerdings wäre eine vertragliche Abrede, wonach Teilleistungen oder Ersetzungsbefugnisse gewährt wurden, wirksam (vgl. Heinrichs a.a.O., § 266 Rdn. 5). Der Beklagte konnte aber nicht beweisen, dass die Vertragsurkunde bezüglich der in das Kaufgeschäft einbezogenen Kühl-/Gefrierkombination in der Form unvollständig ist, dass ein Liefervorbehalt oder ein Änderungsrecht zwischen den Parteien wirksam vereinbart wurde. Die Zeugin  bekundete zwar, die Kläger seien sich darüber im Klaren gewesen, dass die Kühl-/Gefrierkombination nicht mehr hergestellt werde und beschafft werden müsse. Die Zeugin konnte aber keine klare Aussage dazu machen, was gelten sollte, wenn der für unwahrscheinlich gehaltene Fall einer nicht Lieferbarkeit eintreten sollte. Die Zeugin war im Übrigen bei den eigentlichen Vertragsverhandlungen am 11. Januar 2002 nicht anwesend. Insgesamt sind ihre Bekundungen nicht geeignet, die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde zu widerlegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Kläger sind auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht verpflichtet, den restlichen Vertrag auszuführen. Ein Gläubiger darf allerdings eine Teilleistung nicht ablehnen, wenn ihm die Annahme der restlichen Leistung bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interesse zuzumuten ist (Heinrichs, a.a.O. Rdn. 8 m.w.N.). Das Gericht konnte bei der Anhörung der Parteien nicht klären, worauf es beruht, dass das vereinbarte FORUM-Gerät nicht geliefert werden kann. Der Beklagte hat insbesondere nicht hinreichend dargelegt, dass die sein Unvermögen zur Lieferung auf das Verhalten der Kläger zurückzuführen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Da die bestellte Kühl-/Gefrierkombination wertmäßig etwa ein Viertel der Gesamtbestellung ausmacht, ist § 434 Abs. 3 BGB auf des Teilunvermögen des Beklagten nicht anwendbar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
3. Die Zinsforderung beruht auf § 346 Abs. 1 BGB. Der Nutzungsvorteil wurde gemäß § 287 ZPO im Hinblick auf § 288 BGB geschätzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das Urteil ist gemäß § 709 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die zulässige Klage ist begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Beklagte schuldet den Klägern gemäß § 346 Abs. 1 BGB Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Auf das zwischen den Parteien am 11.01.2002 geschlossene Geschäft ist das BGB in der nunmehr geltenden Fassung anzuwenden, § 5 zu Art. 229 der Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die von den Klägern ausgesprochene Anfechtung des Geschäfts führt nicht zur Vertragsauflösung, § 123 BGB. Die Kläger haben Arglist des Beklagten zwar behauptet, nicht aber näher substantiiert und unter Beweis gestellt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Kläger sind wirksam vom Gesamtgeschäft zurückgetreten. Der Beklagte schuldet deshalb gemäß § 346 Abs. 1 BGB Rückzahlung der von den Klägern erbrachten Anzahlung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
a) Die Kläger sind vom Kaufgeschäft wirksam zurückgetreten. Es kann offen bleiben, ob der Vertrag über die gemäß Angebot des Beklagten verkauften "Küchenteile" eine teilbare Leistung enthält oder ob entsprechend der Vorstellung der Kläger eine "Küche" verkauft ist. Da der Beklagte zur Lieferung der bestellten Kühl/Gefrierkombination nicht in der Lage ist und die Kläger eine Teilleistung nicht entgegengenommen haben, sind sie angesichts der bestehenden Teilunmöglichkeit berechtigt, die Leistung des Beklagten insgesamt abzulehnen §§ 323 Abs. 5, 266 BGB. Die Frage einer Teilbarkeit einer Leistung tritt nämlich nur auf, wenn der Gläubiger die Teilleistung angenommen hat. Hat er sie gemäß § 266 BGB zurückgewiesen, liegt ein Fall vollständiger Nichtleistung vor. Das Rücktrittsrecht erstreckt sich in diesem Fall auf den gesamten Vertrag (Heinrichs, in Palandt BGB-Kommentar, § 323 Rdn. 24). Angesichts des bestehenden Teilunvermögens des Beklagten bedurfte es einer Fristsetzung nicht. Eine dem Beklagten gesetzte Frist zur Erfüllung ist zudem ungenutzt verstrichen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
b) Die Kläger sind nicht ausnahmsweise zur Entgegennahme einer Teilleistung verpflichtet.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Eine solche Verpflichtung ist insbesondere nicht aus der Vereinbarung der Parteien herzuleiten. Allerdings wäre eine vertragliche Abrede, wonach Teilleistungen oder Ersetzungsbefugnisse gewährt wurden, wirksam (vgl. Heinrichs a.a.O., § 266 Rdn. 5). Der Beklagte konnte aber nicht beweisen, dass die Vertragsurkunde bezüglich der in das Kaufgeschäft einbezogenen Kühl-/Gefrierkombination in der Form unvollständig ist, dass ein Liefervorbehalt oder ein Änderungsrecht zwischen den Parteien wirksam vereinbart wurde. Die Zeugin  bekundete zwar, die Kläger seien sich darüber im Klaren gewesen, dass die Kühl-/Gefrierkombination nicht mehr hergestellt werde und beschafft werden müsse. Die Zeugin konnte aber keine klare Aussage dazu machen, was gelten sollte, wenn der für unwahrscheinlich gehaltene Fall einer nicht Lieferbarkeit eintreten sollte. Die Zeugin war im Übrigen bei den eigentlichen Vertragsverhandlungen am 11. Januar 2002 nicht anwesend. Insgesamt sind ihre Bekundungen nicht geeignet, die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde zu widerlegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Kläger sind auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht verpflichtet, den restlichen Vertrag auszuführen. Ein Gläubiger darf allerdings eine Teilleistung nicht ablehnen, wenn ihm die Annahme der restlichen Leistung bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interesse zuzumuten ist (Heinrichs, a.a.O. Rdn. 8 m.w.N.). Das Gericht konnte bei der Anhörung der Parteien nicht klären, worauf es beruht, dass das vereinbarte FORUM-Gerät nicht geliefert werden kann. Der Beklagte hat insbesondere nicht hinreichend dargelegt, dass die sein Unvermögen zur Lieferung auf das Verhalten der Kläger zurückzuführen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Da die bestellte Kühl-/Gefrierkombination wertmäßig etwa ein Viertel der Gesamtbestellung ausmacht, ist § 434 Abs. 3 BGB auf des Teilunvermögen des Beklagten nicht anwendbar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
3. Die Zinsforderung beruht auf § 346 Abs. 1 BGB. Der Nutzungsvorteil wurde gemäß § 287 ZPO im Hinblick auf § 288 BGB geschätzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das Urteil ist gemäß § 709 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table>
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136,647
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Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Calw vom 23.1.2003 abgeändert:</p>
<p>Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, einen Termin zur Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 17.11.2000 zu bestimmen und diesen über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zu befragen, die Angaben des Schuldners aufzunehmen und die Richtigkeit an Eides Statt versichern zu lassen.</p>
<p/>
<p>2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.</p>
<p/>
<p>Beschwerdewert: bis 300,00 Euro.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Gläubigerin beantragte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 6.11.2002 beim zuständigen Gerichtsvollzieher, den Schuldner zur Nachbesserung seines am 17.11.2000 eidesstattlich versicherten Vermögensverzeichnisses zu laden. Zur Begründung bringt sie vor, der Schuldner sei verpflichtet, das bereits eidesstattlich versicherte Vermögensverzeichnis durch nähere Angaben darüber zu ergänzen, ob und in welcher Höhe seine Ehefrau über ein eigenes Einkommen verfügt, weil es bei der Berechnung des pfändbaren Betrages von entscheidender Bedeutung sei, ob der Ehegatte ein eigenes Einkommen habe und demzufolge bei der Berücksichtigung der unterhaltsberechtigten Personen außer Betracht bleiben könne. Dieser Antrag wurde vom zuständigen Gerichtsvollzieher mit Schreiben vom 8.11.2002 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Calw vom 23.01.2003, auf dessen Gründe Bezug genommen wird (Bl. 22 f. d. A.), zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin ausweislich der Zustellungsurkunde Bl. 28 d. A. am 28.01.2003 zugestellt. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 31.01.2003, die noch am selben Tag per Telefax beim Amtsgericht Calw eingegangen ist. Sie wiederholt und vertieft darin ihren bisherigen Vortrag und verweist insbesondere auf § 850 c IV ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 793, 567 ZPO), insbesondere wurde sie form- und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt. Sie hat in der Sache Erfolg. Das Vermögensverzeichnis vom 17.11.2000 ist unvollständig und muss daher vom Schuldner ergänzt werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Ob wegen eines Taschengeldanspruches eines Schuldners das Einkommen des Ehegatten anzugeben ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl. dazu OLG München, JurBüro 1999, 605 mit Nachweisen zur divergierenden Rechtsprechung und Literatur). Die Kammer neigt zu der Ansicht, dass wegen der bedingten Pfändbarkeit eines Taschengeldanspruches gem. § 850 b Abs. 2 ZPO grundsätzlich vom Schuldner Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Ehegatten zu machen sind. Diese Streitfrage braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden, weil ein Taschengeldanspruch des Schuldners gem. §§ 1360, 1360 a BGB nicht in Betracht kommt. Wie aus der eidesstattlichen Vermögensversicherung vom 17.11.2000 hervorgeht, verfügt der Schuldner über ein Monatseinkommen in Höhe von 5.680,00 DM netto. Unter diesen Umständen scheidet ein Taschengeldanspruch aus, der üblicherweise nur dem erwerbslosen Ehegatten zusteht (KG, NJW 2000, 149). Die Gläubigerin bringt selbst auch nicht vor, dass dem Schuldner ein derartiger Taschengeldanspruch zustehen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
2. Der Schuldner ist jedoch deswegen zur Ergänzung des vorerwähnten Vermögensverzeichnisses verpflichtet, weil seine Ehefrau als Unterhaltsberechtigte in Betracht kommt. Es ist streitig, ob wegen § 850 c Abs. 4 ZPO der Schuldner Angaben zum Arbeitseinkommen des Ehegatten machen muss (ablehnend: LG Bonn MDR 1992, 901; LG Hildesheim EGVZ 1994, 88; LG Cleve JurBüro 1992, 269; LG Neuruppin JurBüro 1998, 434; Zöller-Stöber, 23. Auflage, RN 27 zu § 807 ZPO; Schilken in Münchener Kommentar, 2. Aufl., RN 50 zu § 807 ZPO; zurückhaltend auch Münzberg in Stein/Jonas, 21. Aufl., RN 33 a zu § 807 ZPO; bejahend: LG Oldenburg JurBüro 1996, 328; LG Ravensburg JurBüro 1996, 492; LG Erfurt JurBüro 1999, 159). Die Kammer schließt sich insoweit der bejahenden Auffassung an.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Zwar ist der Schuldner nach § 807 ZPO nur gehalten, ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen. Sinn und Zweck der Offenbarungspflicht ist es jedoch, dem Gläubiger die Kenntnisse zu verschaffen, die er für erfolgversprechende Vollstreckungsmaßnahmen benötigt (Zöller-Stöber, 23. Aufl., RN 1 zu § 807 ZPO). Hierzu gehören im vorliegenden Fall auch die für § 850 c Abs. 4 ZPO maßgeblichen Tatsachen. § 850 c Abs. 4 ZPO sieht vor, dass eine unterhaltsberechtigte Person, der vom Schuldner Unterhalt gewährt wird, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben kann, wenn diese über ein eigenes Einkommen verfügt. Ohne nähere Angaben zur Unterhaltsberechtigung und zum Einkommen seines Ehegatten durch den Schuldner ist es dem Gläubiger unmöglich, im nachfolgenden Pfändungsverfahren näher zu prüfen, ob der Ehegatte bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages überhaupt zu berücksichtigen ist. Für einen Antrag gem. § 850 c Abs. 4 ZPO hat der Schuldner nämlich die Voraussetzungen durch substantiierten Vortrag auch zur Höhe der Einkünfte des Ehegatten schlüssig darzustellen, allgemeine Formulierungen sind nicht genügend (Zöller-Stöber, aaO., RN 13 zu § 850 c ZPO). Deswegen ist es geboten, dem Schuldner die Pflicht aufzuerlegen, die notwendigen Tatsachen, aus denen sich die Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten bzw. deren etwaige Einkünfte ergeben, im Vermögensverzeichnis – soweit ihm dies möglich ist – zu offenbaren. Andernfalls wäre der Gläubiger gezwungen, zur Art und zur Höhe des Einkommens des Ehegatten im Pfändungsverfahren Behauptungen ins Blaue hinein aufzustellen (so zutreffend LG Erfurt, JurBüro 1999, 159), was weder zumutbar noch verfahrensökonomisch erscheint.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
3. Rechtliches Gehör war dem Schuldner im Beschwerdeverfahren nicht zu gewähren. Im einseitigen Erinnerungsverfahren nach § 766 Abs. 2 ZPO hat eine Anhörung des nicht beteiligten Schuldners zu unterbleiben (Zöller-Stöber, aaO., RN 27 zu § 766 ZPO). Das gleiche gilt im nachfolgenden Verfahren gem. § 793 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO in Verbindung mit Nummer 1957 KV. Der Beschwerdewert wurde gem. § 57 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 ZPO festgesetzt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO scheidet aus, nachdem der Schuldner am Verfahren nicht beteiligt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,648
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5 Ws 26/03
| 2003-06-30T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:11
| 2019-02-12T12:38:50
|
Beschluss
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<h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14. April 2003 aufgehoben.</p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Amtsgericht Waiblingen hat den Angeklagten am 12. Februar 2002 wegen eines Vergehens der exhibitionistischen Handlung zu einer dreimonatigen zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Angeklagte am 09. März 2001 gegen 17.45 Uhr im Treppenhaus des Gebäudes in K. der Zeugin W., einer Hausmitbewohnerin - um sich sexuell zu erregen bzw. zu befriedigen - mit entblößtem Glied, die Hose bis zu den Knöcheln heruntergelassen, gegenübergetreten, wobei er über sein Glied ein rotes Kondom gestreift hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Nachdem der Angeklagte bereits im Jahr 2000 in der geöffneten Wohnungstür seiner Wohnung mit heruntergelassener Hose gestanden und sich einer Hausbewohnerin mit einem über sein Glied gezogenen Kondom gezeigt hatte (das insoweit geführte Ermittlungsverfahren wurde am 05. Dezember 2000 nach Zahlung einer Geldbuße gemäß § 153 a StPO eingestellt), ist der Angeklagte im vorliegenden Verfahren auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft am 02. November 2001 von einem Facharzt für psychotherapeutische Medizin, dem Leiter des Zentrums für Psychiatrie in W., untersucht worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die Exploration und Befunderhebung unter Einbeziehung fremdanamnestischer Angaben und der Tathergangschilderung eine passiv exhibitionistische Tat zeigt, die im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsanalyse trotz der Wiederholung keine aktive Durchsetzung sexueller Impulse am Sexualobjekt erkennen lässt. Nach den sachverständigen Ausführungen lassen sich außerdem keinerlei Anhaltspunkte für eine psychotische Grunderkrankung und für ein epileptisches Leiden finden; darüber hinaus sind affektive Störungen von krankhaftem Ausmaß nicht nachweisbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Den Angaben des Sachverständigen folgend, der beim Angeklagten von einer intellektuellen Schwachbegabung ausgeht, kam das Amtsgericht zu der Überzeugung, dass sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht in einem die Schuldfähigkeit einschränkenden oder ausschließenden Zustand befunden hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gegen das vorgenannte Urteil des Amtsgerichts Waiblingen hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Nachdem der Angeklagte im Berufungsverfahren - erstmals - das Ergebnis einer testpsychologischen Untersuchung vom 20. November 2001 vorgelegt hat, worin aufgrund der festgestellten deutlichen Einschränkungen im intellektuellen Basisbereich der Verdacht auf eine frühkindliche Hirnleistungsstörung geäußert wurde, hat das Landgericht Stuttgart am 12. August 2002 die Einholung eines - weiteren - Sachverständigengutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten angeordnet und zum Sachverständigen Dr. W., Wi., bestellt. Sollte das Gutachten eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der ihm vorgeworfenen Tat feststellen, ist auch zur Frage einer etwaigen Unterbringung gem. § 63 StGB Stellung zu nehmen. Das Landgericht hat in dem Beschluß außerdem darauf hingewiesen, dass eine "einstweilige Unterbringung" in einem psychiatrischen Krankenhaus geprüft werde, wenn der Angeklagte Vorladungen des Sachverständigen freiwillig keine Folge leisten sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Sachverständige, dem die Strafakten zur Einsichtnahme übersandt wurden, hat den Angeklagten daraufhin aufgefordert, zum Zwecke der persönlichen Begutachtung am 14. Oktober 2002 in einem Raum im Landgerichtsgebäude zu erscheinen. Nach Eingang der Vorladung teilte der Angeklagte dem Sachverständigen jedoch mit, dass er den Begutachtungstermin nicht wahrnehme, er werde sich keiner psychiatrischen und/oder testpsychologischen Begutachtung mehr unterziehen. Trotz eines weiteren Hinweises auf die mögliche Anordnung der "vorläufigen Unterbringung" kam der Angeklagte der Einladung des Sachverständigen nicht nach.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Das Landgericht hat deshalb dem Sachverständigen am 3.3.2003 die Absicht mitgeteilt, die "einstweilige Unterbringung" des Angeklagten zum Zwecke der Begutachtung anzuordnen und - im Hinblick auf eine nur kurze Unterbringungszeit - angefragt, in welchem Zeitraum dieser zu der anstehenden Untersuchung zur Verfügung stehen könnte. In einem Telefonat vom 11. März 2003 teilte der Sachverständige dem Landgericht daraufhin mit, er könne die Begutachtung ab Ende des Monats März 2003 durchführen, wobei die Begutachtung "sinnvoll erst nach einer mindestens einwöchigen Unterbringung sei" und er hierfür die Akten benötige.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Nach - telefonischer - Anhörung der Verteidigerin hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss am 14. April 2003 zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Angeklagten dessen Unterbringung zur Beobachtung in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die gegen diesen Beschluss gerichtete, rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 81 Abs. 4 Satz 1 StPO) und begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung gem. § 81 StPO nicht vorliegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Der Beschluss des Landgerichts leidet bereits an einem durchgreifenden Verfahrensmangel.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus setzt gemäß § 81 Abs. 1 StPO die vorherige Anhörung eines Sachverständigen über die Unerlässlichkeit der stationären Aufnahme voraus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
a. Den insoweit an die Anhörung eines Sachverständigen zu stellenden Anforderungen ist nur dann genügt, wenn der Sachverständige grundsätzlich nach persönlicher Untersuchung des Betroffenen (aa) ein schriftliches Gutachten erstattet (bb).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
aa. Nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 StPO gebietet die Vorschrift zwar nicht, dass der Anhörung des Sachverständigen eine persönliche Anhörung des Betroffenen durch den Sachverständigen vorausgehen muss. Jedoch besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass die Stellungnahme nur dann der Vorschrift des § 81 StPO entspricht, wenn sich der Sachverständige zuvor einen persönlichen Eindruck von dem Unterzubringenden verschafft hat (OLG Celle NStZ 91, 599; OLG Karlsruhe StV 84, 369; MDR 84, 72; OLG Düsseldorf StV 98, 638; StV 93, 571; Meyer-Goßner StPO, 46. Aufl., § 81 Rdnr. 11 m.w.N.). Dieser Auffassung folgt auch der Senat. Denn durch die Unterbringung wird das Grundrecht der persönlichen Freiheit des Betroffenen eingeschränkt. Ein solch schwerwiegender Eingriff erfordert neben einer strikten Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auch die Feststellung, dass die Unterbringung unerlässlich ist, d.h. ohne sie die psychische Verfassung des Betroffenen nicht beurteilt werden kann (vgl. BVerfG StV 95, 617, 618). Die für diese Feststellungen notwendigen Erkenntnisse wird der Sachverständige in der Regel nicht durch bloßes Aktenstudium, sondern nur dadurch gewinnen können, dass er sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Sofern nicht eine richterliche Verhandlung in Anwesenheit sämtlicher Beteiligter stattfindet, hat sich der Sachverständige schriftlich zu äußern, wobei er in seinem Gutachten zu dem Erfordernis der Unterbringung und deren voraussichtlicher Dauer Stellung nehmen muss (OLG Düsseldorf StV 93, 571; OLG Frankfurt StV 86, 51). Eine telefonische Äußerung gegenüber dem Gericht reicht keinesfalls aus (OLG Karlsruhe MDR 84, 72; OLG Düsseldorf a.a.O.; KK-Senge StPO, 4. Aufl., § 81 Rdnr. 8; Meyer-Goßner StPO, 46. Aufl., § 81 Rdnr. 12). Telefonische Informationen gegenüber dem Gericht können schon deshalb nicht genügen, weil in diesem Fall der anschließend zu hörende Verteidiger nicht in die Lage versetzt wird, zur Unterbringungsfrage sachgerecht und umfassend Stellung zu nehmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
b. Die insoweit erforderliche Anhörung wird im vorliegenden Fall nicht dadurch entbehrlich, dass der Angeklagte auch nach Androhung der Unterbringung durch das Gericht der Einladung des vom Gericht bestellten Sachverständigen zur Untersuchung nicht nachkommt. In solchen Fällen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Vorführung des Angeklagten vor das Gericht zu veranlassen und insoweit den durch § 80 StPO vorgezeichneten Weg zu gehen (vgl. OLG Celle NStZ 1991, 599), um dem Sachverständigen vor der vorgeschriebenen Anhörung die Möglichkeit zu bieten, einen persönlichen Eindruck von der zu begutachtenden Person zu gewinnen. Zwar wird - wenn auch beschränkt auf seltene Ausnahmefälle - die Auffassung vertreten, unter Umständen könne es genügen, wenn sich der Sachverständige seine Meinung aufgrund des Aktenstudiums bilde (vgl. u.a. HansOLG Hamburg MDR 64, 434; OLG Celle NStZ 1989, 242). Diese Frage braucht indes nicht abschließend entschieden zu werden, da aus der Stellungnahme des Sachverständigen - was hier nicht der Fall ist - hervorgehen muss, inwieweit eine derartige Ausnahmesituation vorgelegen hat (OLG Karlsruhe NJW 1973, 573; StV 1984, 369).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Diesen Erfordernissen genügen der Schriftverkehr der Berufungskammer mit dem Sachverständigen und die Äußerung des Sachverständigen im Telefonat mit dem Strafkammervorsitzenden vom 11. März 2003 nicht. Die Formulierung in dem an den Sachverständigen gerichteten Schreiben des Landgerichts vom 03. März 2003, in dem diesem im Hinblick auf die Weigerung des Angeklagten zur Mitwirkung an der Untersuchung die Absicht der Kammer mitgeteilt wurde, die "einstweilige Unterbringung" des Angeklagten zum Zwecke seiner Begutachtung anzuordnen und der Sachverständige vorab um Mitteilung gebeten wurde, in welchem Zeitraum er zu der anstehenden Untersuchung zur Verfügung stehen könnte, legt sogar den Schluss nahe, dass das Landgericht den Sachverständigen zu der eigentlichen Frage über die Unerlässlichkeit der stationären Aufnahme nicht konkret anhören wollte. Ungeachtet dessen liegt jedenfalls keine schriftliche, vielmehr nur eine mündliche Äußerung des Sachverständigen vor, die auf die Notwendigkeit einer Unterbringung des Angeklagten zur Beobachtung und deren voraussichtlicher Dauer nicht detailliert eingeht, nachdem der Sachverständige nur mitteilt, "sinnvoll sei die Begutachtung erst nach einer mindestens einwöchigen Unterbringung".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Mithin sind die an die Anhörung des Sachverständigen zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb bereits wegen der Nichtbeachtung des vorgeschriebenen Verfahrens keinen Bestand haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die erfolgte Anordnung der Unterbringung erweckt auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bedenken.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Eine Unterbringung ist nur dann zulässig, wenn diese unerlässlich ist (BVerfG StV 95, 617; StV 2001, 657, 658). Vor einer Anordnung nach § 81 StPO müssen deshalb erst alle anderen Mittel ausgeschöpft sein, um zu einer Beurteilung der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten zu kommen (vgl. Meyer-Goßner StPO, 46. Aufl., § 81 Rdnr. 8 m.w.N.). Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung kann dann nicht erfolgen, wenn der Betroffene sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Betroffenen voraussetzt (vgl. BGH StV 1994, 231). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Betroffenen verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei einer Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Betroffenen zu erwarten ist (vgl. OLG Celle StV 1985, 224; StV 1991, 248).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Weder in der angegriffenen Entscheidung noch in der telefonischen Äußerung des Sachverständigen wird dargelegt, dass und warum die Unterbringung des Angeklagten für die Beurteilung seiner Schuldfähigkeit unerlässlich im genannten Sinn sein sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Unerlässlichkeit ergibt sich auch nicht von selbst aus dem angestrebten Zweck der Maßnahme. Das Landgericht hat wegen angenommener unvollständiger sachverständiger Feststellungen des Erstgutachters im Hinblick auf die nachträglich vorgelegte testpsychologische Untersuchung mit dem darin geäußerten Verdacht auf frühkindliche Hirnleistungsstörungen ein Zweitgutachten angeordnet. Diese Entscheidung obliegt dem Landgericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht i.S.v. § 244 Abs. 2 StPO und ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Weigert sich jedoch der Angeklagte, die weitere Begutachtung zuzulassen bzw. an ihr mitzuwirken, ist die Anordnung der Unterbringung zur Begutachtung nur unerlässlich, wenn anders der Zustand des Betroffenen nicht beurteilt werden kann. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, nachdem vorliegend bereits Erkenntnisquellen zum psychischen Zustand des Angeklagten durch die - schriftlichen - Ausführungen des in erster Instanz tätigen Sachverständigen sowie das vom Angeklagten selbst im Berufungsverfahren vorgelegte Protokoll über die testpsychologische Untersuchung vom 20. November 2001 zur Verfügung stehen. Nachvollziehbare Gründe dafür, dass die durch den gerichtserfahrenen Erstgutachter gewonnenen Erkenntnisse für die Erhebung des von der Strafkammer eingeschalteten zweiten Sachverständigen nicht verwertet werden können, sind weder dargetan noch ersichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Ob die angeordnete Unterbringung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht (§ 81 Abs. 2 Satz 2 StPO) bedarf mithin keiner endgültigen Entscheidung. Die hinsichtlich der Straferwartung gemäß § 331 StPO im vorliegenden Fall maximal möglichen Sanktionen gegen den Angeklagten sind jedoch weit weniger einschneidend als eine zwangsweise Unterbringung zur Beobachtung. Dies muss umso mehr gelten, als die bisherigen Ermittlungen keine nachvollziehbaren Umstände, jedenfalls soweit sie dem Akteninhalt zu entnehmen sind, ergeben, die die Annahme begründen könnten, es bestünden durchgreifende Bedenken gegen die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten für die ihm zur Last gelegte Tat. Durch die Hinzuziehung eines weiteren Gutachters kann jedenfalls auch ohne Unterbringung des Angeklagten in der anzuberaumenden Hauptverhandlung in ausreichendem Maße geprüft werden, ob Zweifel an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten begründet sind.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,642
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|
16 WF 76/03
| 2003-06-27T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:08
| 2019-02-12T12:38:49
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 17. März 2003 wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
1. Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Klägerin könne Barmittel von 10.367,33 EUR, angelegt bei der Volksbank S., heranziehen, um den Prozesskostenbedarf zu bestreiten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Klägerin geltend, der Betrag würde im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG zur Aufrechterhaltung der angemessenen Alterssicherung benötigt und sei deshalb freizustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Gem. § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG darf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Unter einem kleineren Barbetrag versteht man rund 2.300 EUR (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rn. 57). Was vom Bankguthaben der Klägerin 2.300 EUR übersteigt, reicht für die Prozesskosten aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Weiter darf gem. § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 88 Abs. 3 BSHG die Prozesskostenhilfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass die hilfsbedürftige Partei Mittel einsetzt, wenn dies eine Härte bedeuten würde, insbesondere wenn die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Der Senat kann weder feststellen, dass das Bankguthaben für die Aufrechterhaltung der Altersversorgung der Klägerin erforderlich ist, noch dass es geeignet ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Die Erforderlichkeit kann nur dann bejaht werden, wenn die sonstige Altersversorgung der hilfebedürftigen Partei bekannt ist. Es muss die Schlussfolgerung möglich sein, dass die Alterssicherung dereinst unzureichend sein werde (VGH Baden-Württemberg, Justiz 2003, 38, 40; OLG Hamburg, FamRZ 2001, 925). In der verwaltungs- und finanzgerichtlichen Rechtsprechung fordert man präzisierend, dass eine Gefährdung der angemessenen Altersversorgung immer nur dann gegeben ist, wenn eine unter Einbeziehung des für die Prozesskostenhilfe zu verwendenden Kapitals von der Sozialhilfe unabhängige Altersversorgung existiert und die anderweitige Verwendung dieses Kapitals ursächlich dazu führt, dass die Partei in Zukunft ihre Altersversorgung zumindest teilweise auch durch die Inanspruchnahme von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt wird bestreiten müssen (Hessisches Finanzgericht EFG 1996, 199 mit Hinweis auf BverwGE 56, 87).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Dass die Klägerin nicht über eine ausreichende Altersversorgung verfügt, hat sie noch nicht dargelegt (vgl. zur Darlegungslast OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04. April 1990 - 2 WF 58/90 - Justiz 1991, 21 mit Hinweis auf den Beschluss vom 15. Juli 1989 - 2 WF 198/88 - nicht veröffentlicht).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
b) Zu Recht hat das Amtsgericht durchgreifende Zweifel daran gehabt, dass der Betrag von 10.367,33 EUR zur Altersversorgung geeignet ist. Es handelt sich dabei offensichtlich um einen Restbetrag mit einer ursprünglichen Höhe von 18.859,40 EUR, den die Klägerin im Juni 2002 als Zugewinnausgleich erhalten hat. Damit ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin den Restbetrag ebenfalls nach und nach ausgeben wird, so dass er zur Altersversorgung nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Barmittel sind zwar nicht von vornherein für Versorgungszwecke offensichtlich ungeeignet, denn die Partei kann sich mit einem Kapitalbetrag eine Versorgung aufbauen oder eine Grundlage dafür schaffen, etwa durch Abschluss einer privaten Versicherung oder durch Einzahlung in die Rentenversicherung. Bestehen jedoch begründete Zweifel, dass dies geschieht, kann die Eignung von Barkapital für Versorgungszwecke verneint werden (vgl. zu der selben Frage, ob bei einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich die eines Abfindungsbetrages eine offen-sichtlich ungeeignete Leistung darstellt, MK/Strobel, 4. Aufl., § 1587 o Rn. 28 ff.; FamK Rolland 1994, § 1587 o Rn. 26 ähnlich Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 1587 o BGB Rn. 27, wo ausgeführt wird, dass mit einer Kapitalzahlung eine Existenzgründung oder eine qualifizierte Ausbildung finanziert werden könne, die Kapitalzahlung ohne diese Voraussetzungen also als ungeeignet angesehen wird).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Eine Kostenentscheidung unterbleibt im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO. Die für die erfolglose Beschwerde in Nr. 1956 Kostenverzeichnis zum GKG vorgesehene Gebühr von 25 EUR erhebt der Kostenbeamte von Amts wegen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,643
|
olgkarl-2003-06-27-16-wf-7703
|
{
"id": 146,
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"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
16 WF 77/03
| 2003-06-27T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:09
| 2019-02-12T12:38:49
|
Beschluss
|
<h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den einen Streitwert festsetzenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tauberbischofsheim vom 14. März 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Streitwert auf 15.466 EUR festgesetzt wird.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger schuldet den Beklagten nach den drei vor dem Kreisjugendamt K. am 07. Juni 2001 errichteten Urkunden ab 01. Januar 2002 121 % des jeweiligen Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Unter dem 14. August 2002 haben die Beklagten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt wegen 3.402 EUR bis 31. August 2002 insgesamt aufgelaufener Unterhaltsrückstände und wegen ab September 2002 laufenden Monatsunterhaltes von 276 EUR für die Beklagte C. und je 326 EUR für die Beklagten M. und S.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit am 09. September 2002 eingegangener Vollstreckungsabwehrklage hat der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Urkunden des Kreisjugendamts K. UR ..., UR... und UR... für unzulässig zu erklären. Er hat gerügt, dass der mit 3.402 EUR beigetriebene Unterhaltsrückstand bei Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses rechnerisch nur 169,69 EUR betragen habe, der zusammen mit Zahlungen auf laufenden Unterhalt am 04. September 2002 bezahlt worden sei. Tituliert seien statt behaupteter 276 EUR/326 EUR/326 EUR nur 231 EUR/287 EUR/287 EUR. Entgegen einer früheren schriftlichen Ankündigung hätten die Beklagten den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 14. August 2002 völlig überflüssigerweise beantragt. Die Aufrechterhaltung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses führe bei dem Kläger zu nicht wieder gut zu machenden Schäden. Der Kläger sei zu jeder Zeit Aufforderungen der Beklagten zur Zahlung, so wie sie berechtigt seien, nachgekommen, was auch in Zukunft so bleiben werde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im Termin vom 11. März 2003 haben der Kläger und die Beklagten C. und M. die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 14. März 2003 den Beklagten C. und M. die Kosten auferlegt und den Streitwert auf 14.698,08 EUR festgesetzt. Durch Versäumnisurteil gegenüber der Beklagten S. hat es festgestellt, dass die Hauptsache erledigt sei und ihr gesamtschuldnerisch neben den anderen Beklagten die Kosten auferlegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie möchten den Streitwert auf 3.402 EUR beschränkt sehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg. Gem. § 25 Abs. 2 S. 2 ZPO setzt der Senat den Streitwert auf 15.466 EUR fest.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Bei einer Klage auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde bemisst sich der Streitwert nach dem gesamten Zahlungsanspruch (BGH Beschluss vom 02. Februar 1962 - V ZR 70/60 - NJW 1962, 806; Beschluss vom 23. September 1987 - III ZR 96/87 - Kostenrechtsprechung ZPO § 3 Nr. 890). Dem Vollstreckungsabwehrkläger steht es frei, den Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung zu bestimmen. Dann bemisst sich der Wert der Vollstreckungsabwehrklage nach dem so bestimmten Umfang (BGH a.a.O.; OLG Koblenz, FamRZ 2001, 845; OLG Hamm, JurBüro 1988, 1078; OLG Köln, Rpfleger 1976, 138; jeweils m.w.N.). Die Beschränkung der Vollstreckungsabwehrklage auf einen bestimmten Betrag, oder, insbesondere bei Unterhaltstiteln, einen bestimmten Zeitraum sollte zweckmäßigerweise ausdrücklich erfolgen, ist aber auch stillschweigend möglich (so im Grundsatz BGH Beschluss vom 02. Februar 1962 a.a.O.; OLG Köln a.a.O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a) Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger bei der Abwehr der Zwangsvollstreckung für den Zeitraum Januar 2001 bis August 2002 auf einen Teilbetrag von 3.402 EUR beschränkt, den Betrag, dessentwegen sich die Beklagten für den genannten Zeitraum in dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 14. August 2002 eines noch nicht erfüllten Anspruchs auf Unterhaltsrückstand berühmt haben. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und offenkundig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Die Vollstreckungsabwehrklage ist aber auch insoweit erhoben, als die Zwangsvollstreckung wegen laufenden Unterhalts ab September 2002 möglich ist. Dieser Teil des Streitwerts ist nach § 17 GKG zu bemessen; dabei ist insbesondere auch § 17 Abs. 4 GKG zu beachten (BGH Beschluss vom 18. März 1981 - IVb ZR 585/80 - Kostenrechtsprechung, GKG, § 17 Nr. 31). Da die Klage am 09. September 2002 eingereicht wurde, zählt der für September 2002 beitreibbare Unterhalt in Höhe von behaupteten insgesamt 928 EUR zu den Rückständen. Der Streitwert bemisst sich deshalb mit 3.402 EUR + 928 EUR + 12 x 928 EUR.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
c) Sowohl wegen der Rückstände als auch wegen des laufenden Unterhaltes wäre, wenn nur ein Monatsunterhalt von 231 EUR/287 EUR/287 EUR statt eines solchen von 276 EUR/326 EUR/326 EUR tituliert wäre, zwar die Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO zulässig gewesen. Dies ist jedoch auf den Streitwert ohne Einfluss, nachdem der Kläger gleichwohl Vollstreckungsabwehrklage erhoben hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
d) Eine Beschränkung auf den bis August 2002 als rückständig behaupteten Unterhalt ist der erhobenen Vollstreckungsabwehrklage nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere insoweit, als der Kläger den Beklagten auch und gerade für die Zukunft die Befugnis bestritt, wegen insgesamt 928 EUR monatlich zu vollstrecken statt, wie der Kläger meint, nur wegen insgesamt 805 EUR monatlich. Im Übrigen schien der Kläger den Beklagten für eine Zwangsvollstreckung wegen des laufenden Unterhaltes ein Rechtsschutzinteresse absprechen oder sonst unter Hinweis auf ihm drohenden Schaden die Zwangsvollstreckung aus der Hand schlagen zu wollen. Auf die Schlüssigkeit der Klage kommt es insoweit nicht an. Im Übrigen scheint das Amtsgericht die Klage auch insoweit als schlüssig angesehen zu haben; denn es betont, dass der Kläger noch nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den laufenden Unterhalt bezahlt habe; zum Zeitpunkt der Klagerhebung habe kein Anlass bestanden, die Zwangsvollstreckung "aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss" (gemeint wohl: mittels eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses) zu betreiben.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,644
|
olgstut-2003-06-27-5-u-16202-5-u-162
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
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5 U 162/02; 5 U 162/2002
| 2003-06-27T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:09
| 2019-02-12T12:38:49
|
Urteil
|
<h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 17.05.2002 - 2 O 313/01 - wird</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>zurückgewiesen.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<p>2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<p>Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gesamten vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.</p>
<p/>
<p/>
<table border="1" class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">Streitwert der Berufung:</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">Euro 102.258, 37</p></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">(DM 200.000,--)</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger, Mitarbeiter der rechtlich unselbstständigen Stiftungsunternehmen C. Z., O., und Sch... G., M... (Ort), der Beklagten wenden sich mit der Klage gegen die Wirksamkeit eines die §§ 37, 11 Abs. 8 und 116 der Stiftungssatzung der Beklagten ändernden Beschlusses der Stiftungsverwaltung vom 28.02.2002 in der Bekanntmachung vom 31.07.2002 mit dem Ziel der Weitergeltung der geänderten Statutenbestimmungen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beklagte ist eine juristische Person des Privatrechts und Eigentümerin der unternehmerisch tätigen, rechtlich unselbstständigen Stiftungsunternehmen C. Z. und Sch... G.. Die C... Z... (Name) wurde am 19.05.1889 durch Prof. Dr. E...(Vorname) A... (Nachname) gegründet. Zwei Tage später bestätigte das Departement für
Cultus
des Großherzogs in W. (Ort) die Gründungsurkunde. Die Satzung stammt vom 26.07.1896. In der Folgezeit wurden verschiedene Statutenbestimmungen geändert, so am 28.06.1998 § 5, der die Stiftungsverwaltung und deren Zusammensetzung regelte. Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands wurde dieser § 5 zunächst am 23.09.1996 dahingehend geändert, dass die Stiftungsverwaltung einem 5-köpfigen Kuratorium mit Sitz in St. (Ort) zusteht, wobei dieses Kuratorium jeweils aus den zuständigen Ministern für die wissenschaftlichen Hochschulen Baden-Württembergs und Thüringens, dem Vorsitzenden des Vorstands der Kreditanstalt für Wiederaufbau, dem Vorsitzenden des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und dem jeweiligen Präsidenten des Max-Planck-Instituts gebildet wird. Die Beklagte änderte § 5 am 28.06.1998 dahin, dass künftig die Stiftungsverwaltung nur noch durch die jeweiligen Minister für wissenschaftliche Hochschulen der Länder Baden-Württemberg und Thüringen wahr genommen wird. Die Klage mehrerer Mitarbeiter der Beklagten führte zur  Feststellung der Nichtigkeit des 1998 geänderten Statuts in § 5 mit der Folge, dass weiterhin das 5-köpfige Kuratorium die Stiftungsverwaltung bildet (rechtskräftiges Urteil des LG Ellwangen vom 16.6.2000, 2 0 244/99, gem. Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19.12.2001, 4 U 147/00, Nichtannahmebeschluss des BGH vom 30.1.03, III ZR 36/02).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Beschluss vom 28.02.2000, bekannt gegeben am 31.07.2000, änderte die Stiftungsverwaltung der Beklagten insbesondere § 37 des Statuts, welcher die Unveräußerbarkeit der Stiftungsbetriebe C. Z. und Sch... G. für die Beklagte festlegte mit der Ausnahme der Selbstauflösung der Betriebe. Die Kläger sehen durch den Änderungsbeschluss den Stifterwillen verletzt, da die Neuregelung des § 37 nicht nur der Aufnahme außenstehender Dritter als Geldgeber sondern auch der rechtlichen Verselbstständigung der Stiftungsbetriebe verbunden mit der Auflösung ihres Haftungsverbundes Tür und Tor öffne.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ellwangen verwiesen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Satzungsänderung halte sowohl den Voraussetzungen der Satzungsänderungsbestimmung des § 118 des Statuts als auch dem Stifterwillen stand.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, die ihre erstinstanzlichen Anträge unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Argumentation weiterverfolgen: So sei der Änderungsbeschluss bereits formell rechtswidrig wegen Fehlens einer wirksamen vorläufigen Genehmigung der Statutenänderung wie sie § 118 Abs. 3 der Satzung vorschreibe, denn das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg habe anstelle des nach § 3 Abs. 1 Baden-Württembergisches Stiftungsgesetz zuständigen Regierungspräsidiums diese Genehmigung erteilt; ebenso fehle die erforderliche Anhörung der Aufsichtsbehörde und die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Statutenänderung, deren Begründung zu dem unzulänglich sei; dazuhin sei die Satzungsänderung den in Deutschland noch lebenden volljährigen Nachkommen des Stifters nicht bekannt gegeben worden. Im Übrigen enthalte die Satzungsänderung materielle Fehler, denn die insoweit beweisbelastete Beklagte habe weder dargelegt noch bewiesen, dass die Satzungsänderung zur Aufrechterhaltung des Stiftungsbetriebes unumgänglich gewesen sei. Nur die Änderung wirtschaftlicher Verhältnisse in der Vergangenheit genüge hierfür nicht. Im Übrigen verstoße die Statutenänderung gegen den Stifterwillen, denn die durch die gewählte unmittelbare Unternehmensträgerstiftung gewährleistete Kontinuität, geregelte Unternehmensnachfolge und Unabhängigkeit ihrer Tätigkeit von Dritteinflüssen werde nun den Einflüssen kapitalgebender Dritter ausgesetzt mit der Folge der Fremdbestimmung, der Gefahr der Wegfusionierung, des Aufkaufens und Auflösens der Beklagten. Durch die Auflösung des Haftungsverbundes der Stiftungsbetriebe werde ebenfalls gegen den Stifterwillen verstoßen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Kläger in der Berufungsbegründung nebst nachfolgenden Schriftsätzen verwiesen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Kläger beantragen,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
unter Abänderung des am 17.05.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Ellwangen, Aktenzeichen: 2 O 313/01:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Stiftungsverwaltung der C... Z... (Name) gerichtet auf die Änderung von § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) nichtig ist. Es wird ferner festgestellt, dass § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) in der Fassung vor der Änderungsbekanntmachung vom 31.07.2000 fortgelten.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
2. Hilfsweise:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Stiftungsverwaltung der C... Z... (Name) gerichtet auf die Änderung von § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) und § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) in Form der Änderungsbekanntmachung vom 31.07.2000 nichtig sind. Es wird ferner festgestellt, dass § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) in der Fassung vor der Änderungsbekanntmachung vom 31.07.2000 fortgelten.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
3. Höchsthilfsweise:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beklagte wird verurteilt, § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 des Statuts der C... Z... (Name) in der Fassung der Änderungsbekanntmachung vom 31.07.2000 aufzuheben und folgende Fassungen von den § 37, § 11 Abs. 8 und § 116 zu beschließen und ordnungsgemäß bekanntzugeben:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
§ 37 Veräußerung von Stiftungsbetrieben
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
(1.) Nach Sinn und Zweck der Stiftung ist unbedingt ausgeschlossen, dass sie ihrer Besitztitel auf die gegenwärtigen Stiftungsbetriebe oder der diesbezüglichen vertragsmäßig gegebenen Anrechte durch Verkauf oder Abtretung oder der Last eigener Verwaltung derselben durch Verpachtung, Aufnahme neuer Sozien oder dergleichen jemals ganz oder teilweise sich entledigen dürfte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
(2.) Das gleiche soll auch hinsichtlich jedes anderen etwa in Zukunft von der Stiftung in Deutschland begründeten oder übernommenen neuen Betriebsunternehmens dann in Geltung treten, wenn dasselbe einmal durch 5 Jahre oder länger in Besitz oder Mitbesitz der Stiftung gewesen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
(3.) Sollte zur irgendeiner Zeit die weitere Fortführung eines unter die obigen Vorschriften fallenden Stiftungsbetriebes ohne Schädigung oder Gefährdung der Übrigen oder der Stiftung selbst unmöglich werden, so ist dieser Betrieb unter tunlichster Schonung der beteiligten Interessen endgültig aufzulösen, seine Firma aber nach Abwicklung aller Verbindlichkeiten endgültig zu löschen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="19"/>
§ 11 Unternehmensräte
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
(8.) Die Unternehmensräte fassen ihre Beschlüsse in Sitzungen. Beschlussfassung durch schriftliche, telegraphische oder fernmündliche Stimmabgabe ist zulässig, wenn der Vorsitzende oder im Verhinderungsfall sein Stellvertreter eine solche Beschlussfassung vorschlägt und kein Mitglied des Unternehmensrates diesem Verfahren widerspricht. Die Unternehmensräte sind beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel ihrer Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Sie fassen ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Abwesende Mitglieder können ihre Stimme dadurch abgeben, dass sie schriftliche Stimmabgabe durch andere Mitglieder oder durch den Stiftungskommissar überreichen lassen. Im Falle der Stimmengleichheit hat jedes Mitglied des Unternehmensrates sowie der Stiftungskommissar das Recht, eine erneute Abstimmung über denselben Gegenstand zu verlangen, der eine nochmalige Beratung vorausgehen soll.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
§ 116 Auflösung der Stiftung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
Sollte die C... Z... (Name) zu irgendeiner Zeit infolge der Auflösung ihrer sämtlichen Betriebsunternehmungen, unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 dieses Status oder durch andere Ereignisse, für weitere ersprießliche Fortsetzung der ihr zugedachten praktischen Tätigkeit im Gebiet der feintechnischen Industrie keinen Boden mehr haben und als dann auch keine anderen stiftungsgemäßen Einrichtungen dauernder Art und von erheblicher Bedeutung besitzen, deren Fortführung nicht wesentlich nur Vermögensverwaltung wäre, so soll sie nach Auflösung des letzten Stiftungsbetriebes und Abwicklung  aller Verbindlichkeiten ihr übrigbleibendes Vermögen zu je einem Sechstel an die Gemeinden J., O. und M... (Orte) sowie die Universitäten J., M... (Orte) und Ul. (Ort) zu weiterer selbstständiger Verwendung für im Sinne der Stiftung liegende Zwecke überweisen und als Rechtssubjekt mit eigenen Organen zu bestehen aufhören.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Zur Begründung wird auf die Berufungserwiderung nebst nachfolgenden Schriftsätzen verwiesen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
1. Die Klage ist zulässig.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Sie hat Kontrollansprüche sogenannter Destinatäre einer Stiftung des privaten Rechts gemäß § 118 ff. der Stiftungssatzung der Beklagten zum Gegenstand, so dass der Zivilrechtsweg eröffnet ist (Seifart/von Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts, 2. Auflage, § 7 Rdn. 144).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Kläger sind prozessführungsbefugt, denn sie behaupten mit der Klage ein eigenes Kontrollrecht gegen die Satzungsänderung der Beklagten.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
Mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass sowohl der Hauptklagantrag also auch der unter Ziffer 2 gestellte erste Hilfsklagantrag zulässig sind. Haupt- und Hilfsantrag sind Feststellungsklagen, gerichtet auf die Feststellung der Nichtigkeit der Änderung der genannten Statuten verbunden mit der Feststellung der Fortgeltung der Statuten in der alten Fassung. Das gemeinsame Klagziel ist die Rückgängigmachung des angeblich fehlerhaften Statutenänderungsbeschlusses der Beklagten vom 28.02.2000. Dieses Klageziel kann gegen Verbandsbeschlüsse durch die Feststellungsklage (Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses) oder durch die Anfechtungsklage (ein erst durch Urteil für nichtig zu erklärender Beschluss) erreicht werden, wobei herkömmlich der Grad des Mangels des Beschlusses das Einteilungskriterium bildet. Da Nichtigkeitsklage und Anfechtungsklage sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern zueinander in einem Eventualverhältnis stehen (BGHZ 134, 364 zum GmbHG; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Seite 445 ff.), kann die exakte Einordnung der Klage dahinstehen. Zwar wurden diesen Grundsätze für verbandsrechtliche Klagen entwickelt. Bei der Stiftung handelt es sich jedoch um keinen Verband, da ihr die Mitglieder fehlen. Sie ist eine juristische Person, die zur Verwirklichung bestimmter Sonderzwecke geschaffen ist und aus Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation besteht. Sieht die Stiftungssatzung jedoch, wie hier in §§ 118 ff., auch die Klagemöglichkeit der Stiftungsdestinatäre gegen Stiftungsbeschlüsse vor, können die zu Verbandsbeschlüssen entwickelten Grundsätze der Klagearten entsprechend angewendet werden, es sei denn die Stiftungssatzung stünde insoweit entgegen. Das ist nicht der Fall. Aus § 119 Abs. 1 der Satzung ergibt sich die Möglichkeit der Anfechtung von Statutenänderungsbeschlüssen. Diese Anfechtungsmöglichkeit umfasst Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe ("ungerechtfertigte Abänderung"),  denn eine Beschränkung der Anfechtungsgründe ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht, die als verobjektivierter Stifterwille gilt. Insbesondere kann aus § 119 Satz 3 wegen der Worte "Wiederaufhebung oder Modifikation" nicht geschlossen werden, es werde dadurch die Feststellung der Nichtigkeit ausgeschlossen und es solle eine neben die herkömmlichen Klageformen zu stellende neue Klageart (bzw. die herkömmlichen Klagearten ausschließende Klageform) der "Wiederaufhebungsklage" geschaffen werden. Die Begriffe "Wiederaufhebung oder Modifikation" dienen erkennbar nur der Abgrenzung der nach der Satzung nicht möglichen "Schadloshaltung" oder "Exemption" (Befreiung) von den Wirkungen des anzugreifenden Beschlusses.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="30"/>
Im Hinblick auf die Gleichschaltung von Feststellungs- und Anfechtungsklage ist daher für den vorliegenden Fall der Feststellungsklage kein besonderes Rechtsschutzinteresse zusätzlich erforderlich.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
2. Begründetheit der Klage
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
a. Eine Klagverfristung gemäß § 119 Abs. 1 der Satzung liegt nicht vor, denn die Klage wurde binnen Jahresfrist erhoben, das heißt ein Jahr ab Bekanntgabe des Änderungsbeschlusses vom 28.02.2000 am 31.07.2000 durch Zustellung der Klage am 06.08.2001 (§ 270 Abs. 3 ZPO, wobei die Zustellung demnächst nach der am 31.07.2001 gegebenen Anhängigkeit erfolgte).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
b. Die Kläger sind als Stiftungsdestinatäre aktivlegitimiert. Zwar stehen Destinatären, die lediglich Nutzer und nicht Mitglieder der Stiftung sind, grundsätzlich weder Leistungsansprüche noch Mitwirkungsrechte noch Kontrollbefugnisse zu, es sei denn, der Stifter hat im Stiftungsgeschäft oder durch die Satzung solche Rechte eingeräumt (Staudinger/Rawert, Kommentar zum BGB,1995, § 85, Rdn. 11). Nach § 119 Abs. 1 des Statuts hat aber jeder, der zu dem in § 118 des Statuts genannten Personenkreis gehört, ein Anfechtungsrecht gegen Statutenänderungsbeschlüsse. § 118 Abs. 4 nennt insoweit das Personal, zu dem die Kläger gehören. Hierbei räumt § 119 den Klägern jedoch diese Rechtsstellung ein, ohne dass diese an irgendwelche weitere das Recht einschränkende Voraussetzungen geknüpft wird. Nur in seinen "Motiven und Erläuterungen" vom 12.06.1900 führte der historische Stifter insbesondere auf Seite 371 aus, dass "er (§ 119) zum Einspruch gegen eine Statutenänderung ausdrücklich jeden ermächtigt, der an der Aufrechterhaltung des Bestehenden ein vernünftiges Interesse haben kann" und weiter unten "dass aus § 119 legitimiert sind: ... im Übrigen jeder Angehörige ... der Stiftungsbetriebe hinsichtlich solcher Statute, die seine besonderen Interessen berühren." Insbesondere die letzte Formulierung des Stifters kann als das Anfechtungsrecht der Kläger einschränkende Zulässigkeitsvoraussetzung gedeutet werden. Bei der Auslegung von Stiftungsstatuten ist jedoch der objektive Stifterwille, wie er im Stiftungsgeschäft und in den Erklärungen des Stifters im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zum Ausdruck gekommen ist, maßgebend (Staudinger/Rawert a.a.O,. § 85 Rdn. 2). Durch das Genehmigungsverfahren wird der Stifterwille objektiviert (BGH NJW 87, 2365). Auf die Motive des Stifters oder spätere Änderungen seines Willens kommt es deshalb nicht an, sondern nur auf Willensbekundungen, die Gegenstand des Stiftungsverfahrens geworden sind (Seifart/von Campenhausen, § 7 Rdn. 109). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die genannten Äußerungen des historischen Stifters Gegenstand des Genehmigungsverfahrens waren, zumal sie zeitlich danach verlautbart wurden. Deshalb haben diese Kundgebungen des Stifters in "seinen Motiven und Erläuterungen"  bei der Auslegung des Wortlauts des § 119 außer Betracht zu bleiben.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
c. Im Rahmen der Klagemöglichkeit des § 119 können auch Formfehler gerügt werden, denn weder der Wortlaut der Satzung als objektivierter Stifterwille noch Äußerungen des Stifters im Rahmen des stiftungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens stehen dieser Auslegung entgegen. Im Hinblick auf die starke  Stellung der Stiftungsdestinatäre ist zudem die Struktur der Beklagten einem Verband mit Mitgliedern angenähert, so dass die oben genannten Klagearten entsprechende Anwendung finden (vgl. Hüffer im Münchner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage § 243 Rdn. 136 ff.).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Formfehler haften dem Beschluss der Beklagten vom 28.02.2000 jedoch nicht an:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die vorläufige Genehmigung der Statutenänderung (§ 118 Abs. 3) durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 15.04.2003 (B 37, Seite 666) ist nicht wegen Tätigwerdens der unzuständigen Behörde unwirksam. Nach dem Stiftungsgesetz Baden-Württemberg ist grundsätzlich das Regierungspräsidium Genehmigungsbehörde (§ 3 Abs. 1). Wird die Stiftung jedoch durch ein Ministerium verwaltet, nimmt dieses die Aufgaben der Stiftungsbehörde wahr (§ 3 Abs. 3 Satz 2). Vorliegend bestand jedoch die Stiftungsverwaltung nach dem in alter Fassung vom 23.09.1996 fortgeltenden § 5 des Statuts aus dem jeweiligen Minister für wissenschaftliche Hochschulen in Baden-Württemberg und Thüringen, dem Vorsitzenden des Vorstands der Kreditanstalt für Wiederaufbau, dem Vorsitzenden des Vorstands des Stifterverbandes für deutsche Wissenschaft und dem jeweiligen Präsidenten der Max Blank Gesellschaft (sogenanntes 5-köpfiges Kuratorium). Kuratoriumsvorsitzender ist der Minister für wissenschaftliche Hochschulen in Baden-Württemberg. Für § 3 Abs. 3 Satz 2 baden-württembergisches Stiftungsgesetz ist nicht entscheidend, dass diese Verwaltungsfunktion den jeweiligen Ministern persönlich oblag und nicht ihrer Behörde. Da § 3 Abs. 3 insoweit keine Einschränkung enthält, fällt hierunter auch der Fall, dass die Behördenspitze selbst die Stiftungsverwaltungsfunktion inne hat. Deshalb war nicht das Regierungspräsidium St... sondern das obengenannte Ministerium zur Erteilung der vorläufigen Genehmigung berufen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Änderungsbeschluss wurde auch von den zuständigen Stiftungsverwaltungsmitgliedern wirksam getroffen: Aufgrund der nunmehr rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Ellwangen vom 16.6.2000 steht fest, dass die Statutenänderung von § 5 vom März/April 1998 in der Fassung der Änderungsbekanntmachung vom 28.06.1998 für nichtig erklärt wurde verbunden mit der Fortgeltung der Altfassung von § 5 in der Bekanntmachung vom 23.09.1996, wonach die Stiftungsverwaltung  aus dem obengenannten 5-köpfigen Kuratorium besteht. Dieses Kuratorium hat den Änderungsbeschluss vorliegend im Umlaufverfahren erlassen (sogenannter Vorsorgebeschluss im Hinblick auf den obengenannten damals noch schwebenden Rechtsstreit, Anlage B 22, Vorstandsvorsitzender der Kreditanstalt für Wiederaufbau: 23.06.2000; B 23, Vorstandsvorsitzender des Stifterverbandes für deutsche Wissenschaft: 03.07.2000 und B 24, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft: 05.07.2000).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="38"/>
Dieser Vorsorgeänderungsbeschluss stand unter der zulässigen aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Feststellung der weiteren Wirksamkeit von § 5 a. F..
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Die nach § 118 Abs. 3 erforderliche Anhörung der Aufsichtsbehörde liegt vor. Die Aufsichtsbehörde der Stiftung ist die zuständige Behörde im Sinne des § 87 Abs. 1 BGB, die sich wiederum nach dem Landesrecht bestimmt. Vorliegend ist die Stiftungsbehörde Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 8 Abs. 3 Stiftungsgesetz Baden-Württemberg. Stiftungsbehörde ist jedoch vorliegend das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 Stiftungsgesetz.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="40"/>
Ein Formfehler liegt auch nicht in der unterbliebenen Beteiligung der Arbeitnehmer an der Satzungsänderung. Der Stifter ist berechtigt, aufgrund seiner Stifterautonomie bis zur Gemeinwohlgefährdung den Stifterwillen in der Satzung niederzulegen. Vorliegend bestimmt § 118 Abs. 3 den Verfahrensgang. Danach ist von einer Anhörung der Arbeitnehmer nicht die Rede (angehört werden sollen nur der Stiftungskommissar, das geschah am 28.02.2000, B 18 und die Stiftungsvorstände, dies erfolgte ebenfalls am 28.02.2000, B 18).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
Ebenso wenig zeigt die Satzungsänderung eine Verletzung des Begründungszwangs. Aus § 118 Abs. 4 ergibt sich, dass die Änderung nebst Begründung bestimmten Adressaten bekanntzugeben ist. Die Satzung enthält kein Kriterium für Umfang und Inhalt der Begründung. Vorliegend zeigte die Begründung auch hinreichend deutlich die Hintergründe und Motive der Statutenänderung auf: Einführung moderner Rechtsbegriffe, Auflockerung des Veräußerungsverbots zwecks Vermeidung der Betriebsauflösung verbunden mit sozialen Härten, Ermöglichung der Überführung der Stiftungsbetriebe in eine rechtlich eigenständige Rechtsform zwecks Vermeidung rechtlicher Nachteile insbesondere im Zusammenhang mit dem Umwandlungsgesetz etc..
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="42"/>
Eine eventuell unterbliebene Bekanntmachung des Änderungsbeschlusses nebst Begründung gegenüber den in Deutschland lebenden volljährigen Nachkommen des Stifters bis zum 3. Glied (§ 118 Abs. 4) begründet ebenfalls keinen anfechtbaren Formfehler. Nach Stellung und Systematik des § 118 Abs. 4 statuiert die zwingende Bekanntgabe der Änderung nebst Begründung auch gegenüber den Nachkommen des Stifters keine zusätzliche Verfahrensvoraussetzung für die Wirksamkeit eines Statutenänderungsbeschlusses. Die Bekanntmachung wirkt sich lediglich auf den Beginn der in § 119 geregelten Statutenanfechtungsfrist aus. So nennt der die Verfahrensvoraussetzungen regelnde § 118 Abs. 3 die Nachkommen des Stifters als im Rahmen des Abänderungsverfahrens anzuhörende Personen gerade nicht. Erst in § 118 Abs. 4 werden die Nachkommen aufgeführt, denen die Änderung nebst Begründung bekanntzugeben ist und zwar bis zum Zeitpunkt der
Inwirksamkeitssetzung
des Änderungsbeschlusses. § 118 Abs. 4 enthält erkennbar keine weiteren Verfahrensvoraussetzungen, sondern bezieht sich auf den Kreis der anfechtungsberechtigten Personen, deren Anfechtungsrecht dann in § 119 weiter ausgestaltet wird.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="43"/>
d. Mit dem Landgericht ist auch der Senat der Überzeugung, dass der angegriffene Satzungsänderungsbeschluss keine materiellen Fehler enthält. Insoweit wird auf die ausführliche und richtige Begründung des Landgerichts Bezug genommen. Ergänzend wird noch ausgeführt:
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Jede Satzungsänderung ist an § 118 des Statuts zu messen. Dort hat der Stifter seinen Stifterwillen dahin verobjektiviert, dass die Stiftungsverwaltung die Satzung dann und nur dann ändern darf, wenn "in einer späteren Zeit wesentliche Voraussetzungen des gegenwärtigen Statuts hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen oder hinsichtlich der technischen und ökonomischen Bedingungen für die Wirksamkeit der Stiftung in solchem Grad verändert sind, dass die fernere strenge Aufrechterhaltung aller Bestimmungen dieses Statuts entweder direkt unmöglich, oder vermöge ihrer Folgen in absehbarer Zeit undurchführbar oder angesichts der erkennbaren Absichten des Stifters offenbar zweckwidrig würde, so soll die statutenmäßige Stiftungsverwaltung der C... Z... (Name) ermächtigt sein, das Statut den veränderten Verhältnissen entsprechend insoweit abzuändern, als geboten ist, um die vorher genannten Anstände zu beseitigen."
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Die Änderungsvorsaussetzung der "offenbaren Zweckwidrigkeit angesichts der erkennbaren Absichten des Stifters" ist hier erfüllt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="46"/>
Seit der Gründung der Stiftung im Jahre 1889 haben sich sowohl die allgemeinen rechtlichen als auch die technischen und ökonomischen Grundlagen der Satzung wesentlich geändert. Zurecht hat die Beklagte auf das Vordringen der Kapitalgesellschaft als Unternehmensform, die Fremdorganschaft für unbekannte Kapitalgeber, die erweiterte Mitbestimmung der Arbeitnehmer, die Haftungsausweitung, die Erschwerung der Eigenkapitalbildung durch Steuerlast, die Notwendigkeit, Unternehmenswachstum durch Fremdkapital zu finanzieren ebenso hingewiesen wie auf die Kooperationsbereitschaft in arbeitsteiliger Wirtschaft, die Anpassung an internationale Organisationsformen in der globalen Wirtschaft, die veränderten Wertvorstellungen, die Entwicklung und Nachfrage nach komplexen Produkten nebst kurzen Innovationszyklen und die hohen Sozialkosten.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="47"/>
Diese grundlegenden Änderungen der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Umstände lassen es geboten erscheinen, in § 37 Abs. 3 n.F. die Möglichkeit der rechtlichen Ausgliederung eines Stiftungsunternehmens durch dessen rechtliche Verselbständigung satzungsmäßig festzulegen. Eine solche Weiterentwicklung in der rechtlichen Struktur der Stiftungsbetriebe ist in der Satzung bereits angelegt und wird durch die Regelungen über die Organisation der industriellen Tätigkeit der Stiftung ( §§ 6 ff der Satzung ) nicht ausgeschlossen. Diese Bestimmungen sind indes bei der rechtlichen Ausgestaltung der Überführung eines Stiftungsunternehmens in eine andere Rechtsform zu beachten. Die Neuregelung des § 37 Abs. 3. gibt die Möglichkeit, die rechtliche Struktur der Stiftungsunternehmen so rechtzeitig in Anpassung an die Umfeldgegebenheiten und in Übereinstimmung mit den bestehenbleibenden Satzungsbestimmungen umzugestalten, dass hierdurch im Falle einer Krise die dann erforderlichen schnellen und effektiven unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden können.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Dies steht in Übereinstimmung mit dem Stifterwillen, die Stiftungsunternehmen so zu führen, dass eine bestmögliche Gewähr für ihren wirtschaftlich gesicherten Bestand zum Wohle der Mitarbeiter und der Förderung der betrieblichen Geschäftsfelder gegeben ist.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Dem steht auch nach Auffassung des Senats auch nicht das Argument entgegen, dass bei einer rechtlichen Ausgliederung eines Stiftungsunternehmens der Haftungsverbund zwischen C. Z. und Sch... G. aufgelöst werden würde. Der Senat kann gemäß den Darlegungen des Landgerichts nicht erkennen, dass ein Haftungsverbund zwingend im Stifterwillen erkennbar sei. Vielmehr ergibt sich aus der Regelung der §§ 6 ff, dass beide Unternehmen im Kern gesondert mit eigener Handelsfirma tätig werden sollen. Schon § 37 Abs. 3 a.F.sah die Auflösung eines Stiftungsbetriebes vor, falls nur hierdurch die Schädigung oder Gefährdung der übrigen oder der Stiftung selbst vermieden werden konnte. Dem Haftungsverbund kommt damit gerade kein Selbstzweck zu.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="50"/>
Die Regelung von §§ 37 Abs. 1 und 2 n. F. statuiert die Unveräußerlichkeit der Stiftungsunternehmen. Die beherrschende Stellung der Stiftung an den Stiftungsunternehmen auch soweit eine Überführung in eine andere Rechtsform erfolgen sollte, bleibt bestehen. Eine Veräußerbarkeit ist lediglich bei einer Gefahr für den Bestand der Stiftung oder eines Stiftungsunternehmens möglich. Die Beklagte bleibt auch bei einer mittelbaren Unternehmensträgerschaft im Wirtschaftsleben tätig.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Auch die indirekte Teilveräußerung der Stiftungsbetriebe durch die Veräußerung von Anteilen oder die Aufnahme außenstehender Kapitalgeber hält den Satzungsänderungsvoraussetzungen des § 118 Abs. 1 stand. Nach der Auffassung des Gerichts ergibt sich aus der Satzung selbst kein Verbot der Aufnahme Dritter als Kapitalgeber. Soweit § 116 in alter wie in neuer Fassung das Verbot der bloßen Stiftungsvermögensverwaltung durch die Beklagte, das heißt ohne wirtschaftliche Tätigkeit und Funktion, enthält, zeigt der Stifterwille lediglich die Grenze auf, ab der die Beklagte zu liquidieren wäre. Diese Grenze ist durch die angegriffene Satzungsänderung nicht berührt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="52"/>
Gleiches gilt für die Änderung von § 11 Abs. 8 Satz 6, der die Stellung des Stiftungskommissar in den Fällen des § 37 Abs. 2 und 3 stärkt und eine Pattsituation vermeidet wie § 116, der lediglich eine inhaltliche Anpassung an den Wortlaut des § 37 n.F. enthält. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf die ergänzenden Darlegungen des Urteils des Landgerichts verwiesen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="53"/>
Da im Übrigen die Begriffe der "Bestandsgefahr "und "bestandsgefährdender Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit" des § 37 Abs. 2 n. F. hinreichend bestimmbar sind, enthält die Satzungsänderung der Beklagten insgesamt keine materiellrechtlichen Fehler mit der Folge, dass die Klage unbegründet und der Berufung der Erfolg zu versagen ist.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="54"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="55"/>
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache über den Einzelfall hinaus weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
|
|
136,640
|
olgstut-2003-06-26-2-u-4303
|
{
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
}
|
2 U 43/03
| 2003-06-26T00:00:00
| 2019-01-07T12:01:06
| 2019-02-12T12:38:49
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Urteil
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<h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 3. Februar 2003 geändert.</p>
<p>2. Die Widerklage wird abgewiesen.</p>
<p>3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>5. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p>Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 6.277,25 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Berufung ist zulässig, sie hat der Sache nach auch Erfolg.</td></tr></table>
<table><tr><td>A</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Nach negativer Feststellungsklage, übereinstimmend für erledigt erklärt nach korrespondierender Widerklage auf Zahlung, streiten die Parteien über die Frage der Kostenlast einer Stromleitungsverstärkung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen. Ihre Rechtsvorgängerin, die E S AG [im Folgenden der Einfachheit halber ebenfalls: die Beklagte] belieferte den Hof der Klägerfamilie und zwei benachbarte Höfe durch eine Leitung. Im Jahre 1973 baute sie ihre Leitungseinrichtungen so um, wie sie heute noch vorzufinden sind (vgl. auch Lageplan B 1): Eine Mittelspannungs-Freileitung der Beklagten führt in etwa 400 m am Hofbereich des Klägers vorbei; von einer dortigen Gittermast-Umspannstation "Shaus" geht eine Niederspannungs-Freileitung zum Klägeranwesen ab, das aus einem Wohnhaus und einem Stallgebäude besteht. 1996/97 wurde ein zweites Wohngebäude errichtet, welches vermietet ist (Bl. 33) und über das bestehende Leitungsnetz versorgt wird. Schon 1995 hat der Kläger durch eine Biogasanlage Strom in das Netz der Beklagten rückeingespeist (vgl. Vertrag vom 12.07./28.08.1995 = Bl. 93 bis 99). Im Jahre 2002 errichtete der Kläger auf seinem Stallgebäude eine Photovoltaikanlage mit einer maximalen Leistung von 19,2 kWd, aus der er weiteren Strom an die Beklagte liefern wollte. Für das Mehrfachaufkommen von Strom aus der Biogasanlage und der aus der Voltaikanlage war die bestehende Leitung: Gittermast-Klägerhaus zu schwach ausgelegt, weshalb die Beklagte, nachdem andere technische Lösungen verworfen wurden, ein weiteres Luftkabel als Parallelleitung gezogen hat. Um die Kosten dieser Zweitleitung streiten die Parteien.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Der Kläger hält diese Leitung für einen Bestandteil des Beklagtennetzes, weshalb diese auch dafür aufkommen müsse. Im Übrigen bestreitet er die Höhe der geltend gemachten Kosten (so schon zu Protokoll der mündlichen Verhandlung 1. Instanz Bl. 51, vgl. auch Bl. 54).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Die Beklagte sieht darin eine (weitere) Hausanschlussleitung, deren Kosten dem Kläger anzulasten seien.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Das Landgericht sprach der Widerklage (Zahlungsanspruch der Beklagten) zu, da § 10 EEG unter Netz nur die Einbindung mehrerer Grundstücke verstehe. Da vorliegend nur das Klägeranwesen versorgt werde, liege keine Netzleitung vor, sonach müsse der Kläger für die Verstärkung seiner Anschlussleitung selbst aufkommen. Die Höhe der Kosten behandelte das Landgericht als "nicht bestritten".</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien unter wiederholender Vertiefung ihrer bisher schon eingenommenen Standpunkte um die Frage, wer die Kosten der Aufrüstung der Leitung: Gittermast - Kläger-Dachständer, die notwendig wurde wegen erhöhter Rückeinspeisung durch den Kläger, tragen müsse.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Der Kläger beantragt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 03. Februar 2003, AZ: 3 O 308/02, wird abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Die Beklagte beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>die Berufung zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td>B</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Vertragliche Ansprüche.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>a) Aus dem vormaligen Vertrag über Stromlieferung vom 12.07./28.08.1995 (Bl. 93 bis 99) ergibt sich Zwingendes nicht. Ziff. 2.6 erklärt die "kundenseitigen Klemmen des [beklagten-]eigenen Dachständer-Hausanschlußes im Gebäude in Shaus 1" zur Übergabestelle. Dies regelt den Abholort, enthält aber nicht zwingend etwas zur Definition des Netzes und der Kostenabgrenzung, zumal Ziff. 1.1 im Falle einer "Erweiterung der Eigenerzeugungsanlage" eine Anzeige einfordert, "um gegebenenfalls den Anschluß an das [Beklagten-]Netz zu verstärken". Dieser Fall "macht neue Vereinbarungen notwendig".</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>b) Den neuen Vertrag haben die Parteien nicht vorgelegt. Die mündliche Verhandlung vor dem Senat hat aber ergeben, dass er in Anlehnung an die Handhabung in dem der unten bezeichneten Entscheidung des OLG Nürnberg zu Grunde liegenden Sachverhalt unter dem Klägervorbehalt geschlossen worden ist, die vorliegend im Streit stehende Zahlungspflicht gerichtlich klären zu lassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>c) Die nach Ziff. 1.2 des Alt-Vertrages zum Vertragsbestandteil erklärte "Richtlinie für den Parallelbetrieb von Eigenerzeugungsanlagen mit dem Niederspannungsnetz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens [EVU]" (K 5) benennt zum "Verknüpfungspunkt die der Eigenerzeugungsanlage am nächsten gelegene Stelle im öffentlichen Netz, an der weitere Kunden angeschlossen sind oder angeschlossen werden können" (Ziff. 10). Für sich genommen mag dieser Richtlinie eine Netz-Definition nicht entnommen werden können. Sie gewinnt aber als Auslegungshilfe Bedeutung im Rahmen des § 10 EEG, was unten auszuführen sein wird.</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Gesetzliche Regelung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>a) EEG</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>aa) Das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG; vgl. hierzu Raabe/Meyer NJW 00, 1298, 1299) regelt nach § 2 Abs. 1 die Abnahme und Vergütung von Strom aus u.a. solarer Strahlungsenergie und unterwirft gemäß § 3 Abs. 1 den Netzbetreiber, zu dessen technisch für die Aufnahme geeignetem Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage besteht, einer Abnahme- und Vergütungspflicht. Nach § 10 Abs. 1 trägt der Anlagebetreiber die notwendigen Kosten an dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des Netzes. Abs. 2 der genannten Vorschrift erklärt den Netzbetreiber zum Kostenträger, falls der Neuanschluss von Anlagen den Ausbau des Netzes für die allgemeine Versorgung erforderlich macht. Sofern das nächstgelegene Netz den Strom erst nach einem Netzausbau aufnehmen kann, gilt es gemäß § 3 Abs. 1 S. 3 schon vor dem Ausbau als technisch geeignet, wenn der Netzausbau dem Netzbetreiber wirtschaftlich zuzumuten ist. Hier verwendet der Gesetzgeber eine rechtliche Fiktion, da das Netz zunächst tatsächlich nicht geeignet ist, den Strom aufzunehmen. Der Netzbetreiber ist dann auf Verlangen des Einspeisungswilligen verpflichtet, das Netz unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern, auszubauen. Die Kosten des Netzausbaus trägt der Netzbetreiber selbst, kann sie aber bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz bringen, § 10 Abs. 2. Die erforderlichen Kosten für den Anschluss der Anlage zur Verstromung erneuerbarer Energie an das Netz trägt dagegen der Anlagenbetreiber, der sich aussuchen kann, ob er den Anschluss vom Netzbetreiber oder von einem fachkundigen Dritten vornehmen lassen will (§ 10 Abs. 1 EEG; Reshöft, Einführung zum EEG in Deutsches Bundesrecht III E 90 [S. 9 f]).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>bb) Entgegen der Wertung der Beklagten kann aus der Entstehungsgeschichte des EEG zwingend nichts für ihre Position hergeleitet werden; eher ergibt sich ein Gegenargument. Zwar war in einem Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie eine hälftige Lastenteilung für Netzverstärkungskosten zwischen Netzbetreiber und Einspeiser vorgesehen. Erst mit dem im 9. Ausschuss des Deutschen Bundestages präsentierten veränderten Koalitionsentwurf ist die Gesetz gewordene Fassung endgültig festgelegt worden, die nunmehr eine Alleinbelastung des Netzbetreibers mit Netzverstärkungskosten vorsieht (§ 10 Abs. 2 S. 1 EEG; vgl. hierzu Salje, EEG, 2. Aufl. [2000], § 10, 4 m.N.). Dies könnte dafür stehen, dass der Gesetzgeber anfänglich den Anlagenbetreiber mit der Hälfte der Kosten der Verstärkung des Allgemeinnetzes belasten wollte, was für ein Kostenzuordnungsmuster des Gesetzgebers stünde, das er nur eben bezüglich des Allgemeinnetzsystems abgeschwächt hat. Diese Gesetzgebungsgeschichte kann aber auch herangezogen werden für einen Deutungsansatz, der Gesetzgeber habe die Gesamtbelastung der Energieversorgungsunternehmen im Interesse der Förderung dieser Energiearten noch weiter auszuweiten wollen. Die Maßgeblichkeit dieses Umstandes als Argument für die eigene Position hängt entscheidend von der Definition des Netzbegriffes ab. Letztlich spricht dieser Umstand aber eher für den Kläger und eine gesetzgeberische Entscheidung, den Energieversorgungsträger hinsichtlich dieser Energien noch weiter in die Pflicht zu nehmen. Denn ein Verständnis so die Beklagte - dahin, der Gesetzgeber habe anfänglich dem Rückeinspeisenden neben den Kosten für seine zuführende Leitung gar noch Kostenanteile für den Ausbau des Hauptnetzes des Energieversorgungsunternehmens aufbürden wollen, liefe dem ausdrücklichen Gesetzeszweck, erneuerbare Energien nach Kräften zu fördern, nachhaltig zuwider.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>cc) Zwar beantwortet das Regelsystem in EEG die Frage nicht eindeutig, wo das Netz des Betreibers beginnt und wo es endet, wo mithin die Schnittstelle zwischen der Sphäre des Kunden und des Netzbetreibers ist, sondern setzt diese Abgrenzung voraus. Gleichwohl tritt das Anliegen des Gesetzgebers hervor, aus Gründen der Ressourceschonung und des Klimaschutzes die erneuerbaren Energien zu fördern und die Stromversorgungsunternehmen durch Abnahme-, Vergütungs- und weitreichende Kostenpflichten zu belasten (vgl. Reshöft a.a.O. 1.2 und 3.1; vgl. auch Raabe/Meyer a.a.O. 1301). Denn telos des Gesetzes ist, den Gesamtaufwand der Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien zu minimieren, um deren Anteil an der Stromerzeugung stark zu erhöhen (Salje a.a.O., § 3, 17).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>b) Diese Ortung der Schnittstelle der Kostensphären ist durch Auslegung zu gewinnen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>aa) Dabei kann der landgerichtlichen Argumentation, ein Netz sei nur dann gegeben, "wenn mehrere Grundstücke über eine Stromleitung versorgt werden", was beim Kläger nicht der Fall sei, da die Leitung bei ihm ende, nicht beigetreten werden. Denn damit würde die These aufgestellt, am Netz hänge nur, wer selbst Zentrum des oder eines Netzes ist. Am Netz hängt aber auch, wer einen Eckpunkt eines Netzes bildet.</td></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>(1) Zwar soll § 10 EEG das nachzeichnen, was BGH MDR 94, 319 = RdE 94, 70 vorgezeichnet hat (so Raabe/Meyer a.a.O. 1299). Das dort vom Bundesgerichtshof zu beurteilende Stromeinspeisungsgesetz vom 07.12.1990 hatte neben der Stromvergütung den Energieversorgungsunternehmen gerade nicht die Pflicht zur Tragung von Anschlusskosten auferlegt (BGH a.a.O. [II 1 b, aa]). Jenes Gesetz hatte den Übergabeort nicht näher festgelegt. Der BGH sah den Übergabeort für den erzeugten Strom für den Einspeisungsort in das Netz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens an, der unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten für einen solchen Anschluss am besten geeignet ist (BGH a.a.O. [II 1 b, bb]). Dort war das Netz zur Stromversorgung bereits verlegt. Für die Einspeisung der Windkraftanlage war die Verlegung eines 550 m langen Kabels erforderlich, um dessen Kosten es u.a. ging. Da bereits für die Normalversorgung ein geeigneter Abgabeort vorlag, die Übernahme des eigenerzeugten Stromes aber an einem anderen Ort geschehen sollte (550 m entfernt), sah der BGH die Kostenlast beim Privaterzeuger.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>(2) Dieser Fall ist dem vorliegenden nicht vergleichbar. Es ist unschwer nachvollziehbar, dass bei einem bestehenden voll tauglichen Anschluss Wege zu einer 550 m entfernten neuen Anlage vom Anlage- und nicht vom Netzbetreiber getragen werden müssen. Vorliegend soll die Rückeinspeisung am bisher schon vorhandenen Stromübergabepunkt (Hausdachständer) erfolgen. Auch die BGH-Entscheidung lässt danach die Frage, was bei bestehender Anbindung Netz, was Hausleitung ist, offen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>cc) Zwar ist nicht zu verkennen, dass die "Vorläufige Handlungsgrundlage" der Clearingstelle nach § 10 Abs. 3 EEG beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in einem für vergleichbar zu erachtenden Musterfall (Beispiel 6 = Bl. 131) die Kosten des Ausbaus der Verbindungsleitung dem Anschlussbetreiber, hier also dem Kläger, anlasten will, wie auch das Beispiel 2 (Bl. 127 i.V.m. Bl. 122) jegliche Abzweigung vom Überlandnetz nicht mehr dem Netz des Netzbetreibers zuordnet und damit den Einspeisungswilligen mit Investitionskosten bedenkt. Diese Erwägungen stehen für eine Beantwortung der hier in Rede stehenden Rechtsfrage zu Gunsten der Beklagten. Allerdings hat selbst ein Spruch der Clearingstelle keine Bindungswirkung (Salje a.a.O. § 10, 38). Sie ist auch nicht in der Lage, Druck auf die beteiligten Verbände auszuüben (Salje a.a.O. § 10, 36). Im Übrigen offenbart die Clearingstelle in ihrem Vorspruch selbst, dass über diese Streitfragen der Arbeitskreis "Netzanschluss/Netzausbau" noch keine Einigung herbeiführen konnte. Bis zur Klärung dieser Frage durch das bezeichnete Gremium sprach sich die Stelle für die bezeichneten Empfehlungen aus. Angesichts der geringen gesetzlichen und nicht einmal praktischen Legitimation dieser Stelle kommt deren Fingerzeigen nur die Funktion einer sehr schwachen Auslegungshilfe zu.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>dd) Der Kommentierung von Salje kann an einigen Stellen entnommen werden, dass unter "Netz" nur das Mittelspannungssystem, nur das der allgemeinen Versorgung dienende Überlandnetz gemeint ist. Dies ist etwa der Auslegung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie der Europäischen Union zu entnehmen, wonach ein Netzausbau nur dann erforderlich sei, wenn das Netz bereits vollständig durch Strom aus Erneuerbaren Energien ausgelastet ist (Salje a.a.O. § 3, 22 und 69). Gleiches erhellt sich aus Salje a.a.O. § 10, 22, wenn es dort heißt, die Kosten müssten im Zusammenhang mit einem erforderlichen Ausbau des Netzes für die allgemeine Versorgung anfallen, verunklart sich aber sofort wieder, wenn als Beispiele angeführt werden neben Transformatorenstationen die Verstärkung des Bereichs des Einspeiseübernahmepunktes. § 10 Abs. 1 S. 3 EEG (Wahlrecht des Anlagenbetreibers) macht vor allem Sinn, wenn unter "Anschluss" die hier im Streit stehende Leitung verstanden wird. Denn dass dem Anlagenbetreiber ein Eigenausführungsrecht gesetzlich ausdrücklich zugewiesen werden müsste für die Verbindung zwischen der Dachanlage und dem Dachständer, erschließt sich nicht unmittelbar (vgl. auch Salje a.a.O. § 10, 6). Allerdings gewinnt diese Regel überwiegend Sinn, wenn wie im Falle der genannten BGH-Entscheidung Anlage und Abgabepunkt nicht so dicht beieinander liegen, sondern etwa die Windkraftanlage in einiger Entfernung zum bisherigen Abnahmepunkt des Anlagebetreibers liegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>ee) Die vorgelegte Entscheidung des OLG Nürnberg hat, das Urteil des LG Regensburg bestätigend, die Neuverlegung einer Leitung zur Photovoltaikanlage eines rückspeisenden Kunden neben der bisher zum Kundenanwesen führenden Versorgungsleitung dem Energieversorgungsunternehmen angelastet; der nächst bereite Anschlusspunkt sei auch ein mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen erst noch zu errichtender Einspeisungspunkt. "Ein Stromnetz für die allgemeine Versorgung muss notwendigerweise Leitungen enthalten, die allein bestimmten Abnehmern Strom zuführen und von Erzeugern Strom heranführen. Ohne solche Leitungen liegt nur ein funktionsloses Gewirr von Kabeln und Anlagen vor. Deshalb sind solche Anschlussleitungen sehr wohl Teil des Stromnetzes mit der Folge, dass die Verlegung neuer Anschlussleitungen eine Maßnahme zum Ausbau des Netzes sein kann".</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Der Senat gelangt aus nachfolgend dargestellten weiteren Erwägungen zur gleichen Bewertung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>ff) Für diese Wertung, welche im Ergebnis die Verbindung von einem Trafohaus zum Abgabepunkt des Kunden zum Stromnetz erklärt, falls die wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Aufwandes nicht entgegensteht, spricht auch die oben schon genannte Richtlinie. § 10 Abs. 1 EEG verwendet den Begriff des (technisch und wirtschaftlich günstigsten) "Verknüpfungspunktes". Die Richtlinie definiert in Ziff. 10 als "Verknüpfungspunkt ... die der Energieerzeugungsanlage am nächsten gelegene Stelle im öffentlichen Netz, an der weitere Kunden angeschlossen sind oder angeschlossen werden können". Dies ist zweifellos der Dachständer auf dem Gebäude des Klägers. Denn würde die Beklagte ein weiteres, in der Nachbarschaft des Klägers gelegenes oder errichtetes Anwesen mit Strom versorgen wollen und erschiene es ihr wirtschaftlich und technisch sinnvoll, nicht wieder zurückzugehen auf ihren Gittermast und von dort aus einen eigenen Strang am Haus des Klägers vorbei zum Neuabnehmer zu verlegen, sondern die Leitung vom Klägerhaus weiterzuführen als Neuanschluss, so würde sie dies tun und tun können. So wurde es denn auch gehandhabt, als der Kläger ein weiteres Wohnhaus errichtete. Schon dies zeigt, dass Verknüpfungspunkt und damit (noch) Netzpunkt der Beklagten die an das Anwesen des Klägers herangeführte Leitung ist. Dies wird dem im EEG normierten Gedanken der generellen Abholpflicht der Beklagten auch gerecht. Sie könnte andernfalls die gesetzgeberische Intention unterlaufen, indem sie nur ihr Überlandsystem zum Netz erklärt und alle Angebote zur Einspeisung erneuerbarer Energie durch zu Lasten des Einspeisungswilligen gehende, teure Zuleitungen im Ergebnis vereitelt. Hat sie bereits einen Verknüpfungspunkt beim Kunden, hat sie auch dort die Rückeinspeisung aufzunehmen. § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EEG weisen den gesetzgeberischen Willen klar aus, dass Zusatzkosten durch diese Stromzufuhr grundsätzlich zu Gunsten des Energieversorgungsunternehmens gehen sollen, das diese Kosten auch weiter umlegen darf (§ 10 Abs. 2 S. 3 EEG). Dass § 10 Abs. 1 und 2 EEG eigenständig neben der Vergütungsregelung steht, zeigt, dass die Vergütung nicht schon eine Kompensation von grundsätzlich dem Kunden aufzubürdenden Anschlussinvestitionen sein soll. Vielmehr hat der Gesetzgeber neben diese Vergütungsstruktur eine weitreichende Investitionspflicht des Netzbetreibers zur Aufnahme von einzuspeisender erneuerbarer Energie gestellt. Dies deckt sich auch mit der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 2 EEG im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens: "Die Kostentragung für den Netzausbau, der auch notwendige Erweiterungen des Netzes umfasst, obliegt ... dem Netzbetreiber" (wiedergegeben in Salje a.a.O. § 10, 4).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>gg) Das Regelwerk der AVBEltV steht dieser Wertung nicht entgegen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>(1) Dabei ist schon fraglich, ob diese Versorgungsbedingungen für den vorliegenden Fall fruchtbar gemacht werden können. Denn ihnen liegt der Regelfall zu Grunde, dass das Energieversorgungsunternehmen einen Kunden mit Strom beliefert. Ein solcher Fall ist vorliegend gerade nicht betroffen, da es der Kunde ist, der mit seiner Eigenanlage selbst zum Stromproduzenten und Lieferanten geworden ist. Bei konsequenter Umsetzung dieser Bedingungen auf den Rückeinspeisungsfall ergäbe sich angesichts des Rollentausches aus der Verordnung selbst die Kostentragungspflicht der Beklagten, hier in ihrer Rolle als Abnehmerin.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Doch auch eine nicht wortgetreue umgekehrte Anwendung führt zu keiner anderen Bewertung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>(2) § 10 Abs. 1 AVBEltV definiert den Hausanschluss als Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage; er beginnt an der Abzweigstelle des Niederspannungsnetzes. Andererseits erklärt Abs. 4 Hausanschlüsse zu den Betriebsanlagen des Elektrizitätsversorgungsunternehmens und in dessen Eigentum stehend, weshalb nur das Unternehmen sie herstellt, unterhält, erneuert, ändert und beseitigt. Abs. 5 erklärt das Unternehmen weiter für berechtigt, vom Anschlussnehmer die Erstattung der Kosten für die Erstellung des Hausanschlusses und auch dessen Veränderung zu verlangen (vgl. auch Tegethoff/Büdenbender/Klinger, Das Recht der Energieversorgung, § 10 AVBEltV, Anm. I). Gerade dieses Merkmal ist auch für Salje entscheidendes Abgrenzungskriterium. Denn zu den Kosten des Netzanschlusses zählen insbesondere die Kosten für die Verbindungsleitung, die Anschlusssicherung, die Messeinrichtungen, die Baukosten sowie die Kosten der Inbetriebnahme des Anschlusses. Abgesehen von der Eigentumsregelung des § 10 Abs. 4 kann auf die Regelungen in der AVBEltV mit dem Ziel ihrer analogen Anwendung zurückgegriffen werden. Soweit Kosten für Einrichtungen und Anlagenteile anfallen, die letztlich der Veränderung oder Verbesserung des Netzes dienen (Indiz: Übergang dieser Einrichtungen in das Eigentum des Netzbetreibers), liegen keine Anschlusskosten, sondern Netzverstärkungskosten im Sinne von § 10 Abs. 2 vor (so Salje a.a.O. § 10, 8).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>(3) Auch dieses Verordnungssystem weist den Hausanschluss im Ergebnis als Betriebsanlage des Versorgungsunternehmens aus und damit im Kern als Teil seines Netzes. Allerdings erlaubt es dem Unternehmen, die Kosten der Erstverlegung und einer Änderung dem Kunden aufzubürden. Gleichwohl erscheint es nicht gerechtfertigt, diese Kostenregel in das EEG hineinzutragen. Das EEG ist als Gesetz gegenüber der Verordnung höherrangig, zudem jüngeren Datums und Spezialregelung für die Rückeinspeisung erneuerbarer Energie. Deshalb genießt es Vorrang gegenüber der AVBEltV, soweit es eine spezielle Regelungsvorgabe erkennen lässt. Dies ist mit der oben näher dargestellten Kostengrundentscheidung in § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EEG geschehen. Deshalb kann diese den Normalfall regelnde Verordnung die Grundentscheidung in einem eine Sonderlage speziell regelnden Gesetz nicht aufheben.</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Auch Salje ist der Ansicht, dass nach § 10 EEG nicht völlig zweifelsfrei zuzuordnen seien Hin- und Rückleitungen aus dem Netz zu Übergabestationen, Erweiterungen einer Schaltanlage um ein Einspeisefeld sowie die Erweiterung eines Umspannwerkes um einen Transformator. Hier handele es sich im Ausgangspunkt zwar um Netzanschlussanlagen, die aber möglicherweise auch - teilweise - dem Bereich der Netzverstärkung zugerechnet werden können. Letztlich werden die Gerichte über die Zuordnung einzelner Kostenpositionen entscheiden müssen, da der Gesetzgeber eine "aut-aut"-Regelung getroffen und deshalb eine Aufteilung nicht vorgesehen habe (so Salje a.a.O. § 10, 22). Diese Aufteilung war nach den oben aufgezeigten Wertungsgesichtspunkten vorzunehmen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Danach ist die Widerklage abzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Auf die Sachbehandlung des Landgerichtes hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruches kommt es danach nicht an.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91 a, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung liegen vor (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Vorliegend geht es um eine Gesetzesauslegung, die eine Vielzahl gleichgerichteter Fälle betrifft und eine vereinheitlichende Sachbehandlung gebietet. Die nach dem Gesetz eingerichtete Clearingstelle hat selbst noch keine Einheitlichkeit herauszubilden vermocht, die Literatur bietet - soweit ersichtlich - ihrerseits nur eine beschränkte Hilfestellung und fordert die Klärung durch die Gerichte ein. Die Typizität der Lebenssachverhalte erfordert deshalb eine richtungsweisende Orientierungshilfe durch die höchstrichterliche Rechtsprechung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens schöpft sich aus dem mit der Widerklage verfolgten Zahlungsbetrag.</td></tr></table>
</td></tr></table>
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